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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (July 12, 1900)
r sann Chinesisch. Militär Humor? von A. Mahler, In der kleinen Ganisongadt Puler laufen führten die zwki Dutzend Ein jährigen feit alter Zeit ein henlicheS Leben. Ter TienS war gelinde, du Bierverbältnisse aalten als tadellos. Rückte das Regiment des MorqenS aus. so luaten auS den Bürgerhäusern hüb sche Madchenköpfe hervor, und in diesen steckte ein lebhaftes Interesse für zwei farbig Tuch. Und da daS städtische afino besseren Herrn' feine heiligen Pforten liebreich öffnete, so entwickelten sich zwischen den einjährig'freiwilligen Eöhnen deS MarS und den reizenden Töchtern deS Landes jahrein jahraus zarte Beziehungen, die vielfach nach ab gelaufener Dienstzeit zu festen Banden wurden, in deren . Herstellung die Honoratiorenmütter eine angeborene Gefchicklichkeit besaßen. Gewöhnlich verlief die Sache folgendermaßen: Der Einjährig Freiwillige, seines Zeichens Referendar oder Gutsbesitzer oder Kaufmann tanzte etliche Male mit Bürgermeisters Klärchen oder mit Apothekers Minchen. Dann ein Besuch im Hause, um sich gehorsamst zu er kundigen, wie den Damen das Ver gnügen bekommen. Tarauf eine Ein ladung zum Mittagessen, der natürlich der .Verdauungsbesuch" auf dem Fußf folgte. Inzwischen hatte man sich im Winter auf dem Eise und im Sommer beim Eise in Schusters Konditorei, natürlich immer rein zufällig, getrof fen. Schließlich erfolgte der Haupt fchlag in Gestalt einer Einladung zum Souper: Der alte Herr" schenkt un aufhörlich ein, das .Opferlamm' trinkt arglos eine Flasche nach der anderen, wobei in rafsinirter Weise der leichte Mosel bald durch schwere Sorten ersetzt wird. Frau Mama verschwindet einen Augenblick; Minchen oder Tinchen zeigt dem Herrn im mangelhaft beleuchteten Nebenzimmer ein eigenhändig gekauf teS, nein gemaltes Aquarell, und am anderen Morgen erfährt der junge Mann zu feinem allergrößten Erftau nen, er habe sich am Abend vorher der lobt. Doch nicht Allen wird der Weg zum Glück in so entgegenkommender Weise geebnet. Kurt Heller zum Beispiel von der zweiten Kompagnie, von Beruf lönig lich preußischer Rechtskandidat, befand sich noch auf dem Instanzenwege. Ball. Eisbahn. ' Konditorei. Mittag drod, Verdauungsbesuche waren glän zend absolvirt; beim Souper aber, das , manchen Anderen schon so verhangrntz voll geworden war. mißlangen seine und EvaS Anstrengungen völlig. Denn als er EvaS Staar, der im Neben zimmer hauste, unbedingt bewundern mußte, ließ es die Mutter, eines Pul vershausener JuftirathS ehrsame Wit tlb, sich nicht nehmen, den so interessan ten Vogel persönlich herbeizuholen, und als er dann, nach einer Weile von der so schnöde versagenden Zoologie zur edelen Botanik übergehend, den von seiner Angebeteten gezogenen Rcsen einen Besuch abstatten wollte, machte, infolge eines vielsagenden Blickes der Mutter. EvaS ältere Schwester die Führerin. Leute, die es sich einmal in den Kopf gesetzt haben, das zweite Examen", wie man in akademischen Kreisen die Verlobung nennt, vor dem ersten zu machen, lassen sich durch nichts ver blüffcn. Und da Kurt Heller, mit Fräulein Eva natürlich längst einig, zu dieser Sorte von Menschen gehörte, so nahm er sich am folgenden Tage ein fach dringenden Urlaub behufs Ord nung einer Privatangelegenheit', setzte seinen.Extrahelm auf und überfiel die Frau Räthin zu einer Stunde, in der sie ihn nicht erwarten konnte. Sein Antrag ließ an Energie nichts zu wün schen übrig; die Antwort aber auch nicht. Krau Räthin sprach ihm unum wunden ihr lebhaftes Bedauern aus, daß sie ihm ihr Haus infolge ihrer alten Freundschaft mit seiner Frau Mutter