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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (April 12, 1900)
D I X I. Humonmichk IZoscllttl von Zu A. ?loh irsilnichwtig). Etwa oberhalb de? ftattlichen Pfarv vorseS, in unmittelbarer Nühk dkS vom grauen Gemäuer einer Bergrume uoer ragten WaldeS lag die Oberförster. In das geöffnete Fenster des Erker SüdchenS fluthete die warme Frühling?. luft und strich losend über Stirn und Wangen zweier junger Madchen, welche von dort herab über die freie, im Lichte der NachmittaaSionne sich badende Landschaft Ausschau hielten, ohne frei lich in diesem Augenblicke der bunten Gaben auf Feld und Wiese sonderlich zu achten, die auS reichem Füllhorn der Lenz dort ausgestreut hatte, um größere Aufmerksamkeit zollten sie der kräftigen Gestalt eines jungen ManneS welcher soeben dem nahen Waldesrande zuschritt, nicht ohne von Zeit zu Zeit sich in auffülliger Welse nach der Ober. sörfterei umzuwenden, bis das frische Grün deS Unterholzes ihn ganzlich den Blicken der Nachschauenden entzog. Tie dunkeläugige Apothekerstochter, welche in diesen Tagen von der Pension in'S Torf zurückgekehrt war und mit der Oberförster gute Nachbarschaft hielt, hatte mit kundigem Blicke die Sachlage durchschaut und versetzte der ganz unverschämt dreinschauenden Freundin einen wohlwollenden Rippen stoß: .Aber Else, kleiner Schäker, wer war denn das? Scheint sich so sehr für Tich zu intnesnren " .Ach der" .Na. thu nur nicht so! Sieh' mal Feierlicher Gruß seinerseits, leuchtender Blick TelnerfeitS, Erröthen beiderseits. na, und dann zu allem Ueberfluß noch dieses wiederholte Rückwärts blicken " Tie Schlußfolgerung dieser Diagnose gab die schalkhafte Sprecherin anmuthi gen Ausdruck, indem sie kurz abbrach. ihr reizendes Mündchen spitzte und die bekannte Melodie: Tas ist die Liebe" PNss- .Wie findest Tu ihn denn ?" wagte die blonde Tochter vom Hause nzu. lenken. .Na, offen gestanden, etwas Philister haft Großstadtluft merkt man ihm gerade nicht an aber sonst recht passa bel. Uebrigens erinnert er mich sehr an die Beschreibung Deines .Künstlers von Tingsda " Tu. das ist ja eben das Komische!' erwiderte Else mit vertraulichem Augen zwinkern, indem sie vom Fenster zurück trat und die Freundin auf einen Stuhl noiylgie. Komisch, wieso ?" .Tenke Dir, Trude er ist es näm lich in eigener Person!" Trude rückte einen guten Schritt mit dem Stuhle näher: Der Dein Maler? Nicht 'mög lich!" Ein mehrmaliges Nicken auf der ei nen. ein ungläubiges Kopfschütteln auf der andern (berte dann berichtete Else der aufhorchenden Freundin fol gendes: Ich schrieb Dir bereits von unsern häufigen Begegnungen im vorigen Sommer in Thüringen, wo sich Werns- heim seiner Malerstudien halber auf hielt. Ich nahm damals die Gelegen hcit wahr, ihm en passant natür lich unsere romantische Gegend mit ihrer zerfallenen Ruine in lebhaften Farben zu schildern " Ein vcrständnißvolles Aha" der Freundin verlieh ihrem Tone eine etwas schärfere Klangfarbe, als sie fortfuhr: .Nun ja, und er schien sich wirklich für meine Auseinandersetzung zu interessiren als Sujet für seine herrliche Kunst, verstehst Tu ?" Oho, ich verstehe vollkommen, be jahte die Freundin mit Schelmenlächeln. Na. und dann ?" Ja. und dann machte ich ihm den Vorschlag, bei Gelegenheit einen kleinen Abstecher in diese Gegend nicht zu scheuen, der doch sicher ein sehr lohnen der für ihn sein werde." Und ob!" siel die redelustige Zu Hörerin ein. So eine alte