Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 20, 1900, Image 11

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welche?
JioeeUtitf von A. a b e r.
3'ficanctmufit! Wie singt die Geige,
wie dröhnt der Cymbal! Luft und Leben
spricht auS den dunklen Augen der Mufi
kanten, auZ jeder Bewegung der ge
schmkidigen Gestalten. Und um die
braunen Töhne Ungarns schaart sich
ein fröhliches, lachendes, plauderndes
Publikum. HanS Werner beugt daS
Haupt zurück und schaut sinnenden
Blicks den Rauchwolken nach, die in
kunstvollen Ringeln seinen Lippen ent
steigen; seine Fuße bewegen sich im
Rhythmus der einschmeichelndenWeisen.
Ah. dieser Walzer! Vor einer Stunde
hat er sich nach seinen Klängen auf dem
Eile gewiegt, während die kräftigen
Arme eine schlanke, elegante Mädchen
gestalt führten seine Ada. Seine?
Nein noch nicht! Und warum noch
nicht? Warum dieses Zögern von Tag
zu Tag? Ist nicht der sehnlichste
Wunsch seiner Mutter erfüllt, wenn er
ihr bald ein Schwiegertöchterchen zu
führt? Und ist Ada Sterneck nicht wie
geschaffen zu seiner Gattin, zur Reprä
sentantin für den großen Haushalt, den
er als Beamter eines deutschen Consu
lat? jenseits des Weltmeers zu führen
beabsichtigt? Tret Monate währt sein
Urlaub: er hat ihn angetreten mit der
festen Absicht, sich in der Heimath eine
Gattin zu suchen, und nun ist schon
mehr als die Hälfte vorüber also
höchste Zeit. Er giebt sich einen ener
zischen Ruck. Morgen bestimmt will er
daS entscheidende Wort sprechen ja,
morgen!
ein Blick gleitet zum Fenster hin
an?. 5la. ist. so ändert kick alles. An
Stelle des Gymnasiums, in dem er über
Vergil und Horaz geschwitzt, fand er
ein elegantes fiotel. in dem ftrau
Mufika das leichtbefchwinkte Scepter
führte. Wie er vor zeyn Jayren tan
an demselben Platze gesellen, spannen
k,n Auaes drüben den Büraertteia be
obachtend. bis die Ersehnte erschien, die
Schulmappe am Arm, langsam schien
dernd bis zur Musikalienhandlung, bei
deren NotenscbäKen sie kick die Zeit der
kürzt! Wenn dann sein Unterricht zu
Ende, welche Freude über ot zufällige
Begegnung: und gemeinsam wanderten
sie nack ftaufe. Ada Sterneck ist keine
Flamme gewesen, schon damals, als er
sich mit den ersten griecylcyen 'ocaoem
quälte. Und da sieht er neben ihr im
kitte eine ,arte. kleine Gestalt aus
tauchen, daS blonde Lottchen mit den
großen, unschuldigen Blauaugen, Adas
unzertrennliche Begleiterm. Dtc gevul
dioe. ovserfreudiae Gefährtin. deS ver
wöbntex PostrathstöchterleinS. WaS
mag aus ihr geworden fein? Wieder
kehren ferne Gedanken zu Ada zurück.
Und sckmeicbelnd weben die finaenden
Töne der Geigen eine Brücke zu lichten
Zukunftsbildern.
C Herr Konsul, wie pünktlich!"
Ada Sterneck reicht ihm die bellbeband
schuhte Rechte. Sje sieht entzückend
aus in dem feschen Elösportcoftüm. Er
verneigt sich leicht, in elegantem Bogen
, umkreisend, dann leiten die zwei
fchönen Gestalten graziös auf dem Eise
dahin, von manch bewunderndem Bim
verfolgt. Rothgolden liegt die Mit
irtrtSfnnn aus den sich fröhlich tum
melnden Gruppen; die bereiften Zweige
der Bäume am Ufer deS Neuen SeeS
erblinden in tausend Lichtern. Lebens
sreude. irobmutb. Daseinsluft! Bald
tt, nickt mebr allein. Eine alSn
tpntit avalcade fckaart sich um sie:
Herren in blitzenden Uniformen, frische
Mädchengestalten geben ihnen daS Ge
leite. Ohne einen solchen Schwärm
kann man sich Ada Sterneck kaum vor
stellen. Die wirksamste Folie für ihre
aparte Erscheinung ist der Kreis, in dem
sie als gefeierte Königin regle. 2,'cn
festem Druck umschließt Hans Werner
die kleine Hand. Jetzt wäre der geeig
nete Augenblick gekommen, er gerade in
der rechten Stimmung, aoer oie An
dern! Soll's heut wieder nicht sein?
iTnrni rnnrilPtl bestimmt.