geöffnet habe. Daß er in Heidelberg und Bonn dem Universi tätsgebäude hartnäckig ausgewichen sei, beweise das nicht gemachte Referendar examen; als man ihn in Pulvershausen sein Jahr abdienen ließ, habe man all seitig erwartet, er würde solide werden und arbeiten: nun wohne er schon einige Monate ihr gegenüber, noch kei nen Abend habe sie Licht in .seiner Stube erblickt, seine juristischen Bücher seien noch gar nicht ausgepackt, wie ihre Tnne vom Aufwartemädchen seiner Wirthin erfahren' habe; vor Zwölf komme er nie aus der Krone' nach Haufe, noch letzten Montag Morgen hätte ihm sein Putzer' zwei Heringe . geholt. waS ihre Lina, die zum Fiel scher ging, gesehen habe, und wag tief blicken lasse. Heller widersprach. Die verdächtigen Heringe habe sein Putzer' selbst ver zehrt, die Kronenuhr ginge eine halbe Stunde nach, die mitgenommenen Bücher seien veraltete Auslagen; gegen den seinem Zimmer vorgeworfenen Mangel an Licht deS Abends jedoch vermochte er nichts UeberzeugendeS vor zubringen. So mußte er denn unverrichteter Sache, tief geknickt und stark belüftet von bannen ziehen. Verschiedene Ver suche, sich der Geliebten weiter zu nähern, scheiterten an der Wachsamkeit der Mutter. Schließlich fetzte er seine letzte Hoffnung auf den am nächsten Sonnabend Abend stattfindenden Kasinoball, die einzige Gelegenheit, wol das Netz von Wachen und Vorposten. mit denen Frau Rüthin ihr Töchterlein geschickt umgeben hatte, wohl sicher zu durchbrechen war. ' Doch er hatte die Rechnung ohne sei nen Hauptmann gemacht. Kurt wollte eben noch einige Vor. bereitungen zu der Festlichkeit treffen. als ihm sein .Putzer' die unerwartete Nachricht brachte, er habe von Sonn abend Mittag zwölf Uhr bis Sonntag Mittag die ,n diesen Fall von ihm wenig geschätzte Ehre. eineS der könig lichen Tienftgebäude von Pulvers hausen zu bewachen. Er machte aber doch einen Versuch, solch hoher AuS zeichnuna wenigstens für dieses Mal verluftig zu gehen. Allein Feldwebel Süßholz zeigte sich unzugänglich, trotz dem er den Einjährigen Heller sowie die Cigarren deffelben sonst sehr hoch schätzte. ES sei nichts zu machen, sagte er nach einem in Anbetracht der vor liegenden Umstünde sehr bescheidenen Griff in Heller'S Etui; der Alte' worunter der zweiunddreißigjährige Hauptmann zu verstehen ist, habe eS selbst befohlen, und zwar auf der Straße vor dem Hause der Frau Jnftiz rath Meyer, der er gerade einen Besuch abgestattet habe. Jetzt wußte Heller genug. Dumpf grollend ergab er sich in sein Schicksal und verschaffte sich wenigstens dadurch einen Genuß, daß er, als die Stunde deS Kasinoballes nahte, durch reichliche Bierzufuhr bei seinen Kameraden eine urfidele Stimmung herstellte, die ihm über die lange Nacht hinweghalf. ' Einige Tage darauf brachte ihm eine Ordonnanz den unerwarteten Befehl. um zehn Uhr auf der Schreibstube deS Regiments zu erscheinen. Ter Ein jährige, der nicht zu jeder Zeit irgend etwas auf dem Kerbholz hat, muß be anntlich gerade so wie der lenkbare Luftballon oder wie daS Perpetuum! Mobile' noch erfunden werden. DeS- halb ist eS leicht einzusehen, daß eine derartige Einladung' jegliches Sol datenherz in der Regel mit bitteren Ahnungen erfüllt und meistens zu einer GewissenSerforfchung Veranlassung giebt. Heller verspürte ein unangenehmes Gefühl. Mit feinem Gewissen zu Rathe gehend, begab er sich zum Bureau, wo ihn der Adjutant erwartete. Einjähriger!" eröffnete deS Rom mandeurs rechte Hand daS Gespräch Nicht wahr, Sie können doch Chine. fisch? AlleS andere hatte er eher erwarte als diese Frage, die ihn an einen längst vergessenen Vorfall aus dem Beginn seiner Dienstzeit erinnerte. Damals hatte der mit der Ausbildung der Ein