Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 08, 1900, Image 12

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    Ein Uifud? in Pretoria.
Von Tr. A. f.-snitrwf.b.
Tic Eisenbahn "von Johannesburg
nach Pretoria braucht eiiva zwei 3tiin
bfn. Sie führt im Ansang durch die
MiiienöijfriHe, sodann durch Haide
und Ackerland.
- Pretoria liegt schr malerisch in
einer meist unter Bäumen umgebenen
Mulve. Tie, kleinen HüuZchen sind
unter Bäumen versteckt, so daß man
von Weitem einen großen Park zu sehen
glaubt. Ueber die Stadt, welche nur
etwa 12,000 Einwobner hat, ist nicht
viel u sagen. Tie durchweg sehr drei
ten Straßen find wie in Johannesburg
kerzengerade und schneiden sich im rech
ten Winkel. Sie sind natürlich nicht
gepflastert und ganz unglaublich stau
big. Ter Verkehr conzentrirt sich in
der von Ost und West verlaufenden
Kirchstraße, die durch den Kirchplatz in
zwei Hälften getheilt wird. Tie östliche
Hälfte macht mit ihren zahlreichen Lä
den einen großstädtischen Eindruck. Tie
westliche Hälfte, in der auch daZ Häus
chen des Präsidenten Krüger liegt, ist
bedeutend ruhiger. Alle übrigen Stra
ßen sind wie ausgcstorben. Tie kleinen
Häuser liegen meist in gutgepflegten
Gärten unter schattigen Bäumen, sodaß
die Straßen einen vornehm-friedlichen
Eindruck machen.
Ter vorhin erwähnte Kirchplatz liegt
im Centrum der Stadt. In der Mitte
des Platze? steht die schmucklose nieder
ländisch-reformirte Kirche. Umgeben
ist der Platz von einer Anzahl stattlicher
Gebäude. Da ist vor Allem da? Regie
rungshaus. ein mächtiger großer Bau,
dessen Errichtung im Jahre 1890 vier
Millionen Mark gekostet hat. In seiner
Nähe liegt das niedrige, langgestreckte
Postgebüude. das früher als äußerst
prunkvoll galt, jetzt aber einen recht
kümmerlichen Eindruck macht. Sehr
stattlich sind dagegen eine Anzahl von
Geschäftshäusern. Insbesondere die
Gebäude der großen Banken (National
Bank. Bank von Afrika u. s. w.)
geben dem Platze ein großstädtisches
Aussehen.
Auf dem Kirchplatz, ganz in der Nähe
deS Regierungshauses, steht auch das
Grand Hotel, da? unter der vorzüg
lichen Leitung eines Teutschen zu den
besten in Südafrika zählt. Der Verkehr
ist dort so groß, daß man ohne Boraus
bcstcllung nur selten Platz findet. Die
Preise sind ähnlich wie in Johannes
bürg. d. h. man zahlt etwa 20 Mark
den Tag für Wohnung und Mahlzeiten
ohne Getränke.
Im Grand Hotel hat nian reichlich
Gelegenheit, interessante Leute zu tref
fen. Als ich eines Abends mit einem
Bekannten dort soupirte, setzte sich ein
Herr zu uns, mit dem mich mein Be
gleiter bekannt machte. Bei der Vor
stellung verstand ich nur den Titel
Kommandant", während ich den Na
men überhörte. Der Fremde sah ganz
afrikanisch aus. Das wettergebräunte
Gesicht mit dem schwarzen, martiali
fchen Schnurrbart und die energischen
Augen ließen darauf schließen, daß der
Mann viel gesehen und erlebt hatte.
