. i. Zl,xt vs n fflrcfcmuitcr trar acßctbcn; die mil den Augen hatten sich geschlossen, die feinen, treten Hände, die ihr langes Lebrn Hinduich so raftloS thätig gereffn Karen, lagen nun gefaltet übcr dem Gesangbuch; sie waren so rag und die Finget so dunn. DQB oer raur-.ng ganz lose darauf saß. Aber ich liefe ihn sitzen. Tahingegen nahm ich ihrem eigene, im Testamente auSgesprcchencn Wunsche gemäß die anderen Ringe ad. Meine beiden Schwestern sollten jede einen davon haben, den dritten hatte Großmutter für mich bestimmt: .Für Enevold LSirenbach, den liebsten meiner Enkel, denn er gleicht Onkel Erhard." stand da im Testament. Jetzt hielt ich den kleinen Ring in der Hand und be trachtete ihn aufmerksam. EtwaS be fonderS Kostbares war er wohl nicht, aber wie fein und altmodisch war er doch! TaS Ganze war nur ein dünner, ein wenig gefchnörkclter RococoRinz, der von einem kleinen Herz zusammen gehalten wurde. TikS letztere bestand aus einem geschliffenen, in Gold gesaß ten Rheinkiesel. Zu beiden Seiten war ein kleines silbernes Blatt angebracht, das entweder einen Pfeil darstellen konnte, der des Herz durchbohrt hatte, oder auch zwei Lilien, die aus dcmfel den heranwuchsen, aber sie waren sehr verschossen, so daß sie mehr einem Pfeil glichen. In der Mitte deS, Herzen? unter dem durchsichtigen Rheinkiesel lag ein feiner, goldener Faden, der einen verschlungenen NamenSzug bildete; eS war nicht leicht, ihn zu deuten, aber ich hielt ihn für ein E. was nicht un wahrscheinlich war, da Großmutter Elise geheißen hatte und eine geborene Baronesie LooS aus Bcrnslykke in IM land gewesen war. Wie erinnerte mich doch dieser Ring an sie: Er rief unzählige lichte ind belts'Erlnnerungcn tn mir wach, m denen sie den Mittelpunkt bildete. Aber je länger ich das kleine, klare Herz tt trachtete, desto mehr wollte eS mir schein nen, als rufe eS noch andere dunkle, nebelhafte Bilder aus dem schlaf der Vergangenheit, ich konnte nicht sagen, woher sie Jörnen, oder wer die Figuren waren, aber ich hatte ein unbestimmtes Gefühl, daß dies Herz für mich auf rgend eine Weife von Bedeutung fei. Ich legte den Ring in das kleine, verschossene Sasfianfuttcral, in daS er gehörte, steckte es in die Tasche und ging, denn ich hatte noch verschiedene Besorgungen in der Stadt zu machen Mein Weg führte mich am Boulevard und von dort am Botanischen Garten -Worüber, der in der schönsten Abendbe leuchtung dalag; die letzten Strahlen der Abendsonne beleuchteten die Fichten bäume mit ihren langen, lichtgrünen Schüssen und daS leichte, hellgrüne Laub der Birken. Tie Lürchen-Tannen dufteten harzig, und als ich noch ein wenig weiter gekommen war, schlug mir ein starker, süßer Tust entgegen, der auS einer Sweetbriarhecke aufstieg, die den Fuß des Observatoriumhügels um gab. Ich stand still und sog den wür zigen Geruch ein. und, ich muß es ge stehen, ich machte mich eines kleinen Diebstahls schuldig, denn einen Augen blick später hielt ich einen der duftenden Rosenschüffe in der Hand und eilte da mit nach Haufe. Was war es nur mit diesem Tust? Was für eine Zaubermacht hatte er nur über mich? Auf eigenartige Weise ver einigte er sich mit dem kleinen Herzen in GroßmutterS Ring und umspann mich mit einem Zaudernetz von wunderbaren Bildern. Ich saß allein in meinem Zimmer an dem offenen Fenster, durch das die kühle Abendluft zu mir drang, aber nicht der enge St. Annae-Platz breitete sich vor mir aus. nein, eS war ein großer, schattiger Schloßgarten mit steifen, beschnittenen Hagcbuchenhecken und mächtigen Lindenalleen. Tie Hecken liefen fächerförmig zusammen, und den Mittelpunkt, wo sie von allen Seiten mit einer üppigen, duftenden Sweet briarhecke