. Nun vergeht wieder ein Tag. bis die
Entscheidung fällt. Das ,fl sonst mcyl
seine Art und auch durchaus nicht nach
seinem Geschmack. Er wandert lang-
fam die Friedrichftraße entlang km dich
Mxnsckenaewübl Zerstreuung
suchend. Umsonst! Er wird die Ver
ftimmmung nicht los. WaS thun?
Theater. Conzert ah. allein macht s
keinen Spatz, und er in aucy nicyi im
nöthigen Dreß". .
Eine halbe Stunde später hat er e,nen
Fauteuil eines großen Spezialitäten
theaterS inne. Um ihn herum dichtes
Wogen und Trängen, rauschende
Musik; ein Schwirren und Tosen von
tausend Stimmen. Auf der Bühne die
wechselndsten Bilder, Schlager auf
Schlager, so daß er kaum zur Besin
nung kommt. Da weckt ihn ein lieb
liches, glockenreines Stimmchen aus
feinen Gedanken auf. Er schaut zur
Bühne empor. Eine junge Sängerin
in faltigem, weißrosa Kleide, das in
Schnitt 'und Art an daS Wiesenblüm
chen erinnert, dessen Namen sie sich bei
gelegt: .Taisy". In den blonden
Haarwellen funkeln einzelne Diaman
ten gleich Thauttopfen im Blumenkelche.
Gebannt forscht er in den kindlichen
Zügen: zwei große Blauaugen strahlen
ihm wie Sterne entgegen. ES ist ein
visionärer Blick, der theilnahnrSloS über
die Menge hinweggleitet, als richte sie
ihn auf etwas, das nur ihr allein sicht.
bar ist. Sind es nicht Lottchen
Weber's Augen, ist daS nicht jenes
volkSthümliche Lied, welches er damals
das Schulkind gelehrt? Ist sie es nicht
selbst? Wie ein kalter Schlag trifft'S
ihn. Sie ift's. die treue KindheitZge
nossin der stolzen Ada. Und wie sie
singt, liegt eS wie Andacht auf dem ver
sammelten Auditorium, Jeder empnn
det wohlthuend die Macht deS einfachen,
innigen LiedeZ nach aü' den vorange
gangenen, die Nerven anspannenden
Leistungen.
HanS Werner verlaßt den Saal. Er
mußGewißheit haben. Ein Blick auf den
Zettel zeigt ihm. daß die Sängerin nach
ihrem Liede keine .Nummer" mehr hat.
Er eilt hinter die Bühne, er weiß sich
Eingang zu den Garderoben zu der
schaffen. Er kommt gerade zur rechten
Zeit Die junge Sängerin steht be
reitS im Mantel da. im, Bezrin. daS
HauS zu verlassen.
Sie erkennt ihn sogleich; ein flüchti
geS Roth huscht über ihr Gesichtchen.
Mit leisem Tank nimmt sie feine Be
gleitung an.
' ,.Tie Mutter holt mich sonst stets ab,
sie ift aber heute nicht wohl. Ta bat ich
sie. daheim zu bleiben. Ich habe ihr
versprechen müssen, einen Wagen zu
nehmen, aber ich spare das Geld
lieber." Er sicht sie erstaunt an.
Sparen bei der gewiß nicht unbedeu
tenden Gage. Sie erräth seine Eedan
ken; hastig, oft stockend, erzählt sie ihm.
wa sie auf die Bretter geführt. Ter
Vater war gestorben und hatte Schul
den hinterlassen, die seinen Namen, den
Ruf seiner Familie zu befleck drohten.
Frau und Tochter waren mittellos,
einsam, der Verzweiflung preisgegeben.
Da ein heroischer Entschluß des Kin
deS. Sie hat eine schöne Stimme, guten
Vortrag: wenn sie daraus Gewinn
zieht, kann sie die Schuld bald tilgen
und ihrem Vater die Ehre retten. Zur
Bühne ist ihre Stimme zu klein, auch
fehlt es an Mitteln und Zeit zur Aus
bildung. So ift ihr nur dieser Weg
geblieben.
Gab'S denn nicht ehrlicheren Ver
dienst?" entfährt eS ihm.
