s M rn ?!uelltbch. Im Fcbrua? ISo9. am Vorabend von Tankt Axollonia. schritt ein junger kiger norddeutscher Abkunft. NamenZ Ulrich Hellerling, mit seiner kleinen Kapelle von einem vielbesuchten rheini icken Z!uSguaSberae" zu Thal. Sie kamen von einem auf halber Höhe be Kgenen Wirthshaus, w sie der HauS iochter im Auftrage ihreZ BrüutigamS ein Ständchen gebracht hatten. Für den . jungen Kapellmeister' war daS ein ziemlich heikler Auftrag; denn er hatte selber eine Zeitlang zu oen Hing Se Rittern der schwarzäugigen Apol lonia gehört. Nachdem sie ihm aber den woblbabenden WirthSsohn auS dem Städtchen vorgezogen, war er ihr mit einer nicht seltenen Taktik gekränkter männlicher Eitelkeit mit auerm Aus, merksamkeiten gegen eine andere unter die Augen gegangen. Xitt anoere. ein blondes, stämmiges Kathrinchen, wohnte gleichfalls in jenem WixthS Haus, als Magd und Kellnerin. Sie war aber eine arme verwaiste Nichte des Wirthes und wurde also noch etwas bissiger behandelt, als wenn sie ein ganz fremdes Mädchen gewesen wäre. Um so dankbarer und gläubiger, mit einem angenehmen Beigefühl befriedig ter weiblicher Rache, kam sie dem Ueber läufer entgegen und heute, beim Frei trunk. zu dem der Wirth die Kapelle' nach vollbrachter That eingeladen, hatte sie eine Anspielung deS Kapellmeisters in einer Weise verstanden und beant wortct. die einem gütigen Borspruch so ähnlich sah wie ein Ei dem anderen. Ter Beglückte aber stampfte hinter seinen drei Kunstgenoffen her, schweig sam und in einem fast bänglichen Widerstreit der Gedanken. Er wußte sich geliebt und durfte sich sagen, daß auch seine Neigung für daS blonde Kathrinchen schon etwas Ernsthafteres geworden war, als ein bloßes Manöver zum Aerger einer anderen. Hingegen war eS doch eigentlich nicht die Partie, von der er geträumt hatte, und über Haupt kam er sich zum Ehemann auf einmal noch viel zu jung und hoff nungsvoll vor. In solchen Gedanken, die ihn mehr verwirrten, als der mäßig genossene Wein, achtete er nicht so genau auf den Pfad wie seine Gefährten. An der letz ten Wegbiegung, als sie schon die ersten Lichter deS Städtchens dicht vor sich sahen, glitt der Kapellmeister auf einem der rundlichen Pflastersteine aus, nahm im hilflosen Vorwärtsrutschen noch die . Baßgeige semeS Vordermannes mit. rollte wider das haltlos morsche Straßengeländer und mit diesem zehn Schuh tief in einen Weinberg, wo er bewußtlos Hegen blieb. Die Musiker, ernüchtert durch den Schrecken, schafften eine Bahre herbei und brachten ihn mit Hülfe einiger Bürger in's Spital. Aus diesem wurde er sechs Wochen später entlassen, mit einer im ärztlichen Sinne unbedeutenden Versteifung der einen Hand, die ihn nur leider zu aller Art Geigenspiel untüchtig machte, und mit der dringenden Warnung, eS wenigstens ein paar Jahre lang mit keinem Blasinstrument zu versuchen, da sich sonst bedenkliche Nachwehen ein stellen möchten. Das blonde Kathrinchen hatte ihn besucht und gepflegt, so oft und so lange es irgend abkommen konnte. ES hatte mit Entschiedenheit erklärt, daß es sich ihm jetzt erst recht verbunden fühle und ihn nie verlassen werde; er hatte es ganz anders lieben gelernt, als zuvor irgend eine weibliche Bekannt schaft seiner leichten Musikantenjahre. Aber was konnte er ihr noch bieten? und wie sollte er nur sich selber durch helfen? Gelernt hatte er außer feiner nunmehr für ihn unmöglichen Kunst gar nichts. Er stand allein in der Welt, und seine Ersparnisse waren so gering, wie man es irgend von einem fechsundzwanzigjährigen MusikuS er warten kann. Selbst der dicke Bassist wußte da keinen Rath. Er verzieh dem .Kapellmeister' großmüthig den Unter aana seines Instruments, Uch nan altete saaar mit den1 beiden anderett ritt hnnr .eite" sür den Verun glückten Alsdann verliefen sie sich zu ttm Kapellen". Tas blonde KatH ' rinchen aber trat eines Abends vor den Verlobten im Auftrage deS Oheims e schwarze Apollonta hatte eben vock zeit gemacht mit der Frage, ob er es einstweilen alS Efelsführer versuchen wolle k Damals besaßen noch zahlreiche Ein wohner deS Städtchens je ein bis zwei lei, die während der Tounstenzeit am Fuße der Berge hielten, um unter Ob Hut eines Führers Damen und Kinder. auch wohl Holländer und andere des Bergsteigens ungewohnte Herren in die reineren Lüfte zu tragen. Der Führer yatte des EfelS zu warten und unter, wegS den Reifenden die Gegend zu er, klaren. Dafür hatte er zwanzig Pro- zent Antheil, was auf die Tour und den E ei zwei bis vier Groschen aus machte, und was die Reisenden über die Taxe zahlten, gehörte ihm unverkürzt. ES war scheinbar ein tiefer Sprung zu diesem Amt von dem eines, Kapell meisters', aber bei genauer Betrachtung ließen sich vielleicht einige Aehnlichkeiten herausfinden. ' Somit trat Ulrich Hellerling zu Ostern feine neue Laufbahn an, als Führer einer großen holländischen Eselin, die auf den anmuthigen Namen Amanda' hören sollte und unter seinem Vorgänger recht ruppig gewor, dcn war. Die Geschichte eines 5ftlführers linier seinen neuen S.'rufZgenoffkN hatte er vorerst einen schwebn Stand. Sie dielten als .Einheimische' zu sammen und ließen keine (lezendeit vorüber, ihn mit feinem früheren Be ruf. seiner .feinen' Art und seinem .Sonntaasdeut ch' zu hänseln, um so besser fiel er vernünftigen Reisenden. Sie bevorzugten ihn demgemäß, so daß sich der Spott der .Kollegen' allgemach in eine Art nachdenklichen Neid der wandelte. Dazu trug aber auch sehr der Wechsel in AmandaZ Aussehen und Benehmen bei. Ter Esel besitzt in weit höherem Grade als fein großer Vetter die Fähigkeit, selbst bet dauernder i'tiii bandluna nur .ftückweiS zu brechen Er wird auch von der Mehrzahl seiner Brotherren danach mißhandelt, um so rücksichtsloser, da er ja so viel kleiner ist als daS Pferd und m,t feinen zer lichen vufen auch einen tiemen Ge füblen nicht so vollwichtig Ausdruck zu geben vermag. Ulrich Hellerlrng aber war von HauS aus thierlied, und was ihm an der Praxis der Eselpflege noq abaina. wurde ihm von einer veige bracht, die auf ihn und Amanda die zartesten Hoffnungen setzte. Ehe der Sommer verging, gab eS im ganzen Gedira keinen zufriedeneren und folg, lich einträglicheren Esel als Amanda; und als de .Saison' geschienen hatte. die Reisenden rar und die Esel billig wurden, konnte Ulrich Hellerling nach Kathrinchen? Plan den zweiten Streich wagen. Während seine Kollegen' ihren Sommerverdienft in Wirthshau sern und KarnevalSveremen ausgaben, kaufte er dem Oheim Amanda und ihren Stallbruder Felix ab und spannte sie vor ein Wägelchen, mit dem er einen Botendienst nach einem benachbarten Wmterkurort einrichtete, zweimal Iäg lich hm und zurück. DaS graue Ge spann bewährte sich auch in dieser neuen Stellung. Anfangs der nächsten son stand eS frisch und wohlgeputzt wie der am Halteplatz ob dem Städtchen. Ulrich Hellerling war nun Eselführer auf eigene Rechnung, sogar schon mit einem Stalliungen, und zugleich on3 ansässiger Eheherr. Sie hatten sich ein kleines Anwesen an der Straße, unfern der Wirthschaft deS OheimS gepachtet, mit einer offenen Bude davor, in der die junge Frau allerhand Andenken verkaufte, Glasbecher, Rheinströme und Eselchen auS Pappmaffe mit der Unter schrift: So sehen wir zwei uns wie der!" AIS aber das Ge chü t im besten Gange war, versiegte der Strom der Reifenden mit einem Schlage: der große Krieg war ausgebrochen. Bisher hatte Kathrinchen mit totib lichem Scharfblick für alle kleinen und heimlichen Vortheile die gemeinsamen