Burgruine ist ja auch gar nicht zu verachten! Nach allem, was ich da gehört und ge sehen habe, ist die Sache im besten Gange keine Widerrede, Schätzchen! im besten Gange et cra verra. . . . Doch ich muß wirklich fort, Tante Ro falinde wartet und wird ernstlich böse auf mich sein Also, grüß Gott, ma chere! Du wirft fraglos in nächster Zeit wieder viel Kunstsinn heucheln und die in der Selekta vom schönen Heinze verwerthen Na, und dann Un ter Bäumen süßeS Träumen a propos, wie lange ist denn Dein Künstler schon hier?" Heute Morgen sah ich ihn verstohlen vom Fenster aus." Natürlich ganz zufällig ! . . . . Jesses. schon halb fünf? Höchste Eisen- bahn!...." Nachdem die Freundinnen an der Thür und das Postskriptum" ihres Meinungsaustausches zu einem glück lichen Ende geführt hatten und der Be such sich definitiv verabschiedet hatte, unterzog die Zurückbleibende vor dem Spiegel ihr liebes Ich einer nachträg lichen, wohlwollenden Musterung. Dann lehnte sie das blonde Köpfchen zurück und schloß die verliebten Vergiß meinnichtaugen. Und beim Flieder duft und Lerchenschlag baute sie im lauschigen Erkerzimmer mit der uner schöpflichen Empfinduugskraft einer achtzehnjährigen Schwärmerin die lieb : lichftcn Luftschlösser, hoch und hehr, bis an die Sterne weit, und noch darüber hinaus, geradeweg? in den siebenten Himmel hinein Welch eine bittere Ironie, wenn gleichzeitig in dem mit Jagdftückenaller Arl oraplrien Zimmer ocs einen c.u werkeS das unerdittlickze attfial in Gestalt der väterlichen Autorität am Werke war. die Säulen, auf denen jene lachenden ZukunftSgebllde sich stolz heben sollten, mit grausamer Hand nie. denureißen! Ter gestrenge Herr Oberförster hatte daselbst gerade mit seiner rundllcyen Ebcdälfte eine Auseinandersetzung. deren Alpha und Omega ein in seiner Hand befindlicher Brief war. Bon dem Inhalt dieses Schreibens, welches dem Absender zum mindesten das Zeugniß eines offenherzigen, ungekünstelten Naturmenschen ausstellte, brauchte nur fo viel verrathen zu werden, daß darin der neue Arzt, welcher sich feit mehreren Taaen im Orte niedergelassen hatte. von redlicher Neigung zu der Tochter deS auseS erfaßt, sich die höbe Ehre erbat, der werthen Familie näher. treten zu dürfen. Er werde sich daher die Freiheit nehmen, in den nächsten Tagen vorzusprechen, um mit den lieben Eltern persönlich NUckspraqe zu ney men . . . . " Tie fürsorgliche Oberförsterin konnte nicht umhin, gegen den Herzenserguß ihres Gatten, dem die Gelegenheit, sein Töchterchen an den Mann zu bringen, eine sehr willkommene war, ihr mutter licheS Veto einzulegen, indem sie ht merkte: .Aber Männchen, wir kennen ia den Herr kaum!" Hat sich was: Ich selbst lenne lyn bereits vortheilhaft von der Residenz auS. wo er langjähriger Assistenzarzt am Krankenhause war. Habe außerdem nur Gutes über ihn gehört. . . " Nun. und Else!" Er habe bereits das Vergnügen ge habt schreibt er und hoffe, daß auch das Mädel Uebrigens ein Staats kerl kann ich Dir sagen, der Herz und Mund auf dem rechten Fleck hat alle Hagel! Dabei diescfamose Landpraris die reine Goldgrube!" Aber Männe. Tu weißt doch" Was weiß ich?" fragte jener ver dutzt und unterbrach auf einen Augen blick seinen Pendelgang. .Daß Else S Neigung nun einmal einem anderen gilt." Aha!" eiferte jener. Natürlich immer noch die aue ecylelmecyleiel mit dem Farbenkleckfer! Bin ich auf richtiger Fährte, wie? Wußt' ich'i doch! Also, da liegt der Has' im Pfef fer! Leg Dich Waldmann!.. .', Aber