Ist daS denn unehrlich!" stammelte
sie erschreckt. Nur noch eine Woche
soll S dauern, dann bin ich wieder frei.'
Und dann?"
Weiß ich'S" sagte sie wehmüthig
Ich bin wie ein Blatt. daS der Wind
stoß erfaßt hat."
Er macht sie auf die Gefahren aus
merksam, denen sie sich ausgesetzt. Sie
lächelt. Die Versuchung, ja. Aber
ich denke immer an mein liebeZ Mütter
chen. da bleibe ich fest." Und die
Brillanten?" Geliehen," sagte sie
einfach.
Stumm geht er neben ihr her. Ter
Opfermuth dieses Mädchens, ihr reines,
kindliches Wesen rührt ihn. Er denkt
an Ada, 'die durch ihre Verschwendung,
ihre VergnügungS und Putzsucht dem
Vater schwere Stunden bereitet, ihn viel
leicht ruiniren wird, dritte stimme
klingt seltsam weich, als er sich von Lotte
verabschiedet, doch mit keinem Worte.
keiner Miene deutet er den Wunsch einer
Wiederbeqeanung an.
Täglich sieht man jetzt Hans Werner
als Begleiter der schönen Ada auf dem
Eise, täglich Abends dem Vortrag
Daisy'Z lauschend, ohne daß sie von
seiner Anwesenheit eine Ahnung hat
Dann verfolgt er die beiden heimkehren
den Gestalten von Mutter und Tochter
mit einem langen Blick und wendet sich
heimwärts, im Innern Zwiespalt, bit
teren Streit. Sein Verstand zieht ihn
zu Ada. sein Herz zu Lottchen hin. Er
wird die Sängerin beobachten. . Abend
für Abend, bis sie frei ist. und dann?
Sein stürmisch schlagendes H?rz giebt
ihm die Antwort darauf. Und doch fragt
er sich: WaS wird die Mutter, was die
Welt sagen?" Die Welt? Fraqte denn
Lotte nach dem Urtheile der Welt, I,
sie sich zu dem Schritt entschloß?
Der Abend von Taisy'S Abschieds
debut ist da. Blumen und Kränze zeu
gen von der ZDmpathie. die die liebliche
Sängerm beim Publikum gefunden
Innerste Bewegung liegt auf ihren Zü
aen. als sie sich dankend verneigt. Hans
Werner geht mit ,stummem, ehrerbieti
gem Gruße an ihr vorüber. Jetzt wei
er's. welche von Beiden er sich zur Ge
fährtin nimmt. Das Herz siegte.
Acht Tage darauf befindet sich Lotte
als Werner's Braut in Frankfurt a. M.
im Hause seiner Mutter, die das herzige
Mädchen mit offenen Armen aufgenom
men; Niemand hat eine Ahnung, daß
sie mit Taisy" identisch ist. Ada
Sterneck zieht leicht die schöne Stirne in
Falten, als sie die Verlodungsanzage
liest. In der Schulfreundin hätte sie
nun und nimmer die Nebenbuhlerin ver
muthet; sie steht vor einem Räthsel.
Einige Wochen ipater trüqt ein
schlankgebauter Lloyddampfer das junge
Paar über die Wogen des Oceans nach
Südamerika, der neuen veimaty zu.
seltener Borzug.
Einige Athener klagten über den un-
berechenbaren Wechsel der Stimmung,
dem ihre Frauen unterworfen feien.
Jeder rühmte die Vorzüge seiner Gat
tin aber jeder hob die Wandelbarkeit
und die wetterwendische Laune derselben
hervor. Sollte es denn." rief der
feurige Alkibiades, auf dieser Erde
kein einziges weibliches Wesen geben.
daS keinen Schwankungen unterworfen
ist. sondern sich beharrlich gleich bleibt ?"
Wohl giebt eS ein solches Wesen."
rief Einer, der bisher geschwiegen, es
ift mein' Weib!".. Ter dieS aber ge
rufen, war Sokrates!
In Gesellschaft flacher Köpfe
Lasse deinen Geift nicht feh'n,
Dumme Leute ärgert alles.
Was sie selber nicht versteh'.
vaterstolz.
Residenz of John Ritsch. Esq..
Großer Neu York.
Mister Editer!
ES gebt Leit. wo forchtdar diel
Trowwel hawwe mit ihre Kinner un
zwar hauptsächlich for
de Riesen, weil die
Kinner zu independent
sein un nct thun, WaS
mer segt.