Interessant wie seine Erscheinung war
auch, was er erzählte. Seit langen
(ich glaube etwa 20) Jahren in Süd
Afrika ansässig, war er vollständig
Afrikander" geworden. Einen großen
Theil feines Lebens hatte er unter Ne
gerstämmen zugebracht. Dort hatte er
als Vertrauensmann der Häuptlinge
stets hervorragende Stellungen ringe
nominen. Insbesondere über einige
Falle von Ehescheidungen, in
bejsen er als Richter fungirt hatte, er
zählte er sehr amüsante Dinge, aus
denen hervorging, daß die schwarzen
Evas'Töchter sich von ihren weißen
Schwestern weit mehr durch die Haut
färbe, als durch Treue und Mangel an
Eitelkeit, und die schwarzen Adams
Söhne sich von ihren weißen Brüdern
viel mehr durch krauses Lockenhaar, als
durch Zärtlichkeiten gegen ihre besseren
Ehehälften unterscheiden. Seit vielen
Jahren war der Kommandant" in
Transvaal'schen Diensten. Er hatte
viel mit der Organisation der A r t i l
lerie zu thun und befaßte sich mo
mentan mit der Anlegung der Be
feftigungen von Pretoria. Mit Ver
wunderung nahm ich wahr, daß der
Afrikander" der deutschen Sprache
durchaus mächtig war. Wer beschreibt
aber mein Erstaunen, als er plötzlich
nach einer etwa zweistündigen Unter
Haltung die Frage an mich richtete:
Hören Sie einmal, sind Sie nicht
aus F r a n k f u r t am Main?" und,
da er mein verdutztes Antlitz sah, ganz
gutmüthig hinzufügte: Das hab' ich
doch gleich am Dialekt erkannt! Ich bin
nämlich auch aus Frankfurt am Main."
Nun erst erfuhr ich den Namen des
interessanten Afrikanders. Es war der
um die militärische Erziehung der Bu
ren hochverdiente Oberft Schiel, der.
wie man weiß, unlängst verwundet in
die Gefangenschaft der Engländer ge
rathen ist. In freudiger Erinnerung
an unser Frankfurt mit seinem Pfarr
thurm. seinen Bratwürsten und seinem
Aeppelwein verbrachten wir einen sehr
gemüthlichen Abend zusammen.
Pretoria ist die politische, wie Johan
nesburg die geschäftliche Hauptstadt des
Landes. Tie Verfassung von Trans
--vaal ist einfach. An der Spitze steht
der vom Volk gewählte Präsident. Er
hat die Vertretung nach außen und ist
daS Haupt der Verwaltung, die im
Uebrigen dem Staatssekretär und mch
reren Executiv-Beamten obliegt. Tie
Gesetzgebung ist Sache des vom Volk
gkirchlten VolksraöS. dcr ursprüng
lich nur aus einer Kammer bestand.
Später wurde dem ersten' Z,'?!!-raad,
ein zweiter" an die Seite gestellt, dcr
jedoch nur deschrankie Rechte hat.
Zur Zeit mkincs A.i'cn:ha!ts in
Tran:saal warf der jetzige Krieg seine
Schatten schon voraus. Ter Jamcszn
Einfall hatte den Buren die Augen
über die Absichten des Herrn Eecil
R h o d e s, des südafrikanische Napo.
leern, geöffnet. Tie fortgesetzten Hetze
reien der englischen Presse und daS
systematische Nörgeln der britischen Re
gierung ließen erkennen, daß es nicht
lange so weitergehen könne.
TamalS war der Staatssekretär
L e yd S. der jetzt als Gesandter der Re
publik in Europa weilt, der bestgehaßte
Mann. Er ist. soviel ich weiß, in
Europa geboren. Jedenfalls läßt feine
elegante Gestalt und Kleidung darauf
schließen, daß er kein waschechter Bure
ist. Auch sein jugendliches Gesicht mit
den dunklen Augen und einem kleinen
schwarzen Schnurrbart, nehmen sich
durchaus nicht Burisch auS. Turch hohe
Bildung und umfassendes Wissen soll
er sich von den sonstigen Würdenträgern
Transvaals wesentlich unterscheiden.
Er spricht verschiedene Sprachen fließend,
unter Anderm ganz vorzüglich Teutsch.
Ich hatte Gelegenheit, ihn zweimal im
Regierungshause zu besuchen. Er
machte mir den Eindruck eines kalten,
verschlossenen Mannes von klarem Ur
theil und eiserner Energie.
Natürlich besuchte ich die Sitzungen j
deS Volksraads mehrfach. Ter große
und sehr hohe Sitzungssaal ist ganz
nach europäischem Muster eingerichtet.
An der einen Längsseite, in deren Mitte
sich der Platz des Vorsitzenden befindet,
sind die erhöhten Sitze der Regicrungs
Vertreter angebracht. Tavor befinden
sich im Halbkreis die Plätze der Abge
ordneten. Tas Publikum, das ohne
besondere Formalitäten eintreten kann,
sitzt im Saale selbst auf 'Stühlen und
Sesseln, die an den Wänden aufgestellt
sind. Tie Verhandlungen werden in
der Burensprache 'geführt, sodaß nur
wenig Auserwählte etwas davon ver
stehen.
