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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (May 31, 1900)
QWi Wiitwtn. 2Uit vsn B. R i I l k r. Teit drei TszkN Ür.d die Rzllzalou fikn der Villa am Thiergarten wieder bzchzezo.-en. ein Zeichen, da die Be s'.ßerin endlich zurückgekehrt ist. Kurz nach dem !od ihreS Wannet ist grau Rosa Hartmann nach dem -üben ge reift und hat da? garje Trauerjahr fern von Berlin verbracht. Weil sie nicht recht wußte wie sie eS in der be kannten Umgebung verleben sollte, wenn man keine Trauer fühlt und keine Luft, verspürt, welche zu heucheln! Und dazu am allerwenigsten hatte Frau Aosa Luft. Nicht, dab ihr Gatte ihr sonder lich im Weg gewesen bei Lebzeiten, dazu war er zu unbedeutend, zu gut muthig; nicht, daß sie gewünscht hätte, von ihm befreit zu sein die Freiheit hatte leinen besonderen Reiz für sie..aber um eine trauernde Wittwe vorstellen zu können, muß man doch wohl den Tod de Gatten als einen Verlust empnn. den. Seldft Frauen, die später kühl und fremd neben dem Gefährten herge gangen, besitzen doch vielleicht die Er innerung an ein vergangenes Liebe?, glück, und der Tod weckt diese Erinne rung und mit ihr die Trauer. Von alledem war bei Frau Rosa nichts vor Handen, und so hatte sie es vorgezogen, zu reisen und erst zu einer Zeit wieder zukehren, da Niemand mehr von ihr Süßere Zeichen der Trauer erwarten konnte, da eS eine Taktlosigkeit wäre, wenn die Bekannten noch auf das .schmerzliche- Ereignifj zurückgreifen Mrden. Dank gutgeschulter Dienst boten ist die Häuslichkeit, obgleich erst drei Tage seit der Rückkehr der Herrin vergangen sind, bereits in geregeltem Gang. Die-Flucht der Zimmer ist wohldurchwärmt, und im Boudoir der Hausfrau praffeln. die Gemüthlichkeit zu erhühen. mächtige Buchenscheite im Kamin, ein Luxus, der verräth, daß in diesem HauS nicht gespart zu werden ! aucht. Frau Rosa, noch immer fröstelnd !cr unter nordischem Himmel, hat i ien kleinen runden Tisch ganz nahe dem Seffel am Kamin geschoben und ätterte in den Zeitungen der letzten Zochen. die sie bei den rasch wechseln n Reisestationen sich nicht hat nach zicken lassen. ' Die Lokalnachrichten und die Rubrik AuS der Gesellschaft" erregen ihr be mderes Interesse. Sie blättert Seite auf Seite um. die leschehniffe der letzten Zeit überflie end. Ab und zu haftet ihr Blick auf en Familiennachrichten, und jetzt stößt e plötzlich einen Ruf des Erstaunens uö. und einen Blitz deS Triumphes chießen .ihre Augen auf die schwarz imränderte ,TodeSanzeige mit dem Wortlaut: Heute Nacht starb sanft lach längerem Leiden mein geliebter Nann. unser treuer Vater, der Musik ehrer Herr Wolfgang Bergner. markt Neraner. oeb. Wiedener. und Itinder. Frau Rosa Hartmann springt auf ind geht raschen Schrittes im Zimmer in und her. Endlich, endlich! Endlich at, sie eS nicht mehr nöthig, die j?!gendfreundin zu beneiden! Denn der st ja alles geraubt mit dem Gatten, die ft gebrochen, vernichtet innerlich, und ußerlich betrachtet ist von nun an !tzre Existenz eine jämmerliche. Ja, ndlich! Frau Rosa sinkt wieder in den Dessel, stützt den Kopf in die Hand und ftenlt zurück. Wie lange hat sie eigent lich die Gefährtin ihrer Kindheit schon geneidet. O, das geht weit, weit in die Vergangenheit, bis in die frühe Kindheit, als sie beide, die Rosa und die Marie, als Kinder einer Straße keiner vornehmen, sondern einer