ehe ich meine Tochter einem fol- chen Hans Dampf in allen Gassen gebe " Er, ist doch ein Künstler" Künstler! Kenne das! Alte Schar teke aus dem Raritätenkadmet, man- delnde Antike mit idealer Lockenfülle, wie?" Lerne ihn doch erst kennen er ist durchaus modern. Zudem ist er zu- fällig hier im Orte, um in unserer Ge- gend Studien zu machen, wie Elfe agt. Durchaus modern Studien machen habe nichts dagegen! Und wenn e.r der Modernsten einer ist, so modern, daß er den blauen Himmel grün und den grünen Wald blau pen- elt, auch gut! Die Elle bekommt er nie und nimmer!" Aber Hermann!" Nie und nimmer! Und da ich weiß. daß der Raffaelsjünger gerade hier st." halte ich es für meine Pflicht. gleich mit dem Mädel ein offenes Wort zu reden, und meine väterliche Autori- tät geltend zu machen. Noch heute muß die Sache ins Reine kommen, so r ich königlicher Oberförster bin!" Aber Hermann " Oixi!" (Ich habe gesprochen). Man halte es nicht für eine Herab- setzung des weiblichen Geschlechts, wenn wir berichten, daß die zartere Hälfte des oberförsterlichen Ehepaares es hier- nach für geeignet hielt, auf das Wort zu verzichten.' Sie kannte jene akademi- che Wendung ihres Gestrengen zur Genüge, um zu wissen, daß sie in allen strittigen Familienangelegenheiten sem Ultimatum war gleichsam das hohe auf der Tonleiter seiner Willens- äußerungen. Die mütterliche Liebe wappnete sich daher mit Seelengröße und schwieg Als der erregte Herr Vater der her- beigerufenen Tochter seine unumstötz liche An- und Absicht" ohne Umschweife unterbreitet hatte, fand er, wie zu er warten, kein geneigtes Ohr, und die väterliche Autorität" lief Gefahr, be- denklich Schiffbruch zu leiden. Else erwies sich als das würdige Kind ihres Vaters, indem sie dem kategorischen Imperativ desselben die Negation in höchster Potenz durch ein ebenso unver- blümtes. wie kampfesmuthiges: Und ich mag keinen Doktor und ich nehme keinen Doktor!" entgegensetzte, dieser Weigerung durch ein zweimaliges Auf- Itampsen mit dem rechten Fuße noch mehr Nachdruck verlieh und nach einer halben Körperwendung einen ehrenvol len Rückzug antrat. Während das Elternpaar das anqe chnittene Thema weiter erörterte, schlich sich die so jählings aus dem siebenten Himmel ins irdische Jammerthal wie der Hinadgesetzte in die weinumrankte Laube hart an der Fahrstraße, um dort den Zukunftstraum einsam zu Ende zu tragen, wobei sie der bei solchen Anläf- en Udllcyen Skala der Gemüthsäuße- rungen von Seufzern zu Thränen, von 1 Thränen tu Verwünschungen und von Verwünschungen zu Seldstmordgedan ken gebührend Rechnung trug. Als sie in ihrer weltschmerzzedorenen Thätig keit gerade so weit aediehcn war. die Vorzüge deS ErschicßenS. ErtränkenS, Erhängens und Vergiften? gegen ein ander abzuwägen, tauchte plötzlich zu ihrer nicht geringen Ueberraschung im Eingang der Laube die intellektuelle Ursache ihre? Kummer? in Gestalt ihreS Geliebten auf und streckte ihr in der herzlichsten Weife die Hand zum Gruße entgegen. Ader was sehe ich. Fräulein Else. Thränen? Wie unendlich leid mir daS thut! Haben Sie Kummer gehabt? Reden Sie!" Ach. Herr Wernsheim!" schluchzte sie laut und verbarg das schöne Haupt hinter dem Spritzentaschentuche. Oh. wenn Sie wüßten Fräulein Else, wie ich mich auf dieses Wieder sehen gefreut habe! Sehen Sie. dort oben, vor den Trümmern einer sagen umworbenen Vergangenheit habe ich sinnend gesessen und jener schönen Stunden gedacht, wo eS mir zuerst ver gönnt war, Ihre