Schließlich war es mir auch ver
gönnt, das Staatsoberhaupt, den be
rühmten Präsidenten Krüger, in
seinem Heime zu besuchen. Tas ist
nicht sonderlich schwer, sofern man
einen seiner Freunde kennt. Abgesehen
davon, daß Ohm Paul in jedem Frem
den einen Spion seines Todfeindes
Eecil-Rhodes erblickt, spricht er weder
deutsch, noch englisch, noch französisch
nicht einmal holländisch, sondern nur
die Burenfprache. Ein Dolmetscher ist
also unbedingt erforderlich.
Sein kleines einstöckiges Häuschen
liegt, wie oben erwähnt, in der west
lichen Hälfte der Kirchstraße. Von
einer schmalen Veranda und schattigen
Bäumen umgeben, macht das Heim
Ohm Paul's den Eindruck eines behag
lichen Landhäuschens. Ter Eingang
ist von zwei Marmorlöwen (dem Ge
schenk eines Amerikaners) sowie von
vier Transvaal-Kriegern mit weißen
Pickelhauben, hohen Reitstiefeln und
gezogenen Säbeln bewacht.
Die Besuchszeit ist man höre
und staune früh Morgens zwischen
4 und 6 Uhr. Das souveräne Staats
oberhaupt von Transvaal legt sich des
Abends um 7 Uhr ins Bett, um Mor
gens früh um 3 Uhr aufzustehen.
Also vor 5 Uhr in der Frühe traten
wir an unter der Führung des mit
Krüger sehr intim befreundeten Volks
raadsmitglieds Vorster, der nicht
nur englisch, sondern sogar etwas
deutsch versteht. Mit mir waren noch
drei Herren, zwei in Burenkreisen sehr
angesehene Advokaten und ein Deut
scher. Herr K., dem ich während meines
Aufenthaltes in Transvaal sehr 'viel
verdankte. Die drei Buren hatten keine
besondere Toilette gemacht. Sie er
schienen in ihren Werktagskleidern und
zogen noch nicht einmal Handschuhe an.
Ich meinerseits wollte zuerst einen ganz
neuen Frack anlegen. Nachdem mir
aber von kompetenter Seite klar ge
macht war, dach ich mich damit lächer
lich machen würde, begnügte ich mich
mit dem schwarzen Gehrock. Herr K.,
ein großer Mann von äußerst stattlicher
Erscheinung, war ganz in grau ze
kleidet. Mit seinem grauen Eehrock
und Cylinder machte er nicht gerade
den Eindruck eines deutschen Bieder :
mannes.
Der Empfang war sehr komisch.
Ohm Paul, der in einer Ecke des großen
Zimmers saß, sagte kein Wort. Nach
dem er Herrn K. eine Zeitlang stumm
vom Scheitel bis zur Zehe angesehen
hatte, frug er plötzlich seinen Freund
Vorster: Wie ist die Keerl?" (Wer
ist der Mann?) Nachdem ihm erwidert
war, das sei ein deutscher Ingenieur
mit Namen K., sagte Ohm Paul, na
türlich in Burisch: Tas ist ein Teut
scher? Ter sieht mir eher aus. als käme
er von meinem Freunde Rhodes!"
Nach dieser Bemerkung, die seinem
Scharfblick alle Ehre machte, war der
Burenherrscher sehr liebenswürdig, und
die Audienz dauerte noch über eine
Stunde.
Der Empfangssalon ist, wie gesagt,
sehr geräumig. Tie Möbel sind ein
fach. An der Wand hängt das lebens
große Oelbild deS Hausherrn. Ohm
Paul saß in einem breiten Sessel und
rauchte beständig aus einer kurzen
Pfeife. Auf einem kleinen Tische neben
ihm stand eine müchtiggroße Kaffeetasse,
die er zwischendurch zum Munde führte.
Ter Beherrscher von Transvaal erhält
neben einem jährlichen Gehalt von etwa
100,000 R.M. noch 6'X-M!. Jhffeee
geld, dj:nit er seine Gaste mit ctaffe
regalireitJonne. Gewöhnlich aber rnus
es den Gasten aenüzen. zu sehen,' wie
der Herr Präsident den Kanee selber
trinkt. 1
In respektabler Entfernung von dem
Sessel befand sich ein kleiner Spuck
napf. von dem Ohm Paul fortgesetzt
den ausgiebigsten Gebrauch machte, und
zwar mit unglaublicher Trensicherheit.