ganz obskuren im Norden aufwuchsen, als ' ni r y . r a .. TJ . i. - C -fte. durch AacyoarWaii uno yjciuuyn heit an einander gefesselt, täglich zu fammen zur Gemeindefchule wander ten. Da schon hatte die kluge, ge. wandte, hübsche Rosa stets die kleine, schüchterne, unscheinbare Marie benei det. Denn merkwürdig, die Marie war beliebt bei Jung und Alt. trotzdem sie nicht halb so klug, nicht halb so hübsch. , nicht halb so gewandt war wie Rosa. Ünd die Marie hatte stets die besten Zeugnisse, und sie war immer vergnügt irmd zufrieden. Das konnte Rosa schon damals nicht vertragen. I Am lächerlichsten war's aber doch, wenn die Marie so mitleidig von den armen Leuten" sprach, sie war doch Mhi arm enua. In Rosas Augen wenigstens, die sich, trotzdem ihre Eltern viel besser gestellt waren als Mariens, immer sehr denachtheiligt vorkam. Hatte eine Mitschülerin ein neues Kleid, und sie, die Rosa, war empört -darüber, weil sie sich ein solches ge - wüMt und nicht bekommen hatte, so ' lachte Marie: Mutter wendet mir mei ; neö gerade, das wird wie neu. und ich freue mich so, eS kostet keinen Heller. Die stete Zufriedenheit des veicyelvenen KindeS erregte RosaS Neid immer aufs ,, tausendmal nabm sie sich vor. gar nicht mehr mit diesem .dummen Ding" zu verkehren, aber die Gewöhn heit ließ kein Abbrechen zu. Uud dann war eS auch so bequem, eine Freundin zu haben, von der man unter immer neuen Vorwänden die richtige Lösung eineS Exempels abschreiben konnte, die nicht müde wurde, einem daS Gedicht zu überhören, und die dem glänzenden Geist mitunter beim Aufsatz aus der Klemme half. DaS alles that die Marie, die sich freilich ordentlich bei ihren Arbeiten Plagen mußte, während tS die Rosa nur so anflog", wenn sie i ) iikh urtjrtwucituunerij, 1 ttie ur :unt in vnt jn. nicht aber die hollandischen Bi'.nn." ' 1 aufgehalten hatte, verschaffte Der Soiiiifagspjl Jahrgang 21. überhaupt Luft zum arbeiten hatte. waS fast nie der Fall war. Und deS halb wurde ihr stets die Marie als Muster vorgestellt von den Eltern, den Lehrern und Lehrerinnen, und deshalb beneidete sie die Freundin. So war eS in der Schulzeit. Und später? Der Neid wuchs, trotzdem die Wege der beiden sehr weit auseinander gingen. Die Liebe kam zwar ziemlich zur gleichen Zeit über die jungen Mäd chen. Bei Marie war es die Liebe für'S Leben, die sie dem begabten, aber kör perlich zarten Musiker verband, der wenig Aussichten auf eine Carriere hatte. Rosa schenkte alleS. was sie an Her, überhaupt befaß, einem jungen Kollegen ihres Vaters, einem Postde amten. der. bildhübsch and munter, so wie sie eS liebte, ihr damals daS Glück auszumachen schien. Sie schwuren sich ewige Treue. Die Verlobung sollte nach dem Examen, welches der junge Mann erst noch zu bestehen hatte, veröffentlicht werden. Da lernte Rosa einen reichen älteren Herrn kennen, einen Rentier, der nie etwa? anders gewesen war als eben Rentier. Sie brach dem Geliebten die Treue um äußerer Vortheile willen; sie war sehr klug. Der gealterte beschränkte Mann war glücklich, eine so schöne,, ge wandte Frau zu bekommen. Und Rosa Hartmann genoß den' Triumph, eine reiche Frau zu sein, der Enge der beschränkten Verhältnisse für immer entrückt. ES beschwerte ihr Gewissen nicht, ein treueS Herz unheilbar der mundet zu haben. Die Verlobung war ja noch nicht öffentlich gewesen, und daß der junge Poftsekretür kurz nach