Jetz in der Beziehung
kann Ich merklich net
kicke, fonnern im Gege
theil mache Mir Mci
Kinner viel Freid. Ta
iS for Jnftenz der
Johnny. Ten Bub
sollte Sie emol blowe
hörn, Mifter Editer!
Ich hen immer ge
denkt. Ich könnt in der
Lein selwer was leiste.
awwer der Bub biet Mich noch. Ich
hen neilich emol ufällig zugehört, wie
er eme annere Bub verzählt Hot. fei
Vadder wär der reichste Mann vun die
Vereinigte Juneited StätcS un wär
Ehrenpresident vun sämmtliche Trusts
un hätt e Eikomme vun siwwezehn
MilljenS die Woch, un wann er (sei
Vadder. des heißt also Mich) ausgehn
that, da thät er nie unner erer halbe
Milljen for Schampähn spende un er
tbät kci Siggar unner finfezwanzig
TollerS des Stück raache. Mister
Editer, fo was freit Eim doch, wann
e Bub Ambischen Hot un sei Eltern
ehrt, uff daß er aach emol was kriegt,
wann er älter werd.
Un der Freddy, der Hot aach waS
loS. Er war doch emol fiwwe Woche
in der &outi) in eme Kämv. Ten
Bub sollte Sie heint emol verzähle
hörn vun em Tschägo un ean
Schwang un Manila un was er da for
Hirv'Aects gethan hätt. Wann's noch
e paar Woche dauert, da war er aack
schun bei Pekm un Tientsin derbei.
TeZ Mcht awwer Alles die Er
Ziehung, Mifter Editer! Nämlich da
hab Ich mei eigenes Sistemm. For
Jnftenz Mci Bube thun immer, waS
Ich will. Wann Ich z. B. or In
stenz hawwe wollt, sie sollte an eme
Nachmittag oder einige Zeit derheim
bleibe, da thät Ich sage: Warum
müßt dann Ihr Bube de ganze Tag
derheim erumlungern? Könnt Ihr
dann nct e Bißle fort? For waS hen
Ich Eich denn d'.e theiere WheelS ge
taaft? Oder warum geht Ihr net
enei schwimming? Ich will net, daß
Ihr de ganze Tag derheim erum hockt.
statt in die frische Luft ze gehn!"
Gucke Sie. Mister Editer. des is
Alles, was Ich ze sage brauch un Ich
kann schür sei. daß Keiner vun die
Bude ein Schritt vor des Haus geht.
Wann Ich will, daß sie auSgchn un
Exerzeis nemme. da brauch Ich blos
ze sage. Ich wollt hawwe, daß sie der
heim bleiwe.
Tes heißt, Mister Editer. so war es
früher. Seit neierer Zeit thun Mei
Bube werklich uff's Wort. waS Ich
sag'. Ich könnt die Bube als Muster
kinner vun Folgsamkeit in e Exhibi-
schen thun. Merklich un wahrhaftig
Mister Editer!
Ich war erst selwer ganz erstaunt un
hen net gewüßt. waS Ich draus mache
r.rti Tu . a ' . j.t;j. l-i-i r j. .!
ioui. ie IS namiicy jepi iui ungkl
fähr drei Woche, daß die Cbanqe eiqe
trete is un die Bube werklich genau
thun, was mer segt, so daß Ich Mei
Sistemm hen ändern müsse un statt
dem Gegetheil jetz immer des befehle
muß. was Ich werklich will. Es Hot
Mich e paar Tüg genomme, derhinner
ze timme. Jetz weetz ch es. Die
Saperlotts-Bube hawwe nämlich Mei
Sistemm ausgefunne gehatt un ge
merkt, daß Ich immer das Gegetheil
ordere. Jetz thun sie for Speit werk
lich. was Ich sag.
Tes is also noch besser, wie vorher!
Jetz frag Ich Jhne. Mister Editer.
warum könne net alle Leit ihr Kinner
so uffbringe. daß sie e Freid un e Stolz
for ihr Eltern fein?
Mit diesem Wunsche sein Ich fo lang
Mit Rizards
ZZours
John Ritsch. Esq.
Ich muß derfor sorge, daß die Bube
des Päper. wo die Karrespondenz drein
steht, nct kriege, sunscht müßt Ich Mei
sistemm wieder change.
,'rt bestraft.
