Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 04, 1900, Image 10
3m lüüijf mit chinesischen i-cctäubcru. S,ne tma:in iin!H;u 2 1 a t a r 5. :z. ZN Sack) r.iehriMhngem Aufenthalt im Binnenland Wh ich diescr läge, zum nSenmal wieder den Hamburger fiofen. 2iit fuhren jirornabtrirts. Ich stand auf dem Hinterdeck und sah durch den Feldstecher bald noch ver uenaer, bald nach der Eteinuarder -eithin aber, am meisten aber nach den Schis skn auf dem Strom. Nur einen Blick warf ich auf jcdeZ gahrzeug, dann nahm ich ein anderes vor. denn ich datte mir nun einmal in den Kopf ge fest, eines meiner alten Schiffe zu finden. Sie konnten doch nicht alle ausranzirt fein. Zj meinem Bedauern war ich auf den Hardurcxr Dampfer gerathen ; die Fahrt nach Alankenese wäre mir be deutend lieber gewesen, aber daZ ließ sich nicht andern. Unser .Adler' pad. delte sich zwischen den flachen, grünen Inseln durch die Eldarme weiter imd machte bei seiner Ankunft mit der Tampfpseife einen Skandal, als käme er direkt aus Ostindien. Ich drängte mich durch die Tchaar der Gepäckträger und grcmdenführer durch und schien dnte am Hafen entlang. Viel gab eS hier nicht zu sehen; eine Anzahl Ewer, wenige Tchooner und noch weniger grosze Tchiffe, welche Ladung einnahmen und löschten. Tasz keines meiner alten -chiffe dabei sei. sagte ich mir im Voraus, denn wie soll, kni die in den bescheidenen Harburger Hafen kommen? Wahrscheinlich hätte ,S mir sogar leid gethan, hier eines derselben zu finden. WaS aber anfan gen? Ter Dampfer fuhr erft in zwei Stunden zurück, die Stadt selbst bot nichts SehenSwertdeS. also blieb mir nichts anderes übrig, als mich irgendwo niederzulassen. Ich laSum die Zeit systematisch todtzuschlagen, in der näch. ften Restauration langsam die Wein karte durch und lies; mir von dem Kell ' ner die Biere hersagen und bestellte eine Flasche Porter. .Wünschen Sie auch Ale?" .Gewiß, ich trinke Half und Half. Ein Enaländer!" raunte er am Büffet dem Gasthalter zu. waS diesen , bewog, sechs Flaschen Ale gegen das Licht zu halten, bis er endlich eine fand, die für einen Sohn AlbionS hell genug erschien. Einem Teutschen Hütte man vermuthlich die erste beste hinge stellt. , , Ta safz ich nun und trank Porter und Ale und Ale und Porter und sah aelanaweilt über die Nordelde nach Wilbclmsdura hinüber, wo der Rump eines Schiffes am Strande lag. Tim batte wobl das lecke Wrack, das der Bauart nach ein Schnellsegler gewesen sein mochte, bet SocbwaNer au Trockene geschleppt, damit eS nicht sinke. Durch den Feldstecher besehen. gewährte eS einen jammervollen An blick, und dennoch sah ich immer wie der hin. .Ein ausrangnteS seeKhifj," er llürte der Wirth, der mit unterwürfigen Krezfüben nähertrat. , .Das sehe ich. Wissen Sie. wie da Schiff heißt? .Da-, hat wohl gar keinen Namen .Wie lange liegt das Wrack dort?' Schon einige Jahre. ' .Liegt eS zur Ebbezeit trocken?" - , .Jawohl, mein Herr. .Wann setzt die Ebbe ein?" ... .Wenn die Fluth vorüber ist. '. Hch maß den Mann ob dieser Schlau heit mit einem forschenden Blick; er that seinerseits dasftlbe. , Wenn sich der Herr für den Schiffs bau interesfiren. kann ich einen Besuch der in der Mhe befindlichen Werft emvseblen. .Tanke bestens; interesfirt mich gar nicht. , Aber das Wrack da drüben interef sirte mich; daS merkte der Mann, aber er begriff es nicht. Als ich nun gar erklärte, nicht eher nach Hamburg sah ren zu wollen, biS die Ebbe abgelaufen fci. und ich immer noch nach dem alten Schiffsrumpf hinübersah, zweifelte er leinen Augenblick mehr, da ich wirk lich ein