Das Gftcrci. rjählung aus Zllt-ürnbng von , Ächa. Tie Messe war zu Ende. In feier. lichen Klängen verhallten die Orgeltöne . in der Nan:t.-kbalduS.lrche zu viurn derg und in breitem Strome ergoß sich die Menge durch die figurengesä'mückte Nordpforte, daS sogenannte .Braut, tbor". binauS auf den RLthbauSpla, Eine hohe Lchneeschicht hatte sich auf ihm angehäuft und immer noch wir belte neueS Eeflock hernieder und hüllte die fpißgiebeligen Tücher der Patrizier hüufer mit ihren vorspringenden (5hör lein", sowie die mannigfachen Thurm, cken. Knäufe und Scanörkel daran m sein einsörmiaeS Weiß. WaS Wunder. dak männiglich den Pelzkragen hoch über die Ohren zog und eilig sürbatz schritt dem behaglich durchwärmten - beime entgegen! Lanasam. bedächtig, als ginge ihn all dies nichts an. verließ der mohlehr same Rathshcrr Balthasar Peftner alS einer der Letzten das Gotteshaus. Ihm zur Seite schritt die treffliche Hausfrau und. die blauen Aeuglein züchtig zu Boden geschlagen. sein TdchtcrchenEva. ein beniaeS Wesen mit Wangen wie Milch und Blut und einer goldigen Haarfülle, die in schimmernden Wellen unter dem dunklen Sammetmüßchen hervorquoll. Nach wenigen Schritten schien sich der Familienvater plötzlich aus etwas zu zu besinnen. Bedächtig legte er den Äeiaefinacr der Rechten auf die, wohl nur von der schneidenden Winterkälte geröthete Nase. Füllt mir eben ein. daß mich unser lieber Gevatter, der wackere Schneider meifter Jörg SachZ, auf ein paar Worte gebeten. Sein HauI wird heuer 17 Jahre und da soll ich wohl mein Gutachten abgeben, wohin der Teufels junge auf die Wanderschaft zu schicken, damit ihm nicht vor Singen und Fabu liren die Luft an Ahle und Pechdraht noch völlig verloren geht. Auf baldig Wiedersehen also!" Man schied mit freundlichem Gruß; die Frauen gingen gegen die Fleisch brücke", deren kühner Bogen sich im Eise der Glashart gefrorenen Pegnitz spielte, Vcstner nach dem Gänsemarkt, den er mit einer, seiner sonstigen Gra dität widersprechenden Eile querte. worauf er in das enge Heugäßchen ein bog und endlich vor einem mit blecher mm Schilde als Taverne gekennzeich neten Hause inne hielt. Tie verschwitz ten Butzenscheiben im Erdgeschosse, hin ter denen Stimmengewirr? gedämpft hervorscholl, ließen auf eine fcuchtfröh liche Versammlung schließen, und in der That, nur ein völlig Fremder konnte es nicht wissen: Brauer Tucher verzapfte heute wieder einmal sein berühmtes Weißbier und dabei durfte Niemand fehlen, der etwas galt in der Geburts stobt des bernsteinhellen Wundertranks. Ter Neueintretende wurde mit einer achtungsvollen Freundlichkeit begrüßt, die solch gewichtiger Amtsperson gc bührte. Dreispitz und filberknäufiger Stab wurde ihm vom Aufwärtcr abge nommen und bald saß er neben Jörg , - dem Schneider in der holzgetäfclten Stube an einem der ungedeckten, mas fiven Eichentische, auf deren Platte im zühlige. klebrige Ringe besagten, daß sie heute bereits die Last Manches, stets frisch gefüllten Krügleins Gerstensaft getragen. Allgemach hatten sich den Beiden einige andere Gäste zugesellt; fo Wohlgemuth und Hirschvogel, die alten Malergenossen, nebst Veit Stoß, dem .Hayllosen Burger", wie man den trefflichen Holzschnitzer' wegen seiner sprudelnden Laune nannte, die dessen Zechfreunde nie aus dem Lachen zu bringen pflegte. Am Nebentische saß ein weißbärtiger Patriarch unter seinen fünf gleichgearteten Söhnen und Mit arbeitern, Peter Bischer der Erzgicßcr. Um so eigenartiger stach ein Gaft von diesem gemüthlichen Bilde aus Nürn berg's höchster Glanz und der Schaf fensperiode man schrieb 1511 ab, der, schwarz