Der lierr Marquis. N,sllt von I s s b l l a a i f t x. Sie war eine Schauspielerin, er war in MarquiZ. Sie liebten sich nicht und kannten sich nicht. Sie glänzte auf der Bühne, er glänzte nirgends mehr. Sie war ein etern am Zenith allabendlia indelte man ihr zu lm Tbeater .Lsriqne"; er war eine der, iunkene Sonne. Niemand grüßte ihn. wenn er vorüberging, denn sein Name obgleich im Wappenbuch Frank reich? eingeschrieben war auf seinem von Entbehrungen bleich gewordenen Antlitz nicht zu lesen, und ob er auch in feinem Wappen ein goldenes Band in rotbkm Mbt sülnte. sein Rock war sadenscbeinia und durch die Löcher sei neS Sammetwamses und seiner Schuhe lachte der Wind. Sie trug am Abend Diamanten auf ihren Schultern: man vergeudete Vermögen für sie; er hatte sein eigenes um andere vev schwendet. x Aber ne blieb trod alledem nur De moiselle Tuchene vom Theatre Lyri que," er war doch immer der MarquiZ Axel von Samt . Fleury. und hätte er nur eine anständige Kleidung besessen, um dort seinem Range würdig zu er scheinen, die Salons deS Boulevard SaintGermain hätten weit und breit vor ihm jede Thüre geöffnet, durch die die Schönheit und die Brillanten von Demoiselle Duchene niemals schreiten würden. Sie hatte eS schon zur Ge nüge empfunden. Ter Ehrgeiz quälte sie, da keimte ein - wunderlicher Plan in ihrem Geiste. Es lag ihr weniger daran, dieses Wappen neu zu vergol den, als es sich anzueignen. Sie setzte sich durch einen Brief in Verbindung mit ihm. Von allen Sei . ten umschwärmt, wünschte sie wohl ihren bürgerlichen Namen einzutau schen, doch sich keinen Gatten aufzubür den, und er, von allem entblößt, ergab sich in die Nothwendigkeit, Geld anzu nehmen und sein Leben zu fristen aber keine gnädige Frau um eS mit ihm zu theilen. Sie verständigten sich, der leichtser tige Handel wurde geschloffen, und De moiselle Duchene setzte die Bedingungen fest. , ' Erster Artikel: Der MarquiZ von Saint-Fleury wird am Mittwoch, den 28. d.M. in derKnche Saint.Roch erscheinen, um sich mit mir trauen zu laffen. Da ich weder Zeit noch Lust habe, mich mit der Erwerbung der hierzu nöthigen Dokumente und mit den Kosten derselben zu befassen, so .werde ich ihm zur Besorgung dieser Obliegenheit fünfzig Laudthaler über senden. Der Marquis antwortete: Ange nommen sür Mittwoch), den 23. d. M.. fünfzig Laubthaler werden wohl hin! reichen. Ich werde alles pünktlich be sorgen, doch mache ich Demoiselle Du chene darauf aufmerksam, daß ich noch außerdem 20 Thaler brauche, da ich mir einen neuen Rock und eine Perrücke anschiffen mutz. Zweiter Artikel: Der Marquis wird einen feiner Freunde mitbringen. Ich bringe ebenfalls einen solchen mit. Ter Marquis wird mir seine Hand reichen und mich zum Traualtar führen, wo man uns vermählen wird. Der Marquis antwortete: Angenvm men, obwohl es demüthigend für mich ist. daß ich Sie nicht aus Ihrer Woh. nung abholen darf. Abschlagen muß ich die Bedingung hinsichtlich eines Freundes. Alle haben sich von mir zurückgezogen. Bestehen Sie aber auf Ihrer Forderung, so werde ich meinen Schufter mitbringen; er ist der einzige Mensch, der mir treu geblieben ist. Dritter Artikel. Sofort nach der Trauung empfängt der Marquis drei hundert Livres als vierteljährlichen Pen stonsantheil von zwölfhundert Livres, welche ich mich verbindlich mache, ihm bis zu seinem Tode alljährlich durch meinen Anwalt auszahlen zu lasten. Der Marquis antwortete lakonisch: Einverstanden wegen der dreihundert Livres. Letzter Artikel. Nach der Trauung verlaffen Sie mich augenblicklich. Nie mals dürfen Sie mein