liebe Bekanntschaft zu machen. Leider fand ich damals keine Gelegenheit, mich offen gegen Sie aus zusprechen. Ihnen alles zu entdecken. waS ich für Sie empfand. Aber heute. als ich im Vorbeigehen wieder in Ihre guten treuen Augen sehen durfte, als die frisch belaubten Bäume des WaldeS geheimnißvoll rauschten und jenes düstere Gemäuer eine ernste Sprache zu mir redete, da bin ich mit mir eins geworden. Ihnen alles zu sagen, was mir da? Herz groß und weit macht Wir sind allein. Fräulein Elfe, nie- mand hört uns haben Sie denn kein Wort der Hoffnung für mich? Sind Sie mir nicht ein wenig gut?" .Ach. Herr Wernsheim!" schluchzte sie von neuem und zupfte verlegen an ihren blonden Zöpfen. Ich habe Sie ja fo furchtbar gern " Aber ist denn das so traurig?" jubelte er laut und wollte sie an sich ziehen, doch sie entzog sich seiner Um armung. Ach. Herr Wernsheim. es ist alles aus mein Vater" Ich hatte die Absicht, ihn noch heute aufzusuchen " Ach. Herr Wernsheim. thun Sie das um Gotteswillen nicht!" . Fräulein Else. ete machen mich stutzig. Er weiß ja schon alles, und und" Er versagt feine Einwilligung?" .Ja!" nickte sie mit einem Blicke schmerzlicher Entsagung. So bm ich ihm nicht genehm?" Ach. ich soll ja einen andern hei- rathen!". Einen anderen henathen k Ja. den ach, ich mag's Ihnen gar nicht sagen!" Oh. mein Fräulein!" rief er erregt, ich bitte, ich beschwöre Sie, sagen Sie es offen heraus und martern Sie mich nicht länger!" Sie kämpfte einen kurzen Kamps. dann kam es mühsam und tonlos von ihren bleichen Lippen: - Den den neuen Arzt!" Den neuen Arzt?" wiederholte er gedehnt. Ein Leuchten ging über seine frischen Züge, und wie SiegeSliedcr langen feine Worte: ..Triumph! Tann l t ja alles in bester Ordnung! Ich möchte jubeln und nnaen und die ganze Welt um armen!" I Oh. Herr Wernsheim!" sagte sie verächtlich und im Tone sittlicher Ent rüstung. Wie ich das ' von Ihnen finde!" ..Aber Fräulein Else, sehen Sie mich an und zürnen Sie nicht, wenn ich erst etzt die Gelegenheit ergreife, als eben diesen neuen Arzt mich selbst Ihnen vorzustellen." Ach. Sie spotten meiner, Herr Wernsheim," schluchzte sie noch immer ungläubig. Ich weiß ja nur zu gut, daß Sie der Maler...." ' Det Maler, Fräulein Else?.... Ja so!.... Sehen Sie. das ist der Fluch oder Segen dieser Protensnatur moderner Kulturmenschen. Meine Mußestunden freilich gehören der gött lichen Kunst, mein Tagewerk der leiden den Menschheit. Und sehen Sie, als mein bejahrter Vorgänger seine ein Menschenalter hindurch gesegnete Thä tigkeit hier aufgab, da begrüßte ich die gebotene Gelegenheit wie einen Wink von oben, diesen Ihren lieben Wohn ort zur Stätte meines eigenen Wirkens zu machen. Oh, wenn jener Traum, der heute so lebhaft durch meine Seele zog, in Erfüllung ginge, wenn ich Hof fen dürfte daß.... Ja, ein milder Strahl aus Ihren Augen sagt mir, daß ich es darf!...." Da sank sie an feine Brust, und in dem ersten bräutlichen Kusse schmolz alles Herzeleid. Gesegnete Mahlzeit, Herr Doktor!" ließ sich in diesem Augenblicke eine kräf tige Stimme vernehmen, während gleichzeitig vor der Laube die reckenhafte Gestalt des Oberförsters sichtbar ward, so daß das bestürzte Par auseinander stob. Alle Achtung vor Ihren Erfol gen, junger Hippokrates die reine Wunderkur! Gratulire!.. Na, Mädel, thu nur nicht so! Wußte ja, daß Du bald zur Raison kommen würdest, wenn der Alte Trumpf gespielt alle Hagel!.... Na also, willst Du den?" Von ganzem Herzen, liebes, gutes