Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 14, 1900, Image 9

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In dem von fcidilcn Irauerrctidca
und Spcckdäumen gebildeten Tickich'
da fub am Ufer deS lußilaflufuS bin
zieht, stand, mit einem Strick cn einem
der erstgenannten Bäume befestigt, ein
stiiieS, doch nicht unschönes Reilpsero.
Sattel und Zaumzeug wann schmuck
los, von einfachem gefärbtem Leder,
das von der Zeit und den Unbilden
der Witterung vielfach mitgenommen,
der Kaul selber aber sab sauber und
wohlgepflegt auS. augenscheinlich
wachte seine; Herrn Auge sorgsam über
ihm.
Bon jenseits deS FltifechenS lies, sich
,ekt ein Geräusch vernehmen. eS war
clS ob ein schwerer Körper in'S Wasser
gleite. . TaS Pferd spitzte aufmerliam
die Obren und liefe ein leiseS Wiehern
kören. Und fast eine Viertelstunde
später arbeitete sich mühsam mit Auf'
dietung aller Kräfte ein Mann an'S
User. Kr blieb, wie uberwältiat von
der Anstrengung am Ufer liegen, ein
Zug tiefen Schmerzes entsenene ,ein
Gesicht, schwer und stofzweise entfuhren
die Atbem,üae seiner breiten, aemölb
Ich Brust. Nach kurzer Ruhepause
raffle er sich auf. schüttelte daS Waffer
cuS den Kleidern und hinkte, schwer
auf fein Gewehr gestützt, in daS Ge
büsch. Der Gaul wieherte laut in Er
kennungSfreude.
.Hast brav Wache gehalten, Brau,
ncr," lobte der Mann mit tiefer Stimme
und klopfte schmeichelnd den HalS deZ
treuen Thieres.
Aber nun müssen wir fort. eS koste
was eS wolle.
Er schickte sich an aufzusteigen, ver
gebenS, er vermochte eS nicht! Ein zwei
ter Berfuch mißlang ebenso, verzweifelt
sank der Mavn zu Erde.
Eine tiefe Mutlosigkeit erfaßte den
Boeren, so war alle Mühe umsonst, die
schwere Wunde, die er sich im Dienste
seine? Volkes geholt?
Seiner Kleidung nach war er einer
der Transvaal.Boeren, der HauS und
Hof verlaffen hatte, um für das schwer
bedrängte Heimatbland zu kämpfen.
KlaS van der Gool hatte sich wacker ge
halten. Joubert. dem er befreundet
war. ersah ihn daher zu einem schwieri
gen Dienste auS. Van der Gool war.
wie wenige deS Landes kundig, kein
Schlupfwinkel ihm unbekannt, wer also
wäre besser im Stande gewesen, die
Lage deS Feindes auszuspähen, denn
er! Eben kehrte er von seinem gefahr
vollen Wege zurück mit guter Botschaft.
ES war ihm gelungen, den Plan der
Engländer zu erlauschen, wonach sie
für den nächsten Tag einen Ueberfall
beabsichtigten. Dem mußte der Gene
ral unbedingt zuvorkommen. Gelang
ihm dieZ. waren die Boeren zuerst zur
Stelle, so war ihr Sieg zweifellos.
KlaS van der Gool war glücklich dem
Bereich der Feinde entkommen, da traf
ihn noch zu guterletzt eine Kugel, die
in wachsamer Posten ihm nachgesandt.
Trog heftiger Schmerzen und starken
Blutverlustes gewann er noch das Ufer
deS Tugela. mit seiner letzten Kraft
schwamm er hindurch, doch nun ver
ließen ihn die Sinne. Rasch überwand
r die gefahrdrohende Schwäche und
machte den Versuch, sein treues Pferd
zu besteigen. Vergeben?. So sollte
r hilflos im Sande liegend, es über
sich ergehen laffen. daß der verhaßte
.Feind die Seinen überraschte und Kraft
seiner großen Uebermacht den Sieg
über sie erringen? DaS durfte nicht
sein! '
Eine Thräne rann über daS Gesicht
eS' Mannes, der seufzend seine Lage
bersann. Er war mittleren Alteis
mit offenem ehrlichem Gesicht, dem lan
gen Bart seiner Landsleute und dichtem,
-schlicht herabfallendemhaar. AuS seinen
bellen Augen leuchtete Energie und
Klugheit, nur mochten sie für gewöhn
lich nicht so hoffnungslos dreinschauen,
wie eben jetzt.