Ich wußte längst, daß die Buren gute
Schützen sind. Eine solche Leistung
hätte ich aber kaum für möglich ge
halten.
' Wohl jeder hat eine Abbildung deZ
Präsidenten Krüger gesehen und dabei
festgestellt, daß er abschreckend häßlich
ist. Tas ist er auch. Aber er gehört
zu den Menschen, durch deren Augen
man in ihre Seele sehen kann. Ich sah
ihn später, als er die Session deS
Volksraads schloß. Seine Rede glich
einem Bach, der plötzlich anschwillt.
Erst sprach er langsam und bedächtig,
dann bewegt und heftig, zuletzt im
höchsten Pathos. Ich verstand nicht,
was er sagte. Aber ich fühlte, daß eS
etwa? Bedeutendes war. Tie feurigen
Augen, die hinter den buschigen Brauen
hervordlitzten. zeigten zur Genüge, daß
dieser häßliche Körper der Sitz einer
großen Seele ist.
Fortschritten der Industrie und deZ
Verkehrs waren die Buren durchaus
abhold. Lange Zeit hindurch verboten
sie sogar durch strenge Gesetze aus
Suchen nach Gold. Sie wußten wohl,
daß der Mensch, wenn er dem Glücke
nachjagt, gar zu leicht das größte Glück
verliert die ' Z u f r i e d e n h e i t.
Hier berühren sich die Fehler der Buren
mit ihren Vorzügen. Wie dem Fort
schritt der Wissenschaft und des Ver
kehrs. so widersetzten sie sich den Fort
schritten der Goldgier und Genußsucht.
In einer öden Haide. fern von den
Vortheilen einer alten Kultur, suchten
sie ein stilles und bescheidenes Glück.
Unter Kämpfen und Gefahren haben
sie die neue Heimath begründet, für die
sie jetzt ihr Leben opfern.
In dem Kriege, der zur Zeit da
drunten tobt, ist zweifellos die Sym
pathie der ganzen Welt auf Seiten der
Buren. Aber Mancher, der dem Her
zen nach ganz burisch ist, wünscht doch
im Stillen, daß die Engländer siegen.
Warum? Weil er GoldshareS
betzht! ,Und es kann wohl keinem Zwei
fel unterliegen, daß die reichen, mächti
gen Engländer besser für die Minen
sorgen können, als die armen Buren.
Rechtfertigt das den Krieg?
Wahrhaftig nein! Blut und Eisen
haben manche, gute That vollbracht.
Menschen und Völker werden geopfert,
weil sie dcr Menschheit schädlich sind.
Aber dem Kriege, dem jetzt Tausende
zum Opfer fallen, liegt kein edler Zweck
zu Grunde! Die Buren sind kein kran
kcs Glied am Körper der Menschheit,
das abgeschnitten werden muß. Sie
haben die Kultur nicht gerufen, aber
auch nicht vertrieben. Wer kulturschäd
liche Völker sehen will, der gehe zu den
Chinesen oder Türken, nicht aber zu den
Buren. Die schlichten Buren zeigen
jetzt der Welt mit Mausergcwehren und
Krupv'schen Kanonen, daß sie trotz
ihrer Abneigung gegen den Fortschritt
fortgeschritten find. Und durch die
Art, wie sie die Todten ihrer Feinde
bestatten, wie sie die Verwundeten
pflegen und die Gefangenen behandeln,
beweisen sie, daß sie Bauern deutsche
Bauern geblieben sind.
2lschenbrödel.
Skizze aus dem Ungarischen von Arnim
R o n a i.
Sie war ein kleines, blondes Mäd
chen und eine Waise genau so wie im
Märchen. Sie hatte nur eine Stief
mutier, eine schlechte, herzlose Frau,
genau wie im Märchen. Auch zwei
Stiefschwestern waren da, neidische,
mißgünstige Mächden. Nur hieß die
Kleine Marie. und nicht Aschenbrödel.
Doch darauf kommt es nicht an; sonst
war alles gerade so wie im Märchen.
Ihre Mutter war schon lange todt;
ihr Vater heirathete zum zweiten Male
und bekam dadurch zwei große Töchter
ins Haus. Diese setzten dem armen
Mariechen bös zu. Sie schalten sie und
bürdeten ihr alle Arbeit im Hause auf.
Besonders seit dem Tode ihres Vaters
wurde sie kaum mehr geduldet. Sie
mußte sich den ganzen Tag in der Küche
aufhalten. Freilich ist dies ja der Platz
der Stieftöchter und Waisen, im Mär
chen ebenso wie in der Wirklichkeit; noch
gut, wenn man sie nicht jauch von dort
verjagt.
