Mc 2?jc. Hii!?.,schk?riählung v. l. 5 ab i ch t. Der Dresdener Maiausstznd war zu Ende. Nnch einem vkrzwkifettkn und erbittertem Kampf? hatte man der Uebermacht weichen müssen, lind nun suchten Viele der Unterlegenen noch im letzten Augenblick 'auS der -tadt zu flüchten, und nicht nur einfache Arbeiter und Bürger, die in den Maitagen deZ JahreS 1819 zu den Waffen gegriffen hatten, selbst hervorragende Leute, wie Richard Wagner und Semper, der ge niale Erbauer deZ Dresdener ZbeaterS, hatten sich an diesem Kampfe betheiligt und tapser bis zum letzten Augenblick aus den Barrikaden ausgeharrt. , Auch ein junger Gymnasial Lehrer war von dem allgemeinen Sturm nut fortgerissen worden und hatte sich an dem Ausstände betheiligt, seine Gattin, die ihren Mann schwärmerisch liebte. war auch in der Stunde der Gefahr kühn und entschlossen an seiner Seite geblieben und wollte sich auch jetzt nicht von ihm trennen, als es galt, sich rasch zur Flucht zu wenden und m s Aus land zu retten. Du bist eine Frau. Dich wird man nicht zur Rechenschaf! ziehen, eZ ist also , das Beste, wenn Tu ruhig hier bleibst," hatte der Mann gesagt. Nein," war ihre entschiedene Ant wort gewesen. Ich verlasse Dich nicht, uns trennt nur der Tod." .Aber Du fetztest Dich Gefahren und vBefchwerden aus, die weit über Deine 5Krüfte gehen." Auch diesen EinWurf hatte die Frau nicht gelten lassen und einfach erklärt : Fürchte nichts ! Ich werde Dir nicht zur Last fallen." Max Körner kannte den Muth seiner Gattin; sie hatte ihm ja in diesen schwe ren Tagen bewiesen und treu an seiner Seite ausgeharrt, während die Kugeln um sie herumgeflogen waren; man hatte die zartgebaute junge Frau allge mein bewundert, die jeder Gefahr ge trotzt, um den Kämpfern auf der Bar rikade Mundvorrath und Munition herbeizutragen, und er wußte auch, daß sie viel größere Qualen ausstehen würde, wenn sie jetzt nicht sein Geschick theilen könnte; seine Agnes hatte ja stets treu zu ihm gehalten und bewie fen. daß sie bereit sei, für ihn freudig jedes Opfer zu bringen. Esgvar eine Jugendliebe gewesen. die Beide zusammengeführt hatte, und was nicht immer der Fall, sie hatte auch nach ihrer Bereinigung Farbe gehalten, ja, das Band, daß sie vereinte, war mit den Jahren noch immer inniger und fester geworden. Max Körner hatte schon, als er noch in Leipzig seinen Studien oblag, für die kleine, damals 14jährige Agnes geschwärmt, und seine Gefühle waren unverändert geblieben. Kaum hatte Max eine Anstellung als Lehrer an einem Gymnasium Dresdens erhalten, als er auch sofort bei dem Vater um die Hand der Geliebten warb, der kein Be denken trug, ihm die Tochter zu geben, sonnte er doch an der Ehrenhaftigkeit ?!cs jungen Mannes und an feiner Liebe eine Zweifel hegen, denn sonst würde seine Wahl auf eine Andere gefallen sein und nicht auf die Tochter eines nur mit Kindern reich gesegneten Beamten. Es war ja so ziemlich allgemein be sannt, daß Mathilde Schmidt, die ein zige Tochter einer reichen Kaufmanns Wittwe, an dem jungen, hübschen Stu denten ihr Herz verloren hatte ; denn ,: das Mädchen hatte aus ihren Gefühlen für Max Körner gar kein Hehl gemacht. Mathilde Schmidt war einige Jahre ölter, als Agnes, und eine viel umwor bene Schönheit. Sie wußte, daß sie reich und auch schön war, man hatte ihr ' dies ja so oft genug gesagt, und sie zweifelte deshalb keinen Augenblick, daß k? ihr leicht fallen werde, Max für sich zu erobern. Zu