umgeben war. Im Centrum der Rotunde stand eine Laube, und hier saß ein sehr, sehr alter Herr mit schnee weißem Haar und einem. Paar unend lich milder, blauer Augen, die nach allen Seiten durch die Hageduchcnhecke fpähten, als warteten sie auf jemand. ES näherten sich auch Schritte, und eine schlanke Mädchengestalt trat in die Ute tunde. Sie war so jung und sah so liebrci zend aus, daS fand der alte Herr wohl ebenfalls, denn er sprang auf und eilte ihr entgegen. Und nun sah ich. daß er gar nicht alt war, sein Haar war nur , gepudert, und er trug einen langen ' Zopf. Seine Kleidung wie die des - jungen Mädchens war in RococoStyl. Er legte den Arm um ihre Taille und zog sie in die Laube. Tort saßen sie lange zusammen auf Itx Bank und sprachen und sahen sich mit inniger Liebe an. Schließlich nahm sie eine kleine feine Nadel aus ihrem -Busen und befestigte sie in feinem Ja. bot: und er nahm ein kleines rothes SafnaN'Futteral aus der Tasche; es glich dem. daS zu dem Ring der Groß, mutter gehörte, auf's Haar, aber es war neu und hübsch. Und er öffnete es, nahm einen Ring heraus und steckte ihn an ihren Finger; da sah ich, daß es derselbe Ring war. und an der Nadel, die sie ihm gegeben hatte, gewahrte ich genau dasselbe kleine, klare Herz mit dem NamenSzuz in Goldfäden, da stand edcns.Z E. L.. ur.d die silbernen Zlätter traien euch da. altx sie stellten lredcr Lilien n:ch Pfeile vor. sondern Scfenblctier daS konnte man jetzt aan deutlich sehen. Und sie flüsterten stehend ihre Namen; ich hörte sie. ich weiß, daß die anfangs duchstzbcn beider Namen E. L. waren, aber sie hieß nicht Elike. so viel war mir klar, wenn ich mich auch nicht ent. sinnen kann, wie sie hieß, und auch sei. nen Namen wußte ich nicht mehr. alZ ich am nächsten Merzen erwachte, indem das Mädchen mit meinem Kaffee und einem ganzen Haufen von Briefen her einkam. Unter diesen befand sich einer von meinem Better. Baron LocS auf Bernslykke. der in Veranlassung von bircßmuttcrS Tode schrieb. Er schloß seine Beileid .bezeugenden und übrigens gänzlich nichtssagenden Zeilen mit der Bitte, ihn doch zu besuchen, wenn mich mein Weg einmal nach Jutland führen sollte. Ich freute mich über die Ein ladung. da eS mich wirklich intercsfirte. den alten Familiensitz wieder zu sehen, wo ich nur einmal in meiner frühesten Jugend gewesen war, wo aber die Großmutter ihre ganze Kindheit verlebt hatte. AIS eS Sommer wurde, reine ich wirklich hinüber. Nach einem herzlichen Empfang wurde ich in's Wohnzimmer geführt, in einem großen, luftigen Saal mit weißen Panelen, Rococomöbeln mit rothen Bezügen und vielen Gemälden an den Wänden. Mein Auge fiel sogleich auf ein sehr großes, schöne? Bild, und ich schrack förmlich zusammen, denn es stellte eine Rotunda dar, die. von einer Rosenhecke umgeben, das Zentrum von zahlreichen, beschnittenen Hagebuchen hecken bildete. Im Hintergrunde stand eine Laube, und da drinnen auf einer Bank saß ein alter, weißhaariger Herr mit einem Paar milder, blauer Augen, die nach Jemand zu spähen schienen Neben ihm stand ein entzückendes jun geS Mädchen in einem weißen Kleid im Empirestil, einen rothen Shawl um die Schultern. ' , Wer ist das?" fragte ich neugierig Tas ist Teine Großmutter als jun ges Mädchen." antwortete mein Better, und dann ihr Onkel, der alte Geheim rath Erhard LooS. Tie beiden hatten sich sehr lieb, und sie war dem alten Herrn sehr viel, als er sich von seinem Miniftcrpoftcn zurückgezogen hatte und hier in dem Heim seiner Kindheit Zu flucht für seine alten Tage suchte. Er kam auf Besuch hierher zu der Wittwe seines Bruders, aber dann blieb er da und wurde gleichsam eine Art Inventar hier auf Bernslykke. Er schloß