Die Stiefmutter hätte ja auch das
thun können, sie war Marie gegenüber
zu nichts verpflichtet, denn ihr Väter
hatte nur Schulden hinterlassen. Um
so reicher aber war sie selbst, und ihre
beiden Töchter wuchsen im Wohlleben
auf. Sie faßen den ganzen Tag am
Fenster, oder gingen in den prächtigsten
Toiletten spazieren, während Mariechen
in der Küche arbeiten, kochen, backen
und spülen mußte.
An jedem Balle oder Conzerte nahm
die Mutter mit ihren beiden Töchtern
Theil. Sie fehlten bei keinem Amüse
ment. Aschenbrödel blieb immer da
heim. Wozu sie auch an einem Leben
theilnehmen lassen, welches sie später
doch nicht fortzusetzen vermocht hätte.
Auch hieß es. sie sei noch viel zu jung,
trotzdem sie bereits 17 Jahre alt war.
Im Märchen geht das alles, ohne viel
nach dem Warum" zu fragen, in der
Wirklichkeit finden ja die Stiefmütter
immer triftige Gründe.
In der Ttadt bereitete man sich vor.
den Faichinz festlich zu d.-gehen. Es
sollte einen glänzenden BaZ.bend
gcden. Man rechnete auf da Erscheinen
des Prinzen, nämlich auf den einzigen
Sohn des Holzhändlers Bergmann der
am Ende der Stadt eine große Säge
mühle hatte, und von dem man sich er
zählte, er hätte Millionen im Ver
mögen. Sein Sohn Robert war gerade
von einer langen Reise inZ Ausland
zurückgekehrt und man kann sich denken,
mit welcher Spannung die Mütter
heirathsfähiger Töchter dem Masken
balle entgegensahen, hatte doch ter
junge Bergmann sein Erscheinen zuge
sagt.
Einen Maskenball hatte eZ in der
Stadt noch nicht gegeben.
Ach. wie gerne wäre ich auch da
bei." seufzte Mariechen im Stillen:
denn laut getraute sie sich nicht. eS zu
sagen. AlS sie aber die prächtigen
Kostüme der Stiefschwestern sah. ent
schlüpfte ihr doch eine solche Aeuße
rung.
Was." schrieen sie. du willst auch
zum Maskenball, unerhörte Frech
heit!"
Und die Mutter sagte: Als armes
Mädchen solltest du dich schämen, an so
etwas nur zu denken."
Manschen schämte sich auch; es war
jedoch umsonst. Immer und immer
wieder kam ihr der Gedanke: Ach wie
gerne wäre ich dabei."
Am Abend machten Mutter und Töch
ter Toilette. Sie waren als Schafe
rinnen gekleidet.
Ach, wie prächtig." rief Mariechen
und schlug die Hände vor Entzücken
über dem Kopf zusammen. Die
Mädchen betrachteten sich im Spiegel
und waren überzeugt, daß sie großartig
aussähen.
Auch die Mutter meinte: Wunder
schön, es wird Euch niemand übertref
fen." Und im Stillen dachte sie: Wenn
der junge Bergmann Augen hat, so
muß er sich nothwendig in die eine
oder andere verlieben."
Dgnn banden sie ihre Larven vor
und fuhren davon.
Linsen mischten sie nicht unter die
Asche, damit Marie etwas zu schaffen
habe, während sie sich amüsirten. Es
gab ja im Hause ohnedies Arbeit
genug.
Kaum waren sie aber fort, fuhr wie
der ein Wagen am Hause vor. Die
alte Susanne, ein Erbstück aus der
Zeit, da Mariechens Eltern noch lebten,
öffnete das Thor. Wie erschrak sie
aber, als aus dem Wagen eine als
Zigeunerin kostümirte Dame heraus
sprang. Mariechen schrie laut auf
vor Schreck; da nahm aber die Zigcu
nerin ihre Larve ab. Wer wird denn
gleich so erschrecken, ich bin es doch,"
rief sie. Es war Frau Kugler, eine
Nachbarin, die gekommen war, die
übrigen zum Balle abzuholen.
Na, und dich haben sie daheim ge
lassen," frug sie erstaunt.
Die Mutter meinte, ich sei noch zu
jung." erklärte Marie ausweichend.