ihrer bitteren Enttäu schung gab der unsinnige Mensch der Tochter eines höheren armen Beamten den Vorzug, die, wie sie sich selbst sagte, nicht einmal schön genannt wer den konnte. Mathilde Schmidt Hatte gehofft, daß cs doch nur eine Studentenliebe fei und Max Körner, sobald er erst eine An flellung erhalten, so viel Verstand ha ?en werde, um eine Frau heimzuführen, die ihm ein angenehmes Dasein ver schossen könnte, denn mit dem schmalen Lehrer Gehalt waren keine so großen Sprünge zu machen, und sie war bereit, ' ihm dies Glück zu gewähren; er durfte ' jetzt nur kommen und um ihre Hand werben. Mit Schmerzen wartete sie auf diese Stunde. Ach. und nun.hei ratbete der blonde Thor wirklich das - aMe Mädchen, und Mathildens glü '' hende Liede verwandelte sich in ebenso glühenden Haß. Sie wußte nur nicht, 5,, ki, am Meisten hassen solle, den Wltfc I" " 1 ' .. M Mann, der ihre Liebe schnöde zurück qewiesen. oder die Frau, die ,hr den Geliebten entrissen hatte, denn sie zwei, feite keinen Augenblick, daß Max Kor. ner sie ohne diese interessante Person, mit der sie sogar früher befreundet ge mesen war. gcheirathet haben würde. Wie alle blind Verliebten, hatte sie sich etS mit der Hoffnung getragen, daß der junge Mann sie wieder liebe und nur nicht den Muth habe, mit seinen Gefühlen der reichen, schönen Erbin ....w nffpn bcrvonutreten. Mar Körner hatte wohl bemerkt, daß 5, MiRne Mädchen ihm ein 1)1(9 vVf . . t - . .:i sine Kunst zugewendet habe, .... . hmt der Leidenschaft, die mnms, Brust erfüllte, keine rechte Ahnung gehabt. Lon Studienfreuw Jahrgang 20. den erfuhr er später, wie sehr ihm jetzt die wunderliche Person grolle und wie sie ihm feine vermeintliche Treulosigkeit nicht verzeihen könne. Es härmte den jungen Mann wenig: er fühlte sich in seinen bescheidenen Verhältnissen und im Besitz einer derftändnißvollen Le dcnSgetayrtin sehr gtüatlch, denn er war Idealist genug, um seine Herzens wähl nicht zu bereuen. Und wie dann. wenn er sich wirklich vom schnöden Mammon hätte blenden und dies reiche Mädchen hätte heirathen wollen, das ihm nun einmal nicht sympathisch ge wesen war. Es kam das Jahr 1343. Die Mut ter Mathildens hatte ihr ganzes Ver mögen in Papieren angelegt, deren Werth plötzlich fo furchtbar fank,daß sie mit ihrer Tochter aus den glänzendsten Verhältnissen herausgeschleudert wurde. Max hörte dann nur noch, daß die Mutter bald darauf gestorben sei und Fräulein Schmidt, die so lange sich nicht entschließen gekonnt, einen Bewer der zu erhören, jetzt froh gewesen sei. daß der Besitzer eineS kleinen GafthofeS sich bereit gefunden habe jte zu heira then. DaS Sturmjahr von 1843 riß auch Max Körner mit fort. Jetzt nahte ja der Traum der deutschen Einheit seiner Verwirklichung; in Frankfurt, tagten die Besten und Edelsten der Nation, ein Parlament, wie es die Welt noch nicht gesehen und vielleicht auch nie wieder sehen wird. Der junge Gymnasial Lehrer, hatte sich mit Begeisterung in den Strom des öffentlichen Lebens ge stürzt. Vorträge gehalten. Artikel für Zeitungen geschrieben, und als die Re aktion wieder hereinzubrechen drohte, war er einer der Ersten gewesen, der sich an dem Maiaufstande betheiligte und mit seiner Gattin für die Freiheit des Volkes das Leben eingesetzt hatte. Nun die Sache doch vorläufig verloren war. mußte man dem Vaterlande den Rücken kehren, vielleicht auf immer. Es war ein Weg voll Aufregung und Gefahren, den die Beiden