Die Wunde schmerzte den wackeren
Mann heftig. Er nahm die Leinen
binde. die nachlässig den Oberschenkel
umwand, ab. und zerschnitt mit seinem
Meffer die Fetzen deS Beinkleides, die
ihm um das Kniee hingen, dann legte
er ungeschickt vor Schmerzen stöhnend,
die Wunde bloß. Die sah böse aus,
so daß ihr Anblick selbst einen muthigen
Mann wie van der Gool erschrecken
mußte. Mit seinem Tuche, das er in'S
Wasser tauchte, kühlte er die stark ent
zündeten Ränder.
.Wenn mich hier Niemand sindet. bm
ich verloren murmelte er vor sich hin.
.Doch was liegt an mir! Wäre eS nicht
um Joubert. um die Anderen! Herr
Gott im Himmel hilf."
DaS kurze Gebet kam ihm aus dem
Herzen. Langsam umwickelte er seine
Wunde und sank dann in sich zusam
men. Die Sonne brannte hernieder,
ihre Strahlen trafen den wunden
Mann und schläferten ihn ein. Allmäh
lig zog der Abend herauf, ein Eulenruf
durchbrach die Stille. KlaS van der
Gool wachte auf. Ein zweites Mal
ließ sich der laut vernehmen.
ES wird mein Junge sein." sagte
er halb zweifelnd, halb erfreut und gab
den Ton zurück. Nach wenigen Minu
ten theilte sich daS Gebüsch und das
Gesicht ' eines stämmigen, etwa 14
Jahre alten Knaben lugte hindurch.
Mit einem Jubelruf stürzte er auf den
Vater zu.
.Daß Ihr nur noch lebt, daß wir
Zuch wiederhaben," stammelte er be
wegt.
Ml
Jahrgang 21.
KlaS van der Gool drückte d'n Kna
den an fein Herz.
Pitt, mein braver Pitt." sagte er
zärtlich. .Dich schickt der liebe Gott!
Ader wie kamst Tu auf den Einfall,
mich hier zu suchen, ist etwas vorge
fallen?"
Ter Junge schüttelte verneinend sei
nen Kopf. .Weil Ihr doch wieder zum
Lager eilen mußtet. Wenn auch nur
ganz von Weitem, hätten wir Euch doch
wenigstens sehen können und darum
stand seit gestern immer einer von unS
Posten. Ta Ihr ausbliebt, hab ich
das Ufer abgesucht.
Der Boer zog den Knaben zu sich
herab. Höre mich an, Pitt," sagteer,
ernst. .Tu bist ein großer Bub und
kannst die Noth des Lande? verfteh'n.
Darum will ich Dir jetzt einen Auftrag
geben, von dessen Ausführung vielleicht
daS Leben von vielen unserer Brüder
abhängt. Wirst Du den Muth haben
zum General'zu reiten."
Das hübsche Knabengestcht färbte sich
roth, eifrig nickte er Zustimmung.
.So nimm den Braunen." gebot der
Boer. der Weg ist Dir bekannt. Im
Lager läßt Du Dich gleich vor Joubert
führen, aber sofort, denn Eile thut
noth. Bis zu den Feinden brauchen
die Unsern sechs Stunden Zeit, bist Du
um elf Uhr dort, wird es nch machen
lassen. Eine Stunde zu spät und Alles
ist aus.
Ter Knabe hatte eifrig zugehört und
mit seinen Augen jede Bewegung des
VaterS verfolgt, der mit ungelenker
Hand ein grobes Briefpapier beschrieb,
daS er auS seinen Notizbuch genommen.
Jetzt richtete sich der Knabe hastig auf.
WaS wird aus Euch werden unter
dessen." fragte er besorgt.
.Das laß Dich weiter nicht küm-
mern," entgegnete der Boer ernn.
Wenn nur die unsern benachrichtigt
werden zur rechten Zeit. Steig auf."
Pitt zögerte. .Die Mutter wird Dich
in Sorge erwarten, darf ich den Um-
weg nehmen über die Farm?"
.Nichts darfst Tu." las van der
Gool sprach diese Worte seltsam ernst.
