ss- ".TS ty y fürstliches Cicfrcstrcrbcn. Wenn einmal die junge Königin Wilhclmine von Holland sich zum Ehe Kunde entschließen wird, dann wird sich wieder jener eigenthümliche Lonsiilt von Königinpflicht und Neigung, von Etikette und Müdchcnempftnden ad spielen, der immer entsteht, wenn eine gierende Königin heirathct und der Bräutigam dieser regierenden Königin nicht selbst ein König ist. Lepterer gall dürfte wohl in heutiger Zeit über Haupt nicht vorkommen, weil die politi siert Verhältnisse dies nicht gestatten ürdcn. Der Bräutigam, der nicht in gleichem Range mit der regierenden Königin steht, dars nämlich nicht einen Hei rathsantrag machen und darf seine Liebe nicht erklären, weil eS gegen die Etikette wäre. Andererseits verbietet tS doch daS weibliche Empfinden einer Königin, ihrerseits dem Manne einen Heirathsantraz zu machen, und so ent steht ein Dilemma, aus welchem man auf irgend eine Weise einen Ausweg suchen mutz. In einer ähnlichen Lage befand sich im Jahre 183'J die jetzt noch regierende Königin von England. Am 20. Juni 1837 bestieg Viktoria den englischen Thron, und man wünschte im Lande allgemein, daß die Königin sich der mühle. Die junge Herrscherin hatte auch eine stille Neigung. Sie hatte im Jahre 1!, also ein Jahr vor ihrer Thronbesteigung, den Prinzen Albert von Koburg kennen gelernt. Der H:r . zog von Koburg war mit seinen beiden Söhnen damals auf einige Wochen zum Besuch nach kngtano gekommen, undZ zwischen dem Prinzen Albert und , der Kronprinzessin Viktoria hatte sich ine starke Neigung entwickelt. Wäre damals schon da3 entscheidende Wort gesprochen worden, so hätte die Ver lobung keine grobe Schwierigkeiten ge boten. Nun aber war Prinzetz Vik toria Königin geworden, und als nun t 1839 Prinz Albert, der zu einem schö nen. stattliche,., geistvollen Manne her. angereift war. wieder nach England kam, stellte sich die Etikette zwischen das Liebespaar. Daß sie einander liebten, war für beide unzweifelhaft. Am 14. Oktober 1839 ließ die Königin ihren Minister Lord Melbourne rufen und theilte ihm mit. daß sie bereit fei, dem Prinzen Albert ihre Hand anzubieten. Nach langen Berathungen mit den Hof chargen und mit den Ministern wurde Folgendes festgesetzt: die Königin sollte öffentlich dem Prinzen ein Zeichen des Wohlwollens geben und wenn der Prinz dieses Zeichen hinreichend günstig aufnehme, sollte sie ihm kurze Zeit dar uf den Muth zu einem indirekten HeirathSantrag machen". Daß sich bei ' diesen verzwickten Etikctteverhältnisscn komische Situationen ergeben mußten, war eigentlich selbstverständlich. ES fand in den nächsten Tagen ein Hofball statt, und auf diesem überreichte die Königin dem Prinzen Albert einen klei nen Blumenstrauß. Da eS sonst nie vorkommt, daß eine Dame einem Herrn v einen Blumenstrauß überreicht, da ein derartiger ffall vor allem etwas ganz Außergewöhnliches in England und am englischen Hofe ist. galt die Ueber reichung des kleinen BouquetS als erste Ermuthigung der Königin an den ge liebten Mann. Mit gespannter Er Wartung beobachtete die Hofgesellschaft. waS Prinz Albert nun thun würde. . Er wollte den Blumenstrauß an seiner Brust befestigen, aber die eng zuge knöpfte Uniform gestattete das Unter dringen des Straußes nicht. Da zog der Prinz fein Taschenmeffer hervor, schlitzte den Uniformrock auf, gerade