Privatier Lämmchen kommt spät
Abends mit dem Schnellzuge in Salz
bürg an. Hungrig und durstig eilt er
in die Stadt, ein Unterkommen für die
Nacht zu suchen. Aber vergebens ' es
ist überall Alles besetzt. Er eilt über
die Brücke. Sowohl bei der goldenen
Krone", als auch beim goldenen
Hirsch" und bei der goldenen Gans"
wird er abgewiesen. Erst beim gol
denen Horn" gelingt es ihm. ein kleines
Zimmerchen zu erhalten.
Müde und m Schwein gebadet, über-
giebt er seine Handtasche dem Zimmer
kellner und läuft wieder weg. eine
Restauration aufzusuchen, da das
Hotel Speisezimmer bereits dunkel
war.
In einer gemüthlichen Bierstube fm
det er nicht nur gute? Essen und vor
züglicheS Bier, sondern auch eine mun
tere Gesellschaft, so daß er. eh er sich S
versieht, einen richtigen Schwips hat.
Ten Ernst feiner Lage erkennend, ver
läßt er rasch daS Lokal und zwar zu
feinem Unglück auf der Rückseite.
O Jemine", murmelt er. eine vr-ll
kommen fremde Gegend wahrnehmend.
wo werde ich jetzt mein Hotel finden?"
Ten Namen hatte er auch vergessen.
EtwaS goldenes war eS. ob aber ein
runch oder eine ans. das wurte er
nicht mehr. In feinem Zustande giebt
er daS Herumlaufen bald auf und so
bald er wieder ein Hotel erblickt, stürzt
er hinein.
AlleS Besetzt, mein Herr, thut mir
leid!"
Und Sie bringen mich mit zehn
Pferden nicht mehr hinaus, denn ich
bin todtmüde! Ta haben Sie zwei
Kronen, und lassen Sie mich hier in
der Gaststube auf der Lederbant fchla
fen heute such' ich mein Hotel nicht
mehr auf!"
Ter Oberkellner zuckte die Achseln,
steckte die zwei Kronen ein und entfernte
sich, den Verirrten feinem Schicksal
überlassend. Ter aber schlief den
Schlaf deS Gerechten und merkte erst
am Morgen, daß er nicht mehr auf,
fondern am Fußboden unter der Bank,
lag. ES dauerte geraume Zeit, bis
er zum Bewußtsein seiner Lage kam.
Seine Toilette war unter diesen Um
ständen bald beendet. Er rieb sich die
Augen und erhob sich. Eben trat der
Oberkellner ein. Gestern hat ein
Herr bei unS ein Zimmer gemiethet,
ist aber bisher nicht gekommen
Waren Sie vielleicht der Herr?"
Lassen Sie mir 'mal das Handgepäck
sehen!" Ter Kellner führt ihn in die
Stube. Donnerwetter, ja!" ruft
Lämmchen, die Hände über den Kopf
zusammenschlagend, das ist meine
Tasche! Und ich Pechvogel habe die
ganze Nacht am Fußboden geschlafen!"
Sin onkurrentenstreich.
Ter große Tiamantenköniq Barnato,
der nun auch schon daS Zeitliche gefeg-
net hat, sah einst fo erzählt man unS
die beiden kleineren Tiamsntenkönige
Rhodes nnd Beit bei sich, und wie
daS Emporkömmlinge gewöhnlich thun.
er zeigte ihnen feine Schätze. Ta
lagen die Diamanten Stück für Stück
wohl abgeschätzt, bereit, ihrem Herrn
auf den Auktionen Europas neue
Millionen zu erwerben. Barnato hatte
seinen guten Grund, gerade diesen
Beiden sein wohlassortirtes Lager fun
kelnden Gesteins zu zeigen. Er wußte,
daß Beide mit ihrer Waare noch nicht
reisefertig waren, und es war ihm eine
Wonne, die neidischen Gesichter seiner
aufstrebenden Konkurrenten zu betrach
ten. In 'Beits Augen rangen Neid
und Bewunderung um die Obmacht,
Das sah Barnato und er gerieth in
vollste Gönnerlaune. Als Beit daher
in scheinbar kindlicher Freude an dem
Geflimmer deS edlen Gesteins den
Wunsch auSsprach diesen Sternenglanz
einmal auf einem Haufen sehen zu duv
fen. da schob der Tiamantkönig seine
schätze mit lässiger Hand zusammen.
