Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 15, 1900, Image 9

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    1
Du Rleidlmz des Verbrechers.
. jttiuiinaliftii4t Tkiüt von X. C i f c t
laußmann.
Aus dem Obstdahnhos Berlins kommt
klil biederer Sandmann en. der nach
dem Verlassen -des Zuges und deS
Bahnhofes ftch verlegen umneht. Tie
himmelhohen Häuser, der gewaltige
Berkchr machen lhn augenscheinlich
ganz ängstlich, Er weiß offenbar nicht,
wohin er sich wenden soll.
Wie ganz anders sehen hier die Wen
schen auch in ihrer Kleidung aus, alS
in der Heimath deS biederen Landman
nes! In seinem langen, bis über die
Knie reichenden blauen Rock, in seinen
Cchastftiefeln, seiner komischen, schwär
zen Tuchmtttze erscheint er dem Groß,
städter wie ein Mensch auS vergangener
Zeit. Alle, die an ihm voriibereilen,
sind dagegen in den Augen deS Land
manncS so elegant gekleidet, wie bei
ihm zu Hause die vornehmen Herren.
Er würde eS sich gar nicht getrauen,
einen dieser vorübereilenden Großstüd
ter anzusprechen und um eine Auskunft
zu bitten.
Doch da naht ein Helfer in der Noth!
Ein Landsmann muß der Mann in der
östlichen- Kleidung sein, der fast
ebenso aussieht, wie der Neuling in der
Großstadt. Und richtig, so ist es.
He Landsmann." sagt der Heran
kommende. WaS willst du in Berlin?"
Der Landsmann spricht auch den
l. Dialekt auS der Heimathsgegend des
Neulings. Jochen faßt natürlich Wer
trauen zu dem Manne, der ihm sehr
ähnlich sieht, und Franz so nennt
' sich der andere verdient diese? Ver
trauen auch, denn er nimmt sich so
fort Jochens in der liebenswürdigsten
Weise an.
Jochen ist nach der großen Stadt ge
kommen, um hier sein Glück zu machen.
Er sucht einen Dienst, eine Stellung.
Franz ist entzückt davon, dem Lands
mann helfen zu können. Franz ist
schon seit einem Jahre in der Großstadt
und bei einem Spediteur als Kutscher.
Packer, Auflader beschäftigt. Nun
, braucht sein Herr gerade jetzt sehr
nöthig noch Jemvnd für dieselbe Stel
lung und hat Franz beauftragt, wenn
er einen Landmann finde, der für die
seit Dienst passe, ihn nur gleich mit
zubringen. Franz ist deshalb nach dem
Bahnhof gegangen, um zu sehen, ob
nicht gerade ein Landsmann angekom
wen sei. Und siehe da! Er hat Jochen
gefunden.
Jochen freut sich natürlich außer
ordentlich über diesen glücklichen Zufall
und ist gern bereit, sofort den Dienst
anzutreten, der nach den Versicherun
gen des hilfreichen Freundes so ange
nehm ist und so vortrefflich bezahlt
wird. 1
Jochen nimmt seinen Koffer und
trabt niit Franz fort. In der nächsten
Straße begegnen sie einem Herrn, dem
Dienstherrn Franzens, den dieser ehrer
biettg begrüßt. Der Herr läßt sich die
Papiere JochenS zeigen, prüft sie und
engagirt Jochen sofort. Dieser muß
sogar gleich in dm Dienst treten, er soll
mit Franz eine große Kiste bei einem
Kaufmann abholen.
Die Beauftragten machen sich auf den
Weg. aber natürlich ist der Koffer
Jochens sehr lästig Franz schlägt vor,
ihn bei einem seiner Bekannten, an
dessen Wohnung man vorbeikommt,
einzustellen, um ihn von dort nach
Ausführung des Auftrages wieder ad
zuholen. Das geschieht, und Jochen
und Franz eilen erleichtert weiter. Da
fällt es Franz plötzlich schwer auf die
Seele, daß er einen früheren Auftrag
seines Herrn vergessen habe. Aber er
suchte eben den Landsmann und um
dessentwillen vergaß er seine Pflicht.
Nun. der Fehler kann noch gut gemacht
und der Auftrag unterwegs erledigt
werden.