auf der S telle über dem Herzen, und brachte dort den Strauß an. Damit war der erste Theil deS Programms erledigt. Die Königin hatte dem Prinzen ihre Neigung gezeigt und dieser hatte sie freudig erwidert. Noch an demselben Abend wurde 'auch der zweite Theil des Programm? durchgeführt. Um die Königin waren die Minister versammelt. Der Prinz trat jetzt an die Herrscherin heran und klärte, er wolle in den nächsten Tagen abreisen. Mit beredten Worten dankte er für die Gastfreundschaft, die er in England genossen hatte, worauf die er röthende Königin an ihn, wie vorge sehen, die Frage richtete: . Wenn eS Euer Hohett so gut m England gefällt, wären Sie wohl ge neigt, für immer bei uns zu blerden i .Ich würde den beständigen Aufent halt hier mit meinem Leben bezahlen!" ' war des Prinzen Antwort. Dann verschwand die KSnigrn, be A gleitet von ihren Ministern, und am nächsten Tage empfing sie den Prinzen shne Zeugen. Jetzt erst durften sie ein ander ohne hemmendes Eeremoniell ihre Liebe anstehen. Man weiß, me diese so geschlossene Ehe. die leider allzufrüh durch den Tod des Prinzgemahls Albert gelöst wurde, eine ungemein glückliche ward. . ' Eine ebenso starke Kollision zwischen Lieb und Etikette entstand auch bei der aus Neigung hervorgegangenen Henath des Ezren Nikolaus mit der Prinzessin Charlotte von Preußen. Der spätere Kaiser Nikolaus hatte als Großfürst die Prinzessin Charlotte im Jahre 1814 kennen gelernt, als er zur Armee der Verbündeten in Frankreich ging und sich einige Tage in Berlin aufhielt. Prinzessin Charlotte war damals 16 ahre alt und von zarter, entzückender Schönheit. Großfürst Nikolaus war nur zwei Jahre älter, doch über seine Der Jahrgang 20. Jahre hinaus ernst. Außerdem ver sprach er einer der schönsten Männer seiner Zeit zu werden. Er interessirte sich vom ersten Augenblick an für die Prinzessin Charlotte und er machte auch aus dieser Neigung kein Hehl. Fried lich Wilhelm der Dritte gab seiner Tochter zu verstehen, daß der Werbung deS Prinzen ?!ikolauS nichts im Wege stehe; die Prinzessin war indessen zu schüchtern, um den Prinzen jetzt schon zu ermuthigen. AIS der Prinz dann 1815 aus dem Feldzuge zurückkam, war er unterdes voraussichtlicher Thronfol ger geworden, und als er in Berlin wieder Aufenthalt nahm, wollte er Klarheit über das Verhältniß zwischen sich und Charlotte haben. Auf vorsichtiges Sondiren antwortete die Prinzessin jedoch noch ausweichend. Der Prinz aber konnte sich nicht der Eventualität aussetzen, auf einen direk len Antrag von der Prinzessin einen Korb zu bekommen. Beim Souper am letzten Abend saß Großfürst Nikolaus neben Prinzessin Charlotte. Das Gespräch wollte nicht in Gang kommen. Die Prinzessin war schüchtern, einsilbig und verlegen und der Großfürst wußte nicht, ob er diese Umstände zu seinen Gunsten oder Un gunsten deuten konnte. Ganz unvermittelt sagte der Groß fürst plötzlich: .Ich reise morgen ab." Es wird uns allen herzlich leid thun, daß Sie uns so bald verlassen," erwi derte die Prinzessin; läßt Ihre Abreise sich nicht verschieben?" Das hängt von Ihnen ab," entgeg nete der Großfürst. , Und was soll ich thun?" fragte lächelnd Charlotte. Sie müßten meine Verehrung nicht zurückweisen und mich ermuthigen, Jh nen zu gefallen." Die Prinzessin erröthete und schwieg. .Prinzessin, ich habe Ihre