Engländer, und zwar ein total verrückter sei. Kurz darauf fetzte die Ebbe ein. die bei k,arbura bekanntlich sieben Stunden läuft. Ich sollte also noch neben Stun den Porter und Ale. und Ale und Por er trinken, Cigarren rauchen und nach dem Wrack hinüberiehen: Sie gingen herum, aber fragt mich nur nicht wie! Gegen sechs Uhr zahlte ich meine Zeche und ließ mich über die Nordelbe nach dem Wrack rudern. Je mebr wir uns demselben näherten, um so bekannter kam es mir vor; vorsinch gutbliche öcck. das gebrochene Kreuz. Alles gemahnte mich an ein Schiff, des- ftn Name mir nicht emfallen wollte. Die Kupferplatten am Boden des Fahr ttuaes binacn in Fetzen herunter, der Großmast 'war kurz über Teck abge brachen, während von der Recling fast keine Spur mehr zu sehen war. Mein Bootführer, ein alter See mann, blickte so mitleidig lächelnd zu dem Wrack auf und knurrte etwas vor sich hin. .Was sagten Sie da?" fragte ich .haßig. - Tr Mann wurde verlegen. .Ick nieen Sei, nick, ich meen dat Schipp. Gerade darum. Was sagten Sie von dem Schiff?" , ' " I ilchen Ylamn m2zt trilSe Sein." Wir führet auf den schlämm, und ich sprang, so weit ich konnte, in die Bin'en. Daß mir die Schuhe voll Master liefen, merkte ich kaum, durch Tick und Tünn arbeitete ich mich nach dem döhlrltczenden Vorsteven durch und rief, beide Hände Z'der dem :ps zu sammenschlagend: .Bei Gott, dat wilde Swin!" Meine Ahnung hatte mich nicht be trogen. Ter morsche Schiff-rumpf, der vor mir im Schlamme lag. war einst eine berühmte Brigg gewesen; berühmt und berüchtigt. In Zoulon erbaut, hatte die Segel bligg ,Le Sanglier als Transport fahrzeug an drr Belagerung 'CantonZ theilgenommen, worauf sie der franzö fische Admiral unter den Hamincr brachte. Sie ging in die Hände eines deutschen Kapitäns über, welcher den Schiff-nam.cn Le Sanglier in .Wildschwein übersetzte und mit ihr die chinesische Küste befuhr. Der Sag? nach wußte Kapitän Steffens, daß die Rebellen den Waffenschmuggel ebenso gut bezahlten wie die Kaufleute den Opiumschmuggel, aber er beobachtete stets das elfte Gebot: .Latz Tich nicht ertappen. Mit den waghalsigsten Matrv'en. die er auftreiben konnte. führte er die waghalsigsten Streiche aus, von denen man sich in den ostasianschcn Häfen Wunderdinge erzählte. Ich sah die Brigg zum erstenmale in Futschau zu Anfang der Siebziger Jahre. Die .Fortuna", mit der ich angekommen war. wechselte die ylagge, ich ließ mir das gesetzlich bestimmte Abstcppergeld (wenn ein Schiff die Na tionalftagge wechselt, wird der Mann schast, deren Tienstoerhältnisz dadurch aufHort, eine Ent chädigung m der Höhe der diermonatlichen Gage ausge zahlt) geben und quartierte mich in ei nem Boardinghoute ein. Hier lag ich sechs bis sieben Wochen, zehrte mein Geld aus und fand lein Schiff, mit dem ich die Heimreise antreten konnte. Tie deutschen Kapitäne hielten mich für einen Küster", d. h. für einen jener Bummler, die gegen Lohn von einem Hafen zum andern fahren, überall zu Hause sind und desertiren, wo es ihnen beliebt. Unter fremder Flagge wollte ich aber nicht fahren. Eines TageS kam das Wildschwein" an, und ich eilte an den Hafen, um mir daS Schiff, von dem ich schon so viel gehört hatte, zu besehen. Ta meine Kasse schon knapp war. that mir der Dollar leid, den der chinesische Boot fahrer für da- Anbordfahren verlangte, weshalb ich wartete bis ein Boot von der Brigg abstieß. Bald kam auch ei nes heran, und Kapitän Steffens, eine hünenhafte Gestalt mit stechenden Au gen und kühngcbogener Adlernase, be trat das Ufer. Als er an mir vorüber- schritt, sah