gekleidet, unruhig funkeln den Blicks im geldlichweißen, spitzbärtig eingerahmten Antlitz, stumm zuhörte und auch dem fremdartigen Getränke, das fast unberührt vor ihm stand, offenbar keinen rechten Geschmack abzu gewinnen vermochte. Es war Signor Salviati, Leiter einer der venetianischen Faktoreien, die von Nürnberg aus den Handel zwischen Hamburg und dem Orient vermittelten. Wiewohl seiner Händel wie Ränkesucht wegen nicht oc liebt,. mußte man sich, feiner Stellung in der Geschäftswelt halber, dessen etwas aufdringliche Gesellschast ruhig gefallen lassen. Besonders aus fällig suchte er na) in Vestncr's Nähe zu drängen und hatte auch heute ihm gegenüber Platz genom men. Ein Zufall gab dem Gespräche, das sich unter den Zunftgenossen bisher meist um kunstgewerbliche Angelegen heiten gerecht, eine neue Wendung. Ter Stadtpfeifer hatte eben die zehnte Bormlttagsstunde verkündet. Dies war. da Thurmuhren damals noch bedenklich dünn gesäet, eine Maßregel des wohl furftclitticlicn stavtralyes. Mren ei gentliche Quelle entsprang allerdings oben auf der Burg wo der Konstabel an den langsam verglimmenden Ringen einer Lunte die Tagesstunden ablas und durch Trommelschlag verkündete, was denn die anderen Thorwachen rings um die Stadt aufnahmen und glücklicher weise der umwohnenden Bürgerschaft lundthaten. Wer doch lieber die Thurmuhr von Sankt Loren, allzeit in der Tasche tra aen könnte!" meinte mit Bezug darauf scherzend der jeder Neuerung zugethane Bürger Holzschuher. .Sagt doch lieber gleich die zwe, riesigen Mcdren ouj Erz, die bet unS vi Venedig an die Glocke des Hh thurmeZ hämmern!" warf hämisch der Welsche ein. .Nun. vielleicht geräth'S eh' Ihr eS denkt !" bemerkte lächelnd HanS Be heim, dessen Titznachbar. .Hab da auf meinem Bau, dem Rathhaus. einen Schlosseraefellen. der wohl mehr ver steht, als hkißeS Eisen zu schmieden Heißt Peter Henlein " Ter Benetianer suhr auf; eine heiße Blutwelle schoß ihm jählings inS Ge sicht. Toch wußte er sich rasch zu fas sen; Niemand hatte eS bemerkt. .Ter sitzt stundenlang nach Feiev abend in seiner Dachkammer, fügt, dem Auge kaum sichtbar, Rädchen an Räd chen, feilt, prüft, horcht daran, feilt wieder und läßt nicht ab bis er vor Müdigkeit ins Bett sinkt" Ein Träumer, der feine Zeit unnütz verschwendet!" meint salviati gering schätzend. .Sagt daS nicht, lieber Herr!" ver theidiat Holzschuhcr feiern Schützling Ohne Vorbild, ohne Versuch kein Meister! Hätte Euer Landsmann Gianbellini nicht dem Antonio da Mefsina daS Geheimniß des Oelmalens abgeguckt und dann tapfer darauf los gepinselt, nie könnte sich Venedig der Werke jenes jugendlichen Tizian Vecellio rühmen, der ja ein wahrer König im Reiche der Farben fein soll! Also abwarten und wenn es gelingt, dann " . Wollen wir ihn in unsern Rath aufnehmen und mit güldner Ehrenkette bedenken!" schließt lächelnd Balthasar Veftner die Unterredung. .Wollen's beschlafen bis dahin. Gott befohlen. Ihr Herren!" Tamit erhebt er sich etwas schwer fällig, tauscht allseits Höndedrücke und tritt den Heimweg an. Fast gleichzeitig verläßt auch der Venetianer die ihm ohnedies nicht ganz behagliche Stube. ES hatte zu schneien aufgehört und gleich einer kupfernen Scheibe durch brach die Sonne die zerflatternden Ge wölke. Ganz in Gedanken über irgend einen Gegenstand in morgiger Sitzung, hört sich der ruhig dahinwandelnde Rathsbürger plötzlich angesprochen. Es ist Salviati, der tief den brritkrämpigen Hut zieht. Verzeiht, Euer Gestrengen, wenn ich die seltene Gelegenheit benutze." beginnt er zögernd, aber wessen das Herz voll, deß geht der Mund