Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, May 10, 1900, Image 10

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    n
Der N?egweiser.
rjöhlllng ou Zeros. SPoit ?. ?. Warnn.
1.
.Ihr werdet mir zugestehen, daß ein
Mann, dessen vermögen man vertan
lirt bat. nicht bereit lft. einem fern
Tochter zur Frau zu geben."
.'Zuaestanden.' erklärte ich.
.Ihr werdet ferner zugestehen, daß
ich mit dem 3tS)W hineingefallen oin.
baleicd ich die besten Aussichten hatte.
Hier in NordtcxaS Zoften zweijährige.
schlachtreife Och en zwölf TollarS da
Stück. In Cincinnati bekomme ich
lwanna TollarS. das heißt, ich be
komme gegenwärtig schon in TallaS
dieses Geld von den Abnehmern in (5in
, rinnati. weil däS TezaSneber oder, wie
wir in Teutschland sagen würden, die
. Lungenseuche die Viehbestände dezimirt
bat. Ich bätte also nach Abzug der
TranSvortkosten biS DallaS rund stebew
tausend Dollars verdient, wenn nicht
dieser schändliche Konkurrent Frank
Skinaer wäre."
.Zugestanden." sagte ich. .aber reden
nützt nichts. ES muß Rath geschafft
werden."
Freund Rist, mit dem ich diese
Unterredung im Hotel Jackson m Tal
las im Staate TexaS hatte, sah mich
' wie geistesabwesend an. Es muß
Rath geschafft werden das sage ich
selbst! Aber wie?"
Ja. daS ist es eben. Es genügt
nicht, daß man nach Amerika kommt
und glaubt, hier daS Gold von der
Straße auflesen zu dürfen. Man muß
auch sein bißchen Verstand anstren-
- gen."
.Ach. laßt doch den Unsinn! Ich
weiß sehr wohl, daß ich Euch die gleiche
Rede vor ungefähr vier Wochen gehql
, ten habe. Ich finde es aber in diesem
Moment übel angebracht von Euch,
daß Ihr mir meine eignen Worte vor
haltet."
Dann trank Freund Rister hastig
einen Schluck ans seinem Bierglase und
sah ärgerlich an mir vorbei nach der
nächsten Wand. Er hatte ein merk
würdiges Leben hinter sich. Vor fünf
Jahren war er noch deutscher Artillerie
offizier gewesen und jetzt war er texani
scher Viehhändler. Die Stadt Dallas
hatte damals es war im Jahre 1880
ungefähr zwölftaufend Einwohner
und zeichnete sich besonders durch den
Viehhandel aus. Ein großer Theil
von Texas besteht aus welligem Hügel
- land, auf welchem ungeheure Rinder
heerden vortrefflich gedeihen. Von Tal
las fand seit Jahren ein starker Export
von lebendem Vich nach New Orleans,
Cincinnati. St. Louis und selbst nach
Chicago statt. .Das Monopol für den
Handel in Dallas hatte sich ein gewisser
Krank Ringer angeeignet, der natür
lich nicht geneigt war, es sich ohne
Kampf aus der Hand nehmen zu lassen
und jetzt eben meinem Freunde Rister
einen argen Strich durch die Rechnung
gemacht hatte.
Ich bereiste Texas damals zum
Zwecke der Beschreibung; denn dieses
kolossale Gebiet, das größer ist als das
, deutsche Reich, war im Jahre 188 noch
wenig erschlossen. Eine große Land
esellschaft hatte mich engagirt, um eine
Beschreibung, daS heißt eine möglichst
günstige und verlockende, des Landes
zu liefern. Als ich nach Dallas kam,
traf ick dort unvermuthet zwei Jugend-
bekanrte. Der erste war der ehemalige
, Artillerieofnz?er Rlster; von dem ande
' ren werde ich bald reden. Rister war,
was ick aar nicht gewußt hatte, als
Offizier abgegangen, weil er ein Vev
hältniß mit einem liebenswürdigen
Mädchen hatte, das nicht reich genug
war, um die Heirathskaution aufzu
bringen. Röschen Bellmann war die
einzige Tochterdes verwittweten Agen
ten und Kaufmanns Bellmann, der nur
bescheidene Mittel besaß. Rister hatte
daher feinen Abschied genommen, war
nach Amerika gegangen und nach der
schiedenen Irrfahrten in Dallas gelan
det. Hie? hatte er eingesehen, daß mit
dem Viehhandel etwas zu machen fei.
