ein j!l:r SiycreiüMbcr. Hi,uis!e von (;uri Julius üoll Wachtmeister Schnurrbusch von der ersten Schivabron war ein Brüchiger aller Knabe und in unser Garnison eine hervorragende populäre Figur. Jedermann kannte den ftraffen Grau köpf mit seinen fortwährend zmickern den Augen im gesund rothen, wohlge näbrtcn Gesicht, dem riesigen Schnurr- bart und seiner hübschen blauen immer sauberen usarenunisorm. Ein Men schenfeind, der ihn sah. wenn er in dienstfreien Stunden durch die Stadt ging. Hütte sich mundern können über die Menge der Gruke. die er ,n auen Strafen zu erwidern hatte. An den bürgerlichen Stammtischen war er stets willkommen, und pflegte stch auch nicht lange nöthigen zu lassen, wenn man ihn um eine seiner Kriegs- oder Manövergeschichtcn bat, die gewöhnlich alle mit dem kernigen Humor des Sol datenlcbens gewürzt waren. Dabei war er im Dienste die zuverlässigste Stütze der Offiziere, und den Mann schaften ein schneidiger Vorgesetzter. Seinen rasselnden Soldatenbafz hörte man weit hinaus über die Grenzpsähle der Reitbahn, und wen er auf einer reglemcntwidrigen Handlung ertappte, der wurde unnachsichtlich hcrunterge macht, daß er's so leicht nicht wieder vergaß. Eine schwache Seite hatte freilich auch dieses prächtM Reiterherz: dem schönen Geschlecht gegenüber war r nämlich butterweich. Das können mir alle hübschen Dienst' und Kindermäd chen der Stadt bezeugen, alle diese munteren Haus- und Küchenfeen, die in Hamburger Häubchen und mit der weißen Schürze Morgens immer so bildsauber zum Markte gehen oder Nachmittags die Kinder der Herrschaft anmuthig spazieren führen. Ihnen freni.dlich zuzunicken oder sie, wo es ging, in ein scherzhaftes Gespräch zu ziehen, das unterließ der alte Schnurr busch selten, dieser polternde Haudegen mit dem zärtlichen Herzen, der verhei rathet war und selbst mehrere erwach sene Kinder besaß. . Einmal eS war im Winter ging er wie alle Tage, früh Morgens um sieben zu seinem Rittmeister, um ihm Rapport zu erstatten. Der Rittmeister war ein ganzes Jahr beurlaubt gewesen, hatte in der Resi den; gehcirathet und war vor acht Tagen mit der jungen Frau in die Garnison zurückgekehrt. ' Schnurrbusch also betrat im Mor gengrau des Wintermorgens die Woh nun seines Chefs. Jedes Schnurrest chen klopfte er sorgfältig von den spie gelblanken Stiefeln, strich sich auch die Schnurrbartspitzen noch einmal gerade, ehe er klingelte. Die vorhergehenden Tage hatte ihm stets der Bursche ge öffnet, heute aber stand im matten Licht der Gasflamme ein schlankes, blondes, weibliches Wesen vor ihm, was ihm natürlich viel lieber war. Morjn. mein Herzchen," schmunzelte er in der allerliebsten Laune, noch gar nicht gesehen, und so ein schmuckes Tüubchen! Freut mich freut mich sehr. Na, die Herrschaft schon zu sprechen?" Nähertretend kniff er der hübschen Blondine in die Backe. Erschreckt trat sie zurück, bedeckte die gekniffene Wange mit einer weißen Hand und musterte ihn staunend, von oben bis unten. Er stand selbstgefällig vor ihr aufgerichtet und liebkoste seinen Schnurrbart mit den Fingerspitzen. Da glitt ein schelmisches Lächeln über ihr zartes Gesicht, sie nickte Ja! und ließ den galanten Wachtmeister mit einem netten Knix in's Herrenzimmer treten. v ' Auf hübsche Zimmerkätzchen hält der Herr von Eickstedt, das merkt man schon," dachte Schnurrbusch vergnügt, während er sich im leeren Zimmer in Positur stellte. Die Blondine war in's Nebenzim mer