Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 31, 1900, Image 12

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    Prun's öclüb.
Nach
dem !ra: iö'Vdxn von
B k r t ' H a h n.
Juli
1.
Jetzt ist lik Vcihe an r.tr., Sapi
tan! "
Jeder voil un4 hatte eine kleine Oie
schichte erzählt, eine LiedkSgeschichte,
oder eine Geschichte, welche einmal in
unser Leben eingegriffen und uns in
Erinnerung geblieben war. einent
feklicher Regen hatte unser Jagdvev
gnügen gestört. TaZ Gemitter, welches
uns überraschte, als wir schon ziemlich
weit vom Schlosse entfernt waren, hatte
uns vollständig durchnützt und uns ge
munaen. in das orstoaus zu nuqien
um unS ein wenig in dem großen.
niedriaen Saale am Kamin, in dem
ein belleS. flackerndes Feuer brannte,
zu trocknen. Wir hatten unsere Pfeifen
angezündet, und um die Stunden, die
der Regen vorausftchtllch dauern wurde,
auszufüllen, erzählten wir Ge chichten
Wir waren fünf Herren, der Förster
mitgerechnet, und seine tunge Frau
die ihr Kind auf den Knien schaukelte
Pierre Ravail, der aus der GaScogne
stammte, hatte uns eme sehr amüsante,
kleine Geschichte, die ihm in Toulouse
passirt war. erzählt. Jean de MoleneS
hatte eine echte Pariser Mekdote. deren
Helden wir persönlich kannten, zum
Besten gegeben; mein Bruder Louis ein
hochromantlscheS. aufregendes )Ktxt
abenteuer aus Cuba.
Jetzt war die Reihe an dem Kapitän
zur See. Rivoire. Der Offizier klopfte
seine Pfeife aus. stopfte sie von Neuem
und begann.
Ich will Ihnen die Geschichte eines
meiner Matro en. der vor Kurzem in
einem Kampfe in China getödtet wurde.
und der sie mir eineS Abends, kurze
Zeit bevor ihn tote chinesische Kugel
traf, mittheilte, erzählen.
Er hatte Nachtdienst auf dem Schiff;
es war eine herrliche Nacht, wie man
sie nur unter asiatischem Himmel sieht.
und wunderbarer Mondenschein. Ich
hatte ihn gefragt, ob er verheirathet
wäre. Er hatte mit der Antwort ein
wenig aezöaert. Dann sagte er mir:
Ich bin eS nicht mehr, oder doch,
ich bin verheirathet. aber ich liebe meine
Frau nicht." Er hatte daß mit solch'
schmerzlichem Ausdruck gesagt, daß ich
ihn bat, mir seine Geschichte unzuver
trauen, und er erzählte sie mir.
- In den Cotes du Nord, ganz, ganz
oben, m Port Treveu sie len
nen gewiß daS kleine Dörfchen am
Strande, das so viele Fischer ernährt!
lebte ein mnges Mädchen mit Namen
Vvonne, in die ich sterblich verliebt
war. Sie war 20 Jahre alt, hatte
schönes, braunes Haar, groß, von
dunklen Wimpern beschattete Augen,
eine schlanke, entzückende Taille und
einen etwas schleppenden Gang. Dabei
hatte sie ein Herz wie Gold und war die
idealste, beste Frau, die man sich denken
konnte. Ich kannte sie seit meiner
Kindheit, ich betete sie an und sie liebte
mich auch von ganzem Herzen. Damals
war ich Fischer auf der Marie Anne",
einem hübschen, schmucken Schiff, und
verdiente viel Geld. Wir hatten uns
verlobt, Z)vonne und ich, aber wir woll
ten mit dem Heirathen warten, bis ich
Zweiter" auf dem Schiff geworden
war, und das konnte nicht mehr lange
dauern. Unser Leben floß ruhig und
glücklich, ohne Kummer und Sorge,
dabin, denn wir liebten uns und hatten
Beide genug zum Leben; ich lebte bei
meiner Mutter und Dornte bei ihren
Eltern. Jedesmal, wenn ich auf den
Fischfang zog, sagte meine Vvonne mir
leise: Geh', fahre ruhig fort! Ich bete
für Dich!" Eines Tages. eS ist schon
lgnge her, kam die Marie Anne" von
einer weiten Fahrt an der englischen
Küste, die ganze acht Tage gedauert
hatte, zurück. Der Fischfang war sehr
einträglich gewesen, und wir machten
das Schiff segklfertig, um in den Hafen
einzulaufen; ich wußte, daß meine
Braut am Strande sein würde, um
mich zu erwarten, wie sie es immer
that, und ich brannte vor Ungeduld, sie
wiederzusehen. Da erhob sich plötzlich
ein starker Wpid ein häßlicher Oft
wind, der die Wellen wüthend zu
peitschen anfing. Die Marie Anne"
tanzte wie eine arme, kleine Nußschale!