über! sagt ja ein deutsches Sprüchlein! " Schon längst kaum habt Ihr es wohl geahnt erfüllt Eures Töchter leins Bild meine ganze Seele. Ihr Liebreiz, Ihre Tugend haben mich be zaubert. Meine Verhältnisse kennt Ihr genugsam und wenn es Euch be liebte " Vcstner schien von dieser Werbung auf offener Straße nicht sonderlich er baut. Wann und was habt Ihr mit Eva bereits von Euren Absichten gespro chen?" srug er nicht ohne die gewisse Strenge. Ter Andere schien verlegen. Nun. bis jetzt wohl noch nirgend und nichts. Aber ich denke, ein einzig Wort aus des Vaters Munde " Ihr irrt. Meiner Tochter Wille ebenbürtige Wahl vorausgesetzt ist frei. Tort also llopft zunächst an. Ter Zutritt in mein Haus sei Euch nicht verwehrt!" Ter Venetianer erschöpfte sich in überschwänglichen Tankbezeugungen. Tann aber nahm er eine ' betrübte Miene an. Ach. würde mir doch meine Bewerbung nicht etwa vereitelt durch diesen Taugenichts" Vestner glaubte schlecht gehört zu haben. Taugenichts? Wen meint Ihr da? Ich will nicht hoffen, Herr" kam es ihm polternd über die Lippen. Salviati that erschreckt. Verzeiht ich dachte, Ihr wüßtet, daß ein junger Fant, ein Schlossergeselle es wagt. Euer Haus, wie der Wolf die Hände, zu umschleichen. Und vielleicht, so fürcht' ich, nicht ganz ohne Vorwissen Eurer holdseligen Eva!" fügte er dreist hinzu. Was sagt Ihr?" Wäre der Welsche ihm nicht leibhaft zur Seite. Vestner dächte, die Geister des Weißbieres txie den ihren Spuk. Und wie heißt der Bursche?" frug er endlich. Peter Henlein, Euer Gestrengen zu dienen. Derselbe, dessen Namen Ihr heute bereits als den eines nichtigen Grüblers vernommen. Doch seht selbst!" Man war an des Rathsherrn Be bausung angelangt. lim lunger Mann stand an halbgeöffneter Pforte, ihm gegenüber Eva. Beim Erblicken des VaterS, dessen zorngeröthetes Ant litz nichts Gutes weissagte, entfloh diele mit unterdrücktem Aufschrei in den Hausflur, der Jüngling trat m rück und grüßte ehrerbietig, doch ohne Scheu. Vestner, der dessen schleunige Flucht als etwas ganz Natürliches erwartet hatte, schien fichtlich verblüfft und blickte sich unwillkürlich, wie eine Auf klärung heischend, nach seinem bisheri gen Begleiter um. Der aber war ver schwunden. Aergerlich darüber, ander seits durch einen prüfenden Blick in das offene, treuherzige Auge des Jünglings halb entwaffnet, winkte er ihm gebiete rikch. zu folgen. Und nun. in da? Studirzimmcr ge treten, begann ein eingehendes Ver hör. daS allerdings ein ziemlich unbe frikdingendeZ Ende nahm. Mag ihm auch mein Kind gewogen fein ein Schlossergeselle bekömmt eZ nicht und wa? Eure Ersindung anbelangt, die schlagt Euch vollend? aus dem Kopf...." .Nur bis Ostern wenige Wochen gebt mir Frist, gestrenger Herr! Hab' ich bis dahin mein Ziel nicht erreicht, so will so muß ich verzichten " Veftner war ein gerechier Mann, der sich den Spruch oberhalb der Rath ftubcnthüre: Eins mann? red ist ein halbe red. Man soll die teyl verhören bed" zur Richtschnur seines Handelns machte. Deshalb erwiderte er auch, nicht ohne Anflug von Ironie: .Gut. EZ fei at währt! Doch mir däucht schon jetzt: Eher heckt eine Gluckhenne ein Uehrlein auS ihrem Ei. als daß unter Eueren ungelenken Schlossersäusten solch zierlich Tinq erstünde. Und damit: Valete!" Tie schwere Thür flog ziemlich räuschvoll hinter dem Entlassenen in's Schloß. Gewiß hätte dieser trotz alle dem nicht mit fo ruhiger Zuverficht in die Ferne geschaut, wäre er dcS giftigen Blicks gewahr geworden, dem ihm sein lauernder Nebenbuhler auS dem bet genden Tunkel einer unfeinen HauS nische nachsandte So gingen zwei