Du letzt.' FKsäv'. V ?Iovtllklle von i'harlei .lev. .luisri silik Ntber'ktzunq ron i:!ilb. ! hat. ch war elf bis zwölf Jahre alt. ali mir gegen Ende Oktober der Chevalier von Mauville, ein OjroMiuiibbesititr, dessen Notar mein Vater war. die Cch enoicZ. mich aus eine Woche zu sich aus sein Schloß zu laden. Ich reiste wider willig ad; erstens, weil mir die Woh nung des Chevaliers, eine duftere Burg aus altem Granit, die von kleinen Thürmchcn flankirt wurde, als ein recht unheimlicher Aufenthalt erschien, dann auch, weil der Chevalier, ein großer Mensch mit rauher Sprache und hellen, bösartig funkelnden Augen, mir noch größere Furcht einflößte als das Schloß, in dem er in scheuer Zurückgezogenheit lebte. Ich hatte ihn in der That stets nur bei Tisch oder auf der Jagd ge sehen, wo er wie ein Menschenfresser aß und trank, seine Ticner ausschimpfte, auf die Hasen fluchte und seine Hunde peitschte. Wenn mir das Schloß auf den ersten Eindruck so unheimlich er schien, wie ich eS erwartet hatte, so tuet dagegen der Empfang von Seiten des Herrn von Mauville weit herzlicher, als ich zu hoffen gewagt. " Tie ersten Tage, die mir noch etwas eintönig vorkamen, gingen ohne den geringsten Zwischenfall vorüber. Ter Chevalier jagte, frühstückte dann, jagte wieder, binirte dann, doch ohne seine Hunde allzu sehr zu prügeln und seine Diener allzu sehr zu beschimpfen. Es versteht sich von selbst, daß ich ihn über . allhin und die ganze Zeit über beglei tete. Meine ausnehmende Klugheit in der Handhabung der Feuerwaffen, meine absolute Ünkcnntniß der Jagd ausdrücke lieferten ihm hundertmal täglich die Gelegenheit, mir eine Lei tion zu halten uud mich durch Wissen zu blenden. Seine geschmeichelte Eitel teil unterstützte seine Fröhlichkeit, und Abends, wenn die Tafel abgedeckt war, schliefen wir beide zu gleicher Zeit ein; wir lagen jeder in einem jener großen Fauteuils mit alterthümlicher Tapisse. rie, die an jeder Seite des mit Säulen geschmückten Kamins standen. Am Tage vor meiner Abreise sprach der Chevalier davon, mich noch da be halten zu wollen. Obwohl der Anseilt halt mir weniger peinlich gewesen war, al ich erwartet hatte, so wollte ich doch n' hts davon hören. Ein letzter stür v ,scher Regentag, der so kalt war. daß i in Feuer anzünden mußte, hielt uns )thgedrunqen in den ungeheuren und iisamen Sälen des Schlosses zurück, and mein Heimweg erwachte schnell auf's Neue. Ich erklärte lebhast Herrn Mauville, daß ich wünschte, die Meinen wiederzusehen, und daß er mich ver , pflichten würde, wenn er mich nicht zu rückhielt. Es kam zwar nicht sofort in seinen Manieren zum Borschein, aber ich errieth doch, daß er sich verlebt fühlte. Dieser Grobian war empfindlich. Nach dem der Wirth all' seinen Leuten cie Erlaubniß gegeben, sich schlafen zu le gen, blieb er sitzen und trank mehr, als Mhm zuträglich war. und je weniger leicht er seine Zunge zu meistern ver mochte, desto heftiger verrieth sich sein Groll gegen mich in lebhaften Beiner Zungen. Er begann mir von der Ab geschiedenheit und Einsamkeit seines Schlosses zu erzählen, dann sprach er von dem Halbdunkel des großen Saa les, in dem wir allein an der Tafel sitzen geblieben waren. Endlich machte er auf die späte Stunde aufmerksam und beschrieb die tiefe Einsamkeit des Waldes, in der eben die Stürme heul ten und die Eulen düster krächzten. Ich verlor augenscheinlich die schöne Farbe ein wenig, die mir der