Neigungen und Ihren Charakter ftudirt und ich hoffe, daß ich Sie in jeder Hinsicht in der Ehe glücklich machen werde. Darf ich hoffen, daß auch ich Ihnen nicht gleichgiltig bin?" fragte Großfürst Nikolaus, um eine Entscheidung herbei zuführen. ' Die Prinzessin war offenbar in Pein lichster Verlegenheit und erklärte: Bei offener Tafel läßt sich über die sen Gegenstand schwer sprechen." Ich weiß, daß der Ort schlecht ge wühlt ist," erwiderte Großfürst Niko laus; ich will Sie auch nicht zu einer Antwort drängen. Geben Sie mir nur ein Zeichen, daß Ihnen meine Bewer bung nicht unangenehm, daß Sie es dulden, daß ich mich weiter um Sie be werbe, und daß ich mir Mühe gebe, Ihnen zu gefallen." Was soll ich thun?" , fragte die Prinzessin, die wohl merkte, daß die Hofgesellschaft auf sie aufmerksam wurde. ..Geben Sie mir den kleinen Ring an Ihrer Hand." sygte Großfürst Ni kolaus. und ich werde der giuailcyfle aller Sterblichen sein, ick werde durch dieses Geschenk sehen, daß Sie meine Neigung dulden. Ich kann Ihnen diesen Ring nicht hier an der Tafel geben," sagte die Prinzessin; das würde allgemein auf fallen." Drücken Sie den Ring in ein Stück Brod und legen Sie es dann neben Ihren Teller. Ich werde es dann neh men und niemand wird etwas bemerkt haben." , Noch einen Augenblick zögerte die Prinzessin, dann sägte sie verlegen: Wenn ich Ihnen diesen Ring auch geben wollte, so wird es mir nicht mög lich sein, ihn abzuziehen. Ich habe ihn nämlich vor einem Jahr von meiner Schweizer Gouvernante Wildermatt geerbt, und er geht nicht vom Finger herunter, weil er mir zu eng ist." , ,E3 soll also nicht sein'." sagte Großfürst Nikolaus; das Schicksal hat gegen mich entschieden und giebt mir ein Zeichen, daß mir das Glück, das ich erhoffte, nicht zutheil werden soll." Die Prinzessin, die dem Großfürsten aufrichtig zugethan war, versuchte jetzt mit aller Anstrengung den Ring vom Finger herunter zu bekommen. Und es gelang ihr endlich. Verlegen betrachtete sie den Ring von innen und außen. Dann erblaßte und erröthete sie und sagte: Ich kann Ihnen den Ring doch nicht geben. Ich lese soeben in diesem Ring eine Inschrift, die ich zum erstenmale sehe. Ich habe wirklich nicht gewußt, daß solch eine Jnschrist im Ringe steht, meine Gouvernante hat mir den Ring selbst an den Finger gesteckt und seit dem habe ich ihn niemals abgenom men." Allerdings war es auch ein sehr son derbarer Zufall, daß der Ring die In schrift trug: Kaiserin von Rußland." Er war ein Geschenk einer russischen Kaiserin an eine Verwandte der Made C A i r AJ 1 7 Beilage zum Nebrasla Ätaats-Anzeiger. moiselle Wildermatt, von der diese wie d.ru,n den Ring geerbt hatte. Auf daS dringende Bitten des Groß fürsten drückte die Prinzessin nun trotz alledem den Ring in ein Stück Brod und gab ihn so Nikolaus. Als er den Ring aus dem Brod herausgelöst hatte, las er zu seinem Erstaunen die innere Inschrift desselben: Kaiserin von Ruß land. .Ich schwöre Ihnen, ich habe nie mals gewußt, daß die Inschrift in dem Ringe steht," sagte die Prinzessin in arger Verlegenheit. Um so besser! Dieser Ring ist ein Talisman, der uns beiden Glück brin gen soll." Tann reichte er der erröthenden Prin zcssin die Hand und Charlotte legte ihre Hand in die des Großfürsten. Am nächsten Tage erfolgte der offi zielle Antrag und bald darauf