! 1 ! 1 - - - Hcine erste Kur. Humorii'.iiche Eiinnerung aui htm ?öilin, ger Ltiideiiicnlkden i;on W tl6. Tie VcZanntschaft meiste? Freunde? Wichmann machte ich. al? ich von der Tkrtia nach Sekunda war. Er war 2 Jahre älter al3 ich und batik, da kr wegen Kränklichkeit die Schule oft der säumen mußte, nicht so schnell die las scn absolvirt wie ich. ES liegt etwaS Wunderbare? und Unerklärliches nicht allein in dem ersten Erwachen der Liebe, sondern auch in. Entstehen der Freundschaft. Gleichge sinnte schließen einen greiindschafls bund, aber nicht immer gleichgeartcte Naturen. Oft kommt es vor. daß un gleiche Naturen sich anziehen. TieS war bei unS beiden der Fall. Wich mann war von sehr ruhigem Tempera ment und langsamer Auffassungsgabe, ich feurig, leidenschaftlich erregt und schnell auffassend. Wenige Wochen, nachdem wir unS kennen gelernt, waren wir mit einem Male unzertrennliche Freunde gewor den und find eS durch unser ganzes Leben. 37 Jahre lang, bis auf den heutigen Tag geblieben. Wir waren so unzertrennlich wie Orest und PyladeS. Ich glich dem Orest und Wichmann dem PaladeS. Tcr Bater Wichmann'S war GutS defider. Sein Gut lag nur 3 Meilen von meiner Vaterstadt entfernt. In den Ferien, namentlich in den Hunds ItagSserieit, war ich oft auf diesem Gute zum Besuch und habe dort zuerst die Annehmlichkeit und das Behagen des Landlebens kennen gelernt. Alles, was man dort aß, schmeckte sehr viel besser als in der Stadt. Schon das mächtige, selbstgebackene Landbrot hatte einen viel angenehmeren Geschmack als da? stark gesäuerte Stadtbrot. Tie frische But. ter und frische Milch war unendlich viel schöner als in der Stadt, und im Win ter war die srische Wurst ein Hochge nutz, welches den Städtern nicht oft ge boten wurde. Als Wichmann und ich Ostern 1803 die Universität Göttingen bezogen, wohnten wir im ersten Semester in verschiedenen Häusern, blieben aber im Berkehr unzertrennliche Freunde. Im zweiten Semester zog auch Wichmann in'S HauS Henle. Geiststraße 2, wo ich bereits ein Semester gewohnt hatte. Wir haben dort fünf Semester, welche wir noch in Göttingen gleichzeitig der. lebten, auch zusammengewohnt. In diesem Hause sorgten der StiefclfuchS Linne und feine Frau trefflich' für die fünf Studenten, die sich bei ihnen nie dergelassen hatten. Mit uns zusammen wohnten dort unser alter Schulkamerad Mathias und Herr Becker. Jeder hatte , eine kleine, niedliche Puppenstube, wie man sie in Göttingen als Studenten buden vielfach findet, nebst Kämmerchen daneben. Mein Stübchen war so klein, daß ich. um mein Paletot anzuziehen, erst das Fenster öffnen und einen Arm auS demselben herausstrecken mutzte. Trotzdem hauste ich sehr gemüthlich dort, und wir alle konnten uns eine bessere Aufwartung, als sie unS die im mer freundliche und heitere Frau Lmne gedeihen ließ, gar nicht wünschen. Wichmann und ich hatten zwei anem anderstoßende Zimmer, wir theilten nicht nur Freud und Leid, sondern auch unser Abendbrot, welches wir ab wechselnd, bald auf der Bude deS einen, bald auf der des anderen einnahmen. Dasselbe war natürlich, wie eS bei Studenten, die keinen grotzen Wechsel haben, zu sein pflegt, kein luxuriöses. Als Auflagen figurirten regelmätzlg die weltberühmte Göttinger Mettwurst und twaS Lederkäse. Unser Getränk war Thee, den