Haus betreten, und sollten wir uns auf der Straße oder anderswo begegnen, so thun wir, als kennten wir uns rncht. Diese Bedingung unterschrieb der Marquis mit lebhafter Zufriedenheit und mit nttllcher Bereitwilligkeit Von ganzem Herzen zugestanden und angenommen. Eine Woche fpäter wurde diese Ehe vollzogen. Aue Bedingungen wurden gewiffenhaft erfüllt. Die beiden blick ten sich kaum an vor dem Traualtar. sie verachteten ,sich gegenseitig und schämten sich -ihrer Handlungsweise Aber wie die Marquise von Saint Fleury aus der Kirche trat und ihren Wagen bestieg, trug sie den Kopf noch hochmüthiger, als Ninon Duchene ihn getragen, und der Marquis ging zu Fuß den Weg zu seiner Wohnung unter dem Dache; er schritt etwas ge beugt unter oer Kai oer A,yai, Die er soeben unter der äußersten Noth began cn. Einige Jahre nach dieser Begebenheit blies die Revolution mit einem so fürch terlichen Sturmwind über Frankreich hin. daß das soziale Gebäude einstürzte. Alles. Klaffen, Vermögen. Rang und Namen wurde durcheinander gerüttelt wie der lose Samen in der Hand eines Kornschwingers. Auf den Trümmern wurde unter krampfhaften Zuckunzen eine neue Welt gebildet, es war ein ungeheurer AuZ bruch von Ideen, von Genie, von Ver brechen und Tugenden, von Wahnsinn und Heldenmuth. Man lebte auf der Schwelle deS Todes: da; Sterben er hob sich zum höchsten, schönsten Akt deS Lebens. Durch die Willkür wahn witziger Versammlungen wurden Aen schen sckaarenwcise zum Schanot führt alle verdächtig, alle unschul big. Der Glaube, der die vergangenen Geschlechter getröstet hatte, war ernied trat und verhöhnt, das Königthum ent bauptet und um die Gunst deS Volkes bracht, die großen Namen der Vee gessenheit geweiht, der Adel abgeschafft und ausgerottet Und die Vogelseele der Ninon Tuchene, die da träumte, auf einer hohen Felsspitze zu nisten, wurde gar bald vom Sturme getroffen und von einem rauen Windstöße in einen Kerker deZ EarmeZ geworfen. Ohne Zweifel hätte man die Litoyenne Tuchene i Frieden ihre Lerchenlieder hintrillern la sen. aber die Marquise von Saint Fleury wurde verurtheilt, die Strafe zu erdulden, die oem vei, oie auen cidevant. auferlegt war. Eines Tages im Thermidor 1794 wurde sie aufgefordert, im Hofe der Eonciergerie zu erscheinen. Ihr Name stand auf der Liste, die man diesen Morgen dem öffentlichen Ankläger Fouquier Tinville vorgelegt hatte. TaS war ihr Paß fü die Guillotine. AIS sie diese Stätte betrat, die den Vorhof des TodeS bedeutete, deren Thüre sich nach SamfonS blutigem Karren hin öffnete, da zitterte sie am ganzen Leib, und sie wankte mehr, als sie ging. Zwei Wachtmeister mußten sie stützen. Diese Frau, die nicht recht zu leben gewußt, bereitete sich vor, schlech zu sterben. Sie verleugnete den schönen hohen Namen, nach dem sie einst so eifrig gestrebt, mit dem sie geprahlt und geglänzt hatte, sie schrie ihren plebezr schen Ursprung hinaus. Jedoch Nie mand schenkte ihr Glauben. Ihre Wagen, ihre Wäsche, ihr Briefpapier trugen geschloffen? Marquifenkronen zur Schau, und der Pöbel, der im Hm tergrunde des Hofes die Brustwehr der Mauer befetzt hielt, der zu dem Schau spiele herbeigeftrömte Pöbel, der grau sam und großmüthig die taferen Tha ten bejubelte und die Schwächen ver höhnte, zischte diese Frau herzlich aus die mit ihren Richtern um ihr Leben feilschte. !ie war jungsie war schön, sie hing am Leben wie an nichts anderem. Die Hoffnung, die alle Unglücklichen heim sucht, hatte sie im Kerker nicht verlaffen und stand ihr noch bei an der fürchtev Iichen Stätte. Sie spähte gierig in