sich hauptsächlich an seine jüngste Nichte, Elise, an Teine Großmutter an; die beiden waren beinahe unzertrennlich, so daß, als ihre Mutter sie gern gemalt haben wollte, ehe sie als Braut das Haus derlicß, es ganz natürlich war, sie zusammen mit dem alten Geheim rath abzukonterfeien und in einer Si tuation. die für die beiden ganz charak teristisch war. Er pflegte nämlich jeden Tag in die Rotunda hinabzugehen, wo er stundenlang auf der Bank in der Laube saß, geistesabwesend die langen Haqebuchenhcckcn hinabspöhcnd. Nie mand außer Tcincr Großmutter der mochte ihn von diesem Platze zu entfer nen. Sobald sie kam, sprang er auf, schlang feinen Arm um ihre Taille und folgte ihr wie ein kleines Kind, wohin sie wollte, und sie hegte und pflegte den alten, schwachen Mann bis zuletzt mit einer rührenden Sorgfalt. An ihrem Hochzeitsabend mußte sie ihn auch aus der Rotunda herausholen, da er sonst nicht zu Bett zu bekommen war; da steckte er ihr einen Ring an den Finger und küßte sie. Im selben Augenblick aber traf ihn ein Schlaganfall, und er stürzte todt um. Tas ist seine Geschichte." Mein Better schwieg. Tas war seine Geschichte. War sie nicht länger?" Mit dieser Frage beschäftigt saß ich am Nachmittag auf der Ban! des Gehcimraths" in der alten Laube. Hier also hatte die alte, geistesschwache Excellenz die vielen, ein samen Stunden verbracht, hatte ihr eigenes, wunderliches Traumleben ge lebt, unverstanden, wenn auch von allen geachtet und von meiner damals so jun- gen, liebreizenden Großmutter herzlich geliebt. Und von sonst Niemand? Hatte ihn sonst wirklich Niemand m der Welt geliebt? Wer war denn nur das junge Mädchen im Rococogewande, des scn ich mich noch so deutlich aus meinem Traum entsann? Existirte nicht ein Band, das Niemand kannte, das aber den alten Mann gerade an diesen Fleck geknüpft hatte? Ich wurde aus meinen Betrachtungen aufgescheucht durch den Laut des GongS, das zu Tische rief. Als ich in's Wohnzimmer trat, fand ich es voll von Gästen, und einen Augen blick später wanderte ich, eine mir gänz lich fremde junge Tame am Arm, durch die lange Reihe von Gemächern die breite Treppe hinab, durch ein mit alten Gemälden und geschnitzten Truhen aus gestattetes Vestibül, bis wir in dem großen Gartcnfaal anlangten, der im Sommer als Eßzimmer diente. Erst als wir Platz genommen hatten, konnte ich meine Tischdame betrachten. Wir saßen einander gegenüber am Ende des Tisches, und ich war ganz überrascht durch ihre ungewöhnlich fei nen. charakteristischen Züge. Sie glich einem anderen jungen Mädchen, das ich kannte. Ter Ausdruck ihres Antlitzes war weit intelligenter, als dies gewöhn lich bei jungen Mibcha der Fall ist und die cebogene Nae, dzs feine, de stimmte Kinn, der schmale Mund und die ehrlichen graren Auzen zeugten von dem edlen Stamm, dem u entsprossen war. Ich hatte ihren Namen bei der Vorstellung überhört, jetzt aber der, nahm ich. wie mein Bette? ihr zurief Darf ich tif willkommen heißen Komtesse Lander!" während seine Toch ter. sich dorüderbeugknd, ihr ',la erhob und sagte: Willkommen Eme renu!" So diel wußte ich nun aVo, und bald sollte ich mehr erfahren. Tie Komtesi, erzählte mir nämlich, sie und ihr Vater seien gekommen, um einige Zage hier ZU verweilen, (ich rechnete sehr schnell auS. daß meine Zeit mir zufällig er laubte, genau so viele Zage zu verwci lcn). der Zweck der Reise sei, die In spektion eines der Güter ihres Vaters deS Schlosses Eegstrup. da? jenseits der Bucht lag. nur eine halbe Meile von Bernslykke entfernt, wenn man m gerader Linie über daS Waffer ruderte, aber mehr als drei Meilen weit, wenn man den Strandweg ein Ichlug. Wir wohnen sonst in Lindrup in