Gehorsam schwang der Knabe sich auf
den Braunen. Er zog die Zügel an,
da hielt der Vater ihn zurück. ..Ver
giß nicht Pitt, wenn wir unS nicht wie
versehen sollten, daß die Engländer die
einzigen Feinde jedes Boeren find, und
daß wir sie bekämpfen müssen, so lange
unsere Arme die Büchse halten."
Er lieb die Zügel loS, winkte mit der
Hand und faltett dann die Hände.
Gib ihm Gelingen, großer Gott und
uns den Sieg!" betete er.
DaS Wundfleder ergriff den schwer
Verwundeten und seine Sinne schwan
den.
Pitt beugte den, Oberkörper auf den
Hals seines PferdeS und schnalzte mit
der Zunge. Wie ein Wirbelwind flog
daS Thier dahin; das die lange Ruhe
im Gebüsch sowie daS fette Weidegras
gekräftigt hatten. Nach einem rasen
den Ritt von mehreren Meilen sah der
Knabe seitwärts vor sich, von stacheligem
Kaktus und grünenden Feldern, wo
eine Büffelheerde friedlich weidete, ein
gefaßt. daS Wohnhaus der elterlichen
Farm aufragen, sein falkenscharfes
Auge erkannte trotz der großen Ent
fernuna die einzigen Gestalten der Sei
nigen. die ihm zuzuwinken schienen. Er
konnte sich die Sorge der Butter vor
stellen, wenn diese ihn auf deS Vaters
Braunen erkannte, und einen Augen
blick war er versucht, dem Befehl des
selben unerachtet. hinüberzureiten. Allein
der Gedanke schwand schnell, wie er ge
kommen, im rasenden Fluge ging eS
weiter und weiter. Wieder waren einige
Stunden verflossen. Den' Knaben
nahm ein dichtes Gehölz auf, in dem er
mit seinem Braunen im sicheren ersteck
hintrabte. Doch nun war noch der Rest
deS WeaeS vor ihm. der über eine Gras-
ebene hinführte und für den kühnen
Reiter mannigfache Gesayren in nq
barg. Gehobenen Muthes ritt Pitt
aus dem schützenden Dickicht, er erschrak
heftig, denn in demselben Augenblick
tauchten mehrere englische Reiter vor
ihm auf. die wohl Patrouille ritten.
Im Nu sah sich der Boerenfohn entdeckt.
Die Kugeln pfiffen um seinen Kopf und
mit lautem Halloh jagte er dahin. Jetzt
erst war ihm die Bedeutung seiner Auf
gäbe klar, jetzt aber auch fühlte der
Knabe sich als Mann, lebendig würde
er seinen Feinden nicht in die Hände
fallen. TaS Blut todte ihm im Ge
Hirn, er ritt mit einer Behendigkeit, die
seine Verfolger in Erstaunen setzte. Von
einem halbwüchsigen Knaben sollten sie
sich foppen lassen! Nimmermehr. Immer
eiliger stoben sie hinter ihm her. der
Boerenfohn blieb unerreichbar.
Sein blondes Haar flatterte im
Abendwind, es schien als seien Roß und
Reiter nur eine einzige Person. Jetzt
näherte sich die wilde Jagd den Vor
Posten der Boeren. . Abermals pfiffen
die Kugeln. Mit einem Wehlaut sank
der Knabe zusammen. Für einen
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Beilage zum Nebrasla Staats-Anzeiger.
Augenblick, denn im nächsten schon fing
ihn der wachthabende Boer in feinen
Armen auf.
.Hallet die da," rief Pilt verzweifelt
aus. doch schon waren die Verfolger
verschwunden, als bade die Erde sie ver
schluckt. Um den Ohnmächligen mühten
sich die Wetterkarten Männer, sie kühl
ten sein Gesicht und untersuchten die
Schulterwunde.
.Ein wahres Kind noch, dieser
Bursche." sagte mißbilligend ein alter
Boer, .ob er den Seinen durchgebrannt
ist?"
Pitt schlug die blauen Augen auf.
Wo ist der General, wo ist Joubert?"
fragte er matt. ..ich muß ihn sehen."
Das wirft Tu Dir auf ein ander
Mal versparen müssen." lachte der
Alte, der General ist schon in seinem
Zelt!"
