Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 21, 1900, Image 10

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    Line deutsche Iauernschlacht in
Amerika und ihre Felgen.
Von Dubais renau.
Tit Geschichte kennt mehrere Ber
spielk dafür, wie durch das Eingreifen
tintr dkrbältnißmükia geringen Zahl
beherzter Bauern dem Gang wichtiger
riege eine neue ','enoung gegcocn
wurde. Solche Beispiele find die Schlacht
der dergischen Bauern bei Worringen
am 5. Juni 1288. die Schlachten der
Schweizer bei Vorgarten 1312. bei
Eempach 1386. Auch die Kämpfe der
' ammd,rmandten Buren, die lm ser
tun Afrika mit Lömenmuth um ihre
E,lbändiakeit aegen einen gemalti
om. ibnen an Zahl so überlegenen
Feind ringen, gehören hierher. Merk,
würdigcrweise enthalt auch die Geschichte
der Vereinigten Staaten von Nordame
rika eine Episode, wo deutsche Bauern
eine der schwersten Gefahren abwenden
halfen, welche im letzten Viertel deö
vorigen Jahrhunderts den Erfolg der
amerikanischen Freihcits Kämpfe be
drohten.
Mittm im Herzen des herrlichen, an
Wäldern, Bergen. Strömen und Seen
so reichen Staate? New York eilt der
Mohawkflub durch ein überaus lieb
liches Thal, um nach einem etwa 150
Kilometer langen Laufe in rechtem
Winkel in den Hudson einzufallen und
Mit diesem .Rheinftrom Amerikas"
dem Meere zuzueilen.
Zu Anfang des 18. Jahrhunderts
war der ganze mittlere und westliche
Theil deS heutigen Staates New York
noch eine unermeßliche Wildniß, in
welcher der mächtige, aus sechs verschie
denen indianischen Stämmen bestehende
Bund der Irokesen seinen Wohnsitz auf.
geschlagen hatte. Die ersten weißen
Ansiedler, welche sich in diesem Gebiet
niederließen, waren ehemalige Bewoh
ner der' Rheinpfalz, die ihre schöne
deutsche Heimath aufgegeben hatten,
als dieselbe durch die Mordbrennerban
den Ludwig deS Vierzehnten von Frank
reich in der schrecklichsten Weise verwüstet
worden war. Schweren Herzens hat
ten im Frühjahr des Jahres 1709 an
14.000 Pfälzer ihre Habseligkeiten ge
packt und waren auf Flößen und Käh
nen den Rhein hinab nach Holland und
von da nach England gefahren, von wo
ihrer 3000,' veranlaßt durch allerhand
Versprechungen, welche ihnen die eng
lische Regierung machte nach der damals
noch enguscher Herrschaft unterstehen
den Kolonie New Aork zogen. Sie
wurden am mittleren Hudson angesie
delt, aber als eine Art von Kronbauern
betrachtet und von der Regierung wie
von gewissenlosen Spekulanten so schreck
lich ausgebeutet, daß sie im März 1713
trog des noch tiefliegenden Wintev
schneeZ in das romantische Thal des
Schobarie, eines Nebenflützchens des
Mohawk, flohen, wo verschiedene In
dianer Häuptlinge den Deutschen be
trächtliche Stücke Landes zum Geschenk
angeboten hatten. Mit ihren rothen
Freunden in bestem Einvernehmen le
bend. gründeten die Pfälzer daselbst
mehrere Ortschaften, von denen aus
einige Jahre später ein großer Theil
der aufs neue von habgierigen Spelu
lanten bedrohten Pfälzer nach dem Mo
hamlthal zog. Ihre Anstedlung daselbst
wurde von der englischen Regierung
sehr begünstigt, nicht etwa weil ihr das
Loos der Deutschen besonders am Hev
zen gelegen wäre, sondern weil sie
hoffte, daß dieselben ein starkes Boll
werk gegen die in Canada fitzenden
'Franzosen und Indianer abgeben moq
ten. die schon öfter Einfälle in die eng,
lischen Niederlassungen am unteren
Mohawk unternommen hatten.