zurückzulegen hatten. Sie mußten meist des Nachts und bis in die Morgenfrühe hinein marfchiren, wollten sie nicht den überall herumstreifenden Soldaten in die Hände fallen. Zum Tode erschöpft, gelangte das Ehepaar bis Annaberg; aber hier verließ Agnes die Kraft, sie sank vor dem ersten Hause, das sich ihren Blicken zeigte, ohnmächtig zu Boden und konnte nicht weiter. Trotz der frühen Morgenstunde hatte eine junge Frau von ihrem Fenster aus den Vorgang beobachtet, sie kam sogleich herbeigeeilt und bot mitleidig ihre Hülfe an. Ich werde meinen Mann rufen, wir wollen die Kranke in's HauS schaffen," sagte sie rasch, als sie sah, daß die Fremde bewußt und regungs los dalag. Max Körner zögerte. Konnte man diesen Leuten trauen? Würden sie nicht, Argwohn schöpfen und sie vielleicht an die Militärbehörde ausliefern? Die Frau mußte seine Gedanken errathen haben, denn sie fuhr sogleich lebhaft fort: Fürchten Sie nichts. Wir wollen nicht wissen, woher Sie kommen und wohin Sie gehen." Dann rief sie in das Haus hinein: Gustav. Gustav!" und ein kräftiger, vierschrötriger Mann mit einem grundehrlichen Gesicht, ein echter Erzgebirge? trat heraus. Die Frau flüsterte ihm ein paar Worte zu, und dann nahm der Mann ohne Weite res die Ohnmächtige auf feine starken Arme und trug sie ins Haus, um ,n einem Hinterzimmer auf einem Sofa seine Bürde sanft niederzulegen. Den Bemühungen der Frau gelang es bald, Agnes zum Bewußtsein zurück zubringen, und dann schaffte sie so reichlich zum Essen herbei, als ob sie wohl gewußt hätte, daß diese Leute seit langer Zeit keine Nahrung mehr zu sich genommen. Sie können bei uns ausruhen, fo lange sie wollen," sagte die Frau, nach dem sie mit Befriedigung gesehen, wie sehr ihre Gäste den aufgetragenen Spei sen zugesprochen hatten. Mein Mann muß freilich in einer Stunde nach Ebemnik. aber ich erwarte seinen 2ku der. der dicht an der böhmischen Grenze lebt, und der am Abend wieder heim geht." Ahnte die kleine, kluge Frau, daß sie Betheiligte des Aufftandes vor sich habe, die sich nach Böymen retten wollten? Max schaute seine Gattin fragend an; sie verstand ihn und ant wortete in englischer Sprache: ' ohne Sorge. Wir können ihr ver trauen, sie wird uns nicht verrathen," und zu ihrem großen Erstaunen ?agie ihre Wirthin: Das werden wir nicht. Wir sind ehrliche Leute. Auch meinem Schwager können sie vertrauen." Sie verstehen Englisch?" fragte Agnes verwundert. Ja," antwortete die Frau einfach. Ich war wohlhabender Eltern Kind; aber das Jahr 43 hat auch uns arm ge macht. Sie dürfen nicht fürchten, daß Sotmtagsp) Beilage zum Nebraska Staats-Anzelger. wir reaktionär gesinnt sind, mein Mann und ich halten es mit der Freiheit, und sein Bruder und dessen Frau haben die selben Ansichten, wie wir. Wir wollen deshalb gar nicht Ihren Namen wissen, das ist für uns Alle das Beste." setzte sie hinzu. Seien Sie ohne Sorge. Bei uns sucht Sie Niemand, und mein Schwager wird sie dann schon sicher über die Grenze bringen: er kennt dort leben Weg und Steg." Die Frau ging ruhig ihren häuslichen Geschäften nach und erschien nur zuweilen wieder, um sich nach den Wünschen ihrer Gaste zu erkundigen. In den Nachmittagsstunden fand sich wirklich der Schwager ein. Es war ein Mann in mittleren Jahren, schlicht und einfach, aber nicht ohne Bildung. Aus seinen blauen Augen sprach die Ehrlichkeit selbst. Die kleine Frau mußte ihm bereits Alles mitgetheilt haben, denn