Frau Linne trefflich zu be reiten verstand. Wir gehörten derselben Verbindung an, während unser Schul freund Mathias und Herr Becker in eine andere eingesprungen waren. Dies hin derte uns aber nicht daran, einander ab und an zu besuchen und gemüthlich mit einander zu plaudern. Mein Freund Wichmann war in der Wahl seiner Eltern Sutzerst vorsichtig gewesen. Da fein Vater Gutsbesitzer war, versorgten ihn seine Eltern oft. namentlich im Wintersemester, mit angenehmen Kisten und Packeten, die von unS beiden ge meinschaftlich geöffnet wurden und die köstlichsten Dinge für einen hungrigen Studentenmagen enthielten. Leber Würste. Fleischwürste. Rothwürste. Mett würfte. sorgsam in Heu verpackt, wur den von unS aus den köstlich duftenden Kisten hervorgezogen, zuweilen beglei tete ein Pfund Butter, ein vorzüglich auSgebackeneS. ungeheures Landbrot, , zuweilen sogar ein ganzer Schweine ' braten die Wurftsendung. . Ich war natürlich stiller Theilhaber dieser Wurftsendungen. Alles wurde dann wieder vorsichtig in die Kiste versenkt ,-imd wir konnten wochenlang in den Genüffen einer solchen Kiste schwelgen. Vor unseren Freunden und Bekannten hielten wir diese Wurstsendungen mög. lichft geheim, um nicht in der Zeit, in welcher wir an denselben zehrten, zu viel freundschaftlichen Besuch zu erhalten. EineS Tage? hatte Wichmann wieder ine Kiste von ungeheuren Dimensionen erhalten, wir hatten dieselbe mit grotzem Behagen durchforscht und an dem Abend desselben TageS einen Theil deS In haltS bereits gekostet. Dann suchten wir unsere Kneipe auf und kamen solide noch vor Mitternacht nach Haus. Ge gen zwei Uhr Morgens erwachte ich durch ein Geräusch auf der Stratze. ich ... hörte meinen Namen rufen, öffnete mein Kammerfenfter und schaute hin Der Ämtagsgasi. Jahrgang 20. Beilage zum Nebraska Ttaats-Anzeigcr. No. 47. auS. Von der Stratze herauf ertönte die Stimme meine Schulkameraden Mathias. Feld", rief er, .wir haben hier einen Kranken, der Deiner Für sorge dringend bedarf. Mein Freund Becker hat schon früher zuweilen bei Nacht schwere Anfülle von Heißhunger gehabt, die Anfülle verlieren sich leicht, so bald der Kranke eine ganze Kleinig keit genießt, sei es ein Häppchen Butter brot oder eine Schnitte Wurst. Heute Abend trat unterwegs, als wir von un serer Kneipe kamen, der Anfall sehr beängstigend auf und hat zu einer vollständigen Ohnmacht geführt. Dir als Sachverständigen werden die Krank heitserscheinungen bekannt sein." Ich stand damals erst im zweiten Semester, hatte also noch so gut wie gar keine medizinischen Kenntnisse, fühlte mich aber doch durch dieS Vertrauen ge schmeichelt. Wir wollen." -fuhr Mathias fort, den Kranken vorsichtig in seine Kam mer tragen und zu Bett bringen, müs fen aber, um dem qualvollen Zustande ein Ende zu machen, für seinen Heiß Hunger etwaS Eßbares auftreiben. Auf seiner Stube sowohl wie auf der meini gen ist nicht das Geringste vorhanden, solltest Du vielleicht, der Du als Arzt sür alle Fälle gerüstet bist, ein Stück Brot und Wurst in Deiner Kantine ha den? Du rettest dem Todkranken wahr scheinlich daS Leben!" Ich hatte leider nur noch einen har ten. vertrockneten Brotknust in der Speisekammer meines Sekretärs. Doch durfte ich als Arzt meine Hülfe nicht verweigern. Ich selbst habe auch nichts auf