schonen." fügte die Komtesse hinzu Mein Vater mag nicht in Eeastruv lein; ich finde auch, daß eS etwas Tu stcres hat. und die Sagen, die sich an da? alte Schloß knüpfen, tragen auch nicht dazu bei, die Wolke zu zerstreuen. die darüber lagert. AuS welcher seit stammen die Sa gen?" fragte ich. Wohl aus der Rittcrzeit?" Nein, die Personen, von denen die Sagen handeln, haben viel später ge lebt, ich glaube, in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhundert?. Tie Haupt Person war eine junge Komtesse Lan der. die sich mit einem Oberst Lander. einem Vetter, verheirathete, den sie dann später umgebracht haben soll, und nun heißt e?, daß sie da drüben auf Eegstrup spukt. Man zeigte noch das Bett, in dem sie den Gatten ermordete und die Blutspuren auf dem Fußboden, über den sie selber ihn b,S an S Fenster ae schleppt hat; von da auS stürzte sie dann die Leiche in den Schloßgraben." Hier wurde die Erzählung unterbrochen, und wn kamen später nicht wieder darau zurück. Nach Tisch fuhren wir alle nach Eegstrup hinüber; es war eine zauber hafte Fahrt quer über die spiegelblanke Bucht, die auf allen Seiten von feld- und waldbekleldeten Hügeln umgeben war. Mitten in all dieser Ueppigkeit lagen die beiden stattlichen Schlösser. Bernslykke, lächelnd und freundlich mit feinen weißen Mauern zwischen den hohen Lindenalleen, Eegstrup finster und öde, halb versteckt von den dichten Kronen der Elchen und Eschen. Bei der kleinen Fischerhütte, die mit ihrer auS einer Reihe großer -teine gebildeten Badebrücke am Fuße des Eegftrupcr Hügels lag, stiegen wir an'S Land und. begaben uns in munter schwatzenden Gruppen durch den Wald nach dem schloß. rr ' . . . ' i ( . r. . . j t . . - iie anen gjioeuiuocti waren aus getrocknet, die Bäume wuchsen hoch und schlank aus ihnen empor, sodaß ihre obersten Zweige bis an die Fenster des ersten Stockwerkes reichten. Von außen war das Haus wohlerhalten, auch die Mauer, die den Burghof umgab, stand noch unberührt, während' der ganze Hofplatz fußhoch mit Gras und Klee überwuchert war. Wir stiegen die breite teintreppe hinan, die alte schwere Eichenthür drehte sich knarrend in ihren Angeln. dann betraten wir eine große unendlich öde, trübe Vorhalle, wo die spmnge webe massenweise in allen Ecken und unter der Decke saßen. Ein Ende Klockenstrang hing noch an der Thür, die Glocke selber war längst verschwun- den. Unter Gelächter und lebhafter Unter Haltung bewegte sich die zahlreiche Ge- sellschaft durch die leeren eale. Mich selber beschlich eine eigenartige melan cholifche Stimmung bei dem grellen Widerspruch, den die vielen blühenden, jugendlichen Gestalten, so voller Leben und Munterkeit zu dem finstern schwer gen der kahlen Wände bildeten, dieser Wände, die so vieler Heimgegangener Geschlechter Lust und Leben, Qual und Tod mit angesehen hatten. Ich hielt mich ein wenig zurück, und als ich allein geblieben war, öffnete ich eine &mt, die in emgegenge ctzter Richtung von dem Wege lag. den die übrige Gesellschaft eingeschlagen hatte. Tas Zimmer, m das ich gelangte. war halb dunkel, denn die Laden vor den Fenstern waren geschlossen, aber durch eine in ein Nebenzimmer führende Thür, die nur angelehnt war, nel ein schmaler Lichtstreif, und nun sah ich, daß dort ein klotziges Himmelbett stand. das einzige Stück Möbel, das ich außer einen verrosteten Ofen im ganzen Hause erblickt hatte. Das Bett!" dachte ich. Ta haben wir's!" Ich schob den moderigen, stau bigen Borhang bei Seite; es lagen ein paar Matratzen in dem Bette, ich hob die oberste in die Höhe, ja, da waren ganz deutliche Blutspuren, ebenso wie auf dem Fußboden. Hier also war die entsetzliche Mordthat verübt! Hier hatte die