Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 15, 1900, Image 9
1 Du Rleidlmz des Verbrechers. . jttiuiinaliftii4t Tkiüt von X. C i f c t laußmann. Aus dem Obstdahnhos Berlins kommt klil biederer Sandmann en. der nach dem Verlassen -des Zuges und deS Bahnhofes ftch verlegen umneht. Tie himmelhohen Häuser, der gewaltige Berkchr machen lhn augenscheinlich ganz ängstlich, Er weiß offenbar nicht, wohin er sich wenden soll. Wie ganz anders sehen hier die Wen schen auch in ihrer Kleidung aus, alS in der Heimath deS biederen Landman nes! In seinem langen, bis über die Knie reichenden blauen Rock, in seinen Cchastftiefeln, seiner komischen, schwär zen Tuchmtttze erscheint er dem Groß, städter wie ein Mensch auS vergangener Zeit. Alle, die an ihm voriibereilen, sind dagegen in den Augen deS Land manncS so elegant gekleidet, wie bei ihm zu Hause die vornehmen Herren. Er würde eS sich gar nicht getrauen, einen dieser vorübereilenden Großstüd ter anzusprechen und um eine Auskunft zu bitten. Doch da naht ein Helfer in der Noth! Ein Landsmann muß der Mann in der östlichen- Kleidung sein, der fast ebenso aussieht, wie der Neuling in der Großstadt. Und richtig, so ist es. He Landsmann." sagt der Heran kommende. WaS willst du in Berlin?" Der Landsmann spricht auch den l. Dialekt auS der Heimathsgegend des Neulings. Jochen faßt natürlich Wer trauen zu dem Manne, der ihm sehr ähnlich sieht, und Franz so nennt ' sich der andere verdient diese? Ver trauen auch, denn er nimmt sich so fort Jochens in der liebenswürdigsten Weise an. Jochen ist nach der großen Stadt ge kommen, um hier sein Glück zu machen. Er sucht einen Dienst, eine Stellung. Franz ist entzückt davon, dem Lands mann helfen zu können. Franz ist schon seit einem Jahre in der Großstadt und bei einem Spediteur als Kutscher. Packer, Auflader beschäftigt. Nun , braucht sein Herr gerade jetzt sehr nöthig noch Jemvnd für dieselbe Stel lung und hat Franz beauftragt, wenn er einen Landmann finde, der für die seit Dienst passe, ihn nur gleich mit zubringen. Franz ist deshalb nach dem Bahnhof gegangen, um zu sehen, ob nicht gerade ein Landsmann angekom wen sei. Und siehe da! Er hat Jochen gefunden. Jochen freut sich natürlich außer ordentlich über diesen glücklichen Zufall und ist gern bereit, sofort den Dienst anzutreten, der nach den Versicherun gen des hilfreichen Freundes so ange nehm ist und so vortrefflich bezahlt wird. 1 Jochen nimmt seinen Koffer und trabt niit Franz fort. In der nächsten Straße begegnen sie einem Herrn, dem Dienstherrn Franzens, den dieser ehrer biettg begrüßt. Der Herr läßt sich die Papiere JochenS zeigen, prüft sie und engagirt Jochen sofort. Dieser muß sogar gleich in dm Dienst treten, er soll mit Franz eine große Kiste bei einem Kaufmann abholen. Die Beauftragten machen sich auf den Weg. aber natürlich ist der Koffer Jochens sehr lästig Franz schlägt vor, ihn bei einem seiner Bekannten, an dessen Wohnung man vorbeikommt, einzustellen, um ihn von dort nach Ausführung des Auftrages wieder ad zuholen. Das geschieht, und Jochen und Franz eilen erleichtert weiter. Da fällt es Franz plötzlich schwer auf die Seele, daß er einen früheren Auftrag seines Herrn vergessen habe. Aber er suchte eben den Landsmann und um dessentwillen vergaß er seine Pflicht. Nun. der Fehler kann noch gut gemacht und der Auftrag unterwegs erledigt werden. Nur