meiner Bude," rief ich hinunter, aber mein Freund Wichmann hat gestern Morgen eine Kiste mit einigen Vorräthen von HauS erhalten, ich will ihn wecken, tragt unterdeß den Kranken die Treppe herauf!" Welch ein glücklicher Zufall!" rief Mathias, wir kommen und bringen den Kranken auf Wichmann'S Stube!" Ich weckte Wichmann, der ebenso wie ich ein mitleidiges Kerz hatte und gern bereit war, dem Kranken auS der Wun derkiste die ersehnte Labung angedeihen zu lasten." ES erschienen in seiner Stube außer unserem einstigen Schul kameraden Mathias vier Verbindung? brüder desselben, zwei von ihnen trugen einen anscheinend leblosen Körper, wel cher vorsichtig auf daS Sopha meines Freundes niedergelassen wurde. Wir hingen dem Kranken die dunklen Locken in die bleiche Stirn, die Augen waren geschlossen, der Mund schmerzhaft der zogen, zuweilen hob ein Seufzer seine Brust. Zunächst holte Wichmann eine Flasche alten Korn, der diesmal die üppige Wurftsendung begleitet hatte, aus der Kiste hervor, dem Kranken wurde vorsichtig ein Theelöffel dieses Lebenselixirs eingeflößt. Er konnte glücklicherweise noch schlucken. Die ftür kende Arznei hatte einen zauberhaften Erfolg. DaS Athmen deS Kranken wurde ruhiger, ein friedliches Lächeln umspielte seinen Mund. Nun wurde sanft eine Scheibe Leberwurst in den halb geöffneten Mund geschoben. Wirk lich erfolgten jetzt deutliche Kau bewegungen und Schlucken. Das Ge ficht deS Kranken röthete sich, er schnalzte jetzt deutlich mit der Zunge. Nach die fern glücklichen Erfolge wurde ein gro ßeS Stück Fleischwurft dem Unglück lichen in den Mund gestopft. Zu un serer großen Befriedigung setzten sich die Kaumuskeln wieder in gleichmäßige Bewegung. Mit einem guten Schnaps glaS Korn wurde nachgespült. Das Experiment glückte, der Kranke schluckte offenbar den alten Korn schon mit Be Hagen. B'cker schlug die Augen auf und schien gerettet. , Inzwischen hatte der ungemcin gut herzige Wichmann auch die anderen Herren ersucht, die Vorrathe zu probi ren. Nach einigem Zögern, daS mir allerdings etwaS erkünstelt vorkam, ließen sie sich dazu herbei. Ihr Appetit erregte unsere Bewunderung. Nur wer der Fütterung der Löwen im zo,logi sehen Garten beigewohnt hat, kann sich eine Vorstellung von diesem grotzarti gen Appetit machen. Eine Wurst nach der anderen verschwand, eS entschwand daS mächtige Landbrot unseren stau nenden Blicken, es schrumpfte der rie sige, kalte Schweinsbraten immer mehr zu einem lächerlich kleinen Reste zusam men. Ter Kranke ißt jetzt tapfer mit. Unser Schulkamerad Mathias schlug nicht die schlechteste Klinge, die Futter liste war so gut wie geleert. Plötzlich kamen über mich leise Zweifel, ob die Krankheit deS Herrn Becker wirklich echt oder nicht vielleicht simulirt gewesen sei. Fürchterliche Gewissensbisse quäl ten mich, den Proviant meines Freun deS verrathen zu haben. Ich schwankte zwischen dem Gefühl erfüllter Pflicht und dem Zweifel an die Wirklichkeit der Krankheit. Jetzt erhoben sich die gesättigten Kommilitionen. alle ge schwollen wie die boa cemstrictor, welche soeben einen Ochsen verspeist bat. Mit großer Rührung, die mir aller ding? keine natürliche zu sein schien, sprach Mathias seinen Tank für die wunderbare Errettung deS Kranken aus sicherem Tode auS. Er und Becker, der jetzt völlig