bestandenem Examen am TyphuS starb, dafür konnte sie doch nichts. Sie mutzte im Gegentheil Gott danken, daß sie davor bewahrt geblieben war. als trauernde Braut oder als arme Wittwe zurückzubleiben. Mit der Marie kam sie natürlich als Frau Hartmann nicht mehr zusammen. Aber im tiefinnersten Herzen beneidete sie die Jugendfreundin immer noch, die eS .verstanden, ihr Herzensglück festzu halten. Einmal, kurz nach Mariens Hochzeit mit dem Musiklehrer, hatte sie sich daS Vergnügen emacht, ihr im eigenenCoupee einen Besuch abzustatten. Sie hatte so recht triumphiren wollen über die sentimentale Närrin, die im mer von der Liebe in der Hütte gefabelt hatte. Aber sie war zu keinem Triumphgefühl gekommen. Die Berg ners wobntcn in einem Vorort, in einem kleinen Haus mit einem Gärt chen davor, und mit ihren geringen Mitteln hatte die Marie es verstanden, der schlichten Einrichtung ein so ge müthlickes Gepräge zu geben, daß Frau Rosa neiderfüllt in ihr kaltes, elegan tes Heim zurückkehrte. Nie wieder hatte sie die Freundin aufgesucht. Aber zu fällig war sie nach ein paar, Jahren einmal an der Wohnung vorübergefah ren. und da hatte Marie im Gärtchen gestanden, rosig und frisch, nicht schön, nicht elegant, aber unendlich anmuthig, ein Kind im Arm, rin blondes Locken köpfchen, und hatte nach dem Gatten ausgeschaut, der eben des Weges kam. Und sie. Rosa, hatte sich abgewandt und hatte fast geweint vor Zorn und Neid. Marie hatte ein Kind, und sie sah so zufrieden aus. immer noch so glücklich! Und an den Fenstern hingen doch nur elende Zwirngardinen, und ein paar Nelkenstöcke standen an dem einen, wie bei armen Leuten! Und dennoch diese Zufriedenheit! Und sie bei ihr war aller Glanz zu finden, den Reichthum nur schaffen kann, die besten Kreise hatten sich ihrem Gatten geöffnet, dank der klugen Frau, und dennoch in ihr war alleS leer! Damals gestand sie sich's nicht so. sie wollte eS sich nicht gestehen, aber immer wieder in Augenblicken gänzlicher Un befriedigkeit kam iht das Bild vor die Augen, und der N,id blieb in ihr. den sie von jeher empfunden hatte. An all' daS denkt Frau Rosa jetzt zurück, dann greift sie nochmals nach dem Blatt mit der Todesanzeige, und ein förmlich befreiendes Gefühl kommt über sie. Nun endlich braucht sie nicht mehr neidisch zu sein auf das Glück" der Marie! Nun ist deren Leben der In halt genommen. Denn wie sie sie kennt den Verlust deS Gatten wird sie nie überwinden. Und außerdem noch sie hat zwei oder drei Kinder die sorgen schwere Existenz einer armen Wittwe! Nun wird's vorbei sein mit der Zufrie denheit. Nun wird sie jammern und klagen. Ach wie klug ist sie gewesen dagegen. Sie ist nun die reiche unab hängige Frau. An der Marie sieht man. wohin zuletzt das alleS führt: Liede, Zufriedenheit in der Befchrän kung, all' die Faselei! Nur wenig über dreißig ist die Marie nun alt und was hat sie vor sich: ein Leben voll Noth und Sorge. Eine arme Wittwe! Aber sie will nun endlich ihre Rache Beilage zum Nebraska Ztaats-Anzeiger. haben, die stolze Frau Rosa, sie will die Jugendfreundin sehen in ihrer Noth, und hm vielleicht sie ist ja nicht ohne Mitgefühl, vielleicht kann sie auch der Armen beistehen mit Rath und That. Nun sie sie nicht mehr zu benei den braucht! Am andern Nachmittag bereits rollt daS Eoupee der Frau Hartmann durch die Straßen, bis in den Vorort. Frei lich. ob sie noch dort