Väterchen!" rief sie mit einem reizenden Anfluz von Schalkhaftigkeit und fiel ihm glückstrahlend um den Hals. .Recht so. Tu Racker! Na. soll Tcin Schaden nicht sein Tixi!" Tamit überließ er die beiden sich selber und beeilte sich, seinem trauten EhegcsponS die erfreuliche Bekehrung der Tochter mitzutheilen und die Wunderkraft .väterlicher Autorität" zum Gegenstand sinnreicher Betrachtung zu machen." Kleine und große Sorge. amilienbild von lisabclh L. Hosn na. Haben Tie schon bei Leutnant von KrenmannS Gegenbesuch gemacht?" fragte mich Frau Hauptmann Oeren thal. Ich verneinte. O, dann müssen Sie eZ bald thun; ich sage Ihnen, die sind eingerichtet! Man kommt sich recht armselig vor wenn man die Pracht gesehen hat; schon im Entree liegen wundervolle Teppiche: ich habe in meinem besten Zimmer nicht so etwas aufzuweisen, und erst die Gardinen! ES ist wahrhaft lächerlich, wie einfach sich unsereiner behilft. Mei nem Manne habe ich aber schon ange kündigt, daß nach dem ersten ein neuer Sofabezug gekauft wird; man muß sich ja schämen, solch einen alten ausge blaßten Stoff den Leuten vor die Augen zu führen!" In dieser Tonart plauderte die kleine Frau noch eine ganze Weile fort und verließ mich endlich mit rothem Geficht und vor Erregung glänzenden Augen. Verdrießlich ging ich durch die Zim mer; meine Augen jayen alles, was darin war, viel kritischer und schärfer als fönst an. Ja, wir waren eigentlich doch recht unmodern eingerichtet. Tie Mahagonimöbel hatten so unkünstlen- sche Formen: die Scrvante. ein Erbstück von meinen Eltern, fiel mit ihrem bunt zusammengewürfelten Inhalt so grell in die Augen. Ich beschloß, mit mei nem Manne zu reden, ob eS nicht besser sei, die Servante aus dem Empfangs in das Wohnzimmer zu versetzen; ein Aufbau von Blattpflanzen könnte ja die lergewordene Stelle recht geschmack voll verdecken. Tu." sagte mein Mann beim Mit- tagessen, es wird Zeit, daß wir unsere Vintenschilldcn abmachen; ich habe mor- gen einen freien Tag; da wird es am besten gehen. Ach könnten wir das nicht lieber noch aufschieben?" erwiderte ich mit etwas gepreßtem Ton: ich bin mit meiner' Toilette nicht so recht im tande, und man wird so leicht be- redet." Mein Mann zog verwundert die Augenbrauen in die Höhe. Nicht im Stande? Du hast mit ja vor ein paar Tagen erst erzählt, wie schön deine Man tille und da? grauseidene Kleid wieder hergerichtet feien." Ja." bemerkte ich schüchtern, es ist zum Straßenanzug ja noch recht gut, aber" Tas tbut mir wirklich leid, liebes Herz." unterbrach er mich; augenblick lich kann ich dir nicht helfen; auch müf sen wir nothwendigerweise spätesten im nächsten Monat eine kleine Gesell schaft geben, welche unsere Kasse immer- bin etwas angreift; oder kannst du vom Hausstaltgeld?" fügte er schmun- zelnd hinzu. Es durchschauerte mich eiskalt bei die ser Frage; ich vom Hausstandsgeld! ich mußte ohnehin die größten Anstrengun aen machen, um in diesem Monat kein Defizit zu haben. Deshalb sagte ich einlenkend: Nun. es wird mit dem Anzug ja noch gehen. besonders wenn wir erst in späterer Nachmittagsstunde Besuche machen; dann ist es dunkel, bevor wir zu Kren- manns kommen." ..Warum soll es denn durchaus Kn manns wegen dunkel sein?" Nun," erklärte ich zögernd, die Ocrenthal sagt, Frau von Krenmann habe soviel Schick." Tas verstehe ich nicht recht. brummte er; das ist auch wieder so ein verzweifeltes Modewort!" Er arm zur Zeitung, wie dies jeden Tag nachdem Mittagessen