Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, January 04, 1900, Image 10

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    3n der slvcsternacht.
Irin Bild aus b.nn Lkbk von A. Cnmann.
TaS Tinkr war vorüber, und die
beiden Herren, welche als Oiafle daran
tbeilaenommen. hatten sich bereits der
abschiedet zur sichtlichen Erleichterung
der schönen jungen Hausfrau, die sich
nach ihrem Weggang müde in dem der
aoldeten. amerikanischen Echaukelftuhl
neben dem flackernden Kaminfeuer
niedersinken ließ.
.Hoffentlich wird eS heute Abend
lustiger, werden, als eS bei diesem
Mittagessen war.- sagte sie mit einem
nur halb unterdrückten Gähnen. Was
für langweilige Besucher haft Du mir
in'S HauS gebracht, lieber Walter!"
Derjenige, an den im Ton eines
sanften VorwurfZ diese Worte gerichtet
waren, hielt in seiner nervösen Wan
derung durch daS prächtig ausgestattete
Zimmer inne und erwiderte nicht ohne
einen Anflug von Gereiztheit:
Es sind Geschäftsfreunde, denen ich
diese Rücksicht schuldig war. Elfriede!
Wenn sie wirklich nicht ganz so unter
haltend sind als die Müßiggänger und
Gecken, die stets über einen unerschöpf
lichen Vorrats) von artigen Redens
arten verfügen, so haben sie darum doch
nicht weniger Anspruch darauf, von
uns freundlich behandelt zu werden.
Denn es sind rechtschaffene, tüchtige
Männer, deren VerKauen mir tausend
mal werthvoller ist. als alle die hohlen
Phrasen unserer sogenannten guten
Freunde."
Die junge Frau hatte ganz erstaunt
ihr blondes Köpfchen nach dem Sprechen
den umgewendet, daö' gedämpfte, röth
liche Licht eipe' Hohen Säulenlampe
siel 'völl'dus ihr liebliches Gesichtchen
und auf den feinen Hals, der elfenbein
weiß aus dein eleganten Kleide hervor
leuchtete.
Mein Gott, ich dachte ja auch gar
nicht daran, ihnen zu nahe zu treten.
Hätte ich gewußt, daß meine harmlose
Bemerkung Dich verletzen könnte, so
würde ich sie gewiß für mich behalten
haben. Aber sage' doch. Liebster
in welcher Toilette möchtest Du mich
heute Abend sehen?"
Mit einem bezaubernden Lächeln sah
sie zu ihrem Gatten auf, der sich
anschickte, seinen maßlosen Spaziergang
über den weichen Smyrnateppich fort
zusetzen und der ihr dabei eben ganz
nahe gekommen war. Er war ein
hübscher, stattlicher Mann von etwa
fünfunddreißig Jahren, und seine
Erscheinung würde den Eindruck kraft
voller Gesundheit hervorgebracht haben,
wenn in seinem Gesicht nicht einige
Linien gewesen wären, die von starker
Ucberarbeitung oder von hochgradigen
seelischen Erregungen zu zeugen schienen.
Als sein Blick jetzt über das berückend
schöne Weib hinstreifte, das er seit zwei
Jahren sein nennen durfte, wich der
eben noch sehr erregte Ausdruck seines
Antlitzes freilich einem beglückten
Löcheln, und indem er sich über sie
herabneiqte. sagte r zärtlich.
Ich will mich überraschen lassen.
mein Liebling. Weiß ich doch, daß
Du allezeit reizend bist, wie auch immer
Du Dich kleiden magst! Aber Du wirst
mir heute schon ein kleines Opfer
bringen müssen, Schatz! Ich bin leider
mcht im Stande, Dich schon um neun
Uhr auf den Sylvcsterball Deines Bru
dcrs zu führen."
Und weshalb nicht, mein Freund?
Ist denn etwas Besonderes vorgefallen,
das Dich daran hindert?"
Der junge Banquier vermied es,
seiner Gattin in die Augen zu sehen,
während er merklich verlegen erwiderte:
Nicht gerade etwas Besonderes,
Aber ti ist unumgänglich nothwendig,
daß ich noch einmal in's Geschäft fahre,
und ich weiß nicht, wie lange die Arbeit
mich dort festhalten wird."
Dje Arbeit? Heut' am Sylvester
abend? Ja, gehen die Buchhalter
und Kassirer heute nicht wie sonst schon
um sechs Uhr nach Hause?"
, Allerdings! Aber gerade am letzten
Tage des Jahns giebt es für den
Chef eines Bankhauses mancherlei zu
thun, das eben nur von ihm allein
erledigt werden kann. Ich vermag Dir
das nicht so haarklein auseinander
zusetzen, liebes Kind, denn von diesen
Dingen verstehst Du ja doch nichts, und
sie sind viel zu uninteressant, als daß
ich Dich mit einem langen Vortrag
darüber ermüden möchte. Natürlich
werde ich mich nach Möglichkeit beeilen.