Wein verliehen hatte, und bald konnte ich ei-; nen leisen Schauder nicht unterdrücken, dem bald ein zweiter und noch zehn an dere folgten. Und je mehr ich unwill kürlich die Verwirrung blicken ließ, die mir die graulichen Erzählungen meines Wirthes verursachten, desto deutlicher sah ich, wie. entweder aus wahrem Ver gnügen über meine Furcht oder als Resultat seines allzueifrigen Trinkens, seine hellen Augen in boshafter Freude aufleuchteten. He, he. mein junger Freund, Sie scheinen sich unbehaglich zu fühlen." bemerkte der Chevalier ohne das ge ringste Mitleid. Trinken Sie doch noch ein bischen von diesem leichten Burgunder; das wird Ihnen wieder Herz und Farbe geben!" Ich nahm an. denn ich mußte mir wirklich etwas Muth machen. Dann lobte ich, um ihn von seinen gräßlichen Spukgeschichten abzubringen, seinen Burgunder in auffälliger Weise. Doch Ich glaube, der Chevalier, der diese kleine List durchschaute, ließ sich dadurch von seinem Thema nicht abbringen, .und ob er mich nun noch tüchtiger myftifiziren wollte, oder ob wirklich eine tragische Erinnerung ihm durch den Kopf schoß, jedenfalls wurde er plötzlich düster, sah sich mißtrauisch um und murmelte dann mit seltsamer Stimme: .Ja. allerdings; der Wein ist nicht schlecht; doch ich habe in meinen Kellern in deinem nur mir allein bekannten Versteck einen leichten kleinen Volnay, der jetzt nach so langer Zeit herrlich, köstlich schmecken muß." Er schien zu zögern, dann fuhr er mit noch leiserer Stimme fort: Ich will Ihnen davon zu kosten ge- den' aber ich kann ihn nicht ganz allein holen, und der kleine Mann, den ich mitnehmen möchte, hat jeden falls zu große Furcht, um sich auf den Beinen zu hallen?" Der Jahrgang 20. Aufrichtig gestanden fürchtete ich weit mehr, allein in dem großen Saale zu bleiben, als ihn zu begleiten. Ich er klärte also, ich würde ihm gern folgen. Wieder zuckte es in seinem Auge auf. und ich erkannte, daß ich unwillkürlich in eine Falle gerathen war. Er erhob sich, blies die Lichter des Leuchters auS und ging mit leisen Schritten nach der Küche, wo er eine Blendlaterne anzün bete, die ich tragen sollte. Er führte mich dann ebenso leise und scheu in eine Art Keller, wo er eine Schaufel holte Wir stiegen mit denselben unerklärlichen Vorsichtsmaßregeln in die geräumigen Kellergebäude des Schlaffes, wo wir mehrere niedrige Sale durchschritten. Eine tödtliche Kälte fiel von der Wöl bung auf unsere Schultern hernieder. und die Laterne, die in meiner Hand immer heftiger hin und herschwankte, beleuchtete nur sehr unvollkommen die düstere Tiefe dieser Räume. Der Chevalier blieb erst vor einer schmalen Thür stehen, die in die Mauer wand des abgelegensten Kellers einge laffen war. Endlich zog er aus seiner Tasche einen großen verrosteten Schlus- sei : die Thür knarrte in ihren Angeln. öffnete sich und wurde wieder vorsichtig geschloen. Ter Chevalier ergriff den Spaten, und nachdem er rechts und links gemes- sen, begann er die schwarze und weiche Erde des Keller? aufzugraben. Das Loch wurde bald sehr tief. Nun ließ Herr v. Mauville die Schaufel fallen, stieg in die Grube, bückte sich, durch- suchte die aufgeworfene Erde mit seinen eigenen Händen und zog mehrere kleine Stücke von weißlicher Farbe hervor, in denen ich zitternd Knochen zu erkennen glaubte. Dann erstickte er fast in dem selben Augenblick einen Freudenschrei, sprang aus dem Loche und zeigte mir triumphirend