die offizielle Verlobung. Der Ring wurde von Nikolaus als Talisman betrachtet er hat ihn stets an einer goldenen Kette auf der Brust bis zu seinem Tode getragen. Die Ehe wurde bekanntlich ebenfalls eine sehr glückliche und die Inschrift des Ringes bewahrheitete sich nach einem Jahrzehnt, denn Nikolaus wurde durch den Tod seines Bruders im Jahre 1325 Kaiser von Rußland. Romantisch und ebenfalls im Wider spruch mit aller Etikette war auch das Entstehen der Neigung Napoleons des Dritten und seiner Gattin Eugenie, der damaligen Gräfin von Montijo. und Theba.' In den Tuilerien. die dem damaligen Präsidenten Louis Napo leon als Wohnung eingeräumt waren, ward ein Fest gefeiert und auf diesem erschien auch Eugenie mit ihrer Mutier. Ihre Bekanntschaft mit Napoleon war bisher nur eine sehr flüchtige gewesen. Beim Tanz löste sich die Frisur der jun gen Gräfin Eugenie und sie eilte aus dem Tanzsaal in eines der Nebenge mächer. um vor dem Spiegel ihr Haar in Ordnung zu bringen. Der Haar Pfeil- aber, der das Haar auf dem Kopfe festhielt, zerbrach, und plötzlich stand die junge Gräfin umwallt von ihrem herrlichen Haar fassungslos vor dem großen Spiegel. Ganz zufälliger weise trat in diesem Augenblick Prinz' Napoleon in das Zimmer und bemerkte die Verlegenheit der jungen Dame. Er versuchte ihr beim Aufstecken des HaareS Hilfe zu leisten; die Gräfin aber bat ihn dringend, ihre Mutter zu benach richtigen, damit diese ihr helfe. Der Prinz war von dem Anblick der Gräfin Eugenie so entzückt, daß er selbst ihre Mutter holte und dann Mutter und Tochter in seine eigenen Zimmer gelei tete und sie ihnen zur Verfügung stellte. Noch an demselben Abend fiel es auf, wie sehr der Prinz die junge spanische Gräfin auszeichnete. Durch den felt samen Zufall war natürlich schnell eine gewisse Intimität und nähere Bekannt fchaft zwischen dem Prinzen und der jungen Gräfin entstanden. Am nächsten Tage schon machte der Prinz der alten Gräfin einen Besuch, um sich nach dem Befinden zu erkundigen, und bald ent stand bei ihm eine tiefe, innige Liebe zu der schönen Spanierin. Die wieder holten Versuche, die der Prinz bisher an den europäischen Fürstenhöfen ge macht hatte, um eine Prinzessin von Geblüt zur Gemahlin zu erlangen, wurden plötzlich eingestellt und im Jahre 1853 erfolgte die Verlobung des Prin len Napoleon mit der Gräfin Eugenie von Montijo und Theba. in Pechvogel. Mott: Besser unrecht leiden, 13 unrecht thun. Seit ungefähr vierzehn Tagen trug Anton lange Hosen. Seit einer Woche rutschte er damit auf den Bänken deS Gymnasiums herum. Sein Selbst bewußsein wuchs von Stunde zu Stunde. Dabei war er sich feiner Pflichten als Gymnasiast ganz wohl bewußt; allein ebenso genau kannte er seine Rechte. Wenn er die ersteren getreulich erfüllte, dann durften ihm die letzteren nicht ge schmälert werden. Fürwahr, ein erhe bendes Gefühl! Na, und die besten Vorsätze, stets allen seinen Verpflichtungen auf's strengste nachzukommen, die hatte er ja auch.' Und gegen diese Vorsätze verstieß es doch nicht geradezu, daß er es liebte, jeden Morgen, wenige Minuten vor Beginn des Unterrichte?, wenn er so langsam schlendernd des Weges daher kam, vor dem Eselkarren, der täglich um diese Zeit, vor der Anstalt hielt, stehen zu bleiben und zuzusehen, wie der Milchmann die Blechkannen heraushob, um daraus die Krüge des Herrn Direktors, die ein kleines Küchenmad chen immer schon bereithielt, zu füllen. Dieser an sich höchst schlichte Vorgang fesselte ihn eben täglich aufs neue. Das war wohl ein wenig seltsam, aber was Böses war eS doch gewiß nicht. 