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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (May 3, 1900)
AUt den Malaien Sumatra auf der Tigcrjagd. ttz Taiv (maiaüickrt Torfober Haupt) von Sungi Podra. ein großer ilgkrzager vor uao, uns mem lang, jährig Freund und JagdgenoZse, klickt, mir an einem alübendbeikcn Tropknnachmittag einen Eilboten mit der ftetZ willkommenen Einladung tinrm "WAarina" Zttibiaad n Netzen) auf einen Tiger, der des Tatos kleinen Viehstand in letzter Zeit allzu sehr geplündert hatte. Als ich eine halbe Stunde darauf mit meiner Büchse unter Führung des Buten am Stell dicheiN'Platz, einem schattigen Pisang Hain, eintraf, waren dort die Malaien, etwa dreißig Mann, an ihrer Spitze der alte Dato mit seinen Brüdern. Söhnen und andern näheren Verwandten, be reitS versammelt. Die langen schweren Lanzen mit den in hölzernen Scheiden steckenden scharfen, schlanken Eisenspitzen in den Handen der Männer hätten mich auch ohne den Bericht des Boten sofort darüber aufgeklärt, daß 3 heute nicht uf Hirsche ober Wildrinder, sondern nur auf den Tuanku Rimau' abge sehen war, unsern Herrn Tiger". Nach der üblichen herzlichen . Be grübung gingen wir, der alte Dato, sein ältester Sohn .Ulong" und ich nochmals den sogenannten -Dscharing" slbt um zu sehen, ob alles in Ordnung sei. denn die bereits weaaesckiickten Trei der, an Zahl über hundert Mann der unerfahrenern Genomen unter Ansuy rung von etwa zehn älteren Leuten, wchen schon seit einer Stunde nach der vollendeten Aufstellung deS Dscharing aufgebrochen und mußten ihre Stellun gen bald eingenommen haben. Ein solcher Dscharing besteht aus einer Anzahl aufgerichteter, langge streckte? Netze auS dünnen, zähen, un zerreibbaren Rottanschlingen, die über all kunstvoll in einander greifen und sich um Mensch oder Thier, kurz alles. waS die trügerische Wand durchbrechen will, unrettbar zusammenziehen. Mus kel und Sehnen durch nachgiebige un abstreifbare Bande lähmend. Die ein leinen vit$t meroen anemanvrrgc,, und ähnlich wie die Lappen" bei deut lcken TreiKiaaden an Bäumen und auf Stangen so befestigt, daß sie aus einer Höhe von 3 Meter lose aus den Bvoen herabhängen und auf demselben hin schleppen. Die Leute des Dato hatten, als die Spuren des gefürchteten Viehräubers ihnen am Morgen die Richtung ange zeigt, in welcher er sich nach einem neuerlichen Mahle im Ziegenstall des Dato entfernt hatte, gegen Mittag durch weites Umkreisen festgestellt, daß er sich nuch heute an seinem Lieblingsplatz zur Mittagsruhe niedergethan hatte, denn eZ führte wohl die eine warme Spur in diesen Strich hinein, keine solche aber heraus. - Der Dscharing war so aufgestellt, daß er einen kleinen etwas angebauchten Theil eines Kreises ausmachte, der im übrigen von den Treibern gebildet wurde und daS Ganze mit Pisang und verfilztem Buschwerk dichtbestandene siliMnh in hiW Mitte unncfäfir man dfl! Tiger vermuthete, in weitem Bogen umfaßte. Indem nun die Treiber gleichzeitig vorrückten, wobei sich aber die an den Dscharing unmittelbar anschließenden Leute zuerst etwas zurückhalten sollten, wollte man den aufgescheuchten Tiger veranlassen, sich nach dem Dscharing hin zu flüchten, damit er dort beim Ver such. das Netz zu durchbrechen, unsern Lanzen zum Opfer falle. Gewöhnlich zieht man