eine Flasche von alter Form, an deren Hals ein gezähnter Gegenstand von ebenfalls weißer Farbe hing, der, ich konnte keinen anderen Vergleich finden, einem Gebiß ähnlich sah. Der Chevalier vertraute mir die Flasche während der Zeit an. die er brauchte, um die Grube wieder zuzu schütten. Als dies geschehen war. ver ließen wir den eisigkalten Keller, durch schritten wieder die düsteren Gewölbe, und ich sah mich nicht ohne einen Seuf- zer der Erleichterung in dem Speisesaal wieder. Mein Wirth stellte die Laterne wieder auf den Tisch und entkorkte die be rühmte Flasche. Wir stießen an, tran kcn dann, oder vielmehr er trank, denn ich war von alle dem, was wir gethan, so aufgeregt, daß ich den Wein nicht hinunterzubringen vermochte. Ausgezeichnet, nicht wahr ? welche Kraft, welches ausgezeichnete Aroma!" rief der Chevalier und erhob bei jedem Worte das Glas. Dann errieth er an dem Zittern mei- ner farblosen Lippen die Frage, die ich nicht auszusprechen wagte, kicherte leise satanisch auf und sagte: Ich wette. Sie wollen mich fragen, warum der Volnay in dem Keller ein gegraben war und warum ich den Schlummer meiner Leute abgewartet habe, uni ihn an's Licht zu bringen. Hm, das ist ein großes Geheimniß, das ich klugerweise eigentlich für mich be halten sollte. Doch, wenn ich betrunken bin, wird es mir ungeheuer schwer. meinen Mund zu halten. Außerdem sind Sie jetzt mein Mitschuldiger. Hören Sie also dieses angenehme Abenteuer an. Doch kommen Sie näher, solch' kleine Späße dürfen nur ganz leise erzählt werden!" Ich hatte nicht den Muth, meinen Stuhl dein seinen zu nähern, und blieb, die Augen auf die feinen geheftet, in einer Art Bczauberung sitzen, die abzu schütteln ich nicht mehr den Muth hatte. Endlich begann er. noch immer leise und mit schwerer Zunge: ..Mein Vater hatte mir einen gut ausgestatteten Keller hinterlassen, doch von diesem leichten, diesem duftigen Volnay befanden sich darin nur etwa hundert Flaschen. Da sie in die Hände eines Feinschmeckers meiner Art sielen, so wurden sie schnell geleert, und eines Morgens o. es war ein trauriger Morgen theilte mir der Kellermeister mit, daß von meinem Lieblingsmein nur noch 21 Flaschen vorhanden wären. Ich bekam einen großen Schreck und wollte die letzten Flaschen wenigstens noch in würdiger Gesellschaft trinken. Ich lud den Grasen von Chanellles. meinen einzigen Freund, zu dieser Fest lichkeit ein. Als wir gerade bei dem Punkt der Sättigung angelangt waren, wo der Hunger das Vergnügen nicht mehr stört, ließ ich 20 Flaschen des be rühmten Weines auf den Tisch bringen, und nur eine einzige blieb im Keller zurück. Ich verabschiedete die Diener schaft wie heute Abend, und wir theilten uns in die berühmten Flaschen. Ter Kampf begann. Beim ersten Anfang der Trunkenheit bemühten wir Beilage zum Ncbrasla 2taats-?lnzeiger. uns. von unserer Eigenliebe als Trin ter angestachelt, den Flaschcnbattcrien gegenüber die Faung zu bewahren. Ich weiß nicht, in welcher tollen Sug- qestion. von Wette zu Wette, von Aus schneidern zu Aufschneiderei, wir dazu kamen, mit den unverletzlichsten Eiden zu schwören, daß der erste, der unter den Tisch fallen würde, in dem näm lichen Keller, in dem sich die letzte Flasche befand, von feinem Freunde lebendig begraben werden sollte. Diese kleine Unannehmlichkeit pasnrte meinem Freunde. Er hatte die Ungcschicktheit oder die Unklughcit. als er den Arm nach einer der