4r MM TT TTT So stand Anton auch heute neugie rig da. als der Milchkarren angerasselt kam. Allein das kleine Dienstmädchen mußte sich verspätet haben nirgends ließ eS sich blicken. Nach einer Weile vergeblichen Wartens entschloß sich der alte Milchmann daher grollend, seine Kannen höchsteigenhändig in'S HauS zu tragen. Kaum war er akrtmtei der großen dreitheiligen Hausthür verschwunden, als auch schon zwei wilde Knaben daher stürmten und den nunmehr unbeschütz ten und unbewachten grauen Freund" weidlich zu necken begannen. Doch Herr Langohr war solchen Spässen durchaus abhold. An seinem heimtückischen Still sein hätten die beiden bösen Buben eS merken sollen. Allein die glaubten im Gegentheil, sich immer mehr erlauben zu dürfen: der Esel hielt ja still. Jawohl, das that er eine, lange Zeit. Doch mit einemmale. als ihn die Knaben gerade mörderisch am Schweif gezogen hatten, machte er einen Satz bis in den Straßengraben hinein. . . . Ter kleine Wagen kippte um. und die noch vorhandenen Milchkannen mit ih ren Vorräthen für den Herrn Bezirks richter, für den Herrn Bürgermeister und all die sonstigen, höchst ehrenwer then Herrschaften, entsandten ihren Inhalt in weitem Bogen auf das Pfla ster geradeso, als wollte man heute mit kostbarer Milch die Straße be sprengen, während man sonst kaum für nothwendig erachtete, es mit Wasser zu thun. Und immer noch hatte der Esel sich nicht genug gethan in seiner Bosheit. Er zog und zerrte an seinen Gurten und drohte ganz ernsthaft, das Geschirr zu zerreißen. Und Niemand war da, ihn zu. be ruhigen. Denn die schlimmen Buben hatten, das Unheil, das sie angerichtet, gewahrend, längst das Weite gesucht. Doch halt! Da stand ja noch Anton. In diesem gefahrvollen Augenblick konnte er zeigen, was einem besonnenen Gymnasiasten ziemte. Und er erwies sich in Wahrheit als ein ruhig iiberle gender. hülfsbcreiter Bursche. Beherzt trat er dem gereizten Thier entgegen, er beschwichtigte es durch sanfte Zurufe und freundliches Tätscheln, und schließ lich theilte er mit dem mühsam besänf tigten Graurock sein Frühstücksbrod, was von dem Esel mit sichtlichem Ver gnügen aufgenommen wurde. Alsbald trat der Milchmann aus dem Hause. Ergrimmt kam er an sein arg zugerichtetes Fuhrwerk heran und dann: den Schaden besehen und indem armen Anton, als einzigem Anwesen den, den Schuldigen vermuthen, und ihm dafür eine tüchtige Ohrfeige her unterhauen das war eins! Anton war wie erstarrt. Doch bald raffte er sich, mühsam sei nen gerechten Zorn bemeisternd. auf. . Mit einem ungebildeten Milchmann verhandeln ? Nein. Das war nicht sein Fall. ' Ein Gymnasiast holt sich sein Recht bei seinem Ordinarius. . Auf denn zu diesem gerechten und würdigen Manne! Und ohne an den Milchmann auch nur einen Blick zu verschwenden, ging Anton von bannen. , Allein, er kam nicht weit, da trat ihm sein Professor entgegen; sei es. daß dieser Herr eben auch gerade des Weges kam, sei es. daß der Lärm des schelten den Milchmannes und der brüllenden Schuljugend ihn angelockt hatte ge nug an dem: er stand plötzlich wie aus