Das dauerte fünf Stunden, fünf schreck
liche Stunden, den rettenden Hafen in
Sicht! Man mußte uns auch vom
Strande aus sehen können, das war ge
wiß. Ich hatte keine Angst, aber ich
sagte mir. daß Vvonne wahrscheinlich
Zeugin von unserem Kampfe sein
würde, und ich dachte an ihre Herzens
angst, wenn sie das große, weiße Segel
der Marie Anne", welches sie aus
allen Schiffen erkennen konnte, in Ge
fahr, jeden Augenblick von dem rasen
den Meer verschlungen zu werden, sehen
würde.
Nach fünfstündigem Kampfe und
schrecklicher Qual kam am Ende eine
haushohe Welle mit aller Kraft daher,
warf sich auf daS Schiff und riß es mit
in die Tiefe. Von den zehn Matrosen,
die auf der Marie Anne" waren,
wurde ich allein gerettet. Wie durch
eine göttliche Vorsehung wurde ich.
nachdem ich eine Stunde mit dem Meer
um mein Leben gekämpft hatte, durch
ein Boot, welches inuthig zu unserer
Hülfe herbeigekommen war, an'S Land
gebracht.
Ohne Zweifel hatte Voonne'S Gebet
mich bewahrt. Ich fand sie bei meiner
Ankunft haldtodt vor Unruhe und Auf-,
Kj"n;; die arme Kleine war jnj der
entert und schien wie um Jahre gealtert
Durch den großen schrecken, dn sie p,e
UM hatte. Sie Hatte rnp oven au
der kleinen Anhöbe, von der man weit
hinaus auf'S Meer sehen konnte, er
wartet, und den U;en, langen Todes
tamvk der .Mane Anne' mit ange
seben. ch beruhigte sie. ich schmeichelte,
Kch tröstete, so viel ich konnte, fte blieb
immer gleich verändert, geruv'.l. tfa
drei Wochen gebrauchte sie. um wieder
die Alte zu werden. Was aver oas
Schrecklichste von Allem war. sie blieb
mir gegenüber verändert. Ich hätte es
nie für möglich gehalten, daß so etwas
pasfiren konnte denn eS war für mich
schrecklicher als Sturm und Krankheit
Noonne'S Liebe zu mir war nicht
mehr dieselbe; ich fühlte, daß sie mich
nicht mehr so wie früher liebte,
Warum? Ich wußte eS nicht! Ich konnte
eS nicht verstehen! ES schien mir unmög
lich. Joonne war kalt, und wenn ich
von unserer Verbindung sprach, so
hatte sie etwas Unfreundliches, Nervöses
an sich und schüttelte wie im Zweifel
den Kopf. Ich sagte es ihren Eltern
die gute, brave Menschen waren; sie
schienen ebenso unglücklich über daS Be
nehmen ihrer Tochter zu fein, wie ich
und konnten den plötzlichen Wechsel in
lbren Emvnndunaen auch Nicht Der
stehen.
EineS TageS erbte ich durch den Tod
meines VetterS unerwartet eine kleine
umme. die mich in den Stand fetzte.
sogleich zu beiratden. Trotz meiner
Angst ging ich ein letztes Mal zu
Yvonne, die ich fast nie mehr sah, um
mit ihr über unsere Zukunft zu sprechen.
Sie hörte mich scheinbar ruhig an, dann
sagte sie langsam, kalt die Worte, die
ich immer hören werde: Ich liebe Dich
nicht mehr!." Ich war wie verrückt, ich
ging fort, ohne zu wissen wohin, und
entfloh für immer aus die em Hause.