wohnt. Die Verhältnisse Pflegen sich oft schnell zu ändern nach dem Tod des ManneS bei solchen Leuten". Nun. jedenfalls kann man hier erfahren, wo der jetzige Aufenthalt der Wittwe Berg ner zu suchen ist. Tort liegt daS kleine Haus, noch ge nau so friedlich, so friedlich wie frü her. Und die Zmirngardinen sind noch da und' ein paar Blumentöpfe. Von außen alles unverändert, aber innen, da giebt'S nur noch Noth und Jammer sicher! DaS Coupee hält. Frau Rosa steigt behend auS und betritt dann, nun doch etwas zögernd, . den Vorgarten. Die Leute gaffen. Die Erscheinung in der hocheleganten Halbtrauertoilette fällt auf. Nur an den Fenstern deS kleinen HaufeS ist Niemand zu sehen, nicht ein mal neugierige Kindergesichter. Frau Rosa überschreitet den Flur die Haus thür war nur angelehnt und klopft an die Thür zur Wohnstube. Die Lokalität ist ihr noch ganz bekannt, auch die Stimme die herein" ruft. Ein friedliches Bild empfängt die Ein tretende. Um den Tisch in der Mitte des ZimmerS sitzen drei Kinder, ein Knabe, zwei Mädchen, in dunklen Kleidern, und von einem Platz erhebt sich Marie. Ist das wirklich Marie? Diese ernste, blasse Frau mit den milden Zügen, vie jetzt der Besucherin die Hand reicht? Sieht so trostlose Verzweiflung aus? Ganz verwirrt stammelt Rosa: Meine herzliche Theilnahme." Rosa. Du. Du kommst zu mir. Du hast von meinem Verlust gehört? Und ich hab' Dir meine Theilnahme nicht ausgesprochen beim Tode Deines Gat ten. So ganz in den ersten Tagen wollt' ich nicht es schien mir unbe scheiden, und dann, als ich's versuchte, warft Du abgereist. Um so mehr muß ich Dir danken, daß Du kommst. Bitte, nimm Platz. Marie, Paul, Grethchen, kommt, sagt hübsch Guten Tag und dann geht in's Schlafzimmer." Die Kinder bieten der Fremden die Hand, dann flüstert die Aelteste: Aber Muttchen. der Kranz für Vater. . . . " Den macht Ihr nachher fertig jetzt geht. Die Kinder gehorchen. Auf dem Tisch liegt allerlei Grün. Fichtenzweige und Immergrün, Erlenzäpfchen und Epheuranken und ein halb vollendeter Kranz. Entschuldige, liebe Rosa, das Durch einander; wir waren beschäftigt, einen Kranz für meines Mannes Grab zu winden zum kommenden Sonntag. Das lassen sich die Kinder nicht nehmen. Und ich helfe ihnen so gern! Es ist ja Alles, was wir noch für ihn thun kön nen. O, Rosa," sie bricht nun in leises,-unaufhaltsames Schluchzen aus es ist so furchtbar schwer. Wenn man so eng verbunden gewesen ist! Ich will ja nicht murren, ich habe ja den besten Trost: Wenn man so unsagbar glücklich gewesen ist, wie ich. dann kann man nie ganz unglücklich werden." Sie schweigt eine Weile und fährt ruh! ger fort: Die Erinnerung an das, was gewesen, muß ausreichen, das ein same Leben mit ihrem Glanz zu er füllen. Und noch einen Trost hab' ich: Wir haben uns nichts zu Leide gethan, alles zu Liebe! Und wenn es mir nur gelingt, feine und meine Kinder zu guten, braven Menschen zu erziehen, dann will ich dankbar sein." Marie blickt mit innigem Ausdruck zu einer großen Photographie auf, die mit Immortellen bekränzt über dem Sopha hängt. Das ist er. Du kannst Dich wohl kaum seiner erinnern, aber das Bild ist sehr gut o, er steht im mer vor mir ich brauchte kein Bild! Und die Erinnerung, die läßt auch nie ganz unglücklich werden." Frau Rosa Hartmann hat ein Gefühl, als griffe eine kalte Hand nach ihrem Herzen. Da ist er wieder, der blasse Neid, der