getreten. Er hörte sie in anschei nend sehr belustigter Weise, ohne frei lich die Worte zu verstehen, etwas er zählen, worauf ein herzliches Gelächter folgte. Gleich darauf trat der Ritt meister zu dem verwundeten Schnurr bart in's Zimmer, mit abgewandtem Gesicht als suche er seine Heiterkeit zu verbergen. Er nickte nur ein wenig mit dem Kopse. .Worin, Herr Rittmeister. Melde gehorsamst: Der Braune Sultan". Stall 1, Stand Nr. 15. hat sich heut Nacht losgerissen und den Fuchs Viper" geschlagen. Wunde unbedeu- teud, auch bereits verbunden. Sonst Alles in Ordnung." Es ist gut. Schnurrbusch Sie alter Schwerenöthcr!" .Zu Befehl. Herr Rittmeister." Sie können gehen." .Morjn. Herr Rittmeister." WaS sollte das heißen alter Schwerenöthcr? dachte Schnurrbach hin austretend. Und diese Heiterkeit, das Gelächter im Nebenzimmer? Hatte er eine Dummheit gemacht? Oder hatte das Kammerkätzchen geklatscht? Wie kam sie dazu, so ungenirt mit der Herr schaft zu plaudern? Im Stiegenhaun putzte Franz, der Bursche, die Stiefel des Herrn. Hast Du gesehen, wer mir vorhin aufgemacht hat?" Jawohl, Herr Wachtmeister, die gnädige Frau! Rindvieh!" knurrte '?chnurrbufch, ganz mechanisch, ohne wirklich über den Burlchen erbost zu ein. War das möglich? Er hatte der anadigen Frau in die Wange gekuit fen? Schwerenoth! Das konnte gut werden. An diesem Morgen wunderten, sich die Unteroffiziere ganz erheblich über eine Unruhe und Zerstreutheit, die sie im Tlenft an ihrem strengen Wacht meist noch nicht wahrgenommen hatten. Er saß wie eine trübe Wolke auf sei nem Braunen, trabte zwecklos hier und dorthin und schien an einer schweren. scheren Kopfarbeit zu deichseln. Mehr als einmal schielte er nach seinem Chef und glaubte sich überall von seinem ironischen Lächeln verfolgt. daö ihn immer mehr in Bestürzung versetzte. Kein Zweifel, es war die Frau Rittmeister gewesen, und der Chef wußte das. Er gab eS sogar schon den beiden Offizieren zum Besten; denn sie brachen in ein schauenoes Ge lächter aus und warfen ihm beim Ab reiten spöttische Seitenblicke zu. Völlig rathlos verließ er die Reit bahn. Alle Freunde, die ihm auf der Straße begegneten, waren erstaunt darüber, daß er sie nur flüchtig oder gar nicht grüßte. Er schien blind für die Uebertretungen seiner Leute, sein so scharfes Auge bemerkte diesmal so gar den Rekruten nicht, der mit einem Commißbrod unter dem linken Arm über die Straße ging und in der rech ten Hand eine große Leberwurst trug. von der er dann und wann große Stücke abbiß. Innerlich auf daS Heftigste erregt, kam er zum Mittagessen nach Haufe. Die Mütze flog auf s Sopha. der Sa bel in die Ecke, und er selbst ließ sich schwer auf einen stuhl fallen. Die Frau Wachtmeister ging lautlos ab und zu, sie kannte ihren Mann und wartete schwelgend aus den Zornesaus bruch, mit dem er sich daheim stets Er leichterung verschaffte, wenn er dienst lich stark verärgert war. Ein gutes Mittagessen würde ihn nachher schon wieder besänftigen. ' Deshalb sorgte sie dafür, daß heute ein Stück Butter mehr m die Pfanne kam. Aber zu ihrem größten Erstaunen gab er nach wie vor keinen Ton von stch. Er amq nur mehrere Male hes tig klirrend in der Stube auf und ab und setzte sich dann vor den gefüllten Teller, den Kopf theilnahmslos in die Hände stützend. Das war doch sonderbar. Schnurrbusch," begann sie, vor ihn hintretend und die Arme in die Seite stemmend. Schnurrbusch, was ist das mit Dir? Hast Du