Unternehmungen geleitet. Nun sie aber vor dem Gemaltsamen rathloS stand, griff der Mann mit entschlossenem Wagemuth ein. Wenn es für mich und die zwei hier nichts zu verdienen giebt, so ziehen wir eben mit. Wir haben ja doch daS Wägelchen." Und sie zogen alle drei" mit als fahrende Hilfs und Feldkantine eines Batail lonS auS der nächsten Garnisonstadt. Amanda und Felix blieben im Kriege. Ihr Führer kehrte im nächsten Frühiahr in daS Häuschen am Berge zurück, wo ihn nebst der erfreuten Gat tm ein zwei Monate alter Stammes erbe mit großer Stimmkraft begrüßte. Aber auch er brachte außer schönen Baarmitteln etwas ganz Neues mit: nämlich ein Paar Esel von einer Rasse, dergleichen man in dieser Gegend noch nie erlebt hatte. Die gesammte einheimische wachsen nerschaft auf zwei und vier Beinen schien sich in der Verachtung dieser Neuheit einig. Selbst Frau Kathrinchen betrachtete die beiden winzigen, schwarz braunen Franzosen mit Kopffchütteln. Aber ibr Gatte vertheidigte seine neuen Reitthiere mit überlegener Ruhe. Größer werden sie nicht mehr, aber sie tragen ihren Menschen so gut wie die großen holländischen Esel. Sie sind nicht so pomadig, wie die, und auch nicht so tückisch. UebrigenS heißen sie Wörth" uns .Sedan". Das ist schon allein Geld werth.' Niemals hatte der ehemalige Musi lUs?n Ton glücklicher getroffen. Die franz0sii,a..kskschen wirkten mit dem dreifachen Reiz berstetest,' Aus ländischen und des Patriotlsmüi,. Damen und Kinder wollten womöglich nur auf ihnen reiten und photographirt werden; Herren, besonders solche, die nicht mit im Kriege gewesen waren knüpften an ihren Namen und Anblick gründliche Erörterungen über Schlach tenpläne und belohnten daS fchmun zelnde Nicken deS Führers mit reich lichen .BourriquetS" bestätigten auch tm übrigen den Scharfblick ihres Er Werbers. Mit ihren winzigen Hufen fest und elastisch wie Stahl, trabten sie unter der gleichen Last mindestens so sicher und wett über die felsigen Pfade. wie ihre wohlbeliebten grauen Kollegen aus der niederdeutschen Ebne. Vor allem erwiesen sie sich frei von der Neigung, unterwegs den tiefsten phllo, sophischen Problemen achzuhändigen und in solcher Vertieftheit plötzlich an einem besonders schwindeligen Absturz eben zu bleiben oder aber die Reiterin hart gegen eine Felswand zu drücken. was Ulrich Hellerling mit dem Aus druck tückisch" bezeichnete, wo es doch nur der Zug weltfernen Gelehrten thumS war. der in jedem deutschen Esel steckt. .Wörth" und Sedan" be schränkten sich im Geiste ihrer Nation auf die sogenannte praktische Lebens Philosophie; sie dienten dem Augen blick und wußten sich die Gunst ihrer mehr oder minder schönen Mietherinnen mit einem so zielbewußt aufmerksamen und gefälligen Benehmen zu sichern, als hätten sie die sämmtlichen maximeS et reflexionS morales" ihres LandmannS La Rochefoucauld unter den schwarzen Lanaobren verstaut. Nach drei Sommern verfügte Ulrich Hellerling bereits über sieben .Bourri quetS' nebst sechs Treiderjungen und konnte eS verschmerzen, daß dieser und jener kleine Konkurrent seine Idee nachmachte und sich einen von den neuen Eseln' anschaffte. ES war da überhaupt eine Zeit allgemeinen SpekulirenS und .Unternehmens', Auch an Ulrich Hellerling trat die Ver suchuna heftig und plötzlich heran, gerade als man in dem inzwischen schon käuflich erworbenen und stattlich er eiterten Häuschen einen neuen Fami lienzuwachS erwartete. Er hatte persönlich mit seinen zwei Stammeseln eine Gesellschaft aus den Berg geleitet; denn eS war Hoch saison', und übrigen? war er mit der Zeit ein Fanatiker seines Berufe? ge worden, wenn er nicht mindestens ein paarmal deS Tages einen Esel ge. trieben' hatte, fehlte ihm etwas an sei nem