dem Boden gezaubert da. Diese Thatsache war für Anton ein großer Trost. Nun mochte der unge rechte Milchmann sich nur in Acht neh men. Anton hätte jetzt in -sein er Haut nicht stecken mögen. Denn der Herr Ordinarius würde ihm Zweifels ohne sehr gediegen den Text lesen. Sah man es doch schon an d.em bitterbösen Gesicht,, das der verehrte Lehrer machte, daß er die letzten Ereignisse mitange sehen hatte und wild empört' war über die Behandlung, die soeben ein Schüler der Anstalt erdulden mußte. Und im Bewußtsein feiner guten Sache hub der Knabe voll Vertrauen an: Herr Professor, ich bitte vielmals, wollen Sie mich in Schutz nehmen gegen solche Rohheit " Hier wurde er unterbrochen. Zorn funkelnden Blickes schrie sein sonst so fanftmüthiger Lehrer ihn an: Sie wagen auch noch, sich zu beschweren, Sie ungezogener Bursche!" Da mußte Anton er mochte wollen oder nicht dem Herrn Professor in's Gesicht lachen. Er er! sollte sich nicht beschweren?! Ja, wer durfte es denn dann, wenn nicht er, dem so bitter unrecht geschehen war? und er fuhr fort, -sich zu vertheidigen: Herr Pro fessor können mir glauben " Kein Wort mehr! Schweigen Sie! Der Mann that ganz recht, . Sie zu o No. 41. züchtigen!" schrie der Professor, außer sich vor Wuth über den ungewohnten Widerspruch. Doch auch Anton verlor jetzt die Be herrschung: Das werde ich mir nicht gefallen lassen!" preßte er zwischen den Zähnen hervor. Damit wollte er gehen. Er machte eine scharfe Wendung und trat dabei es war heute schon ein kritischer Tag für ihn dem aufgeregten Ordinarius dermaßen heftig auf's Hühnerauge, daß der Herr vollends die Herrschaft über sich selbst verlor und nun auch seiner seits schmup! eine schallende Ohr feige auf Anton's Backe niedersausen ließ.... Anton fuhr auf. als wollte er über feinen Angreifer herfallen.... doch er besann sich ... . War eS denn nicht ersichtlich, daß et auch hier das Opfer eines Mißverstäiid nisseS geworden war, daß auch sein ob seiner Gerechtigkeitsliebe bewunderter Lehrer ohne viel Federlesens ihn für den Schuldigen hielt? Daß dieser Vergötterte aber, wenngleich unter dem Eindruck eines heftigen körperlichen Schmerzes was ihm allerdings ge wissermaßen als Entschuldigung ange rechnet werden konnte sich bis zu einer Ohrfeige! hinreißen ließ, das erfüllte Anton mit tiefem Weh. Ucberdies brannte ihn der neuerliche Schlag nicht minder, als der frühere ja, er dünkte ihm noch größere Schmach als der erste, der doch nur von der Hand eines ungebildeten kam. Aber nur gemach! Die Vergeltung mußte beiden Missethätern kommen! Anton könnte mit wenig Worten jetzt schon den Irr thum aufklären und seinen Professor gedemüthigt vor sich sehen doch er verschmäht es. H i e r hak er nichts mehr zu suchen. Höhcrenorts wird ihm sein Recht werden! Deß ist er gewiß. So eilte er denn unerschrocken die Stufen hinan, bis zum Allmächtigen der Anstalt. Doch der Herr Direktor fand es schon sonderbar, daß Anton noch nicht in der Klasse saß denn der Unterricht mußte inzwischen begonnen haben und fragte daher barsch und übellaunig nach des Primaners Begehr. c Im Vollbewußtfein seines guten Rechtes ließ Anton sich indessen unein geschüchtert also vernehmen: Herr Di .rektor, ich sehe mich genöthigt, nunmehr um I h r e n Schutz zu bitten, nachdem ich beim Herrn Ordinarius mit dem gleichen