.Aber ich muß ihn sprechen, " beharrte
der Knabe, ich habe Botschaft für ihn
von Klas van der Gool."
Tie Männer wurden bleich. .So ist
er todt?"
Mein Vater lebt, doch ich mutz den
General sprechen, eS eilt."
Auf ihren Armen trugen sie den blas
sen. blutenden Knaben in daS Zelt deS
Generals. Ter hörte schweigend von
dem Unfall van der Gools und las daS
schreiben.
Wir brechen auf, zur Stunde," be
fahl er, das Weitere wird Euch mit
getheilt."
Eilig verlieben die Männer daS Zelt,
im Lager ward es lebendig.
WaS machen wir mit Dir. mein
wackerer Sohn," fragte Joubert den
Knaben, der unterdeb verbunden und
erfrischt mit heilen Augen um sich sah.
Wenn wir siegen, darfst Du Tir einen
Lohn ausbitten."
Da richtete der Knabe sich empor.
Herr," sagte er in ehrlicher Begeiste
rung. gewährt mir jetzt schon eine Bitte
und laßt mich mit Euch ziehen. Die
Wunde ist nur leicht, wie Euer Doktor
sagt, ich kenne Weg und Steg jenseits
des Tugela, vielleicht daß Ihr mich
brauchen könntet."
'.Und Dein Vater, die Mutter?"
fragte der General ihn ernst.
Die Mutter." Pitt schwieg einen
Moment: Wie hatte der Vater gemeint.
Die Engländer sind unsere einzigen
Feinde. Ich bitt' Euch. Herr, laßt
mich."
Gott segne Dich, mein Sohn," ent
gegnete Joubert ernst. Mit solchem
Nachwuchs muß Glück mit unseren Was
fen sein."
Der Ueberfall gelang vollständig und
am Abend des nächsten Tages waren die
Boeren Sieger. Eine große Zahl Eng
länder war gefallen, die Uebrigen ge
fangen. Aber auch die Sieger hatten
schwere Verluste gehabt. Das Auge deZ
Generals blickte feucht, als er die Häup
ter seiner Krieger zählte.
Die Nacht brach ein und Sternen
schimmer leuchtete denen, die auf dem
Kampfplatze nach den Verwundeten
suchten. Im dichtesten Gedränge fanden
sie einen jungen blonden Burschen, das
blutige Haupt fest in die Erde gepreßt.
Es war Pitt.
Er ist todt," sagte einer der Männer
dumpf.
Nein, er lebt." entgegnete der Arzt,
der sich niedergebeugt und die Brust des
Knaben behorcht hatte.
Klas van der Gools Sohn,",beftä
tigte ein Dritter, der Knabe, dem wir
den Sieg verdanken."
Man wandte alles an. um Pitt in's
Leben zurückzurufen, endlich schlug er
die Augen auf.
Wo bm ich?" fragte er verwirrt.
Dann, als er zu sich kam. brach er in
lautes Weinen auS.
Mein Vater, mein Vater, er wird
zu Grunde gehen, wenn ihn Niemand
findet."
Man legte den Knaben, der tödtllch
verletzt war. auf eine Bahre, vier junge
Boeren trugen ihn, da man ohne feine
Hilfe KlaS van der Gool nicht zu finde
fürchtete. Ein Arzt und Joubert selbst
schlössen sich dem Zuge an.
Früh am Morgen trafen sie nach
mühseliger Wanderung am Flusse ein.
le setzten die Bahre mit dem smla
senden Knaben an'S Ufer und suchten
einen der im Grase versteckten Kähne,
dann ruderten sie ihre Last hinüber.
AIS Erster theilte der General daS Ge
büsch, in welchem der wunde Mann sich
barg. Sein braunes Gesicht wurde
fahl, als er den treuen Waffenbruder
sah. Klas van der Gool lag- ohn
mächtig halb verschmachtet im UfergraS
und Todesschatten ruhte auf dem bär
tigen Gesicht, dasselbe wurde hell, als
er zu sich kommend, die Nahenden er
kannte. Tu bist S, Joubert. dann
haben wir gesiegt." sagte er matt, ich
fühle eS." ,
.Dank Dir und Deinem braven
Jungen, KlaS," erwiderte der General
warm.
Mit der Hand wehrte der Franke
dem Arzt, der herangetreten war und
sich über die Wunde beugen wollte.