Bauchkneipen?" Dummes Zeug!" knurrte er, laß mich in Ruhe." Na, dann nicht, alter Brummbär." . Sich mit größter Seelenruhe ihm gegenüber niederlassend, begann sie wohlgefällig zu essen. Nur manchmal schnalzte sie mit den Lippen, um anzu deuten, daß die Speise besonders wohl gerathen. Das wirkte. Zögernd nahm Schnurr busch die ersten Bissen und legte dann wirklich Messer und Gabel nicht eher nieder, biSdie Teller leer waren. ' Das Essen hatte ihn freundlicher, mltthellsamer gestimmt. Hör' 'mal, Rieke," so hub er an und sah seiner Iran zum ersten Mal in's Gesicht, ich bin der Wachtmeister Schnurrbusch und Du bist meine Frau bon! Wenn nun eines schönen Tages ein Süßholzraspler in's Haus kommt, sagen wir ein Gefreiter, der Charge nach, und ich bin nicht da; der Kerl aber will Dir schön thun " Mir? Bei Dir piept's wohl?" Ausreden lassen! Also schließlich kneift Dich der Kerl in die Backe was machst Du da?" Nun, dem haue ich Eine 'runter, daß er's zum zweiten Mal bleiben läßt." So so na, ja, in diesem Falle. Wenn Du aber nun die Frau RiU meister wärst?" Na nu? Was soll das heißen? Ist Dir nicht wohl. Schnurrbusch?" Im Ernst, Rieke, Du bist die Frau Rittmeister, und ich, der Wachtmeister Schnurrbusch, z. B., kneife Dich, die Frau Rlttmelsterin, in die Backe." Ja so Du! Dich wollt' ich.Mores lehren. Du müßtest vor mir auf die Kniee nieder, müßte t Abbitte thun. die ganzen Dienstboten müßten dabei sein, dann sagte ich: Seht, der alte Narr, sagte ich, verheirathete Fami lienvater, schämt sich nicht " Ach was. lauter dummes Zeug. Auf die Knie? Was nicht gar! Den Gefallen thäte ich Dir schon lange nicht." Ja, was fragst' Du mich denn dann?" Der ganz vcrsinsterte Schnurrbusch nahm nun in der Sopha-Ecke Platz, um sich feinem Mittagsschläfchen hinzu geben. Aber zur Ruhe sollte er heute nicht kommen. Herein!" brummte er ahnungs bang, sich straff emporrichtend und die Thür sixirend. Franz kam, des Rittmeisters Bur sche, mit der Aufforderung, sich unver züglich bei seinem Chef zu melden. Schockschwerenoth!" Was? Um diese Zeit? Ja. wie ist mir denn? Schnurrbusch, Johann Lcderecht Schnurrbusch, hast Du wirk lich die Frau Rittmeister gekniffen? Ach du meine Güte, was man noch er leben muß auf seine alten Tage! Ge schieht Dir recht, alter Narr!" .Papperlapapp! Stille bifte! Ich komme sofort!" Mit krampfhaft behaupteter Fassung klingelte Schnurrbusch zehn Minuten später an jener verhängnißoollcn Entree thür. Wieder öffnete ein weibliches Wesen, aber mit einem ganz anderen Gesicht. Er wurde wieder in's Herren- zimmer geführt und wartete hier ein paar Augenblicke, die dielleicht die Pein lichsten in seinem ganzen Leben waren. Feine Augen hielt er starr auf die Thür des Nebenzimmers gerichtet. Endlich ging sie auf. Der Chef trat em und mit ihm, schalkhaft lächelnd. feine schöne junge Frau dieselbe Blondine, die er am Morgen für das Stubenmädchen gehalten. Der arme Schnurrbusch klappte fv fort vorschriftsmäniq. wie vom Blitz at troffen, die Hacken zusammen, warf den Kopf auf und stand so, den Säbelgriff in der Linken, die Rechte an den Hosen naht, kerzengerade an der Thür in jener Erstarrung des blinden Gehör sams. der keinen eigenen Willen duldet uud die Lippen versiegelt, bis man ge fragt worden ist. Nur wer näher hin sah. bemerkte in diesem unbeweglichen Gesicht das Zittern der Nasenflügel und der Schnurrbartspitzen. Also dies, liebe Ada. ist Schnurr busch. mein Wachtmeister. Wir