Anliegen sehr übel ankam. . . . ach. der Herr Ordinarius benahm sich sehr, sehr ungerecht gegen mich ich kann diese Schmach gar nicht, auf mir sitzen lassen " und ein heißes, echt kindliches Schluchzen verschlug ihm die Stimme. Der Herr Direktor wurde unge duldig. Die Zeit drängte, und der kleine Schwätzer fand keinen rechten Anfang und kein Ende. Kommen Sie zur Sache." gebot er endlich scharf. Anton erschrak. Er begriff daß er sich nunmehr nur noch kurz fassen dürfe. wenn er nicht gehört fortgeschickt wer- den wollte. Und so zwang er denn seine Anklagerede in die Allerknappsten Worte zusammen, wobei es ihm nur leider begegnete, daß er einen wesent llchen Bestandtheil, der dem Herrn Direktor erst zum richtigen Verständniß der Sachlage verholfen hätte, im Eifer des Gesechts gänzlich ausließ. Ach, Herr Direktor begann er. so schlecht wie heut erging es mir noch nie. . Ich kam zum Herrn Ordinarius, um mich bei ihm über den groben Milchmann zu beschweren. Allein, der Herr Professor ließ mich gar nicht recht zu Worte kom men, er schrie mich sogleich furchtbar an. und zum Schlüsse gab er mir o, es ist schändlich! eine entsetzliche Ohr feige! Und ich kann beschwören, ich hatte dem Esel wirklich gar nichts gethan." Voll Treuherzigkeit sah er zu feinem Direktor auf. Allein er fand kein Verständniß für seine Klagen, sondern als einzige Antwort ! fühlte er abermals eine feste Hand um seine Ohren. Das war nun schon das drittemal an diesem verhangnißvollen Morgen! Jetzt hatte der Arme übergenug. Ganz gebrochen ließ er von jetzt ab alles mit sich geschehen. Sein schönes Vertrauen, seine Zuversicht, wohin waren sie gekommen? Als der Herr Direktor ihn beim Arm faßte und zur Thür hinausschob, wider strebte er nicht, gleichwie er auch für seines Obersten harte Worte: So. das für deine Frechheit, unverschämter Bursche!" keine Entgegnung fand. Es war ihm nun schon alles eins. Er verzichtete hinfort auf jede weitere Be fchmcrdeführung und auf die Forderung seines Rechtes. Wenn die Sache so aussah, dann mochte es bei den bis hcrigen mißglückten Versuchen sein Be wenden haben. Jbn gelüstet!' eS nach keinem Mehr in dieser Art. Und als er dann seine Crcerstrase wegen verspanten Ersct.kincns beim Unterricht absaß, da hatte er Muße, liber tun Werth deS Sprichwortes: Beisit unrecht leiden, als unrecht thun", das bei ähnlichem Mißgeschick von Eltern und Erziehern so über zeugungsvoll cngewendet wird, nachzu denken. Und daS Ergebniß dieses Nachdenkens war der wenig respektvolle um nicht zu sagen: gottlose! Schluß, daß besagtes Sprichwort der reinste Schwindel sei oder zum min besten doch Geschmacksach. Er. für feine Person konnte nun einmal durch auS nichts dabei finden. Joseph Th. . Hekmerding vor (Stricht. Noch eine Hclmerding-Anekdote wird mitgetheilt. Sie trug sich in den sied zigcr Jahren zu und führte den belieb ten Künstler vor die Schranken. deS Gerichts. Helmcrding mußte damals, um Vor mittag? an den vorgeschriebenen Proben im Wallner-Ihkater tdeilzunehmen, von seiner Wohnung auS durch die Blumen ftraßc gehen. Sein Weg führte ihn dabei an einem Bückerladen vorüber, in dessen Thür regelmäßig der Bäckermeister stand, um nach der Last und Hitze der Nacht wohlgefällig das Getriebe der Großstadt zu betrachten. Er kannte den berühmten Helmcrding und begrüßte ihn stets