Freilich, freilich, mit 17 Jahren,
lachte Frau Kugler. Mutz man denn
alt fein, um sich einmal einen vergnüg
ten Abend gönnen zu dürfen? Und du
wärst doch gerne auch dabei gewesen,
nicht wahr?"
Ach ja," rief das Mädchen mit
glänzenden Augen, zu gern!"
Weißt du was, du kommst mit
mir! Das giebt einen herrlichen Spaß!"
Ich getraue mich nicht."
Ach was, du bist maskirt und kein
Mensch wird dich erkennen." Die gute
Frau lachte vor Vergnügen über ihren
guten Einfall. Sie wollte auch gern
dem armen Mädchen, das sie lieb hatte,
eine Freude bereiten. Mariechen wehrte
aber ängstlich ab; denn es fehlte ihr der
Muth dazu!
Wer wird denn so furchtsam fein,
kleines Mädchen," sagte Frau Kugler,
ich habe gerade noch ein Kostüm für
dich, denke nur Aschenbrödel"! Es
wird dir prächtig stehen, unsere Figu
ren sind ja so ziemlich gleich. Rasch,
komm', es ist keine Zeit zu verlieren."
Aber wenn man mich erkennt!" -
Wie sollte man denn? Kein Mensch
ahnt ja, daß du auch dort bist."
So gehen Sie doch. Fräuleinchen."
redete ihr auch die alte Susanne zu,
und amüsiren Sie sich auch einmal!
Wie würde sich Ihr seliger Vater
darüber freuen." Damit brachte sie
auch schon ein Tuch und hüllte Marie
chen warm ein. Nun war ihr Wider
stand gebrochen, sie ging mit Frau
Kugler zum Maskenball.
Als sie in den großen Saal traten,
glaubte sich Mariechen in eine Märchen
weit versetzt. Diese vielen Masken,
diese großartigen Kostüme in allen
Arten und Farben, das Gewühl und
das Gesumme, wie prächtig war alles,
wie himmlisch schön!
Auf einmal erblickte sie auch die bei
den Schäferinnen mit ihren reichen,
mit Spitzen und Bündern verzierten
Kostümen. Sie wäre vor Schreck bei
nahe umgefallen, wenn sie Frau Kug
ler nicht gestützt hätte. Himmel, wenn
man sie erkennt! Die Schäferinnen
gingen jedoch vorbei, ohne einen Blick
auf sie zu werfen. Nun schöpfte sie
mehr Muth und bewegte sich freier im
lustigen Gewühle.
Wer ist die schöne Maske." stuft
wiederholt der junge Bergmann, jene
dort im Aschenbrödelkostüm!"
Niemand wußte es zu sagen. Die
Zigeunerin, mit der sie ging, soll die
lustige Frau Kugler sein, aber Aschen
brödel kennt niemand. Es ist wohl
eine Fremde, irgend eine Verwandte
der Frau Kugle? vom Lanöe. die erha
in d.m Maskenball gekommen ist.
Ten ganzen Ldend verfolgte Robert
Bergmann Aschenbrödel mit den
Blicken. Für keine der andern vielen
schöben Masken hatte er ein Auge.
Endlich siegte sein Interesse über seine
Schüchternheit, und er wollte versuchen,
sich im Gespräche mit Aschenbrödel Auf
klarung über ihre Person zu verschaffen.
Aber da war die schöne Maske der
schwunden. Er suchte den ganzen
Abend, aber weder sie noch die Zigeu
nerin war mehr zu entdecken.
Andern Tag? war sein erstes, bei
Frau Kugler vorzusprechen, um von
ihr zu erfahren, wer das reizende
Aschenbrödel war. Frau Kugler lachte;
verrathen dürfe sie das nicht.' Er möge
doch selber suchen.
Er suchte, fand aber nicht. Er setzte
alleZ in Bewegung, um den Schleier zu
lüften, eS wollte aber durchaus nicht
gelingen, kein Mädchen der Stadt war
Aschenbrödel.
Da wendete er sich an das Komite
des Vereins, sie möchten einen zweiten
Maskenball arrangiren. Wer konnte
ihm daS abschlagen? Drei Wochen
darauf fand noch ein Maskenbgll statt,
glänzender bekucht als der erste.
Rooert Bergmann ist der Erste auf
dem Balle. Er mustert gespannt alle
Ankommenden, damit ihm ja kcn:e
Maske entgehen kann. Wohl an die
zwei Dutzend Aschenbrödel sind an dem
Abende da; er mustert jede fein
Aschenbrödel ist nicht darunter.