Ich wollte die Frau, die mich behext
hatte, um mich nachher aus Laune von
sich zu stoßen, nicht wiedersehen. Es
schien, als wäre meine große Liebe zu
hr plötzlich geschwunden, und ich be
niühte mich, nicht mehr daran zu dew
ken! Es dauerte jedoch lange, ehe ich
vergessen hatte, so lange, wie ich nie
geglaubt hätte; solche Wunden heilen
chlecht. Ich konnte versuchen, mich zu
zerstreuen, mich durch körperliche Arbeit
zu tödten, weiter wie je auf's Meer zu
gehen, die Erinnerung an meine Braut
blieb mir immer. Nach und nach
heilte die Wunde jedoch. Ävonne hatte
das Dorf verlassen und war mit ihren
Eltern in die nächste Stadt gezogen
eine Stadt, in die ich nicht um alles
Geld der Welt gegangen wäre. Zuerst
hatte es mir das Herz tast abgedrückt.
wenn ich ihr altes Häuschen, alle die
kleinen Orte und Lieblingsplätze, wo
wir zusammen, gewesen, wiedersah
Dann dachte ich nicht mehr daran. Der
eewind weht: Alles fort, fegte weg,
was von meiner Liebe zurückgeblieben
war. und alS meine alte Mutter aus
Kummer über mein Unglück, welches sie
sich so zu Herzen genommen hatt'', starb.
da konnte ich ihr als Trost sagen:
Stirb in Ruhe. Mutter. Dein Sohn
leidet nicht mehr!"
3.
Im darauf, folgenden Jahre lernte
ich eine junge Arbeiterin, die vor Kur
zem nach Port-Treveu gekommen war,
kennen. Sie war hübsch, eine große.
chlanke Blondine mit lachenden Augen.
Ich machte ihr ein wenig den Hof. Ich
war nicht häßlich, besaß etwas Geld,
und im Frühling heiratheten wir uns.
Sobald ich jedoch verheirathet war.
ühlte ich mich nicht glücklich. Es fehlte
mir etwas! Ich fühlte eine Leere, eine
große Leere in mir. Die gute Laune
meiner Frau, die Mühe, die ich mir
gab. es half alles nicht. Es ist außer
gewöhnlich, daß solche Sachen geschehen,
aber eines Tages bemerkte ich zu mei
nem Schreck, daß meine alte Liebe wie
der Besitz von mir ergriff. Ich wußte
nicht einmal, wo Z)vonne geblieben.
was aus ihr geworden war! Ich haßte
sie, die mir so viel Thränen gekostet
hatte. Und dennoch dachte ich stunden-
lang an sie, besonders wenn nieine
Frau bei mir war. Es war entsetzlich
Wenn laz in die viauen Augen meiner
Frau sah. glaubte ich die großen Augen
der Anderen zu sehen, und die Sehn
sucht nach dieser Anderen erfaßte mich,
und der Wunsch, sie wiederzusehen,
gleich jetzt aus dem Hause zu laufen,
um zu ihr zu eilen, ließ mich nicht
ruhen.
Baio war oas eoen zu au e eme
Hölle für mich. Meine Frau bemerkte
meine Zerstreutheit, meine Nervosität,
und da sie kokett und eigenwillig war
und sah, daß ich ihr nicht mehr den
Hof machte, bekümmerte sie sich nicht
mehr um mich. Als ich eines Abends
auf dem Wege, der zu den Klippen
führt, nach Hause zurückging, kam mir
eine alte Frau entgegen. Im ersten
Augenblick war ich erschreckt, aber doch
erfreut,- als ich Yvonne's Mutter er
kannte. Sie war auch sehr verändert
und alt geworden! Was wollte sie von
mir?
Ich bin gekommen," sagte die alte
Frau, um Dir mitzutheilen, daß
Bvonne todt ist. und um mit Dir von
ihr zu sprechen." Todt! TieS Wort gab
mir einen Stich in's Herz und erweckte
von Neuem meine Leiden, die einae
chlummert waren . . . . Todt! Sie die
ich so sehr geliebt hatte, meine Braut,
die mir Jahre lang gut gewesen war!
Todt, ohne sie wiedergesehen zu haben,
und ich würde sie nie miedersehen!
Beruhige Dich." sagte die Mutter.
sie ist todt, aber sie wünschte es lange.