Die Beiden vergingen fast vor seligem
Entzücken und priesen Barnato als den
glücklichsten der Sterblichen. Tags
darauf fand Barnato in den Zeitun
gen einen Artikel, der sein Diamanten
lager voll Enthusiasmus pries, aber
wie wurde ihm zu Muthe, als er den
Schlußsatz las, fettgedruckt stand da:
nur schade, daß Barnato diesmal nicht
rechtzeitig auf den Markt kommen kann,
seine Tiamantenkollektion ist noch nicht
fertig." Dieser Satz bedeutete für
Barnato einen Verlust von 20 Millio
nen. Um das zu verstehen, muß man
sich erinnern, da es leicht ist. die Xia
manten der Erde Schooß zu entreißen.
Monate aber erfordert es. sie abzu
schätzen und marktfähig zu machen
Jener Handgriff, durch den Barnato
im Uebermaß seiner Schadenfreude
Beits Bitte erfüllt hatte, war ihm also
recht theuer zu stehen gekommen, die
Arbeit von Monaten war vernichtet und
seine Konkurrenten hatten vollauf Zeit,
ihre Kollektion fertig zu machen. An-
statt Barnatos bestimmten sie nun die
Diamantenpreise. Damals aber hat
Herr Barnato Achtung vor der Gerie
benhcit seiner Konkurrenten bekommen.
er zog es vor. sich mit ihnen zu asso-
einen und heute ist die Te Beers Eom
pany der Stern des Unglückes für
üdafrika.
Ttv gefiedert Sänger" in der
Schule.
Ein Idyll vom Lande erzählt der
Elsässer" folgendermaßen: Zum Na-
mensfeste wurde der Schulschwester ein
prachtvoller Gockelhahn" zum Geschenk
überreicht. Ta nun unsere gute Lch-
rerin den Braten für eine spätere Zeit
aufbewahren wollte, mußte der Feder-
Held einstweilen in dem Schullokal hinter
der großen schwarzen Tafel Logis neh
men. Unser Bremer Stadtmusikant
hielt sich recht ruhig, belauschte die be
lehrenden Worte der guten Schwester
und erheiterte hie und da die Kinder
durch sein Kickericki." Doch das
Schicksal erschien eines Morgens un
erwartet in der Gestalt des gestrengen
Schulinspektors. Es wurde in verschie
denen Fächern geprüft und unterrichtet.
Alles ging so ziemlich nach Wunsch.
Zu guter Letzt kam auch der Gesang an
die Reihe, als gerade auS der Ecke neben
dem geöffneten Fenster ein lautes
Kickericki" ertönte. In der Meinung,
der Ruf käme von der Straße her.
ermuthigte der Schulinspektor die Mäd
chen mit den Worten: Hört Ihr. wie
fein der's kann! daran müßt ihr Euch
ein Beispiel nehmen." Durch diese lo
benden Worte geschmeichelt, glaubte
unser gesiederter Sänger" den Zeit
Punkt für gekommen, von seinem Ver
fteck auS ein .Kickericki" rnch dem an
deren erschallen zu lassen. Tarod
lauteS Gelächter der Schuljugend. Be
ftürzung und Ärlegenheit der armen
schulfchwefter. ES braucht nicht weiter
erwähnt zu werden, daß sich daS Ge
heimniß alsbald lüftete. Unter schwer
zu verbergendem Schmunzeln bedeutete
der Herr chulin'pektor bei seinem
Weggänge der arg verlegenen Lehrerin,
in Zukunft ein anderweitige? Unter
kommen für ihre gefiederten Schüler"
ausfindig zu machen.
Tie Tarne vor dem Schaufenster.
Die Berliner Börsen Zeitung"
schreibt: Eine neue Reklame für Schau
fenster hat ein Londoner Mode Bazar
erfunden. Vor diesem in der Regent
Street belcgcnen Bazar ficht man seit
Kurzem die vollständige Figur einer
Dame in modernem Straßcnkostüm
stehen, die Schleppe mit der Hand empor
und mit der anderen eine Lorgnette vor
die Augen haltend. Die Figur steht
nicht, wie so viele andere ähnliche, in
dem Schaufenster, sondern vor ihm.