ist noch ein Hinderniß dabei: Franz muß bei Erledigung dieses Auf träges für feinen Herrn Geld auslegen und hat leider sein Portemonnaie ver geffen. Aber Jochen hat ja Geld, und da er nun ebenfalls im Dienste des selben Brotherrn steht, kann er diesmal auslegen. Er bekommt das Geld ja sofort' zurück. Franz nimmt das Geld Jochens, 'fast seine ganze Baarschast. und geht in ein Haus hinein, vor welchem Jo chen wartet. Er wartet stundenlang vergeblich. Franz aber kommt nicht wieder. Jochen ist eben Bauernfängern" in die Hände gefallen, die ihn um seinen Koffer, seine Papiere und seine Baar ' Schaft geprellt haben. Mit geradezu verblüffender Leichtigkeit hat sich Jochen ausplündern lassen, weil er sich durch die Kleidung des Pseudo-Landsmannes bestechen ließ. Auf yie Kleidung des Verbrechers iommt eben viel an, wenn ein geplan ter Betrug glücken foll. Seiner Klei innig mutz der Verbrecher daher auch die größte Aufmerksamkeit schenken. Er muß sich für jeden besonderen Zweck besonders kleiden und verstehen, sich der Kleidung gemäß zu benehmen. Ein Gauner, der als Bauer verkleidet auf tritt und sich wie ein Städter beträgt, wird sich ebenso verdächtig machen' wie ein Mann im Gigerlkostüm, der sich wie ein Bauer aufführt. Ter Hochstabler. der Bauernfänger und ähnliche Gaunerspezialitäten müs fcn also gewandte Schauspieler sein, die sich in jede Rolle hineinzuversetzen, in jeder neuen Gestalt wahr und natürlich aufzutreten wissen. Es gehört ein Ta lent dazu, um eine solche Vielseitigkeit ' Der ÄMnlagsgA Jahrgang 2. zu entwickeln. Ta aber Talente auch im Verdrecherthum dunn gesäet sind glücklicherweife, muß man sagen wollen wir uns nicht mit diesen, sondern mit der Hauptmaffe her Verbrecher be schäftigen, soweit es sich um die Beklei dunqSfrage handelt. Allgemeine Normen lanen sich hier nur schwer ausstellen. Unter gewöhn lichen Umständen wählt der Gauner eine möglichst unauffällige Kleidung. Weder in Schnitt noch in Farbe darf die Kleidung Auffallendes haben, weil sonst das Wiedererkennen deS Trägers erleichtert wird. Trägt der Gauner vielleicht einen lichtblauen Rock, dessen Ränder mit breiten schwarzen Borten besetzt sind, so wird fast jedermann, der ihn gesehen hat, ich an seinen aus fallenden Rock erinnern und letzteren nicht nur genau be chreiden rönnen. sondern, was noch wichtiger .ist,, sich nach längerer Zeit dieses auffallenden Kleidungsstückes erinnern. Trägt der Gauner aber einen Anzug von unbe stimmdarer. stumpfer Farbe, so bietet er, dem, der ihn gesehen hat. gar keinen Anhaltspunkt für die Erinnerung, und verschiedene Leute, die den Ganner ge sehen haben, . werden seine Kleidung verschieden bezeichnen, sie werden ot Häupten, sie sei: grau, dunkel, braun, lich gewesen. Der Leser mache nur selbst den Ver such, unbestimmte und stumpfe Farben auf ihren Haupteindruck zu prusen. und er wird sich davon überzeugen, daß es nicht nur sehr schwer ist. ein richtiges Urtheil abzugeben, sondern fast unmög lich, eine solche Farbe so zu beschreiben, daß sich der Hörer dabei etwaS Be ftimmtes vorstellen kann. Also in der Unauffälligkeit der Kleidung liegt eine gewllie Sicherheit sur den Berorecher Unter ungewöhnlichen Umständen dagegen wird der Gauner eine recht auffallende Kleidung wägten, wenn dies seinen Zweäen Entspricht. Ein Hochstapler, der den Versuch macht, m die Kreise der Sportsmen. der reichen jungen