jährigFreiwilligen beauftragte Leut. nant eines TageS nach dem Unterrich Jeden gefragt, welche lebenden Spra chen er beherrsche. Der Erste gab Französisch an, der Zweite Englisch, der Dritte, dessen Vater jahrelang Kon sul in Konstantinopel gewesen war Türkisch, und da hatte Heller sich in seinem Muthwillen für verpflichtet at halten, seinen Nebenmann, dessen Sprachkenntnisse den Leutnant schon hinreichend verblüfft hatten, mit der Antwort: Ich spreche Chinesisch!' zu übertrumpfen. Motivirt hatte er sein erotisches Wissen durch viersemestrigen Verkehr mit einem bezopften Rommut tonen zu Heidelberg; keineswegs jedoch ahnte er, daß sein Scherz" in Form einer kurzen Notiz in seinem Personale verewigt würde. Er war dann einige Male von Unkeroffizieren um chinesische Sprachproben ersucht worden und hatte sich mit diversen Ping-Tung-Tangs. die ihm nicht widerlegt werden konnten. aus der Sache gezogen. Und als sein Ausbildungsoffizier ihm eine bei seiner Hauswirthln eingelaufene chinesische Zeitung vorlegte, deren Absender, ein Missionär, der Sohn jener Frau war, da übersetzte" er die mit Rothstift um rahmte Stelle: Es wird dem Pater August Muckenderger aus Pulvershau sen wegen seiner Verdunste bei der letzten Hungersnoth der kaiserliche Dra chenorden 19. Stufe 23. Grades hier durch verliehen sowie das Recht, in der Mitte des Zopfes eine gelbe Schleife mit rothen Punkten und goldenen Franzen an jedem Neumonde zu tra- gen. Der Vizekönig Ling-Sang-Jung. Nachdem Heller so der Wirthin seines Leutnants eine große Freude bereitet. hatte er nicht weiter an seine chinesischen SprachkenntnlNe gedacht. WaS sollte er antworten? Gestand er den Schwindel ein, so gab es drei Tage"; blieb er bei seiner Behauptung, o war em Hereintall ehr wahrschem lich. . Vielleicht konnte er sich aber mit der ihm angeborenen Geistesgegenwart Andere nannten eS Unverschämtheit noch einmal retten. Auf dieses sehr ungewisse Vielleicht' hin nahm er die Hacken zusammen, legte die Hände vor, schriftsmäßig an die Hosennaht, sah den Adjutanten so offen und ehrlich an, wie ihm unter den obwaltenden Umständen möglich war, und sagte: Zu Befehl, Herr Leutnant!" Ist unS lieb!" entgegnete der Offi zier. Heute in sechs Wochen bekommt daS Regiment einen Sohn des Him mels als Avantageur, und da Sie der Einzige sind, der mit dem Kerl, mit dem Herrn, wollte ich sagen, fertig werden kann, so beabsichtigt der Herr Kommandeur, Sie ihm zu attachiren. zunächst für die Zeit der Einzelausbil düng." ' Zu Befehl, Herr Leutnant! Hoffe, daß Sie Ihre Sache' gut machen werden. Wollen dem fremden Kameraden mal elend imponiren. Soll sich wundern, wenn er hier irr feiner Muttersprache bei semer Ankunft be grüßt wird. Melden Sie sich beim Hauptmann!' Gegen Abend begab sich Heller zu seinem Freunde, dem Referendar Lang dein, einem Neffen von Eva'S Mutter, und trug ihm die peinliche Angelegen heu vor. Also Du kannst in diesem Augen blick keine Spur Chinesisch?' Nein, so wenig wie Dein Karo!" Und heute in sechs Wochen kommt das himmlische Menschenkind hier an? Ja, heute in sechs Wochen!" Na, dann ist die Sache ganz ein fach; Tu bestellst Tir beim Buchhändler drüben sofort eine chinesische Gramma tik, bleibst die nächsten zweiunddierzig Abende ganz hübsch auf Deiner Bude und arbeitest. Tu haft so wie so in der letzten Zeit etwas mehr als unbedingt nothig gebummelt, da wird Dir Ardei ten wohl ganz gut thun. Sechs Wochen sind eine lange Zeit, in der kann ein gebildeter Mann, der vom Gymnasium her durch Latein. Griechisch und Fran zösisch die nothwendige Geiftesdressur hat, schon so viel Chinesisch lernen, wie er gebraucht, Um solch einen Knaben mit einigen Brocken zu regaliren. UebrigenS