Auf einmal erscheint die Zigeunerin
vor ihm.
Soll ich dir aus den Karten Glück
verheißen?" neckt sie ihn.
Er ergriff ihre beiden Hände: Ja,
böse Zigeunerin. Tu kannst mir Glück
verheißen! Verlange jeden Preis, nur
sage mir, wo ich Aschenbrödel finde!"
Möchtest du daS denn gar so gerne
wissen?" ,
So sehnsüchtig, als man wissen
möchte, wo jene wohnt, die man heira
then will."
Ist das dein Ernst?"
Aschenbrödel oder'keine!"
Darauf flüstert ihm die Zigeunerin
rasch eine Hausnummer in's Ohr.
Tort ist sie zu finden, rief sie und
verschwand dann rasch im Gewühl.
i
Andern Tags um die Mittagsstunde
blickte die Mutter der Schäferinnen zu
fällig zum Fenster hinaus.
Rasch, Mädels," rief sie plötzlich.
Herr Bergmann kommt."
Richtig er war es, der in höchstem
Staate das Haus betrat. Er kam, wie
er sagte, um seine Aufwartung zu
machen. Die beiden Mädchen dergin
gen fast vor Stolz und Freude. Die
Mutter erwog schon im Stillen, um
welche der beiden es sich wohl handeln
könne. Im höchsten Grade betroffen
war sie aber, als Bergmann nach einer
Weile frug: Wo ist denn Ihre dritte
Tochter, gnädige Frau? Ist sie vielleicht
nicht zu Hause?"
Sie blickten sich alle verwundert an.
Bisher war es noch niemanden einge
fallen, nach der zu fragen. Aber es
blieb nichts übrig, als Mariechen auS
der Küche zu rufen.
Als sie in das Empfangszimmer ein
trat in ihrem ärmlichen Arbeitsanzug,
mit der vorgebundenen Küchenschürze,
wurde sie über und über roth vor Ver
legenheit. Robert Bergmann aber, er
griff ihre Hand und sprach:
Dieses kleine Mädchen liebe ich und
nehme eS zur Frau, wenn eS mich
mag."
So wurde aus dem armen Aschen
brödel eine reiche Frau, was an sich
noch nicht viel sagen will, aber auch
eine glückliche Frau und daS ist das
Höchste, was sie erreichen konnte ge
nau wie im Märchen.
Dr Mordgtselle als Regisseur.
Es war im Jahre 1833, als Aubers
Oper Der Maskenball" zum ersten
Male in Paris aufgeführt werden sollte,
welche bekanntlich die Ermordung Gu
stavs III. von Schweden, zum Motiv
hat. Die Proben waren in vollem
Gange, als der Regisseur sich erinnerte,
daß ein Augenzeuge des Mordes ja in
Paris lebte, der Graf Ribbing, der mit
Anckarström, dem Mörder des Königs,
das Komplott geschmiedet hatte und
auch unter seinem wirklichen Namen in
Aubers Oper als handelnde Person
aufgeführt wird. Ter alte Herr wird
also höflichst gebeten, der Generalprobe
beizuwohnen. Er kommt auch und
nimmt in einer Proszeniumsloge Platz.
Die Szene der Ermordung des Königs
wird probirt. Da fragt der gewissen
hafte Regisseur nach der Loge Ribbings
hinauf: Herr Graf, ist die Stellung
der Akteure historisch so richtig?" Nun
fetzt Graf Ribbing fein Lorgnon auf.
beäugelt die Szene und ruft:' Nicht
ganz. Ich dächte, wir hätten ihn mehr
nach rechts ermordet!"
Schnell abgeholfen.
Protz: Also die Geographie macht
tfem Jungen zu schaffen, sagen Sie?"
Lehrer: So ist es, ich würde Ihnen
rathen, ihm in diesem Falle Nachhülfe
ertheilen zu lassen, mit den Vereinigten
Staaten ging es ja ganz gut, aber die
anderen Welttheile machen ihm Schmie
rigkeiten."
Protz: Wissen Sie was, Fräulein,
da fang' ich nicht erst noch mit Nachhülfe
an, die paar anderen Welttbeile zeige
ich dem Jungen später in Natura!""
Falsch rrjt:mfrt.
A: Goetbe's Faust" ist und bleibt
doch unübertrefflich!"
B: ?a. wissen Sie. wir haben in
unserem Aihlctcnklud auch iebr tüchtige
Kerle.'