In der That mußten die Pfälzer
gar machen blutigen Strauß mit den
kanadischen Nachbarn bestehen, beson
ders während des siebenjährigen Krid
ges, der zwischen den Franzosen und
den Engländern mit aller Heftigkeit
auch in den beiderseitigen amerikani
schen Besitzungen ausgefochten wurde
und einen geradezu greuenhaften Cljfl,
raktcr annahm, als sowohl die Franzo
sen wie die Engländer die ihren Einfluß
zugänglichen Jndianerstümme als Bun
desqenoffen aufboten und gegeneinan
der hetzten. Im Jahre 1757 überfiel
der französische Kapitän Uellette mit
300 Soldaten und vielen Indianern
das Mohawkthal. Überraschte in der
Nacht des 12. November die deutsche
Ortschaft German JlatS (deutsche Nie
derungen"), brannte sämmtliche Häuser
nieder, tödtete 40 Einwohner und
schleppte 120 gefangen nach Canada
Ein zweiter Angriff im April des fol
enden Jahres wurde aber durch die
unter NikolausHercheimerzusammenge
schaarten Pfälzer energisch abgeschlagen.
wobei die letzteren allerdings abermals
einen Verlust von 3 Todten erlitten
Jahrelang dauerten diese Metzeleien
fort, bis endlich die Engländer in der
Schlacht bei Ouebeck 1759 einen ent
scheidenden Sieg über die Franzosen
errangen und damit der Herrschaft
derselben in Canada ein Ende bereiteten.
Die Ruhe, welche diesem Siege folgte,
war aber nicht von langer Tauer.
Kaum hatte England seinen Neben
buhler aus dem Felde geschlagen, so
verhängte es über feine amerikanischen
Besitztümer ein Ausbeutesystem, das
über kurz oder lang eine jede Kolonie
zum Aufstand trieb. Alle in den Ko
lonien giltigen Gesetze waren derart
abgefaßt, daß den in England lebenden
Kaufleuten und Fabrikherren der größt
mögliche Nutzen erwachsen mußte. So
durften beispielsweise die sämmtlichen!
in dknNiederlaffunzen gebrauchten il
ter nur aus England dcz?gen werden.
Auch war eS den Kolonisten nicht er
laudt. Stoffe zu Kleidern sowie andere
LebenZnothwendiakeiten selber herzu,
stellen. Andererseits hatten sie schwere
Abaaben u entrichten, ohne aber im
Parlament irgendwelche Vertretung ein
geräumt ja bekommen.
Den Bewohnern der an der Oftküfte
von Nordamerika gelegenen englischen
Kolonien wurden die Zustände bald so
unerträglich, daß sie beschlossen, die
Verbindung mit dem Mutterlande zu
lösen und sich auf eigene Füße zu
stellen.
Die in den englischen Kolonien le
benden Teutschen wurden natürlich ln
den amerikanischen Freiheitskrieg mit
verwickelt, denn sie erinnerten sich leb
haft, daß sie stets unter der Anmaßung.
der Habsucht und der zurücksetzenden
Geringschätzung der englischen Beamten
und Lords zu leiden gehabt hatten.
Kaum war mit dem blutigen Zusam
menftoß bei Lexington am 19. April
1775 daS Zeichen zum Aufstande gege
ben, so bildeten auch die Teutschen im
Mohawkthal. in Pennsylvanien, Mary
land und Virginien Bünde, um an der
Abwerfung deS verhaßten Jochs theil
zunehmen. Im Mohawkthal faßte der
von den Vfülmn gebildete Bund am
21. Mai den folgenden Beschluß: Wir
verabscheuen die uns angedrohte Skla
verei. Aufeinander angewiesen durch
die Bande der Religion. Ehre, Eerech
tigkeit und Vaterlandsliebe, vereinigen
wir uns in dem festen Entschluß, nie
Sklaven werden zu wollen, sondern
unsere Freiheit mit Gut und Blut zu
vertheidigen." Am 2. Juni fand die
erste öffentliche Versammlung dieses
Bundes statt, durch dessen drohende
Haltung die im Mohawkthal ansässigen
önigstreuen Engländer, die sogenann
ten TorieS, so eingeschüchtert wurden,
daß sie Hals über Kopf nach Canada
flohen. Die Pfälzer bildeten nun ,m
Verein mit den andern Thalbewohnern
holländischer und englischer Abstammung
vier Bataillone, an deren Spitze der
vom Franzosenkriege her angesehene
Nikolaus Hercheimer als Befehlshaber
trat. Derselbe, ein im Mohawkthal ge
borener Sohn des im Jahre 1709 mit
seinen Landsleuten nach Amerika
kommenen Pfälzers Johann Jost Hch
eimer. besaß im mittleren Mohawkthal
eine Stunde östlich der gleichfalls von
Teutschen gegründeten Ortschaft Little
Falls, ein großes Befttzthum, aus dem
er das heute noch wohl erhaltene Ge
bäude errichten ließ.