wiederhergestellt schien und einen Witz über den anderen riß. such ten ihre Buden auf. Die anderen wur den von unS die Treppe hinab geleitet. ein herzlicher HSndcdruck. und sie schieden unter der Versicherung, sie hoff ten. sich bald für daS lukullische Mahl revanchiren zu können. Ich habe später als praktischer Arzt zuweilen bei einer glücklichen Kur, bei der das Verdienst, das ich mir um den Kranken erworben, übermächtig geprie sen wurde, in ähnlicher Weise daS Ge fühl gehabt, als wäre die Krankheit, die ich so leicht gehoben hatte, nicht so schlimm gewesen, wie die Angehörigen behaupteten. Der Tempelherr. Eine FastnachlSgeschichle von P. Kaldemey. Und damit Du gleich weißt, Ge liebte, unter welcher Maske Du mich zu suchen hast, will ich Dir jetzt schon sagen, daß ich morgen Abend daS Kostüm eines Tempelherrn tragen werde." Ich komme als schwedische Bäuerin, meine gelbseidene Schürze wird mich Dir wohl sofort kenntlich machen. Aber, Udo, wie bist Du in den Besitz des Tem pelherrnkleides gelangt?" Die Hauptstadt hilft mir aus der Verlegenheit. Ich erhielt noch heute von dem Maskenverleiher, an den ich mich gewandt hatte, die Nachricht, daß das Gewünschte pünktlich zur Stelle sein würde." Dann also auf Wiedersehen. Schatz, morgen Abend. Wenn ich nicht irre, sieht Frau von Wolter, die Etats mäßige, sehr interessirt herüber; schein bar hat die Unterredung zwischen Herrn Leutnant von Götz und Fräulein Eva Weftmark die von ihr als zulässig befundene Zeit schon längst über schritten." Niemand wünscht dem Etatsmätziger sehnlicher ein Regiment als ich, dann verschwindet doch endlich sein Weib, die alte Giftwurzel!" Karl, ist eine Kiste für mich ange kommen ?" Zu Befehl, Herr Leutnant; ich habe sie schon in'S Schlafzimmer gebracht. Es ist doch sicherlich dem Herm Leut nant fein Kostüm für den Maskenball drin." Richtig gerathen und weise gchan delt! Wir wollen gleich auspacken, da nur noch eine Stunde bis zum Beginn des Festes fehlt, und der Herr Oberst auch im Ballsaal auf Pünktlichkeit hält. Also los. Kuckein!" Wie die beide? Männer Leutnant und Bursche so nebeneinander ftan den, wußte man wirklich nicht, welchem von ihnen man den Vorzug geben sollte. Hoch gewachsen, mit dichtem blondem Schnurrbart, ähnelten sie einander un streitig etwas, nur daß die Erscheinung des um einige Jahre älteren Offiziers noch kräftiger und stattlicher war. Kuckein vermochte kaum einen AuS ruf der Bewunderung zu unterdrücken, als er den Kistendeckel abhob und vor seinen Augen das glänzende Kostüm ein blanker Stahlhelm, Panzer, Schie nen und der lange weiße Mantel mit dem rothen Kreuz sichtbar wurde. DaS muß dem Herrn Leutnant aber prachtvoll stehen! Nicht mal der Herr Oberst kann so fein aussehen." Wer weiß! Doch hilf mir beim An ziehen." Die Stahlschienen paßten wie ange gössen. Nun kam der silbernschim mernde Panzer an die Reihe. Donnerwetter, der ist mir zu eng! Das kann ich nicht aushalten. Ich er sticke unfehlbar." Die Schweißperlen standen den beiden Männern auf der Stirn, als sie endlich von dem vergeblichen Bemühen, den Panzer zu erweitern, abließen. Schreckliche Bilder tauchten vor dem Auge deS jungen Offiziers auf. Was sollte er machen ? Anziehen konnte er dieses Kostüm nicht, ein anderes besaß er nicht und vermochte auch keins