Nur ist noch ein Hinderniß dabei:
Franz muß bei Erledigung dieses Auf
träges für feinen Herrn Geld auslegen
und hat leider sein Portemonnaie ver
geffen. Aber Jochen hat ja Geld, und
da er nun ebenfalls im Dienste des
selben Brotherrn steht, kann er diesmal
auslegen. Er bekommt das Geld ja
sofort' zurück.
Franz nimmt das Geld Jochens,
'fast seine ganze Baarschast. und geht
in ein Haus hinein, vor welchem Jo
chen wartet. Er wartet stundenlang
vergeblich. Franz aber kommt nicht
wieder.
Jochen ist eben Bauernfängern" in
die Hände gefallen, die ihn um seinen
Koffer, seine Papiere und seine Baar
' Schaft geprellt haben. Mit geradezu
verblüffender Leichtigkeit hat sich Jochen
ausplündern lassen, weil er sich durch
die Kleidung des Pseudo-Landsmannes
bestechen ließ.
Auf yie Kleidung des Verbrechers
iommt eben viel an, wenn ein geplan
ter Betrug glücken foll. Seiner Klei
innig mutz der Verbrecher daher auch
die größte Aufmerksamkeit schenken.
Er muß sich für jeden besonderen Zweck
besonders kleiden und verstehen, sich der
Kleidung gemäß zu benehmen. Ein
Gauner, der als Bauer verkleidet auf
tritt und sich wie ein Städter beträgt,
wird sich ebenso verdächtig machen' wie
ein Mann im Gigerlkostüm, der sich wie
ein Bauer aufführt.
Ter Hochstabler. der Bauernfänger
und ähnliche Gaunerspezialitäten müs
fcn also gewandte Schauspieler sein, die
sich in jede Rolle hineinzuversetzen, in
jeder neuen Gestalt wahr und natürlich
aufzutreten wissen. Es gehört ein Ta
lent dazu, um eine solche Vielseitigkeit
' Der ÄMnlagsgA
Jahrgang 2.
zu entwickeln. Ta aber Talente auch
im Verdrecherthum dunn gesäet sind
glücklicherweife, muß man sagen
wollen wir uns nicht mit diesen, sondern
mit der Hauptmaffe her Verbrecher be
schäftigen, soweit es sich um die Beklei
dunqSfrage handelt.
Allgemeine Normen lanen sich hier
nur schwer ausstellen. Unter gewöhn
lichen Umständen wählt der Gauner
eine möglichst unauffällige Kleidung.
Weder in Schnitt noch in Farbe darf
die Kleidung Auffallendes haben, weil
sonst das Wiedererkennen deS Trägers
erleichtert wird. Trägt der Gauner
vielleicht einen lichtblauen Rock, dessen
Ränder mit breiten schwarzen Borten
besetzt sind, so wird fast jedermann, der
ihn gesehen hat, ich an seinen aus
fallenden Rock erinnern und letzteren
nicht nur genau be chreiden rönnen.
sondern, was noch wichtiger .ist,, sich
nach längerer Zeit dieses auffallenden
Kleidungsstückes erinnern. Trägt der
Gauner aber einen Anzug von unbe
stimmdarer. stumpfer Farbe, so bietet
er, dem, der ihn gesehen hat. gar keinen
Anhaltspunkt für die Erinnerung, und
verschiedene Leute, die den Ganner ge
sehen haben, . werden seine Kleidung
verschieden bezeichnen, sie werden ot
Häupten, sie sei: grau, dunkel, braun,
lich gewesen.
Der Leser mache nur selbst den Ver
such, unbestimmte und stumpfe Farben
auf ihren Haupteindruck zu prusen.
und er wird sich davon überzeugen, daß
es nicht nur sehr schwer ist. ein richtiges
Urtheil abzugeben, sondern fast unmög
lich, eine solche Farbe so zu beschreiben,
daß sich der Hörer dabei etwaS Be
ftimmtes vorstellen kann. Also in der
Unauffälligkeit der Kleidung liegt eine
gewllie Sicherheit sur den Berorecher
Unter ungewöhnlichen Umständen
dagegen wird der Gauner eine recht
auffallende Kleidung wägten, wenn
dies seinen Zweäen Entspricht. Ein
Hochstapler, der den Versuch macht, m
die Kreise der Sportsmen. der reichen
jungen Männer einzudringen, wird sich
elegant und höchst modern kleiden, denn
in lenen Kreisen giebt man etwas dar
auf. Auffallende Kleidung wird in
manchen Fällen der Gauner auch wah
len. um irre zu führen. Ein Gauner
großen Stils, der allein arbeitn".