Männer einzudringen, wird sich elegant und höchst modern kleiden, denn in lenen Kreisen giebt man etwas dar auf. Auffallende Kleidung wird in manchen Fällen der Gauner auch wah len. um irre zu führen. Ein Gauner großen Stils, der allein arbeitn". wird zum Beispiel beim Auskundschaf ten der Diedstaylsgelegenyett uno ver Oertlichleit beim sogenannten Bai dowern", recht auffällige Kleidung tra gen. damit diese den Leuten, die ihn zufällig im Hause sehen, in Erinnerung bleibt. Bei Ausführung der That trägt er dann eme durchaus unauf fällige Tracht. Die auffallende Klei duna aber wird er beseitigen. Denn nndet man sie zum wiirnel bei einer Haussuchung in seiner Wohnung, so ist das ein sehr schwerwiegender Beweis aeaen ihn. Im Jahre iwz wurde im Berliner Hotel Kaiserhof" der sogenannte schwarze Mann" ergriffen, ein deruch tiqter Hoteldieb, der sich in den besten Gasthösen einloqirte und dann des Nachts in den Zimmern Diedstähle an Geld und Werthsachen verübte, wenn die anderen Gäste leichtfertig genug waren, die Zimmer offen und die Werthgegenstände herumliegen zu las sen. Als man dielen Gauner ergriff, war er von Kopf bis zu Fuß in schwarze Seide gekleidet, und erhielt von diesem Gewand, das er angelegt hatte, um in der Dunkelheit nicht leicht erkenntlich zu sein, den Namen der schwarze Marni".' Dieser Vorfall und gerade diese Klei- dung des Gauners machten damals außerordentliches Ausseyen, aver oer Hoteldieb hatte diese Kleidung nicht etwa erfunden, er benutzte vielmehr einen alten Tiebeskniff, den auch unsere modernen, im großartigen Stile arbel tenden Zauberkünstler" sich zu nutze zu machen wiffen. Ein solcher moder ner Professor der Magie tritt auf einer Bühne auf. deren Boden und Seiten wände mit schwarzem Tuch bedeckt sind. Dieser Rahmen sieht fthr ftimmungs voll und magisch aus. und das Publi kum glaubt gewöhnlich, die düstere Umrahmung der Bühne sei nur wegen des äuszeren Eindrucks da. Für den Zauberkünstler aber ist diese Schwärze" seiner Umgebung sehr wichtig, denn sie ermöglicht ihm bei voller, allerdings besonders eingerichteter und vertheilter Beleuchtung einen Gehilfen auftreten zu laffen. den niemand vom Publikum sieht. Der' Gehilfe trägt schwarze, engan liegende Kleidung, hat schwarze Hand schuhe an. und auch fein Gesicht ist mit schwarzem, stumpfem ja nicht etwa glänzendem Stoffe bedeckt. Diese schwarze Figur hebt sich von der schwar zen Umgebung absolut nicht ab und kann sich frei vor den Augen des Publi kum? auf der Bühne bewegen, ohne be merkt zu werden. Ter Gehilfe steht neben dem Zauberkünstler und reicht. Beilage zum Nebraska Staats-Slnzeiger. ihm zum Beispiel in gewissem Augen blicke einen hellen Gegenstand, den der Gehilse bisher hinter seinem Rucken verborgen hielt. Das Publikum sieht von dem Gehilfen nichts, sieht nur plötzlich den hellen Gegenstand erschein nen und glaubt, her Zauberkünstler habe denselben aus der Luft gegri sen." Nach diesem Prinzip haben sich seit Jahrhunderten die Hausdiebe und Elw drecher dunkel gekleidet und bei Be gehung der That sich Gesicht und Hände geschwärzt. Man glaubt im Publi kum. sie thäten letzteres, um recht grauslich" auszusehen und die Leute zu erschrecken, die sie vielleicht ertappen. Aber der Verbrecher wendet diesen Kniff nur an, damit die Helligkeit seines w sichtes und seiner Hände ihn im Tun kein oder Halblicht nicht verräth. Zweckentsprechend