Das Jahr 1775 verging für die
Teutschen am Mohawk unter Befürch
tung von Ueberfällen und unter Vorbe
reitungen zur Vertheidigung, denn man
wußte nur zu wohl, daß man auf dem
vorgeschobensten Posten stand, der um
so mehr von Gefahren umdroht war.
als die nach Canada geflohenen Eng
länder es durch Aufwendung reichlicher
Geschenke verstanden hatten, fast sammt
liche in der Kolonie New Nork vorhan
denen Jndianerstümme, vor allem auch
den sehr einflußreichen Mohamthäupd
ling Thayendanega oder Joseph Brant
nch geneigt zu erhalten.
Seltsamerweise verstrichen aber zwei
volle Jahre, bevor die Teutschen dc
'Acoyawttyaies Gelegenyeit fanden, m
den Gang des Krieges einzugreifen
Derselbe umtobte aufs heftigste die See
lüften, an den mit wechselndem Glück
gefochten würde.
Im Frühjahr 1777 stand es mit der
Sache der Aufständischen entschieden
schlecht, und gleichzeitig holten die Eng
länder zu einem Hauptschlage aus. Um
die nordöstlichen Kolonien von den süb
lichen zu trennen, so daß sie nicht länger
sich gegenseitig zu unterstützen vermöch
ten und dann einzeln desto leichter
unterworfen werden könnten, ward ein
dreifacher Vorstoß gegen den Hudson
unternommen, an deffen mittleren Lauf
die Aufständischen ftch festgesetzt hatten
Von Canada aus rückte der General
Burgoyne mit 8000 Mann über den
Champlain und Georgsee zum oberen
Hudson vor, während gleichzeitig der
Oberst St. Leger mit 750 britischen und
hessischen Truppen sowie 1000 unter der
Führung des Häuptlings Thayendanega
stehenden Indianern vom Westen her in
das Mohawkthal einbrach. Von Süden
sollte eine starke englische Flotte den
Hudson hinaufsegeln und die von drei
Seiten gefaßten Aufständischen der
Nichten helfen. Am mittleren Hudson
wollten alle drei Expeditionen zusam
mentreffen.
Wäre der meisterhaft entworfene
Plan gelungen, so hätte die schnelle Be
endigung des amerikanischen AufstandeS
wohl außer Frage gestanden.
In dieser äufterft kritischen Periode
war den Psälzern am Mohawk eine
wichtige Rolle beschicken. Während
nämlich die AngloAmerikaner dem
General Burgoyne in den Weg traten,
warfen die Pfälzer sich dem Obersten
St. Leger entgegen, der mit seiner
Schaar am 3. August vor dem kleinen,
von 750 Amerikanern unter Oberst
Gansevoort gehaltenen Grenzfort
Stanvix eintraf und sich anschickte, das
selbe zu belagern. Als die Nachricht
hiervon durch Eilboten nach den deut
schen Niederungen gelangte, ward da
selbst der Ernst der Lage sofort begrif
sen: gelang es nicht, den Feind abzu
wehren, so war allen Thalbewohnern
ein Untergang in der grauenhaftesten
Gestalt unter den Tomahawks und
Skalpirmessern der Wilde, unter den
Bajonetten und Kugeln der englischen
Soldaten gewiß!
Den Schutz der Hütten, Frauen und
Kinder den Greisen anvertrauend, tra
ten sofort gegen üzcann, zu neun
Zehnlheilcn aus Pfälzern bestehend, zu
fammen und zogen unter dem Befehl
des alten Hercheimer bereits am
August dem Feinde entgegen, fest ent
schloffen, zu siegen oder zu sterben. Am
Abend deS 5. August kamen die Deut
schen an der nur noch 2j Wegstunden
von Fort tanwiz entfernten cleHe an
wo der Oriskanybach sich in den Mo
hawk ergießt. Um die im Fort 33ela
gerten von ihrem Herannahen zu unter,
richten und zu gemeinsamem Handeln
zu veranlaffen. sandte Hercheimer einen
Boten an Oberst Gansevoort, damit
dieser am folgenden Morgen einen AuS
fall gegen den Feind unternehme, der
zur selbigen Zeit von den Teutschen im
Rücken angefallen werden solle.. Trei
schnell aufeinander folgende Kanonen
fchüffe vom Fort auS sollten den Teut
schen daS Signal zu dem gemeinsamen
chlage geben.