wird zum Beispiel beim Auskundschaf
ten der Diedstaylsgelegenyett uno ver
Oertlichleit beim sogenannten Bai
dowern", recht auffällige Kleidung tra
gen. damit diese den Leuten, die ihn
zufällig im Hause sehen, in Erinnerung
bleibt. Bei Ausführung der That
trägt er dann eme durchaus unauf
fällige Tracht. Die auffallende Klei
duna aber wird er beseitigen. Denn
nndet man sie zum wiirnel bei einer
Haussuchung in seiner Wohnung, so ist
das ein sehr schwerwiegender Beweis
aeaen ihn.
Im Jahre iwz wurde im Berliner
Hotel Kaiserhof" der sogenannte
schwarze Mann" ergriffen, ein deruch
tiqter Hoteldieb, der sich in den besten
Gasthösen einloqirte und dann des
Nachts in den Zimmern Diedstähle an
Geld und Werthsachen verübte, wenn
die anderen Gäste leichtfertig genug
waren, die Zimmer offen und die
Werthgegenstände herumliegen zu las
sen. Als man dielen Gauner ergriff,
war er von Kopf bis zu Fuß in schwarze
Seide gekleidet, und erhielt von diesem
Gewand, das er angelegt hatte, um in
der Dunkelheit nicht leicht erkenntlich
zu sein, den Namen der schwarze
Marni".'
Dieser Vorfall und gerade diese Klei-
dung des Gauners machten damals
außerordentliches Ausseyen, aver oer
Hoteldieb hatte diese Kleidung nicht
etwa erfunden, er benutzte vielmehr
einen alten Tiebeskniff, den auch unsere
modernen, im großartigen Stile arbel
tenden Zauberkünstler" sich zu nutze
zu machen wiffen. Ein solcher moder
ner Professor der Magie tritt auf einer
Bühne auf. deren Boden und Seiten
wände mit schwarzem Tuch bedeckt sind.
Dieser Rahmen sieht fthr ftimmungs
voll und magisch aus. und das Publi
kum glaubt gewöhnlich, die düstere
Umrahmung der Bühne sei nur wegen
des äuszeren Eindrucks da. Für den
Zauberkünstler aber ist diese Schwärze"
seiner Umgebung sehr wichtig, denn sie
ermöglicht ihm bei voller, allerdings
besonders eingerichteter und vertheilter
Beleuchtung einen Gehilfen auftreten
zu laffen. den niemand vom Publikum
sieht.
Der' Gehilfe trägt schwarze, engan
liegende Kleidung, hat schwarze Hand
schuhe an. und auch fein Gesicht ist mit
schwarzem, stumpfem ja nicht etwa
glänzendem Stoffe bedeckt. Diese
schwarze Figur hebt sich von der schwar
zen Umgebung absolut nicht ab und
kann sich frei vor den Augen des Publi
kum? auf der Bühne bewegen, ohne be
merkt zu werden. Ter Gehilfe steht
neben dem Zauberkünstler und reicht.
Beilage zum Nebraska Staats-Slnzeiger.
ihm zum Beispiel in gewissem Augen
blicke einen hellen Gegenstand, den der
Gehilse bisher hinter seinem Rucken
verborgen hielt. Das Publikum sieht
von dem Gehilfen nichts, sieht nur
plötzlich den hellen Gegenstand erschein
nen und glaubt, her Zauberkünstler
habe denselben aus der Luft gegri
sen."
Nach diesem Prinzip haben sich seit
Jahrhunderten die Hausdiebe und Elw
drecher dunkel gekleidet und bei Be
gehung der That sich Gesicht und Hände
geschwärzt. Man glaubt im Publi
kum. sie thäten letzteres, um recht
grauslich" auszusehen und die Leute
zu erschrecken, die sie vielleicht ertappen.
Aber der Verbrecher wendet diesen Kniff
nur an, damit die Helligkeit seines w
sichtes und seiner Hände ihn im Tun
kein oder Halblicht nicht verräth.