Noch vor Mitternacht hoffe ich nach
Hause, zurückzukehren und mich für den
Ball umkleiden zu können. Es wird
'Dir unterdessen inmitten einer ganzen
Schaar von Freundinnen an Unter
Haltung gewiß nicht fehlen."
Wie ein Schatten schmerzlicher Ent
täuschung hatte es sich über das strah
lende Gesicht der jungen Frau gelegt.
.Wenn es nicht anders sein kann.
werde ich mich natürlich Deinem Willen
fügen." sagte sie leise. Aber Du wirst
es möglich machen, daß wir wenigstens
die erste Stunde des neuen Jahres
gemeinsam verleben, nicht wahr? Willst
Du mir das versprechen?"
Nach seinen Mienen zu urtheilen,
hatte Walter Ncuhoff jedenfalls eine
andere Antwort erwartet. Er preßte
für einen Moment die Lippen zusammen
und versetzte in auffallend verändertem,
kühlerem Ton:
Gewiß! Ich werde Dich nicht der
Gefahr aussetzen, allerlei ironische
Fragen nach dem Verbleib Deines
Mannes beantworten zu müssen. Und
Du kannst Dir ja denken, wie ich mich
nach Deines Bruders ausgezeichneten!
Champagner und nach seinen Cigarren
sehne."
Er aina ,ur Thür: doch ein Zuru
seiner Frau veranlaßte ihn, auf selbem
Wege noch einmal stehen zu bleiben.
Beraied mir, wenn ich eine unge
schickte kflae tbue." saate sie. .Ader
eS sind doch nicht etwa unangenehme
Dinge, welche selbst an einem solchen
Tage Deine Anwesenheit im Geschäft
nothwendig machen?"
Um die Lippen des Banquiers zuckte
eS wie ein bittere? Lächeln.
Durchaus nicht, liebe Elfriedc!
Laß Dich uraS Himmclswillen nicht
durch derartige Ereignisse m Deinem
Vergnügen stören. ES wäre um so
zweckloser, als Tu mir ja doch nicht
helfen könntest, wenn mir wirklich em
mal etwas Unangenehmes begegnen
sollte. Die Sorgen eines Geschälte
manneS find eben keine Toilettensov
gen, mein Kind! Auf Wiedersehen
also und noch einmal: Viel Ver
gnügen!"
Er verließ, ohne ihre Antwort ab,
'zuwarten. daS Zimmer, hüllte ich in
feinen Pelz und stieg mit langsamen.
schweren Schritten die Treppe hinab.
um den Weg nach seinem ziemlich weit
entfernten Geschäftslokal einzuschlagen
Draußen herrschte grimmige Kälte.
und e,n scharfer, schneidender Wind.
der Millionen feiner Eisnadeln mit sich
zu führen schien, schlug ihm in 3 Ge
sicht. Trotzdem bestieg Neuhoff heute
nicht wie sonn eine der an der Straßen
ecke haltenden Droschken erster Klasse.
sondern legte den langen Weg durch die
bei dem abscheulichen Wetter fast ganz
menschenleeren Straßen zu Fuß zurück
Auf seinem Gesichte war jetzt wieder
ein tiefer, fast düsterer Ernst, und die
scharfen Linien einer hochgradigen Ab
spannung traten darin noch ungleich
deutlicher zu Tage als vorhin.
'cylungsvou erwiderten Die jungen
eute im ontor den Grutz ihres Chefs
In der auffälligen Emsigkeit, mit wel
cher die meisten von ihnen dabei ihre
Federn über das Papier hinfliegen
ließen, offenbarte sich etwas wie schlech
tes Gewissen. Die Sylvesterstimmung
steckte eben heute vom ersten Kassirer
bis zum jüngsten Lehrling Allen in den
Gliedern, und sicherlich war auch an
keinem Tage des ganzen Jahres minder
gut gearbeitet worden als an diesem.
evr v i iv " r w
Walter 'Aeuyoff Wien indessen zur
großen Erleichterung des Schuld
bewußten nicht gesonnen, eine hochnoth
peinliche Untersuchung einzustellen. Er
zog sich sogleich in sein Privatkabinet
zurück und rief durch ein Glockenzeichen
den Disponenten zu sich hinein, mit
dem er eine lange Unterredung unter
vier Augen hatte. Kurz vor sechs Uhr
wurden ihm dann wie immer die Briefe
zur Unterschrift vorgelegt, und die
Buchhalter waren im Stillen nicht
wenig erstaunt, daß ihr Chef ganz
gegen seine Gewohnheit, heute nicht die
geringsten Ausstellungen . an ihren
schriftstellerischen Erzeugnissen zu
machen hatte. Dabei fiel ihnen durch-
vrg cni imiKoji, uligcgrisiencs Aus
sehen auf, und sie tauschten, als die
Glasthür des Kabincts sich wieder hin
tcr ihnen geschlossen hatte, unter ein
ander die Befürchtung aus daß Herr
Neuhoff sich im Beginn einer ernsten
Erkrankung befinden mochte.