er stellte gar keine Fragen, fondern sagte nur nach der ersten öe grüßung: Mit der sinkenden Sonne wollen , wir aufbrechen; Sie sind ein Vetter von uns, kommen zum Besuche und bleiben bei uns über Nacht. Wir haben einen kleinen Gafthof, und Sie können sich bei uns ausruhen, fo lange Sie wollen." Nein, wir möchten schon morgen weiter," entgegnete Max. Auch gut, dann begleite ich Sie bis nach Böhmen hinein." , . Noch vor Sonnenuntergang trat man die Wanderung an. Die junge Fran fühlte sich durch die lange Rast so weit gestärkt, daß sie an der Seite der beiden Männer just wieder rüstig durch den Wald schritt, in dem bereits die Däm merung und jenes Schweigen herrschte, das gerade dann so seltsam die Seele bewegt. In, dieser Waldeinsamkeit gingen die Herzen auf; man plauderte über Alles, selbst über die jüngste Bergan genheit, und es war diesen drei Men schen, als ob sie sich schon längst gekannt hätten, obwohl Keiner von dem Ande ren seinen Namen erfahren hatte. Die Wanderer hatten eine Höhe er reicht. Dort ist unser Haus," sagte ,der Mann, sehen Sie das Licht? Meine Frau wird mich schon erwarten und sich freuen, daß ich ihr solche Gäste bringe, denn auch sie denkt, wir wollen ein einig deutsches Reich haben, und wer dafür kämpft,der ist unser Freund. " Der wackere Erzgebirge? drückte dabei seinem Begleiter kräftig die Hand. Als man sich letzt dem Hause näherte. blieb ihr Führer stehen, um zu sprechen. Warten Sie hier noch einen Augen blick," sagte er leise. Es sind, wie fast immer zu dieser Stunde, Grenzjä ger bei uns, sie trinken ihr Gläschen und spielen Karten. Ich will doch vor her meine Frau instruiren, damit Sie gleich von ihr als Verwandter begrüßt werden, dann haben diese Leute nicht den geringsten Verdacht." Nach einiger Zeit kam der Mann wie der und sagte, die Thür zum Gastzim mer öffnend: Kommen Sie nur herein, lieber Vetter, meine Frau wird äugen bllcklich erscheinen." Die in einer Ecke des geräumigen Wirthszimmers sitzenden, kartenspielen den Grenzjäger schauten neugierig auf die Fremden; da öffnete sich bereits die Seitenthür, und die Wirthin trat wie in freudiger Aufregung herein; sie hatte schon die Arme zur Begrüßung der Verwandten" geöffnet, aber plötzlich ließ sie dieselben wieder sinken, die eben noch freudig schimmernden Augen er hielten ein unheimliches Funkeln, das immer noch schöne Antlitz schien völlig zu erstarren, und kein Ton kam über die sich schließenden Lippen. Auch Max hatte Mühe, seine grenzen lose Bestürzung ein wenig zu verbergen. Es war Mathilde, die plötzlich vor ihnen stand, und deren finstere, starre Miene nichts Gutes verrieth. Kein Zweifel, sie trug sicher noch den glühend sten Haß gegen Denjenigen im Herzen, der ihre Liebe verschmäht, und sie hatte jetzt Gelegenheit, sich zu rächen. Ein Wort von ihr, und Beide waren verlo ren: ja, wenn sie es nicht über sich ge wann, ihren Gast als Verwandten zu begrüßen, dann stand es schlimm um ihre Sache, und von der Rachsüchtigen, die noch immer die erlittene Kränkung nicht vergessen hatte, war dies schwerlich zu erwarten. Agnes fürchtete dasselbe, und sie bebte vor dem nächsten Augen blick, der Alles entscheiden mußte. Da löste sich die Erstarrung in dem Antlitz der schönen Frau. Sie erhob wieder die Arme, und jetzt rasch auf die Ankömmlinge zuschreitend, rief sie in großer Erregung aus: Lieber Vetter, sind Sie es wirklich! O, welche Ueber raschung! Herzlich