bekleiden sich die Schmuggler an der deutsch-russischen Grenze, wenn sie im Winter, wo alles unter Schnee liegt, Züge unternehmen. mit weißen Hemden, die sie über ihre Kleider ziehen, damit sich ihre Gestalten nicht dunkel von der weißen Schneedecke abheben. Wenn diese Schmuggler in den weißen Hemden sich auf dem Schnee niederkauern, kann eine Patrouille der Grenzwache ziemlich nahe an ihnen vorübergehen, ohne sie zu bemerken. Auffallend für denjenigen, welcher sich näher mit der Kriminalgeschichte beschäftigt, ist es, daß die berühmten Räuber früherer Zeiten fast ausnahms los in Jägertracht auftraten. ES gibt keinen berühmten Räuber von Schinder hannes an bis auf irgend eine der neuesten, räuberischen Lokalberühmthei ten, von denen man nicht meldete, daß sie mit Vorliebe die Jägertracht getra gen haben. Selbst Kriminalisten wa ren früher geneigt, diesen Umstand auf die Eitelkeit der Räuber zurückzufüh ren, aber dies ist ein Irrthum. Tie Räuber wählten diese Kleidung nur aus Nützlichkeitsgründen. Das ..Ge schüft" des Räubers bringt es mit sich, daß er sich viel im Walde, un buschbe wachsenen Gelände aufhält. Er will natürlich dabei nicht gesehen . werden und wählt die Jägertracht, die sich mit ihrer graugrünen Grundfarbe von der Farbe des Waldes und des Busches nicht abhebt. Auch die Jäger haben diese im Wald unauffällige Tracht nur an genommen, weil sie es ihnen ermöglicht, besser das Wild zu beschleichen. Aus der Berliner Kriminalgeschichte erfährt man folgenden, in gewisser Be ziehung interessanten und bezeichnenden Fall. In den dreißiger Jahren kam zu einem Berliner Mützenmacher ein Mann, der ihm ein Stück lichtbraunes Tuch brachte, damit er daraus zwölf gleichmäßige, besonders geformte Mützen machen sollte. Ter Mützen macher brachte aber durch weise Spar samkeit dreizehn Mützen heraus, von denen er eine für sich behielt. Diese Mütze setzte er auf. als er am nächsten Sonntag mit seiner Familie in ein öffentliches Vergnügungslokal yegan gen war. Als der Mützenmacher Abends heimkehrte, fand er in seinen Rock taschen mehrere goldene Uhren und ver schieden? Geldbörsen. Am nächsten Sonntag kam er wieder mit solcher Taschenfüllung, die ihm auf uner klärliche Weife zugebracht worden war, beim und theilte nun fein Erlebniß der Criminalpolizei mit, an deren-Cpitze damals der berühmte Polizeirath Dun ker stand. Dieser ließ sich die Geschichte von den zwölf gleichmäßigen Mützen erzählen, und errieth sofort, daß diese Kopfbe deckungen die zu einer weitverzweigten Bande von Taschendieben gehörigen Hehler bezeichnete, denen die Diebe das gestohlene Gut zuplanten", das heißt zustecken konnten, damit dasselbe nicht bei dem Diebe gefunden wurde, wenn ein Bestohlener Verdacht schöpfte und ihn festhielt. Taschendiebe Pflegen stets das gestohlene Gut so rasch wie möglich einem Genossen zuzustecken, der sich da mit entfernt, wodurch der Dieb gegen alle Eventualitäten gesichert ist. Tunker setzte sich selbst die Mütze des Mützenmachers auf und ging am näch sten Sonntag nach dem großen Ver gnügungslokal, natürlich in einer Ver kleidung. Es gelang ihm. zwei der Taschendiebe, die ihm ihre Beute zu steckten, zu erkennen und zu verhaften, und dadurch gelang die Aufhebung der ganzen Bande. Zur Bekleidung des Verbrechers ge hören auch Perücken, falsche Bärte und Augengläser. In früheren Kriminal berichten, noch