er mich von der Seite an und sagte kurz: , , "Sailor-?" ' . "Yes," antwortete ich ebenso kurz; die Frage beleidigte mich ein wenig., , "Englisliman?" "NoSir." Ein Teutscher?" . Ja wohl!" ..Weggelaufen?" Nein, mein Schiff wechselte die Flagge, ich kann nicht fort." Kapitän Steffens musterte mich mit durchdringendem Blick. .Wollen Sie zu mir an Bord kom men k" Aber ich sage Ihnen vorher, daß ich nur fixe Kerls gebrauchen kann." Dies entichied; die Frage, ob ich ein Seemann sei, konnte ich verzeihen, aber den Zweifel an meiner Fixigkeit wollte ich ihm austreiben. In fünf Minuten waren wir handelseinig, und zwei Stunden später siedelte ich , auf das Wilde Schwein" üder. Als ich das Fallreep hinaufstieg. wurde mir meine Lage erst klar. Seit herhatte ich wohl viele tolle Streiche verübt, ich konnte sie aber alle verant Worten und mit den Gesetzen war ich noch niemals in Ksnflikt gerathen. Und jetzt? Jetzt betrat ich ein berüchtig tes Freibeuterfchiff, das von einem Abenteurer par excellence, geführt wurde; ich mußte meine Hand zum Schmuggel und vielleicht noch zu qanz anderen Dingen leihen. Doch hier gab's kein Zurück; also Borwärts." -chon m den ersten Stunden merkte , daß der Kapitän kein Schinderhan nes in des Wortes schlimmster Bedeu tung war. Sein Schiff war sauber wie ein Kriegsschiff, die Mannschaft gut in Zucht, und an dem kurzen be stimmten Kommando konnte man seine helle Freude haben. Dabei gab es hohen Lohn, vorzügliche Kost und was in heißen Gegenden nicht zu unter schätzen ist wenig Arbeit; wurde aber gearbeitet,, dann hieß es alle Kräfte einsetzen. Wir nahmen nur etwas Proviant ein und gingen in der nächsten Nacht in See. Sobald wir von der Küste frei waren, wurde ich an's Steuer gerufen; vermuthlich oute ich jetzt beweisen, daß ich ein fixer Kerl" sei, obgleich es bei ruhiger See und müßiger Briefe kein Kunststück' war. das Schiff aus dem Kompaßstrich zu halten. Ich grüßte tm voruöergeyen den auf dem inter- deck stehenden Kapitän und ließ mir den Kurs übergeben. Süd Süd Ost!" chrie mir der Mann, den ich ablöste, in die Ohren und fetzte leise hinzu: Jetzt geht's los!" , . Mir wurde fast bange zu Muthe; was sollte lest loSgeyenf Wozu wurde mitten in der Nacht die ganze Mann :.A hct en 1? Ich wußte es nicht, daß der Kapitän auf dem ;. "-Vl. Verdeck mit t'Uii.Vt l wU..(, l fehle ertheilte, und sah. daß die Ma trafen laue an Brettern beseitigten und dann über die Rcilinz stiegen; die Zurückbleibenden reichten ihnen Gegen stände, die ich in der Dunkelheit nicht erkennen kannte. Nach und nach kamen sie nach dem Hintertheil deS Schiffes und nun bemerkte ich. daß mit Farbe und Pinsel hantirt wurde; man malte daS Schi's außerdoardS. Sonderbar! Eine solche Arbeit wird doch sonst nur im Hafen, und zwar bei Tag borge nommen. Tie Stunde, die ich am Ruder zu stehen hatte, war herum, aber ich wurde nicht abgelöst. Unter normalen Per hültniffen hätte ich mich darüber gc freut, denn eZ war weitaus angench mer am Steuer zu stehen, als bei der schmierigen Arbeit mitzuhelfen; doch die Neugier plagte mich. Und nun noch eine Entdeckung: die Matrosen, welche sich dem e ck immer mehr näher ten, strichen mit schwarzer Farbe, wüh rend daZ Schiff hellgrau gemalt war. Endlich war die Arbeit beendet, und nun begann eine neue. Mit einer an der Großraa hängenden Takel wurden schwere Gegenstände an Teck gehißt und an die Reiling geschafft. Ich reckte und streckte mich, um zu sehen, waS es sei, aber vergebens. Ter Zufall kam mir zu Hülfe; die Kompaßlampe verlöschte, und ich schlug, der Sitte