seit gestern ausgelöscht schien! Aber vielleicht giebt es doch noch etwas. Rasch stößt sie heraus: Und Deine äußere Lage. Marie? Kann ich Dir mit irgend etwas ?" Ich danke Dir. Rosa. Vor Noth sind wir geschützt. Das Häuschen ist mein freies Eigenthum. Ich habe mich sofort mit den Kindern ganz einge schränkt im Raum und habe oben an zwei Herren vermiethet. Ich arbeite auch, und da ich mich auf die Anferti gung von Kindergarderobe verstehe, so finde ich schon lohnende Beschäftigung. Mein Mann hatte sich in eine Leben's Versicherung eingekauft, von der ich nach siuu:tn 1 ' o' Vu,u" VI rl tiniiiiuft i 3ui0 -n. immn e'in- i vj)tTfCTin0ItU (Ut uuimuu utiiui.ncii. i nur- sich s?!- Krisis. T: ultraconsersative Partei seroe von $130,000,000 nicht ein. I 53. Cook, der Vorsitzer es! befei. seinem Tode zehntausend Mark erhielt. Bei sehr bescheidenen Ansprüchen wer den wir durchkommen. Und eS ist nur gut. daß ich tüchtig zu sorgen habe. Sonst würde mich der Schmerz viel leicht überwältigen. Die Trauer, die wird immer in mir bleiben, die möcht' ich ja auch gar nicht missen, aber die Sorge um daS Heute und Morgen läßt mich nicht darin versinken. Ich danke Dir nochmals Rosa, eS ist gut von Dir. daß Du gekommen bist auS alier Freundschaft." Frau Rosa Hartmann erröthet; das ist ihr lange nicht passirt. Tann macht sie noch ein paar Redensarten und bricht auf. Sie bittet die Jugend freundin nicht, ihr den Besuch zurückzu geben. TaZ Coupee rollt wieder durch die Straßen. Die reiche Wittwe fährt zu rück zu ihrem öden Heim, in dem keine goldene Erinnerung an seliges Liebes glück, keine wohlthätige Trauer, keine Sorgen wohnen! Die Kartenlegerin. Humoreske von MarHirschfeld. Frau Babel hatte, seitdem sie Wittwe geworden war, schon auf die verschie denste Art versucht, sich und ihre vier Würmer durch'S Leben zu schlagen. Sie war Masseurin, Gemüsefrau, Ge würzkrämerin und Vermietherin ge Wesen, und als es mit dem letzten Ge werbe nicht so recht gehen wollte, machte sie sich auf den Weg zur weisen Frau", um von dieser einen Rath zu erbitten. Die weise Frau schlug ihre Karten auf, prophezeite der erstaunten Frau Babel, daß sie im Laufe des Jahres einen schö nen und reichen jungen Mann heirathen werde, und berechnete diese erfreuliche Weissagung zu dem überraschend billi gen Preise von zwei Mark. Frau Babel ging heim und hungerte mit ihren Sprößlingen daS ganze Jahr hindurch in steter Erwartung deS Wun derbaren", und als dieses nie eintraf, kam sie auf dtfl gescheidten Gedanken, für den Preis von zwei Mark pro Per fon ebenfalls schöne und reiche Bräu tigams zu prophezeien. Und schon nach einjähriger Ausübung desselben war ihre Familie, sie selbst eingeschlossen, dick, fett und rund. Eines Tages ließ sich der Fleischer meister Bulicke bei Frau Babel melden. Sie empfing ihn, die Karten in der Hand, mit vielverheißendem Lächeln. Bitte, setzen Sie sich, mein Herr, meine Karten lügen niemals, und ich werde Ihnen sogleich " Nee. dadrum handelt es sich nicht." erwiderte der ehrsame Meister, das mit die Karten ist ja recht schön, aber mir geht es ganz gut, etwas Glückliches brauche ich also nicht, und das Unglück liche " Möchten Sie nicht gern hören. Sehr verständig, mein Herr. Aber ich könnte Ihnen vielleicht in Betreff Ihrer übrigen Familie " Stimmt!" unterbrach sie Bulicke. Ich komme nämlich wegen meiner Frau. Vor einiger Zeit kamen