geschah, und ich stand etwas pikirt auf und spedirte die Kinder zur Schule, wobei ich mit Schrecken wahrnahm, daß Lieschens Mantel erstaunlich kurze Aermcl habe und Frißens Mütze dringend einer Auf frischuna bedürfe. Weißt du. Arthur," vegann iq. ais der dampfende Mokka genosien war und er eine von feinen täglichen vier Cigar ren rauchte, du könntest mir wohl neue Gardinen für das Vorzimmer kaufen; zu Weihnachten brauchst du mir dann nichts zu jcyenien; o,e anen nno jazon sehr stark ausgebessert und wenn wir nächstens Gesellschaft geben, mutz man sich ja schämen." ..Na. adieu, ttmd. agie iaazeno mein Gatte, ich habe wirklich viel zu thun und kann alle deine kühnen An griffe auf meinen Beutel gar nicht ab- schlagen. Tie Gardinen Mde ich noch ganz prachtvoll; ich ging vorhin vor- über und dachte noch im nuen: acy. wie ist's bei den armen Losoergs doch fein!" Dabei gab er mir einen ujz, niare vergnügt und fort war er. Mir traten die Thränen in oie Augen; solch ein Mann! Nichts konnte man vernünftig mit ihm besprechen; aber warte, ich werde schon zu den Gardinen kommen und zu einer neuen Tischdecke obenein; eS ist ja noch die Aktie über fünfzig Thaler da, welche ich von dem Guten bekommen habe Bis jetzt hatte ich sie immer krampfhaft festgehalten und jede Versuchung tapfer abgewehrt, nun aber mußte sie daran man konnte sichdoch vor diese Leut nantS nicht blamiren. So schlechte , Sachen wie wir hatte sonst niemand mehr in unserem Kreise. Gnädige Frau." meldete das Mäd chen, .draußen ist eine Tame. welche cie gern allein sprechen möchte." Ver wundert ging ich dem Besuch ent gegen. s war eine viaiK, kleine Frau in schwarzem Anzug, die sich mir verlegen näherte: Ach Gott, wie beginne ich nur. schluchzte sie; eS. wird mir so -schwer. so schwer" Ich führte sie zum Sofa und suchte die Aermste durch freundliches Zureden zu ermutyigen. Nach und nach wurde sie ruhiger und erzählte mir eine ergreifende Geschichte von Jammer und Noth. Ter Mann war ein kleiner Beamter; sie hatten sechs Kinder, alle gesund und bei gutem Appetit. Tiefen zu stillen, reichte das schmale Einkommen kaum hin. Tie Frau wurde krank; der Haushalt kostete viel mehr; alles Ueberflüsige wanderte in? Leihhaus. Ter Mann verlor seine stelle. Tie Frau wendete die kaum wieder erlangte Gesundheit zu mühsamer, aber sehr wenig lohnender Arbeit an: sie stickte für ein Tapisseriegeschäft. Ter Mann bemühte sich um eine neue Stelle lange vergeblich. Jetzt endlich konnte er einen kleinen Posten erhal ten. aber hundert Mark Kaution sollte er stellen. Tie Aermste war schon überall um hergelaufen; sie klopfte vergeblich an alle Thüren. Eben wollte sie jeder Hoff, nung bar die Schritte heimwärts len. ken. da fiel ihr Blick auf unseren Namen an der Hausglocke. Ich habe Ihren Herrn Gemahl ge. lannt, als ich noch in meinem Eltern. hause und er ein Knabe war; er war so gutmüthig, verschenkte stets all sein Spielzeug an ärmere Kinder; da regte stch m mir nochmals die Hoftnnng, bei Ihnen vielleicht Hilfe zu nnden!" sie chwieg und ah mit den ver- weinten Augen starr durch das Jen ster. Unwillkürlich folgte ich ihrem tieftraurigen Blick; da prahlten mir die heut so hart verurthcilten Gardinen in tadelloser Frische entgegen; denn ich sah sie mit thränenduntlen Augen an Leiie erhob ich mich und eilte zum Schrank; hier lag wohlverwahrt mein Schatz, mein Nothpfennig; ich athmete ordentlich frei auf. daß ich ihn feiner Bestimmung gemäß, wenn auch, Gott fei