gemäß, einmal an die Glocke. WaS ist loS? fragte der herbei eilende Kapitän. Tie Kompaßlampe ist aus. Anzünden! Ich will das Ruder so lange nehmen. Tas war eS, waS ich wollte; ich über gab den KurS und eilte nach vom. Aber ich sollte nicht weit kommen, denn kaum hatte ich den Großmast passirt. als ich mit dem Schienbein dermaßen gegen einen im Wege stehenden Gegen stand anrannte, daß ich laut aufschrie. Größer als mein Schmerz war aber mein Erstaunen ich war mit einer Kanone kollidirt. Trüben aus der Steuerbordseite stand auch eine, weiter vorn weitere zwei, und die fünfte, ein Hinterlader neuefterKonftrukiion, wurde gerade auf Back geschafft. Ich war sprachlos. Befand ich mich denn wirklich auf einem Seeräuber- schiff? Bevor ich mich genauer umsehen konnte, ertönte wieder die Glocke, der Kapitän wollte abgelöst fein. Rasch zündete ich die Lampe an und ging wie der auf meinen Posten. Wo stecken sie so lange?" Ich yaoe mir das .nie an einer Kanone zu Schaden gestoßen. Machen sie Ihre Augen auf!" Nachts ist's dunkel, und außerdem habe ich mich auf keinem Kriegsschiff verheuert. Wo ich den Muth zu dieser kecken Antwort hernahm, wußte ich selbst nicht und erwartete ein kräftiges Ton nermetter. Merkwürdigerweise trat gerade das Gegentheil ein. Haben Sie sich ernstlich verletzt? Es wird so schlimm, nicht sein, hoffe ich. Sie möchten wohl gerne wissen, wozu die Kanonen an Deck stehen? Nun, wir sind in der chinesischen See und müssen uns vor den Piraten hüten." Ties war die längste Rede, die ich aus seinem Munde hörte; ich schwieg und dachte mein Theil. Tie Wache ging herum und auch die Nacht. Am folgenden Morgen wurden die Stellen des Unterschiffes, an denen die schwarze Farbe die graue nicht völlig bedeckt hatte, noch einmal überstrichen. dann war die Arbeit gethan. Erft ge gen Abend wurden wir wieder an Teck gerufen zum Geschützexerzieren. Wir mußten laden, richten, auswischen, Kartätschen und Handgranaten an Teck holen, als ginge es direkt in Gefecht. Was um s Himmelswillen soll denn dies Alles bedeuten?" fragte ich, als wir zum Abendessen gingen. gormeia; Seeräuber! lautete die lakonische Antwort. Ich schloß mahrend der freimache kein Auge, denn die kriegerischen Bor- bereitungen hatten meine Phantasie so erregt, daß ich jeden Augenblick den Hereinbruch einer Katastrophe erwar tete. Um Mitternacht kam die Insel For mosa in Sicht. Tie Wachimannfchaft saß neben den Geschützen, aus der Back standen zwei Matrosen aus dem Ausguck und zwischen ihnen der erste Steuer mann mit dem NachtqlaS. Soeben trat der Kapitän an ihn heran, -um ihn ab zulöfen. Nichts in Sicht?" Alles klar. Gute Wache! Gute Ruh'!" Es schlug acht Glasen zwölf Uhr; ich mußte den Mann am Steuer ab- lösen. Tie leichte Brise frischte auf, die Brigg zog einen funkelnden Schaum- streifen durch da? Wasser, und es war eine Lust, am Steuer zu stehen, so flogen wir dahin. Nur etwas heller hätte es sein dürfen, denn der Mond war untergegangen, und die Sterne verbreiteten kaum so viel Licht, um die Umrisse der Küste erkennen zu lassen. Feuer voraus an Backboro!" Ich fuhr zusammen und streckte mich. Richtig, da vorn tanzte ein Feuerschein auf dem Wasser, unstüt flackernd wie eine PechZackel. Tas Licht rührte wohl von chinesischen Fi'chern her, die kchzkt a'.zcvA aber ich horte. vor ihren Netzen treiben und beim Herannahen größerer Schiffe einen brennenden Span zeigen, damit sie nicht üder den Haufen gerannt werden. Wir mußten dem Fahrzeug ausweichen; ich gab clfo Backbordruder. .KurZhalten! donnerte deZKapitäns Stimme, von der Back. a!Z