den durch den Dscharing gebildeten Bogen in feiner Mitte nach dem außerhalb deS KeffelS befindlichen Standort des Dato und seiner Leute hin in eine kurze Spitze aus. da der Tiger stets so lange dem Netze zu folgen pflegt, bis dieses wieder in der Richtung der lärmenden Treiber zurückführt, und dann den Durchbruch versucht. Ich nahm mit dem Dato und semen Söhnen hier etwa 10 Meter vom Netz entfernt und durch ein dichtes Schling. Pflanzengewirr gedeckt. Aufstellung. In kurzen Zmischenräumen, immer die gleiche Entfernung vom Dscharing ein haltend, postirten sich., nach genauer Anweisung des Dato ebenfalls sorgfäl tig gedeckt, kleine Gruppen seiner lan zenbewehrten Männer. Wir brauchten nicht lange zu warten. Bald ertönte ein einzelner sanfter Gong schlag, und einer der Söhne deS Dato antwortete darauf durch einen langge zogenen. gellenden Psiff. der eine Affen heerde auf den Aeften eineS nahen hohen DurianbaumeS zu kreischenden Gegen kundgebungen veranlaßte. Kaum war eWtder Pfiff verhallt, als von der Treiderkette her ein auf der ganzen langen Linie zugleich aufgenommener Höllenlärm erscholl, der ohne Zweifel genügt hätte, ägyptische Mumien zu er wecken. " m Die zahlreichen Affen auf den Bäu wen in der Runde fecundirten und eine Schaar Rhinocerosvögel. die hoch über uns hinzog, schien mit ihren machtvollen Stimmen und dem durch daS Fliegen hervorgerufenen lauten Knarren eben falls daS Ihrige ,u dem allgemeinen Aufruhr beitragen zu . wollen. Nur bei unS. herrschte tiefe Stille, allein unterbrochen von dem Zirpen der Cika Gespannt beobachteten wir die lange Linie deS Dscharing. Unablässig schweiften die scharfen Blicke auS den glühenden schwarzen Augen meiner Be gleitet den langen Gang auf und ab, vTV r 1 CX -s3Ö . ,, 'CISCi" ' . . . ' Jahrgang 2. den die Malaien zur bessern Uebersicht etma 2 Meter breit an unserer, der äußeren Seite deS Dscharing entlang durch Buq und Gras geschlagen yal ten. Nichts hätte diesen aam offen vor unS liegenden und den Blicken so vieler Späher ausgesetzten Gang überschreiten können, ohne bemerkt zu werden. Ringsum war alles so still, daß man deutlich die Schimpfworte verstehen konnte, welche die Treiber dem Tlger anriefen. . Auf ein Zeichen deS Dato folgten die söhne seinem Beispiel, moem ne die blanken Lanzenspitzen von ihren Sckeiden entblükten. Äualeick ban den sie sich den Sarong iLendentuch) eng um den eiv, oroneien wiaj uno Kris m demselben und zogen die tur banartigen Kopftücher fester. Der Tiger konnte jetzt jeden Augenblick er scheinen und der Dato befahl einem seiner Söbne. die tat Lülfeleistuna beim Aufstellen des Netzes und beini Ausroden der 'LscharingtiNle vermenoe ten halbwüchsigen Burschen und Kna den. welcke sick schon vorder auf Be fehl eine Strecke hinter unsere Linie zurückgezogen hatten, auf die Bäume im beordern, damit bei einem etwaiaen Durchbrechen der nach den Spuren sehr großen und starken Bestie kein unglua geschehe, unyörbar entfernte ,iq ver iimae Mann und wir sahen bald durch eine Lück: im Buschwerk die ganze Bu dengesellschast, frei, sranl uno oune oe enaende Müe wie ein Truvv Affen auf einem nahen, bequem zu ersteigenden Rambong lGuttaperchabaum) sitzen, wo sie indessen manierlich und mäus ckenktll daS Weitere abwarteten. Eben war Brahim wieder zu uns zurückge