Monate in's Land, Eva empfing Salviati's Besuche, die sie nicht hindern konnte, mit höflicher Zu rückHaltung: der junge Schlosser ließ sich wohl nicht blicken, aber wer hätte behaupten mögen, daß er nicht doch ir gendwo das geliebte Mädchen von den Fortschritten seiner Mühen und Hoff nungen auf dem Laufenden erhielt ? Und nun kam daS schöne Osterfest. Goldig blitzte die Frühlingssonne auf den tausend Tüchern und Giebeln oer stolzen Patrizierftadt, lockte frisches Grün und sammetweiche Kätzchen aus Wiese und Strauch; sogar der Klap perftorch hatte schon sein Nest, gleich ei nem alten Recht, hoch oben am Heiden thurm der alten Zollernburg bezogen. Laue, wohlige Luft durchzog die wieder erwachte Natur; Alles athmete Frieden, Freude und neues Leben. ' Da. eben rüstete ich Rathsherr Best ner mit den Seinen zum sonntäglichen Kirchgange, meldet der eiserne Thür klapfcr einen unerwarteten Besuch: Peter Henlein. der Schlossergeselle, tritt bescheiden, doch in zuverlässiger Haltung ein und bittet, der ehrsamen Jungfrau Eva Vestnerin ein Osterei als Zeichen der Verehrung überreichen zu dürfen. Taniit legt er ein Bastkörbchen mit weichgebetteter, eiförmiger Silber kapscl in deren vor Aufregung zitternde Hände. Eine bange erwartungsvolle Lause tritt ein. Ta was ist das? Tik-tak. tiktak! klingt es heraus ein Federn druck: es springt auf deutlich weist das Innere Zeiger und Zifferblatt ei ner winzigen Ühr. und kling, kling, kling! kündet ein Schlagwerk, fein wie ein Kinderstimmchen, die achte Stunde Während nun auch Vestner, An fangS starr vor Staunen, das schier unfaßbare Wunder in Augenschein nimmt, fliegt die überfelige Eva mit Hellem Jubelruf dem Geliebten an die Brust, und der biedere Rathsherr, als Mann von Wort hat nun freilich nichts Anderes zu thun, als Ja und Amen zu sagen. Ter kurz darauf in schadenfroher Erwartung des Mißlingen? vorspre chende Salviati wird natürlich mit be dauerndem . Achselzucken empfangen, verläßt enttäuscht und erbittert das Haus und bald nachher auch die, ihm mit einem mal so überaus unleidlich ge wordene Stadt. Anderen Tags, beim fröhlichen Vö gelschietzen der blüthenknospenden, frifchgrünen Rofenau, sitzt Eva Hand in Hand mit ihrem, plötzlich zu hohem Ansehen unter seinen Mitbürgern ge langten Verlobten. Dessen wunder sames Ostergeschenk aber, das erste Nürnberger Eyerlem", ziert an kost barer Kette ihre Bru t und pocht um die Wette mit den Schlägen ihres freu- big erregten Herzens ,H i es e' Auch eine Osier-eschichte. Weber. Voii Willy Da saßen sie und warteten seit einv gen Wochen auf den Einzug des Früh lings. Der hatte unten im Thale zwar schon glatte Arbeit gemacht, aber da oben in diesem weltverlassenen Dörfchen des Thüringer Waldes wurden ihm doch zu große Schwierigkeiten in den Weg gelegt. War doch Anfang März droben ein Schlitten im Schnee stecken geblieben und wenn jetzt am Mittag die Sonne die Landstraße aufthaute, kam des Nachts ein rauher Nord, der von Neuem eine Eisdecke brachte. 's ist bald nicht zu glauben," brummte der alte Oberförster Lindner, indem er eine mächtige Rauchwolke ge gen die Decke blies. Da sällt nun Ostern in diesem Jahre spät, aber wir in unserem Sibirien Ach, Vater," unterbrach ihn Gertrud, desto schöner ist 3 m unserem Sibirien dann im Sommer. Da be neiden uns ja die drunten im Thal um unsere luftige Höhe." In diesem Augenblick wurde am Fenster ein schinales, zartes Köpfchen , sichtbar, ein paar kluge Braunauzen blickten inS Zimmer. .Tie Ricke " r.c Gertrud aus, .wie konnte ich nur vergeßlich sein. Komm' rein. Rick chen " damit hatte sie die Thür