kordial mit den Worten: G g gu gut t t ten M mm morgen. H h Herr Helmer -d-ding!" Ter alle Zeit zu jovialen Streichen aufgelegte Komiker antwortete, nachdem sich dieser Gruß mehrmals wiederholt hatte, ernsthaft: M m m mor gen. M m mmeister!" Der Bäckermeister fühlte sich durch daS Nachahmen feines Sprachgebrechens beleidigt und stellte beim zuständigen Gericht Strafantrag wegen Beleidigung gegen Helmcrding. Vor Gericht werden Kläger und Ver klagte aufgefordert, ihr Für und Wider darzulegen. Der Bäckermeister erzählt stotternd den Hergang. Helmerding entgegnet: Hhherr G g-gerichtshof. i i i-ich st-t-t stottere auch!" Der Richter erklärte, daß Niemand den Einwand des Beklagten gelten las sen könne. Denn jeden Abend höre man ihn doch in unvergleichlich glatter Rede auf der Bühne sprechen. Helmerding antivortcte mit Ueber zeugung: I i i ja. meine H-h-h Herren Richter, auf d d der B b bühne verstelle ich mich!" Homerisches Gelächter im Zuhörer räume. Nach Hin und Widerreden einigen sich die Parteien. Eben im Begriff, den Gerichtssaal zu verlassen, raunt Helmerding seinem Partner in'S Ohr: Sie sind doch ein rechter Schafskopf!" Aufgebracht wendet sich der Bäcker Meister zurück an die Richter und erklärt: H h Herr G g g gerichtshof, ii jetzt hat er g ganz v v vernünftig geredt!" Die reichste Familie Englands. Wie die Herzoge von Wcstminster zu ihrem Reichthum kamen, darüber er zählt die Wiener N. Fr. Pr.": Noch vor dreißig Jahren widersprach Nie mand der Behauptung, daß der Herzog von Westminster den größten Reichthum der Welt in Einer Hand vereinige. Heutzutage stellen ihn die amerikanischen Krösufe in den Schatten, aber in Eng land ist er noch immer der reichste Mann. Obwohl die Grosvenors (deren Familie der Herzog entstammt) ihre Ahnen bis zu Wilhelm dem Eroberer verfolgen können, waren sie noch nicht reich, und ihre in Cheshire gelegenen Güter brach ten ihnen nur mäßigen Wohlstand, bis Sir Thomas Grosvenor die Tochter Mary eines gewissen Alexander DavieS hcirathete, der von einem zur Zeit der Stuarts enorm reich gewordenen Wucherer und Geizhals abstammte. Dieser Alexander Davies war gleichzeitig Stadtschreiber der Londoner City und Besitzer einer Meierei, welche einen großen Theil von London mit Milch versorgte. Zur Ausdehnung seines Geschäftes kaufte er ausgedehnte Wiesen und Brachland in Belgravia, die um einen lächerlich billigen Preis, aber nur für baarcs Geld zu haben waren. Diese Meierei wurde die Erbschaft der Lady Mary Grosvenor; die Gründe wuchsen von Jahr zu Jahr im Werthe, wurden aber noch im Jahre 1800 als Bauplätze zu nominellem Pachtzinse vermiethet. Deshalb betrug das Einkommen deS kürzlich verstorbenen Herzogs nach seiner Aussage nur 200,000 Pfund Sterling im Jahr, aber der junge Herzog, der soeben das Erbe angetreten hat, wird neue Pachtverträge abschließen und. wie man glaubt, das Zehnfache deS bisherigen Einkommens erreichen. Ge genwärtig befindet sich der einund zwanzigjährige Herzog von Westminster in Südafrika als Adjutant Sir Alfred Milners. und er wird schwerlich nach Hause zurückkehren können, ehe der Krieg beendet ist. Fein gegeben. Braut (nachdem sie ihren schon be jährten Bräutigam vorgestellt): Was meinst Du?.... Er ist ein Jünger Aesculaps!" Freundin: Ich hätte mir aber einen jüngeren Aesculaps genommen!" v ' V