wird der Bezopfte doch wohl etwas Teutsch mitbringen. Natürlich darf Niemand etwas davon erfahren Deinen Kameraden fagft Tu, Du büf elteft für den Referendar; Du kannst a Deine juristischen Bücher zur Parade aus dem Renommntlsch auslegen. Sonst wüßte ich keinen Rath; heute Morgen wäre es vielleicht noch Zeit ge me?en, den Schwindel reumlltyig zu gestehen; jetzt ist's zu spät; drei Tage wären Dir sicher. Selbst wenn man sie Dir nicht direkt hierfür verabfolgte, o ließe man Dich einfach auf andere Welse hineinfallen.' In der Erkenntniß, daß Langbein Recht hatte, bestellte sich Heller beim Buchhändler eine chinesische Grammatik. da er angeblich später ln den diplomatr chen Dienst zu treten gedenke und sich zetzt aus das orientalische Seminar vor. bereitete, und ftudirte, als das Buch mit unheimlicher Schnelligkeit eintraf, ganz gehörig. Unser Herr wird solide,' sagte diel Wirthin, er verbraucht letzt viel Petroleum!" Jawoll." meinte Trine, un wat bei dicken Schmökers sin. so hätt bei die ollen Klüpp' jeden Abend upgefchlagen vor sich Hegen. Es hat doch geholfen!" dachte Frau Räthin Meyer, wenn ihr Töchterlein sie iirtfri ' irgend einem Vorwand des Abends ans Fenster lockte, so daß ihr ein gewisses hell erleuchtetes Zimmer vls'ä'vlS nicht entgehen konnte. Die Kameraden machten einige der gebliche Versuche, ihn mitzulootsen". doch da er auf nichts einging, fo gaben sie ihn schließlich auf. Er war in ihren Augen zum ganz gewöhnlichen Stre. der" herabgesunken. - Am meisten wunderte sich sein Feld webel, der feinen fonft fortwährend um Abendurlaub bittenden Einjährigen gar nicht wiedererkannte. Sein schwarzer verdacht, er ginge ohne die bekannte Karte nach neun Uhr spazieren, hatte sich nicht bestätigt, denn der zum Kon troliren ausgesandte Unteroffizier vom Tagesdienst hatte ihn wirklich aus sei' ner Bude" angetroffen und weder etwas Rauchbares noch etwas Trink bareS angeboten erhalten, der beste Be weis, daß Heller über ein reines Ge wissen verfügte. Er strebte" in der That, und als vier Wochen vergangen waren, hatte er fchon nette Fortschritte gemacht; zuweilen warf er auch wohl einen verstohlenen Blick in seine luristi chen Bücher, die. mit einer chinesischen Grammatik verglichen, ihm jetzt toenr ger öde, ja fast wie eine anregende 2ek türe erschienen. Da wurde er eines Nachmittags wie- der zur Schreibstube des Regiments fle ordert. Treiben Sie noch Chinesisch?' ragte der Adjutant. Zu Befehl. Herr Leutnant!" Na, wenn Ihnen die Sache Spaß macht, immer zu! Können ja in Ihrer reien Zen thun, waS Sie wollen War mir übrigens interessant, zufällig zu hören, daß Sie sich sogar eine Grammatik angeschafft. Hatten doch woyl mancherlei von dem Zeugs der lt? Na. also, da ist gestern die Nachricht eingetroffen, daß betreffender Kamerad nach na, wieder verges en. wie das Nest heißt, na, ist auch ganz egal, daß er zu einer anderen Garnison kommt. Ich danke Ihnen!" Mit einem Seufzer der Erleichterung machte Heller Kehrt und suchte schleu nigft seinen Freund Langbein auf, um ihm die frohe Kunde zu bringen, daß er sich mal wieder, schneidig wie im mer, aus der Sache herausgezogen habe, waS allerdings wohl mehr das Verdienst deS chinesischen Gesandten in Berlin war als sein eigenes. Die eS Mal haft Tu noch Glück ge habt," meinte der Referendar, und zwar mehr Glück als Verstand. Wenn Du nun einen zweiten guten Rath von mir annehmen willst, so fetztest Du Dich jetzt, als wäre nichts passirt, friedlich weiter in Deinen Bau" und schaust Dir die Pandekten aus der Nähe an. Aus em bischen Nachhilfe soll es mir nicht ankommen; ich weiß doch nicht, waS ich des Abends in diesem Neft trei den soll, und für den Assessor" muß q den