ge önnct. Und über die -chwelle schu ein jungeS Ach. ein wundervoll gebau teS Thier, welche? da? Auge eines jeden WaidmanneS entzücken mußte. Ohne jede -cheu trat eS näher, beschnupperte wie zum Gruße die Hand deS jungen Mädchens und schreckte nur wenig von der Rauchwolke zurück, die den Lehn ftuhl deS Försters einhüllte. .Ricke" war seit etwa drei Jahren beim Förster. Gertrud hatte daS Thier, chen zu Tode erschöpft und entkräftet hülslos im Walde gefunden, eS Hatte augenscheinlich mit dem einen Vorder fuß eine hart gefrorene Schneedecke durchtreten und die scharfen Ränder der Eiskruste hatten die fesseln verletzt ES war ußer Stande, sich emporzu richten und hätte verhungern müssen Ta erschien Gertrud als Retterin in der Noth; sie nahm das Thierchen auf, trug eZ nach Hau, stärkte eS durch Speise und Trank und legte ihm einen kunstgerechten Verband an. TaS Thier erholte sich unter der Hand seiner sorg samen Pflegerin überraschend schne und war von einer solchen Anhänglich keit und Treue, daß eS bald den ersten Platz im Herzen Gertruds sich erobert hatte. Ter Förster war zuerst brum mig: Rehe feien doch keine Hausthiere, hatte er gemeint, aber schließlich hatte er sich in das Unvermeidliche gefügt und fo war .Ricke" wirklich zum HauS thier avancirt, daS mit dem Rothkehl chen. das am Morgen einen Flug durch das Zimmer unternahm, ebenso gut Kameradschaft hielt, wie mit den Kühen im stall und den beiden Jagdhunden, denen dies Stück verkehrte Welt" etwas sonderbar vorzukommen schien. Jetzt war Ricke" sogar ein beruhm tes Thier geworden, daS man im gan zen Reich schon kannte. .Ricke" war nämlich entdeckt" worden Im Sommer vor zwei Jahren war s ge, wesen, da war der Maler.Klinger in das einsame sZorstyaus gekommen, eine unbekannte Größe in den Kreisen seiner Kunstgenossen und beim Publikum Er war verärgert, verbittert, er fand keine Gelegenheit, feine Talente zu vev werthen, überall stieß er auf eine Cli quenwirthschaft, es gelang ihm nichts, gar nichts. Ta oben wollte er Ruhe finden, er wollte sich sammeln, er wollte mit sich selbst in s Reine kommen. Es ostete viele Mühe, den alten Förster zu bewegen, dem Fremdling die Oberstube deS Forfthaufes einzuräumen. Wenn sich da nicht Jung-Gertrud in's Mittel gelegt Hütte, würde der junge Mann wohl oder übel wieder hinunter in'L Thal steigen müssen, so durfte er bleiben für wenig Geld und viel gute Worte. Am ersten Morgen hatte man ihm den Kaffee im Wohnzimmer servirt. eS fei oben nicht Alles in Ordnung, hatte sich Gertrud entschuldigt. Ta hatte er sich denn Alles wohl schmecken lassen und sich dann in die Zeitung vertieft, die der Landbriefträger eben gebracht hatte. Er achtete nicht aus den sonder baren Geklapper, das sich ganz im Takt durch die Stube fortpflanzte, erst als er an der Wind einen warmen Athem und plötzlich etwas Kaltes. Weiches fühlte. blickte er erstaunt auf. Vor ihm stand dreist und gottesfürchtig Ricke", die ihn mit einem Blick neugieriger Scheu musterte. Voll Bewunderung hingen die Augen des Malers an dem reizenden Horn an oem cyianien als es überkam ihn wie eine Offenbarung das mußte er malen, das mußte er auf Leinwand bringen, die Haltung, den Blick des Thieres .... Er sprang empor und klapp, klapp, klapp, klapp war Ricke" aus dem Zimmer verschwun den. Mit Hülfe der Vermittlung Ger truds schloß er bald Freundschaft mit dem Thier, das wohl glauben mußte. er gehöre zur Familie. Ricke" wurde sein Modell, das ihm umsonst stand" oder saß". Er zeichnete Rehköpfe, Rehkörper, Rchfüße. springende, üfende. schlafende Rehe. Die Entwürfe sandte er den