Natürlich wurden sie durch diese Be
sorgniß nicht verhindert, den Schlag
der sechsten Stunde mit neuem unter
drücktem Jubel zu begrüßen und sich
mit einer Eilfertigkeit zum Aufbruch zu
rüsten, die zu ihrem früher bewiesenen
Arbeitseifer eigentlich in einem sehr
auffälligen Gegensatz stand.
Eine Viertelstunde später befand sich
da er auch den Contordiener nach
Hause geschickt hatte Walter Neuhoff
mutterseelenallein in den weiten Räu
men. in denen nur noch die beiden
Gasflammen über dem Pult des Kas
sirers an dem großen eisernen Geld
spinde brannten.
An diesem Pult, auf welchem jetzt
eine Anzahl der mächtigen Geschäfts
bücher lagen, hatte der Banquier Platz
genommen, und er vertiefte sich da in
eine Arbeit, die für ihn sicherlich keine
erheiternde und erfreuliche war. Die
dunkle Wolke auf seinem Antlitz
wenigstens schien von Viertelstunde zu
Viertelstunde finsterer zu werden
immer häufiger hob sich, ihm selber
vielleicht unbewußt, in schweren Seuf
zern seine Brust, und wenn fast
unerwartet einer feiner guten Bekann
ten eingetreten wäre, würde er sicherlich
die Wahrnehmung gemacht haben, daß
Walter Neuhoff dem Ausfehen nach
innerhalb vierundzwanzig Stunden
um Jahre gealtert ist.
Und Stunde um Stunde verrann,
ohne daß er des Fluges der Minuten
I .... i. i . j. i . a . . . r. Q cw..o
Acht hatte, knisternd wendeten sich unter
seinen bebenden Fingern die mit lan
gen Zahlenreihen beschriebenen Blät
ter, und je größer die Ziffern wurden,
die er sich mit hastender Feder auf
einem weißen Bogen notirte, desto häu
figer traten große Schweißtropfen auf
seine Stirn, obwohl in dem weiten,
leeren Raume allgemach eine empfind
liche Kühle zu herrschen begann.
Nun hatte er einen dicken Strich ge
zogen und wohl ' eine Viertelstunde
lang emsig gerechnet. Als die Zahl,
welche das Ergebniß dieser Rechnung
darstellte, auf dem Papier stand, ent
glitt die Feder seiner Hand, die Arme
fielen schlaff herab und sein Haupt
sank tief auf die Brust. Ein Laut
gleich einem dumpfen Stöhnen kam'
über seine Lippen, und dann, nachdem
er Minuten lang in dieser Stellung
eine? völlig gebrochenen Menschen ver
harrt, sagte er halblaut vor sich bin:
Kein Zweifel mehr es ist der
Anfang vom Ende der Ansang vom
Ende!"
Unverwandt starrte er mit leerem
Blick auf die furchtbare, unerbittliche
Zahl, bis die Haufen Ziffern vor fei
nen Augen verschwommen und bis an
ihre Stelle allerlei seltsame, rasch wech
selnde Bilder traten Bilder, welche
die Qual dieser stunde in seiner Ev
innerung heraufbeschwur und welche in
ihrer grausamen Deutlichkeit nur dazu
angethan waren, ihn den schrecklichen
Ernst seiner Lage noch tiefer und
schmerzlicher empfinden zu lassen.
Da zogen sie an seinem Geiste vor
über, alle die üppigen, glänzenden
Feste, deren Schauplatz während dieser
letzten zwei Jähre sein allezeit offenes
HauS gewesen war da sah er sie vor
sich, alle die blinkenden Geschmeide und
Kostbarkeiten, mn denen er seit dem
Tage ihres Verlöbnisses fein schönes.
strahlendes, vielbewundertes Weib
immer auf's Neue geschmückt hätte.
Da schien es ihm aus allen Winkeln
deS unheimlich großen, halbdunkeln
Raumes höhnend; und strafend zuzu
raunen!
Verschwender! Unsinniger, leicht
fertiger Verschwender! Wenn Du jetzt
zu Grunde gehst, so gehst Du zu Grunde
um der thörichten Vergnügungssucht
Deines Weibes willen. Sie allein ist
es. für die Du Dich ruinirt hast. Und
um welchen Lohn?"