Abendfrieden. , Jene Gesellschaft kam auS der großen Stadt, deren Riesendom man vom Perge am Hori zont bläulich aufragen sieht. ES waren ein paar Schauspielerinnen, ein alt lich, als Lebemann bekannter Rechts anwalt und ein jugendlicher Bank, direktor, von dessen Börsenglück' man Wunderdinge erzählte. Ulrich Heller, ling dachte daran, als er mit seinem Pärchen bergab wanderte. Fast weh müthig überschlug er das Sümmchen, das er und sein Kathrinchen bisher mit so viel Mühe und Fleiß für die Kinder erübrigt hatten. ES trug auf der Sparkasse kaum zehn Mark lührllch Aber man erzählte von Leuten, die mit einer gleich geringen Einzahlung in der Bank jenes Herrn im Handumdrehen Hunderte von Mark gewonnen hatten . Plötzlich blieb Sedan" stehen, die klugen grauen Augen nach einem G? aenftand richtend, der abseits im Gin, fter lag. Ulrich Hellerling hob das Ding auf; eS war eine Brieftasche mit dem Namen deS BanldlreitorS, dick voll großer Banknoten. Die Herrschaften saßen droben beim Sekt, als der Eselführer mit seinen Eseln wiederkam und den Fund über, reichte. Die Damen musterten den red, lichen Finder ganz verwundert. Ter Direktor überblätterte gelassen die kost, baren Scheine und schob Ulrich Hellev lina einen zu. So," sagte er, hier sind zehn Prozent für Sie." Ulrich Hellerling fuhr fast erschrocken zurück. Dann faßte er sich ein Herz und brachte stotternd eine Bitte vor. 'Mal wieder einer. " sagte der Rechts anwalt trocken. Der Direktor aber blickte Ulrich mit einem merkwürdigen Ernst in's Gesicht. Hören Sie 'mal. sagte er langsam, Sie sind ein ehr llcher Kerl und haben Weib und Kmd. Da will ich Ihnen doch noch einen Vor schlag machen. Der Fünfhundertmark schein gehört Ihnen, und hier haben Sie noch zwei blaue dazu; aber mit der Bedingung, daß Sie den Mammon nicht in Papierchen" anlegen, wie Sie da eben vorhatten. Bringen Sie ihn auf die Sparkasse, oder kaufen Sie sich meinetwegen Esel dafür, aber seien , Sie selber keiner. Wollen Sie mir das versprechen? Schön. Hier, trinken Sie ein GlaS Sekt darauf, und nun bleiben Sie ehrlich. Adieu, Herr Kol lege!" Als Ulrich Hellerling von dieser Tour in sein Haus zurückkehrte', war dort ein Töchterchen angekommen; und als er sich nach mehreren Tagen von diesem freudigen Ereigniß so weit er holt hatte, um wieder aus die Gespräche seiner Eselgäste zu achten, waren sie alle nur auf ein Wort gestimmt. Vor die sem einsilbigen Zauberworte Krach" stürzte gleich vielen Wunderwerken der Börsenbaukunft auch jene glückhafte Bank mit erschrecklichem Lärmen zusam men; ihr Direktor aber war mit dem leichtenden Knall eines Revolverschusses zurückgetreten , vier oder fünf Tage, nachdem er den besten Rath feines Ban kierlebens ertheilt hatte. An den Rath haben wir unS gehal ten.? saate mnr illricb Hllerlina. als tcy etwa sechzehn Jahre fpättr 'w.' und bei einer guten Erdbeerbowle feine evensgejchichte kennen gelernt hatte. Und wir sind dabei vorangekommen.' Er durfte es sagen. Seit sieben Iah ren besaß er mit seinem Kathrinchen das Anwesen ihres OheimS. Sie hat, ten es mit Weinbergen und allem son, ftigen Zubehör den verschuldeten Erben abgelaust und wieder m ein recht hüb scheS Gasthaus verwandelt. Vor unfe, rem schattigen Laubenfitz wogte prozes, fionSdicht das Touriftenvolk bergan und bergab, und die verschiedensten Dameu koftüme schwankten farbenbunt auf dem Rücken kleiner und großer Esel im Zuge mit. Ulrich Hellerling besaß dieser an genehmen Thiere zur Zeit gerade vier zehn, für die er einen richtigen Marftall am Fuße des BergeS, mit Futterboden, Treiberwohnung je. gebaut hatte. Wörth" und .Sedan' waren freilich schon seit Jahr und Tag eingegangen. Mit dem Wörth' hab' ich meine letzte Tour gemacht." sagte Ulrich Hel