daZ -chiij sich zu drehen begann. Er eilte mit großen Sprüngen üder Deck und stand gleich darauf mit erhobenem Zeigefinger vor mir. .KurS halten unter jeder Bedingung! Beiständen? .Ja wohl, aber Schweigen!" Das war deutsch: ich gehorchte. Er aber blieb in der Nähe des Steuers und murmelte abgerissene Worte in den Bart: Opium-Ladilng wäre ein Fang! schon versalzen! .Feuer rechts voraus! Feuer an Steuerbord!" riefen die Leute auf dem Ausguck. .Boot an Backbord! Mir flimmerte eZ vor den Augen; wo ich hinsah, tauchten Feuer auf, wie Irrlichter tanzend und verschwindend. um in verstärkter Anzahl wieder zu er scheinen. Wir waren ohne Zweifel in eine Fischcrflottille gerathen und es galt nun, alle Sinne zusammenzunehmen, einen Zusammenstoß zu vermeiden. Es war befohlen, KurS zu halten, aber ich konnte die Fahrzeuge doch nicht mir nicht dir nichts übcrsegcln. Ta kam mir eincZ vor den Lug; eS war d höchste Zeit. Ich wollte daS Rad drehen, aber der Kapitän stand neben mir und hielt es mit eisernem Griff. Keine Speiche," sagte er; gerade durch!" Tas ist ja Mord! rief ich entsetzt. Es war Alles, was ich sagen tonnte. Bor dem Bug blitzte es hell aus. ein stoß! es war ge,chehen. Man sah eine dunkle 2Jcq e am SchiN vorbei schießen, ein Arm reckte sich aus der Fluth empor, ein markerschütternder Schrei dann ward es still. Steffens mochte bemerkt haben, daß meine Haare sich sträubten, meine Knie wankten. Lassen Sie sich ablösen, wenn Sie unwohl sind. sagte er kurz. Damit schob er mich beiseite und sah mir mit einem mitleidigen Blick nach. als ich wie ein Trunkener über das Ka- jütsdeck taumelte. Beinahe wäre ich wieder gegen das Geschütz am Großmast angerannt, aber die Stimme des da ncbensitzenden Bootsmannes brachte mich vorher zur Besinnung. Was ist denn los am Steuer?" , Statt Antwort zu geben, maß ich den Fragenden mit einem verächtlichen Blick und ging weiter. Sie ließen sich wohl lieber von den Piraten die Zunge aus dem Halse schneiden? WeicheS Herz lohnt hier nicht ! Ich kehrte um. Das find ehrliche Fischer und keine Piraten, die sich wohl hüten würden, in offenen Booten ein großes Schiff anzugreifen." Ist Ihnen denn nicht schon lange klar, daß die Kerls uns durch die vielen Feuer irre machen. Wenn dann das Schiff stille liegt, fallen sie über uns her. und viele Hunde find nicht nur des Hasen, fondern auch des Wildschweins Tod." Glauben Sie denn auf Ehre und Gewissen, daß es Piraten find?" Sehen Sie sich so ein Ding einmal genau an. und dann reden Sie!" Nachdem ich einen Mann zu meiner Ablösung an's Steuer geschickt hatte. erstieg ich die Back, wo ich mich zwischen vie Ausguaspopen an s Gang,pll stellte Ich sah aufmerkiam aus die dunkle Wasserfläche hinaus, die hie und da durch ein weißes Flackerseuer erhellt wurde. Augenblicklich waren nur drei oder vier Lichter in Sicht. Wir werden bald die Hauptkette yaven!" ries der clme Posten dem an deren zu. Wenn die Brise nicht flauer wird, hat's keine Noth," schallte es zurück. Meine Spannung stieg von Minute zu Minute, und wirtlich, dort taucht, eine lange Reihe von Booten auf, die sich rasch in einem Punkte vereinigten, der in unierer Kurslinie lag. Bei der Schnelligkeit unseres Schiffes wir liefen acht Knoten wäre es leicht ge- wejen, auszuweichen, aber wir hielten genau Kurs. Unser Kapitän fürchtete in eine Falle zu gehen, wenn er nach Steuerbord oder Backbord auswich; ahnte er doch nicht, daß er erst recht in die ihm gestellte Falle lief. Er achtete nicht auf das Borgebirg zu Luvard, welches uns den Wind wegnehmen mußte, sobald wir