sahen uns bereits heute Mor gen " Ein tüchtiger Soldat in jeder Hin sicht, dem Emig-Weiblichen sehr zuge than " eine Probe davon hat er eben falls bereits abgelegt " Ich bitte tausend Mal um Ver zeihung. Herr Rittmeister, gnädige Frau; aber ich wußte wirklich nicht" Daß meine Frau die Kundgebung Ihrer Neigung für Stubenmädchen mit angesehen hat. Nehmen Sie sich daher in Zukunft etwas mehr in Acht, lieber Wachtmeister und greifen Sie nicht so schnell zu. Stubenmädchen sind manchmal das nicht, was sie scheinen." Zu Besehl, Herr Rittmeister!" Schönsten Dank, gnädige Frau!" Abtreten!" Ganz verwirrt, aber aufathmend und mit erleichtertem Herzen verließ Schnurr busch das Zimmer. Im Flur kramte Jette, das Stuben Mädchen, und lächette ihm schelmisch entgegen. Eine noble eine großmüthige Herrschaft weiß Gott! Das wäre ja noch gut abgelaufen. Mir ist ein Stein vom Herzen, mein Schatz." Und in seiner großen Freude kniff er völlig unbewußt dem Stubenmädchen in die linke Backe. Aber diesmal war es ja das richtige. Alter Schwerenöther! Vreihundertvierundsechzig eine Nacht. Bon P. Rosegge r. und Mein Vater hatte vier große Ziegen im Stalle stehen, so wie er vier Kinder hatte, welche zu den ersteren stets in engerer Beziehung standen. Jede der Ziegen hatte ihren kleinen Futterbar ren, aus dem sie Heu oder Klee fraß, während wir sie molken. Keine einzige gab die Milch am leeren Barren. Die Ziegen hießen Zitzerl, Zutzerl, Zeitzerl und Heitzerl und waren, einer schönen Schenkung zufolge, das Eigenthum von uns Kindern. Das Zitzerl und das Zutzerl gehörten meiner zwei Schwester- chen, das Zeitzerl meinem achtjährigen Bruder Jakoberle, das Heitzerl war mein! Jedes von uns pflegte und hütete sein ihm zugetheiltes Gespons in Treue; die Milch aber thaten wir zusammen in einen Topf, die Mutter kochte sie, der Vater schenkte uns dazu die Brotschnit- ten und Gott der Herr hat uns den Lössei Suppe besegnet. Und wenn wir so mit den breiten Holzlöffeln, die unser Oheim geschnitzt hatte, und die ihrer Ausdehnung wegen für's erste kaum in den Mund hinein, für's zweite kaum aus demselben her auszubringen waren, unser Nachtmahl ausgeschaufelt hatten, so nahmen wir jedes unseren Rotzhaarkotzen und legten uns, ein? wies andere, in den Futter barren der Ziegen. Das waren eine Zeitlang unsere Betten, und die lieben Thiere befächelten uns mit ihren weichen Bärten die Wangen und beleckten uns die Näschen. Aber, wie wir Kindlein auch in der Krippe lagen, so kam das Einschlafen auch nicht just immer nach dem ersten Lecken. $ch habe von unserer Ahne eine Menge wundersamer Geschichten und Märchen im Kopfe. Die erzählte ich nun in solchen Abendstunden, und meine Geschwister waren darüber glück selig, und die Ziegen hörten auch nicht ungern zu, nur daß diese dann und mann, wenn ihnen das Ding gar zu unglaublich vorkam, so ein wenig vor sich hinmeckcrten oder mit den Hörnern ungeduldig an den Barren pufften. Einmal, als ich von der Haberaais er- zählte, die, wenn sie um Mitternacht aus oem tfeioe schreit, den Haber (Hafer) schwarz -macht, und die nichts frißt als die grauen Bärte alter Koh lenbrenner, da begann mein Heikerl dermaßen zu meckern, daß die anderen drei auch mit einstimmten, bis meine Geschwister schließlich in ein fürchter liches Gelächter ausbrachen, und ich wie ein überwicsener Aufschneider erbärm ich Ichmelgen mußte. Von derselben Zeit an erzählte ick meinen Schlafgenossen lange