lerling leise. Die Frau strich ihm über das Haar: Mein Mann hat jetzt so viel daheim zu thun, und dann ging eS ja auch nicht mehr wegen der Fremden und wegen der Kinder." TieS sagte sie erklärend zu mir. doch eigentlich klang's wie beruhigendes Zu litder. ltcucr ergeben. Ihr ohn hatte eben daS Einjährigenzeugniß auf einer Real schule erworben und war zur gründ lichen Erlernung deS .modernen" HotelbetriebeZ bei einem berühmten Fachmann in Mainz eingetreten, und die Tochter sollte im Herbst aus einem MSdcheninstitut heimkehren. .Nun soll ja auch nächstens eine Zahnradbahn auf den Berg kommen f" fragte ich. .Ein Jahr oder zwei wird'S wohl noch dauern.' erwiderte Ulrich Heller ling fast fchwermüthig. .Die Trae haben sie vorläufig abgemessen. Sie geht der Länge nach durch meinen Grundbesitz. Und unten, wo mein Stall ist, da wollen sie den Bahnhof hinhaben.' Ein paar Jahre darauf wurde die Bahn ausgeführt, und Ulrich Heller, lind machte, wie ich zufällig hörte, ein sehr gutes Geschäft dabei. Im nächsten Jahre verheirathete sich seine Tochter mit einem Ingenieur, der den Bau ae leitet hatte. Kurz nach der Hochzeit verkauften die Alten den Rest ihrcS An, wesenS, um sich als Rentner in eine Stadt zu verziehen, und ich hörte weiter nichts mehr von ihnen. Im vorigen September suchte ich zu erst einen ftiben Berg auf, der etwa? abseits vom Rhein über einem altfrün, tischen Flecken liegt und seinen wohl verdienten .Stern' einstweilen noch nur in den mündlichen Reiseberichten landeskundiger Fußwanderer führt. Am Ausgang deS Fleckens, unter der Thür eines hübschen Landhäuschens, stand ein Mann in grüner Joppe, mit grauem Knebelbart, und begrüßte mich freundschaftlich. Es war Ulrich Heller, ling. Ich mußte nun hinein und mir von ihm und dem gleichfalls schon recht grau gewordenen Kathrinchen bei einem Glase eigenen Wachsthums erzählen lassen. Sie hatten sich hier niederge lassen, weil es ihnen im Stadtleben doch nicht heimelig werden wollte. Ter Sohn war seit zwei Jahren Eidam und Theilhaber eines tüchtigen Gasthofbe sitzerS irgendwo an der Waterkant, und der Tochter ging eS auch sehr gut Sie lebte mit Mann und Kindern in einer schlesischen Industriestadt, wo der Mann Betriebsdirektor war, und nächstes Frühjahr kommt sie mit den Kindern wieder auf vier Wochen zu uns." Nun müssen Sie aber auch die Amanda sehen," sagte Herr Ulrich zum Schluß und führte mich zu einem hüb schen. luftigen Stall, in dem ein großer hellgrauer Esel seiner Herrschaft der traulich entgegennörckfte. Für die Gegend hier herum paßt diese Rasse besser.", sagte Ulrich Heller ling fast entschuldigend und strich der neuen Amanda über daS wohlgepflegte Fell. Sie hat jetzt faule Tage, wenn unsere Enkelkinder hier sind, giebt eS genug für sie zu thun. Nur so ab und zu, wissen Sie, meine Frau ist nicht mehr so gut zu Fuß, und sie ist doch die Bergaussicht gewöhnt. . . WaS meinst Du, Kathrinchen? Heut wär' gerade noch so ein schöner Tag. DaS heißt, wenn wir Sie nicht stören!" Sie können mir kein größeres Ver gnügen machen," versicherte ich. . So stiegen wir alle drei oder vielmehr alle vier den Hügel hinauf. Ulrich Heller ling schritt in Führerhaltung vorauf neben feiner Dame. Hin und wieder erklärte er ihr die Aussicht, von der eigentlich vor lauter Goldduft nichts Bestimmtes zu sehen war und die sie vermuthlich längst kannte, sie aber hörte gefällig lächelnd zu; und ich sann dem wundersamen Kreislauf eines Le benstages nach, der sich mit dem Traumspiel des Abends noch einmal zur Arbeit des Morgens zurückverliert. Das gefälschte Testament. Kriminalskizze von R. d'Ary. Ich war ein junger Advokat ohne große Praxis, und konnte mir daher meine Klienten nicht nach Wunsch aus suchen. Eines Tages