uns ihm näherten. Plötzlich hörte wie durch einen Zau- ver chlag der !,nd auf; die Segel hin gen schlaff an den Masten und Stangen herunter. Und dort kamen sie mit raschen Ruderschlägen heran, hundert Boote mit schreienden Menichen. Tie Waffen blitzten im Scheine der Feuer unheimlich auf; es schien, als ob die ganze Hölle losgelassen sei, um uns zu vernichten. Die beiden Ausguckposten hatten das Geschütz auf der Back nach Steuerbord gerichtet; der eine Mann ergriff die Ab zngsleine, während ich mechanisch nach einem der am Krahnbalken liegenden Gewehre griff. Ehe ich mich überzeugen konnte, daß es geladen sei, krachte der Kanonenschuß. Ein- fürchterliches Geschrei bezeugte, daß er getroffen; es konnte keine Boll- kugcl gewesen sein, denn diese Hütte keine solche Wirkung hervorbringen kön- ncn. In dem uns nächsten Boot stand kein Mann mehr: sie. schienen alle oe tödtet oder verwundet zu sein. Kein Wunder! Beim Laden merkte ich. daß Nachts :ach alter ccn-.annsireise mit N ghcktem Blei und Gkas'plikter i. ichcifen. Erbitterter konnte n:cht aekämp't norden. elZ eS jek,t geschah. Daß wi von den l q:nc;e:i kane Schonung zu erwarten hatten, j.a, daß uns ein gual deller Tod sicher war. wenn wir unter lagen, wußten wir nur zu gut: also d'rauf, aus Leben oder Tod! An Ge schützfeuer war nicht mehr zu denken denn der Feind lag schon längsseits und suchte daS Teck zu erklimmen. Ge wehre und Revolver waren jetzt unsere Waffen. Südel. Beil und Hand granate. Aus der Back hatten wir Biere der erste Steuermann hatte sich uns zuge sillt verhültuißmäßig leichte Arbeit Der hohe Bug war schwer zu erklim men; wer ten Versuch wagte, wurde m Bajonnet und Säbel zurückgewiesen !Llk Vazdorbieite war gänzlich unge fährdet, während an steuerbord zwei bis drei große Boote lagen; alle übn gen Feinde forcirten daS Groß un Hinterdeck. Der Kapitän war überall zugleich .Deckung suchen!" hörte ich!, ihn mit fester Stimme rufen. Aufpassen, wo sie sich zusammenziehen!" seine Mahnungen waren, wie sich bald herausstellte, begründet. Die Eb ne?cn gnnm von auen selten an. um sich unvermulhet und mit furchtbarer Wuth aus das Hinterdeck zu stürzen Sie machten wiederholte Versuche, das gcthcerte Tauwerk in Brand zu fegen Und wunderbar, die während der Nacht aufgetrazene schwarze Oeltarbe war unser bester Verbündeter. Noch naß. machte sie die Schiffsseite glatt wie ein Aal; jede Hand, jeder Futz glitt von ihr ab. Ter Bootsmann war aus das Hin terdeck zurückgeeilt; wir Drei hatten alle Hände voll zu thun und bemerkten nicht, daß sich ein großes Fahrzeug dem Stcuerbordbug näherte. Erst als wir die Mattensegel der Dschunke Hat schen hörten, erkannten wir die Gefahr. Wir standen einer hundertfachen Ueber, macht gegenüber, ohne auf Verstärkung hoffen zu können. Schon flogen die Enterhaken herüber, das von bewaffne ten iiyineien wimmelnde Piratenschi mußte in wenigen Augenblicken das unfcrige berühren. Ta sprang eine mächtige Hünenge statt, auf die Back, es war der Kapitän Fallen Anker!" rief er mit Tonner stimme. .'er vaaoorviqe uganter lag au der Back, darunter lag die Tschunke. die sofort sinken mußte, wenn das un geheure Gewicht aus sie herabstürzte Wie aber den Anker bewegen? Eh die Frage laut wurde, hatten wir schon angefaßt; es klingt unglaublich, aber wir kanteten die Eisenmasse aus und krachend fuhr sie aus das Fahrzeug nieder. Ich zauderte über Bord zu sehen nicht auZ Furcht vor einer Kugel, son dcrn.weil ich ahnte, wie es dort aussah Und dennoch that ich es. Entsetzt blickte ich nach der stelle, wo das zertrümmerte