Tank, nicht für mich verwenden konnte. Abends, als die Kinder zu Bett waren, nahm ich eine Arbeit und setzte mich in das Zimmer meines Mannes; er schrieb eifrig, die Feder flog nur so über das Papier. Endlich legte er sie beiseite und wendete sich zu mir: Na, Mariechen, hier habe ich eine Arbeit vollendet, die mir wohl ein Sümmchen einbringen wird; du sollst es haben für einen neuen Anzug; es hat mir den ganzen Nachmittag recht wehe gethan, daß ich dir deine Bitte erst ab schlagen mußte; du quälst dich ohnehin so in der Wirthschaft, und ich kann dir so wenig Vergnügen verschaffen." Ach nein.' Arthur, ich danke dir," flüsterte ich. denn es stiegen mir Thrä nen in die Augen, das Kleid ist wirk lich noch recht gut; heut morgen war nur die Beleuchtung zu unvorthcil haft." Na, denn auch gut. Mariechen, wenn du meinst, daß es noch acht, ich kann es nicht beurtheilen; mir gefällst du immer. Aber dann sollst du die Gardinen haben." Nein. nein, auch die sind noch hübsch genug; ich habe mir schon über legt, wie ich sie vor der nächsten Wäsche ausbessern kann, daß kein Mensch ihre schwachen Seiten entdeckt; ich danke dir, mein guter, einziger Arthur!" Ich hatte meinen Arm um seinen Hals gelegt und das Gesicht an seine Brust gedrückt, damit er meine Thrä nen nicht sehen sollte; es zog ein heißes Tankgcbet für seinen Bentz zum Him. mel; er aber rief verwundert: Da ver stehe einer die Weiber!" f0t gegen kzot. i;on r itz v. d. T chlei. De ole Tischer Thomas Harksen kreg en Brees mit n Truerrand. He bei em von alle Sieden, wag awer nich, en optomaken. He gung bedächtig ut sien Werkstatt nah de Stuw un säd' to sien lew Fru: Mader. hier is en Truerbreef!" , Herr Gott doch Vader, wer is denn dot? Mak de Brecf doch op. wat fteihst Tu dar? Mi is dat all de ganze Mor gen so sonderbar Wesen; dat dar hüt wat pasfircn de, hcw ick mi ganz dacht ! Thomas, mak de Breef doch op!" Thomas bekek em noch nmal ängst- lich von alle Sieden' un säd: Na. in Gottes Namen!" He nehm de Breef utenanner, süfzte deep op un säd so sien Fru, de em ängstlich ankek. Von uns Familie is dat keen, Herr Ehlers in Kiel is dot ! Mandag schall he beerdigt ward'n." Wat. Herr Ehlers. de mit fertige Möbeln handelt?" Ja." '.Wo Tu so vele Johr vör arbeit't, heft?" I .Ja." Jlt, wo iS't möglich? Tu mußt to de Beerdigung nah Kiel. Thomas. da- geiht nich annerS." ,J wo. wa kann ick nah Kiel reisen. Ick pass' nich man! all die feinen Lüd. Ne. dat geidt nich." .Gewiß geiht dat ! Tu mußt di dor sehn laten. dat Tu de Arbeit beholst." .Te warr ick wull so wi so bcholn. Te Söhn kennt mi ja." .Tat hölpt all nich. se erwarten die doch, warum hcfft se di sonst schrewen. Ick will dien smart Tüg herkriegen un dat 'nmal gründlich nahsehn! Tat Schlimmste iS man Tien Hot !" Ja. de is höllisch vossig un lang nich mehr in 'n Mod. Te iS wull all dörtig Jahr olt. töw 'nmal ne, all veerunddörtig. Wa lcpt de Ticd! Ja, Moder, wenn Tu mcenst. dat ick hin mutt. denn hölpt dat nich. Un wenn se mi dar in mien oltmodisch Kostüm nich lieben mögt, denn möt se mi en nie gewen." Na, uns ThomaS reis' nah Kiel. Sien Hot, en 10-Liter-Fatt, harr he op, he kunn doch nich mit'n Mütz nah Kiel to Beerdigung reisen. As he an keem, war he fründlich von de Söhn opnahm'n, eben so as annere Gäst. Na, dat weer en grote Erlichtcrung vör em, man blots de ole Hot, de weer em immer in'n Weg. 1 En lütt fründliche Mann dräng sik an em 'ran, nick ein totrulich to. wies em sien Hot un bum! knick