mehr in den früheren Kriminalromanen spielten diese Requi fiten des GaunerthumS eine große Rolle. Sie sind heute, besonders bei den großen Gaunern, sehr in Miß kredit gekommen! die modernen Hoch stapler, die Fälscher und Bankschwind ler verachten diese alterthümlichen Kniffe und ersetzen sie durch vermehrte, oft ge radezu verblüffende Schlauheit. Weder Perücken noch falscher Bart können so sein hergestellt werden, daß nicht ein scharfer Beobachter sofort die Täuschung entdeckt. Eine solche Entdeckung aber erregt leicht Verdacht. Tas Tragen von gewöhnlichen Bril len oder Klemmern nützt weder, noch schadet es dem Gauner, denn in Teutsch' land tragen leider so viele Menschen Augengläser, daß die? absolut nicht auffällt. Etwas anderes ist eS mit der in früheren Kriminalgeschichten eine so große Rolle spielenden blauen Brille. Ter heutige Gauner trägt sie höchstens noch bei Begehung der That, nach der That auf der Flucht wird die Brille nicht mehr benützt, weil sie zu sehr auf fällt und durch die vielen Kriminal gcschichten, in denen sie eine Rolle spielt, geradezu di-kreditirt ist. Wir ersehen aus Vorstehendem, welch wichtige Rolle beim heutigen Gauner die Kleidung spielt. Ter Leser aber hat auS diesen Ausführungen wohl er fahren, daß man das bekannte Sprich wort 'Kleider machen Leute" auch än dern kann, indem man sagt: Kleider machen Verbrecher." Die )ere. Novsllelie von Hedda Lind. Er war der Verzweiflung nahe! Tag und Nacht hatte er keine Ruhe, der Schlaf floh ihn. auf feinem Arbeits tische lag dicker Staub, so lange hatte er ihn nicht mehr benutzt, Tusche und Tinte war eingetrocknet und die Zeichen federn verrostet. Er konnte nicht e und wurde bleich und verträumt. X4 nrfsa. cvi ut UU3 iUt9 lUttll Ulttl v unglaublich. Er, der nüMx ständige, flrevsame iKULttim ganze Nacht lang bjrVSt jsmfttt auf und abspazibHd Kälte, weil er gehört, sie? Abend mit ihren Eltern zum Hue und komme spät nach Hause. Er hatte sie am Tage vorher nicht gesehen, und nur um einen Blick aus diesen kalten, hochmüthigen, graugrünen Augen zu erHaschen, hatte er sich die ganze kalte Nacht hindurch wie ein Dieb vor ihrer Schivelle herum getrieben. Wenn das nicht Wahn sinn war! Er sollte wahrhaftig mit sei nen vierundzwanzig Jahren vernünfti ger sein." So und ähnlich redeten Paul Brand's Freunde täglich auf ihn ein. Und er sah selbst, so konnte es nicht weiter gehen. Nicht nur seine Ge sundheit, feine ganze Laufbahn stand auf dem Spiele. Er war einer der hoffnuugsvollsten Architekten der Stadt, man versprach sich das größte von ihm, und nun seit vier Wochen, seit er die rothe Hexe gesehen, hat er kein Reiß brett. keine Feder mehr angerührt, er hatte keinen Gedanken, keine Empfin dung. kein Wort mehr als nur: Sie! Und Sie? Nun. sie lachte, wie Paul seinem einzigen Vertrauten und Busen freund, dem mehrere Jahre älteren Bauinspektor Holz erzählte, sie lachte mit einem höllischen Lachen, das einen rasend machen könne über alles, über ihn. über seine Pläne, über seine gren zenlose hingebende Liebe. Es ist zum Verzweifeln," klagte der Aermste ein mal. was ich mir nicht alles von ihr gefallen lasse." Sie wickelt mich um den Finger wie ein Seidenbändchen, und ich alter Dummkopf ja. das ist der einzig passende Ausdruck für mich, ich knirsche mit den Zähnen, balle die Faust in der Tasche und thue alles was sie will, vergebe ihr alle Thorheiten