ganzen Kram so wie so noch malS durchackern. UebrigenS würdest Du Dich in den Augen all Deiner Kameraden ganz elend- blamiren. wenn Deine Streberei ein so plötz licheS Ende nähme, und auch auf zwei andere Augen Deiner Nachbarschaft würde daS einen sehr schlechten Ein druck machen, zumal Dich Frau Räthin, wie Du wohl schon auf der Promenade bemerkt haben wirft, feit einiger Zeit etwa? wohlwollender ansieht.' DaS letzte Argument zog ganz defon derS. Die böse That" deren üble Folgen in den Ouarta und Selectauf, sützen jahrein, jahraus von literatur kundigen Gymnasiasten und höheren Töchtern eingehend erörtert werden. hatte dieses Mal zur Veränderung von dem ihr anhaftenden Fluch' keinen Gebrauch gemacht, vielmehr einen Kneipen besuchenden SauluS in einen für fein Referendareramen emsig ,büf feinden' Paulus umgewandelt. ' So ging das Tienftjahr allmählich zu Ende, und die Einiährigen des Regiments zählten, ebenso wie die Zweijährigen, die Tage bis zu ihrer Entlassung. Heller'S Freude war aber keine besonders große. Zwar freute auch er sich, bald wieder behaglich im wärmenden Bette seine Glieder zu strecken, dieweil die Anderen schon in aller Herrgottsfrühe antreten mußten und sich vielleicht für einen Knopf, des sen Glanz die aufgehende Sonne nicht hinreichend verdunkelte, etliche Stunden Nachererziren holen konnten. Allein. wenn eS auch ganz angenehm war, daß sich deS Feldwebels wüthende Augen hinsichtlich ihrer Wirkung' auf die Rekruten dem Haupte der Gorgo ver gleichbar, falls die biederen Krieger von der angeblichen Existenz jener antiken Dame Kenntniß gehabt hätten jetzt andere Objekte ihres Zornes suchen mußten, so lag aber auch andererseits die traurige Möglichkeit vor, daß ein allerliebstes Blauaugenpaar der neuen Generation unter den Einjährigen ebenfalls huldvoll entgegenlächeln würde. An emen Abschiedsbesuch bei der seit einigen Wochen das Bett hüten den Frau Räthin war nicht zu denken Jedoch gelang es Heller durch Ver Mittelung einer Wlrtystochker. die er durch eine große Tafel Chokolade be stachen hatte, ein Stelldichein mit Eva zu erreichen. Traurig reichte ihm daS junge Mäd chen zum letzten Male, wie sie glaubte, die Hand. Mama Hütte ja sonst nichts dagegen einzuwenden gehabt, meinte sie auf seine Frage, ob sie ihm ihr reizen deS Händchen nebst noch reizenderem Zubehör nicht dauernd anvertrauen wolle, aber da es nun einmal felsenfest stände,' daß er den Referendar" nie malS bestehen würde, denn in Göttin gen-ginge das alte Leben ja doch sicher wieder an, so werde sie ihin ihre Treue zwar ewig bewahren, aber gewiß als alte Jungfer dereinst sterben. Mit dieser feierlichen Versicherung, welche, junge Damen im hoffnungsvollen Alter von sechzehn bis siebzehn Jahren sehr ausgiebig zu verwenden pflegen. verließ Kurt das schöne Pulvershausen, nachdem er seine festen Vorsätze unter vielen Küssen innig betheuert hatte. Kaum hatte der 'Zug den Bahnhos der kleinen Garmsationsstadt verlassen, als auch schon zwei Mann von Heller's Kompagnie in der nun leeren Wohnung erschienen. Er hatte nämlich den Feld. webel aus seine Bitte um die von ihm abgelegten Dienftgegenstände aufgefor dert, imLaufedesNachmittagsein an.die Kompagnie adressirtes Packet von seiner Wirthin abholen zu lassen. Dasselbe enthielt, von acht dicken Schichten alten Packpapiers umgeben, die mit einer in den liebenswürdigsten Ausdrücken abge. faßten Dedikation versehene Chinesische Grämatik". Feldwebel Süßholz erzählte später. er habe seinen Alten" ost ärgerlich, wüthend und wild gesehen, und zwar in jeder Woche einige Male; so fuchs teufelswild aber wie in dem Augenblick. als er statt der erwarteten Uniformstücke der chinesischen Grammatik