allerdings nicht direkt auf der Straße,
sondern in der kleinen Nische, die sich
vor der EingangSthür deS Ladens be
rindet. Die Aufmerksamkeit, mit wel
cher die Dame die ausgestellten Waaren
zu betrachten scheint, von deren Anblick
sie sich ofienbar gar nicht trennen kann,
zieht rasch Schaulustige an, und die
Menge wird bald größer, nachdem die
Thatsache, daß man eS mit einer
Wachsfigur zu thun hat, entdeckt wor
den. Man genirt sich dann auch nicht,
das Kostüm der Figur selbst und die
beim Ausrasten der schleppe dezent
fichtbar werdenden Unterkleider genauer
zu mustern, bis Alles lachend ausein
andergcht und daS Spiel von Neuem
beginnt. Ter Inhaber deS LadenS,
der im Innern den Bcobachtungsposten
inne hat. ist mit dem Erfolg seiner
Reklame zufrieden, denn sein Geschäft
wird bekannt; nur zuweilen, wenn
der Menschenhaufen gar zu dicht wird.
läßt er die Tame hereintragen, damit
ihm die Polizei den Spaß nicht ver
dirbt.-
Ter normale AZaldl"!
Durch die Blätter gingen in der letz
ten Zeit wunderbare Geschichten von
dem gescheidten Fora", dem noch ge
scheidteren Waldl" und Foxli dem
Wucherer". Diese Hunde stammen
wohl sämmtlich aus dem neueren Jahr
hundert; denn im vergangenen Jahr
hundert erzählte man sich wohl auch
rühmenswerthe Thaten gescheidtcr
Waldln; aber so klug waren sie denn
doch nicht. Es waren eben noch, so
schreibt man den M. N. N.", normale
Waldln. die von der heutigen allge
meinen Bildung noch wenig profitirt
hatten. So erinnerte ich mich eines
alten Jägers, der einen prächtigen
Tackerl befaß, von dem er behauptete,
daß er mindestens Menschenverstand
besitze. Zur Bekräftigung dieser B?
Häuptling erzählte er von diesem Wald!
u. A. folgende Geschichte: Eines Tages
hatten wir eine Treibjagd auf Sauen,
ohne daß jedoch eine zur Strecke ge
bracht wurde. Mißgelaunt kehrte ich
beim und mußte hier noch ein Schrei
den an das Forstamt erledigen. Hier
bei pafsirte mir daS Pech, einen Tin-
tenfleck auf das Schreiben zu bringen
Wüthend rief ich: So. jetzt ist die
Sau da." Der Waldl spitzte die Ohren
und legte sich dann ivieder ruhig nie
der. , Ich schickte daS Schreiben bald
darauf durch einen Boten nach dem
Forstamt. das zwei Stunden entfernt
war. Mit dem Schreiben war aber
auch Waldl verschwunden und kehrte
erst am andern Tage, als die Antwort
auf das Schreiben eintraf, zurück. Er
war der Sau" nachgelaufen, die mir
eine Nase und dem Waldl eine Tracht
Prügel eintrug.
Sicheres Zeichen.
Gestern war der Baritonist Vogel
bei uns. ein echter Künstler, sag' ich
Ihnen, solch' zerrauftes Haar wie der
hat Niemand."
Verschnappt.
Herr: Ucbrigens, Jean, laufen Sie
mal rasch herauf, über meinem Gar
derobenfpind liegen "
Jean (einfallend): Cigarren, gnä-
diger Herr."
Herr: Wie haben Sie die gefun-
den?"
Jean: Ausgezeichnet."
Empfeblenswerth.
Fremder (zum Bauer): Können
Sie mir vielleicht sagen, ob man sich
bei diesem Barbier auch rasiren lassen
kann?"
Bau:r: Ei. gewiß, der verkauft
auch Ihnen daS Wundpflaster gleich."
Glücklicher Irrthum.
A: Manchmal Passiren einem doch
noch angenehme Dinge."
B: Wieso?"
A: Ich war eben mit meiner
Schwester, die bbreisen wollte, auf dem
Bahnhof und mein Freund Dreßler
auch, und in der Aufregung und Haft
haben ivlr die Schwestern verwechselt:
er hat meine geküßt, und ich seine!" -
kzönschens Standpunkt.
Weaen KoblenmanaelS soll
die
Schule geschlossen werden, böre
ich.
Und da gibtS Leute, die über die Koh
ennoth klagen :"
Geld macht nicht glücklich. Aber hin
Geld macht unglücklich.
Sthx rick'liz.
Professor: öS ift eine empörende
Feigheit von Ihnen, einen Menschen zu
überfallen, der ohne Schutz und Schirm
ist."
Räuder: .Wissen Se. da könnt' ick
lange warten, bis ick Ihnen 'mal mit
'm Schirm treffe."
Line klrge Person.