Stin Auilezung.
Söhnchen: Was ist Most. Vater?"
Vater (Wirth,: .Das ist der Trau
densast. bevor er Wein wird!"
Söhnchen: Also Wasser!"
UnrersiZnonij
Postbeamter: Tiefer Brief ist in
schwer!"
Bauer: .Mir scheint. Sie wollen
mich uzen, wie wird denn o an klanS
Briefcrl z'schwer sein?"
bittre Pille.
Baumeister: Sie sind ja alle Tage
an meinem Neubau vorbeigegangen,
waS haben Sie denn gedacht, als 2ie
erfuhren, daß er plötzlich eingestürzt
sei?"
Bekannter: Na. endlich!"
Falsch Braten.
Kannibale A: Was fehlt eigentlich
unserem Häuptling?"
Kannibale B: Ter hat vor acht
Tagen einen weißen Radler aufgcfres
fen und da liegen ihm dessen Waden
heut noch im Magen."
CivilerkZItniß.
Richter (zu einem als Zeuge vor
geladenen Soldaten): Welche Com
pagnie?"
Sczldat: Vierte Compagnie!"
Richter: CiviLVerhültniß!"
Soldat: ..Jawohl!"
Richter: Ich frage nach Ihrem
Civil-Verhültniß!"
Soldat: Tassclbe. Köchin Man'
Bolle!" .
Druckfehler.
Als das Testament des Kommerzien
ratheS eröffnet wurde, waren alle Erben
erstaunt, welch' ein großer Betrug
(Betrag) zum Vorschein kam."
Unter Studenten.
1. Student: Tu sprichst schon wie
der so 'nen stillen Toast, Franz, wem
gilt er?"
2. Student: Mein Schneider ist
krank, ich trinke auf sein ferneres Un
Wohlsein."
Naiv.
Herr (in der Oper, zu seiner Nach
barin, einer jungen Dame): Passen
Sie auf, mein Fräulein, jetzt kommt
ein Adagio."
Fräulein (sich umblickend): Wo
denn? Ich sehe ja nichts."
3m lvirthshause.
Fremder: Was sind Sie, Idealist
oder Pessimist?"
Sachse: Weß Gnebchen, ich bin
Sie Bedes, wenn's Bier frisch ist, dann
bin ich Idealist und. wenn nicht, dann
Pessimist."
parirt.
Jurist (seinen Freund, einen jungen
Arzt uzend): Sage mal Du. was
kostet denn bei Dir ein ordentliches Ner
ven sieber?"
Arzt: Das kommt darauf an.
Wünschest Du eins mit tödtlichem Aus
gange?" Vom Kasernenhof
Corpora! (der auf dem Rocke eines
Rekruten einen Strohhalm findet):
Schulze. Sie brauchen nicht gleich
Ihr Frühstück mitzubringen glaub's
Ihnen ja auch so, daß Sie Vegetaria
ner sind."
Unter Freundinnen.
Sieh' mal, wie elegant und sports
mäßig der neue Bräutigam unserer
Freundin Elfe dort vom Rade herunter
hüpft!
O weh, o weh, wenn das nur kein
böses Omen ist, daß ihr der auch wieder
abspringt!
D weh!
Er: Sie scheinen mich für beschränkt
zu halten, mein Fräulein?" '
Sie: O bitte, ich beurtheile Nie
mand nach seinem Aeußeren."
kiebeszweifel.
Sie Heinrich. Tu liebst mich nicht
genug!"
Er: Freilich liebe ich Dich, mein
Engel, ich habe Dich doch in den letzten
zehn Minuten fünfzigmal geküßt."
Sie: Siehst Du, die Küsse zählst
Du sogar!"
Unpraktisch.
Soldat (der zum ersten Mal Posten
steht): So ein Schilderhäusel ist doch
recht unpraktisch, da hat ja nicht einmal
eine Köchin darin Platz!"
protzenhaft.
Schauen Sie. Herr Müller, auf
dieser Geige werde ich morgen bei Ihrer
Soiree konzertiren. Tas Instrument
ist über 400 Jahre alt."
Na, wissen Sie. wenn Sie schon so
viel für den Abend verlangen, könnten
Sie dafür schon in meiner Soiree auf
einer neuern Geige spielen."
(Eben deshalb.
A: .Köarum danken Sie denn diesen
Herrn auf seinen Gruß nicht? Sie ken
nen ihn doch, soviel ich weiß."
B: Ja eben weil ich ihn kenne!"