grausame Gräfin Lander, diese Megäre, ihren Herrn und Gatten meuch lings um's Leben gebracht! Mit Schau dem wandte ich mich ab unst öffnete die Thür zum Nebenzimmer. Doch entsetzt prallte ich zurück: dort über dem alten Kamin hmg ein lebensgroßes Tamen- Porträt, eine junge, liebreizende Er schcinunz im Rocookostu?.. unter dem Bilde aber, am Kamin, erblick:? ich die ielbe Gestalt, dasselbe feine edle Gef.cht. dieselben' grauen Augen, nur trug di Erscheinung ein glattes, weiße?' Ge wand. Unbeweglich stand sie da und starrte einen kleinen Gegenstand an. den sie in der Hand hielt, der aber o klein war. baß ich nicht erkennen konnte, was es war. Keine Sekunde zweifelte ich daran, daß ich hier den Geist der berüchtigten Gräfin Lander vor Augen habe; da wandte sich die Gestalt plötzlich nach mir um und mit der natürlichsten Stimme von der Welt sagte meine Tischdame von heute Mittag denn sie war eS zu mir: .Sehnen Sie, Graf Löwendach. was ich gefunden habe!" Sie reichte mir die Hand hin. und ich erblickte eine ganz kleine, feine Nadel, die dasselbe kleine klare Herz mit dem Namenszug E. L. trug, da? sich an dem Ring befand. den der alte Geheimrath meiner Groß mutter an ihrem Hochzeitstage, wenige Minuten vor feinem Tode gegeben hatte. Wo haben Sie die her?" stammelte ich. Sie lag in einem Geheimfach unter dem Kaminsimms; es war so ein Pfei fen und Rumoren oben im chornstcln. daß ich glaubte, eine Schwalbe habe sich da hinein verirrt, und als ich mich in die Kamlnöffnung beugte, um nachzu sehen, stieß ich mit der Hand an die Wand und dies Fach öffnete sich. Tort lag auch ein Päckchen alter Briefe. Tie Nadel war durch ein seidenes Band gesteckt, mit dem die Briefe umfchlun gen waren." Sie hielt mir ein kleines staubiges Päckchen hm. das mit einem verschosskl nen rosa Seidenband zusammengebun den war. Ich nahm mein Messer und wollte das Band durchschneiden, die Komtesse aber hinderte mich daran: Nein, nein, Respekt vor den Bändern, die von den Händen Verstorbener geknüpft find!" Vorsichtig löste sie die Schleifen. ES waren wirklich Briefe. Sie selber nahm den obersten und reichte mir den nächsten. Tie Schrift war sehr verblaßt, und die schwache Beleuchtung gestattete unS nur, wenige Worte zu deuten, des wegen schlug die Komtesse vor, die Briefe wieder zusammenzupacken; sie bat mich, sie an mich zu nehmen, dann könnten wir sie gründlich studiren. Sprechen Sie aber bitte nicht da von." bat sie. Vater haßt alles, was Eegstrup und meine Urgroßmutter be trifft, und ich bin überzeugt, daß diese Briefe etwas mit ihr zu thun haben. -ehen sie nur, hier steht: Mein Her zens Engelle", und Engelke hieß sie, die Briefe sind zweifelsohne an sie ge. richtet. Nein, nicht alle, Komtesse: denn die ser ist Engelke Lander unterschrieben; lassen Sie uns sehen an wen der adrcs firt ist." Es war nicht leicht, das ausfindig zu machen, endlich aber gelang es mir, und zu meinem Staunen las ich: Er hard Loos." Mir vernahmen stimmen und Schritte, die näher kamen, und die Komtesse reichte mir hastig den kleinen Briefschatz; die Nadel mit dem Herzen behielt sie selber. Einen Augenblick später verließen wir mit der übrigen Gesellschaft das alte Schloß. AIs ich am Abend auf mein Zimmer am. holte ich den Ring aus meinem Koffer. Lange saß ich da und starrte ihn an. dann legte ich ihn sorgfältig wieder in das alte Etui und barg dieses ammt den Briefen unter meinem Kopf kissen. theils aus demselben räthselhaf ten Trieb, der mich als Junge meine lateinische Grammatik an demselben Ort anbringen ließ, wenn ich mich nicht stchcr im Dattel fühlte, theils in dem Gefühl, daß ich hier einen Schatz besaß, der einen Werth in der Vergangenheit