wurde ich bet mMnem Nachmittagsthee durch denDenerun terbrochen. der mirnnVime meldete. Rasch eilte iän mein Geschäftszimmer, ,Dort,!säs eine Frau, die sich bei meinem i rrr i 11 - ..r x. . . r. r, , r Elnirin eriraioacn eryoo. izco oai ne, Platz zu behalten und fragte, womit ich ihr dienen könne. Erst nach einer klei nen Weile antwortete fie, und zwar in einer erschreckten, nervösen Weise, daS Zimmer mit ihren Blicken durchsuchend, alS ob sie fürchtete, es fei noch sonst Je, mand zugegen. Ich bemerkte, daß sie. trotz ihrer soliden Toilette, nicht daS Aussehen einer feinen Dame hatte; da sie jedoch einen dichten Schleier trug, konnte ich ihre Züge nicht unterscheiden. wohl aber stahlen sich vereinzelte graue Haare durch den Schleier. Endlich begann sie: Ich bin Miß Howard vom Graham Square, und möchte bei Ihnen mein Testament machen.' Unwillkürlich fuhr ich auf, denn ob gleich ich diese Dame nie zuvor gesehen, war sie doch schon oft der Gegenstand nachbarlicher Plaudereien und Klatsche reien gewesen. Man sagte von ihr, daß sie sehr vermögend sei, aber allem Anschein nach hatte fie der Welt ent sagt, denn seit fünf Jahren hatte sie sich in ihrem Hause von der Welt abge sperrt und sah Niemand als ihre Die nerschaft. Meine Neugierde war des halb durch den Gedanken gereizt, daß ich bestimmt war, das Testament dieser! sprechen, und der Mann nickte wii excentrischen Alten zu machen. Indem ich eine iitbtx zur Hand nabm, ersuchte ich um genaue Legitimation und die Details ihrer Entschließungen. Sie gab diese und sprach: DaS ist sehr einfach, ich wünsche, bad mein ganze Vermögen auf Mr. David Simpson in der Stafford Street übergeht. Ich war niemals verheirathet und ich will mein Testament derartig abgefaßt sehen, daß alle Reklamationen von Seiten etwaiger Verwandten abge schnitten sind. Ich wünsche ferner. daß Sie mein Testamentsvollstrecker seien.' Nachdem ich ihre Instruktionen notirt hatte, fragte ich. wann eS ihr paffen würde, daS Dokument zu unterzeichnen. Wenn Sie eS bis morgen Abend anfertigen könnten, würde ich dann wiederkommen. Außerdem möchte ich gern, daß ein Arzt zugegen wäre, als Zeuge meiner Unterzeichnung. Ein junger Doktor womöglich. .Haben Sie sonst keinen Wunsch, der im Testament erwähnt werden soll?" .Nein, nichts, sagte sie sich er hebend, aber geben Sie wohl Acht, daß es rechtsglltig alle Verwandten aus schließt." Mit der Versicherung, daß Alle? nach Wunsch geschehen würde. half ich ihr in das Gab, welches auf ne gewartet vane, vavel vemerlte ich, daß sie beim Gehen leicht hinkte. Das Testament arbeitete ich nach ih ren Weisungen aus. Am nächsten Abend kam sie mit ihren Zeugen, acht, baren Bürgern, pünktlich wieder; da der Doktor zugegen war, geschah die Unterzeichnung sogleich, dann stellte der Arzt ihr, wie sie verlangte, ein Zeugniß auS. daß sie bei völliger Gei, stesklarheit sei, und dieses wurde nebst dem Testament in meinem feuerfesten Schrank aufbewahrt, Die ganze Geschichte war mir schon entfallen, als mir eines schönen TageS der zum Erben bestimmte Mr. Simp son meldete, daß Miß Howard geftov den sei. Nach dem Begrübniß besprach ich die Angelegenheit mit Mr. Simpson und theilte ihm mit, daß er einziger Erbe und ich Testamentsvollstrecker sei. Er schien mir diese Nachricht sehr gleichgil tig aufzunehmen, drückte aber den Wunsch aus, daß Alles schnell realisirt werde. Unsere Besprechung war sehr kurz und ich empfand einen sehr starken Widerwillen gegen diesen Mann, der, wie ich erfuhr, bei der verstorbenen Dame als eine Art Geschäftsführer fun girt hatte. Meine Pflicht als Voll ureaer totes legten Willens legte mir das Annoncire,! ihres Todes in allen Hauptblättern des Königreiches auf, und etwas Neugierde, zu