Frl. A.: .Sage 'mal Klara, warum
haft Tu Herrn Tellheim nicht geheim
thet?"
Frl. B.: Er sagte, ich wäre das
einzige Mädchen, das er je geliebt hätte.
Na. wenn ein Mann einen schon vor
der Ehe fo belügt, was wird er einem
dann erst nachher vorschwindeln?"
I klassische Sergeant.
Sergeant: Hören Sie 'mal. Leh
mann, Ihr Säbel ist ja vollständig
verrostet. Schämen Sie sich nicht?
Wenn der alte Tamokles sein Schwert
ebenso schlecht geputzt hätte, wie Sie.
so wäre er sicher nicht ein so großer
Feldherr geworden!"
Line gute Partie.
Tie Tame stottert ja!"
WaS wollen Sie, bei zweimalhun
derttausend Dollar! müßte sie eigentlich
cinen Buckel haben!"
Schlechte Gewohnheit.
A (zu einem Wittwer. der sich zum
viertel, Male vermählen will): Hör'
'mal. Peter, jetzt könntest Tu Dir aber
schon einmal daS Heirathen abgewöh
nen!"
Tin guter Mann.
Sie: Warum willst Du denn absolut
hinüber auf das andere Trottoir?"
Er: Tort unjen kommt ein Hut
geschäft und ich möchte Dir jede Auf
regnkig ersparen!"
Poesie und j?wsa.
Frau: Sich nur, wie blutroth der
Sonnenball da hinten in'S Meer taucht
und wie feine letzten Strahlen die Berg
gipfcl vergolden."
Mann: Da können wir also bald
zu Abend essen!"
Geradezu.
Schriftsteller: Wenn die Arbeit
nicht fo ist. wie sie sein sollte, fo wollen
Sie berücksichtigen, Herr Redakteur,
daß ich mir zu meiner Arbeit die Zeit
förmlich stehlen mußte."
Redakteur: So. die Zeit auch
noch?"
Eine Emanzipirte.
Seit die Anme ein langes Kleid
bekommen hat. ift sie furchtbar ein
gebildet!"
Wie so denn?"
Sie war gestern im Kränzchen die
Einzige, die ihren Eiscream-Teller nicht
abgeleckt hat."
indlicher Scharfblick.
Die kleine Elly: Hcinzi. geh' nicht
hinein zur Tante, sie ist wüthend. .
Heinzi: Warum denn?" " l
Elly: Sie kann sich heute wieder
'mal nicht hübsch bekommen!"
pietötroll.
Herr: Haben Sie von iirem n?r.
ftorbenen ersten Gatten gar keine Pho-
lograpyler
Frau: Nein! Darum habe ich ja
seinen Bruder oebeiratb?t neif w ihm
so außerordentlich ähnlich sieht!"
Vereinseifer.
rllU (lü dem erst 'ncnpn Mnr
heimkehrenden Gatten): Mann! Was
habt Tiht nur wieder die nnm si?nrft
i i a n-"j
getrieben?"
Mann : Ta Taaesordnnrm!!'vi,
digt.
Nie dagewesen.
Und was hat sich Aukerordentli,s
in Eurem letzten Kaffeekränzchen
tragen?"
Wir haben unsere größte Hindin
todtgeschwiegen."
verfehlte Wirkung.
A (renommirend): ..Und denken Sip
nur, meine Braut spricht fünf Spra-
rfiim!"
chen
B: Uni's Himmels willen'
schöne
Aussichten!"
Er kann's macken.
Haben Herr Kommer,!knrtK .;,
... Xi" - . . "U"-kuuii
tüchtigen Hausarzt?"
nMh,: Einen Hausarzt?
Ich W für jedes Körpertheilche' einen
, G frl d T '4
fJlUllUU.
Dexlazirte Wendung.
Tame: . RlkiKp k,., ...
n. cv. wenn uum
alle Ihre Patienten treu, Herr Doktor?"
Junger Arzt: . Ris ,i .v
,7-. , " l Vti(
gnädige Frau."
Kindlich.
ffstrirflcn tnenn kk C-.- r
"", u vmo oni und
den Leberthron immer ordentlich
A C mmfi Ostern einen
Hauslehrer!"
m.a' er -muß dann den
Leberthran trinken."
Aengstlich.
Fräulein: .Möchten
sich nicht
auch mal derheirathen?"
Junggeselle: Ach ja. aber-"
V-'''''.
Alter Junggeselle: Nein - ahet n