und bin obendrein noch froh, wenn ich nur dies Gesichte! mit dem köstlich eigensinnigen Kinn ansehen darf, und dies wundervolle rothe Haar, das sie in tausend Löckchen wie ein Leuchtthürm chen mitten auf dem Kopf zusammen- gedreht trägt, ach und erst die Augen! Sag mein Bester, haft Du schon je et was ähnliches gesehen? Sie schillern in allen möglichen Farben, und aller Spott, aller Schalk, alle Lustigkeit und Bosheit der Welt ist in ihnen zu Haus." Der Freund hatte da ein ganz klein wenig gelächelt, halb belustigt, halb mitleiöig und kurz geantwortet: Ich sehe, die Krankheit ist schon weit vor geschritten, schleunige Hilfe thut noth." Na. antworte Deinem Arzt mal ge treu: Du liebst also Fräulein Olsen und möchtest sie heirathen?" Bei Gott!" er erhob schwörend seine Hand. Nur ruhig Blut." fuhr der Bau Inspektor fort. Sie behandelt Dich also schlecht?" Wie einen Schuhputzer." stöhnte er grimmig. Hast Du keine direkten Beweise, daß Du ihr antipathisch oder gar verhaßt bist?" Direkte nicht," kam es kleinlaut zu rück, wenn Du es nicht etwa als einen Beweis erachtest, daß sie, nachdem sie mich gebeten, sie zum Schlittschuhlaufen No. 43. abzuholen, schon fort war. als ich kam. sich auf der Eisbahn gar nicht um mich kümmerte, und mir höhnisch zurief: Sie sei nicht gewöhnt, daß man sie warten lasse!" Ich hatte mich, da ich etwas sorgfältiger Toilette machte, lei der um drei Minuten verspätet." Wieder lächelte der Freund unmerk lich. schlug Herrn Paul kameradschaft lich auf die Schulter und machte folgen den Scklachtvlan: Also mein Freund. Tu hast weder Beweise pro noch contra. Tie Bahn ist frei, um mit Eneraie und Bcbarr lichkeit zum Sturm auf den stolzen Leuchtthurm, aber nicht auf dem geraden offen? Weg Teiner allzudeutlichen demüthigen Verehrung. Nein, Tu mußt die ,vestuna auf Schleichwegen. auf Umwegen zu stürmen suchen. Hör' mir zu. mit Deinem willenlosen Schmachten bekommst Du das kapri ciöse Tina nie. diese Art ist wie Wild katzen, die auf kein Locken kommen, das muß schon ein schlauer Jäger fein, der die prachtigen spröden Dinger tm fach um das geschmeidige, weiche Häl? chen packt und festhalten kann. Willst Du den Kampf um sie waaen. so rav pele einmal alle Deine. Energie. Deinen tolz, Deine Willenskraft zusammen und thue, was ich Dir sage. Weiter sehe ick die Sache nickt mebr mit an. Du gehst als KüMIerid als Mensch oaoei zu ruvoe. ., y Ich wialleMims um sie zu er ringen,uisr,meillLeben " iJßiht trar unnük." svrack der 1M,M weiter. Der einzige PM Plan ist der. Tu gehst ldn hier auf's Ratbbaus. bolft Staatsstivendium ab. das da ,on seit einem halben ?labr aus Dich wartet, packet Deinen Koffer und fährst morgen früh nach Italien. Heute Abend machst Du bei Oll'ens eine kleine förmliche Abschiedsvisite, benimmst Dich gegen Deine zukünftige Braut ein klein wenig verlegen und läßt Dir den Ab schied sehr leicht werden. Das ist die erste Pille, die Fräulein Marga zu schlucken bekommt. Du schreibst ihr. resp, den Eltern nur hin und wieder, erwähnst schlau hie und da interessante Bekanntschaften, berübmte Sckausvie. lerinnen, oder sonst Künstlerinnen, die Du kennen gelernt, sprichst Du als Künstler kannst es Dir ja erlauben von der Schönheit und reichen Weiblich- keit der Südländerinnen. Du sollst mal sehen, wie das ziehen wird! Ich unter nehme es gern, in der Zwischenzeit ein paar Nachrichten über