erfahren, wer die Verwandten dieser Dame waren, die fie so sorgfältig enterbte, war wohl ein wenig mit im Spiele. Ich erreichte meinen Zweck, denn im Laufe der näch sten Tage machte mir em junger Herr. Namens Edward Howard, seine Auf Wartung, der sich mir als Neffe deS ver ftorbenen Fräuleins Howard vorstellte. Er war ersichtlich weit mehr über den Tod femer Tante betrübt, alS über feine Enterbung. Er theilte mir mit. daß er gegen ihren Wunsch vor fünf Jahren ein Weib heimgeführt habe; sie hatte seine Frau nicht anerkennen wol len, und obgleich er mehreremale Briefe an sie absandte, erhielt er niemals eine Antwort. Einige Wochen später, als ich eines Abends von einer Konsultation heim kehrte, wurde meine Aufmerksamkeit durch die Gestalt einer Frau, die vor mir herging,' gefesselt. Sie eilte vor wärt, als ob fie einer Beobachtung entgehen wollte, aber in ihrer Haitun und ihrem etwas hinkenden Gang I w.:. m.ti. ik c C11UU9 111 11 XIU!I!UC9. W3 1C ren hellerleuchteten Theil der SMMgs, nrie uno ricy ummanoieMiang es mir. ihr Ge,,cht zu seyenMd plötzlich wußte ico, wo oie oeianite Gestalt hinbringen. war iissmich meine verstorbene ueniin cik Soward. Hierwar irgend etwas nicht in Ord nu Ohne Ueberlegen ging ich vorsichtig inter ihr drein. Sie betrat nach kur zer Wanderung die Office eines Hotels, in dem ich nicht unbekannt war. Ich hörte, wie sie sich nach Zimmer 13 er kündigte, und folgte ihr nach oben. No. 12 war ein kleiner Parlor nebst Badezimmer. Ich schlüpfte hinein, die Wände waren nicht dicht und zudem führte von dem Badezimmer eine Thür nach No. 13. Bei athemlosen Lauschen konnte ich der Unterhaltung so einiger maßen folgen. , Bald unterschied ich drei Stimmen, zwei männliche und eine weibliche. Letztere erkannte ich zuerst, wenigstens bildete ich mir ein, daß es die Stimme jener Frau war, die vor emem Jahre ihr Testament bei mir gemacht hatte. Die Manncsftlmme war mir fremd. die zweite aber war sicherlich Simpson'S Summe, eme Entdeckung, die mich nun nicht mehr in allzu großes Erstaunen fetzte. Die Wahrheit durchzuckte mein Hnn, und ich erkannte, daß man mich zum Werkzeug für eine der gewagtesten Be trügereien gemacht hatte. Ten ersten Satz, den ich deutlich ver stand, sprach der Fremde: .Ich sagte Euch ja, der junge Blair fei gerade der rechte Mann für Euch. Tiefe jungen Rechtsanwälte stellen keine vorsichtigen Fragen, wenn sie nur ein Geschäft machen können." Gut. gut,' sagte S,mp,on. das ist ja Alles glatt abgegangen; jetzt ist die Frage, wie wir es anfangen, damit er den Verkauf der Liegenschaften beschien nige. ohne daß wir Argwohn bei ihm erregen. Je rascher wir unS davon losmachen, desto besser. Ich bin nur froh, daß der junge Howard keine Nach forfchungen machte. Aber EineS ist ge reiß, wir müssen die Alte sofort auf und davon schicken, oder man könnte sie erkennen. Sie hat sich ja in letzter Zeit kaum herausgewagt und ist deS Versteck spielS fatt. Nicht wahr. Alte?" .Ja. wahrhaftig!' war die Antwort, ich möchte lieber heute wie morgen fort. Ich wollte übrigens. Tu hättest Tich mit der Hälfte der Erbschaft be gnügt und dem Howard die andere Hülste gelassen, wie daS Testament be stimmte, statt dieses zu verbrennen und mich zu Tem, was ich gethan, zu der leiten." .Spare Deine Reue Dir für eine andere Gelegenheit auf. Alte; jetzt hilft sie Tir nichts aber ich will Dir etwas sagen, ich habe da eine Idee ' Ich wartete nicht ab. welche Idee er entwickeln würde, sondern verließ mit aller Vorsicht meinen Lauschcrposten und verständigte zunächst einen der Hoteldetektives, das Trio in No. 13 nicht aus den Augen zu lassen, bis ich zurückkehrte. Tann setzte ich mich unverzüglich mit Scotland Jard in Verbindung und in weniger als einer