diese Menge, in all diese unbekannten Gesichter, deren wilde Mienen sie mi namenlosem Schrecken erfüllten. Kein einziges befreundetes Antlitz, kein ein ziger von au denen, die tat an den glorreichen Abenden zugejubelt hatten, und der für sie zeugen könnte! Kein Verwandter, kein Beschützer, Niemand. der diesen Richtern sagen würde, daß man die Lerchen nicht köpft, daß sie nur zu singen und lachen verstehe und nicht zum Sterben bereit sei. Von Helden muth wußte sie nichts; zu diesen Höhen war sie nie geflogen. In dem Hofe standen wohl hundert Verurtheilte, eingepfercht für das große Gemetzel, und wenn ein Name von den Lippen . des öffentlichen Anklägers ev tönte,-da schritten die Todgeweihten ruhig dem Karren zu, mit einem schlichten Handschlag oder einem letzten Blick Abschied nehmend: die gepriesene Freiheit harrte ihrer am Fuße bei blutigen Schaffots, die Freiheit jen seits 'dieser Welt! Nur Ninons Seele war nicht bereit, von der Erde zu scheiden. Plötzlich erblaßte sie bis in die Lip- pen. Vom Munde des wilden Mannes fiel tönend ein Name, der ihrige: Marquise von Saint-Fleury!" Sie schwieg, die Kehle von Schreck gelähmt, und schritt etwas vor aber schon erklang aus der Mitte der auf der hohen Mauer zusammengedrängten Zuschauer eine Stimme, die mit stolzer Zuversicht in den Hof hinunterrief: Hier!" Die verdutzten Richter erhoben das Haupt. Ein Gardist schrie hinauf: .He dort oben, schweige, du Spaßvogel!" Und wieder ernst geworden nach dieser unzeitigen Unterbrechung, wiederholte der Ankläger den Ruf: ' Marquise von Saint-Fleury!" Und zum zweitenmal, mit deutlicher Ungeduld tonte dort oben die Stimme, Gtauden fordernd, mit dem warmen Klang der Ueberzeugung, und antwov tete hochmüthig auf den blutgierigen Aiisrus: Hier, jage ich!',' Es entstand eine kurze Verwirrung Man schimpfte auf den ungeschickten Unterbrecher, der es da wagte, Steine zwischen die Räder des Gerechtigkeits Wagens zu schleudern. Führt ihn herbei!" befahlen die Richter. Schon fielen mehrere Hände schwer auf die Schultern des fremden Man- nes, der willig und höflich den Gardi ften sofort voranschritt. Wie er in den Hof trat, gab es einen kleinen Aufruhr unter der Menge. War es Wahnsinn oder Opfermuth, der diesen Mann ver anlaßte, freiwillig die todbringende Schwelle zu überschreiten? Ter Richter befrug ihn mit strenger Stimme: Citoyen, wer hat Euch er laubt. den Aufruf zu unterbrechen?" Citoyens, Sie haben ja meinen Namen ausgerufen. Ich bin der Mar quis von Saint-Fleury." .Sie?!.... Sie find verrückt!" .Ich bitte um Vergebung. CitoyenZ. Ich habe den Kopf noch nicht verloren, dafür werden Sie wohl sorgen." sagte der andere, sich mit scherzhafter Ehr furcht verbeugend. Ein fröhliches Gelächter wagte auf diese Antwort hin rundum aufzu blühen. Terjenige aber, der mit dem Henker deil scherz trieb, war em Mann mitt leren AlterS, mit dem ärmlichen Aus sehen eineS vom Leben Besiegten, aber in der Haltung jenes unnennbare Etwa? verrathend, da? den stolzen Edelmann beffer kennzeichnet, als Titel und Orden. Er sprach mit auSgefuch ter Höflichkeit. Er hatte merkwürdig kleine und schmale Füße, und die Be wegung seiner Hand war von unleug barer Grazie. Seine Augen hatten einen Adlerblick und blickten geradeaus dem Tode in'S Gesicht. Er trug feine Kleidung mit jenem Anstand, der ihre Schlichtheit vergeffen läßt. Ter Mann zog aus feiner Tasche Ausmeispaplere hervor und reichte mit sichtbarer Befriedigung den Rich tern hin. Mit einem mürrischen Blick nahmen sie Kenntniß von dem Adelst briefe, deffen Echtheit vollkommen