Er grub die Zähne tief in die Unter
lippe und das Blut, stieg ihm in die
Wangen wie in heißer Scham, daß es
sich vergegenwärtigt, daß sie kaum
jemals einen beglückten Jubelruf oder
auch nur ein überzeugend herzliches
Wort des Dankes gehabt hatte, wie sie
durch keines seiner kostspieligen Geschenke
überrascht worden war oder wenn er
ihr ein neues, verschwenderisches Ver
gnügen bereitet hatte. Freilich, er er
innerte sich auch nicht, daß sie ihn
jemals um irgend etwas von alledem
gebeten hätte oder daß auch nur aus
einer leisen Andeutung der Wunsch er
lcnnvar geworden wäre, etwas davon
zu besitzen. Aber es war ihn von jeher
als selbstverständlich erschienen, daß ihr
Begehren auf die Freuden und Unan
nchmlichkeiten des Lebens gerechnet sei.
Sie war ,a o jung und so schön!
Vielleicht, wenn er jetzt die Enerare
besaß, ihr zu sagen, daß es so nickt wei-
tergehen könne, wenn er ,hr vorstellte.
dak es eine Pflicht sei. sich emzuschrän
ken und alle unnöthigen Ausgaben zu
vermeiden vielleicht war eS dann noch
jetzt nicht unmöglich, durch unermüd-
liche, rastlose Anstrengung das arg he
drohte Schifflein feines Lebens vor dem
Untergange zu bewahren, vielleicht!
Aber die Voraussetzung war eben eine
Unmöglichkeit. Er würde niemals den
Muth haben, so zu ihr zu sprechen
niemals; denn er wurde es nicht ertra
gen können,' , ihre niedergeschlagene
Miene zu sehen und das vorwurfsvolle
lagen anzuhören, mit denen- er dann
gewiß vom Morgen bis zum Abend
überschüttet werden würde.
Nein, sie sollte sorglos und glücklich
bleiben, so lange es möglich war.
Mochte das Verderben immerhin seinen
Gang nehmen, das aufzuhalten er zu
chwach war. Wenn dann die Kata
strophe sich nicht mehr hinaus zögern
ließ, wenn die Stunde da war. da
Alles zusammenbrechen mußte, dann
nun dann war immer noch Zeit genug,
sich mit Hülfe eines gut gezielten
Pistolenschusses hinwegzuftüchten in ein
Land, bis zu dem weder ihre Klagen,
noch ihre Vorwürfe dringen würden.
Er hatte die Arme auf die Pultkante
gelegt und sein Haupt sank schwer
darauf nieder. Wie unterdrücktes
Schluchzen erschütterte es seinen Körper.
Da plötzlich sein Herzschlag stockte im
Uebermaß des jähen Schreckens leate
sich sanft und gut etwas Weiches um
einen Rücken, und eine kleine warme
Hand ersuchte sein Haupt zu erheben.
Walter! Mein theurer geliebter
Mann! Darum konntest Du also nicht
auf den Ball gehen darum!"
Elfnede Du!"
Er fuhr empor und starrte sie an
gleich einer Erscheinung aus einer an-
deren Welt. Sie war nicht in dem
Kleide, das sie am Mittag getragen
hatte. Ihr Hut und ihr Mantel aber
waren völlig durchnäßt Beweis genug
dafür, daß sie den weiten, nächtlichen
Weg durch Schnee und Wintersturm zu
Fuß zurückgelegt hatte. Ihre zarten
Wangen .waren von der Kälte aerötbct
und in ihren Augen schimmerten große
Thränen. Nie war sie ihrem Gatten
0 hinreißend schön erschienen als in
diesem Augenblick.
Er ivollte zu ihr sprechen, wollte sie
fragen, was dieser nächtige Besuch zu
bedeuten habe; aber nur unzusammen-
yangenve Worte kamen über feine Lip
pen. Da plötzlich, noch ehe er es ver
hindern konnte, glitt Elfriede neben ihn
auf den Fußboden nieder, umschlang
ihn mit beiden Armen und sagte, in
dem sie ihr blondes Köpfchen zärtlich
an seine Seite schmiegte:
Ich bin nicht auf den Ball gegan
gen, und Du bist mir darum nicht böse.
Liebster nicht wahr? Ich habe mich
Dir bisher immer gefügt, wenn Tu
den Wunsch hattest, rauschende Feste zu
geben oder mich auf die Feste Anderer zu
führen. Heute aber faßte ich mir nach
langem Kampfe ein Herz, mich zum
ersten Male gegen Dich aufzulehnen:
denn in der feierlichen Stunde der
Jahreswende wenigstens wolltö ich Dich
sür mich haben Zür mich ganz allein.