Das arme Kind war nicht glücklich au
Erden." Ich sah sie mit thräaenvollen
Augen fragend an. trotz memes Kum
merZ, meines Herzeleids über diese
Nachricht wollte ich wissen, warum sie
den Wunsch, zu sterben, gehabt hatte,
Erinnerst Tu Dich des AdendS. wo
die MarieAnne" fünf Stunden gegen
den Sturm kämpfte, um dennoch mit
Mann und Maus unterzugehen ?" fragte
mich die arme Frau. Du würdest
höchstwahrscheinlich mit verunglückt
sem. wenn Jvonne nicht gewesen wäre,
sie hatte den Todeskampf der Marie
Anae" mit angesehen und von ganzem
Herzen für Dich zu Gott gebetet. Doch
ihr Gebet schien nicht zu helfen gar
nicht! denn der Sturm wüthete
ohne Unterbrechung weiter. Nach vier
Stunden der größten Herzensangst war
sie entmuthlgt zu beten
Plötzlich kam ihr der Gedanke. Gott
etwas zu versprechen, em Gelübde zu
thun, wie die Schifferfrauen es oft
thun, um ihre Männer zu retten! Sie
bot Gott alles an. sie hatte alles fu
Dich dahingegeben, sogar ihren Antheil
an Glück hier auf der Erde!"
Arme Ävonne!"
Ja. arme Z)vonne!.... aber höre
daS Ende. Die MarieAnne" wurde
von den Fluthen in die Tiefe gerissen
das Meer wollte von Avonne noch, ein
größeres Versprechen .... Da , that
Yvonne das Gelübde, sich selbst, ihre
Liebe zu opfern, um Dich zu retten!
War es das Gelübde, war es Be
ftimmung? Eine Stunde später brachte
man Dich glücklich an s Ufer!"
Und dann?"
, Dann hat sie das Wort gehalten, so
schwer es ihr auch geworden ist. Diese
Gelübde binden uns Frauen für immer
sie sind heilig! Und Vvonne hat das
ihrige in jeder Hinsicht gehalten."
Und es lft ihr gelungen, mich nicht
mehr zu lieben?.. .."
Nein, aber Dich glauben zu machen.
daß ihre Liebe für Dich gestorben wäre.
Jetzt ist sie todt; sie ist wohl daran, bete
für sie!"
Wie wahnsinnig lief ich fort. Nach
Hause wagte ich nicht zurückzukehren, ich
verachtete mich. Ich ging in die Stadt,
in der Vvonne gelebt hatte. Ich hätte
ihre Eltern wiedersehen, von ihr spre
chen mögen, aber ich wußte nicht, wo sie
wohnten. Auf dem Kirchhof fand ich
nichts als ein Grab, an dem ich lange,
lange betete.
Wag aus meiner Frau geworden ist.
weiß ich nicht, ich habe sie nie wiederge
seyen. Ich lieg Mich gleich damals von
der Kriegsmarine anwerben, und that
den Schwur, mich auch tödten zu
lassen!
4.
Der Matrose schmieg. Zwei dicke
Thränen liefen über die gebräunten
Wangen m den Bart, und dann fragte
er mich, ob er nicht Recht habe.
Morgen kommt eS zum Kampf.'
antwortete ich. Er wurde darin ge
tobtet.
5-v
....Der Kapitän hatte mit dem Er
zählen aufgehört. Draußen war es
dunkel geworde.i. Auch das Feuer im
Kamin war erloschen, und nur die
Pfeifen erhellten für Augenblicke die
Gesichter der Anwesenden, die alle ernst
und still geworden waren
Die heimlichen Fahrer.
(Humoreske von M a r W u n d i k e.)
In Herrn Fröhlichs jungem Ehe
leben gab eS Augenblicke, in denen er sich
die ttrage vorlegte, ob er sein angebete
tes Jutchen Nicht doch zu theuer erkauft
hätte. Das war schlecht von ihm: aber
zu feiner Ehre müssen wir auch bekun
den. daß diese Augenblicke höchst selten
vorkamen wer hat nicht solche schwache
Momente! nämlich jede Woche zwet
mal, Mittwoch und Sonnabend Nach
mittags um sechs Uhr. wenn er trüb:
ellg sein Vollblut Stahlroß wieder in
den stall eines benachbarten Freundes
führte und bei diesem aus dem feschen
Uiifldeu und Radelkostüm rn die prosai
sche Tracht eineS ganz gewöhnlichen
Philisters schlüpfte. Da war ihm dann
meist so zu Muthe, und dann kamen
ihm solche abscheuliche Gedanken. Er
hatte nämlich thatsächlich feine junge
Frau mit einem furchtbar großen Opfer
erlauft: Tat dem feierlichen Ver pre
chen. diese alberne Radieret" das
waren ihre eigenen Worte aufzugeben.