Glücklicherweise gelang es dem Boten
schon am Mittag des betreffenden
TageZ, die feindlichen Reihen zu durch
schleichen und in daS gort zu gelangen
Mittlerweile hatten aber auch die Eng
länder durch ihre indianischen Kund
schaftcr von dem Herannahen der
Pfälzer Nachricht erhalten und in gro,
ßer Eile an einer engen Waldschlucht,
die von den Teutschen pasfirt werden
mußte, einen aus zahlreichen Schars
schützen und mehreren hundert Jndia
nern gebildeten Hinterhalt gelegt. Ter
kriegserfahrene Häuptling Thayenda
nega hatte die Stelle als die geeignetste
ausgewählt. Als die Pfälzer gegen 9
Uhr Morgens an derselben anlangten,
verrieth nicht daS geringste Zeichen
daß Gefahr nahe fei. In tiefstem
Schweigen lagen die unabsehbaren Ur
Wälder, durch die nur ein schmaler,
überaus schlechter Weg auf der rechten
Uferseite des Mohawk nach dem Fort
Stanwir führte. Kaum war der größte
Theil der Pfälzer in die Waldschlucht
eingetreten, als plötzlich aus Hunderten
von Kehlen das grauenhafte schiacht
geheul der Indianer ertönte. In dem
selben Augenblick krachte von rechts
und links, von den umliegenden Höhen
aus allen Wipfeln der Bäume eine
mächtige Salve auf die in dem Hohlweg
Zusammengedrängten, und dann tauch
ten hinter jedem Busch, hinter jedem
Baum, hinter jedem Felsftück die
schauerlich bemalten nackten Leiber der
Wilden auf, die sich mit gewaltigen
Sätzen gleich Panthern auf die völlig
überraschten Teutichcn stürzten. Die
jenigen der letzteren, welche sich noch
außerhalb der Schlucht befanden, er,
griffen, von Schrecken erfüllt, die
Flucht, wurden aber von den nach
hetzenden Wilden bis auf den letzten
Mann niedergemacht. Die in der
Schlucht Eingeschlossenen hingegen er
kannten sofort, daß nur ein Kampf bis
auf s Messer sie vor gänzlicher Vernich
tung retten könnte, und begannen.
nachdem sie sich gesammelt hatten, mit
der Wuth der Verzweiflung zu fechten.
Galt es doch, nicht blos das eigene Le
ben, sondern Haus und Hof, Weib und
Kind zu retten.
Nachdem sie ihre Büchsen auf die
Gegner entladen hatten, stürzten sie mit
gefällten Baionettei, oder mit den Jagd
meffern in den Fäusten den Angreifern
entgegen, und es entspann sich im üx
walddickicht ein wuthknirschendes Rin,
gen, in dem deutsche, durch harte Hiw
tcrwäldlerarbeit gestählte Kraft mit
indianischer Schläue und Gewandtheit
um den Siegerpreis stritt. Mit zer
schnittener Kehle oder zerschlitzter Brust
sanken da und dort Weiße und Rothe
übereinander, sich noch in der Todes
starre krampfhaft umschlungen haltend
Gar mancher Irokese wurde vom schnei,
len Blei ereilt, als seine Hände gierig
dabei waren, einen erlegten Gegner zu
skalpieren.
Ter greife Hercheimer war einer der
ersten, die in dem Gemetzel verwundet
wurden. Eine Büchfenkugel zerschmet-
terte sein Imles Bein unterhalb
Knies und tödtete zudem sein Roß.
Aber er verlor nicht die Geistesgegen,
wart, sondern feuerte mit lautem Zu,
ruf die Seinigen zu immer heftigerem
Widerstand an, bis es Ihnen gelungen
war, den ersten Anprall der Feinde ab
zuschlagen. Dann ließ er sich auf eine
den Kampfplatz überschauende
tragen und am Fuße eines mächtigen
Urwaldriesen niedersetzen. Auf seinen
Sattel gestützt, der ihn umschwnrenden
Pfeile und Kugeln nicht achtend, son
dern kaltblütig feine Pfeife rauchend.
leitete er von dort den immer heftiger
mtt aller ist und Verschlagenheit ent
brennenden Kampf, der nun mit hin,
terwäldlerischer Fechtweise durchgeführt
wurde.
Auch die Deutschen hatten hinter den
mächtigen Bäumen Pofto gefaßt und
suchten von dort aus ihren Feinden bei
zukommen. Aber diese lagen auf der
Lauer, und gar oft gelang es einem
Indianer, einen deutschen Schützen, so
bald derselbe einen Schutz hinter dem
Baum her abgefeuert hatte, zu ereilen
und niederzuschmettern, bevor jener
Zeit hatte, feine Büchse wieder zu laden.
Der alte Hercheimer, welcher die Taktik
der Wilden durchschaute, poftirte nun
stets zwei Männer hinter einem Baum,
von denen der eine, sobald der Genosse
einen Schuß abgegeben hatte, sofort
anlegte, um den anspringenden, feines
Opfers sicheren Indianer niederzu
nallen. Diese Anordnung wirkte so
sicher und ritz so gewaltige Lücken in
die Reihen der Feinde, daß kein Jndia
ner mehr wagte, die alte Fechtweise an
zuwenden.