willkommen!" Wäh rend sie Max die Hand schüttelte, zog sie Agnes zärtlich an' sich, noch einmal die Worte wiederholend: Herzlich will kommen!" Die Grenzjäger wandten die neugie rigen Blicke von den Gästen; sie wußten jetzt, daß es wirklich Verwandte waren und setzten ihr unterbrochenes Spiel ruhig fort. Am andern Tage brachte der Wirth die beiden Flüchtlinge über die Grenze, die dann glücklich die Schweiz erreich ten, aber seine Gattin sahen sie nicht mehr wieder. Sie hatte sich wohl im letzten Augenblick überwunden nnd dem einst fo geliebten und später fo gehaßten Mann Freiheit und Leben gerettet, weiter war jedoch ihre Kraft nicht ge gangen; sie hatte sich nach dieser Be grüßung rasch zurückgezogen, und nur, als die Flüchtigen ihr Haus verließen, sah sie ihnen heimlich lange nach, und dann richtete sich die eigenthümliche, schöne Frau in die Höhe und murmelte, wie von einem schweren Druck befreit: Nun bin ich glücklich! Er wird jetzt wissen, was wahre Liebe vermag!" Unser (achs. .UüioreSke vsn M. R. . ES war wieder einmal große Aufre gung bei uns im Hause, denn zwei liebe Verwandte, die noch dazu recht sel ten zu uns kamen, nämlich Onkel und Tante auS Rügenwalde, wollten uns auf ihrer Durchreise in einen Badeort mit einem mehrstündigen Aufenthalt in unserm Heim erfreuen! Am aufge regtesten war auch diesmal, wie immer in ähnlichen Fällen, meine Frau, da sie ihre ganze Hausfrauenehre darein setzt, ihre Gäste so gut aufzunehmen, daß sie sich bei ihr wohlfühlen. Meine Mah nungen zur Ruhe helfen in dieser Be ziehung zumeist gar nichts, und so hielt ich ihr auch jetzt vergebens eine Stand rede, die in der bescheidenen Frage gipfelte: , Wenn Du Dich jetzt schon so auf regst, wenn Onkel und Tante kommen, was willst Du erst in einem Falle thun, wenn der Kaiser in Person oder irgend ein Minister Dich erst mit seinem Besuch begnadet; mehr könntest Du Dich jeden falls auch nicht aufregen!" Doch wie gesagt, dieses so klare Ar gument verfing bei meiner Frau gar nicht, vielleicht weil sie sich unserer mangelhaften Beziehungen zum Hof zu sicher bewußt ist, um auf derartige Eventualitäten Rückficht zu nehmen! Nun also, die Stunde nahte, und sie erschienen pünktlich, wie erwartet. Nach dem die ersten stürmischen Wiedersehens scenen absolvirt waren, überreichten sie, wie das Mädchen aus der Fremde, je dem von uns eine Gabe, und wenn diese Gaben nicht durchweg von demsel ben zarten, duftig-poetischen Hauch um flössen woren, wie die des oben erwähn ten Mädchens, so lag das zum Theil in der Natur der Sache. So z. B. weiß ledes Kind, daß Rügenwalde außer den Produktion anderer Räuchcrwaaren auch vorzüglich diejenige von Räucher- lachsen am Herzen liegt, und so wird man sich weiter nicht wundern, wenn ich berichte, daß Tante Hannchen mei ner Frau bei der Vertheilung der Gaben ein großes Packet mit einem Räucherlachs sanft in ihre beschämt herabsinkenden Arme drückte. Es war ein Exemplar dieser Gattung, bei dessen Anblick uns Binnenländern, die nur selten mit Räucherthieren auch nur annähernd ähnlicher Qualität gesegnet sind, das Herz, oder lichtiger gesagt, der Magen im Leibe lachen mußte! Leider sollte unsere Bekanntschaft mit dem verheißungsvoll duftenden Pracht exemplar vorläufig nur ganz flüchtiger Natur sein, kaum gegrüßt ge mieden." Meine Frau besitzt nämlich die sehr schätzenswerthe Eigenschaft, in ihrer Zerstreutheit Sachen so gründlich zu verwahren, daß sie