Er hatte daher feinen zukünftigen
Schwiegervater veranlaßt, mitfammt
seiner Tochter ebenfalls nach Texas zu,
kommen, und hatte sich mit dem zukünf
tigen Schwiegervater. der ihm blind
lings vertraute, zu einem Viehexport
geschäft zusammeugethan. Nach eini
gen kleineren gelungenen Geschäften
hatte Rister sich kontraktlich verpflichtet,
bis zu einem bestimmten Termin tan
send zwei- bis dreijährige Ochsen für
einen Großhändler in Cincinnati zu
liefern. Das Geschäft war. wie bereits
erwähnt, ein sehr günstiges; aber es
war doch eine böse Geschichte dabei, da
Rister zusammen mit seinem Schwieger
vater eine Kaution von zehntausend
Tollars hatte stellen müssen, die Versal
len war, wenn bis zu dem bestimmten
Tage die tausend Ochsen nicht geliefert
wurden. Um die Kaution aufzubrin
gen. hatte Bellmann sein ganzes Ver-,
mögen hergegeben und auch noch seinen
Kredit aufs äußerste angespannt. Es
war Rifter gelungen, so ziemlich im
ersten Anlauf siebenhundert Stück Vieh
aufzutreiben und nach Cincinnati zu
spediren. Nun aber war es aus mit
der Lieferung. Frank Ringer setzte alle
Hebe! in Bewegung, um Rifter die Er
süllnng des Kontraktes unmöglich zu
machen; er wollte den Konkurrenten für
immer beseitigen. Die Farmer in mei
lenmeitem Umkreise hatten wegen des
Texasflebers so wie so wenig verfügba
res Vieh, und von allen Seiten erschie
nen Käufer. Frank Ringer hatte den
Farmern außerdem gedroht, er würde!
ihnen niemals mehr Vieh abkaufen
wenn sie an Rister verkauften. ES
waren nur noch vierzehn Tage Zeit, um
die Ochsen zu liefern, und war dieser
Termin verstrichen, dann waren Rifter
und Bcllmann bankerott. Man wird
begreifen, wie aufgeregt und verzinst,
fclt der gute Rifter war.
Nachdem er ungefähr zehn Minuten
lana vor sich binaeftarrt hatte, blickte
er nach der Thür, denn herein trat un
fer gemeinsamer Freund, der zweite 5k
kannte, den ich in TallaS getroffen
hatte: Schunke. ein Mittelding zw,
schen einem lyrischen Dichter und einem
Scharfrichter", wie wir immer den
guten Schunke schon auf der Schule ge
nannt hatten. Auch er war seit zehn
Jahren in Amerika, hatte sich gänzlich
amerikanisirt, sprach, schrieb englisch
ebenso gut wie deutsch und war Re
datteur der TallaS . Handelszeitung
welche damals dreimal wöchentlich er
schien. Freund Schunke hatte ich ge,
troffen, bevor ich nach dem Hotel Ja
fon ging, und ich wußte, da er kom
men würde, um mit mir zusammen dem
armen Rifter zu helfen.
Schunke. eine wirklich gute Seele,
setzte sich an unseren Tisch und bestellte
ein GlaS Bier. Dann kündigte er mir
den Fahnenabzug einer Jnseratenspalte
aus und sagte sichtlich erfreut: xa
steht es. Ich will gehenkt werden, wenn
das nicht für Freund Nister die atet
tung ist.
Das Inserat lautete:
Vierhundert dreijährige Ochsen zu
verkaufen auf der Red River Farm bei
Simpson. Tle Farm liegt am Red
River. Man erkundigt sich in Mason
City nach dem Wege."
Hier, Undankbarer, sagte ich.
Rifter den Fahnenabzug übergebend.
Ich habe Schunke, unseren gemein
famen Freund, seit acht Tagen auf Eid
und Pflicht dafür verantwortlich ge
macht, daß Inserate wegen Viehvev
kaufs Euch bekannt gemacht werden,
bevor sie in'die Oeffentlichkeit kommen.
Hier ist ein solches Inserat. Schunke
traf ich vorhin, als ich nach dem Hotel
ging, und er ist nach der Druckerei ge
eilt, um den Fahnenabzug des Inserats
zu holen." '
Mason City." agte Rifter. wo
liegt das?"
Ganz in der Nähe." erklärte
lunie. loviei icy ivei, nur vier
Tagereisen von hier nach Nordwest,
Wenn man die Pferde wechselt, kann
man auch in drei Tagen hinreiten. Eine
andere Verbindung als zu Pferde giebt
es nicht.
DaS ist gleicyzeitlg." agte ich und
wenn wir ein paar Gäule zu Schanden
reiten müßten, wir gehen hin. Nicht
wahr. Rister?"