Viertelstunde waren schon zwei der gewiegtesten Be amten zur Stelle. Tie Vögel waren noch sämmtlich im Nest. Im nächsten Augenblick be fanden wir uns in No. 13. Lächelnd und nickend sahen die Beamten sich um. Tie Frau fiel in Ohnmacht. Ohne Schwierigkeit versicherten wir unS der Männer und eine halbe Stunde später hatten wir fie wohlbe halten auf Nummer Sicher. Ehe sie in's Verhör kamen, lag die ganze Ge schichte offenkundig vor unS da. Tie Frau, welche bei mir die Rolle der Miß Howard gespielt hatte, war deren Haushälterin und die Mutter jenes Simpson, zu dessen Gunsten sie das Testament abfassen ließ. Ter andere Mann ein Advokatenschreiber, der ihm die ausführung solchen Planes plaufi bel gemacht hatte. Die Zurückgezogen heit Frl. Howard's und meine eigene Unvorftchtizkeit hatten ihr Komplott bald zum Reussiren gebracht, wäre mein zufälliges Begegnen und Wiedererken nen der Haushälterin nicht dazwischen getreten. Alle Drei wurden zu Zucht hausftrafen verurtheilt. Mir aber hat der Fall eine Lehre für daS ganze Leben gegeben. Sin rührend Episode. Eine rührende Episode auS der fran zösischcn Revolution erzählt nach der Berliner N. Z." Pro essor Dr. A. Kleinschmidt im Juni.Hefte von Wester mann'S Jllustrirten Teutschen Mo natsheften". ES handelte sich um die Schicksale der schönen Fürstin Rosalie Lumbomirska. die sich in Paris 1793 durch zwei an die Dubarry gerichtete Briefe verdächtig gemacht hatte und im - Oktober deS genannten Jahres verhas 4o ttinrhott ttirtr Wnlnsi fAnn )r t ihrer i'haftung das ihr V. tVVfcW. V.VIM.IV, HIVII In. ' V(Tl0M Schicksal ahnend, bemühte rvjv. Verwalten in Polen für gefähr bete Lage zu iniextixtvf Pln nach Mr?! g en m Wie sie zur H'lsüribre Kammerfrau ein elnsac?'- Landmüdchen mitge nommenKsz französisch sprechen lernte. l? L!jirftm Tipfc nun kioso tonrin (fr'" j ivi) vtvv w iwtv lii en und fragte fie, ob sie Liebe ge sie, die Fürstin, hege, um ,hr en Dienst zu erweisen. DaS Mäd en kniete nieder und antwortete, sie würde gern ihr Leben opfern. Rosalie ließ fie auf 'das Kruzifix schwören, daß sie ihren Willen vollstrecken wollte, flocht ihr den Zopf auf. kämmte ihn. flocht ihn wieder zu und steckte ihn mit Haar nadeln um den Kopf auf; dann erin nerte sie das Mädchen an ihren Eid und forderte. eS mögs nach Polen reisen und dem Fürsten Lubomirska erzäh len, was sie hier soeben mit ihm ge than habe; eS solle dann, ebenso wie jetzt vor ihr, bor ihm niederknieen und ihn bitten, er möge es kämmen, bis da hin aber solle es seine Haare nicht an rühren. Nachdem die Fürstin also ge sprochen, gab fie dem Mädchen Reise, geld und sagte: Hier ist Alles, was ich Dir geben kann: zu mehr bin ick nicht im Stande. Seit lange erhielt ich kein Geld aus meinem Vaterlande. Sieh' zu, daß eS Dir auf dem aan,en Wege reiche. Rosalie entließ die Die nerin weinend; diese zog in Bauern kleidern zu Fuß davon, pasfirte unan gefochten die Grenze und fühlte sich in Deutschland fo sicher, daß sie Passanten um einige Groschen bat. um bisweilen zur Erholung ein Fuhrwerk ,u benuken. Nach zwei Monaten erreichte fie Polen und that ganz, wie ihr die Fürstin befohlen hatte. Der Fürst flocht ihr die Haare loS, da fiel ein Papier her aus, das er aufgriff: er lag den In halt, brach in Thränen auS und schluchzte: ArmeS Kind!" Indessen die polnischen Verwandten der Lubo mirska konnten nichts ausrichten; die Grenzen Fronkreichs waren geschlossen: nach wiederholten Versuchen, einigen Aufschub des über sie verhängten Ur. theils zu erwirken, und nachdem fie noch in der Eonciergerie alle Welt durch ih Schönheit bezaubert hatte, bestieg die Unglückliche am 14. Juni 1794. 26 Jahre alt. das Schaffst. Alle Jahr zweimal nehm' ich e Bad. ob ich's nöthig hab' oder nit!"