kehrt als in unserer rechten lanie ein Tumult entstand, und gleich darauf Noa ein bronfarb,aer halbnackter Jüngling herbei und' meldete dem Dato, der Tiger yave siq von am TiMmrina aeiat. sei aber aleich wieder zurückgewichen, als die an den Enden ausgestellten Wachen mir i,ochge,azmun genen belaubten Aeften gegen ihn ange snn,nn seien, um ibn in verscheuchen. Eine lange Weile verstrich jetzt, ohne daß wir etwas entdecken lonrnen. wer Taia rsilckte mich nochmals, wie er es ;h,mt tbat. ia nicht auf den Tiaer zu schießen; seine Besorgniß hatte zwei Ursachen: einestheils wünsch er nichl, dak ick die Bestie ohne weiters nieder knallen sollte, weil ihm dann der Hauptsport. daS Niederstechen dersetven. verdorben worden wäre. anoer?eus aoer ktrackt?n die Malaien ein Feuerae wehr stets mit mehr oder weniger Miß trauen. Sie wissen nichl. womn oie QiinA etwa slieaen könnte, und glauben auck beim betten ?iäaer noch an allerlei Unglücksmöglichkeiten. Unterdessen waren die Treiber schon anm nabe gekommen. Ihr Geschrei ertönte ohrenbetäubend, und wir sahen bereits die von tynen geworrenen m schösse aller Art durch die niedrigen Raumsrnnen und Büsche schwirren. Auf einmal , fuhr der alte Dato wie elektrisirt in die Höye. Wir soigien ziHernh vor Ausreauna seinem Blick und sahen schräg vor uns hinter dem Dscharing das niedere Buschweri ganz leise schwanken. Gleich darauf stand tmhr nbemeat. und wir verharr ten wie aus Erz gegossen, indem wir mit unseren Blicken oas Psianzengewirr in durckbobren trachteten, das sich ien seits des Dscharing in üppiger Fülle aufthürmte. Da plötzlich oemeriien wir etwas Gelbliches, daS sich dicht an kn Rnken gedrückt dem untern Rande des NetzeS unter den Büschen hervor zu schob. Deutlich erschien aumayuq ver breite Kovs der Bestie mit dem kurzen iimusen sckmabebaarten Obren und den schwarzen Streifen über der Stirne. Mehr als dies aber stach der welszgelve Grundton der untern Backenpartien und des dichten Backenbartes gegen die Umgebung ab, sowie die rastlosen falschen Augen, deren gelbe Sterne in HtitiMi? Mutb flammten. Weder wir. noch unsere Nachbarn verriethen unfern Standort durch die geringste Bewegung her da leiseste Geräusch. Der Tiger war allmählich am Netz grade in der uns gegenüberliegenden Spitze ange langt und versuchte, da er keinen seit kicken Ausweg mehr sah. unter demsel ben durchzukriechen während er wieder holt die haßsunkelnden Augen naq rückwärts der Richtung der Treiber zu wandte, die ihn so unsar.ft aus seiner Ruhe aufgestört hatten. n dieser Situation wäre e3 mir ein leicktes gewesen, dem sich bald wenden ben Tiger einen guten Schilß aufs Blatt oder in den Kops zu senden. wtx 3itn kckien aucb etwas ähnliches lu denken, denn er wandte leise den Kopf nach mir hin, warf mir einen beschwö renden Blick zu und legte leine yand beschwichtigend auf meine die Expreß Kiickse umklammernde Kaust. Stn.ttDi schen hatte der Tiger vergeblich versucht. die Schlingen des Netzes zur sette zu Beilage zum Nebraska Staats'Anzeiger. schieben, sie fielen immer wieder über feine Tatzen und als er, wüthend über den passiven Widerstand, eine heftige Bewegung mit der, einen Pranke nach dem Borderleibe machte, legte sich rich tig eine der dünnen Rottanschlangen um seine Schulter, und weiter" vordrin gend riß