sich überhaupt nicht mehr wiederfindeu lassen, und so ver fuhr sie denn auch an jenem ereiqniß reichen Tage, an dem sie. wie schon vorher erwähnt, für derartige Genie streiche besonders inspirirt war. Als Onkel und Tante bereits längst der Nordsee zuschwammen, fiel uns plöß lich der Lachs ein, und ich erkundigte mich mit Interesse nach seinem Ver bleib. Meine Frau klingelte nach dem Mädchen. Minna, bringen Sie doch einmal das Packet herein, das im Eissvind liegt." Gnädige Frau, da liegt kein Packet." .Ach, natürlich liegt es da, ich habe es doch selbst hingelegt, sehen Sie nur ordentlich nach." Aber wirklich, hier liegt nichts." Acrgerlich erhob sich meine Frau, um hinauszugehen, aber nach wenigen Minuten wieder unverrichteter Sache zurückzukehrend , Mir fällt jetzt ein," bekannte sie be schämt, daß ich den Lachs irgendwo verwahrt habe, aber wo war es doch gleich? Habt Ihr ihn etwa versteckt?" entfuhr es ihr dann plötzlich, wobei sie erleichtert aufathmete, doch auch im sel- No. 34. ben Moment im Hinblick auf unsere, tiefen Ernst ausdrückenden Gesichter. diese Verdächtigung muthlos wieder fallen ließ. Es wird mir ja sofort einsallen, wo ich ihn verwahrt habe. iaii mir nur ein wenig Ruhe, meine Gedanken zu sammeln. Wenn Ihr nicht so ichrecktich gelärmt und getodt hättet, würde mir das überhaupt nie passtrt sein." Und so rieth und überlegte sie hin und her. und wir afsistirten natürlich hülfsbereit. Von Zeit zu Zeit glaubte meine Frau dann immer einen lichten Moment zu haben und sich ganz genau zu erinnern, daß sie ihn an diesem und an keinem anderen Ort verwahrt hatte. und jedesmal nel ihr dann, wenn der Erfolg gleich Null war. sofort ein anderer Ort ein. auf den sie doch, wie sie meinte, gleich hätte kommen müssen Ä?ayreno des Aathens suchten wir auch selbstverständlich. Zu unserer Kolonne der Sucher stießen nach und nach außer unseren vier Rangen noch zwei von deren Schulfreunden resp, -freundinnen, sowie ein Neffe und eine zu Besuch erscheinende Flurnachbann Alle zusammen schlugen nun unaufhör lich Orte vor. die wir noch absuchen tonnten, und das waren oft Verhält Nisse und Räume, die sich schon ihrer Dimension nach absolut ungeeignet zur Annahme des uchobiekts erweisen mußten. So suchte mein Neffe unter Beihilfe meiner Herren Söhne eifrigst im Aicyvecher, hinter einem kleinen Wandtcller und unterm Glühlichtcylin der. wobei sie zur großen Qual für meine Frau jedesmal einen freudigen Schrei ertönen ließen, um sie glauben zu machen, daß der ersehnte Gegenstand in Sicht fei. Schließlich warf ich alle hinaus, bis auf die theilnehmende Flurnachbarin. Diese Danie, die zum Polizei-Detectiv die überraschendste Qualitäten bereits in früheren Fällen entwickelt hatte, warf plötzlich die Möglichkeit in die Waagschale, daß der Lachs gestohlen sein könnte. Eine Beleuchtung der Sachlage, die zwar verblüffend, aber nicht unwahrscheinlich war! Bald hatte sie auch vermöge ihres durchdrin genden Scharfsinns einen scheinbar un umstößlichen Beweis gegen Frau Lemke, unsere bis dato für so brav gehaltene Waschfrau konftruirt. Frau Lemke hatte an dem Unglückstage bei uns ge wdschen. sie war mehrfach in der Woh nung gewesen, nur sie konnte den Lachs entführt haben! Nach und nach entwickelte sich der Verdacht durch die bewundernswerth logischen Schlüsse der beiden Damen zu sonnenheller Gewißheit! Es konnte gar nicht anders sein! Die Frau war beim Anblick des Lachfes