leine Ge-1 schichten, und ich nahm mir vor. mit dem Heitzerl mein Lcdtaa kein Wprt mehr zu reden. Da kam der Sonnwendtag. An die fern Tage kochte uns die Mutter den üblichen Eierkuchen, mein liebstes Essen auf der Welt. In diesem Jahre aber hatte uns der Geier die' beste Leghenne geholt, so wollte sich daS Eierlördlein nicht mehr füllen, nnd als am Sonn wendtag der Kuchen kam. war er ein gar kleinwinzig Laibchen. Wehmüthig luchte ich hin auf den Holzteller. Mein fünfjährig Schwesterchen guckte mich an, und wie wenn es meine Sehn sucht wahrgenommen hätte, ries eS plötzlich: .Du. Peterl. Du! wenn Tu uns ein ganze? Jahr in jeder Nacht eine Geschichte erzählen wagst, so schenk ich Dir meinen Theil von dem Kuchen! Dieser hochherzigen Entäußerung der Keinen stimmten seltsamerweise auch die anderen bei, und sie patschten in die Hündchen, und ich ging die Bedingung ein. So stand ich denn plötzlich am Ziele meiner Wunsche. Ich nahm meinen Kuchen unter die Jacke hinein und ging damit in die Milchkammer, wo mich niemand sehen und stören konnte. Tort verriegelte ich die Thür, setzte mich auf einen um gestülpten Zuber und ließ meine zehn Finger und das wohlgeordnete Heer meiner Zähne über den armen Kuchen los. Aber nun kamen die Sorgen; daß meine Geschwister - streng auf ihrer Forderung bestehen würden, daran konnte kein Ziveisel obivaltcn. Ich ging auf meinen Hirtenzügen jeden Pecher. Kohlenbrenner. Halter und jedes wohlerfahrene Weidlein, wie ich's im Wald und auf der Heide traf, um eine Geschichte an. Es waren ergiebige Quellen, und ich war jeden Abend i der Lage, meiner Schuldigkeit nachzu kommen. Mitunter allerdings war ein Elend, bis ich was neues auftrieb. und nach einer Zeit geschah es nicht selten, daß das Schwcsterlein mich unter brechend von seinem Barren herüber- rief: Du! die wissen wir. die hast uns erzählt!" Ich sah wohl, daß ich auf neue.Wege sinnen mußte, und war daher bemüht, das Lesen besser zu lernen, um aus manchen Geschichtenbüchern, wie sie in den Waldhütten nutzlos auf den rußigen Wandstellen herumlagen. Schätze zu ziehen. Nun hatte ich neue Quellen: die Geschichte von der Pfalzgräfin (das Jakoberle sagte immer Schmalzgräfin) Genovcfa; die vier Hcimonskinder; die schöne Melusina; Wcndelin von Höllen stein ganz wunderbare Dinge zu Dutzenden. Da sagte mein Bruder wohl oft aus seiner Krippe heraus: Mein Kuchen reut mich garnicht! das ist wohl so viel unmöglich schön. Gelt, Zeitzerl?" Nun wurden die Abende zu kurz, und ich mußte eine solche Geschichte in Fortsetzungen geben, womit aber klein Schwesterchen schier nicht einverstanden sein wollte, denn es behauptete, in jeder Nacht eine ganze Geschichte! so sei es ausgemacht. So verging das Jahr. Ich erwarb mir nach und nach eine gewisse Fertig keit im Erzählen und that es sogar hoch deutsch, wie es in den Büchern stand! Oft geschah es auch, daß sich während des Erzählens meine Zuhörer tief in die Kotzen vergruben und vor Schauer über die Räuber und Geistergeschichten zu stöhnen anhuben; aber aufhören durfte ich doch nicht. Es war schon wieder der Sonnwend tag nahe, und mit ihm die Lösung mei nes Vertrages. Doch ein eigen Ge schick! noch vor dem letzten Abend ging mir gänzlich der Faden aus. Alle meine Erinnerungen, alle Bücher,, deren ich habhaft werden konnte, alle Männ lein und Weiblein, denen ich begegnete, waren erschöpft alles ausgepumpt alles hoffnungslose Dürre. Bat ich meine Geschwister: Morgen ist der letzte Abend schenkt ihn mir!" War ein Geschrei: Nein, nein, nichts schenken! Du hast Deinen Sonnen wendkuchen kriegt!" Gar die Ziegen meckerten mit. Am- nächsten Tage ging ich herum, wie ein verlorenes Schaf. Da kam mir plötzlich der Gedanke: Betrüge sie! dichte was zusammen! Aber allfogleich schrie das Gewissen drein: Was du er zählst, daS muß wahrhaftig lein! du hast den Kuchen wahrhaftig bekom men! Doch geschah im Laufe dieses Tages ein Ereigniß, von dem ich hoffte, daß es m Dränge der Ausregung mich meiner Pflicht entbinden würde. Mein Bruder Jakoberle verlor sein Zeitzerl. Er ging in kreuz und krumm über die Heide, er ging in den Wald und suchte weinend und rufend die Ziege. Aber endlich spät im Abend brachte er sie heim. Ruhig aßen wir unsere Suppe, gingen in unsere Krip pen und von mir wurde die Geschichte verlangt. Es war. still. Die Zuhörer harrten in Erwartung. Die Ziegen scharrten in Wiederkäuen mit den Zähnen. Nun denn so sollen sie die Geschichte haben. Ich sann ich begann: Es war einmal ein großer, großer Wald gewesen. Und in dem Wald war es allweg finster gewesen. Keine Vög lein haben gesungen: nur der Todten vogel hat geschrieen. Wenn aber doch die anderen Vögel auch gesungen, da haben auf den Bäumen alle Acste und alle Blätter viertausend Thränen ae-j weint. Mitten in diesem Walde ist eine Heide, wie der Todtenacker so still, und, wer über dieselbe hingeht und nicht um kehrt, der kommt nicht mehr zurück. Ueber dieie Heide f.no einmal zwei duttige Kniee gegangen. Jcffas Ma !" rief mein älteres Scuiveftcrlein aus, und alle drei krochen unter die Kotzen. Ja. zwei blutige Kniee." fuhr ich fort, und die .sind über die Heide dahin geschwebt gegen den finstern Wald, wie eine verlorene Seele. Aber auf einmal sind die zwei blutigen niee Ich schenk Dir mein blaues Hosen band, wenn Tu still bist!" wimmerte mein Bruder angstvoll und verbarg sich noch tiefer in die Decke. .. sind die zwei blutigen Kniee stillgestanden," fuhr ich fort, und auf dem Boden ist ein Stein gelegen, so weiß, wie ein Leichentuch. Dann sind zwei funkelnde Lichtlein gewesen zw, schcn den Bäumen, und darauf sind vier andere blutige Kniee daher ge schwebt." Mein neues Paar Schuhe schenk ich Dir. wenn Tu aufhörst!" hauchte das Jakoberle in feinem Trog und zog aus lauter Furcht daS Zeitzerl am Barte zu sich. . Und so sind alle sechs zusammen gegangen durch den finstern Wald und heraus auf die Heide und über das Hafcrfeld herab zu unserem Hause und herein in den Stall " Jetzt kreischten alle drei auf. und sie wimmerten und wußten ihrer Angst kein' Ende, und klein Schwcsterlein versprach nur mit Jagen seinen Theil von dein auch heuer wieder zu war tcnden, morgigen Sonnenwendkuchen. wenn ich aufhöre. Ich aber fuhr fort: Jetzt na. jetzt hab ich zum Anfang zu sagen vergcffen, daß die zwei ersten blutigen Kniee unserem Jakoberle und die vier letzteren seinem Zeitzerl gehört haben wie sie heut im Wald herum gegangen sind." Brach auf einmal das Gelächter los Jeder Mensch hat zwei blutige Kniee!" rief Schwesterlein, und die Ziegen meckerten, daß es em Jubel war. Ich hatte meine Rolle ausgespielt. Dreihundertvierundsechzig Nächte lang hatte ich geglänzt als weiser, wahrhas tigcr Gcschichtenmann; die dreihundert fünfundsechzigste hatte mich entlarvt als argen Schwatzer. s Versprechen in betreff des zwei- ten Sonnweiidkuchens wurde rückqän gig gemacht; Schwestcrlein