Redaktionen der lllustnrten Zeit schriften ein, sie wurden acceptirt. Das ermuthigte den Maler, er vertiefte sich immer mehr in seine Ricke", die feine beständige Begleiterin wurde. Jetzt mußte er endlich, was er wollte Thiermaler wollte er werden. Als er Abschied nahm von der För sterfamilie. ging er, erfüllt vom Eifer und von Siegeszuversicht. Der Förster knurrte ingrimmig, dieser Großstadt, mann hatte ihm gar nicht imponirt, Mit dem Zeichenstift und Malpinfel hatte er ja umzugehen verstanden, aber eine rechtschaffene Jagdflinte hatte er nie in die Hand genommen, 's waren doch Jammerkerls, diese Großstädter. Na. mit fo einem sollte ihm mal feine Trude kommen, den wollte er schon jagen Seine Tochter war ein Für sterfrau das war so sicher, wie zwei mal zwei vier. Gertrud empfand das Fehlen des Hausgenossen schmerzlich. Sie kam sich einsam und verlassen vor, obschon der Maler seine Zurückhaltung ihr gegen über nie aufgegeben hatte. Er würde schreiben, hatte er versprochen, er würde nie in seinem Leben vergessen, was er ibr und ..Ricke" zu danken habe, hatte er gelobt aber was sind Versprechen, was Gelübde? Doch daS Versprechen hatte er gehal ten. er hatte geschrieben, höflich, sor mell, aber doch in , herzlichem Ton. Tann hatte er Zeitungen geschickt, in denen Nöthen und Artikel blau ange strichen waren. Er Hatte den zweiten Preis Halten. Sein Bild ., Reh batte in der Kunil Ausstellung Auf sehen erregt. Tann aber war jede Nachricht ausgeblieben. Gertrud hatte aber gelesen, daß der Maler Klinger vom Ministerium ein Stipendum er halten bade zu einer längeren AuZdi dungsreife nach Italien. .Nun kommt er daher mit Brausen. lachte der Förster am Edarfreitag. als der Westwind bedenklich an den Fen ftern deS JorfthaufeS schüttelte und rüt teilt, 's wird Ostern und daS ift auch die höchste Zeit; wir sind von der Welt lange genug abgeschlossen gewesen Gertrud ließ den Kopf hängen und .Ricke" trippelte unruhig auf dem Hausflur auf und nieder. .WaS hat denn daS Beefli' fragte der Förster, schon seit einigen Tagen läuft? herum wie besessen." Aber ich bitte Tich. Papa." ant wortete Gertrud ganz ernsthaft. .Ricke wird Besuch erwarten Ofterbesuch. da ist sie heute schon etwaS aufgeregt. Unsinn, brummte der hör 1er, .wer soll denn jetzt zu unS heraufkraxeln man bricht ja feine sämmtliche Beine Gertrud lächelte vor sich hin und fühlte nach ihrer Kleidcrtasche. in der ein Brief steckte, der am Morgen gekom men war und ln dem Ter erste Ostcrtag. Eben hatte die Sonne die ersten Strahlen über die Höhen des Gebirges geworfen daß die Felsspitzen zu glühen schienen während die Ncbelmassen in phanta ftischen Formen in's Thal hinunter at drückt wurden, da öffnete sich auch schon die Thür des Försterhauses. Ter Förster erschien in seiner Uniform um sein Revier nochmals zu begehen Vorher inspicirte er noch den Hühner hos, die Ställe, die Hundehütten und kam auch in das .Heuftadl". m dem Ricke" die Nächte zu verbringen pflegte. Tie Thür war bis zur Hälfte geöffnet.' Der Förster trat hinein. Ricke" war nicht drin. Er sah aber das Lager." er fühlte mit der Hand hinein, es war noch warm. Vor 'ner Viertelstunde ausgerückt," murmelteer, wo ist denn da Beest hin? Die gan zen Tage wars schon wie verdreht.' Dann pfiff er dem Dackl" und mar chirte hinaus. Alle Wetter, war das ein Frühlings, wind! Ter Förster schlug den Kraaen einer Joppe hoch und steckte die Hände n seinen Jagdmuff. Und wieder kam ein Windstoß, daß ihm der Athem ver, chlagen wurde und er sich rasch um, manoie. cy nu nee." knurrte er. umwerfen laß ich mich noch lanae nicht." Und