zwei Freier zu uns, und meine Frau schwankte, wen sie nehmen sollte." Die Freier kamen natürlich meiner Tochter wegen. Was nun mein Liese ken ist so heißt nämlich meine Tochter die möchte gern den Provisor Möller beirathen, einen forschen, schlanken Menschen, noch dazu Sohn eines guten Freundes von mir. Was aber meine Frau ist, die hat sich in den Kopf ge setzt, unser Lieseken soll den Rendant Klein heirathen, weil der nämlich die Moneten hat und meiner Frau zu schmeicheln versteht. Der Rendant ist ein kleiner, häßlicher Kerl, und meine Tochter und ich, wir nennen ihn unter unö nicht anders als, den Kleinen". Meine Frau ist allerdings immer wü thend, wenn wir ihn so nennen. Wir haben meiner Frau so lange zugefetzt, bis sie schwankend geworden ist, und da hat sie sich zuletzt vorgenommen, zu Ihnen zu gehen, Frau Babel, und Sie sollen ihr aus den Karten sagen, wel cher von den Beiden der Richtige ist. Nun möchte ich Sie doch recht schön bit ten. zu sagen, der Professor wäre der Richtige." .Mein Herr," entgegnete Frau Babel mit gekränkter Miene, ich bin meinen Kunden gegenüber ganz unparteiisch, ich deute nur aus, was in den Karten steht, und " In diesem Augenblicke legte Herr Bulicke ein Zehnmarkstück auf den Tisch. dahingegen. " fuhr sie sanfter fort, bin ich keine Spielverderberin nicht, und Sie werden mit mir zufrieden sein, mein Herr. Wie sieht denn Ihre Frau Gemahlin aus?" Ein bischen dicklich, ungefähr wie Sie, Frau Babel, nnd ein schönes, ro thes Gesicht hat sie." Wenige Stunden nach dem Besuch No. 2. deS JleischermeisterS erschien bereits eine Tame. welche nach der Beschreibung wohl Frau Bulicke sein konnte, in der That aber die Bicrdrauerswittwe Krause war. Was diese herführte, war die Sorge um die Zuluft ihres sechs Monate alten Knaben, oder vielmehr der Wunsch, daß aus ihm einmal ein berühmter Mann werden sollte, dessen Verdienste einst den Namen Krause vor der Welt im ftrahlensten Lichte erscheinen lasten sollte. ' Ich komme meines Kindes wegen" begann Frau Krause. Ich weiß schon, ich weiß schon Al les." fiel die Wahrsagerin ein, die na türlich Frau Bulicke vor sich zu haben glaubte. Frau Krause war über den prophe tischen Geist der Kartenlegerin erstaunt und entzückt. Jetzt war sie sicher, vor die rechte Schmiede gekommen zu sein. Allerdings wegen deS Kleinen, lächelte sie. Würden Sie mir etwas über feine Zukunft mittheilen können?" Mit größtem Vergnügen," rief Frau Babel und begann sogleich ihre Karten aufzuschlagen. Sehen Sie, daS ist er der Herzkönig aber was muß ich sehen ach, ach " Er wird also nicht berühmt wer den?" Der und berühmt werden? DaS schlagen Sie sich nur aus dem Kopf, gnädige Frau!" Aber eS sind doch alle Anzeichen vorhanden?" ' Ich will Sie nicht kränken, werthe Frau." fiel Frau Babel wehmüthig ein, 'aber ich kann nur sagen, was ich vor mir sehe. Der Herzkönig ist von lauter schwarzen Karten umgeben. Sie werden selbst zugeben, daß dies ein schlechtes Zeichen ist. Wenn ich Ihnen einen Rath geben soll, sorgen Sie da für, daß der Kleine aus dem Hause kommt. Es wird für Sie am besten sein, wenn Sie ihn niemals wieder sehen." Nicht für eine Million würde ich das thun," rief die Brauerswittme ent rüstet. Jetzt ist er gerade an die Fla sche gewöhnt. " Da haben wir es ja, verehrte Frau, er ist ein Trinker und ein Spieler,, das steht ja auch deutlich in den Karten. Ueberhaput