Flaschen ausstreckte, von seinem Stuhle zu gleiten und unter den Tl ck zu allen." Ct), Herr Chevalier." rief ich athem los und die Hände vor Entsetzen rin gcnd, Sie haben diesen Schwur doch nicht gehalten?" Sie kennen mich schlecht." versetzte mein Wirth in schneidendem Tone, ein Edelmann hält das Wort, das er gegeben hat, und wenn er noch so be trunken ist. Ich muß trotzdem ge- stehen, daß es mir ein wenig schwer fiel, mein Versprechen zu halten, denn da ich selbst total betrunken war, so hatte tck alle erdenkliche Muhe, den Grafen an den Beinen bis zum Keller zu schleppen, wo ich den Spaten und die Laterne holte; dann lud ich ihn auf meine Schultern, um das untere Ge wölbe zu erreichen. Schnell grub ich das Grab; neben mir lag mein Freund auf dem Erdboden und schnarchte wie ein Murmelthier. Ich mußte ihn in das Loch hinablaffen. dann lehnte ich ihn stehend an die Erdwand. so gut es gehen wollte, ohne daß er erwachte, und begann Erde um ihn herumzuwerfen. Die Erde reichte ihm bereits bis an die Achselhöhlen, als er die Augen öffnete, und nun begann der unngenehmste Theil der Arbeit. Der Graf, der unter der Frische der Wölbung wieder zum Bewußtsein kam, hatte den schlechten Geschmack, die Ausführung des Schwu res verhindern zu wollen. Mit seinen frei gebliebenen Armen bemühte er sich, aus dem Loche herauszukommen. Glücklicherweise war er schon mehr als bis zur Hälfte begraben, und da durch wurden seine Bemühungen so lächerlich vergeblich, daß ich keine Ge walt anzuwenden brauchte, um ihn zur Vernunft zu bringen. Ich warf daher ruhig und einfach die Erde weiter in das Loch und da mein Spaten breiter als seine Hände waren, so warf ich immer mehr hinein, als er hinauswerfen konnte, sodass die Grube trotzdem voll wurde. Als er sah, daß die Erde ihn bis zu den Schultern bedeckte und nur sein Kopf und seine Arme heraussahen, hörte er auf. mich zu beschimpfen. Er rang seine zitternden Hände und begann, mich an unsere Kindheit, an unsere Spiele, die zusammen verübten Streiche, an allerlei Dinge aus der Vergangen heit, rührender und lieblicher Art zu er innern, die sicherlich einen Mann, der nicht geschworen hatte, gerührt hatten. Als die Erde ihm an's Kinn reichte, fing er an zu weinen, wie ein ganz klei nes Kind. Um zu schluchzen, öffnete er in feinem blaffen Gesicht einen Mund, der so schwarz aussah, daß ich mich vn sucht fühlte, ihm eine tüchtige Hand Erde hineinzuwerfen, die mit einem Schlage seine albernen Jereminaden erstickt hätte. Eine gewiffe Schwäche hielt mich zurück, und als ich sah. daß sein wirrer, mahn inniger Blicr ich nach dem entferntesten Winkel des Kellers auf die letzte Flasche Volnay richtete, da ergriff ich diese Flasche und reichte sie ihm. um seine vande zu veichastlgen. die mich in meiner Thätigkeit störten. Er ergriff sie begierig: entweder hatte die Furcht seinen Durst wieder neu be lebt oder er wollte sich in einem letzten Rausch Verqeffenhelt vor dem Tode trinken. Er senkte also die beiden Arme, zog mit aller Gewalt an der Flasche und suchte sie mit den Zähnen zu entkorken. Auf diese Bewegung hatte ich gerade gewartet, denn nun warf ,ch ihm hestig alles auf den Kopf, was noch von Erde in der Grube zurückgeblieben war. Hierauf machte sich eine Art seltsames Zittern wie das Rauschen, von Wellen bemerkbar; doch ich trat und schlug mit der Hacke darauf, bis sich nichts mehr rührte. In diciem Augenblick brach der