Zweckentsprechend bekleiden sich die
Schmuggler an der deutsch-russischen
Grenze, wenn sie im Winter, wo alles
unter Schnee liegt, Züge unternehmen.
mit weißen Hemden, die sie über ihre
Kleider ziehen, damit sich ihre Gestalten
nicht dunkel von der weißen Schneedecke
abheben. Wenn diese Schmuggler in
den weißen Hemden sich auf dem Schnee
niederkauern, kann eine Patrouille der
Grenzwache ziemlich nahe an ihnen
vorübergehen, ohne sie zu bemerken.
Auffallend für denjenigen, welcher
sich näher mit der Kriminalgeschichte
beschäftigt, ist es, daß die berühmten
Räuber früherer Zeiten fast ausnahms
los in Jägertracht auftraten. ES gibt
keinen berühmten Räuber von Schinder
hannes an bis auf irgend eine der
neuesten, räuberischen Lokalberühmthei
ten, von denen man nicht meldete, daß
sie mit Vorliebe die Jägertracht getra
gen haben. Selbst Kriminalisten wa
ren früher geneigt, diesen Umstand auf
die Eitelkeit der Räuber zurückzufüh
ren, aber dies ist ein Irrthum. Tie
Räuber wählten diese Kleidung nur
aus Nützlichkeitsgründen. Das ..Ge
schüft" des Räubers bringt es mit sich,
daß er sich viel im Walde, un buschbe
wachsenen Gelände aufhält. Er will
natürlich dabei nicht gesehen . werden
und wählt die Jägertracht, die sich mit
ihrer graugrünen Grundfarbe von der
Farbe des Waldes und des Busches nicht
abhebt. Auch die Jäger haben diese
im Wald unauffällige Tracht nur an
genommen, weil sie es ihnen ermöglicht,
besser das Wild zu beschleichen.
Aus der Berliner Kriminalgeschichte
erfährt man folgenden, in gewisser Be
ziehung interessanten und bezeichnenden
Fall. In den dreißiger Jahren kam
zu einem Berliner Mützenmacher ein
Mann, der ihm ein Stück lichtbraunes
Tuch brachte, damit er daraus zwölf
gleichmäßige, besonders geformte
Mützen machen sollte. Ter Mützen
macher brachte aber durch weise Spar
samkeit dreizehn Mützen heraus, von
denen er eine für sich behielt. Diese
Mütze setzte er auf. als er am nächsten
Sonntag mit seiner Familie in ein
öffentliches Vergnügungslokal yegan
gen war. Als der Mützenmacher Abends
heimkehrte, fand er in seinen Rock
taschen mehrere goldene Uhren und ver
schieden? Geldbörsen. Am nächsten
Sonntag kam er wieder mit solcher
Taschenfüllung, die ihm auf uner
klärliche Weife zugebracht worden war,
beim und theilte nun fein Erlebniß der
Criminalpolizei mit, an deren-Cpitze
damals der berühmte Polizeirath Dun
ker stand.
Dieser ließ sich die Geschichte von den
zwölf gleichmäßigen Mützen erzählen,
und errieth sofort, daß diese Kopfbe
deckungen die zu einer weitverzweigten
Bande von Taschendieben gehörigen
Hehler bezeichnete, denen die Diebe das
gestohlene Gut zuplanten", das heißt
zustecken konnten, damit dasselbe nicht
bei dem Diebe gefunden wurde, wenn
ein Bestohlener Verdacht schöpfte und
ihn festhielt. Taschendiebe Pflegen stets
das gestohlene Gut so rasch wie möglich
einem Genossen zuzustecken, der sich da
mit entfernt, wodurch der Dieb gegen
alle Eventualitäten gesichert ist.
Tunker setzte sich selbst die Mütze des
Mützenmachers auf und ging am näch
sten Sonntag nach dem großen Ver
gnügungslokal, natürlich in einer Ver
kleidung. Es gelang ihm. zwei der
Taschendiebe, die ihm ihre Beute zu
steckten, zu erkennen und zu verhaften,
und dadurch gelang die Aufhebung der
ganzen Bande.
Zur Bekleidung des Verbrechers ge
hören auch Perücken, falsche Bärte und
Augengläser. In früheren Kriminal
berichten, noch mehr in den früheren
Kriminalromanen spielten diese Requi
fiten des GaunerthumS eine große
Rolle. Sie sind heute, besonders bei
den großen Gaunern, sehr in Miß
kredit gekommen! die modernen Hoch
stapler, die Fälscher und Bankschwind
ler verachten diese alterthümlichen Kniffe
und ersetzen sie durch vermehrte, oft ge
radezu verblüffende Schlauheit. Weder
Perücken noch falscher Bart können so
sein hergestellt werden, daß nicht ein
scharfer Beobachter sofort die Täuschung
entdeckt. Eine solche Entdeckung aber
erregt leicht Verdacht.