bee em tofam, dat he so platt war as'n Pankok un denn nehm hee em ünnern Arm. Thomas ket de Mann ganz verbast an 4 un dacht, so, mien Jung. Dien Hot is hin! Awer de lütt dicke fründliche Herr kreeg sien tosamendrückten Hot wedder her, fett de Fust gegen de Deckel un knipps! weer de Hot wedder torecht. Darnah nick he Thomas Harksen ganz blieb to un trock sik in't Gedrüng to rügg. I wo, denkt Thomas, geiht dat. denn bin ick ja ut all de Verlegenheit hcrut. He fett sien ole Tröster vör de Bost un drück em mit Gewalt in'n Dutt. Tat weer keen licht Stück Ar beit. Te Hot weer flies un old un ae-' wohnt weer he dat ok nich. Awer dat hölp nich platt mußt he, un platt war he. Thomas stck ein ünner de Arm. as anrer Lüd dehn. AS nu de Jierlichkeiten in'n Hus to End weer'n un de Lüd herut gung'n. um die Liel de letzte Ebr nab'n Kart' hoff to geben, do kreeg Thomas sien Teller ünnern Arm herut. um sick dar'n Hot ut to malen. He seit de Fust herin un rüggwarts ging dat. Awer Kin ners! wasced dat Dirt ut. Nicks as grote Sprüng'n un Aulen. Wat nu? As Thomas sick sien Kunkwark ganz be dröwt und deepsinnig besceg. do keem de lütt fründliche Mann wedder to em un säd: Ja mein lieber Freund, so geht es. wenn man alt wird. Einem Zylinder geht es. wie Sie sehen, wie dem Menschen. Sie wir jung, so sind wir schmiegsam und biegsam und tön nen uns im Leben manchen Knacks ge allen lassen, aber im Alter da klappen wir zusammen unter der Wucht der Jahre und kommen nicht mehr hoch. Für Ihren Zylinder da, weiß ich Rath. Kommen Sie nur mit." Na. Thomas gung mit. In dat Hus nebenan mahn en Hotmaker. Se gung'n berin. Geben Sie 'nmal ei- nen weichen, schwarzen Filzhut in einer Preislage von drei bis vier Mark." Thomas paß sick n Hot op. Un as he en patzlichen Hot fund'n har und sick in't Spcegel mustern de. bctahl de Herr de Hot, ahn dat de Discher dat gewahr war. Paßt der Hut ?" Ja. de paßt schön un is licht un week op'n Kopp. awer ick weet nich. en beten rieklich vel Geld blots vör en Hot!" O, Geld brauchen Sie nicht.' Sie assen Ihren Zylinder hier und tauschen einfach den Hut ein." Wat?! Ja. wat seggen Se dorto ." ad Thomas to de Hotmaker. Gewiß, ick bin inverstahn. Hot gegen Hot! Awer togewen kann ick nicks, Ehr Zylinder is to dull mitnah men. Dregcn Se de nie Hot mit Ge sundheit." Na. dat is noch en reell Geschäft hier. Adjüs ok! Wi möt wull gähn; se fahrn all mit dat Liek af." As Harksen Abends spät to Hus keem, hung he sien Hot op de Husdel op, gung herin to sie lew Fru un ver tcll ehr allcns, wat he belewt harr, blots von sien Hothandel säd he nicks; de keem em schließlich doch nich so reell vör. Thomas, du hest dien Hot ja ver tuscht!" Weet ick! de ole weer nich mehr to bruken. De Hotmaker ward dorn nien . t Klapphot ut' malen. Ick hew keen schlechten Tusch malt, Moder: Hot gegen Hot!" Der gefundene Schatz. Glück im Unglück hatte der Guts' besitze? Stiobel in Ullersreutb bei Adorf in Sachsen, welchem im vergan- gencn Herbst sein Besitzthum durch Brand zerstört wurde. Als nun kürz lich die Brandstätte vom Schutt aeläu- bert wurde und die Arbeiter im Begriff waren, den Rest einer stehen gebliebe neu alten Mauer zu beseitigen, blinkte ihnen plötzlich eine große Anzahl von Gold- und Silbermünien entaeaen. Diese stammen aus dem 16. und 17. Jahrhundert und sollen sich auf nabem 800 Stück belaufen, sind auch sämmtlich gut erhalten. Nach dem Gutachten von Kennern besitzen die Münzen einen be trächtlichen Sammelwerth. i