Ri sters Gesicht verklärte sich. Er
reichte Schunke und mir die Hand und
rief: Kinder, das ist vielleicht Ret
tung. Wann erscheint das Inserat ?"
Morgen Mittag." versetzte Schunke
Frank Ringer wird natürlich sofort
aufbrechen, um auch dleseHeerde aufzu
kaufen. Wenn Ihr aber jetzt sofort
tosreitet, Rifter, 0 yavt Ihr vterund
zwanzig Stunden Vorsprung." ,
Schön," sagte ich, wir wollen nicht
zögern. Ihr erlaubt, Rister, daß ich
Euch begleite. Ich lerne auf diese
Weise das Land am allerbesten kennen."
Eine halbe Stunde später schon waren
wir auf dem Wege nach der Red River
Farm. Zwei Reitpferde besaß Rister
so wie so; sie wurden gesattelt, es wurde
etwas Proviant und Trinkbares mit
genommen. Futter für die Pferde war
nicht nöthig, weil sie überall Gras fan
den. Dann steckten wir unsere sechs
läufigen Revolver ein. Rister nahm fein
Checkbuch, verabschiedete sich in aller
Eile von Bellmann und dessen Tochter,
und wir ritten nach Nordwest.
VierundzwanzigStundenVorsprung !
Das war viel, und wenn Frank Ringer
nicht Pferde hatte, die fliegen konnten,
so holte er uns nicht ein. Natürlich
konnten wir aber unsere Reise nicht mit
denselben Pferden machen; wir mußten
uns frische Pferde besorgen, und Rister
meinte, die Sache fei verhältnißmäßig
einfach. Man würde uns auf jeder
Farm frische Pferde geben, wenn wir
die müde gerittenen da ließen und
vielleicht auch noch etwas in Baar hin
terlegten. Es konnte uns also gar nicht
fehlen.
Es war im März und sehr schönes
Wetter; wir ritten daher bis spät
Abends. Da der Mond bald aufgeben
wollte, beabsichtigten wir auch, wenig
stens die halbe Nacht durch zu reiten,
vorausgesetzt, daß wir frische Pferde er
hielten.
Ungefähr um sieben Uhr, als es be-
reits dunkelte, kamen wir an eine ein
sam gelegene Farm. Vor dem Farm
haus hielten wir die Pferde an und
schrieen das landesübliche Signal:
Hallo, Haus!"
Darauf kam ein Mann aus dem
FarmhauS, der uns fragte: Was wollt
ihr?"
Wir wollen die Pferde, die wn
reiten, bei Euch einstellen und uns ein
paar frische Pferde borgen. Wenn Ihr
wollt, bezahlen wir Euch die Leihgebühr
voraus."
Macht, daß ihr weiter kommt, ihr
elenden Pferdediebe!" schrie der Far
mer. Ich dm kein Hehler, bei dem
man gestohlene Pferde unterbringt!"
Die Antwort war geradezu verblüf-
send. Für Pferdediebe also hielt uns
der Mann, und er glaubte, wir wollten
die gestohlenen Pferde gegen die seinen
vertauschen, um nicht verrathen zu wer
den, wenn man uns verfolgte.
Aber so nehmt doch Vernunft an,"
sagte Rifter. .wir find keine Pferde
diede. sondern ehrliche Leute."
" Statt aller Antwort pfiff der Far
mer, und alsbald kamen zwei erwach
sene sörrne, mit Gewehren bewaffnet.
aus dem Hause.
Macht, daß ihr weiter kommt, oder
wir schießen auf euch, schlechtes .Ge
findet!"
Nach dieser höflichen Einladung
blieb nichts anderes übrig, als weiter
zu reiten.
Ich hätte dem Esel mein Checkbuch
zeigen sollen." meinte 'Rifter. .dann
hätte er unS höchst wahrscheinlich nicht
m'hr für Diebe gehalten. TaS st eben
daS Schlimme, daß man gänzlich unbe
kannt ist. Frank Ringer und seine
Leute find hier überall in der Umgegend
bekannt; wenn die frische Pferde haben
wollen, bekommen sie solche gewiß.
Was nützt unS nun der Vorfprung
von vierundzwanzig Stunden? Mit
denselben Pferden können wir gar bald
festliegen.
Wir wollen nicht verzweifeln "
tröstete ich. fondern vorläufig weiter
reiten. Auf der nächsten Farm wird s
beffer gehen."
Nachdem wir drei Tage geritten
waren, begann auch mir der Muth zu
sinken. Die Farmer schienen sich alle ge-
gen uns verschworen zu haben. Uebcrall
wurden wir, für Pferdediebe gehalten,
nirgends gab es frische Pferde.