Tas Tragen von gewöhnlichen Bril
len oder Klemmern nützt weder, noch
schadet es dem Gauner, denn in Teutsch'
land tragen leider so viele Menschen
Augengläser, daß die? absolut nicht
auffällt. Etwas anderes ist eS mit der
in früheren Kriminalgeschichten eine so
große Rolle spielenden blauen Brille.
Ter heutige Gauner trägt sie höchstens
noch bei Begehung der That, nach der
That auf der Flucht wird die Brille
nicht mehr benützt, weil sie zu sehr auf
fällt und durch die vielen Kriminal
gcschichten, in denen sie eine Rolle spielt,
geradezu di-kreditirt ist.
Wir ersehen aus Vorstehendem, welch
wichtige Rolle beim heutigen Gauner
die Kleidung spielt. Ter Leser aber
hat auS diesen Ausführungen wohl er
fahren, daß man das bekannte Sprich
wort 'Kleider machen Leute" auch än
dern kann, indem man sagt: Kleider
machen Verbrecher."
Die )ere.
Novsllelie von Hedda Lind.
Er war der Verzweiflung nahe! Tag
und Nacht hatte er keine Ruhe, der
Schlaf floh ihn. auf feinem Arbeits
tische lag dicker Staub, so lange hatte
er ihn nicht mehr benutzt, Tusche und
Tinte war eingetrocknet und die Zeichen
federn verrostet. Er konnte nicht e
und wurde bleich und verträumt.
X4 nrfsa. cvi ut
UU3 iUt9 lUttll Ulttl v
unglaublich. Er, der nüMx
ständige, flrevsame iKULttim
ganze Nacht lang bjrVSt jsmfttt
auf und abspazibHd Kälte,
weil er gehört, sie? Abend mit
ihren Eltern zum Hue und komme
spät nach Hause. Er hatte sie am Tage
vorher nicht gesehen, und nur um einen
Blick aus diesen kalten, hochmüthigen,
graugrünen Augen zu erHaschen, hatte
er sich die ganze kalte Nacht hindurch
wie ein Dieb vor ihrer Schivelle herum
getrieben. Wenn das nicht Wahn
sinn war! Er sollte wahrhaftig mit sei
nen vierundzwanzig Jahren vernünfti
ger sein." So und ähnlich redeten
Paul Brand's Freunde täglich auf ihn
ein. Und er sah selbst, so konnte es
nicht weiter gehen. Nicht nur seine Ge
sundheit, feine ganze Laufbahn stand
auf dem Spiele. Er war einer der
hoffnuugsvollsten Architekten der Stadt,
man versprach sich das größte von ihm,
und nun seit vier Wochen, seit er die
rothe Hexe gesehen, hat er kein Reiß
brett. keine Feder mehr angerührt, er
hatte keinen Gedanken, keine Empfin
dung. kein Wort mehr als nur: Sie!
Und Sie? Nun. sie lachte, wie Paul
seinem einzigen Vertrauten und Busen
freund, dem mehrere Jahre älteren
Bauinspektor Holz erzählte, sie lachte
mit einem höllischen Lachen, das einen
rasend machen könne über alles, über
ihn. über seine Pläne, über seine gren
zenlose hingebende Liebe. Es ist zum
Verzweifeln," klagte der Aermste ein
mal. was ich mir nicht alles von ihr
gefallen lasse." Sie wickelt mich um
den Finger wie ein Seidenbändchen,
und ich alter Dummkopf ja. das ist
der einzig passende Ausdruck für mich,
ich knirsche mit den Zähnen, balle die
Faust in der Tasche und thue alles was
sie will, vergebe ihr alle Thorheiten
und bin obendrein noch froh, wenn ich
nur dies Gesichte! mit dem köstlich
eigensinnigen Kinn ansehen darf, und
dies wundervolle rothe Haar, das sie in
tausend Löckchen wie ein Leuchtthürm
chen mitten auf dem Kopf zusammen-
gedreht trägt, ach und erst die Augen!