er daS Netz auf sich herab, so daß eS. über ihn fallend, ihn mit fei nen großen Maschen vollständig bedeckte. Das war der ermattete Augenblick, und der Dato , verlor auch keine Secunde. Mit gellendem Jagdschrei stürzte er auS unserm Versteck, die Lanze in der hoch erhobenen nervigen Faust schwingend. ihm nach seine Söhne, während ich rasch folgte und von allen Seiten die Malaien beranflieaen sah. alle die gleiche Kampfbegier in ihren schnellen den Sprüngen ihrem Jaadgeschrei be kundend. . Der Tiger hatte nicht so bald die plötzlich ertönenden Rufe ge hört und die ganze wie Dämonen auf ibn einstürmende Schaar erblickt, als er sich dumpf knurrend aufrichtete und die ihii behindernden Netzmaschen mit wüthenden Takenfchlägen abzustreifen suchte. Zugleich trachtete er. sich unter dem Netz -zurückzuziehen, verstrickte sich aber nur um so unrettbarer in den tückischen Fangarmen. Der Dato hatte den Tiger zuerst erreicht. Hoch erhob sich seine sehnige Figur, und seine wuch tiae Lame sauste in die Seite der dro hend und grollend dastehenden Bestie, die die Pranke erhob und durch das Netz einen wüthenden Hieb führte, damit den Lanzenschaft wie ein Rohr zersplitternd Rasend fauchte der Tiger seine Feinde an mit lenem huftenähnllchen durch dringenden Ton, den er, in die Enge getrieben, stets hören läßt, aber wenn er auch noch mehrere Lanzenschäste zer brach, seine Stunde hatte geschlagen. Stich auf Stich traf ihn aus den Reihen der ihn wie eine Schaar Heu lender Derwische umspringenden Feinde. Von Zeit zil Seit machte er einen kurzen Anlauf zum Angriff, aber so wohl seine Fessel, als auch das tollkühne Andrängen deS jauchzenden Haufens warf ihn immer wieder zurück, er sank schon zeitweise zusammen und hauchte schließlich nach kaum zwei Minuten er bitterten Kampfes unter den unzähligen Speerftichen mit furchtbarem Stöhnen seine Raubritterseele aus. Auch im Tode noch konnten die jüngern Buv schen ihm nicht genug thun. Jeder bohrte nochmals und nochmals seine Lan. seinen KnS oder Dolch m den gewaltigen Leib, bis der Dato endlich Halt gebot. Jetzt kamen auch die vor her auf den Bäumen in Sicherheit ge brachten Knaben herbeigesprungen, und jeder beeilte sich, dem todten König der Wälder noch einen Tritt mit seinem schwachen Fuß zu versetzen und ihn unter kecken Scherzreden an den langen Schnurrbartbaaren zu ziehen. "Sie transit gloria silvae!" Nicht immer aber läuft alles so glatt ab. es kommt vielmehr oft genug vor. daß der Tiger nicht nur einige Lanzen zersplittert, fondern mit feinen wüthen den Prankenhieben dem einen oder an dern allzu eifrigen Jäger einen Denk zettel verabreicht, den der Betroffene nicht so leicht vergißt. Mein Dato trug an seinem Körper die Spuren eines verzweifelten Kampfes mit einem Tiger, den er im Dscharing verwundet hatte. Es war der Bestie gelungen, mit beiden Vorderpranken freizukommen und auf die andringenden Jäger einzuspringen, wobei der damals noch ganz jugendliche Dato niedergeworfen und an Bruft und Schulter ' von dem rasenden Thier schrecklich zerfleischt wurde. Nur dem Heldenmuth seiner Brüder, die den Tiger über ihm zusammenstachen, hatte er sein Leben zu verdanken. , Bei allen diesen Jagden giebt es dann stets am Abend ein kleines Volks fest im Kampong (Dorf) des Dato, dem ich einige Male mit