Deine alänzen- den Aussichten und Fähigkeiien. über Deinen Fleig und Dein wahres Künst lerthum in ein gewisses rothes Köpf chen zu lanciren. und wir wollen ein mal sehen, ob Fräulein Maroa. wenn Du in drei Monaten sehr stolz, herab- lassend und hochmuthig zurückkommst, noch Lust zum Leben hat!" Der arme Paul stand starr über so viel Schlechtigkeit. Doch mußte er sich eigen, da es m der Tvat der emnae Ausweg sei. Uebrigens hatte ihm der Ausdruck lukünftiae Braut" so im ponirt, daß er gern zu Allem bereit war. um ihn mit Fug und Recht an wenden zu können. Er machte seinen Abschiedsbesuch, fand Fräulein Olsen selbst nicht einmal zu Haus vor. biß die Zahne auseinander, reiste ab und schrieb nun hin und wieder. Wie lang ihm die Zeit wurde! Trotzdem er Tag und Nacht studirte. un, ftoh mit dem neuerworbenen Schatz seines Wissens und Könnens vor die spröde, uner bltiliche Geliebte bmtreten m können. Da. vierzehn Tage vor dem festgesetz ten Termin feiner Heimreise erhielt er ein kleines Billett mit ihrer bekann ten. lieben, krikeliaen Landsckrift. ($ enthielt nur ein paar Worte: sie werde sich in den nächsten Tagen verloben uno hoffe, daß er dann schon zurück sei, um an dem Fest theilnehmen zu können!" Er war vom Donner gerührt! Sein Freund Holz hatte auch so lange nicht mehr geschrieben hatte der seine Sache so schlecht verwaltet? Tas war auch wieder nicht denkbar! Sollte feine ganze Reise, die ganze Trennung etwa umsonst gewesen sein? Nein, nun hielt es ihn nicht mehr im Süden, er mußte sehen, ob noch etwas zu retten war! Am selben Abend reiste er ad. benach richtigte Niemanden und kam nach 23 Stunden qualvoller Bahnfahrt ganz außer sich in der Heimath an. Es war schon spät und die übliche Besuchszeit längst vorbei, aber er konnte die Ün ruhe nicht mehr, ertragen. Noch heute wollte er Klarheit haben. So stürzte er denn zu Olsens herauf, die ihn so auffallend freundlich und liebenswür big empfingen, daß es ihm selbst in seiner grenzenlosen Unruhe und Be kümmernitz ganz merkwürdig vorkam. Er fragte, nachdem er kaum Platz ge nommen. nach Fräulein Marga. Die beiden Alten wechselten einen verständ nißinnigen, lächelnden Blick und sag- ten. sie sei eben cu3, um eine Be iorgunz zu machen r,nd könne jeden Augenblick eintreten. Also in ein paar Sekunden sollte cr das Schmer zenskind wiedersehen? Vielleickit crn Arme des Anderen? Tausend Gedan ken durchschossen ihn, und ohne sich Rechenschaft zu geben warum und wes halb, fragte er. ob er denn den Namen deS künftigen SchwiegersobneS nicht er fahren dürfe. Fräulein Marga habe. ihm doch geschrieben in acht Tagen sei die Verlobung. Er schmieg plötz lich. denn Herr und Frau Ol'cn mach ten auf einmal die merkwürdigsten, unbeschreiblichsten Gesichter von der Welt. Eine Sekunde lang schwiegen. sie alle in einem ganz sonderbar ver legenen Schweigen. Ta hörte man ein paar rasche Füßchcn die Treppe herausstolpern und gleich darauf stürmte die rothe Marga in's Zimmer und direkt in die festen Finger deS Herrn Papa, der daZ schlanke Geschöpfchen derb durchschüttelte und zornig die Worte hervorbrummte: Was machst Du denn für Geschichten. Mädel! Nun esse die Suppe aus. die Tu Tir einge brockt hast, und setz Tich mit dem Herrn da auseinander." Nun erst schien die Kleine den Gast zu bemerken. Einen Moment stand sie halb er schreckt, halb freudestarr, dann warf sie sich mit lautem