Sag mein Bester, haft Du schon je et
was ähnliches gesehen? Sie schillern in
allen möglichen Farben, und aller
Spott, aller Schalk, alle Lustigkeit
und Bosheit der Welt ist in ihnen zu
Haus."
Der Freund hatte da ein ganz klein
wenig gelächelt, halb belustigt, halb
mitleiöig und kurz geantwortet: Ich
sehe, die Krankheit ist schon weit vor
geschritten, schleunige Hilfe thut noth."
Na. antworte Deinem Arzt mal ge
treu: Du liebst also Fräulein Olsen
und möchtest sie heirathen?"
Bei Gott!" er erhob schwörend seine
Hand.
Nur ruhig Blut." fuhr der Bau
Inspektor fort. Sie behandelt Dich
also schlecht?"
Wie einen Schuhputzer." stöhnte er
grimmig.
Hast Du keine direkten Beweise, daß
Du ihr antipathisch oder gar verhaßt
bist?"
Direkte nicht," kam es kleinlaut zu
rück, wenn Du es nicht etwa als einen
Beweis erachtest, daß sie, nachdem sie
mich gebeten, sie zum Schlittschuhlaufen
No. 43.
abzuholen, schon fort war. als ich kam.
sich auf der Eisbahn gar nicht um mich
kümmerte, und mir höhnisch zurief:
Sie sei nicht gewöhnt, daß man sie
warten lasse!" Ich hatte mich, da ich
etwas sorgfältiger Toilette machte, lei
der um drei Minuten verspätet."
Wieder lächelte der Freund unmerk
lich. schlug Herrn Paul kameradschaft
lich auf die Schulter und machte folgen
den Scklachtvlan:
Also mein Freund. Tu hast weder
Beweise pro noch contra. Tie Bahn
ist frei, um mit Eneraie und Bcbarr
lichkeit zum Sturm auf den stolzen
Leuchtthurm, aber nicht auf dem geraden
offen? Weg Teiner allzudeutlichen
demüthigen Verehrung. Nein, Tu
mußt die ,vestuna auf Schleichwegen.
auf Umwegen zu stürmen suchen. Hör'
mir zu. mit Deinem willenlosen
Schmachten bekommst Du das kapri
ciöse Tina nie. diese Art ist wie Wild
katzen, die auf kein Locken kommen,
das muß schon ein schlauer Jäger fein,
der die prachtigen spröden Dinger tm
fach um das geschmeidige, weiche Häl?
chen packt und festhalten kann. Willst
Du den Kampf um sie waaen. so rav
pele einmal alle Deine. Energie. Deinen
tolz, Deine Willenskraft zusammen
und thue, was ich Dir sage. Weiter
sehe ick die Sache nickt mebr mit an.
Du gehst als KüMIerid als Mensch
oaoei zu ruvoe. ., y
Ich wialleMims um sie zu er
ringen,uisr,meillLeben "
iJßiht trar unnük." svrack der
1M,M weiter. Der einzige
PM Plan ist der. Tu gehst
ldn hier auf's Ratbbaus. bolft
Staatsstivendium ab. das da
,on seit einem halben ?labr aus Dich
wartet, packet Deinen Koffer und fährst
morgen früh nach Italien. Heute
Abend machst Du bei Oll'ens eine kleine
förmliche Abschiedsvisite, benimmst Dich
gegen Deine zukünftige Braut ein klein
wenig verlegen und läßt Dir den Ab
schied sehr leicht werden. Das ist die
erste Pille, die Fräulein Marga zu
schlucken bekommt. Du schreibst ihr.
resp, den Eltern nur hin und wieder,
erwähnst schlau hie und da interessante
Bekanntschaften, berübmte Sckausvie.
lerinnen, oder sonst Künstlerinnen, die
Du kennen gelernt, sprichst Du als
Künstler kannst es Dir ja erlauben
von der Schönheit und reichen Weiblich-
keit der Südländerinnen. Du sollst mal
sehen, wie das ziehen wird! Ich unter
nehme es gern, in der Zwischenzeit ein
paar Nachrichten über Deine alänzen-
den Aussichten und Fähigkeiien. über
Deinen Fleig und Dein wahres Künst
lerthum in ein gewisses rothes Köpf
chen zu lanciren. und wir wollen ein
mal sehen, ob Fräulein Maroa. wenn
Du in drei Monaten sehr stolz, herab-
lassend und hochmuthig zurückkommst,
noch Lust zum Leben hat!"