ansichtig ge worden, noch nie. Und das wollte viel heißen bei einem Choleriker, der nch diverse Male im Monat verpflichtet hielt, irgend einem armen Unglücks. wurm seine Lieblingswendung Kerl, ich sperre Sie ein," entgegen zu schreien Sechs Monate waren verflossen. Ostern nahte heran, in Puldershausen ging , alles den Gang der Kleinstadt weiter; die neuen" Einjährigen wur den eingetanzt und eingeladen, und von einem munkelte man logar. er habe, es nur der aufopfernden Fürsorge feines unerwartet Herbeigeeuten Vaters zu danken, daß er der vielleicht mehr passiven als aktiven Betheiligung an einer, nämlich seiner. Verlobung noch soeben im letzten Augenblick glücklich entgangen sei. Eva jedoch, deren auS gelassene Munterkeit ihr früher manch ernstes Wort von Seiten der Mutter zugezogen hatte, schlich still und in sich versunken im Hause umher. Nicht em mal eine Ansichtskarte hatte man" ge sandt. der beste Beweis, daß man' untreu war. Natürlich! Wie konnte eS auch anders sein? Andere Städtchen, andere Mädchen. Die Mutter schien die Sache nicht all zu tragisch zu nehmen; noch weniger war dies beim Referendar Langbein der Fall, welcher feit Heller's Abreife häufi ger im Hause der ihm verwandten RS thin verkehrte. Seit einiger Zelt zeichnete er sich durch eine früher nie an ihm bemerkte Vorliede für eine gewisse Stelle in Hantlet aus. Jedesmal nämlich, wenn ihmj Eva stumm, theilnahmlos und seufzend ein Viertelstündchen gegenüber gesessen hatte, murmelte er das berühmte Wort: Geh' in ein Kloster. Kind!" vor sich hin. Worauf Eva gewöhnlich die tikssinniae Antwort gab: Niemand könne wissen. waS dielleicht noch geschehe. Tann wechselte er mit der Frau Räthin einen verständnißvollen Blick, erklärte der jungen Tame. Schwarz würde sie ausgezeichnet kleiden, und empfahl sich. .Auch beute, am Tage vor Ostern. hatte er sich erhoben, reichte der Mutter die Hand und blieb, im Begriff, nq auch von der Tochter zu verabschieden. plötzlich vor Letzterer stehen. Ta hätte ich beinahe noq etwas Wichtiges vergessen. Fräulein Eva! Ich erhielt diesen Morgen eine reizende AN. sichtökarte. der Sie in ihrer Sammlung sicher einen Ehrenplatz gönnen werden Ganz famoses Bild! Den Text dürfen ie übrigens ruhig lesen, ist recht yarm IoS." Der .harmlose' Text aber lautete: Liebes alteS HauS! Referendar mit Auszeichnung bestanden. Komme mor am. Bereite mem lunrnges raui, chen schonend vor! Kurt, Die VerlobungSfeier hatte ihrenHöhe Punkt erreicht, man war bertS beim Sekt angelangt. Selbst der trockene Regimentsadjutant, welcher gewöhnlich nur alle halbe Stunde ein Wort sprach, erzählte einen luftigen Streich, den in seiner Fähnrichszeit ein Anderer an gezettelt hatte. Da erbat sich der Bräu tigam das Wort, und sich an seinen ehemaligen Vorgesetzten wendend, be gann er. es drängte ihn, ein Geständ niß zu machen. Seine chinesischen Sprachkenntnisse nämlich seien .. ..Schwindel!" siel der Adjutant ein Wir hatten Ihnen daS so wie so nicht geglaubt. Oder meinen Sie denn, daß eS in einem so kleinen Klatschnest wie Pulvershausen länger als vierundzwan zig Stunden dauert, blS ein Buchhänd. ler, bei dem em flotter Einjähriger eine chinesische Grammatik bestellt, solch in teressanten Fall am Stammtisch in der Krone" erzählt? Erst wollte ich Sie bestrafen lassen, mit drei Tagen Mit telarrest" Eva zuckte erschreckt zufam men für das Belügen militärischer Vorgesetzter. Als ich dann aber hörte, daß Sie die Abende wirklich ernft ftudir ten, da dachte ich: Na, uns kann es recht sein, vielleicht kommt dabei etwas für ihn heraus." Was dabei heraus kam. Herr ut nant, läßt sich mit zwei Worten sagen: Fräulein Braut!" Sein lveib. Novellettevon H. GierS. Bankier