Heck der Tschunke untertauchte, die Mannschaft hatte den Bug erklettert der hoch aus dem Wasser ragte und dann jählingS in die Tiefe schoß. Tie übrigen Piraten ergriffen die Flucht; wir hatten gesiegt! Kein Sie gcsjubel wurde laut, keine Ansprache des Kapitäns lobte das Verhalten der Mannschaft; Steffens war eben kein Freund von vielen Worten, er reichte jedem einzelnen die Hand, und daran waren wir stolzer als auf Orden und Ehrenabzeichcn. Trei Tage püter erreichten wir Amoy, wo wir unsere Verwundeten in das Lazareth schafften. Von Schmug gel war keine Rede, denn unsere La dung wurde am hellen Tage gelöscht. und die Kaufleute schlugen sich fast um die Neudesrachtung des Wildschwein". da kein anderes Segelschiff so rasch und für werthvolle Ladung so sicher sei Tie Piraten, die in , allen Häfen ihre Spione und Agenten hatten, wußten sehr wohl, daß wir schon nach einigen Tagen wieder in See gingen, aber' sie lauerten uns vergebens auf, denn die schwarze Brigg hatte sich während der Nach! in einen grünen schuner vev wandelt. Ter Kapitän, wenn auch etwas wortkarg und zurückhaltend, theilte alle Gefahren mit seiner Mann schast und machte alle die über sein Thun und Treiben kursirenden Gerüchte durch leine Ehrenhaftigkeit zu Schan den. Ich habe ihn schützen und hoch achten gelernt, und als er ein Jahr später an einem Herzschlag starb, konnte ich mich nicht entschließen, länger an Bord des Schiffes zu bleiben, dessen Fuhrer er a lang gewesen. un Waicr rommt," meinte mein Bootführer, dem die Geduld ausging. Als ich lym aowinlie, giauoie er, er solle zu mir kommen und arbeitete sich mürrisch durch den Schlamm zum Wrack heran. Bald sah er. daß es nichts für ihn zn thun gab, und so deutete er, um den Weg nicht umsonst gemacht zu ha ven. nach einer oeichaoigten stelle am Backbord-Bug und brummte: Da het he een fixen Knax wegkregcn." Ich nickte. Es war die Stelle, wo der auf die Piraten-Tschunke herabstürzende Anker die Eichenplatten geschürft hatte; Kapitän Steffens hatte die alte Narbe niemals entfernen lassen und auch sein Nachfolger nicht. Haben sie ein starkes Messer?" Ter Alte'sah mich mißtrauisch an und reichte mir sein Scheidemcsser. Wüh rend ich mich bemühte, einen Span aus den Schiff-plankcn zu fchnciden, ging w:r : gcln, sein Mißtrauen augenscheinlich in Mit leid über. Ich nahm eZ für Beileid hin und dankte ihm im Stillen: war es mir doch, als stünde ich hier am Grabe eine guten Freundes. Das arme Wildschwein"! Einst so leichtfüßig, stolz und gefürchtet, jetzt träge im Schlamm liegend, belächelt und uls Brennholz feilgeboten. Ich gehöre nicht zu Denjenigen, die an merkwürdigen und historischen Orten die Tische zerschneiden oder Steine aus den Wänden reißen, um die Reliquien zu Hause in eine eigens dazu vorbchal tene Schublade eine Art Schreckens kammer zu versenken. Eine solche Raritätensucht liegt mir. wie gesagt, fern, ebenso wie jede Gefühlsduselei; nichtsdestoweniger werde ich den Feder Halter, den ich mir auZ dem Holz d3 ausrangirtcn Wildschwein schnitzen ließ, und mit dem ich diese Erinnerung niederschreibe, hoch in Ehren halte. bis ich selbst .ausrangirt werde. Lii Fürsten ihr Auwelen bewal, ren, darüber macht ein englisches Blatt in teressante Eröffnungen. Ter hohe Werth, den die Juwelen im Besitze der Königshäuscr gewöhnlich reprüscntireii, erfordert strenge Maßnahmen zu ihrem Schutz. Tie Kronjuwelen im Tower, die schon öfter gestohlen wurden, hält man jetzt gegen Ticbstahl gesichert, denn außer den Wächtern ist ständig ein kleines Heer von Privat-TetectivZ Tag und