Lnß das." sagte er fast rauh, .dafür
ist es zu spat geworden, wüßte ich nur.
waS aus meinem Pitt geworden ist."
Ta theilte sich zum zweiten Male das
Gebüsch. Von zwei Boeren getragen
schwankte die Gestalt beS SohneS auf
den Vater zu mit dem Ausruf:
Vater, mein guter Vater!"
.Mein armer Bube." tief der todt
kranke Mann entsetzt. ,
Nicht arm, Vater, denn ich habe
helfen dürfen mein Vaterland zu ret
ten. damit eS nicht in die Gewalt des
FeindeS kommt." Ter Boerenfohn
schloß todesmatt die blauen Augen
sterne. Vater," sagte txü noch einmal
stockend, grüße die Mutter, die Brüder
und sag ihnen, daß ich für unser Land
gestorben bm." Er öffnete die Augen
nicht mehr.
KlaS van der Gool aber wehrte den
Männern, die ihn aus seinen Armen
nehmen wollten. Laßt ihn mir." bat
er. und tragt unS Beide heim. Ich
will ihn seiner Mutter bringen, auf daß
ich ihr noch sagen kann, wie ihr Sohn
zum Sterben kam. Eilt Euch, mir
bleibt nicht lange Zeit."
Leb' wohl, mein alter Freund und
Waffenbruder," nahm nun der General
das; Wort. Auf Erden werden wir
zwei unS schwerlich wiedersehen, nimm
darum den Tank deS Volkes mit in die
Ewigkeit. Und wenn ich über kurz oder
lang Dir nachfolge, so hoffe ich. Tir
sagen zu können, daß das Beispiel die
ses da." er zeigte auf die Leiche des
BoerensohneS, uns gute Früchte ge
tragen. So lange wir noch solche Söhne
haben, werden die Engländer es uns
nicht entreißen können, unser geliebtes
Transvaal."
Eine Einladung.
örzählnng von Ludwig Habicht.
In Venedig, Flore; und Rom war
ich dem jungen, hübschen Ehepaär. das
sich jedenfalls auf der Hochzeits-Reise
befand, sehr oft begegnet, und, als ich
eines TageS am Meeresstrande von
Neapel umherschlenderte, tauchten wie
der diese glücklichen Menschen vor mir
auf. Sie mußten BHij lächeln über
den eigenthümlicheildund der
Herr lüftete unmiUV? ,Mrtanm
Gruß, den ich tzrmMrJdjk
nach Amalfi weiter und olrajrw
ganzen Winter in dem herrlich
nen Hotel Eappuccinl. Wie ich eine
Tages eben bei Tische sitze, kommt zu
meiner Verwunderung dasselbe Ehe
paar die breite Treppe herunter, die zu
der großen Halle des ehemaligen alten
Klosters führt, die zum Speisefaal ein-
gerichtet worden. Der Herr schien auch
überrascht und. sich mir nähernd, sagte
er: Nun muß ich mich Ihnen doch end
lich vorstellen, denn ein wunderlicher
Zufall hat uns so oft zusammengeführt,
und jetzt treffen wir uns hier bei unse-
rer Rückkehr aus Sicilien von Neuem.
Baron Hollenweck und Gemahlin
Seine ungewöhnlich schöne Frau zog
sich nach dem Essen, von der Reise er-
müdet. rasch zurück.
.Was soll man jetzt aber hier anfan-
gen?" fragte der Baron.
Ich schlug einen Spaziergang auf der
Terrasse vor und er nahm es mit Freu-
den an.
Das Meer lag wie eine riesige, matt
geschliffene blaue Schale vor uns; nur
m der Mitte dehnte sich em breiter,
lichter Streifen aus, und näher am
Ufer warf der bereits am Himmel
stehende Mond noch stärkere Strahlen
in die Fluth, so daß es schien, als spru
dele dort eine Lichtquelle hervor, die
sich dann weiter hinaus in das Meer
ergießen wollte. Boote glitten durch
die Fluth. lustige Musik tönte herüber.