Selbst gegen Bezahlung wollten die
Kerle nichts vom Handel wissen. Viel
leicht hatte Frank Ringer uns schon im
voraus diZkreditirt und dafür aesorat.
daß sein Konkurrent nicht weiter kam.
Dem geriebenen Amerikaner war alles
zuzutrauen. Selbst wenn wir das
Checkbuch vorzeigten, schüttelten die
Farmer den Kopf und sagten, darauf
ei nichts zu geben, die größten Gauner
hätten Checkbücher. Dann wisse man
ja auch nicht, ob überhaupt das Check
buch noch gültig sei. Andere konnten
wieder nicht lesen oder wußten ja über
Haupt nicht, was ein Checkbuch sei. Die
Mustangs, die wir ritten, waren ja
ausdauernde Pferde und an große
Strapazen gewöhnt, aber zu Tode rei
ten durften wir sie nicht. Wir mußten
de Pferde oft im Schritt gehen lassen,
mußten mehrmals täglich füttern, muß-
m den Thieren eine Nachtruhe, von
mehreren Stunden gönnen, und am
vierten Tage hatte ich selbst die Hoff
nung aufgegeben, daß unsere Expedition
gelingen würde.
Noch nie habe ich so viel im Kopfe
gerechnet, wie während dieses vierten
Tages. ES war ein verzweifeltes Rech
nen. eine Aufgabe, welche lautete: wenn
jemand auf einem und demselben Pferd
o und o viele englische Meilen zu
machen hat. in welcher Zeit wird er
von einem andern eingeholt, der jeden
halben Tag ein frisches Pferd zur Ver-
Ugung hat Em genaues Resultat kam
nicht heraus, aber so vierundzmanzig
tunden schrumpfte immer mehr und
mehr zusammen.
Am Abend des vierten Tages kamen
wn endlich nach Mason City. Diese
ogenannte Stadt bestand aus einer
großen Frm. welche gleichzeitig eine
Posthalterei enthielt, und mehreren
leineren narmhäusern. Die Post-
trabe, die udnch am Red River ent
lang geführt, kreuzte hier unseren bis
herigen Weg. Um die Postsarm herum
lagen im Ganzen noch sechs andere Far-
men ziemlich dicht beieinander, und diese
Ansiedelung führte den stolzen Namen
Mason City.
Wir hatten bisher während der
Nacht biwakirt und freuten uns sehr.
wenigstens für einige (stunden ein
Dach über dem Haupte zu haben. Der
PostHalter war natürlich auch Schenk
Wirth, und wir erkundigten uns sofort
bei ihm nach der Red River Farm
Simpsons.
Wenn ihr gute Pferde habt, seid ihr
m einem halben Tage dort," sagte der
PostHalter. Ich kenne Simpson, und
er hat, wie er mir sagte inserirt, daß
man sich hier nach dem Wege erkundi
gen solle. Ihr reitet morgen früh
denn heute Abend könnt ihr nicht wei
ter, ohne den Weg zu verfehlen unge-
ähr dreißig englische Meilen genau
nach Nordwcft. Dann nimmt ihr an
einen Wegweiser, der frei auf der
Prärie steht. Dort führen nämlich
drei Wege ab, und Simpson hat eine
Tafel dort aufgestellt, welche die Rich-
unq zeigt uno aus der geschrieben ist:
Nach der Red River Farm zu Simp-
rnt." . '
Wann können wir am frühesten aus'
brechen?"
Gegen drei Uhr. Dann scheint der
Mond ziemlich gut."
Können wir frische Pferde bekom-
men?" fragte Rister, und zeigte dem
PostHalter nicht nur den Fahnenabzug
des Inserats von Simpson, sondern
uch sein Checkbuch.
Der PostHalter ging hinaus und sah
unserer Pferde an. Wenn ihr mir
zwanzig Dollars Haftgeld zurücklassen
wollt, gebe ich euch zwei gute
Mustangs," versetzte er dann. ,
Nun kam noch die wichtige Frage, ob
der PostHalter den Viehhändler Frank
Ringer kenne. Er erklärte, er habe
den Namen niemals gehört, hier in der
Gegend sei Frank Ringer noch nie ge
wesen. Viehhändler aus Dallas wären
überhaupt bei ihm noch nicht einge-
ehrt. Es wären früher Viehhändler
von Sherman herüüergekommen, aber
mit denen wolle Simpson nichts mehr
zu thun haben, weil sie ihm zu geringe
Preise geboten hätten, und deshalb!
habe er zum erstenmal in TallaS in
serirt." ,
Aus oiese ?iacyrlcht hin sagten Rister
und ich wieder Muth, stärkten unS noch
mit einem guten Trunk und gingen
dann schlafen, nachdem wir den Poft
Halter gebeten hatten, unS pünktlich um
drei Uhr zu wecken.