war, Und unwillig über die Tazwischenkunft dieses überzähligen Opfers, das sich mit solch köstlicher Ungeschicklichkeit dem Henker in die Arme lieferte, schrieen diese Männer: Was drängen Sie sich hier auf? Sie gehen uns gar nichts an Ihr Name steht gar nicht auf der Liste nur derjenige der ci-de-vant Marquise von Samt-FIeury. Aller Augen wandten sich der blaffen Frau zu, die unwillkürlich näher trat, alZ ne wieder ihren Namen hörte, und dastand mit gebeugtem Haupte wie ein Mensch, der sich feiner Feigheit schuldig suhlt. Wird er sie nun zerschmettern aus Rache für die Demüthigung die er durch sie erlitten, oder kam er sich an hrer Stelle zu opfern? Und warum Auf den ersten Blick hatte sie den Mann von Saint-Roch wiedererkannt, den jenigen, dessen Noth sie in jener leicht fertigen Weise einst zu ihren Gunsten ausgenutzt, den echten, einzigen Mar quis von Saint-Fleury. Das ist wohl Ihre Gattin?" Ver Atarquis man ne mit einem raschen Blick, und sich den Richtern zu wendend, sagte er: Ich bitte um Ent schuldigung. Citoyens, aber ich habe mein ganzes Leben allein gelebt." Dieses wurde so ehrlich und schlich gesagt, daß Niemand an seiner Aus richtigkeit zweifelte, umfomehr als einer aus der Garde ihn wiedererkannte, ihm freundlich auf die Schulter klopfte und erklärte: Parbleu! das ist der Citoyen Saint-Fleury. Er wohnt ,a seit. Iah ren Thür an Thür mit mir. Er lebt ganz allein, ist arm und theilt noch mit Aermeren " Man unterbrach ihn; dies Alles be deutete nichts. Warum gab er sich so tollkühn den Richtern preis? Und dieses Weib war schön; die einen glaubten. daß er sie verleugnete, um sie zu retten. Solche Opferthaten waren alltäglich in dieser Schreckenszelt; aus diesem blut getränkten Boden sprossen wunderljerr liche Blüthen hervor. Man stellte ihn der Angeklagten gegen über. Wie, Citoyen Fleury, Sie ken nen diese Frau nicht?" Der Marquis blickte sie an, er sah hre Schönheit und ihre zitternde Angst, und, treu dem damals gegebenen Worte, verbeugte er sich ritterlich und sagte: Madame, ich bedauere, aber ich kenne Sie nicht!" Und lauter fügte er hinzu: Die Freude, in Ihrem Hause empfan gen zu werden, wurde mir nie zu theil, und Sie haben mir nie die Ehre er wiesen, bei mir einzukehren. Sie sind zu schön, und ich bin zu arm." Tann, sich den Richtern zuwendend. erklärte er leichthin: Citoyens, sie ist die Citoyenne Ninon Duchene vom Theatre Lyrique Wie. Sie köpfen jetzt die Lerchen?!" - Sie hob das Haupt, die Hoffnung richtete sie auf, und sie sah den Mar quis an. Das Antlitz dieses Mannes. der ihr das Leben verkündete und ihret wegen dem Tode entgeqenfchritt. wies in dieser entscheidenden Minute die be- zwingende Schönheit einer edlen Seele auf. :. Die Richter lachten höhnisch: Ach. was! Tie da die berühmte Tuchene!" So laßt die Citoyenne doch singen." warf der Marquis ruhig hin. Ihre Stimme wird wohl die beste Beglaub, gung bilden." Ja. sie soll fingen! Sie soll singen!" riesen alle. Ninon Duchene ließ sich nicht lange vltten. Ter 'Muth kehrte ihr wieder o- ottio iyr geliern wuroe. mit eigenen Waffen zu kämpfen. Auf diesen Boden war sie des Sieges gewiß. War sie nicht von jeher der Liebling des Publikums I gewesen? Sie schloß die Augen, vergaß i.tf -isum u. cj, t.r...s. uuiciiyi &iui, iuu ir uqunu, und wie sie die Lider aufschlug, lächelte sie wie damals. Sie hatte wohl niemals so um den Ruhm gesungen, wie sie heute um ihr Leben sang! O eile, flücht'ger Wind. Dem lieben Sohn entgegen Und bring dem fernen Kind. Ter Mutter letzten Segen! Ach! Täglich klag' ich mein Weh Den