Sie hatte ihm nur die Wahl gelassen
zwischen dem Rade und ihrer Hand.
s war bitter; aber Herr Fröhlich
liebte sein Julchen blindlings, und so
wählte er selbstverständlich ihre Hand,
ohne indeß das Radeln bleiben zu las-
en. Anfangs freilich mußte er ja o
thun..zumal Julchen vor Eifer gegen das
Rad förmlich überfloß und ihm kurzer
Hand erklärt hatte, daß sie in dem
Augenblicke geschiedene Leute seien, in
dem sie den Vertragsbrüchigen Gatten
einmal auf dem Rade erwischen würde.
Späterhin aber hatte er s doch nicht
mehr aushalten können; er hatte sein
Cleveland" bei einem Freunde um
die Ecke einöliartirt, seine Sweaters,
Pumphosen und was sonst noch zum
feschen Radler gehört, ebenfalls dort
niedergelegt, und fröhnte nun alle
Mittwoch und Sonnabend Nachmittag
zwischen drei unp sechs Uhr. wenn Jul
chen in ihren hauswirthschaftlichen
Kaffeeklud" ging, heimlich seinem ver
botenem Laster. Aber das Herz klopfte
hm jedesmal sichtbar, wenn er mit
scheinheiliger Gelassenheit zu den heimi
schen Penaten zurückkehrte. Wehe,
wenn Julchen einmal etwas merkte,
wenn der schöne Wahn entzwei riß.
in den sein heuchlerisches Gelübde sie
bisher gewiegt! Gcroiß wären dabei
noch ganz andere Dinge entzweize
rissen.
Und heute stieg Herr Fröhlich mit
einem Herzen die Treppen zu seiner ehe
lichen Wohnung empor, das nun schon
ganz und gar ä la baisse zu fpckuli
ren schien. Es war ihm nämlich etwa?
passtrt. was ihm bis dato noch nie Pas
sirt war. - Er hatte Jemand umgera
delt. Und eine Dame noch dazu!
Gott fei Tank, eS war alles ohne
schlimme Folgen abgegangen, denn eS
war im Park draußen; aber die Sache
konnte für ihn doch noch ein recht fata
les Nachspiel haben! Zwar hatte er sich
mit einer Fikigteit aus dem Staube ge
macht, die ihm eine Stelle als Cham
pion unter den Fliegern gewährleistet
hätte schmachvoll genug! Aber die
Angst, entdeckt zu werden, daß wo mög
lich die ganze Geschichte noch feinem
Julchen zu Ohren kam. hatte jede edlere
Regung in ihm erstickt.
Julchen war Gott fei Tank noch nicht
zu Haufe; aber als sie kam, wollte es
seinem bösen Gewissen scheinen, als sei
sie in einer unheildrohenden Stimmung,
Und es war auch so.
Da sieht man'S wieder!" begann sie
nach imposanter Stille vor dem Sturm,
da sieht man's! Tiefe miserable Ra
delei!"
Dem gestrengen Eheherrn stockte der
Athem.
WaS haft Du denn. Julchen?"
WaS ich habe? Ueberradelt haben
sie mich! Mich, deine Frau! Hörst du,
Fröhlich? Man hat Deine Frau über
radelt!"
Fröhlich war blaß geworden bis in
die Ohrläppchen hinein, nur durfte
man im Zweifel sein, ob aus Angst um
seine theure Ehehälfte oder auS Furcht,
fein heimliches Fahren aufgedeckt zu
sehen, und ebenso zwkifelhaft war der
Sinn seines stotternd-stöhnenden Aus
rufs:
Um Gottes willen, da? ist ja schreck
lich!"
Das fiel der Frau Fröhlich jetzt auch
erst auf die Seele, wie schrecklich es
war; sie brach deshalb in Thränen aus
und rief:
Fröhlich, du wirst deiner Frau Ge
nugthuung verschaffen!"
Ja. mein Herze!"
Du wirst gegen den abscheulichen
Menschen Strafantrag stellen!"
Fröhlich zitterte wie Espenlaub.
Ja, Herz.... aber.... hast....
du denn . . . . hast du denn
den.... Radler.... erkannt?" ,
,-Das ist eS ja eben! Der Kerl jagte
davon, als wäre der Gott eibeiuns in
seine Pedale gefahren."
Fröhlich athmete aus und warf sich
in die Brust.
DaS soll er büßen! Jawohl, wir
werden ihn schon belangen!"