bei der Kürze der Zeit in dem kleinen Städtchen aufzutreiben. Und wegblei den unmöglicher Gedanke! Auf fein Kommen rechnete nicht nur seine süße Evi mit aller Bestimmtheit, sondern auch ihr Vater der gestrenge Oberst und Regimentskommandeur hatte noch gestern den sehr deutlichen Wunsch ausgesprochen. daS Offizierkorps voll zählig auf dem Maskenball der Har monie" zu sehen. Von höherer Stelle war ihm wohl bedeutet worden, daß man große? Gewicht auf das beste Ein vernehmen zwischen Regiment und Bür gcrschaft lege. Plötzlich blitzte ein kühner Gedanke durch das Hirn. deS Geängstigten. Kuckein. sein Getreuer, mußte an seiner Stelle das Fest bis zur Temaskirung besuchen. Wenn er dann sofort den Saal verließ und dafür sein Herr er schien, brauchte niemals Jemand etwa? von der Geschichte zu erfahren. Doch was würde Evi sagen? Wie verwundert mußte sie sein über daS eigenthümliche Verhaltendes Geliebten! Denn beim besten Willen konnte er doch seinen Burschen nicht in ein Verhältniß ein weihen, daS noch für alle Welt ein Ge hcimnitz war. Aber dem Muthigen hilft Gott; es muß glücken: und selbst wenn Karl sie durch sein kühles Beneh men ernstlich erzürnt, wird es mir nach her schon gelingen, sie wieder zu ver söhnen. Kuckein!" Herr Leutnant." Kerl, Du mußt an meiner Stelle auf den Maskenball. Du bist kleiner und schmaler als ich, Dir wird das Kostüm schon passen. Falls Du keine Dummheiten machst und ich rathe Dir dringend, die Eroberung, die Tu Sonntags aus dem Tanzboden zu ver zeichnen hast, nicht auch im Ballsaal zu versuchen wird kein Mensch ahnen, daß nicht ich in dem Tempelherrnkleide stecke." KuckeinS strahlende blaue Augen wei teten sich bei dieser Eröffnung bis in'S Ungeheuerliche. Er auf den Mas kenball zu den feinen Leuten. Der Schreck zog ihm durch alle Glieder. Freilich, bei seinen Bekannten, da galt er für einen Schmerendther und Don Juan, aber hier! Doch waS sollte er machen, er war Soldat und mußte ge horchen. Zu Befehl. Herr Leutnant." Dann also rasch los! Es ist schon dreiviertel vor acht Uhr. In zehn Mi nuten mußt Du auf dem Wege sein. Geh' in Deine Kammer und zieh Dich an. den Mantel werde ich Dir umhän gen. Doch noch eins! Sobald ein Tusch geblasen wird das ist nämlich das Zeichen- zum Abnehmen der Mas ken verläßt Du den Saal und eilst so schnell wie möglich nach Hause. Ich komme dann an Deiner Stelle in mei ner Uniform." Jawohl Herr Leutnant." Kuckein schüttelt die Schneeflocken vom Mantel und betritt hochklopfenden Her zenS den Ballsaal. Hei, wie die Geigen und Flöten schrillen und 'jauchzen. In wirrem Durcheinander der Menge Masken. Pierrots, groteske Luftsprünge machend, Schornsteinfeger, Ritter und Mönche haften vorüber. Ein Bärentreiber mit seinem plumpschreitenden Meister Petz wird von einer Schaar künstlich zer lumpter Kinder umtanzt. Dort kosen Faust und Gretchen zusammen, wäh rend Mephisto sich vor Lachen schüttelt. Das ist ein Suchen und Haschen, Necken und Scherzen, begleitet von einem ohrenzerreißenden Lärm, als ob die Hölle entfesselt wäre. Und wirklich laufen auch einige winzige Teufel umher, nach armen Seelen lechzend. Papierschlangen fliegen durch die Luft, begleitet von einem wahren Confetti Regen. Geblendet, schließt Kuckein die Angen. So etwas hatte er noch niemals ge sehen. DaS war