möcht ich Ihnen rathen, über fein Vorleben Erkundigungen ein zuziehen." Was? Was reden Sie da? O, da werden schöne Geschichten an's Tageslicht kommen, rief Frau Babel, die nun einmal , in Eifer ge rathen war. Sie werden dann auch von einer gewissen weiblichen Person erfahren, die immer um ihn ist" Meenen Sie vielleicht die Amme?" Nun ja. Sie wissen es also auch schon und noch dazu eine Amme! Denken Sie sich diese Schande! Ein ge bildeter Mensch sollte sich doch nicht mit einer Amme einlassen!" Jetzt wurde der Brauerswittwe die 'Situation unheimlich. Die Frau war offenbar geistesgestört. Andererseits fiel ihr dabei auch ein Stein vom Herzen, dann brauchte sie also auch auf die düsteren Prophezeiungen nichts zu geben. Inzwischen fuhr Frau Babel fort: Folgen Sie meinem Rath! Bei der nächsten Gelegenheit werfen Sie den Kleinen vor die Thüre." Ja. ja," sagte die Frau Krause be gütigend. ' Und dann nehmen Sie den anderen, den auch Ihr Fräulein Tochter haben ttill.t Tochter? Ich habe gar keine Toch ter." Keine Tochter?" fragte die Karten legerin verwirrt, aber Ihr Herr Ge mahl meinte doch " Mein Mann ist vor acht Monaten gestorben." Dann sind Sie am Ende auch nicht die Frau Fleischermeister Bulicke?" Das habe ich auch nicht behauptet." Durch weiteres Fragen wurde Frau Babel endlich aufgeklärt, und es gelang ihr nach erneutem Kartenlegen, die Brauerswittwe durch Prophezeien einer glänzenden Zukunft für ihren Spröß ling zu versöhnen, wie sie auch bei späte rem Erscheinen der Frau Fleischer meister Bulicke diese so zu beeinflussen wußte, daß sie die Einwilligung zur Heirath ihrer Tochter mit dem geliebten Provisor gab. Königin Wilhelmine von Holland alS inderfreundin. Man schreibt auS Amsterdam: Die junge holländische Königin ist nicht nur ein Mädchen von hohem Liebreiz und von entzückender Anmuth in ihrem Wesen, sondern sie hat auch ein warmes Gemüth und fühlt tief für alle Nothlei denden und Unglücklichen. Gerade diese schöne Seite ihres Charakters bat ihr die Sympathien der Holländer in so hohem Maße verschafft, und die hin und wieder in die CeffenUHlcit düngende Mittheilungen aus drin Privatleben der jungen Herrscherin kirren diese herzliche Zuneigung dos VnltcZ nur verstärken. Der folgende hndsche Vor aang. der sich in dem unmittelbar am Haag gelegenen Haazsche Bosch" ad spielte, lect ein deredicS Zeugniß da für ad. Ein Herr, der auf einer der Lanke etwas ausruhte, sah plötzlich zwei junge Temen, von einem Lakaien gefolgt, in angeregtem Gespräche de? Weges kommen. Schon erhob er sich ehrerbietig, um die Damen, die er so sort erkannte, zu grüßen, als diese seit wärts einen Waldweg einschlugen. Tort war gerade ein sonderbares Pär chen erschienen, nämlich zwei weinende Kinderchen, ein Knabe und ein Mäd chen. Tie spärlichen, zerrissenen Klei der konnten die armen Dinger nicht vor der noch recht empfindlichen Kälte schützen, und Hunger und Elend spiegel ten sich nur zu deutlich in den jungen Eesichtchen wieder. Es war ein Paar jener bedauernswerthen Geschöpfe, deren die Großstadt so viele birgt. Kaum hatte die jüngere der Damen die rührende Gruppe bemerkt, als sie auf die Kleinen zutrat und das Mädchen freundlich fragte: Warum weint Ihr denn so. Kinderchen?" Ach, eS ist fo kalt, und wir haben solchen Hunger," schluchzte das Mädchen, und der kleine Junge heulte noch erbärmlicher. So, aber weshalb bleibt Ihr