:d) habe eine Bitte an Dich eine
große, bedeutsame, herzinnige Bitte.
und ich meinte, ich würde in der ersten
stunde deS neuen
den Muth haben.
nfirfÄ Am fcftn
)uii? u4i ityvvi
sie auszusprechen
Sieh. eS ist doch im Grunde ein recht
thörichtes Leben, das wir da führen
und ich kann mir'S nicht denken
daß die lärmenden Vergnügungen, die
einen so großen Theil unserer Zeit
ausfüllen und unS um die schönsten
Stunden unseres Ehelebens bringen
Dir wirklich wahre und aufrichtige Be
friedigung gewähren. Laß uns doch
einmal den Versuch machen, sie zu ent
bebren. Thu' eS mir zu Liebe, Wal
ter! Ich hoffe, daß es mir gelingen
wird. Dir in unseren traulichen vier
Wänden Alles zu ersetzen, auf daS Du
da draußen verzichtest."
Unfähig, feine stürmische Erregung
laiiger zu bemessen, riß er sich empor
und bedeckte ihr Gesicht mit feurigen
Küssen.
Elfriedc! Geliebte! Ist eS denn
Wirklichkeit, was ich da erlebe! Tu
Du bist es, die einen solchen Wunsch
ansspncht Du, für die allein ich rast
los nach Zerstreuung und Vergnügun
gen gejagt habe, weil ich wähnte,
daß es Dir unentbehrlich sei zu Deinem
Glück."
O, Tu thörichter, kurzsichtiger
Mann," sagte sie, unter Thränen
lächelnd. Nie habe ich eine wirkliche
Freude gehabt an dielen Dingen und
nur um Deinetwillen habe ich Dir bis
heute verborgen, wie wenig das ge-
räuschvoll üppige Dasein meiner inner
sten Herzensneigung entsprach. Nun
aber wird es anders werden nicht
wahr? Die Gewißheit unserer Liede
wird uns köstlichere Freuden bereiten
als alle Feste und Vergnügungen der
großen Welt!"
Wieder fanden ich ihre Kippen zu
einem langen, heißen, brautlichenKune
Draußen auf der Straße aber wurde
es in demselben Moment wunderbar
lebendig.
Prosit Neu ahr! Prosit Neu ahr!"
ertönte es gleichzeitig mit fröhlichem
Klänge aus zahlreichen Kehlen und vcr
wehte Glockenklänge trug der Sturm zu
den einsamen Menschenkindern in dem
halbdunkeln, nüchternen Contorraume
hinauf.
Die Beiden aber umschlangen sich
noch fester, und wenn auch ihre Lippen
stumm blieben, so lebte doch die Gfr
wißheit in ihrem Herzen, daß ihnen
noch nie ein neues Jahr herrlicher und
glückverheißender angebrochen war, al
dieses.
2hn Ramin.
Eine Tizlveslelskizze von H. D i t f e l d.
Es war ein höchst eleganter kleiner
Salon, den jetzigen modernen Anfor
derungcn in hervorragender Weise ent-
sprechend. Da fehlte es nicht an fmuv
naer Teppichen, an den bequemsten und
unbequemsten, in ihrer Art aber rei-
zend originellen Möbeln, an schweren,
faltenreichen Draperien, an Paravents,
Makartbouquets und allerhand Zier
lichkeiten, kurz, an dem ganzen Durch-
einander einer stilvollen" Einrichtung.
Am Kamin war ein besonders behag
liches Plätzchen. Eine elegante Lampe
warf ihr magisches, durch Schleier ge
dämpftes Licht auf die Gegenstände
umher und ließ ihren rosigen Schein
auf das Gesicht der Herrin dieses Ran
mes fallen. Lässig lehnte sie im Schau
kelstuhl, die kleinen Füße gegen das
bronzirte Gitter des Kamins gestützt.
Ab und zu gab sie dem Stuhl eine
wiegende Bewegung, dann knurrte das
schlafende Wachtelhündchen auf ihrem
Schooße und der chinesische Pagode auf
dem Kaminsims nickte mit dem Kopfe.
Sie war nicht mehr in der ersten Ju
geudblüthe, vielleicht Ende der zwan-
ziger Jahre. Auf ihrem blassen, edeln
Gesicht hatte das Leben schmerzliche Er
fahrungen verzeichnet und die schönen
Augen blickten so traurig. Ein alter.
weikköpnger Diener trat jetzt ein. arran
girte neben ihr den eleganten Tbeetifch
und fetzte den Kessel auf die silberne
Spirituslampe. Nur eine Tasse,
Franz," rief ihm die schöne Frau zu.
ich bin allein." Schweigend verbeugte
sich der gut geschulte, langjährige Die-
ner und warf nur beim Hinausgehen
einen theilnehmenden Blick auf die ein
same Frau am Kamin. Sie stützte das
Haupt in die schlanke weiße Hand und
blickte träumerisch in die knisternden
Flammen. Das Wasser im Kessel fing
leise zu brodeln und z'l summen an,
eine melanchotiiche. einförmige Mclo
die. Erzählte sie ihr nicht eine längst
begrabene Geschichte, vielleicht die ihrer
Liebe?