Ehe- datier in ein lautes und schneidendes Lachen aus, das so diabolisch klang, daß ich vollends den Kopf verlor. Ich warf mich in nieinen Stuhl hintenüber und hatte die grüßliche Empfindung, als falle ich von meinem Kessel und rolle unter den Tisch, während Hände voll kalter Erde mir auf den Nacken stürzten und dicke Jagdstiefel mir den Schädel einträten. Als ich wieder zu mir kam. befand ich mich nicht in dem Keller, bis an den Hals begraben, sondern ich lag. sorg fältig zugedeckt, in meinem Bett. Nie habe ich erfahren, ob der Chevalier selbst mich zu Bett gebracht hatte. Jedenfalls hatie ich die ganze Nacht hindurch das Fieber, reiste aber trotzdem bei Tages andruch ab, ohne von meinem Werth Abschied nehmen zu wollen. Erst zu Hause überzeugte mich mein Vater, nickt ohne Muhe, daß Herr von Mauville sich über meine Hascnfürng keit luftig gemacht und mich aus Aerger über meine Uiidantdarleit mystifizirt hatte. Trotz dieser Versicherungen bin ich nie in das Schloß zurückgekehrt, und nie habe ich seitdem wieder Volnay ge trunken. Jacobs erste Mache. Hiiinorisiiiche fi;;i'. Sie war hübsch, die kleine Stadt im deutschen Norden, und ihre Bewohner waren stolz auf ihre reizvolle Umgebung. die alte berühmte Kirche und die ge schichtlichen Thatsachen, die sich an die Stadt knüpften. Stolzer aber waren sie noch auf ihre Garnison. Drei Schwadronen Husaren und zwei Kom- pagmen Jäger die letzteren grün, die ersteren leuchtend roth von Uniform wahrhaftig, man konnte den Stolz der guten Burger und Bürgerinnen von x verstehen! Trotz der numerisch nicht starken Garnison schloß diese doch beinahe ein Dutzend Einjähriger ein, die fast in gleicher Zahl sich auf die beiden Trup- pengattungen vertheilten. Und trotz dem die Husaren-Einjährigen ein paar Trumpfe vor ihren Kameraden von den Jägern voraus haben wollten, bestand im Allgemeinen eine gute Kameradschaft unter ihnen. Ja, Sonnabends faßen im Hecht" alle mit den schwarzweißen Schnüren versehenen Krieger eintrachtig beisammen und tranken echtes Franken brüu dazu. Unter den Einjährigen der Jäger be fand sich der Altphilologe Jacob ein Pechvogel seltenster Art. Ihm spielte das Glück einen Schalksstreich nach dem andern. Eine kleine Fatalität löste die andere ab und Schmehr. der hübsche flotte Husar hatte ihm deshalb schon mehrfach kassandrisch zugerufen: Opfern Sie der Fortuna eine He katombe, Kamerad, sonst liegen Sie im Kasten" ehe noch der vierte Monat Ihrer Dienstzeit um ist!" So weit wird mein Pech hoffentlich nicht gehen!" lachte Jacob und winkte mit dem frischen Glase: Prosit, Herr Kamerad." Aber es ging doch so weit und das ging eigenthümlich genug zu! Der Stab des Jägcrbataillons lag in der Nachbargarnison. Ter Kom mandeur kam häufig herüber und dann erschien vor dem Hotel, in dem er ab stieg, das bekannte Schilderhaus und von der Hauptwache" ward ein Posten gestellt. Der Betreffende, der diesen Posten bezog, mußte gewaltig auspaffen, denn der Kommandeur hielt außer ordentlich streng auf die genaue Be folgung aller Vorschriften, die sich auf militärische Ehrenerweisungen er streckten. Natürlich traf Jacob's erste Wache mit der Anwesenheit des Gestrengen in x zusammen und sein Pech wollte es ebenso natürlich daß er vor dem Absteigequartier des Kommandeurs zu stehen" hatte. Um zwei Uhr war er denn auch mit schwerem Herzeil aufgezogen. Der durch ihn abgelöste Posten theilte ihm mit, daß der Kommandeur