und vielleicht auch in der Zukunft hatte. Lange lag ich wach. Schließlich ührten meine Gedanken mich weiter und weiter m das Reich der Träume hinein. Ich saß auf der Bank des Ge Heimraths, ich selber war der Geheim raty, und meine Monmutter kam nur entgegen, die Herzensnadel in der Hand, aber es war doch nicht die Großmutter. ondern Engelfe Lander, rot Rococo Gewände, und ich steckte ihr den Ring an den Finger, und dann war sie nicht mehr die Urgroßmutter, sondern die Urenkelin, die liebreizende Komtesse Emerenze selber. Ich schlang meinen Arm um ihre Taille und küßte sie, und der alte Geheimrath und seine Jugend geliebte standen da und ue gaben uns hren eeqen; und in der Mitte der Ro- tunde wurde ein großes Feuerwerk ab gebrannt, uns zu Ehren, ein doppeltes E. L. , umgeben von einem Herzen und von Strahlen. Ich mußte die Augen öffnen, um das blendendeLicht zu chauen, und dann erwachte ich und sah. daß die helle Sommersonne in mein Zimmer hineinschien. Es war noch früh am Morgen, und ch eilte hinaus durch den thaufeuchten Garten bis an die Rotunde. Unwider- lieblich zog es mich dahin. Wie ent- zückend duftete die Smeetbriar-Hecke in der frischen Morgenluft! Ich setzte mich auf die Bank und zog die Briefe aus der Tasche. Sie lagen der Reihe nach geordnet, abwechselnd von Erhard Loos und Engclke Lander, der erste war mit großer, ungeübter Kinderhand geschrie ? D.s vom I,. Juli 17G4 datirt. Ta Hand: Herzliche Junger Engcl'c! Morgen i't ja dein Geburtstag und ich will dir von ganzem Herzen meine Gratulation senden. Und dann will ich dir sagen, daß ich dich so innig lieb habe, und baß ich immer cn dich denken muß. seit wir unZ gesehen haben, und ich sende dir ein paar Kaninchen alZ Brautzelchenk. denn ich will dich bitten, meine Frau zu werden. Tein ehrerbietiger Ticner und künf tizer Gemahl Erhard Loos." Tann folgte die Antwort, in der sie ihm Treue gelobte und von der Zeit an schienen sie viel mit einander verkehrt zu haben. eS fanden sich nur wenige Briefe aus ihrer Kinderzeit, desto mehr aber auS ihrer ersten Jugend: diese ent hielten hauptsächlich Versicherungen ih rer Liebe und Treue 'und Klagen dar über, daß ihre Eltern ihren früher so regen Verkehr beschränkten. Endlich stand in einem ihrer Briefe: Jetzt, mein HerzenS Erhard, hat mir der Juwelier die kleine Nadel ge fanbt. die ich dir versprach, als wir uns zuletzt sahen; ich werde mich am Sonn abend in der Rotunda hinter der Rosen hecke einfinden, wo wir unS zu treffen pflegen; ich lasse mich von dem alten Jörgen über die Bucht rudern, während mein Herr Papa die Leute ablohnt und meine Frau Mama beschäftigt ist und mich nicht vermissen wird." Tlz war wohl die Scene, die ich in meinem ersten Traum gesehen hatte. Nun folgte eine lange Pause in den Briefen, und in dem nächsten, der wie der von ihr war, stand: Jetzt weiß ich eS, herzlieber Freund, weshalb meine lieben Eltern unsere Verbindung nicht zugeben wollen; sie haben mich schon als Kind mit meinem Vetter Oberst Abraham Lander der lobt, weil er nach mir der nächste Erbe deS Gutes ist. und weil sein seliger Va ter einstmals eine große Schuld für meinen Herrn Papa bezahlt hat. unter der Bedingung, daß ich mit meinem Koufin vermählt würde. So habe ich dich, mein Herzens Erhard ohne Wissen und Wollen be trogen, dich, dem ich am wenigsten von allen Menschen auf der Welt einen Schmerz zufügen möchte. Aber ich muß mich in den Willen meiner lieben Eltern fügen und niich bemühen, meinem Ehe Herrn eine gute und untcrthänige Gattin zu werden. Mein Herzensfreund, ich komme zur gewohnten Zeit in die Rotunde, um Abschied von dir zu nehmen, und ich bringe dir dann den mir so sehr theuern kleinen