wilden bretonischen Wogen. , Ist doch auf hoher See Mein Sohn Jvon gezogen! O, käm er doch zurück Sah't ihr ihn nicht Matrosen? Mir blühte neu das Glück Und neu die rothen Rosen. Sie sang dieses schlichte bretonische Volkslied mit gewaltigem, bezwingen dem Gefühl. Auf der Schwelle des TodeS erwachte ihr Herz und ihrer Tapferkeit zum Trog zitterten Thränen m ihrer Stimme. Ihr Erfolg war mächtig. Im revo lutionären türm entstand eine kurze Windstille, um diesen Vogel singen hören. All diese Verunheilten, hin und her geworfen auf der jetzt hoch gehenden See der entfesielten wilden Leidenschaften, hatte sie nicht auch, wie der Schiffsjunge Jvon, irgendwo der Welt eine Mutter, eine Schwester, die um sie klagte, die Winde um Nach richten bat?.. .. Und keiner von ihnen würde jemals wieder heimkehren, und die Rosen der Freude würden nicht aufblühen im väterlichen HauS die weil des rchafsots rothe Blüthen au gingen. Tiefes Preislied der lieblichsten Liebe inmiten der blutigen Greuelthaten, diese Klage einer Mutter zur Stunde, wo man die Söhne mordete, dieser Hauch deS großen, erhabenen Meeres der über diesen dumpfen Vorhof zog dieses Weib, das unter Lächeln und Thränen fang, rührte diese Männer, die eine kurze Weile ihre wilde Thätig keit unterbrachen und ihren Cynismus verleugneten. Einer der Richter klatscht, Beifall, und alle folgten seinem Bei spiele in einer Aufwallung der schönen französischen Begeisterung. Auf den hohen Mauern klatschte das Volk in die Hände und zubelte: Hoch! Ninon!" Sie bemerkte, daß der Marquis von Samt-FIeury. der sie mit einem räth selhaften Lächeln ansah, kein 'Zeichen der Bewunderug von sich gab. Er vev achtete sie wohl, daß sie um ihr Leben sang. Die Scham erblühte auf ihrem blaffen Antlitz.... Citoyenne Tuchene, wir wurden irregeführt; Ihr Name allein war uns verdächtig." Und eine andere Stimme erhob sich geringschätzig: Diese Damen vom Theater lieben es ja. sich mit einem hoch tönenden Kriegsnamen zu schmücken!" Man gebe sie frei !" entschieden die Richter. Ninon Tuchene war gerettet. Ein kecker Gardist näherte sich ihr mi galanter Vertraulichkeit. Toch mit einer unwillkürlichen Be wegung weicht ihr ganzes Sein zurück Nach der Rast auf der Grenze des adelnden Todes prallte sie vor dieser brutalen Wiederkehr zum rohen Leben zurück. Und ein grollender Ekel über am sie. Ter Marquis hatte sich hochmuthia von thr abgewandt und ergab sich den Häschern: Vorwärts, Citoyens. Machen wir ein Ende, begnügt euch mit dem Marquis von Saint-Fleury. Ich lzin der letzte meine? Namens und möchte den Weg gehen, den mein König gegangen." , Mit diesem Wunsche war er dem Tode verfallen. . Mir scheint, es wird viel Zeit ver- loren um eine Bagatelle!" Und leicht hätte er wohl auch die Be merkung beigefügt: Was ist die Guil lotine? Ein leichter Klapps auf den Nacken! Er schien glücklich, fühlte sich erleichtert. Nach seinem glanzlosen Le ben und seiner würdelosen Mißheirath war es ihm, als ob dieser freiwillige Tod ihn einigermaßen wieder einsetzte in seine adelige Ehre. Er fühlte sich frei, er hatte seine Kette von sich geworfen.... Dieses Weib! Pah, so schön und so feig! Es war. als ob sie seine Gedanken erriethe. Ihr Gesicht flammte auf vor cham. . Nun, Ninon, kommst du?" Der Gardist legte vertraulich den Arm um ihre Gestalt. Mit einer schönen, von klarer Auf ichtigkeit eingegebenen Gebärde stieß sie den Mann von sich und sprang zu ihm, der sie gerettet und der nun ging an ihrer Stelle sich aufzuopfern, nachdem er ihr über den Adel eine Lehre ertheilt, die feines Namens