Bereits mehrere Stunden hatte das
Gefecht gewährt, als plößlich die Eng
länder eine ansehnliche Verstärkung
durch eine Abtheilung der Royal
EreenS. der KönigZjäger, erhielten.
Unter denselben befanden sich viele ehe
malige Bewohner der MohawkthaleS.
die töniqstreu geblieben waren und
sich mit den englischen LordS nach Ka
nada gewendet hatten. Frühere Nach
barn und Freunde erkannten einander.
und der bittere Haß, der sie einst in Po
litifchem Wortftreit entfremdet hatte,
schlug auf'S Neue in lodernden Flam
men empor.
Mitten hinein in das Getöse krachten
plötzlich heftige Tonnerschläge. Un
bemerkt von den Kämpfenden war ein
schweres Gewitter heraufgezogen, daß
sich nun unter flammenden Blitzen und
erderschütterndem Rollen über den
Häuptern der Kümpfenden entlud und
durch seine mächtig nicderftrömenden
Regenfluthen eine Ruhepause herbei
führte. Kaum aber hatten die schweren
Wolken sich etwaS verzogen, so begann
das Schlachtgetöse den triefenden Wald
auf'S neue zu durchschallen.
Ta endlich, nachdem daS Gemetzel
schon mehrere Stunden gedauert hatte.
ertönten von Fort Stanwir, die von
den Teutschen längst ersehnten drei Ka
nonenfchüffe. Sie erfüllten die Pfälzer
mit neuem Kampfeswuth und machten
ihr abermaliges Vordringen zu einem
so unwiderstehlichen, baß die ob ihrer
schweren Verluste bestürzten Indianer
unter den Klagerufen Unah! Unah!"
in wilder Flucht den Kampfplatz der
ließen und die englischen Truppen mit
sich rissen.' Als sie im Lager vor dem
Fort Stanwix wieder anlangten, fan-
den sie, daß dasselbe mittlerweile von
der Besatzung des Forts überfallen
worden war, und daß diese sämmtliches
Gepäck, alle Papiere und fünf Fahnen
entführt hatte. ,
Ter Sieg der unter Hercheimer
stehenden Pfälzer war schwer erkauft.
Ueber 240 der Ihrigen waren gefallen;
von den Ueberlebenden hatten viele so
schwere Verwundungen erlitten, daß
man an eine Ausnutzung des Sieges
nicht denken konnte, sondern auf den
Rücktransport der Todten und Verwun
beten bedacht sein mußte. Als man
am 8. August mit denselben in den
heimischen Dörfern anlangte, gab eö
überall ein herzbrechendes Trauern und
Klagen, denn kaum war ein Haus in
dem nicht ein Angehöriger todt oder
schwer verwundet lag.
!ich dumpfer Trauer hinzugeben.
dazu hatten die Pfälzer aber keine Zeit.
denn noch war Fort Stanwix nicht ent
fetzt und der Feind nicht aus dem Lande
geschlagen. Nachdem die Todten be
graben worden, schloffen die noch was
fenfähigen Männer sich aufs neue zu-
ammen und zogen, durch eine Anzahl
regulärer Truppen verstärkt, unter dem
Befehl des Generals Benedikt Arnold
zum zweitenmal dem Feinde entgegen,
der aber, als feine Späher die Kunde
von dem abermaligen Anmarsch der
Pfälzer meldeten, von Schrecken erfüllt.
Zelte und Geschütze im Stiche ließ und
nach Canada zurückkehrte. Die geplante
Vereinigung mit der Armee Burgoynes
war vereitelt und damit der ganze Feld
zugsplan der Engländer gescheitert.
Nunmehr konnten die vereinigten Anglo
Amerikaner und Pfälzer ihre volle
Kraft auf die Bekämpfung der Armee
Burgoynes ivenden, und es gelang ih-
nen in der That, dieselbe so hart zu be
drängen, daß sie sich am 16. Oktober
mit ihrem Befehlshaber bei Saratoga
ergeben mußte. Wenn damit der ame-
rikanische Freiheitskrieg auch noch nicht
ein nde fand, so war doch eine der
chlimmsten Gefahren, die feinen Er
olg in Frage gestellt hatte, glücklich
abgewendet. Kein Geringerer als
George Washington erkannte die Ver
dienste der Pfälzer um diese glückliche
Wendung an, indem er schrieb, daß
Hercheimer zuerst die düsteren Ausfichten
des Feldzuges im Norden in s Gegen
theil umgewanbelt habe.