ja wie aus einer anderen Welt. Selbst im Theater, wo er neulich gewesen, ging es nicht derart lustig zu. Du auch hier?" Eine Pfauenfeder kitzelt ihn an der Nase und weckt ihn aus seinen Träu mereien. Erschrocken blickt er auf und gewahrt eine Pirette, die ihm schel misch mit dem Finger droht. Um des Himmels willen, die hatte ihn erkannt, das könnte ja reizend werden. Sicher lich des Landraths Stubenmädchen die auch ihre Herrin vertreten mußte. Denn die nannte ihn oftmals Du". Ja. ich bin hier. Aber eS darf; Keiner wissen. Verrath mich deShal) nicht. Am Sonntag tanz ich dann du für immerzu mit Dir." Am Sanntag? Warum nicht heute?" Verwundert schüttelt sie das schellen klingende Köpfchen. Doch ehe er ant warten kann, ist sie ihm schon ent schlüpft und im Gewirr entschwunden. Merkwürdig," murmelt er vor sich hin, die Lina ist ganz anders wie sonst." Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ihm aber nicht, denn eben umspringen ihn die kleinen Teufel und trommeln mit ihren Händen auf seinem Stahlpanzer herum. Na. wenn der eine Beule kriegt, dann Gnade mir Gott!" ' Vergeblich sucht er sich seinen Peini gern zu entziehen, die ihn immer von Neuem umkreisen. Endlicd lassen sie von ihm ab, und hochaufathmend eilt er in jenen lauschigen Winkel, der auS Palmen und Orangenbäumen ge bildet ist. Auch hier nickt allein, schon wieder eine Maske." Eben ist er im Begriff umzukehren, als die hohe, schlanke Gestalt im Kostüm einer schwedischen Bäuerin ihm den Weg vertritt und seine Hand erfaßt. I Endlich! Ich warte fast eine Stunde auf Dich!" Schon wieder eine, die ihn Tu nannte. Kannten ihn denn alle Mas ken und glaubten ihn duzen zu dürfen? Das wollte er aber seinem Leutnant melden. , Warum antwortest Tu mir nicht, habe ich Tir etwas gethan?" flüsterte eS in innigem Tone an fein Ohr. Ein stummes Kopfschütteln war der ganze Bescheid. Wieder streichelte ein weiches Hünd chen seine derben Fäuste, die glücklicher weise in großen Ritterhandschuhen steck ten. Dazu tänen an sein Ohr die süßen, schmeichelnden Klänge der Donauwellen", gemischt mit dem fröh lichen Lärmen der Masken. So be kommen fühlt er sich, daß er fast zu schwanken anfängt. Udo. ws ist Dir?" Nichts." ertönt eS halblaut unter der Maske, während ein scheuer Blick die zierliche Gestalt streift. Du sagst mir kein liebeS Wort, so hab ich Dich noch niemals gesehen," flüsterte es von Neuem an seinem Ohr. Nenne mich wenigstens einmal mit dem trauten Kosenamen Goldschatz." Goldschatz", klang eS dumpf und fast schüchtern zurück. Bist Du krank, Udo? Wieder nur ein Kopfschütteln. Wenn Du mir jetzt nicht gleich deich test, was Dir ist, brauchst Du Dich den ganzen Abend nicht weiter um mich zu kümmern. Dann bekommt Leutnant Perschke auch den Tischtanz." Doch selbst diese Drohnung entlockte dem schweigsamen Tempelherrn keine Silbe, so daß sich die beleidigte Schöne wortlos abwendete, um bald darauf mit einem Schornsteinfeger die Runde durch den Saal zu machen. Aengftlich starrte Kuckein ihr nach: Ach, wenn doch endlich der Tusch geblasen würde!" Und endlich wurde er geblasen. Allerdings dauerte dem armen Kreuz ritter noch viel zu lange, war eS ihm doch einmal sogar, als ob der Herr Oberst sich an seinem Arm gehangen hatte. Mit einem Seufzer der Erleichterung verließ der