Der Vollmondabend begann die ganze
Landschaft in seine dämmerigen, schlaf-
trunkenen Farben zu hüllen. Ja, das
ist märchenhaft schön und nur mit
Taormina zu vergleichen," sagte der
junge Mann, und nun begreife ich,
daß Sie es hier den ganzen Winter aus
gehalten haben." Ich hatte ihm meinen
Namen genannt und war erstaunt, daß
der Baron von meiner literarischen
Thätigkeit , eine Ahnung hatte. Ich
bin daran gar nicht gewöhnt. Ja,
ich habe damals ihren Roman Vor dem
Gewitter" in eine Königsberger Zeitung
gelesen, und er war mir nur, wenn ich
ehrlich fein soll, etwas zu satirisch. Da
Sie Schriftsteller sind, könnte ich Ihnen
auch eine kleine Geschichte erzählen, denn
ich habe meine Frau auf eine sehr fon
derbare Weise kennen gelernt," setzte er
in guter Laune hinzu.
ES blieb mir nichts Anderes übrig.
als den jungen Baron darum zu bitten,
der sogleich begann:
Vor zwei Jahren mußte ich eme.
Reise nach Lithauen machen. Es war
Winter, und der Schnee fiel unablässig:
No. 4.
plötzlich blieb der Zug stecken, wir
tonnten nicht weiter und hatten die
Aussicht, vielleicht die ganze Nacht hier
mitten im Schnee bleiben zu müssen.
Tas war nicht gerade angenehm; nur
der mir gegenüber sitzende Herr, der sich
bisher schweigend verhalten hatte, schien
unser Mißgeschick mit gutem Humor
hinnehmen zu wollen, er begann von
seinen Reiseabenteuern zu erzählen, die
bunt genug waren, denn der Herr mußte
schon em gut Stück Welt geiehen haben.
und so verplauderten wir die Nacht, die
sich sonst zu einer Ewigkeit ausgedehnt
hatte. Als sich dann endlich beim
Morgengrauen der Zug wieder in Be
wegung fetzte und ich mein Ziel beinahe
erreicht hatte, dankte ich ihm lebhaft für
die Art, wie er mir über die langweilt
gen Stunden hinweggeholfen, und er
entgegnete lächelnd: Ja, auf Reisen
verliere ich niemals die gute Laune; ich
mache einen Ausflug nach Petersburg
und es war mir sehr lieb, so lange eine
angenehme Reisegesellschaft zu haben!"
Ter fremde Herr gab mir seine Karte
und lud mich beim Abschied dringend
ein, ihn zu besuchen, wenn mich mein
Weg einmal in das Großherzogthum
Posen führen sollte. Es wird mich
sehr freuen. Sie wieder zu sehen." fügte
Graf Bogislav vorr Krasinsky verbind
lich hinzu: Sie wissen, wir Polen sind
gastfreundlich, und gerade ihr Besuch
wird mir außerordentlich angenehm
sein. Sie müssen dann mindestens acht
Tage bei mir bleiben. Versprechen Sie
mir das?" ' Und er schüttelte mir noch
keinmal herzlich die Hand. Im ver-
gangenen Sommer hatte ich wirklich
eine Reife in das Posen'fche zu machen;
nun erinnerte ich mich der freundlichen
Einladung des Grafen und beschloß ihr
jetzt zu folgen, da seine Besitzung von
zener Stadt, in der ich mich aufhalten
mußte, leicht zu erreichen war. DaS
alterthümliche Schloß des Grafen sah
sehr stattlich aus, und, da feit dem Zu
fammentreffen mit dem liebenswürdigen
Manne mehr als ein Jahr verflossen
war. übergab ich dem Diener, der mich
anmelden sollte, mit meiner Karte auch
diejenige, die ich von ihm erhalten
hatte, damit er sich meiner noch er
innern ' tonnte. Ich wurde in einen
groben Empfangssalon geführt, und
bald trat ein fremder, alter Herr in
Begleitung eines jungen, hochgewachse
nen Mädchens herein, der. etwas ver-
wundert nach meinem Begehr-n fragte.
vceme Verwunderung war noch größer.
der Herr, der vor mir stand, hatte
yUrninnem Reisegefährten nicht die
W. t - iwci . t. je. . i rv. f . ,1 r
AeHiMyieir. ,.cy muniqe
mnitfm farrimn Bogislav von
KrastiiMuchensagte ich be
troffen.
DaS bin ich'Mjg Ant-
worr.