erklärte, die Zusage sei nichts als Nothwehr ge wcscn. Und die Gläubigkeit meines Publi- kums hatte ich mir verdorben ganz und gar, und wenn es in Zukunft a irgend einem Erzählten seinen Zweifel ausdrücken wollte, so rief es einstim mig: Aha, das ist wieder ein blutiges Knie!" Bon einem raffinirten Gauner-Trick erzählt der Pesti Hirlap". Der Schau Platz ist ein Coupee erster Klasse des Wien-Pester Schnellzuges. Da saßen mehrere Herren, darunter ein junger Mann, der, das Haupt auf der Lehne, fest schlief. Zuweilen, wenn der Zug hielt, erwachte er für einige Augen blicke, schlief aber gleich wieder ein. Ein älterer Herr im Coupce wendet sich zu den übrigen Mitreisenden und sagt. aus den schlafenden jungen Mann deu tend: Sie können sich nicht denken. was für ein Kreuz ich mit dem Jungen da. mit meinem Sohne habe. Ich war schon bei allen Professoren, allein es nutzt nichts, sobald er sich irgendwo niedersetzt, schläft er ein. Und dabei hat er noch die Gewohnheit, viel Geld mit sich zu führen. Gegenwärtig hat er auch 6000 Gulden bei sich. Wie leicht kann ihm die ein Gauner aus der Tasche nehmen! Doch diesmal will ich ihm einen heilsamen Schrecken ein flößen; warten Sie nur!" Damit nahm der alte Herr seinem Sohne die Brief- tafche behutsam aus der Seitentasche. bo", sagte er, nun wird er seine Lehre huben. Ich gehe einstweilen in den Speise-Waggon. Wenn er er wacht, sagen Sie ihm nicht gleich, daß ich das Geld bei mir habe und im Speisewagen bin; er soll nur zappeln." Und nun ging er in den Speisewagen hinüber. Nach einer halben Stunde kam man in einer Station an, der junge Mann erwachte für einige Augen- blicke, schlief aber sofort wieder ein. Dann kam die Station Neuhänfel; hier machten die Zigeuner mit ihrer obligaten Musik einen solchen Lärm, daß der junge Mann völlig erwachte. Er ließ sich ein Glas Bier geben, trank es aus und erbleichte plötzlich. Er hatte in die Seitentasche gegriffen: seine Brieftasche war verschwunden. Schreckensbleich wendete er sich an seine Mitreisenden, die aber lächelten blos und meinten, er werde sein Geld schon finden. Da er aber ganz aus dem Häuschen gerieth, erzählten sie ihm, sein Papa habe einen Scherz gemacht. er habe das Geld genommen und be- finde sich im Speisewagen. Mein Papa?" rief der junge Mann, .der ist bereits vor 15 Jahren gestorben." Wie. der ältere Herr war nicht Ihr Papa?" Um Gotteswillen!" rief der junge Mann, jetzt erinnere ich mich, diesen Menschen in Bahnhof-Restau-rant neben mir gesehen zu haben, als ich einem Freunde erzählte, daß ich mit 6000 Gulden nach Pest fahre. Er hat mir die Brieftasche mit deni Gelde ge- stöhlen." Darauf lief er wie mahn- sinnig in den Speisewagen, durchsuchte den ganzen Zug keine Spur von dem älteren Herrn: .der war bereits in der Station vor Neuhänfel ausgestie gen und spurlos mit dem Gelde ver schwundcn. Der junge Mann erstat tete in Ncuhünsel sofort die Anzeige bei der Polizei und die Polizei die sucht nun den Gemüthlichen Herrn Papa, der mit seinem Sohne solch kleine Scherze ausführt. Wie die Römer applaudlrte. Daß bei den Besucher,, de altröh mischen Theaters Beifallskundgebungen schon üblich waren, ist bekannt. Neu erdingS ist man bei den Ausgrabungen in Pompeji Papyrusrollen aufgefun den. die neben anderen interessanten Ausschlüssen über das römische Theater auch Einiges über die Art und Weise mittheilten, in der man damals seinen Beifall zu äußern pflegte. Bcmerlciis