Der arme Paul stand starr über so
viel Schlechtigkeit. Doch mußte er sich
eigen, da es m der Tvat der emnae
Ausweg sei. Uebrigens hatte ihm der
Ausdruck lukünftiae Braut" so im
ponirt, daß er gern zu Allem bereit
war. um ihn mit Fug und Recht an
wenden zu können. Er machte seinen
Abschiedsbesuch, fand Fräulein Olsen
selbst nicht einmal zu Haus vor. biß
die Zahne auseinander, reiste ab und
schrieb nun hin und wieder. Wie lang
ihm die Zeit wurde! Trotzdem er Tag
und Nacht studirte. un, ftoh mit dem
neuerworbenen Schatz seines Wissens
und Könnens vor die spröde, uner
bltiliche Geliebte bmtreten m können.
Da. vierzehn Tage vor dem festgesetz
ten Termin feiner Heimreise erhielt
er ein kleines Billett mit ihrer bekann
ten. lieben, krikeliaen Landsckrift. ($
enthielt nur ein paar Worte: sie werde
sich in den nächsten Tagen verloben
uno hoffe, daß er dann schon zurück
sei, um an dem Fest theilnehmen zu
können!"
Er war vom Donner gerührt! Sein
Freund Holz hatte auch so lange nicht
mehr geschrieben hatte der seine
Sache so schlecht verwaltet? Tas war
auch wieder nicht denkbar! Sollte feine
ganze Reise, die ganze Trennung etwa
umsonst gewesen sein? Nein, nun hielt
es ihn nicht mehr im Süden, er mußte
sehen, ob noch etwas zu retten war!
Am selben Abend reiste er ad. benach
richtigte Niemanden und kam nach 23
Stunden qualvoller Bahnfahrt ganz
außer sich in der Heimath an. Es war
schon spät und die übliche Besuchszeit
längst vorbei, aber er konnte die Ün
ruhe nicht mehr, ertragen. Noch heute
wollte er Klarheit haben. So stürzte
er denn zu Olsens herauf, die ihn so
auffallend freundlich und liebenswür
big empfingen, daß es ihm selbst in
seiner grenzenlosen Unruhe und Be
kümmernitz ganz merkwürdig vorkam.
Er fragte, nachdem er kaum Platz ge
nommen. nach Fräulein Marga. Die
beiden Alten wechselten einen verständ
nißinnigen, lächelnden Blick und sag-
ten. sie sei eben cu3, um eine Be
iorgunz zu machen r,nd könne jeden
Augenblick eintreten. Also in ein
paar Sekunden sollte cr das Schmer
zenskind wiedersehen? Vielleickit crn
Arme des Anderen? Tausend Gedan
ken durchschossen ihn, und ohne sich
Rechenschaft zu geben warum und wes
halb, fragte er. ob er denn den Namen
deS künftigen SchwiegersobneS nicht er
fahren dürfe. Fräulein Marga habe.
ihm doch geschrieben in acht Tagen
sei die Verlobung. Er schmieg plötz
lich. denn Herr und Frau Ol'cn mach
ten auf einmal die merkwürdigsten,
unbeschreiblichsten Gesichter von der
Welt. Eine Sekunde lang schwiegen.
sie alle in einem ganz sonderbar ver
legenen Schweigen. Ta hörte man
ein paar rasche Füßchcn die Treppe
herausstolpern und gleich darauf stürmte
die rothe Marga in's Zimmer und
direkt in die festen Finger deS Herrn
Papa, der daZ schlanke Geschöpfchen
derb durchschüttelte und zornig die
Worte hervorbrummte: Was machst
Du denn für Geschichten. Mädel! Nun
esse die Suppe aus. die Tu Tir einge
brockt hast, und setz Tich mit dem
Herrn da auseinander." Nun erst
schien die Kleine den Gast zu bemerken.
Einen Moment stand sie halb er
schreckt, halb freudestarr, dann warf
sie sich mit lautem fröhlichen Lachen
um seinen Hals. Also so pünktlich
kommt man zur Verlobung?" rief sie.