Ich machte im vergangenen Winter
die Bekanntschaft eines Grafen Bogis
lav von Krasinsky, der mich mit großer
Liebenswürdigkeit einlud, ihn einmal
zu besuchen," mit diesen Worten be
mühte ich mich jetzt mein unbefugtes
Eindringen zu entschuldigen. Ver
zeihen Sie deshalb meinen Irrthum."
und ich wollte mich rasch zurückziehen.
Nun. bitte, bleiben Sie noch," bat
der alte Herr. Die Sache wird sich
leicht aufklären lassen, nicht wahr Bo
gislava?"
Diese nickte eifrig mit dem Kopfe und
sagte lächelnd: Erzählen Sie uns nur
von dem wunderlichen Doppelgänger
Papas, und wie Sie mit ihm zusam
mengetroffen find; aber nehmen Sie
Platz," fügte sie freundlich lächelnd
hinzu, und ich muß gestehen, ich war
chon von dem Benehmen und der aan
zen Erscheinung der jungen Gräfin so
bezaubert, daß ich gern ihrer Einla
dung Folge leistete. Ich schilderte nun
meine Begegnung mit dem Fremden
und leme Periönllchkelt ganz ausführ
lich, denn ich konnte bemerken, daß ich
recht aufmerksame Zuhörer hatte, und.
als ich meinen Bericht geschlossen, rief
sie mit heiterem Auflachen aus: Ach
der nichtsnutzige Bursche hat seine Rolle
gut gespielt. Q mußt Du das nicht auch
bekennen. Papa?" Damit wandte sie
sich zu ihrem Vater, dessen ernstes Ge
sicht sich ebenfalls zu einem Lächeln ver
zog. AIS die junge Gränn meine
Verlegenheit bemerkte., füate sie rasch
hinzu: Sie müssen mich schon ent
schuldigen, aber eS wird gewiß auch
Ihre Heiterkeit erregen, wenn wir
Ihnen über Ihren Reisebekannten Auf
schluß geben. Nicht wahr. Papa, es
ist gar kein Zweifel, daß wir eS hier
mit unserem Johann zu thun haben,
der ein großer Taugenichts war. und
den Du deshalb entlassen mußtest, weil
er alle möglichen Schwindeleiengemacht
und Dir zu guterletzt Deine Visiten
karten mitgenommen hat. um dann als
Graf ,durch die Welt weiter zu aben
teuern."
Meine Verleaenbeit war ni.tt e.trm
daß ich einen Bedienten für einen xa.
sen h:tte hallen können, war doch schr
beschämend,
Ter alte Herr mußte von meinem
Antlitz lesen, weitn mir vorging, denn
er sagte besjwichtigcnd: C, daS darf
-ic nicht weiter barmen. Der Bursche
besaß ein solches Auftreten und Beneh
men. daß er c".ch den größten Menschen
kciiner i:bcr seinen eigenen Stand zu
täuschen vermocht hätte."
TaS gab mir mein etwas er
schütterleS Selbstvertrauen zurück; ich
konnte zuletzt sogar in daS herzliche
Lachen der jungen Gräfin einstimmen
und wollte nun meinen Rückzug ontre
ten; aber davon war jetzt keine Rede.
Ich mußte zum Mittagessen bleiben
und wurde 'dann dringend und in der
liebenswürdigsten Weise aufgefordert,
so lange ihr Gast zu sein, als die Ein
ladung des Pseudo Grafe gelautet
hatte. Es bedürfte keiner großen Ueber
redungskilnst. denn ich hatte bald an
daS liebenswürdige, 'reizende Geschöpf
mein Herz verloren. Ich fühlte eS.
das war die Lebensgefährtin, wie ich sie
mir geträumt hatte, und. da ich müh
rend meines langen Aufenthaltes im
Schlosse gewahren konnte, daß ich ihr
auch nicht gleichgültig sei. so fanden
sich unsere Herzen rasch zusammen. Ich
warb schon nach einigen Tagen kühn
entschlossen um die Hand Bogtslaoa'S.