Interesse beiwohnte. Die Malaien rechneten es mn hoch an. daß ich ihnen, wenn ich beim Dscharing anwesend war, trotz der großen Ver fuchung, meine Büchse zu erproben, den spaß nicht verdarb, und ich durfte mich über Mangel an Aufmerksamkeiten nicht beklagen. Bis tief in die Nacht sahen wir den- wilden Tänzen der Jünglinge und den graziösen lang samen der braunen Mädchen zu. wäh rend die melancholischen Töne der pri mitiven Instrumentalmusik in Gestalt einer Art Geige und ver chieden ge stimmt Xylophone, Trommeln und Becken zum palmenumrauschten Äacht Himmel ausstiegen und die laute Früh lichkeit hienieden nur in den gedämpften Lauten der schlafenden Tropennacht ein schwaches Echo fand. ,s Backsisch-Wendung. Du kannst Dich für den Referendar nicht erwärmen, weil er gar so klein ist?" Backfisch: Ja, der Mensch ist ja von wahrhaft verletzender Kürze." Der Revierretter. Humoreske von T t o v. T o r n. Auf dem Bureau deS xten Polizei reviers war eS heute wirklich nicht auS zuhalten. Leutnant von Zahne hatte noch aus der Zeit her, da ihn der rothe Kragen mit den zwei Gardelitzen schmückte ohnehin einen etwas kurzen und scharfen Ton, der zur größeren Hälfte seinen Weg durch die Nase nahm und immer so klang, wie Prrrräsen tirt's Gewehr!" oder Rrrrr-ment". Dabei sah er aus. als wenn er niesen wollte. Heute aber tobte er geradezu. Seine Leute alles ausgediente Ser geanten und Feldwebel standen beim Rapport wie festgewurzelt. Keiner magte. auch nur Pips zu sagen ganz abgesehen davon, daß ein wohlerzogen ner Polizeimann im Dienst überhaupt nicht pips sagt. Werr äh in drrrei Deibels Namen, hatte denn Wache gestern auf dem Llndenplatz?" Zu Befehl, Herr Leutnant ich!" meldete sich der junge Wachmann Schulze IV, welcher sich in dem sehr unbeliebten' und beschwerlichen , Revier die Sporen verdienen sollte, einen Schritt vortretend. Und Sie haben nichts gesehen?" herrschte ihn der Reviergewalnge an. Nichts. Herr Leutnant." Das versteh' ich nicht, hören Sie mal! Ein Mensch, mit solch 'nem Brand, wie ihn der Ausgeraubte hatte. und von solchem Umfang, bewegt sich doch nicht wie 'ne frisch geölte Mücke Wenn Sie den inftrultlonSmäßigen Rundgang gemacht hätten, mußten Sie ihn unbedingt bemerken und im Auge behalten. Aber" hier trat er dicht an den Untergebenen und riß wüthend an einem Uniformknopf desselben. Sie haben eben, wie.der Schweizerkäse, die Augen immer ba. wo nichts ist! Wird nicht viel mit Ihrer Karriere bei uns, mein Lieber! Portier werden. Vice Wirth oder so was. Mal 'n Radfahrer aufschreiben, kann der Hannepampel Lieber dafür sorgen, daß das Revier nicht m Verruf kommt durch so nen verwünschten Kerl von Leichenfledderer Drei Nächte hinter'nander! 'N Skandal ist's! Verstanden?" Zu Befehl, Herr Leutnant!" ' Schulz IV trat stramm zurück, ob wohl ihm zu Muth war wie einer aus gerissenen Winterlevkoje. Er wußte, daß der Vorgesetzte schon eine kleine Pike auf ihn hatte. Die Anspielung auf das Radfahrer aufschreiben" war nicht ohne gewissen Bezug. Er hatte sich nämlich einmal den Biereifer ge leistet, den Herrn Leutnant in höchst eigener Person aufzuschreiben, als die ser in schneidigem Civildreß, aber ohne Laterne an ihm vorbeigesaust war. Der Chef hatte zwar den üblichen Thaler erlegt und den strammen Hüter des Gesetzes auch noch