Erhard Erhard sang es in ihren
Ohren und tönte wieder in ihrem Her-
zen. Sie hatten sich in den fchönsten
Tagen der ersten Jugend gekannt und
waren in ge ellichaftlichen Kreiien oft
zusammengekommen.. Damals war er
ein unbemittelter junger Pnvatdocent
an der Universität, sie die einzige Toch-
ter des als reich geltenden Commerzien
raths. Kein Wort von Liebe war zwi-
chcn Beiden gesprochen worden, aber
jeder Blick, jeder Ton der Stimme
verrieth dem Andern das beseligende
Geheimniß ihrer Herzen. Glücklich der
berauschenden Gegenwart lebend, .er
hofften sie von der Zukunft die Erfül
lung ihrer sehnsüchtigen Wünsche. Da
fiel wie ein Reif in der Frühlings
nacht" ein düsterer Schatten auf die
Glückseligkeit ihres Lebens. Es kam
ein schwerer Tag. an dem der Com
merzienrath seiner schönen Tochter ge
stand, daß er ein pecuniär ruinirter
Mann sei. Name. Ehre, ja sein Leben
auf dem Spiele ständen, wenn sie ihm
n'.cht die rettende Hand reiche. Bankier
Heller, der reichste Mann in der Stadt,
bewerbe sich um sie und hätte ihm Ret
tung, Hülfe ans Schmach und Elend
angeboten, wenn seine Tochter sich ent
schlösse, die Seine zu werden. Bleich,
stumm, erstarrt im Schmerz, hatte
Marianne ihm zugehört, doch bei den
letzten Worten rief sie verzweiflungs
voll: Nur der nicht. Bater. entbehren
darben will ich mit Dir. arbeiten für
Dich und mich, nur diesen Mann nicht
hcirathen. den ich aus ganzer Seele
verachten lernte." Da erinnerte sie ihr
Bater an Rlndespflichten und OpfkD
Willigkeit, und der innerlich gebrochene
Mann flehte sie aus den Knieen um
Erbarmen an, bis ein bebendes, ton
loses Ja" von ihren bleichen, schmerz
lich zuckenden Lippen tönte. Sie hörte
nicht mehr die stürmischen Dankes und
Liebesworte, fühlte nicht den zärtlichen
ujz aus lyrcr Stirn, ie hörte nur
auf die Stimme in ihrem Herzen, die
da rief: Verkauft, verkauft!" Au
dem glänzenden Sylvcsterball im eige
nen Hanse verkündete der Commerzien
rath die Verlobung seiner Tochter, und
die ihr von allen Seiten zu Theil wer
dendeü Gratulationen zum neuen Jahre
vereinten sich mit denen für ihr zu
künftiges Glück. Mechanisch erwiderte
sie die Händcdrücke und verständnißlos
hörte sie auf die Redensarten und
Glückwünsche der sie umgebenden
Menge. Ihre Blicke suchten nur die
eine hohe Gestalt, die dort an einer
Säule lehnte und deren Augen traurig
zu ihr hinUbersahen.
Jahre waren seit diesem für ihr Le
bensglück so entscheidenden Sylvester
abend vergangen. Erhard hatte bald
darauf die Stadt verlassen, um sich
seinen Studien und seiner Wlssenschast
mtt um so grösserem Elfer hinzugeben
Marianne war die reichste, von allen
beneidete Frau der Stadt geworden
Aeußerlich umgab sie Glanz und Reich
thum, innerlich war ihr Leben kalt und
leer an der Seite des engherzigen
egoistischen, nur für das Geschäft und
sein Geld lebenden Gatten. Da machte
der plötzliche Tod des Bankiers diesem
unerträglichen Dasein ein Ende. Die
glänzenden Verhältnisse, in denen sie
auch als Wittwe zurückblieb, ließen ih
Leben in gewohnter Weise verlaufen
und nur ihr Herz athmete befreit von
den drückenden Ketten wieder auf,
Vor Kurzem hatte si- Erhard wieder
gesehen.
Ein ehrender Ruf führte den durch
feine Schriften und Werke berühmt
gewordenen Professor an die Universi
tät der Stadt zurück. Die alte Be
kanntschaft wurde erneuert. Er suchte
Marianne im eigenen Hause auf, und
manche Stunde wurde mit ihr am
Kamin verplaudert. Unbefangen und
heiter war er ihr begegnet. Seine in
tcressantcn Reisen und Arbeiten boten
Stoff genug für ihre gegenseitige Un
tcrhaltung, und wenn auch ihr Herz
im Gedenken an die Vergangenheit oft
zum Zerspringen klopfte, so versuchte
sie doch, ihm theunehmcnd zuzuhören
Keine Erinnerung an damals, kein
Wort, das die Zeit berührte, die so in
haltsreich hinter ihnen lag. kam über
eine Lippen. Hatte er Alles vergessen,
aus feinem Gedächtniß auöqclö cht,
ahnte er nicht, wie viel sie gelitten?