2.
Zur angegebenen Zeit saßen wir im
Sattel.
.Seht euer Schießeisen nach!" sagte
Rifter. ehe wir fortritten.
Meint Ihr. der Weg sei gefähr
lich?" fragte ich.
.Der Weg nicht, aber wohl die
Leute, die uns etwa Überholen. Es
kommt Frank Ringer und seinen Leu
ten Nicht auf eine Gewaltthat an. I
Amerika ift man im Konkurrenzkampf
gar nicht wühlerisch."
Aber einen Mord !" sagte ich ent
U.
Zum mindesten schießen sie unS die
Pferde' todt, damit wir nicht weiter
können! Und wenn ein Schuß .zufällig
einen von uns träfe, fo wäre es eben
kein Mord, sondern ein Unglück. Hier
auf der Prairie giebt es keine Polizei
und nicht einmal Zeugen. Also es ist
besser, wir halten unsere Schießeisen
bereit!"
Diese Worte Rifters ließen mich erst
den ganzen Ernst der Situation er
kennen.
Wir waren ungefähr drei Stunden
geritten, die Sonne ging auf. Wir
sahen vor unS einen Hügel, der die
anderen Bodenwellen überragte. Plötz
lich strauchelte mein Mustang im ruhig
sten Gehen und brach fast zufammen
Ich hielt mich nur mit Mühe im Sat
tel. riß auch das Pferd wieder, hoch
machte aber die unangenehme Ent
Deckung, daß das Thier lahmte. Ich
stieg ab und führte es eine Zeitlang
da ich hoffte, die Sache würde sich
geben. So erreichten wir die Höhe
deS Hügels, und nun stieg auch Rister
ab, um mir bei der Untersuchung
des Pferdes zu helfen. Das Thier
war lahm, es hatte sich offenbar
eine Sehne am rechten Hinterfuß bei
dem Fall gezerrt. Hier war nichts
weiter zu machen, ich mußte zurück
bleiben, und Rifter mußte allein wei
ter. Die Gefahr für ihn war aller
dings um so größer, wenn Ringer und
eine Leute ihn einholten, aber gezögert
durfte nicht werden.
Oben auf der Höhe des Hügels stand
der primitive Wegweiser, den Simpson
gesetzt hatte. Er bestand aus einem
Pfahl nebst angenagelter Tafel; au
der Tafel stand mit schwarzer Farbe
ziemlich plump geschrieben: Nach
Simpson's Red River Farm." Eine
roh aus einem Stückchen Brett ge
chnitzte Hand zeigte die Richtung an.
die verfolgt werden sollte. Im Grase
ah man Spuren von drei Wagen, von
denen einer, der unsere, nach Ost, die
anderen nach Nordwest, und Wcft fühv
ten.
Rifter gab mir die Hand und sprang
in den Sattel. Er galoppirte den Weg
nach Osten und schon nach wenigen
Minuten war er durch eine Bodenfalte
meinen Augen entzogen. Ich saß
ziemlich ärgerlich neben dem Wegweiser.
Die Sonne war über den Horizont ge
stiegen und im bellen Glänze lag die
Prairie, deren Nebel sich langsam ver
zogen. Ich nahm meinen Feldstecher
heraus und suchte die Gegend ab. Ich
sah recht weit, sogar die Posthalterei
von Mason City konnte ich in undeut
lichen Umrissen unten am Horizonte
sehen. Wir waren, wie ich jetzt ent
deckte. ' beständig bergauf und bergab
geritten. In direkter Luftlinie war
Mason 'City höchstens zwei Stunden
entfernt.
War das Nebel da unten? Nein,
das war eine Staubwolke! Ich sah sie
auf einem Hügel erscheinen und dann
wieder im Thal verschwinden. Ich
ahnte es in demselben Augenblick, das
waren Frank Ringer und seine Leute.
Sie ritten ein wahnsinniges Tempo.
In einer Stunde waren sie hier und
in zwei Stunden hatten sie wahrschein-
lich Rifter eingeholt. Dann wehe
ihm !
Konnte ich nichts thun, um ihm zu
helfen? Die Reiter in der Staubwolke
zählten nach meiner Schätzung vier,
vielleicht aber auch fünf Personen.
Was konnte ich allein gegen diese Leute
thun?
Ich sasz da in fieberhafter Aufre-
gung und dachte an oen armen Nl
ster, an seine Braut, den Schwieger
vater, die Kaution und die dreihundert
Ochsen.