unter süßsaurem Lächeln für seinen Elfer und seine Acht samkeit belobt, aber ein kleiner Stachel war doch zurückgeblieben. Hie und da bekam ihn Schulz IV an irgend einer empfindlichen Stelle zu fühlen. Der Leutnant beendete die Dienftan Weisung für den Tag und wollte eben, nachdem er noch zwei besonders scharfe Leute" für den Wachtdienst auf dem Lindenplatz ausgewählt, seine Mann schaft entlassen, als der Revierfchreiber Patzke feine rothe Gurke vom Pult er hob. sich dienstlich meldete und mit einem überlegenen Blick aus die Schutz leute sich anheischig machte, die Lei chenfledderer" noch heute Nacht ohne weiteres abzufangen. Patzke war wegen einer, namentlich quartaliter unbezwinglichen Vorliebe für geistige" Genüsse vom Straßen und überhaupt vom Außendienst dis pensirt. Auch im Uebrigen ein unsym pathi scher Kerl und gefährlicher Kunde, welcher die feuchte Nummer in feiner Konduite durch Schweifwedeln den Vorgesetzten gegenüber, ja selbst durch gelegentliche Angebereien wett zu machen suchte. Während der Maßregelung feines Kameraden Schulz, der er mit schadenfrohem Lachen gelauscht hatte, war ihm ein erleuchteter Gedanke ge kommen. , v Reden Sie keinen Unsinn. Patzke," polterte der Leutnant seine rechte Hand an: wie wollten Sie das anstellen?!" Wenn der Herr Leutnant mir alles Nähere überlassen wollten, bin ich mei ner Sache sicher. Nur" Na. nur?" for chte der Chef, in welchem die Hoffnung auf Rettung der Revierehre das begründete Mißtrauen gegen seinen , rothnüsigen Adlatus nie derrang. Nur müßten für diese Nacht der Posten und die Ronde eingezogen wer den." forderte Patzke siegessicher. Also meinetwegen," entschied schließ lich der Chef. ,Und wenn Ihnen der Fang gelingt, werde ich eine Gratinla tion von zwanzig Mark für Sie bean No. 50. tragen. Setzen. Und Sie abtreten. Danke." Der Lindenplatz, eine der entlegenen Stadtanlagen", lag in nächtlichem Dunkel. Die schwüle Auguftnacht. In dem Laub der noch ziemlich jugend lichen Bäume regte sich keinS der ver staubten Blätter. Bis gegen ein Uhr. wo die kleine Kutscherkneipe drüben an der Ecke nach geöffnet und Gesang, streitende Stimmen, daS Geklapper von Billardbällen und Poulekcgeln bis auf den nächtlichen Platz gedrungen war, hatte auch dieser nSch einiges Leben ge habt. Hie und da ein Trunkener, der die kiesbestreuten Wege entlang torkelte oder sich in dösigem Selbstgespräch an einen der Bäume lehnte. Ein Paar. daS engumschlungen seine Liebe spazieren führte. AIS aber die Kneipe ihr mat teS Licht nicht mehr auf den Fahrdamm warf, starb auch der Platz aus bis auf einen vermummten, hörbar schnar chenden Menschen der auf einer Bank bei Mutter Grün Logis genommen hatte. Patzke! Wachtmeister Patzke in einem Jndianercivil. in welchem ihn fein bester Freund, sofern er einen sol chen besaß, nicht erkannt hätte. Er hatte die Hände auf den Stock und das Gesicht mit dem struppig roth lichen Bart und der dito Nase auf die Hände gelehnt und schnarchte mit einer Ausdauer und Natürlichkeit, die selbst dem scheuesten Gegner einleuchten mußte. Er wollte die Hallunken schon krie gen so ein infames Pack rrrrrrm Kleinigkeit die Schutzleute, hm, schlappe Kerle passen nicht auf rrrrrrm und nicht 'n bischen schlau aber hm er wird's ihnen schon zeigen zwanzig Mark rrrrrrm waren sicher und