Rechnete er sie vielleicht zu den koketten
Frauen, die mit den heiligsten Empnn
düngen des Herzens spielen? Galt sie
hm nicht mehr als eine interessante.
geistreiche Frau, mit der es lohnte, eine
Erholunqsstunde in anregender Weise
zu verplaudern?
Die schöne Friu am Kamin, in ihre
Gedanken und Erinnerungen versun
en. hatte nicht bemerkt, daß eine ge
räume Zeit verflossen war und daß die
Thurmuhr die neunte Stunde schlug.
l
Da wurde plötzlich die schwere Portiere
zurückgeschoben und Professor Ev
hard" meldete der Diener. Sie erhob
sich, reichte ihm die Hand und lud ihn
ein, lyr gegenüber Platz zu neymen
Verzeihung, gnädige Frau, daß ich
Sie- zu so später Stunde in Ihrer Ein
amkcit störe. Ich ging eben an Ihrem
Haufe vorüber und sah Licht. Da ich
vermuthete, daß Sie auch heute, am
ylvesterabend, wie immer Gäste cm
psiiigen, so vraiigie es inten, der Erste
zu fein, der Ihnen ein glückliches neues
Jahr wünscht." Er sah nicht, wie
ihre schlanke Hand zitterte, als sie ihm
die Theetasse bot, und welch' bleicher
Schatten auf ihrem Antlitz lag. Lebte
denn kein Erinnern in seinem Herzen
an den einen Sylvesterabend, der so
entscheidend für ihr beiderseitiges Leben
worden? vttin," antwortete sie,
ch bin allein; solche Tage, wie der
heutige, sind wohl geeignet, Rückblicke
in die Vergangenheit zu thun und das
verflossene Jahr an unserem geistigen
Auge noch einmal vorüberziehen zu
lassen." Er sah schnell und forschend
zu ihr hin und sagte: Für mich hat
der heutige Tag über meine Zukunft
entschieden und mir eine Nachricht gc
bracht, die in mein Leben auf das Wich-
gste eingreift." Sie say zu lym aus
und blickte in feine erregten Züge.
Darf ich wissen, um was es sich han
dclt, mein Freund?" fragte sie mit
ihrer weichen, melodischen Stimme.
Gewiß, und grade Sie, gnädige Frau,
sollen mir rathen, ob ich dem ver
lockend klingenden Ruf an die Universi
tät der Residenz folgen soll oder nicht?"
In feiner lebendig anregenden Art
schilderte er die neue Stellung, gedachte
er der Bevorzugung, die ihm zu Theil I
cworden. freute sich auf das toteres
znte Leben der Residenz und rcii ein
breich die Stellung für daS Fach
iner Wissenschaft wäre.
Wie Worte ohne Ton und Klang
ang ver Schall an Marianne S Oh
n, aber den Sinn der Sache verstand
j nicht. Sie wußte nur. daß er ging
jio jie nie geiicoi yatte. va ivrraum
in ausgeträumt war. Vergessen über
g csem einen Gedanken war alles An
h ie und trostlos gähnte ihr die ein
ime, lieblose Zukunft entgegen. Bleich
iid kalt lehnte sie in ihrem Stuhl und
gsistcsabwksclid blickte die schönen,
tgrünenvollcn Azigen in die Flammen
ds Kamins. Sie bemerkte in ihren
zirüumereien nicht, daß auch er schon
jZnge schwieg und seine zärtlichen Bljcke
ylrzehrend an ihrem Antlitz hingen.
Plötzlich zu sich kommend strich sie mit
d,r Hand das schwarze Haar aus der
tld geformten Stirn und gleichsam
g,s beantwortete sie erst jetzt die an
folglich an sie gestellte Frage, sagte sie
benähe hart und kalt: Ja. Erhard,
Sie müssen die Stelle annehmen, dem
gflise folgen." Da fühlte sie ihre
Hände stürmisch ergriffen und sah zu
jhftn Füßen den Mann, den ihre Seele
liebte und dessen Antlitz sich dem ihren
zuneigte.
Marianne. Geliebte," sagte er mit
biender. leidenschaftlicher Stimme,
niir dann werde ich dem Rufe folgen,
mcm Du mich begleitest, Du. die Krone
meines Lebens, als mein theures, ange
beides Weib. Oder habe ich mich auch
ylile wieder geirrt wie an jenem un-
scjigen Sylvcsterabend, wo ich die Hoff
ninfl meines Lebens begrub?"