Ich wollte dem Grafen die Beweise bei
bringen, daß ich wirklich der künftige
Majoratshcrr einer großen Besitzung
und nicht etwa auch ein Abenteuerer sei;
aber er lehnte in seiner vornehmen
Weise AlleS ab. Nein, nein." sagte er
ruhig: Ich brauche von Ihnen keine
Tocumente, ich weiß, daß Sie ein
Ehrenmann sind, und daß ich Ihnen
unbedingt das Lebensglück meiner ein
zigen Tochter anvertrauen darf." Und
mein Schwiegervater soll sich nicht ge
täuscht haben, fuhr der Baron fort,
während seine ehrlichen klugen Augen
aufleuchteten. Durch den Scherz, den
sich der freche Patron mit seiner Einla
dung gemacht, bin ich zu meiner Herr
lichen Frau gekommen und unendlich
glücklich, denn müssen Sie nicht ge
stehen, fügte der junge Mann hinzu, daß
meine Frau eine ungewöhnliche Schön
heit ist und, was noch mehr gilt, sie
besitzt ein Herz von Gold."
Bom Hofbankier Kaiser Wil
helm'sl.
Der Tod des einstigen fonfhanlier
Kaiser Wilhelm's I., des GeheimrathS
Freiberrn von Eobn in Dessau mit
folgende Anekdoten in's Gedächtniß:
Ais iialicrin Augusta noch Prinzeß
von Preuben war. und aus einer R,is
während des WinterS nach Dessau kam.
ver,purie ne heftigen Frost und ver
langte auf der Station Dessau nach
einer Wärmflasche. Eine solck, mr
zwar im Salonwagen der Prinzessin
voryanven. nur fehlte eS an heißem
Wasser. Ter Reisemarschall eilte daher
mit einem Diener in den Wartesaal.
Doch hatte der Wirth gerade sein letztes
vxaet zum aneetochen verwandt und
mußte daher mit Bedauern erklären, er
habe keinen Tropfen mehr.
$ riet plötzlich ein am Büffet fte
hender kleiner Herr: .Was, Sie haben
kein beikcs Wasser?" SiinMif, arMi
er nach der vollen Kaffeekanne und gießt
lyren Jnyatt in die bereitstehende
Wärmflasche.
Allerdings saß nun der ganze mit
Gästen gefüllte Wartesaal, es war am
frühen Morgen, ohne Kaffee da. Der
Reisemarschall eilte mit seiner Reut,
davon, kehrte indeß bald wieder zurück.
um ncy lin Allerhöchsten Auftrage nach
dem Namen des Herrn zu erkundigen,
der die arokartiae ?idee aebabt KK.
Die Antwort lautete kurz: .Mein Name
ist Evyn. !Lleie Begebenheit dürfte
wobl dam beiaetraaen bas,in hnfcß'n'm
später der Privatschatullier des Kaisers
wuroe.
Daß Cohn auch geistig schlagfertig
war. beweist das bübfäe Mart d er
am 80. Geburtstage Kaiser Wilhelm'S
zu diesem sprach. Als des Kaisers
Bankier feinem alten Herrn gratulirte,
meinte der Kaiser: Na. lieber Kokn.
da wird nun wohl bald der Abschluß
kommen, mit yu Jahren werde ich nicht
mehr rechnen können." Daraus ertou
Heile Freiherr v. Cohn: Nicht doch.
Maie tät werden noch 10 b alt.
Die Deutschen geben ihren Kaiser nicht
unter Pari fort."
Meinte es nicht bös.
Die Bewohner eines GrenzstädtchenS
in Kanfas wurden durch die gleichzeitige
Ankunft zweier Menagerien überrascht,
deren eine unter Leitung Mr. Terrbleus,
die andere unter der Direktion seiner
Gattin Istand. von denen iede aus
eigene Rechnung reiste. Hier beschlos
sen sie jedoch, die Schaustellung zu ver
einigen, und Mr. Terrbleu annoncirte
daher:
Jnfolae der aam unerwarteten ?ln.
kunft meiner Frau hat sich meine
Sammlung reibender Tbicn meientlick
vervollständigt."
Gut abgerichtet.
Junger Mann: ..Lieschen, wie alt
ist Deine ältere Schwester?"
Kleines Mädchen: ..Ticke Ilraae wird
Ihnen Mama beantworten."
Der pantoffellzeld.
Frau (ihrem Mann nachrufend, her
in's Wirthshaus geht): Carl, den
Hausschlüssel!"
nreund: Nett von Deiner 5
daß sie Dich daran erinnert!"
Hausherr (verlegen): Ja. daß heißt
. . ich muhte ihn abgeben."