ES wird ja nicht schwer werden.
hn zu finden. Er war kurz vorher in
einer Villa und da stand sein Fahrrad
vor der Thüre und Kindermädchen und
Frauen haben es genau angesehen und
kennen seine Fabrikmarke "
Oh weh." stöhnte Fröhlich im Stil:
len; jetzt kommt's!"
Ja! Es trug die Marke Geölter
Blitz. Fabrik Flitzhausen. Nr.77,777"."
,Um Gotteswillen, det Jeschäft is
richtig! Meine Nummer!" murmelte
der heimliche Sünder mit erbleichenden
Lippen.
Was sagst du da. Fröhlich?"
O nichts! Es ist gut so! Man muß
sich das notiren!" sagte er scheinheilig.
zog sein Notizbuch hervor und matte
einige Krähenfüße hinein. Er hätte
momentan thatsächlich nicht besser schrei
ben können, so aufgeregt war er.
Aber Fröhlich, das kannst du doch
im Leben nicht lesen!".
In diesem Augenblick wurde heftig
an der Klingel gennen. Von Angst ge
trieben fprang Fröhlich auf und kehrte
bald mit einem großen schreiben zu
rück, auf dem in vertrauenerweckendem
Blau eine riesige amtliche Siegelmarke
prangte.
An Frau Julien Fröhlich, geb.
Neumann! Was ist denn das?"
An mich? Himmel!" jetzt war
die Reihe des Erbleichens an ihr
Gib her! An mich?"
Ich als dein Eheherr gestatte!
Was hast du denn mit der Polizei zu
thun?"
Er riß das Schreiben auf und las
Frau Julie Fröhlich, wohnhaft
Paradiesgasse 13, pafjirte am 2. Dezem
der dieses Jahres, Nachmittags um
halb sechs Uhr, die Hauptstraße auf
dem Zmeirade, welches trotz absoluter
Dunkelheit keine Laterne trug. Zeuge
Schußmann Spürer. sie haben des-
halb eine Polizeistrafe von drei Mark
zu entrichten, an deren Stelle im Nicht
beitreibungsfalle eine eintägige Haft
tritt."
Herr Fröhlich starrte seine Frau
grojz an.
DaS mutz wohl em Irrthum lern,"
sagte er dann kopfschüttelnd. Er meinte
es wirklich so. Frau Fröhlich, die bis
dahin den Eindruck einer völlig Ge
knickten gemacht, fuhr blitzschnell empor.
Em Irrthum! Ganz recht! fein
Irrthum! Da hat Jemand meinen
Namen...."
Reg dich nicht auf. Kind!" be-
schwichtigte er sie. Das wollen wir
schon kriegen! Wir beantragen richter
liche Entscheidung, nicht wahr?"
Richterliche Ent cheidung . . . ja . . .
erwiderte sie mechanisch. Ach, Karl,
wie gut du bist!" Und sie wurde ganz
ausnehmend zärtlich, daß Herr Fröh
lich gar nicht wußte, wie ihm geschah.
Er schwebte in allen Himmeln. Im
Laufe des Abends kam Frau Julchen
noch einmal auf d!r Affaire zurück und
sagte:
Weißt du? Mit dem nicht hat
man nichts als Unannehmlichkeiten!
Ich glaube, eö ist das Beste, wir be
zahlen die drei Mark und sind dann
die Geschichte loö. nicht wahr?"
Ja aber "
Ich verzichte dann auch meinerseits
auf den Slrafantrag gegen t)en Ee
ölten Blitz", gelt?"
Beide sahen einander an. Tann
fingen sie an. aus vollem Halse zu
lachen'. Sie hatten sich verstanden. Voni
nun an ging Julchen nicht mehr in
den Kaffeeklud, sondern radelte mit
ihrem Gatten einträchtizlich zwischen
drei und sechs Uhr spazieren!
Steter Sonnenschein.
Ein Weib soll wie der Sonnenschein
Am hellen Frühlingsmorgen sein,
Soll in deS HaufeS düstern Ecken
DaS Morgenroth der Freude wecken.
Und dort, wo finft're Sorgenfalten,
Mit zarter Hand sie umgestalten.
Ein Weib soll wie der Sonnenschein
Am heißen Sommermittag sein,
Soll in den angestrebten Dingen
Die Frucht nun auch zur Reife bringen;
Nicht ruhen früh, nicht rasten spat,
Nur solcher Fleiß zieht auf die Saat.