Ring mit deinem geliebten Na menszug. wieder, gieb auch du mir dann die Nadel und die Briefe zurück, die ich dir geschrieben habe. Mein herzlieber Freund, meine Thränen fal len reichlich auf das Papier, aber es mus so sein. Gott stärke dich und mich, dies zu tragen. In meinem Herzen steht dein Name ewig eingravirt, die Rosenblättcr aber scheinen mir zu einem Ptell geworden zu sein, der es unter großen Schmerzen durchbohrt; möge es dadurch nur geläu- tert werden, so daß der Pfeil zu einer reinen Lilie der Unschuld werde, die in thränenfeuchter Erde wohl gedeiht. Ich darf mich nicht wie bisher als dein künftiger Gemahl unterzeichcn, aber ich bin in treuer Liebe deine Freundin Engelke Ich ließ die Hand sinken, in der ich den Brief hielt, und meine Thränen waren kurz davor zu fließen. Tiefe fromme, fünfte Frau, die sich so willig unter ihr Kreuz beugte, sie sollte eine Mörderin sein? Nein, nein, das war unmöglich! Ich griff nach dem näch fien Brief, derselbe war mehrere Jahre später geschrieben, und die erbrochene Oblate war schwarz. Er lautete fol gcndermaßen: Mein alter, herzgeliebtcr Freund Tir allein kann ich alle meine grenzen lose Noth und Oual anvertrauen, die ich in den sieben Jahren erlitten habe, während ich mit meinem Gemahl, Oberst Abraham Lander, der jetzt ein plötzliches, grauenvolles Ende genom men hat, vermählet war. Er ist mir ein herber und schlechter Herr gewesen und hat. ein sündhaftes Leben geführt mit allerlei Zechen und Trinken, was ihm Gott gnädig verzeihen möge. Aber zuletzt war es gar arg, und sein jünge rer Bruder war lange Zeit hier, und die beiden haben mir armer wehrloser Frau manchen Tort zugefügt. Da eines Abends lag mein Herr Gemahl und schlief seinen Rausch in der öffent lichen Eckkammer aus, und da kam sein Herr Bruder herein und erstach ihm mit einem Hirschfänger und schleppte ihn ans Fenster und stürzte die Leiche in den Kanal, obwohl ich ihn auf den Knieen um Gnade anflehte. Er stieß mich von sich und sagte: ,;jlnn, meine gnädige Frau, bin ich Herr auf Eeg strup." Ta sagte ich: Nein, so Gott will, noch nicht !" Und so ist es nun ge schchen, und ich bin eines Sohnes ge nesen, den ich nach feinem Bater Abra ham genannt habe. Mein Herr Schwa ger aber ist geflohen; doch weiß nie mand. daß er der Mörder ist, und ich werde grausam angeklagt, doch will ich ihn nicht nennen, das kann ich nicht vor Gott verantworten, denn er hat eine Frau und sechs Kinder zu versor gen, und ich werde schon alles er tragen, was Gott mir auferlegt, und meinen kleinen Sohn zu seiner Ehre er ziehen. Mein Herzensfreund! xc. in ein bcn und a sckiwcres Schicksal, ttrtt helfe unS allen! Deine getreue. hcr;liebe Freundin Engelke Lander." N.ch ein kleine?, zusammengefaltetes Papier fand ich. in dem eine fchnee weiße Haarlocke lag. Auf dem Pa Piere stand: .Ich kende dir diese kleine Haarlocke. Tu siehst, mein Haar bedarf dc Pu der? nicht mehr, viel Kummer hat eS gebleicht. Morgen reise ich mit meinem kleinen Sohne zu meinem Onkel nach Schonen und kehre nie mehr nach Eegstrup zu rück; dicker Ort ist mir nertiäglich. Ich bleibe für ewige Zeiten deine in Liede getreue Freundin Engclke Lander. N. B. Tie Briefe, die du mir vor acht Jahren zurückgegeben, sowie der Ring mit dem Herzen liegen in dem Geheimfach unter dem KaminsimZ, über dem mein Bild hängt. Lege die, die du haft. dazu, ehe du stirbst, dann ist unser Geheimniß gut bewahrt und doch nicht mehr, als daß Gott eS zu seiner Zeit und Stunde offenbaren kann. Leb' ewig wohl ! E. L." Unschuldig!" Der Seufzer kam aus meines HerzenS Grunde, als ich jetzt die vielen vergilbten Briefe zusammensuchte und sie wieder mit dem rosa Band um schlang. Unschuldig!" Wer