Usern!" rief sie jubelnd. ..dama S
ui,p Kfc habe ich Dich nur geliebt."
:a zog ErYard stürmisch die Geliebte
5.,!.. .u. .... v s: . fi. r v
flnl i1"1 q'clz, uiiu ie rnjnie, jcug
lgcclnd, das schöne Haupt an seine
it. In diesem Augenblicke erklan
von der alten Schloßkirche die er
Schlüge der Mitternacht und kün
i der harrenden Menschheit das
beginnende Jahr. Fester um
ng Erhard die Geliebte, und den
n jkuf! aus ihre Livven drückend.
er: Mögen mit dem alten abre
chatten der Vergangenheit versin-
dem neuen aber, der Zukunft, ein
s rieocn. ein neues reven "
Der dankbare Dackel.
?V.'
meint der Oberförster, unter
en giebt's keine Dankbarkeit
aber unter Dackeln. Schauen
a hab' ich meinen Waldmann
einmal beim Fuchsgraben mit draußen;
er gcKi! mit einer sakrischen Schneid' los
fjirk und gut, der alte Fuchs muß
ihn hjöf erwischt haben, und ich bring
das ixW --hur nimmer aus dem Bau
rauch Wirklich recht verdrossen geh
ich hGis, und geo den braven Burschen
schon 1 zerloren. Da bringt ihn mir
am al'r'n Morgen zu meiner größten
FreuV lem armes Weib, die am Berg
oben
beim
wohnt. Sie hat' ihn am Abend
lolzlescn im Wald draußen ge
so elend, daß er sich nimmer
unde
hat n
citcr schleppen können, hat ihn
aus
Mitleid heimgetragen, verbunden
und ü
jber Nacht in ihrem Bett schlafen
lassen.
Na
's ist gut, ich geb' der Frau ein
Trinkgeld. Der Waldmann
ieder gesund und Niemand denkt
chöne
wird
an die
beschicht'.
Da
st einmal eine Treibjagd und ich
häng'
Keller.
im Abend zwöls a en in den
Am nächsten Morgen geht einer
id so bei der zweiten und dritten
ab. 111
Jagd
ich mir
nieder. Bei der vierten nehm'
mdlich fuchsteufelswild den Vor
atz, d,
n Spitzbuben herauszubringen.
koste,
as will. Ich stell' mich Abends
hinter
nem Holzstoß in der Nähe deS
uf die Lauer. Da, wie's finster
Kellers
stiisinttn', mich trifft der Schlag
' . . rvn . t 5 .,
kommt
icin Waldmann daher, fängt
zu gra
In und zu scharren an, bis er
ein Loc
in dm Keller gegraben hat.
chlüpft!
inein und schleppt bald darauf
den sch
tey Hasen heraus und keucht
linanf. Ich vorsichtig hinter
Wart', Hallunk'," denk' ich
den BcH
drein.
mir,
nn du muten im chönten
Fressen
weich!"
Mt, Prügel' ich dich winde!
.Da was glauben Sie seh'
Jcx Dackel bis zu der Hütte von
ien Wcibcrl laufet, dort den
.iederlegt, mit dem Schweif
ch, wie
dem ar
Hasen
einen
ziag gegen die Thur thut und.
ehe geöf
itt wird, mit einem kreuzvcr-
gnügter
stolzen Gesicht davon rennt.
Haben
ie schon so was von Dankbav
l
keitg
t?"
l
iwl
erste Theaterpferd.
Tje Tra aödie Andromcda" von Cor-
neilld ouii zum erncn Ttai in Paris
sollte
gegebn we
erschMt dc
dieses von
pen (loou). In derselben
1 Pegasus, und man wollte
inem wirklichen Pferde ge
aebcil wissen. Das Thier spielte auch
P . 1 in .sl. A .'1 I : j. . jf. i . t
seine
Rolle vorzüglich, es machte in der
auch wi rklich alle die Bewegungen,
s auf )em festen Lande machte,
s aber recht wild und feurig er
Lu t
die
Um
chciiscn zu lauen, bediente man sich
I , n.l'ZZa CW.. tf r. . r
erneq
ziUNsigrisis. uian ließ es vun
in den Coulisse stand aber ein'
aern
tatkll.
der Hafer schwingen mußte.
Kaur
bemerkte das Pegasus, als er.
von
iyunger aequall, sicy ganz so be
nahn.
ji, wie vT beabsichtigt war. TieS
oll
Zum Gluu oes ramas mir vei
getrci
gen haben. Heutzutage ist der
ins, das Flügelroß deS Dichters,
sehr erbaut, wenn er durch Pferde
Pcga
nicht
ersetz
wird.