Ein Weib soll wie der Sonnenschein -
Am warmen Herbstnachmittag sein.
Soll, wie der Sonne sanfte Gluth
Den Traubensaft macht rein und gut
Mit mildem, liebevollem Walten
DeS Hauses Frieden rein erhalten.
Ein Weib soll wie der Sonnenschein
Am stillen Winterabend sein;
So wie der Sonne später Strahl
Den Acker wärmt, der längst schon kahl.
So soll auch sie tm Abendschein
DeS alten Mannes Sonne sein.
Bielliebchen", ei lithauische
Wort. ,
Der Direktor deS Weimarer Goethe
Archivs, Dr. Bernhard Suphan, hat
Paul Heyse zu dessen siebzigstem e
burtstag ein Ilteransches Festgeschen
gewidmet ein Büchlein unter dem
Titel Allerlei Zierliches von der alten
Excellenz", worin er Erinnerungen an
Goethe zusammengefaßt hat. An einer
Stelle vergleicht nun Dr. Suphan die
Gesammtausgabe der Werke Goethe'S
mit einer reichbesctzten Tafel, auf der
eS auch an edlen Weinen und köstlichem
Nachtisch nicht fehlt. Und um daS Bild
weiter auszuführen, schreibt der gelehrte
Goethe-Archlvar: Zu dem edlen Wein
sollen wir etwas von den lustigen Früch
ten genießen. El, Trauben? El, Dat
teln? Ei, Mandeln? heißt es in Ost
Preußen bei traulichem Anbieten. Wir
greifen zu den letzteren, und siehe, die
erste gleich ist ein Filibchen ein Pär
chen heißt das, denn das freundliche,
gesellige Wort (die kleine Belehrung sei
verstattet) ist uns über Ostpreußen zu
gekommen, aus Lithauen; dort heißen
Filibas" die Pärchen, die zwei Hasel
nnßkerne in einem Gehäuse."
Unsere Formalitäten.
Bureau-Chef (zum Kanzlisten): Die
sen Brief an das Präsidium müssen
Sie noch einmal schreiben! Sie haben
ihn nur mit ergedenft" unterzeichne
daS klingt zu h'ochmüthig!"
Abkühlung.
Er (schwärmerisch): Ach, Fräulein
Tini. wenn Sie wüßten, wie ich Sie
liebe!
Sie (kühl): ..Das wäre schade!"
Er: Wieso?"
Sie: Weil es mich dann nicht mehr
lnteressiren würde!"
Modern.
Er: Anna, ich kann's Dir nicht
mehr länger verbergen: Wir sind total
zu Grunde gerichtet zehntausend Mark
bleiben mir von Allem!" -
Sie: So! Nun, da können wir
gerade noch auf vier Wochen in s See
bad reisen!"
Doppelter Schmerz
Amtmann: Na Jochen, wie geht's
denn Eure? Frau?"
Jochen: Ach. Herr Amtmann, die
is hüt Nacht jestorwe. (Er beginnt zu
schluchzen.)
Amtmann: Nun, dann müßt Ihr
Euch fassen und den Schmerz zu
ertragen suchen." -
Jochen: Jo, aber da unangenehme
is, sie hätt mir nich gejagt, wo sie ihr
jespartes Jeld vergrowe hätt!"
Boshaf:.
Dichter (der auch gleichzeitig
etwas
meine
musizirt): Ob ich den Gästen
Gedichte vorlese?"
Hausherr (gutmüthig): Viein, da
spielen Sie schon lieber ein wenig
Klavier!"
wirklich Pech.
Donnerwetter, so ein Pech! Jetzt
stehle ich zum ersten Male, ohne er
wischt zu werden, em paar Stiefel, und
nun sind es zwei linke.
Die höhere Tochter auf dem lande.
Backfisch (in der Sommerfrische
Schweinen beim Fressen zuschauend):
Der Geschmack vieler Thiere liegt doch
noch völlig in den Windeln!"
rtxfchiuppt
Onkel (zum ftudirenden Neffen):
Hast Du denn noch die goldene Uhr.
die ich Dir schenkte?"
Ncne: Gewiß, lieber Onkel! Ich
kann Dir'S schwarz auf weiß zeigen!"
Geuvhnkotsxdrase.
Sie (beim Abschied): Wirft Tu mir
auch treu bleiben. Max?"
Er (Geschäftsreisender): Ja. wenn
ich Zcil hab'!"
Naiv.