würdig war. Marquis! Ich entbinde Sie Ihres Versprechens!" Er maß sie mit einem erstaunten Blick und wollte sie nicht verstehen. Citoyenne. Sie find frei; was wün schen Sie noch? Schweigen Sie still.' Sie ekröthete unter der ruhigen Ver- achtung, mit der er ste vernichtete. In brünstig begehrte sie nun die Achtung dieses Mannes zu. erringen. Ihr Ant ii ersirayne pioyiicy von oer reinen. unwillkürlichen Liebe, die sein Betragen ihr einflößte. Jcy will mein eben nicht einem Betrüge verdanken.... Ich bin die Marquise von Saint-Fleury, ich bin Ihr Weib!" Er blickte sie an, ein Strahl von Be wundcrung leuchtete auf in seinen Au gen, und mit tiefem Ernste sagte er sehr leise: Mein Weib? Wenn Sie sich zu sterben nicht fürchten, könnten Sie es sein, Madame." Ich fürchte mich," gestand sie, vor Nichts mehr, als davor, mit jenen Männern dem Leben, das ich früher gelebt, wieder entgegen zu gehen. Sie haben mich gelehrt, wie man dem Tode in's Auge siebt. Behalten Sie mich!" Die Gerichtsvollzieher hohnlächelten. wüthend, von diesem Paare geprellt worden zu sein. Pah, wir haben die Wahl ! Genug Idcr Faren. Samson wart-t niA ! Entscheidet euch: der eine oder die an dere!" .Wir find beite bereit !" rief das junge Weib keck, und angesichts der Widerrede ihres Gatten und der Un schlüfngkeit der Richter schrie sie im Wahnsinne ihre? jungen HeldenmutheS srei derau: Hoch lebe der König! Zum Tode! Zum Tode!" cie schritt schon dahin an der Hand ihres Gatten. Vor der Thüre trat fie etwas zur Seite, um ihn vorbeifchrciten zu laffen. und ihm den seinem Namen gebührenden Vorrang zu gewähren Ader der MarquiZ verbeugte sich vor ihr mit der tiefen Ergebenheit, die er feiner Königin bezeugt hätte, und ihr im Angesicht des TodeS daS Vorrecht zuerkennend, sprach er mit lauter, von allen vernehmlicher Stimme: Nach Ihnen. Madame la Mar quise!" Pas Geheimniß der Gräsin Eraf Alfred Rogen hatte wirklich die schöne Hanka, des reichen Bauern Toch ter. zu seinem Weibe gemacht. 'Er liebte die schöne Gespielin aus der Zeit seiner frühesten Jugend mit jener Liebe. die Alles durchzusetzen vermag. Außerdem war der Graf so reich, daß er sich jeden Luxus leisten konnte. Das chloß Lohenstein hatte er zum bleiben den Aufenthaltsorte glänzend einrichten lassen und die junge Grünn mit all jener Dienerschaft versehen, wie sie hohen Herrschasten eigen. Auch für die geistige Bildung Hama s sorgte der junge Graf in dem Maße, daß Hanka nach kurzer 'Ant ihre Lieblingszer ftreuung darin fand, die Werke unserer Klassiker nicht nur zu lesen, sondern auch zu studiren. So verfloß die Zeit und auf Schloß Lohenstein lebte man wie im Paradiese. Graf Rogen war der zärtlichste Gatte, den eS je gegeben. Gräfin Hanka die liebevollste aufmerksamste Gattin, die in den Augen des Gemahls zu lesen verstand. Seit einiger Zeit war Graf Alfred aber wie ausgewechselt. Seine sonst so milden Augen blieben jetzt stechend auf das Antlitz seiner Gattin gerichtet, als ob er etwas hätte erforschen wollen. imax er einige Stunden zu Hause, so trieb's ihn mit magischer Macht fort von ihr, weit, weit hin aus auf die Jagd, oder in den Wald. wo er ziellos umherirrte. Und hatte er sich beim Weggehen fest vorgenommen. nun einige Stunden fern zu bleiben, so konnte man im Schlöffe sicher sein, daß Graf Alfred nach längstens einer Stunde keuchend und athemloS zurück' ehren werde und daß das erste sein würde, gleich nach seiner Gattin zu ragen. v Auch Hanka entging diese Verände rung in dem Benehmen ihres Gemahls nicht. Von Eifersucht geplagt war sie öfter Alfred