Leider erlebte der alte Hercheimer
diese von dem großen amerikanischen
Frelheitshelden ihm gezollte Anecken
nung nicht mehr. AIs er nach dem
Kampf am Ortskanu auf einer Trag
bahre nach seinem Wohnfttz gebracht
worden war, nel er einem jungen uner
ahrenen Wundarzt in die Hände, der
bei der nothwendig werdenden Ampu
tation des zerschossenen Beine,
Hercheimers so ungeschickt verfuhr, daß
der wackere Haudegen dabei verblutete
Das war am 17. August 1777. Unweit
eines Hauses wurde er auf einem klel,
nen Hügel begraben.
Bereits im Oktober desselben Jahre!
aßte der Conqreß den Beschluß, 500
Dollars zu einem Denkmal für Herch-
eimer auszuwerten. Aver oie immer
heftiger entbrennenden Kriegsftürme
ließen den Beschluß in den Hintergrund
treten und dann allmählich in Berges-
enheit gerathen. Erst unser Geschlecht
erinnerte sich der tapferen Helden des
Mohawkthales, und an derselben Stelle,
wo fie ihr Blut für ihr neues Vater
land vergossen hatten, ließ der Ge
chichtsverein der Grafschaft Oneida ei
nen stattlichen, 31 Meter hohen Obelisk
errichten, auf dessen Vorderseite eine
Bronzetafel die Namen aller im Kam
pfe umgekommenen Teutschen und Ame
rikancr verewigt. Zwei auf den Sei
ten des Monuments eingelassene Bronze
liess stellen Scenen auS dem Kampfe
sowie den alten Hercheimer dar, wie
verwundet am Fuß eines Baumes
tzend, seine Pfeife in der Hand, Be-
hie ertheilt.
Am 12. November 189 wurde auch
wenige Schritte neben dem Grade
Hercheimers ein herrlicher, über 20
Meter hoher Obelisk aus weißem Era
nit errichtet, wie die Aufschrlst bckun,
dct. vom Staate New Aork. der seine
Dankbarkeit ferner dadurch bewies, daß
sowohl der Ort, in dem der wackere
Pfälzer geboren wurde, wie auch die
Grafschaft, in der lebte und starb, mit
feinem allerdings anglisirten Namen
Herkimer belegt wurden.
Die Kaffeebohne.
Eine Zlvt ouä btx Zcit vor dti Zollan-
fchluß von H. H.
Ter alte Elbschiffer Hein Umland
hatte einst Kohlen am St. Pauli
Strand bei Hamburg zu laden. Pol
ternd und rollend stürzte in regclmüßi,
gen Zwischcnräumen die schwarze
Fracht auS den Sputen des Dampfers
in den Ewer, in dem der Schifter mit
seinem Sohne, der bei ihm als Steuer
mann fuhr, beschäftigt war, die einrol
lenden Kohlen zu verstauen,
Der Alte schimpfte wie gewöhnlich
mit den Kohlenzumpern. Die Kohlen
zumper kannten ihn zschon und man
muß lügen, wenn man sagt, daß sie
seine Scheltworte unerwidert ließen,
aber so schlimm, wie eS sich anhörte.
war es nicht gemeint, man belustigte
sich an dem knurrigen Alten. Ein
Jumper griff in seine Tasche und warf
nach dem Alten mit einigen rohen
Kaffeebohnen, die er von einem Ewer
führer erhalten hatte, dem zufällig"
ein Sack mit Kaffeebohnen geplatzt
war. Trei Bohnen verfehlten ihr
:f . i . a .:,. tk x:. c.d.
W5Mj
deS Schiffers, der erschrocken zusam
menfuhr; die Bohne sprang von der
Nase in einem eleganten Bogen in die
Kohlen.
Ter Zweck war erreicht; Umland
kochte vor Wuth zum Gaudium der
schwarzen Jumper. Er entlud sich
aller Galle, die er hatte. Endlich
schwamm er mit seinem beladenen Ewer
ab; dle Kränkung vergaß er aber auch
noch nicht, als er mit seinem Fahr
zeug aus dem Strom sich befand, und
drohend streckte er noch mehrere Male
feine Faust gegen die lachenden Arbei-
ter.