Plötzlich fuhr mir ein Gedanke durch
den Kopf.
Ich sprang auf und rüttelte an dem
Pfahl des Wegweisers. Er wairrund
und schien mir nicht besonders tief ein
gesetzt. Ich begann ihn mit aller Kraft
hin und her zu schütteln und nicht ohne
Erfolg. Nach zehn Minuten hatte ich
ihn so weit gelockert, daß ich ihm eine
halbe Drehung geben konnte. Die
Hand zeigte nun nicht mehr nach Ost,
sondern nach Nordwest. Es war leicht.
den Boden um den Pfahl wieder fest
zutreten, ohne daß man ' allzudeutliche
puren davon sah. Ich rechnete auch
damit, daß Ringer und seine Leute
wohl, um keine Zeit zu verlieren, nur
einen flüchtigen Blick auf den Wegwei-
er werfen würden. Nachdem ich so
mein Werk vollbracht, nahm ich mein
lahmes Roß am Zügel und führte es
abseits in eine Thalmulde zwischen zwei
Hügeln, wo ich es grasen ließ: ich selbst
aber legte mich einen halben Kilometer
vom Wegweiser entfernt mit meinem
Feldstecher so auf die Lauer, daß man
mich nicht sehen konnte
ES dauerte kaum eine halbe Stunde.
nd die Reiter waren da. Ich erkannte
durch den Feldstecher Frank Ringer.
den mir Rifter einmal gezeigt hatte
Er war von drei Leuten begleitet, lk
machten einen Augenblick am Wegwei
ser Halt, und mir stand das Her, bei
nahe vor Erwartung still; dann jagten
ste wie wahnsinnig nach Nordwest, wo
hin der Wegweiser jetzt wieS. Ich war,
tete. bis sie in einer kleinen Staubwolke
am Horizont verschwunden waren, dann
nahm ich meinen Mustang am Zügel
und wanderte zu Fuß nach Mason
City zurück. Ick war überzeugt, daß
der Postmeister von mir vollen Ersatz
für das Pferd verlangen würde, aber
unser Unglück mit dem Lahmwerden deS
Pferdes war letzt doch eigentlich ein
GlückSfall zu nennen.
. AIS ich ankam grinste der Pofthalter,
der den Namen Johnson führte, und
sagte sofort: .Das Thier, ift geftrau
chelt und hat sich die Sehne gezerrt.
daS ift ihm vor einigen Wochen schon
einmal passirt. Ihr wollt ein anderes
Pferd?
Nein," entgegnete ich erstaunt, .ich
will hier die Rückkehr meines Gefährten
abwarten. Was verlangt Ihr an
chadenersatz?"
.Nichts! Das Biest lahmte schon frü
her. ich dachte aber, es sei jetzt wieder
gut auf den Beinen."
Ich erfuhr, daß der Posthaltcr seiner
Wahrheitsliebe wegen einen sehr guten
Ruf hatte. Ter PostHalter theilte mir
auch mit. daß Ringer mit seinen Leu
ten auf einen Augenblick bei ihm
Halt gemacht habe, um nach dem Wege
zu fragen, er habe sich auch erkundigt,
ob schon Leute nach der Farm von
impson uutcrwegs seien, und als
derPosthaltcr die Frage bejahte, hät
ten die vier Kerle lästerlich geflucht
und wären wie wahnsinnig davonge
sprengt.
Ich sagte nichts von meinem Scherz
mit dem Wegweiser, denn die Wahr,
heitsliebe des ManneS schien mir für
den Fall sehr gefährlich, daß Ringer
mit seinen Leuten auf dem Rückwege
hier einkehrte. Dann setzte ich mich in
die Gaststube und fand hier zwei Cow
ooys, die von tZort Worty, einem
Hauptweideplatz, kamen und nach Fort
sherman im Norden von Texas woll
ten. Ich befreundete mich mit ihnen
und ließ mich feelenruhig von ihnen
zwei stunden lang anlügen. Die Cow
boys übertreffen im Erzählen erlogener
Adenteuer noch unsere europäischen Jä
ger. wei Geld fchienen sie nicht zu
haben, denn es sind meist lüderliche
Burschen, die ihren Bierteliahreslohn in
einem halben Tage verprassen, wenn sie
von ihren einsamen Weideplätzen ent
mal in die Stadt kommen. Ich be
zahlte für die Beiden die Zeche, was sie
sich gern gefallen ließen, und die Uuter
yaiiung mir lynen war ia für meine
Studien über Land und Leute ' von
großem Vortheil. Die Post kam erst
nächsten Mittag, und so lange mußten
die Burschen in der Posthalterei biet
den. Auch ich erwartete am nächsten
Nachmittag Rlster wieder zurück und
wollte ihm am nächsten Morgen auf
meinem ausgeruhten Pferde entgegen
reiten.