gefolgt, ohne daß sie sich je Rechenschaft über die Ursache ihrer Eifersucht hätte geben können. Die Wege, die der junge Graf einschlug, waren stets menschenleer und kein We sen zu erblicken, auf das fie hätte eifer- üchtig ein können. Und doch war ie es. Sie yane in dem letzten Jahre in ihren Büchern mehrere foL cher Geschichten gelesen, die einen Vev gleich mit ihrer jetzigen Lage aushielt ten. Gras Alfred kam von der Jagd heim. Außer einem Häschen, dem er den Garaus gemacht, hatte er heute nichts geschossen. Seine Flinte versagte ets das Ziel, wenn er anlegte. Kam es daher, weil seine Hand so heftig zitterte? Ich kann machen, was ich will." agte er vor sich hin, sich erschöpft in den Lehnstuhl werfend, es gelingt mir nicht, dies Geheimniß zu lösen. Und etwas steckt dahinter, da gebe ich meinen Kopf zum Pfande. Weshalb' fixirt sie mich denn sonst so. wie Eine die zu er rathen sucht ob man etwas oder ob man Alles weiß. Sie ist nicht mehr enes lebensfrohe Geschöpf von ehedem ie seufzt, ja sogar sie weint öfter oll's wirklich dieser Gemeindevor sicher Jauno sein, dessen Flötenspiel ihr schon als Kind so wohl gefiel? Kürzlich sah ich ihn in der Gegend hier herumstreifen. Nun ich werde und muß dahinter kommen, dann aber wehe ihr!" Und zur nämlichen Zeit seufzte die Gräfin, o Gott, wenn ich nur wüßte. was in ihm vorgeht, das ist ja ein ent- sctzlicher Zustand", dann nahm sie ihr gesticktes Taschentuch hervor und begrub ihr Gestchtchen in dasselbe, bitterlich weinend. DaS was Graf Alfred heute durch die Geschwätzigkeit eines seiner treuen Diener" erfuhr, war geeignet,, ihm das Blut sieden zu lassen. Demnach stünde die junge Gräfin vor Tagesanbruch auf. verkleide sich in bauerliche Tracht, ver mumme ihr Gesicht, verschwinde dann durch die kleine Tapetenthüre, die in den Hofraum führe, u. dergl. mehr. Jetzt galt es zu landein Er konnte die ganze Rächt lein Auge schließen. Unruhig wälzte er sich in feinem Bette von einer Seite auf die andere. Wenn es doch nur schon Tag würde! Da auf einmal. Schlag vier Uhr. Horch, was geht da drinnen vor? Sein treuer Diener hatte Recht. Turch die Spalte der Thüre, an welcher er horchte. erblickte er Licht und durch daS halbge-i öffnete Schlüsselloch sah er seine Gattin in bäuerlicher Tracht. Sein en pochte gewaltig, als wollte es zcrsprin gen. seine Hände zitterten. Er strich sich einige Male über die Augen, als ob er denselben nicht getraut hätte. Sie schlüpfte durch die ihm bezeichnete Ta peteilthüre. er hinter der verschlossenen Thüre konnte zu derselben nicht ge langen. Schnell entschlossen nahm er einen Revolver, und eilte keuchend auf die andere Seite in den Hofraum hinab. Tort sah er ein Licht. Wie ein Wahnsinniger eilte er auf dasselbe zu und befand sich in dem Kuhstall wo die junge Gräfin gerade die Kühe melkte. .Verzeih' mir." sagte sie süß und demüthig, ich mußte es thun, und wenn eS mein Leben gekostet hätte, denn, ach. Tu kennst sie nicht die Macht der Gewohnheit." Von dieser Stunde an ist der Graf nie wieder eifersüchtig gewesen. Tie Gräfin aber hat schließlich ihrer einzigen Leidenschaft, so schwer eö ihr auch fiel, entsagen gelernt. Der gelöscht Brand. Ein- luftiger Zwischcnfall hat sich auf dem Feste ereignet. daS der Berliner Oberbürgermeister Kirschner neulich im Berliner Rathhaufe veranstaltete. Unter den Gästen befand sich auch Meister Menzcl, der berühmte Maler. Ter kleine, große Künstler fühlte sich sehr behaglich auf dem Feste. Erst plau derte er ein halbes Stündchen mit dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe, bf