Sein Schiff mußte am Zollponton
in Neumühlen anlegen, um zollamtlich
abgefertigt zu werden. Ter alte Hein
stieg aus und ging bedächtig in das
kleine Zollhäuschen, um einen Beamten
zum Reoidnen zu holen. Augenblick
lich waren aber recht viele Fahrzeuge
am Ponton die abgefertigt werden
mußten; die Beamten hatten alle Hände
voll zu thun. Nach fast einer halben
Stunde kam endlich ein Grünrock auf
den Schiffer zu und fragte scherzend:
1,, -KA;.. fi:; ks
jiun, wiyin., w uuni vu, "us
icucroares un orv k
Der alte Hein war nicht gerade zum
Scherzen aufgelegt, er brummte sehr
frostig: Se tön ja na kieken, wenn ick
öberhaupt wat Stürbares har, so wör
ick Ihnen dat gewiß nich op de Näs'
backen!"
Der Zollbeamte war ruhig, er merkte,
was für ein Geifteskind er in dem Alten
vor sich hatte, und fragte, ob das Schiff
verschlossen oder die Kohlen durchstochen
werden sollten.
Ich will dorchstäken warrn," sagte
Umland furz.
Na, wissen Sie, Männckcn, Sie
doch nicht, sondern die Kohlen!" konnte
der Zollbeamte sich nicht enthalten zu
bemerken.
Nu ja, mein Gott, makcn Se blots
to, dat ward de höchste Tied för mie!"
rief der Alte.
Als der Beamte sich wieder entfernt
hatte, fing der alte Schiffer wieder an
zu knurren: O ne, so'n Obergekaak
ten, o de Preißcn, düffe Gesellschaft; de
Kerls meent, wenn se een stramme Büx
anhebt un een Käscmetz an de Siet,
wunner war se sünd. Nu klöhnt de
Knecht dor achte noch mit een von de
annern. Herr, du meine Güte, de
meent iawol, wl hebt uns Tied stah
len. Halloh," rief er ganz laut, ick
bitt Se. kamen Se doch een beeten
gan!"
Ter Beamte sah ihn groß an, dann
kam er langsam nach dem Schiff und
sah den Schiffer mit einem Unteroffi
neksblick an. der deutlich sagte: Na
warte, alter Junge, Tir werd' ich zwie
beln!"
Ter Alte schien s.'inen Zuruf aber
auch schon bereut zu haben; er wußte
ganz genau, welche Schwierigkeiten
ein Beamter ihm bereiten konnte, des
halb bot er demselben in der Kajüte,
wohin dieser zuerst gegangen war,
um zu reviomn, einen cynaps an.
m g ikvivivif "-"(""f- I
Ter Kontrolleur lehnte denselben aber
hm ab. Ta trank Umland selbst
das Getränk mit einem kurzen schluck
aus.
So scharf war das Fahrzeug noch nie
revidirt worden. Der Alte mußte
die Seekarten aufrollen und Spinde
aufschließen, alle Tüten und Packcte
aufmachen, die Betten abnehmen, den
Kohlenkaften auspacken, in die Tiefen
des Wafferfasses senkte sich die Rcvi
fionsftange. Jetzt war ver onnoueur oelcyas-
tiqt. die Kohlenladung zu revidiren,
er hatte schon zehnmal die Rcvisions
ftange in die schwarzen diamanten ge.
stoßen und nach jedem Durchstich die
Tülle der Stange so recht impertinent
mißtrauisch besehen und darauf die
kleine Kohlenmenge, die in derselben
sich befand, vorsichtig auf dem weißen
Zementboden des Pontons ausge
klopft.
Der alte Schiffer konnte fast vor
Wuth nicht mehr athmen. ,So,"
dachte der Beamte, bet is nu dct
letzte Mal. denn will ick den Alten er
lösen!" und wieder stach er mit
feiner Stange so recht langsam und
dieselbe immer weiter drückend in die
Kohlen, dann zog er fie heraus und
klopfte die Tülle auf den Ponton aus.
Ter Alte sah dem Hantiren deS Kon
trollcurS zu. Plötzlich verfärbte er sich,
er blickte den Zollbeamten an. der, mit
ausgestrecktem Arm auf die Spitze der
RcvisionZstange zeigend und den Schif
fer scharf ansehend, fragte: .Nanu,
wat iS denn det k"
Hein Umland wurde heiß und kalt,
er zitterte am ganzen Leide, mit Mühe
hielt er sich an den Wanten fest, denn
bei der Spitze der Revisionsstange lag,
hell und rein zwischen einigen kleinen
Kohlenftückchcn, eine Kaffeebohne.
Schulze," rief der Beamte einem
Kameraden zu, he, Schulze hol doch
mal eben den Herrn Assistenten; . der
Schiffer hier hat Kaffee unter seinen
Kohlen, ick habe eben eine Bohne
rausicftochen!"