Ich ging sehr zeitig schlafen, denn
ch war von den Strapazen der letzten
Tage recht müde. Ter PostHalter gab
mir eine der Giebelstuben, die Cowboys
krochen auf den Heuboden.
AIs ich kaum eine halbe Stunde im
Bett lag, wurde ich durch großen Lärm
aus dem Schlafe geweckt, es war wohl
eine ehr laute Reneqesell chaft ange,
kommen, die unten in der Wirthsstube
gewaltig herumtobte
mit unseren beiden Pferden, die jetzt
ausgeruht wann, beritten, mir selbst
gab Johnson gegen Hinterlegung von
dreißig Tollars noch ein Pferd. Eo
zogen wir aus. Rifter entgegen. Wenn
Frank Ringer uns angriff, so waren
wir jetzt vier gegen vier. Tie Partie
stand dann gleich, denn ein Cowboy ift
nie ohne Revolver. O
Als wir bei Sonnenaufgang am
Wegweiser waren, hielt ich es für meine
Pflicht, ihn wieder richtig zu fetzen.
Ten Cowboys gab ich hier erst die noth
wendige Aufklärung. Tie Burschen
lachten und versicherten, zu mir halten
zu wollen, ein gefährliches Abenteuer
schien ganz und gar nach ihrem Ge
schmack zu sein. Wir ritten den Weg
nach SimpsonS Farm zu, nicht ohne
uns wiederholt umzusehen. Von Frank
Ringer und seinen Leuten aber war
noch nichts zu bemerken. Gegen neun
Uhr Morgens trafen wir Rister. Tag
Wiedersehen zwischen unS war ein recht
herzliches, es wurde Halt gemacht, die
Pferde angekoppelt, und wir frühstück
ten. Rifter hatte ein glänzendes Ge
schüft gemacht. Er hatte nicht nur vier
hundert Ochsen sofort, sondern auch
noch weitere vierhundert Ochsen, liefer
bar in einigen Wochen, gekauft. Simp
son hatte sich noch verpflichtet, die Thiere
bis TallaS treiben zu lassen und zwar
ohne Transportkosten.
Rister verdiente also am Haupt Vich
achtTollars. ErlachteüberdcnStreich.
den ich Ringer mit dem Umdrehen deS
Wegweisers gespielt, meinte aber auch.
ein Zusammentreffen mit den Gegnern
wäre ein schlimmes Ting gewesen, wenn
er allein gewesen wäre. ,
Kurze Zeit darauf entdeckten die Cow
boys in der Ferne eine Staubwolke.
Wir saßen auf. Die Cowboys machten
ihre LaflowS zurecht, und wir nahmen
unsere Revolv'r zur Hand. So ritten
wir den Gegnern entgegen und trafen ,
uns nach einer halben Stunde.
Frank Ringer und seine drei bcritte
nen Viehtreiber hielten ihre Pferde an,
und als sie in unseren Händen die
schußfertigen Revolver sahen, beschränk
ten sie sich auf ein wüstes Geschimpfe.
daS von unseren Cowboys herzhaft er
widert wurde. Auf einen Kampf ließen
sie cL nicht ankommen, fondern ritten
wuthschnaubend davon. Hätten sie
Rister allein getroffen, so wäre er
wahrscheinlich nicht mit dem Leben da
vongekommen. Zeugen wären ja nicht
vorhanden gewesen; auch wenn ich Rifter
begleitet hätte, wäre es unS ohne Zwei
fel schlecht gegangen.
Am Nachmittag kamen wn in Mason
City an. Ringer mit seinen Leuten
hatte sich auf dem Rückwege gar nicht
dort aufgehalten.
Wir nahmen Nachtauartier bei obn
son.verkauften ihm unsere Pferde, lohn-
ten die Cowboys ab und fubren am
nächsten Tage mit der Post nach Eher
man. Wir kamen dadurch, daß wir
von Sherman aus theils Post, theils
Eisenbahn benützten. auch in vier Ta
gen nach Dallas und brauchten eine neue
Begegnung mit unserem Konkurrenten
nicht zu fürchten.
In Dallas amüsirte fich alle Welt
über den Streich, den wir Ringer ge
spielt hatten, denn er war wegen feiner
Rohheit sehr unbeliebt. Die aekaukten
Ochsen kamen nach einigen Tagen an
und wurden sofort mit der Bahn nach
Cincinnati abgesendet. Rifter machte
ein sehr gutes Geschäft und feierte vier
Wochen Väter die Hochzeit mit seinem
Röschen.