er bekräftigte feine Worte, indem er den Riemen der Feldflasche, die über feiner Schulter hing, nach vorn zog. Er schraubte den Verschluß aus und nahm einen kräftigen Schluck, Tonnerwetter,, das war ein guter Eognac die Gertrud war doch ein Prachtmädel, daß sie so für ihn sorgte! Er uchte wieder gegen den Wind zu ommen; keuchend hastete er vormärt Dabei überlegte er sich die Sache. Was konnte denn nun schön heute früh im Revier passiren? Gar nichts! Diesen Dörflern da unten war freilich nicht zu rauen, die wilderten nach der Schwie- gleit. Aber wer sollte denn heute. am ersten Feiertage, bei diesem Wetter ich herauswagen? Er hatte ,a im Rc- vier einen guten Hochwildstand, Pracht- Hirsche, aber die warfen doch ickt die Mweiye ao, die steckten in den tiefsten Dickichten, in die vermochte er selbst nicht zu dringen. Aber die Rehe? Die waren jetzt fo scheu und außerdem lohnte es nicht, eins zu schießen; das Fleisch war za kaum genießbar. Das Klügste wäre wohl, wenn er sich bis zur Landstraße durchschlüge und dann vielleicht hinunter in's Städtchen zu einem lrättlgen Ostcrschoppen ginge Er schraubte den Becher seiner Feld flafche wiederum auf. genehmigte einen weiteren schluck und schlug sich seit wärts durch die Büsche nach der Land raße. Er erreichte den Weg nach verhält nißmäßig kurzer Zeit. Hier hatte man wenigstens festen Grund unter den Füßen. Wenn er tapfer' ausschritt, konnte er in zwei Stunden drunten ein, zwei runoen ra ten vei einer Flasche Pontet Canat, er schnalzte mit der Zunge dann war er in zwei Stunden wieder zu Haus, gerade zur rechten Zeit zum Mittagessen. Er stapfte kräftig vorwärts. Der Sonne gluthrothe Scheibe hob sich höher und höher. Vor ihm in dem dicken Nebelschwaden blitzte es auf aha, das war der Knopf der Kirche im tädtlein. Aber so leicht ließen sich die Nebel nicht vertreiben, sie stiegen wieder auf und schoben bald hier, bald da eine undurchdringliche Coulisse quer über die Strasze. Tann erhob sich der eine streif und zersiaiterte im Son nenlicht, der andere senkte sich, verdich tcte sich und rollte sich gleich einer ge wältigen Kugel in die nächste Wald- dichtung. Verrücktes Wetter." sprach der För er vor sich hin, ich möchte am liebsten wieder umkehren." Aber ehe er noch hinzukommen konnte, blieb er wie gebannt auf dem Fleck stehen. Ein Geräusch war zu ihm gedrungen. Ein Stampfen und Trampfen auf der Landstraße. Er horchte angestrengt, er legte die Hand intcrs Ohr. Langsame, leise schritte kamen ihm entgegen Rechts im ntcrholz krachten die dürren Fichten zweige, da drängte sich wohl ein Reh durch da? Gcftrüpp auf der Flucht vor seinem Verfolger. Der Förster riß die Flinte von der Schulter. .Ruhig. Tackl." befahl er noch, aber Tackl jagte in langen Sätzen die Straße entlang. So ein Hallunke," schimpfte der Förfter, .und daS hat doch fonft 'nen scharfen Comment " Er brachte die Flinte in Schußhöhe. Vor ihm au? dem Nebel trat eine Ge ftalt herau? in verschwommenen Um rissen der Wilderer ohne Zweifel, da? Krachen im Unterholz wurde ftär ker, der Dackl schlug an in den schrill stcn Tönen .Halt!" schrie der Förster, indem er hinter einem Baume Deckung suchte, .halt, das Gewehr weg oder ich schieße...." Ter Kerl auf der Straße kümmerte sich um den Anruf gar nicht, er kam mit unheimlicher Schnelligkeit näher und immer näher. Halt!" rief der Förster nochmals, halt!" und legte schon den Zeige fingcr an den Abzug. Inzwischen hatte sich die Gestalt aus dem Nebel entwickelt. Herr." rief ihn ein junger Mann an. wie können sie mir denn Halt gebieten? Das ist eine freie Landstraße, da