Gela Lasker durchschnitt mit lebhafter Unruhe sein Arbeltskabinet, welches sich in einem Prachtbau befand. der eine Sehenswürdigkeit der ungari schen Metropole bildete. Ta öffnete sich die Thüre und ein alter Herr trat mit gesenktem Haupte ein. Gela eilte ihm entgegen. Bringen Sie mir die Bilanz?" Der alte Nadolny legte die Bücher, welche er mitgebracht, auf den Sekretär des Bankiers. Nun." fragte dieser zögernd, ist noch irgend eine Hoffnung vorhanden?" Der alte Mann antwortete niederge schlagen: Keine, durch das Fallisse ment von NiclaS und Sohn und des Haufes Marschall sind alle Hoffnungen vernichtet." Eine schwüle Pause folgte. Gela schritt auf seinen Sekretär zu und nahm eines der Bücher. So nahe vor dem Abschlüsse und nirgend eine Quelle. auS welcher jene Summe zu erlangen wäre." seufzte Nadolny in halbem Selbstgespräche. Es handelt sich um eine Spekulation, welch? sich gerade bot. die, ohne Risiko, einen glänzenden Gewinn versprach. der nicht nur das Verlorene decken, so dern auch obendrein einen bedeutenden lleberschuß qarantirte. Um jedoch jene Unternehmung reausiren zu können, be durfte Gela emeS Baarkapitals, von circa 100,000 Gulden, die noch heute zu depornren waren. Gela verstand den Sinn der Worte seines Vertrauten. Illusionen, alter Freund, die sich nicht .erfüllen können. Doch gehen Sie nun. , Ich will die Bücher prüfen und Sie dann rufen lassen.' Gela saß noch lange da und tiefe Schatten lagerten auf feiner Sinn. Prüfend erwägte er. ob em Theil von Schuld an seiner jetzigen Krise ihn treffen könnte. Er fand in feiner Handlungsweise, obwohl er manche noble Passton hatte, keine direkte An klage gegen sich. Aber was hieß schließ lich dies Alles gegen jene unselige Passion seiner Frau: ihre Sucht nach Brillanten, deren Erwerb im Laufe der Jahre Hunderttaufende verschlungen hatte. In diesem Punkte fühlte er sich schuldig. Allem Gela lebte Konftanze. sie war sein Stolz, sein ganzes Glück. ES schmeichelte seiner Eitelkeit, daß man ihr allgemein das Epctheton: Brillantenkönigin" verliehen. Er liebte Konstanze noch heute mit dersel den Hingebung wie vor zehn Jahren, am Tage ihrer Vermählung In seinen Reflexionen überhörte er ganz das Rauschen eines Kleides, und erst, als sich ein weicher Arm um feinen Nacken legte, blickte er auf und sah in das Auge Konstantinen's, die sich ihm leise genähert hatte. Ach, Du bist eS, meine Tbeure, ich glaubte' Vergieb mir, Gela," unterbrach sie ihn mit ihrer melodischen Stimme, durch Nadolny erfuhr ich. Tu seiest hier." Tann schaute sie mit liebevoller Theilnahme ihren Gatten an und be gann sanft, indem sie seine Hand er griff: Dich drücken Sorgen, die Tu mir verbirgst. Oeffne mir Tein Herz, ich fordere meinen Theil von Deinem Leid. Nadolny hat mir verrathen wir wollen überlegen, ob eS nicht einen Ausweg giebt, die Katastrophe zu vcr meiden." Ich wüßte keinen mehr,' kam eS ge preßt auS Gela'S Munde. Sie zog fein Haupt an ihre Schulter und fuhr schmeichelnd mit ihren fehlem ken, juwelengeschmückten Fingern durch fein Haar. Verliere nicht den Mi.il,, Geliebter.' tröstete sie, wir werden auch im Unglück treu zusammen halten und muthig kämpfen, um eine neue Stellung zu erringen.' Wie gebannt hingen Gela'S Augen an KonftanzenS Lippen. Er fühlte zu dieser Stunde, daß ihre Liebe zu ihm eine tiesere ivar. als er jemals ver muthet hatte. Mit einem Blicke, wel cher beredter sprach als Worte, preßie er sie an seine Bruft. Toch nun. mein Freund, sagte sie fein lächelnd, während sie an ihrem Brillanten Bracelet nestelte, das sich verschoben hatte, laß unS ein kleines Plauderstündchen halten. Ich werde die Kosten der Unterhaltung tragen. ES ist nur eine kurze Skizze aus