Bursche die Gesellschaft und eilte unbemerkt nach Hause. Fünf Minuten später betrat Udo von Götz in Uniform den Ballsaal. Auf merksam spähte er umher. Richtig, dort stand ja die Geliebte mit dem eitlen Perschke. den er niemals recht leiden konnte. Na. den, wollte man schon wegbekommen!" Guten Abend, mein gnädigstes Fräulein." Geruhen der Herr Tempelritter mit dem Wechsel des Ordenskleides auch eine andere Miene aufzustecken?" klang es merkwürdig kühl zurück. Erstaunt blickte Leutnant Perschke ob des zwischen den Beiden ungewohn ten ToneS von einem zum andern. Munkelte man doch im ganzen Regi ment von einer nahe bevorstehenden Verlobung, und nun eine derartige Be grübung. Jedenfalls war es da besser, sich bei Zeiten zu drücken, als die Rolle des unbetheiligten Dritten zu spielen. Mit einer tiefen Verbeugung trat er zurück. Evi. mein Lieb, warum so verän dert?" Vor Kurzem fragte ich dasselbe, er hielt aber keine Antwort; deshalb wirst Du wohl nichts dagegen haben, wenn ich nun für den Rest des Abends diese Miene beibehalte." Aber laß Dir erzählen " Ich will nichts hören. Zudem be ginnt gerade der erste Walzer, und den tanze ich mit Perschke." In einem Zwiespalt der Empfin düngen blieb Udo zurück. Er mußte sie auf der Stelle versöhnen, ihr Alles beichten, eher hatte er keinen ruhigen Angenblick. Eben wurde sie von ihrem Tänzer auf den Platz, wo sie gestanden, geleitet. Mein süßer Goldschatz." Verstohlen suchte Udo der Geliebten Hand. .Aha, jetzt kann man das alte Kose wort wieder zärtlich flüstern, vorhin aber, als ich darum bat. besannen sich der Herr Tempelritter gnädigst fünf Minuten lang, ob es nicht unter seiner Würde wäre, mir diese? Wort zu gön nen." Hat er e? denn wirklich gesagt?" kam es athemlos von Udos Lippen. Koirische Frage! Das mußt Tu doch am besten wissen." Ein mübsam unterdrückte? Lächeln hukchte um des jungen Offiziers Lippen. Em." begann er dann in ernstem Zone, ich da? auf Tich und Deine Liede zu mir. TaS ist die feste Brücke, die meiner Beickte den Weg zu Tir bahnen toll. Wenn Du noch da? alte Vertrauen zu mir hast, dann reiche mir jetzt Teinen Arm. damit ich Tich in jenen lauschigen Winkel geleite und Tir dort meine Schuld gestehe." Eine Minute kämpfte Eva mit sich, doch ein Blick in die flehenden Augen deS Geliebten genügte, um seinem Wunsche zu willfahren. Höre denn. Herzlich, waZ ich Tir zu sagen bade. Nicht ich war der Tem pelrittcr, sondern ein Anderer nüm lich mein getreuer Bursche." Erschrocken wollte da? junge Mädchen bei dieser Eröffnung in die Höhe sah ren. doch ein sanfter Truck des Offiziers hielt sie zurück. Sieh nicht so furchtsam aus. da? macht mich traurig. Evi. Tie ganze Sache war wirklich kein Scherz, ich mußte mir nur nicht anders zu helfen, da mir da? Kostüm nicht paßte und ich nicht fehlen durfte. Bist Tu mir nun noch böse?" Aber was soll der Bursche denken wegen des Kosenamens? Ich schäme mich schrecklich!" Tazu hast Tu keine Ursache, mein Lieb, denn ersten? denken Burschen überhaupt nicht viel, und zweitens weiß er ja nicht einmal, wer Du gewesen. Und wenn eS Dir recht ist. süße Evi, drn erzählen wir an unserem Ver lobungstage der hoffentlich nicht mehr fern ist gemeinsam dem braven Kuckein, wer sein Goldschatz" ge Wesen." Evi erwiderte nichts. Aber eZ war allerliebst zu