Der kleine Rudi: Papa, was ift
das. ein Autodidakt?"
Vater: Einer, der sein eigener
Lehrer ift!"
Der kleine Rudi: Muß sich der denn
auch selber prügeln?"
Noch unbestimmt.
Ich habe gehört. Sie hätten
verlobt, darf man gratuliren?"
sich
Weiß noch nicht. Vcrmögensverhäll
niffe sind mir noch unbekannt."
Renommage.
Leutnant A: Ihr Logis wurde
Ihnen gekündigt!?"
Leutnant B: Na. weil janze Zim
merdecke ruinirt worden ist durch
Sektpfropfen!"
Leinn Unterschied.
..Hör' mal. Freund, ist's wirklich
wahr, daß Tu Dir das Raucksen ab.
gewöhnt hast? Man munkelt, daß
Deine junge Frau "
Na. natürlich! Wollen mich wohl
zum Pantoffelhelden stempeln? Uebri
genS keine Spur vom Abgewöhnen!
Hab' mir blos das Nichtrauchen an
gewöhnt!"
Das war er nicht.
War mein Freund Süffel da?"
Ein Herr Student war hier,
weiß aber nicht, ob er Süffel heißt;
ich
er
nani jem Bier, bezahlte und ging."
Bezahlte! Nein, das war mein
Freund Süffel nicht!"
Auf der Straße.
Grüß Gott, wie geht's Ihnen, Herr
Säger?"
Danke, sehr gut!"
Und der Frau Gemahlin?"
Ist nicht mehr meine Gemahlin,
wir sind geschieden."
So. so. dann geht's ihr ja auch
recht gut. das ist erfreulich."
D'rauf geholfen.
Hofmeister: Wollen mir Durch
laucht eine besondere Eigenschaft des
Wolfes nennen?"
Prinz: Er ....ah.
Hofmeister: Ganz richtig er
ähnelt dem Hunde!"
Der kleine Praktikus.
Lehrer (in der Rechenstunde): Eine
Frau kauft auf dem Washingtoner
Markte Eier, und zwar 5 Stück zu je 6
Cents, 10 Stück für je 8 Cents, 3
Stück zu je 9 Cents und 15 Stück zu je
10 Cents. Müller, sag' mir nun. wie.
viel hat die Frau Eier und wieviel
Geld hat sie dafür ausgegeben?"
Äiüller (Sohn eines Händlers):
Sie hat viel zu wenig Stück Eier und
hat viel zu viel Geld dafür ausgegeben.
denn sie hat sehr theuer eingekauft."
Durchschaut.
Sie (die Suppe auf den Tisch brin
gend): Ich weiß nicht. Karl, was daS
heute war ich hab' den ganzen Vor.
mittag an Dich denken müssen!"
Er: iga! Olga! Soll daS vel
leicht im vornhinein eine Entschuld!
gung sein, daß Du heute die Suppe
versalzen hast?!"
Fataler Druckfehler.
Ich beabsichtige meine Villa nebft
Park und Landwirthschaft zu ver(s)au.
sen. und lade ich Reflektanten. Freunde
und Nachbarn hierzu freundlichst ein."
. Frei nach Schiller.
Schauspieler (als Kassirer an der
Kasse eines SommerTheaters, als er
einen Schauluttlgen kommen siebtt:
Durch diese hohle Kasse muß er kom
inen.
Gerächt.
Herr (zu einem früheren Gläubiger,
dem er ein Fahrrad in Zahlung ae.
geben hat): Nun, wie geht's mit dem
Radfahren?"
Ich habe leider beide Arme dabei
gebrochen!"
Sehen Sie, das kommt davon, weil
Sie mich so gedrängt haben!"
Die neue öchin.
.DaS muß ich Ihnen gleich sagen.
Kathi: Liebhaber -und Fremdwörter
duldet mein Mann nicht."
Doch etwas.
Vater der Braut: Equipage können
Sie meiner Tochter nicht halten?"
Bewerber (kleinlaut): Nein, aber
einen Schaukel tuyl hab' ich!"
Mädchens Klage.
Alte Jungfer: .. ..Mit der Rad.
lerci ist's jetzt wiiklich ein rechtes Kreuz!
Fällt man einmal in's Wasser, so
ommt jo ein Radler. zieht einem her
aus und schwups ist er weg!"
Abkühlung,
Dichterling: Ungezählte Lieder
chlummern noch in meiner Brust."
Kritiker: La,jen Sie sie schlafen."