eben der Versuchung erlegen, was um fo leichter zu begreifen war, als derartige Delikatessen aus ihrem häuslichen Menu wohl nicht allzu or, nguriren ourrleni Am liebsten wären die Beiden ja nun zur sofortigen Haussuchung bei der fo arg verdächtigten Waschfrau ge schritten, doch da legte ich mich nun wirksam in'S Mittel! Es kostete mich zwar nicht wenig Mühe, die Unterneh mungslust der beiden Damen ein zudümmen und sie davon zu überzeugen, daß sie als Privatpersonen zu einem solchen Schritte gar kein Recht hätten, sondern sich erst mit der Polizei in Ver bindung fetzen müßten. Aber auch die darauf durch die Polizei veranlaßten Erkundigungen brachten keine Klärung des traurigen Falles, denn zur großen ich muß es leider gestehen Ent täuschung meiner Frau fielen sie un gewöhnlich günstig aus, nicht nur für Frau Lemke selbst, die in ihrer vielfeiti gen Tugend dem seligen Chamiffo für feine alte Waschfrau" Modell hätte sitzen können, fondern auch für ihre ge fammte ungewöhnlich unbescholtene Familie! Keine mitfühlende Hausfrau wird es aber unbegreiflich finden, daß der Lachs meiner Frau trotzdem nicht aus dem Kopf wollte;" sie wurde bei dem be ständigen Kopfzerbrechen darüber, welch' Ende wohl der Lachs genommen haben mochte, ganz melancholisch, und fuhr um's Morgenroth nicht selten aus so schweren, abdrückenden Träumen auf, daß man glauben konnte, sie habe ihn den Abend vorher verschlungen, wäh rend ich ihn nun längst wirklich im Magen hatte! Für die Tagesstunden hatte ich über Haupt schon einen Ukas erlassen müssen, daß niemand im Hause bei Todesstrafe das Wort Lachs" in den Mund neh men dürfe, ja selbst Gespräche über lachsfarbene Seidenstoffe ic. waren ver pönt! Schließlich griff ich auch noch zu dem letzten Beruhigungsmittel ich schickte meine Frau in's Bad mit der Weisung, dort Lethe zu trinken. Sie schien meine Weisung auch prompt befolgt zu haben, denn sie kehrte zurück erfrischt und munter, wie vor der unglückliche!: 2zi:,iciairt, die wir nun endi'iltig in daZ Reich der Ver gcsicnhcit gesunken wähnten! So schwand der Schmer und der Herbst, bis sich die ersten kalten Tage bemerkbar machten und man. wenn auch widerwillig, beginnt die Ocfen zu heizen! Die bewohnten Räume werden natürlich täglich geheizt; der Salon" nur selten aus Sparsamkeitsgründen. Aber heute erwarten wir ein paar Gäste zum Abendbrod, da muß auch wieder einmal nach langer Paule der Salon geheizt werden! Wir batten Vormittags noch einige Einkäufe gemacht und bei unserer Rückkehr kaum die Entreethür geöffnet. als uns ein abscheulicher Qualm und Brandgeruch entgegenströmte, den wir zunächst als aus der Küche herrührend glaubten. Als sich dieser Verdacht aber nicht bestätigte, durcheilten wir die ein zelnen Zimmer, die alle mehr oder weniger von dem gräßlichen Brand grnich angefüllt waren und fanden end lich den Salon als den Urfprungsort desselben heraus. Vor dem Ofen dort kniete unser Mädchen und war bcschäf tigt, das dort vor einer Stunde etwa entzündete Feuer wieder auszulöschen, um dem aus dem Ofenloch eindringen den, dicken Qualm Einhalt zu thun. Sie holte die fast verglühten Kohlen stücke heraus und stieß dabei zu unser aller Entsetzen plötzlich ganz hinten auf einen langen, fast verkohlten Gegen stand, den wir nach seiner Form und einigen untrüglichen Merkmalen für Auge und Nase, als unsern schmerz lich vermißten Lachs wiedererkannten! Unter solchen Umständen sollten