werth ist. daß das Theaterpublikain jener Zeit sich beim Applaudiren an eine gewisse Methode hielt und nach ge wissen Abstufungen seine größere oder geringere Zufriedenheit zu erkennen gab. War man angenehm berührt von der Darbietung eines Darstellers, dann schnalzte man mit dem mittel fingcr und dem Daumen;, wollte man den Schauspieler etwas mehr auszcich nen. dann schlug man mit den ausge streckten Fingern der linken Hand auf die der rechten, wodurch etwa ein Ton wie von an einander gestoßenen irdenen Geschirren hervorgebracht wurde. Diese Art des Beifalls führte deshalb auch den Namen Testae". Eine größere Gunstbezeigung war es schon, die Hände flach, nnd eine noch bedeutendere, sie gewölbt auf einander z schlagen. Die höchste Auszeichnung aber bestund darin, daß die Zuschauer einen Zipfel ihrer Toga gegen den Darsteller schwenkten. Interessant dabei ist, daß zu diesem Zweck der Kaiser Aurelian an die nie dere Klasse des Publikums, die keine Toga tragen durfte, kleine Stückchen Tuch austheilen ließ. Wie daö Bolk spricht. Diese Unterhaltung gefällt mir!" lachte Pannecke, da hielt er dem Budiker sein Glas unter den Bierhahn, und dieser ließ es volllaufcn. Det hab' ick dicke!" sagt der Buch binder, da hatte er so viele Stärke in den Kleister gerührt, daß sein Quirl darin feststand. Du kennst mein Herz noch lange nicht!" flüsterte der verhungerte Lyriker, da hatte ein junger Arzt seinen Zustand auf Herzklappeulähmung diagnostizirt. Du kannst mir gestohlen werden!" grinste der dicke Rentier Wudicke, da nahm er, die fette Gans herein, die seine Frau der Küble Kälber vor das Küchenfenster gehängt hatte. Det stimmt!" meinte Ede zu Lude im Tbeatcr. da knivtistrn und hebten die Musikanten ihre Violinsaiten auf den Grundton hoch. Im Cirkus. Hänschen (angesichts eines auf Hän, den gehenden Akrobaten): Gelt, Mama, der Mensch führt ein verkehrtes Dasein?" widerlegt. Kaufmann: Halten Sie mich nicht auf. Zeit ist Geld." Bettler: Nun. Mn Sie'S 'mal in die Sparkasse, wenn Sie's können!" Altmodisch. Erna: Denke Dir. Laura, für so altmodisch hätte ich unsere Freundin Bertha, die Jungvermahlte, nicht ge halten! Hat sie doch beim Verlassen des Vaterhaufes Abschiedsthränen geweint." Im GeschLftseifer. .... Wird denn das Gift von den Mäusen auch gern gefressen?" Na, ich sage Ihnen, mem Junge hat 'n paar weiße Mäuse die fressen überhaupt nichts Anderes!" Kann sein. A: .Wir wollen in haä R?ftarnt hier gehen und eine Kleinigkeit essen." : Aver ich bin gar nicht hungrig." A: .Das tbut nickt: the ? fii.r etwas kriegst, wirst Du schon hungrig." Deutliche Antwort. Besuch .(arrogant): Sie waren früher doch 'mal Hausknecht vermis sen Sie da jetzt nicht manchmal Ihre alte Beschäftigung?" Emporkömmling: O nein, es finden sich nämlich ab und zu Leute bei mir ein, die ich hinauswerfen kann!" Ein famoses Zuchthaus. Gast (aufhorchend, als in der Nähe die Melodie Weh', daß wir scheiden müssen" gesungen wird): Was 'ist denn das für ein Gesangverein?" Wirth: Ach. das ist der Männer chor drüben im Zuchthaus da wird jedenfalls wieder Einer entlassen!" ' Ahnungsvoll. Förster: Was haben Sie geschossen. Herr Doktor?" Sonntagsiäger: Weiß ichs? Er wird sich schon melden!" ine vezirfrage. Wissen Sie, was das Höchste bei diesem Künstler ist?" WaS denn?" Nun. sein Kopfhaar!" Lcht weiblich. Warum ist Ihre Frau Gemablin heute so übler Laune?" Well ich ihr noch kein einziges Mal widersprochen habe." I