sehen, wie sie ihm zärtlich zulächelte, und wie sie eng in feinen Arm geschmiegt im Tanze dahinflog. Sin unliebsame Ueberraschung. Das Lambert'sche Ehepaar, so schreibt man aus Pari?, da? in der Rue St. Anne ein flott gehende? Delikatessen geschäft betreibt, hatte e? durch Fleiß und Sparsamkeit dahin gebracht, einen hübschen Refervefond? in Höhe von 15, 000 Franken bei Seite zu legen. Zu ihrem großen Mißvergnügen mußte Mme. Lsmbert bemerken, daß ihr Gatte, um feinen Vergnügungen außerhalb de? Hauses nachgehen zu können, in letzter Zeit allzu häufige Anleihen bei ihrer Sparkasse mache. Um dieser Verschwendung ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben, that sie kurz entschlossen das Geld in einen llei nen Lederkoffer, den sie sorgfältig in einer Nische ihres Keller vzr.öarg. Ihr geheimer Schatz bestand in 12,000 Fr. guter Obligationen und Bankbillets, die zum Ausgeben bestimmten Gold und Silbermünzen lagen zierlich ringe rollt daneben. Da Frau Lambert kürzlich zur Begleichung einer Rechnung 300 Franken benöthigte, zog sie nach Wochen ihren Tresor wieder einmal an? Tageslicht, prallte aber entsetzt zurück, al? nur noch das klingende Metall vor Handen, die papierenen Werthe aber bis auf wenige, unkenntliche Fetzen ver schwunden waren. In ihrer Bestürzung eilte sie spornstreichs zu dem Polizeikom missar ihre? Reviers und klagte ihm unter Thränen ihr Leid. Also nur am Papiergelde hat man sich vergrif fen?" forschte der aufmerksam zu hörende Beamte. Hätte man mir da? Gold vielleicht auch noch nehmen sollen, dessen ich zur Einlösung der heutigen Tratte so dringend bedarf?" erwiderte erregt die fassungslose Frau, und brach mit dem nachdenklich drein schauenden Kommissär nach dem That orte uf. Hier hat e? sich ein Ratten paar bequem gemacht." belehrte der ge wiegte Polizist feine jammernde Beglei terin. durch diese Spalte ist e? etnge drunden, und dort hat e? unverkenn bare Spuren seiner Anwesenheit zurück gelassen." Eine ans Tragische gren zene Szene soll sich zwischen Herrn und Madame Lambert abgespielt haben, als Letztere ihrem Gatten eine Beichte über den Verbleib der langjährigen Erspar, nisse ablegen mußte. Die Kunst des Gleichgewichts. Ein biederer Jrländer wollte auch Radfahrer werden. Er ging hin und kaufte sich ein Zweirad. Zuerst, dachte er sich., heißt es. Gleichgewicht erlernen. Es verging Woche um Woche, da fragte ihn ein Bekannter, wie es denn mit dem Radfahren gehe. Ach, erinnere mich nicht daran. Ich konnte mich nicht einmal beim Still stehen im Gleichgewicht erhalten, da kann doch vom Fahren noch keine Rede fein." Hoffentlich sieht der biedere Jrländer heute schon klarer in dieser Sache. Heywood'ö Wtt. Der lustige englische Epigrammen dichter John Heywood (fl520) wettete einmal, daß er in noch nicht fünf Mi nuten einen Schuh machen werde. Keiner glaubte es. und schließlich kam eine hohe Wette zu Stande. Heywood zog sich nun einen seiner Stiefel aus, nahm ein Messer aus der Tasche und schnitt den Schaft ab, so daß das Leder nur bis an den Knöchel reichte. So war aus dem Stiefel ein Schuh gewor den, und Niemand konnte leugnen, daß er einen Schuh gemacht hatte; auch war die ganze Prozedur in wenigen Minu ten erledigt. Alle Bedingungen waren somit erfüllt, und Heywood hatte die Wette gewonnen.