fröhlichen Lachen um seinen Hals. Also so pünktlich kommt man zur Verlobung?" rief sie. Nun wohl denn. Mama und Papa. dies ist. wie ich Euch gestern schon ge sagt habe, mein Verlobter." Paul glaubte zu träumen. Aber Ihr Tein letzter Brief?" I nun," kicherte sie auf, die , rothe Hexe hat eZ ver standen, selbst den ernsten Herrn Bau inspektor in ihre Netze zu ziehen, und er mußte den ganzen Schlachtplan gegen den Leuchtthurm" beichten, und zur Rache dafür erlaubte ich mir eben falls einen Schleichweg, einen Um weg", um schneller zum Ziele zu ge langen. Denn da Sie mich denn doch nun absolut haben wollen, konnten wir uns auch die letzten vierzehn Tage Wartezeit noch schenken. Ich habe mit Mama und Papa schon gesprochen. Der Sekt liegt schon seit gestern auf Eis!" Herr Paul fand plötzlich, daß die Frauen den Männern in der Kenntniß von Schlichen und Umwegen immer überlegen sind, und daß man es sich manchmal gern gefallen läßt, der Uebertrumpfte zu fein! Voll. Lange Jahre waren sie schon bei. 1 nmmfltt umiiiwi Sie batte kick redlick um ds MnHA Brod vlaaen müssen, batte den aann Tag Wäsche gewaschen, und war den Abend über an einigen Stellen als AUswarierm lvattg. Doch hätte sie sich mit ibrem harten Loos zufrieden oeaeben. wenn er mir nicht so schlecht gewesen wäre. isr war meistens wie man so zu agen pflegt voll". Allabendlich, wenn sie in hi Qim mer trat, fand sie ihn in besagtem Zu stände unter dem Tisch. Er war gefürchtet und verhaßt von Allen, die ihn kannten. Längst wäre sie lschon ihren Qualen erlegen, wenn ihr Sohn der Redak- tivNsDieNer war ifir tiirht fron ntr V V M Seite gestanden hätte. Trenne Dich von ihm. Mutter." aate er immer iiu ibr. ..Dn bnst ibn doch cjar nicht nöthig." Das brachte sie nicht über ihr Herz. Was würde dann aus ihm werden? Eines Abends, als sie in das 3inu mer trat und wie aewöbnlick mier hon Tisch blickte war er fort. Schon alaubte sie sick, von ibm K. freit, da bemerkte sie ibn hlfthfi in einer Ecke und voll. Eben trat ihr Sohn ein. Fritze." rief sie ibm entaeaen. ..er ist wieder " Voll!" ergänzte er traurig. Tann scklevvten sie ibn fin-nm- hn verhaßten und gefürchteten Papier- oro. Der Knabe mit der Fischotter. n den Strafn k?r (ZinM fli?fc M Vfc 4.' 1 liebt man bänfio inen &&nnr h einem Kettchen einen schon recht' kräftig ..iw: je. (vt ' .. Z? . ' euiiuiimien ki,cyo.ner mit sich führt. Das putzige, von dem Knaben jeden falls selbst aufgezogene, dicht braun behaarte Thierchen mit langem Schweife nimmt sich annähernd wie ein an der Leine aekübrter mh unn mmirr Größe aus. Dieser Otter ist in weit gebendem Betragt m iMf; Hausthiere geworden, das. in der Nähe der betreffenden Wohnung von der Leine befreit, sicher die Hausthüre und Trevve erreickt nd s,inkstit - -----7- ..... .UIU Begegnen mit Hunden stutzen und knurren die letzteren anariffsluftig ge -gen den Fremdling. Dieser aber' stellt sich ft"uas. ftiftrtsirfi 3ii okin.'n ,,k x;. ' .' ' "? sl" UU Ult Hinterbeine in Kampfstellung, woraus rnr unoc gemogninr, Reißaus neh men. Der birrti Iksn,,s! . .... viVMlUllill Ull gefährlichsten Fischdiebe taucht frei, ohne Leine, auf Geheiß in. die offene Mosel und schwimmt ebenso wieder zu einem q.-'errn an s User zurück. Die guten .sreunoinncn. Nun. Elfe, was haben Deine Freundinnen zu Teiner Verlobung ge- ,uit O. diese Schlangen! Emma sagte: Ächon wieder? und Küibk! q?n, immer?" $