dem Leben einer Freundin, allein sie wird Dich interesfiren, da sie in vielen Punk ten Aehnlichkeit mit unserer Ehe hat. Willst Du sie hören?" Einigermaßen befremdet, nickte Gela und Konftanze begann: Vor einer Reihe von Jahren, eö war an einem Mittwoch, da hielt vor einer Kirche eine stattliche Reihe von glänzenden Equi- pagen. Tie Kirche war angefüllt von Menschen und alle bewunderten das junge Paar, das vor dem Altar kniete, wo der Priester den Bund ihrer Herzen weihte und ihm die bindende Kraft verlieh. Es war ein Bund der Liebe, nicht der Konvenienz. Ter junge Mann war Chef eineS bedeutenden Bankinstituts. Er führte ein HauS in großem Style, gab seinen Freunden splendide Feste; er war Präses vieler Clubs und ein thätiges Mitglied des RennfportS. Erlaube mir, liebe" Einen Moment. " unterbrach lächelnd Konstanz? ihren Gatten, ich bin gleich zu Ende. Der junge Frau dämmerte bald die Erkenntniß auf, daß auch für das bestfundirte Geschäft ungünstige Konjunkturen eintreten könnten, bei denen ein unerwarteter Reservefonds von unberechenbarem Nutzen ist. Sie sann und sann, wie wohl solch ein Fonds zu sammeln wäre und sie verfiel auf eine List. Sie hatte längst erprobt. daß von Seiten ihres Gatten ihr jeder selbst der exorbitanteste Wunsch er füllt wurde und hierauf baute sie den Plan. Sie heuchelte einen nahezu an Wahnsinn streifenden Hang für Brillanten: der Besitz derselben wurde scheinbar zur Manie bei ihr; man nannte sie nur noch 'die Brillan ten Königin" und ihre Verschwen dung wurde zum geheimen Vorwurf in den Kreisen der Gesellschaft, des un geachtet verfolgte sie ihr Ziel. Sie erschmeichelte von ihrem Mann Jahre hindurch ungeheure Summen für diese Liebhaberei jedoch Summe auf Summe wurde sicher anaeleat und heute, wo eingetroffen, was sie längst gefürchtet, schätzt sie sich glücklich, dem Manne ihres Herzens ein Depositum zu Überweisen, dessen Höhe das dop. pelte des Kapitals übersteigt, welches er zum Fortbestand .seines HauseS braucht!" Sie überreichte Gela einen Check auf die Nationalbank. Veraied die List, mein theurer Freund, das ganze war nur ein diplomatischer Ge genkoup. nur Deine kleinen Ausgaben zu Paralysiren. Ich denke, ich habe die Fähigkeiten zu einer Kapazität im Finanzfach. Nicht so?" Außer sich vor Erstaunen icklok Kcla sie in seine Arme. ..Wie kann ick Tir jemals lohnen?" Dadurch, daß Tu von nun an mir angehören willst. Ich gehe Dir mit gutem Beispiel voran und sage von dieser Stunde an mit leichtem Herzen all' .dem Glanz und Schimmer. . der uns zu Sklaven der Gesellschaft macht, auf ewig Lebewohl. Entsagst Du nun auch Deinen kleinen Passiv nen?" O allen, allen." rief Gela entzückt. doch waS ift eS mit Deinen herrlichen Brillanten, die stets Neid und Bewun derung erregten?" Konftanze beugte sich zu ihm nieder und flüsterte schelmisch: Slmlli, mein Schatz. Simili!" Mangelhafte Aehnlichkeit. Im Glatzer Konvikt hatten wir (fo erzählt ein Mitarbeiter dir Frankfurt ter Zeitung" im Anschluß an eine ähn liche Geschichte, die dieser Tage durch die Presse ging) Ende der vierziger Jahre einen Hausknecht. der'Auauli hieß übermäßig gescheidt war er nicht und den wir gewöhnlich den Wocker" nannten (der Ursprung deS Umlauts von e" in o" ist mir unbekannt), weil er unS zu wecken hatte, im Winter um 5j. im Sommer um 4j Uhr. August hatte als junger Bursche die französische Invasion erlebt und rühmte sich, den großen Napoleon einmal gefahren zu haben. Einer von uns zeigte ihm ein mal ein Brustbild des Kleinen Korpo rals und fragte: Hat Napoleon fo ausgesehen?" August besah sich daS Bild ein Weilchen, schüttelte, dann den Kopf und sprach daS große Wort ge lassen aus: Nee! Napoleon hatte Beene!"