denn nicht bei der Mutter daheim, anstatt so allein in dem Wald herumzulaufen?" meinte die junge Tame. Der Knabe sieht sie der dutzt an, dann sagte er langsam: Mutter ist schon ein Jahr todt und Vater kommt beinahe nie zu Hause, ich und Grete liefen sonst mit der Mar motte in die Stadt, aber die ist gestern gestorben, und Vater sagt, wir sollten nur im Bosch betteln gehen." Die Damen haben das ergreifende Stückchen sozialen Elends, von Kindermund er zählt, mit steigendem Interesse ange hört. Die jüngste sagte einige Worte zu ihrer Begleiterin, die wieder dem respektvoll wartenden Lakaien einen Be fehl ertheilt. Mit einigen herzlichen, tröstenden Worten nahmen sie dann von den Kleinen Abschied und verfolg ten ihren Weg weiter. Ter Lakai nahm die Kinder an der Hand und brachte sie zu der in der Nähe haltenden Equipage, die die erstaunten Kinder in raschem Tempo zur Stadt beförderte. Tag Ende der Geschichte war, daß die be dauernswerthen kleinen Verwaisten am andern Tage in der großen Anstalt für verwahrloste Kinder untergebracht wur den, auf allerhöchsten Befehl," denn ihr guter Engel war keine Andere ge Wesen, als die Königin Wilhelmine von Holland. Smith. Unter der Ueberschrift Der alte Name Smith" sucht Prof. Mahaffy im Athenäum" nachzuweisen) daß der heute in England so häufige Name schon bei den alten Aegyptern' zu finden ist. Unter den noch unveröffentlichten Merkwürdigkeiten der Petrie-Papyri be findet sich auch eine Liste der Namen von Leuten, die mit der Herstellung des Biers, das ein Lieblingsgetränk der alten Aegypter war. in irgend einem Zusammenhang stehen. Viele dieser Namen sind nun so seltsam und den anderen griechischen oder ägyptischen Nanien ganz unähnlich, daß sie der muthlich nur als Abkürzung des vollen Namens, oder vielleicht ies Vater namens, aufzufassen sind. Einer dieser Namen nun," schreibt Professor Mahaffy, erscheint regelmäßig in der selben Form und kann nicht weiter er klärt werden. Es ist der Name Smith. Wir haben niemals eine ähnliche Be nennung vorher gefunden, und es ist sicher für die vielen würdigen Träger dieses Namens nicht uninteressant zu erfahren, daß im 20. Jahr des dritten Ptolemäers, 227 v. Chr., ein Mann lebte, der unter dein Namen Smith" bekannt war und der Bier braute und es verkaufte. Giebt es einen .anderen englischen Namen, dessen Alter sich mit diesem vergleichen ließe? Humor im Gerichtssaale. Ein Bezirksrichter auf dem Lande in Deutschland ließ den Warteraum der Parteien stets sehr stark beizen. Dies hatte zur Folge, daß viele, welche es nicht so lange in dem überheizten Raume aushalten konnten, sich lieber ausglichen, um sich entfernen zu kön nen. Einmal waren schon Alle fort bis ans einen einzigen Mann, der mit allen Zeichen des Behagens fitzen blieb. Ist Ihnen denn hier nicht zu heiß?" fragte ihn erstaunt der Richter. O nein," entgegnete der Gefragte, mich genirt die Hitz' gar nicht, ich bin Diener m ein Dampfbad!" öelbstempfehlung. Graf: Ehe ich Sie in meinen Dienst nehme noch eine Frage: Können Sie schweigen?" Diener: O, auf mich können Sie sich verlassen! Ich sag' nichts und wenn Herr Graf täglich einen Raubmord be gehen! S2in Grobian. Nichte: Betheilige Dich doch auch an der Unterhaltung. Onkel; man hält Dich sonst für einen Griesgram, einen Leimsieder!" Onkel: Ich wollt', ich wär' ein Leimsieder, dann wär' Euer Eepappcl schnell zu Ende."