Der verwechselte Gtftmann.
Ein ergötzliches Gcschichtchen passirte
in einem Nachbarort von Nienburg,
Provinz Hannover. Dem dortiaen
Nachtwächter geschah es zuweilen, hak
Das dauerte so er nach Beendigung seiner Dienstftun-
eine Weile, dann wurde der Lärm unten den wegen allzu intimer Bekanntschaft
. Lfjjt i - l 1 A c. rv( ; r i . il
chwacyer, uno Mienucy wurde es ganz mn oer tfiaicne nicht mehr im Stande
ill. Eden wollte ich ein chlatcn, da war, ferne Wohnung eldst aufzusuchen.
topfte es an mein Zimmer. Es war Er wurde dann gewöhnlich von mit
der Pofthalter. leidigen Passanten nach Hause gebracht.
Fremder!" rief er. Ich habe kürzlich fanden nun ivnge Burschen des
Euch etwas Wichtiges mitzutheilen!" Nachts auf der Straße einen sinnlos
Ich sprang aus dem Bett, zündete elrunkenen. Da derselbe infolge der
Licht an und öffnete . herrschenden Kälte leicht, erfrieren konnte.
Hört einmal Fremder." fuhr der l trugen sie ihn kurzer Hand in das be-
Pofthalter fort, ich halte es für meine nachbarte Haus des Nachtwächters, leg-
Pflicht, Euch zu warnen. Da sind
unten vier Kerle angekommen, denen
ich alles zutraue, und einer davon ist
ein gewisser Frank. Ringer. Tie Kerle
sind m wahnsinniger Wuth und be-
Häupten, der Wegweiser zu Simpson
ien lyn im Hausstur nieder und ent
fernten sich. Die Frau des Nachtwäch
ters glaubte, man hätte ihrin Mann
nach Haufe gebracht, und schlug,
ohne Licht zu machen, aus den R
zechten tüchtig ein. In diesem
ei umgedreht worden. Sie wären in Augenblick kam der richtige Nachtwüch,
rff nt . i t I 1 . u 1. a . p j . . '
die
ie
und
alicher Richiung oen ganzen Tag ge-
ritten und hätten die Red River Farm
lcht gefunden. Es sei ihnen ein gutes
Geschäft entgangen. Sie haben ge-
chworen, es den Leuten heimzuzahlen.
ihnen den Streich gespielt haben,
wollen morgen früh aufbrechen
den Gegnern den Weg verlegen.
Ich vermuthe, daß Ihr an der Ge
schichte mit dem Wegweiser betheiligt
seid Also macht, daß Ihr fortkommt,,
während die anderen unten fchlafen.
Wenn möglich, warnt Euren Genossen,
der allein weiter geritten ist, denn es
geht ihm schlecht, wenn ihn die Kerle
äffen."
Ich danke Euch. PostHalter. " ver-
etzte ich. und werde Euren Rath be
olgen. Ruft mir nur schnell die Cow-
boys, ich muß die Burschen sprechen."
3.
Als der Mond gegen 3 Uhr Mor-
gens aufging, ritten wir ganz still von
Mason City fort. Ich hatte die beiden
Cowboys engagirt. ohne ihnen zu
agen, daß fie mir als Wache und Lab-
garde dienen sollten. Ich machte ste
ler, eiwas durchfroren, aber diesmal
ganz nüchtern, nach Hause. Als die
Frau ihren Mann vor sich eben fofi
bekam sie beinahe einen Ohnmachts
Lin tüchtiger Reisender.
Die Sängerzunft Konkordia macht
emen Ausflug. ,Jm kühlen Waldes
gründ angelangt, wird das schöne Lied
armonie mit uns zusammen in.
tonirt. Kaum sind die letzten Äne
dieses herrlichen Liedes verklungen, da
tritt aus des Waldes Dunkel der
sende Moritz Silberstein der ffirma
Rosenblüth & Söhne" und spricht:
Harmonie hält ja ganz aut. besser
aber hält der von uns gelieferte Wummi.
leim!" Spricht's und überreicht einige
Proben. , '
Schusteriunaewlvik.
Schusterjunge l,u einem tfvmt w
ei Liedchen vor sich hinpfeift): Na,
Sie werden gleich aufbören tu. Mühn
-. m;- . 1 - . " - "i-'i"
err: Was, warum denn?" .
scvu icriunae: mb ick's n t .
Ifagt, Sie haben schon aufgehört!"
l