Nacht zur Stelle. Zu den Krön juwelen kommen noch die kostbaren Schmucksachen der Königin; nur zwölf Eingeweihte wissen, wo sie aufbewahrt werden. Zur Sicherheit giebt eS von allen Duplikate aus unechten Steinen und bei dem Versuch eines Diebstahls würden die Diebe wahrscheinlich die werthlosen Imitationen erhalten. Tie echten Steine sind in den Tiefen von Windsor Castle versteckt und werden von den erfahrensten TetectivS bewacht, die wie gewöhnliche Beamte im Schloß leben. ES besteht übrigens in England noch ein alteS Gesetz, daS diejenigen zum Tobe verurtheilt, durch deren Nach- läistgkeit die Edelsteine verloren und nicht wieder zu erlangen sind. Heute wird daS Gesetz wohl kaum noch angc wendet werden. Die Juwelen, die dein Zaren und seiner Familie gehören, sind noch kostbarer. Tie kleine Großfürstin Olga besitzt allein Schmucksachen im Werthe von 1 Millionen Rubel. Im Petersburger Palast ist ein festes Zim mer, das bis jetzt den Angriffen der gc schicktesten Ticbe widerstanden hat. Tort ist ein großer Theil des Schatzes aufbewahrt, der von 180 Leuten be wacht wird. ES sind meistens Offiziere, die ein hohes Gehalt beziehen. Viele der Juwelen eS Zaren sind nicht in St. Petersburg aufbewahrt. Zu den Juwelenschätzcn des russischen Herrschers gehört auch ein Theil der türkischen Kronjuwelen, die dem Sultan abge kauft wurden. Sie gehören zu den schönsten Tiamanten-Sammlungen der Welt. An den Ufern der Donau steht ein Bollwerk, das die staatsjuwelen Bulgariens beherbergt. Das Schloß wird nur von den Wächtern bewohnt, und die Steine werden aus 10 Millio nen Mark geschätzt. Tie Juwelen des verstorbenen Königs Umberto werden nicht nur von Wächtern, sondern auch vom Tiber bewahrt. Sie ruhen in einem unterirdischen, festen Raum.zdcr aus zwei Seiten vom Flutz begrenzt wird. Ter Schah von Persien besitzt Juwelen von unschätzbarem Werth, die von seinen Borfahren gesammelt wur den. Sie werden in Teheran von Be amten bewacht, die grausam bestraft werden würden, wenn ein einziger Stein ehlen sollte. Ter verstorbene schah war sehr abergläubisch in .Betreff des chönen Smaragds, den er am Gürtel trug. Aus Furcht, ihn durch Diebstahl zu verlieren, verbarg er ihn Nachts un- ter seinem Kopfkissen. Lenau'ö Postillon. Anläßlich der 50. Wiederkehr von Lenau's Todestag erzählt das Wiener Tageblatt" Folgendes über die Ent- ehung des populär gewordenen Ge- dichtes Ter Postillon": Anfangs der dreißiger Jahre fuhr Lcnau mit der Post von Stuttgart die alte Straße nach Balingen. In Hechingen wurden die Pferde gewechselt und ein neuer Postillon nahm den erhabenen Platz aus dem Bocke ein. Es war bereits Nacht geworden, als es im scharfen Trabe der Balingerstraße zuging. Eine urze Wegstunde von hier Iren der Kut- chcr plötzlich die Pferde feierlich lang am gehen. Lenau fragte nach dein Grunde dieses langsamen Tempos und der Kutscher sagte: To isch Steinhofcn nd do drüben isch der Kirchhof. Ta hat man mein' Kameraden vorig' Woch' vergraben, 's isch an guater Kerl g'sei: jetzt muatz i ihm aber sein Lciblied dlosa. das hat er alleweil am liedschte hört und selber blosa!" Und er sektc das Posthorn an und blies in die schöne Maiennacht das Lciblied seines Käme raden hinüber zum frischen Grab: Lang mir noch im Ohre lag Jener Klang vom Hügel." Unter solchem Eindruck kam der Tick- ter auf der Poststation im nahen Dalin gen an. In der alten Post" setzte sich Lenau sogleich an d:m Schreibtisch und entwarf seinen Postillon". Seinen Irrthum erkennen, beißt un- ter Menschen noch lange nicht, sich zur Wahrheit bekennen.