die Ehre und zwanzig Mark hm ja zwanzig hm hm ja zwanzig für eine Mark hm gab's für für eine Mark sieben GlaS Bier rrrrm zwanzig siebzig GlaS - hunderi rrrrrrm zwei tau hm zweitausend GlaS und rrrrrrm Ehre und hrrrach . rrrrrrrrm hrrr rr rrrrm Am andern Morgen wandte sich Leutnant von Zahne beim Rapport zuerst an seinen Sekretär. Na, Patzke ?" Zu Befehl. Herr Leutnant " meldete sich dieser, stark enrhümirt und den Chef aus ganz kleinen, verquolle nen Augen verlegen anblinzelnd, die das Lumpengesindel war gestern ftern nicht zur Stelle " , So! Merkwürdig." x Der Leutnant legte Mütze und Säbel ab und nahm die dienstlichen Meldung-n entgegen. Schulz IV! Was haben Sie?" Zwei Arrestanten, welche in der verflossenen Nacht auf dem Lindenplatz einen Schläfer ausgeraubt haben." Der Leutnant fuhr überrascht vom Stuhle auf und machte wieder ein Ge sicht. als wenn er niesen wollte. Was in drei Deibels Namen?!" Zwei Arrestanten, zu Befehl, Herr Leutnant. Hier die geraubten Ge genstände. Eine Uhr, ein Portemon naie und ein Taschenbuch." Patzke'S röthlich schimmernder Giebel senkte sich immer tiefer in die Akten, so daß der vernichtende Blick des Chefs nur seinen Schöpf traf, auf dem die Haare sich merklich sträubten. Plötzlich aber brach der Leutnant, welcher flüchtig in dem Tafchenbuch ge blättert hatte, in ein helles Gelächter aus. das auch die langverhaltene Hei terkeit der längst unterrichteten Schutz ! leute auslöste. Ein ganz unheiliges, vielstimmiges Lachen erfüllte den sonst so ernsten Dienstraum. Nachdem der Cbef sich einigermaßen erholt, wischte er sich die thränenden Augen und gebot dann mit einem Blick Ruhe. Hier, Sie Revierretter." wandte er sich zu Patzke, der einen mitleidigen Erdspalt von mindestens zehn Klafter Tiefe für sich ersehnte, die Uhr und das Portemonnaie gehören wohl auch Ihnen das Taschenbuch jedenfalls." Er legte es aufgeschlagen vor ibm hin und gerade da aufgeschlagen, j w einer der Herren Spitzbuben mit ungelenken Zügen vermerkt hatte: I Wachmei ter Patzke ls 'ne olle Droomflöte!" Ehrenvoll, aber unangenehm. ?!n der .Täalichen Rundscka,," i-, Zählt ein Mitarbeiter: Dem zum Ju biläum der Akademie von St. Neter. bürg nach Berlin entsandten berühmten Chemiker Beilstein habe ich einmal in einer sehr eigenthümlichen Lage ge sehen, für die mir erst später daS Ver ständniß aufging. Ende oer achtziger Jahre besuchte ich in Petersburg einen Ball der Studenten des Technologische Instituts, an dem Beilftein lehrt. Ich war auS den großen Sälen, in denn ein surcmerllchcr iruoei yerriazie. nach einem kleinen Nebmraum geflüchtet. wo ich meinen Durft an einer Flasche Wein löschte. An meinem Tisch saßen noch zwei Damen und ein Herr. Sie sprachen deutsch mit einander und ich merkte auZ der Unterhaltung, dab der Herr als Ehrengaft geladen war. schließlich sagte die eine Dame zu dem Herrn es war Beilftein : Nun mach Dich schon bereit; es hilft doch nichts und nachher hast Du S hinter Dir." Der Gelehrte erhob sich und ich sah zu meinem Erstaunen, wie er Brille, Uhr. Portemonnaie u. A. den Damen übergab, ihnen zunickte und seufzend daS Zimmer verließ. Ich olgte ihm bald. AlS ich den Haupt aal betrat, hörte ich ein ohrenbetäu bendeS Geheul. Urra, Beilftein. Beil stein. Urra!" und von Zeit zu Zeit sah ch hoch über den