Nun wohl denn. Mama und Papa.
dies ist. wie ich Euch gestern schon ge
sagt habe, mein Verlobter." Paul
glaubte zu träumen. Aber Ihr
Tein letzter Brief?" I nun," kicherte
sie auf, die , rothe Hexe hat eZ ver
standen, selbst den ernsten Herrn Bau
inspektor in ihre Netze zu ziehen, und
er mußte den ganzen Schlachtplan
gegen den Leuchtthurm" beichten, und
zur Rache dafür erlaubte ich mir eben
falls einen Schleichweg, einen Um
weg", um schneller zum Ziele zu ge
langen. Denn da Sie mich denn doch
nun absolut haben wollen, konnten
wir uns auch die letzten vierzehn Tage
Wartezeit noch schenken. Ich habe mit
Mama und Papa schon gesprochen.
Der Sekt liegt schon seit gestern auf
Eis!"
Herr Paul fand plötzlich, daß die
Frauen den Männern in der Kenntniß
von Schlichen und Umwegen immer
überlegen sind, und daß man es
sich manchmal gern gefallen läßt, der
Uebertrumpfte zu fein!
Voll.
Lange Jahre waren sie schon bei.
1 nmmfltt
umiiiwi
Sie batte kick redlick um ds MnHA
Brod vlaaen müssen, batte den aann
Tag Wäsche gewaschen, und war den
Abend über an einigen Stellen als
AUswarierm lvattg.
Doch hätte sie sich mit ibrem harten
Loos zufrieden oeaeben. wenn er mir
nicht so schlecht gewesen wäre.
isr war meistens wie man so zu
agen pflegt voll".
Allabendlich, wenn sie in hi Qim
mer trat, fand sie ihn in besagtem Zu
stände unter dem Tisch.
Er war gefürchtet und verhaßt von
Allen, die ihn kannten.
Längst wäre sie lschon ihren Qualen
erlegen, wenn ihr Sohn der Redak-
tivNsDieNer war ifir tiirht fron ntr
V V M
Seite gestanden hätte.
Trenne Dich von ihm. Mutter."
aate er immer iiu ibr. ..Dn bnst ibn
doch cjar nicht nöthig."
Das brachte sie nicht über ihr Herz.
Was würde dann aus ihm werden?
Eines Abends, als sie in das 3inu
mer trat und wie aewöbnlick mier hon
Tisch blickte war er fort.
Schon alaubte sie sick, von ibm K.
freit, da bemerkte sie ibn hlfthfi in
einer Ecke und voll.
Eben trat ihr Sohn ein.
Fritze." rief sie ibm entaeaen. ..er
ist wieder "
Voll!" ergänzte er traurig.
Tann scklevvten sie ibn fin-nm- hn
verhaßten und gefürchteten Papier-
oro.
Der Knabe mit der Fischotter.
n den Strafn k?r (ZinM fli?fc
M Vfc 4.' 1
liebt man bänfio inen &&nnr h
einem Kettchen einen schon recht' kräftig
..iw: je. (vt ' .. Z? . '
euiiuiimien ki,cyo.ner mit sich führt.
Das putzige, von dem Knaben jeden
falls selbst aufgezogene, dicht braun
behaarte Thierchen mit langem Schweife
nimmt sich annähernd wie ein an der
Leine aekübrter mh unn mmirr
Größe aus. Dieser Otter ist in weit
gebendem Betragt m iMf;
Hausthiere geworden, das. in der Nähe
der betreffenden Wohnung von der
Leine befreit, sicher die Hausthüre und
Trevve erreickt nd s,inkstit
- -----7- ..... .UIU
Begegnen mit Hunden stutzen und
knurren die letzteren anariffsluftig ge -gen
den Fremdling. Dieser aber' stellt
sich ft"uas. ftiftrtsirfi 3ii okin.'n ,,k x;.
' .' ' "? sl" UU Ult
Hinterbeine in Kampfstellung, woraus
rnr unoc gemogninr, Reißaus neh
men. Der birrti Iksn,,s! .
.... viVMlUllill Ull
gefährlichsten Fischdiebe taucht frei,
ohne Leine, auf Geheiß in. die offene
Mosel und schwimmt ebenso wieder zu
einem q.-'errn an s User zurück.
Die guten .sreunoinncn.
Nun. Elfe, was haben Deine
Freundinnen zu Teiner Verlobung ge-
,uit
O. diese Schlangen! Emma sagte:
Ächon wieder? und Küibk! q?n,
immer?"
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