wir also ein Wiedersehen, oder vielmehr ein Wiederriechen feiern! Meine Frau war ob dieser Erkenntniß fast zur Bildfäule erstarrt; wie ohnmächtig vor Be schämung sank sie vor dem Ofen nie der. Herz und ohrenzerreißend waren nun ihre Selbstanklagen! Oh, wie hatte sie doch nur so vergeßlich, so bodenlos vergeßlich sein können! Sie selbst hatte ja den Lachs nach einem alten, erprobten Rezept, im Sommer Räuchersachen aufzubewahren, tief in die Ofenhöhle geschoben. oh. sie hätte ich ohrfeigen können, wenn das nur etwas genutzt hätte! Und dann die arme, grundlos verdächtigte Wasch rau! Dem Mädchen war kein Vorwurf zu machen, denn die Höhlung lag tief unten und war ziemlich eng. so daß man ihn nur schwer entdecken konnte! Das wußte sie, darüber würde sie nie hinwegkommen! Aber Mama," versuchte einer unse rer aus der Schule heimgekehrten Ran gen die Trostlose zu trösten, ich weiß gar nicht was Du willst: Jetzt ist er doch wirklich erst ein Räucherlachs". in Unhöflicher bei Hof. Am Jftofe des KSnmS Kriedrick Mil, beim d?s Ni?rt?n tinn Nr?lik?n rfAicn zuweilen bei besonders festlichen Ge legenheiten der General a. D. Hans Edler zu Puttlitz, der Vater des Dich lers isunav zu Putltitz. Wer alte Herr mar allgemein aesürcktet weaen seiner sarkastischen Bemerkungen, mit denen er Niemanden verpönte. Bei einer großen Soiree im königlichen Schlosse trat der König, als er Cercle hielt, auch an den General Puttlitz heran mir den Worten: Wie geht es Ihnen, mein lieber Puttlitz?" Ich danke Euer Majestät für die gnädige Nachfrage," erwiderte der General nach den ..M. N. N". seit-: dem aber Euer Majestät höchstseeliger Herr Baler die Gnade gehabt hat. uns die Hälfte von unserem Seniorate ein zuziehen, muß ich mich sehr einfchrSn--ken." Der König setzte darauf, ohne eine weitere Frage zu thun, seinen Rundgang fort. .- Bei Gelegenheit der Vermählung der Prinzessin Stefanie, der ältesten Toch- , ter des Fürsten Karl Anton von Hohen-zollern-Sigmaringen, mit dem Könige Don Luis von Portugal, hatte dieser dem Oberfthofceremonienmeister am preußischen Hofe, Freiherrn v. Still-fried-Rattowitz. den Titel eines Grafen von Alcantara verliehen. Baron Still fried erfreute sich keineswegs besonderer Beliebtheit bei der Hofgesellschaft und, hatte viele Feinde. Als kurze Zeit nach jener Vermählung, der General Puttlitz. wieder an , einem Feste bei Hofe theil nahm, hatte er sich ermüdet in einem. Fauteuil niedergelassen, wozu er ein, für allemal wegen seines hohen Alters vom Könige besonders die Erlaubniß erhalten. Gleich darauf trat der Oberst hofceremonienmcistcr heran, um ihn zu begrüßen. Der General begann sofort mit den Augen zu blinzeln, als ob er nicht deutlich sehen könne, was er stets zu thun pflegte, wenn er Jemanden mit einer malitiösen Bemerkung beglücken wollte. Nach kurzer, außerordentlich höflicher Unterhaltung fragte Puttlitz in artigem Tone: Mit wem habe ich denn die Ehre?" Ich bin der Graf von Alcantara. Excellenz," lautete die Antwort. Ach! das freut mich sehr, mein lieber Herr Graf," erwiderte der Gene ral unter lebhaftem Augenblinzeln. nach der Stimme zu urtheilen glaubte ich anfänglich, es sei der alte eklige Stillfried!" Man kann sich das ver blüffte Gesicht vorstellen, das der Herr Obersthofceremonienmeister machte, während die Umstebenden ' nur mit Mühe ein lautes Gelächter unterdrücken lonnicn. Sich dumm stellen bringt oft weiter, als sich gescheidt zeigen.