ist unschuldig?" fragte im sei. den Augenblick eine Stimme, und Emerenze Lander stand so liebreizend, so bezaubernd vor mir. wie einst ihre Urgroßmutter vor Erhard Loo gcftan den hatte. ..Ihre Urgroßmutter, Komtesse!" sagte ich und legte die Briefe in ihre Hand. Sie setzte sich auf die Bank neben mich, und ich erklärte ihr den ganzen Inhalt. Sie sah , mich mit ihren schönen grauen Augen an. die sich allmählich mit Thränen füllten und diese flössen groß und klar von ihren Wangen herab. Arme, arme Engclke Lander!" rief sie aus. Und armer alter Geheimrath! ES ist doch gut, daß der Wille der Eltern heutzutage nicht mehr die höchste Instanz ist, ich ließe mich nicht verkan fen, obwohl ich die Erbin von Eegstrup bin; nein, ich will " Sie hielt inne und schlug die lcuch tenden Augen nieder, dann erröthcte sie bis an die Haarwurzeln, erhob sich und schickte sich an, zu gehen. Ich sprang auf, wagte aber nicht, ihr zu folgen. Ta wandte sie sich plötzlich um, zog die kleine HerzenSnadcl auS ihrem Busen. ging still und gesenkten Blickes auf mich zu und reichte sie mir. Tie hat ja dem theuren Onkel Ihrer Großmutter gehört, Graf Löwenbach, die sollen Sie zur Erinnerung an Ceg strup haben und an Engelke Lander und an mich." Seit einem Jahr find wir vcrhci- rathet. Jetzt wohnen wir auf Schloß Eegstrup, das ganz in Stand gesetzt ist, vom Keller bis unters Dach. Der Spuk hat sich nie wieder gezeigt; vielleicht weil Emerenze den Leuten verboten hat, dar über zu reden, und es heißt ja, daß man so etwas todtschweigen kann. Möglich ist es auch, daß die Heimgc- gangenen im Grabe Ruhe gefunden haben, weil jetzt die klaren Herzen mit den beiden Namenszügcn endlich ihre Bestimmung erfüllt haben. nämlich indem sie zwei pochende Menschcnherzcn vereinten, oder auch, weil das kleine Mädchen mit den sanften blauen Au gen, das meine Frau auf ihrem Schlosse wiegt, die vereinigten Namen Engelke Erhardine trägt. Ter verkannte Tieb. In einer verkehrsreichen Straße Bir minghams konnte kürzlich während eines Platzregens ein erheiternder Vor gang beobachtet werden. Ein junger Polizist, der sehnsüchtig nach einer Ge legenheit, seine Tüchtigkeit zu beweisen, umschaute, war trotz des heftigen Re gens, vor dem Alles rannte und flüch tete. im Freien geblieben. Spähend ließ er seine Blicke umherschweifen. Da leuchtete eS plötzlich in feinem Gesicht auf. Er sah. wie ein Mann und gleich hinterher eine Frau von einem Omni buS sprangen. Tas männliche Jndi viduum, mit tief in die Stirn gcdrück ter Kopfbedeckung, hielt einen ziemlich umfangreichen Gegenstand unter feinem Radmantcl verborgen und rannte mit Windeseile die Straße entlang. Dir Frauensperson stürmte mit hochqchal- tenen Röcken und ohne Hut in wilder Hast hinter ihm her. Sie rang nach Athem und fuchtelte mit der freien liu ken Hand aufgeregt durch die Luft. X yne zu zögern, letzte der Hüter M Gesetzes sich nun auch in Bewegung, überholte die Frau, jagte dem Manne nach, den er beim Kragen packte und ni den nächsten Thorweg zerrte, ihn auf fordernd, das Eigenthum der Tainc herauszugeben. In diesem Augenblick stürzte die Frau athcmlos in den Haupt- emgang. cyiuchzend vor, Erregung, stieß sie die Worte hervor: O John. was ist paslirt? Lassen Sie ihn los. Schutzmann, wie dürfen Sie es wagen? Sie sind schuld, daß er nun meinen theueren Hut zerdrückt hat. Sie Ad schculicher! O mein schöner Hut!" Und jammernd nahm Madame ihrem Gat ten daS Kunstwerk der Putzmacherin ab. für da man erst vor wenigen Tagr.i 100 Mark gezahlt hatte. Ganz geknickt schlich sich Bobby" davon. Mit seiner Beförderung war es wieder 'mal nichts. Ein voller Becher und ein voller Zecher laufen gern über.