kann gehen, wer Lust hat, und sie haben gar nichts Ach Herr Ober förfter Lindner, Sie sind'S?" brach er plötzlich ab. .Wenn Ihr Ding da losgegangen wäre, hätte eS ein Mal heuer geben können." Der Oberförster hielt noch immer sein Gewehr im Anschlag. Ta kam der Hund wie toll vor Freude zu ihm gesaust. auS dem Gebüsch trottete Ricke eiligst heran, so daß der Förster ein sehr verdutzte? Gesicht schnitt. Ofteruberraschung." meinte der zunge 'Mann, mich scheint man hier oben immer noch zu kennen nur Sie...." So, so, der Herr Maler Klinger," agte der Förster, ich hielt sie für einen Wilddieb. DaS weiß ich; aber ich bin doch nur hier herauf gekraxelt, um ein Dieb zu werden, allerdings kein Wild, sondern ein Herzensdieb. Ihre Gertrud hats mir angethan .... Am liebsten aber möchte ich zwei auS Ihrer Familie heirathen, die Ricke" nämlich auch mit." Am Abend wurde Verlobung gefeiert im fförsterbause. Da dränate sicb Ricke" in's Zimmer. Wo ist denn das Beest beute in aller Herrgottsfrüh gewesen?" fragte der Förster. Das ist kein ..Beest". Pava." saate Gertrud ganz ernsthaft, die Ricke" hat Menschenverstand: die muß des halb hoch geachtet werden. Als ick den Brief von Karl erhielt, der mir feinen Besuch aukündigte, sagte ich der Ricke" eile ,n s Pak aus. am ersten Osterfeiertage in der frühesten Frühe kommt Besuch. Maler Karl Klinaer. der Dich schon so oft abkonterfeit hat. Dem mußt Tu entgegenlaufen, na, und hat nicht Ricke" ihre Pflicht er üllt? Vor Taaesanbruck ist sie los- gegangen; an der stadtgrenze hat sie meinen Bräutigam erwartet, begrüßt und bis zu uns geleitet " Laß Tich das Tonnerw...." nurrte vergnügt der alte Föper. ..mit dem Jägerlatein hats meine Tochter auch schon heraus " Rossini und Paganini als Harfen mädchcn. Ter kürzlich in Italien bcrrsckende Karnevalsjubel und Trubel gab der römischen ..Tribuna" Veranlaisun. an eine merkwürdige Maskerade zu erin nem, oie geraoczu yisiorlscy genannt werden kann. Massimo d'Azeglio er zählt den interessanten Fall" 'folgen dermaßen: Rossini und Paganini wa ren in Rom, die Liparini sang, und am Abend kam ick oft mit ibn unk mit anderen närrischen" Zeitgenossen zusammen. kam die Karnevals zeit, und eines Abends sagten wir uns: Wir wollen eine 'Maskerade veran tal- ten!" Wir beschlossen, uns als blinde Bettler zu verkleiden und auf den Straßen zu singen, wie die Bettler sin gen. wenn sie Almosen verlangen. 15 wurden einige Verslein zusammenge schustert, die also lauteten: Siamo ciechi Siamo nati Per carrmar Di cortesia In s-iornat:. d'allegria No si nega ctrita." Wir sind Blinde, wir sind aeboren. um von Almosen zu leben: am Tage der Freude ift man mildthätig.) Rossini eme die erie sofort m Mus s? hu beaannen die .Proben", und frfiIi-6iiA wurde bestimmt, daß die Geschichte am aflnacytsoonnerstag in szene gehen sollte. Die Unterkleidung her 'mu, wirkenden sollte hochelegant sein, dar über aber sollten wir schmutzige, zerfetzte Lappen tragen. Rossini und Paganini stellten eine Art Orchester dar, indem sie als Mädchen verkleidet, ,m?i nU, Harfen zupften. Rossini hatte mit großem Gesckick seine nknpknn s-K? m. " r- I-,- -..v... Vf gen Körperfonnen durch Wergbündek o gewaltm erweitert, dak er ,inr ith.r. menschlichen oder vielmehr iinmnf(f. Itchm Eindruck machte. Paganini. der dünn war wie ein Plättbrett'und dessen Gesicht aroke 'ätlmUMeH mit ;.m Violinbogen hatte, erschien als Weid doppelt dürr und hager. Die Gruppe machte Furore. Zuerst erschienen wir in zwei oder drei Häusern, dann sanoen wir aus dem I?N1-sn rnh nflfirmh V. Nacht auf einem öffentlichen Masken vuu.