Köpfen der Studenten den Körper deS Professors in horizon taler Lage in die Luft fliegen. Man prellte" ihn nach allen Regeln der Kunst, und zwar durch vier Säle hin " durch. Nach etwa zehn Minuten kam der Gelehrte in wüstem Zustande wieder bei den Seinen an. Als er sich etwas erholt hatte, machte ich feine Bekannt schaft. Er sagte mir, daß das Prellen eine der warmherzigsten Ehrenbezeu gungen der russischen Studenten und übrigens auch bei den Soldaten Sitte sei. ' Jedem erweisen sie diese Ehre nicht und deshalb muß man sie hoch schützen. Aber ich versichere Ihnen sie geht etwas an die Nieren!" SchneAeburer' deutsche Klat tenlied. Max Schneckenburger, schuf im Jahr 1840 neben feiner seit 1870 so berühm ten Wacht am Rhein" auch ein deutsches Flottenlied. Das Manuskript kam. nach des Dichters frühem Tod im Jahre 1849. in den Besitz von Ed. Spieß. Direktor der Gewerbeschule in Basel. Dieser übergab es kürzlich im Hinblick auf die jetzige Bewegung zur Vermehrung der deutschen Flotte, dem Kaiser Wilhelm II., und der ließ eS der Handschriftensammlung der könkgl. Bibliothek in Berlin einverleiben. So gelangt das Gedicht des braven Schwa ben Schneckenburger jetzt zum ersten Male in den Druck. Es lautet: ! V veutfchen Meerfahrt. 6xu a die Hanseatilchen Tampsschisse, Mei ! ,rl,cdt euch o der Srde. Es braust ein stolzer Dämpfer Rasch durch die grüne Fluth, Ein wildbeherzter Kämpfer sin Sturm und Wogenwuth! Der Flagge lustig Wallen Zeigt drei der Thürme vor. Ha Hamburg! DU vor allen Bist Deutschlands Thurm und Thort" uno wie IN rreuo gem .anze Das Schiff durch's Nordmeer fährt, Da taucht im Muschelkranze Mit Ruder und mit Schwert Herauf aus nassem Grunde Der alte Nordmeergreis Und sprach zur selben Stunde: Heil Hamburg dir und Preis! So lang mit bitterm Schmollen , Lag ich im tiefen Meer Und sah mit beft'aem Grollen Der Schiffe wohl ein Heer, Doch deutsche Waffer waren Den Fremden Unterthan. Ich sah sie alle fahren. , Den Briten stolz voran! - Jetzt will es mich bedünken, ' Es werde wieder Tag; Die deutschen Flaggen blinken Zu deutschen Steuers Schlag Der Hoffnung erste Grüße Sind Hamburg, Bremen dein; Der Preuße und der Friese, Sie sollen die andern sein. O Lübeck, alte Feste. Du ruhmreich Hansahaus, Ermanne dich auf's beste, Schick neue Flotten aus. Du Königsberg und Memel, Du Danzig und du Thorn, Seid länger nicht die Schemel Für fremden Stolz und Zorn. Laßt, laßt die Segel blähen, Laßt in der laaaen Tan, Die deutsche Dreifarb weben Und drin den Eichenkranz! Dann bin ich vor dem Spotten, Vor fremder Schmach gewahrt. Und führe meine Flotten Die glückesvolle Fahrt. Max Schneckenburger. , Im Zweifel. Die Freundin: Der Herr, der bei Euch wohnt, scheint ja sehr aufmerksam gegen Dich zu sein!" Tochter des Hauses: Gewiß! Und ich habe mich sogar mit ihm verlobt aber trotzdem plagen mich Zweifel!" Freundin: Weshalb denn?" Tochter des-Haufes: Ich weiß nicht, ob er mich um meiner selbst willen liebt!" Freundin : Aber beruhige Dich doch, weshalb sollte er Dich denn heirathen, wenn er Dich nicht liebt?" Tochter des Hauses: Ja. weißt Du, er ist meiner Mutter sechs Monate die Miethe schuldig!" , Rasernenhofblüthe. Korporal: Kameele will ich Euch nicht schimpfen, aber ich komnie mir hier vor, wie 'n Admiral einer Flotte von Schiffen der Wüste!"