Tie Kunde verbreitete sich wie ein
Lauffeuer auf dem Ponton. Schiffer
und Beamte liefen bei dem Ewer zu
fammen. Um die verhängnißvolle
Kaffeebohne bildete sich ein großer
Menschenkreis, der die Bohne erstaunt
anstarrte.
Hern Umland war ein geschlagener
Mann. Ein Versuch, sich zu verthei
digen, war von seiner Seite auS zweck
loS, denn wenn der Alte auch den Zu
fammenhang ahnte und sofort, an die
so war eS doch wirklich nicht zu verlan
gen, daß den Zollbeamten diese Erklä
rung genügte.
Mittlerweile war der Assistent her
bcigekommen. ein älterer Herr, der,
schon feit Jahren im Verkehr mit den
Schiffern, deren Art auS dem ff kannte.
Halloh, Schihper Umland, wat hcn
Te denn matt?" fragte der Assistent.
Se fangen dat doch nich op Ehr olen
Taag an!?"
Darauf nahm auch er die berühmte
Kaffeebohne in Augenschein und ging
dann auf das Schiff zu dem Alten, den
er ernst, aber freundlich fragte: Seg'n
e mal, wat is t dormit? Hem Se
wirklich Kaffee an Bord?"
Ter alte Schiffer sah ihn treuherzig
und hilfesuchend an und sagte dann:
Ach. Herr Assistent, wenn ick Ihnen
de Geschicht mit de verwünschte Kaffee
bohn vertell. so gleuwen Se se mi ja
doch nich!"
Wl so denn?" fragte der Beamte.
verteiln Se man!"
Und da erzählte denn Hein Umland
die Geschichte von der Kaffeebohne, die
f,n in eine so schlimmen Verdacht ge
I. ...!'' 0
oracvl Halle,
Bei der Erzählung lachte der Assistent
still vor sich hin. Als der Alte geendet
hatte, sagte der Beamte:, Ja, min
lewe Umland, wenn't ok all'ns wohr
is. wat Se mi seggt hem, so kann ick
dat doch nich helpcn, de Kohlen mööt
rut, wi mööt dor op'n Grünn revidi
ren, de Verdacht is dor, un dat Gesetz
bestimmt dat!"
Ter Alte lieiz ergeben den Kopf hän
gen bei diesen Worten.
Als der Assistent sich entfernt hatte.
rief Umland feinem Sohne zu: ..Han
es. fett man de Klüten und Speck to
Füür, wie kämmt doch nich mehr mit
düffe Tide af. Oha, dat ward noch
een nette Arbeit. Söß Last Kohlen
dort ut de Eck von de Ladun. op'n
Ponton und denn wedder in't Fahrtüg
so schüffein bloots um een Kaffee
bohn! hol de Tüwel de ganze Schip
per. O! dü,ie Preißen!"
Starke Zurechtweisung.
Zur Zeit als der im Jahre 1880
verstorbene Baron Ricasoli Minister
Präsident m Italien war, sollte eines
Tages eine ganz besonders wichtige
Confcrenz unter Vorsitz des Königs
Victor Emanuel stattfinden. Alle Mi
nifter waren schon versammelt, nur der
König ließ auf sein Erscheinen noch
warten. Man erkundigte sich nach dem
Grunde seines Wegbleiben? und erfuhr,
daß er ausgeritten fei. Es verging
eine Viertelstunde nach der anderen,
man wurde ängstlich und befürchtete,
es sei dem König ein Unfall zugestoßen.
Endlich sprengt er in den Hof und tritt
kurz darauf in den Konferenz Saal.
Ricasoli beginnt mit seinem Vortrage.
Während desselben erzählt der König
dem neben ihm fitzenden JuftizMini
fter, er habe zu Pferde eine steile An-
höhe hmansprengen wollen, das Pferd
habe jedoch versagt.
er bade es immer
. . " tu.i f ... .
wieder angespornt hätte schließlich aber
vrlrir.'. uc .mrei.cn muen
Hierauf wendete sich Victor Emanuel
an Ricasoli. dessen Vortrag unter
brechend, mit der Frage: Was sagen
Sie dazu?"
Trocken erwiderte Rlcafou: Ich be
wundere den Verstand des Pferdes."
Zäh.
Hausirer: Ich habe hier ein Buch."
Herr: Bedaure. ich kann nicht
lesen."
Hauftrer: Aber Ihre Kinder."
Herr: Habe keine Kinder, habe
überhaupt nur eine Katze."
Haufner: Na, da brauchen Sie
doch etwas, was Sie der Katze nachwer
sen können."
Herr: Geben sie schon her. damit
ich Sie loS werde!"
k
(
-vi