dieser sich mit Rücksicht aus seine fast 81 Jahre ziemlich frühzeitig auö der Ge sellfchaft zurückzog. Ter um 4 Jahre ältere Maler dagegen blieb ruhig sitzen und kam in eine sehr angeregte unter Haltung mit Branddirektor Eiersbera. Ein Glas Rothwein folgte dem andern, denn es geht nun einmal nicht anders; wenn man mit dem Leiter der Feuer wehr zusammen ist, muß kräftig ge löscht werden. So wurde es spät und ' immer später, die Gäste gingen einer nach dem andern, nur der prachtvolle ölte eny löschte noch immer auf's Nachdrücklichste. Endlich aber war der Brand wirklich gelöscht und die Feuer wehr konnte mit den Aufräumungs arbeiten beginnen. Tie kleine Excel lenz stand zwar etwas unsicher auf den Beinen, aber sie wurde fast ungehalten, als Herr Giersberg ihr fürsorglich seine Begleitung bis zu ihrer Wohnung an bot. Zuletzt aber erklärte der Künstler sich doch einverstanden mit dem freund lichen Anerbieten. Als er dann auf der Straße stand und mit seinem Be gleiter eine Droschke besteigen wollte. ergab sich die fröhliche Thatsache, daß die kleine Excellenz keine Ahnung mehr hatte, wo sie eigentlich wohnte Es blieb nichts übrig, die beiden Her ren mußten in den Rathskeller hinunter, um aus dem Adreßbuch die Wohnung des Künstlers zu erkunden. Das glückte auch richtig, und nun konnte in aller Ruhe die Heimfahrt angetreten werden. Ter fröhliche Abend soll dem greisen und doch so jugendfrischen Maler übn gens ausgezeichnet bekommen sein. Ueber Begegnungen mit Thieren im Luftballon. Hierüber berichtet Bacon in der Lon doner Zeitschrift Knowledge" auf Grund der Erfahrungen, die er bei einem Ballonaufstiege zu Beobachtung der Mitte November vorigen Jahres erwarteten Lconiden Meteore gemacht hat. Gewiß hat schon mancher Luft chiffer wit Verwunderung Thiere, in großen Höhen des Luftmceres angetrof sen. aber man hört über diese bedeut- ame Frage verhältnißmäßig wenig. Bacon fand z. B. in 8000 Fuß Höbe eine große blaue Fliege, die mit lautem Brummen die wunderbaren Gäste ihres Bereiches , umflog. Gerode Insekten cheinen gar nicht selten in so außer ordentliche Höhe hinaufzusteigen, wo sie doch nach ihren ganzen Lebensbedürf- ' Nissen durchaus gar nichts zu thun haben können. Ein Mitglied des eng- tischen Alpenklubs sah einmal auf dem Gipfel des Grandes Jorasses einen Schmetterling ganz munter hin und her gaukeln. Ter Pariser Astronom Flammarion hat mehrere weiße Schmetterlinge in twa 1000 Meter Höhe um seinen Ballon flattern gesehen, während sich sonst weit und breit kein einziger Vogel und kein Insekt in dem umgebenden Luftmeere zeigte; die Zeit war gerade um Sonnenaufgang. Im Allgemeinen scheint das thierische Leben jedoch schon nach Zurücklegung der ersten ww miß in der Atmo phäre zu ver schwinden. Schon ist keine Leiche mehr hörbar, und keine Schwalbe scheint. mehr in ihrem lebhaften Fluge dics Höhe zu erreichen. Möglich ist es ja allerdings, daß alle Thiere der Lüfte durch die Nähe eines Ballons so er- schreckt werden, daß sie sich in weiter Ferne halten und deshalb unsichtbar bleiben, und daraus wäre es dann auch erklärlich, daß gerade kleine Insekten am häufigsten gesehen werden, die wohl am wenigsten sür Angstgefühle zugäng- icy po. Ter Sonnenschirm. Ter Sonnenschirm war schon früh im Alterthum, in Aegypten und beson- -ders in Rom, ein beliebtes Toilletten stück. Tie Schirme waren entweder mit funkelnden Edelsteinen bedeckt, oder mit Federn geschmückt. Dem Mittel alter waren sie fremd und erst die Neu zeit hat sie in neuer, veränderter Gestalt wieder in's Leben gerufen. t