nicht zu Hause" sei. Zu seinem späteren Ver druß hatte Jacob sich nicht orientirt. ob er zu Fuß das Hotel verlassen habe oder ob er ausgelitten sei. Mechanisch trottete Jacob auf dem schmalen Trottoir auf und ab. mit weit aufgerissenenen Augen rechts und links spähend, ob der Gefürchtet etwa komme. Es war windig und trocken und die Staubmolken, die hin und wie der über den Platz dahin flogen, thaten das ihrige dazu, um jede Minute seines ersten Postenstehens ihm unerträglich lang erscheinen zu laffen. Da wieder eine Staubwolke, der Jacob, plötzlich sich umwendend, voll das Antlitz zukehrte. Nun schloß er freilich die Augen aber zu spät einige feine Sandkörnchen waren hin eingeflogcn. die ihn für den Augen blick wenigstens total am Sehen verhinderten. Und im nächsten Moment ertönte aus der Straßenmündung zur Linken Pferdegctrappel kein Zweifel der Herr Oberstleutnant kam, und, den Schmerz in den Augen verbeißend, eilte Jacob dahin, wo seiner Meinung nach das Schilderhaus stehen muß und pflanzte sich dort mit präsentirtcm Ge wehr auf. Ja, aber Kamerad Jacob " er tönte es da lachend dicht vor ihm und Jemand parirte sein Pferd was soll denn das?" Jacob erröthcte und nahm das Ge- No. 31. mchr wieder auf die Schulter, um mit der frei gewordenen Rechten sich die Au gen auszuwischen. Und da sah er zwi schen dem Zhräncnschlcier hervor, den die scharten andkörnchen hcrvorge bracht hatten, den Kamerad Sckmchr auf seinem Ticiistpferde vor dem Sckil derhaufe haltend, laut lachend über die komische Situation. Na. beruhigen Sie sich, Kamerad.' rief Schmehr. indem er sein Pferd wie der antrieb, ich nehme die Honiieurer- welsung banivar an! Können Sie übrigens wiederholen, denn ich komme in fünf Minuten wieder zurück! Bin indeß mit Anfanen sckon zufrieden Adieu. Herr Kamerad!" Und davon ritt er, unsern Jacob wüthend und leise vor sich hin fluchend mit feinen schmerzenden Augen zurück lassend, die vom Reiben zwar hübsch roth geworden waren, aber die kleinen Störenfriede von Sandkörnern nichts destoweniger nicht eingebüßt hatten. Wenn jetzt der Kommandeur käme!" Der Angstschweiß brach unserem Jacob bei diesem Gedanken aus. Er mußte seine Augen lvicder in gebrauchSmüßi- gen Stand setzen Und sie gewaltsam aufreißend, vergewisserte er sich zu- nächst, daß Niemand in der Nähe sei. dann trat er in das Schilderhaus. lehnte seine Büchse an die Wand und versuchte nun mit dem Schnupftuch zipfel seine Augen von den eingcdrun- genen Sandkörnern zu befreien. Wieder Pferdegetrappel diesmal von rechts! ..Aha!" denkt Jacob Schmehr kommt zurück. Na, der wird sich wundern, mich nicht draußen zu sehen!" Und völlig nnbekümmert ließ Jacob nicht nach, seine Augen auszu wischen. Ein Pferd wurde draußen parirt Mich lockst Tu nicht wieder!" lachte Jacob leise, und wie zur Bekräftigung dieser Worte wandte er obendrein seinen grün uniformirten Rücken der Oeff nung des Schilderhauses zu. Himnielkreuz , Donnerwetter!" schnarrte es draußen. Ja, fluche Du nur!" lachte Jacob in sich hinein. Du verstellst Dich gut, Schmehr, aber mich fängst Du nicht wieder!" Ein neuer zorniger Ausruf draußen dann das Klirren von Sporen und rasche Tritte Bombenclement, Posten was thut der Kerl hier im Schilderhaus!" klingt es da in feiner Nähe und als wenn der Blitz ihn getroffen, so fuhr Jacob zu- samiueii. Das war keine Einjährigen Stimme, das war Erdboden öffne dLicy! eine Kommandostimme vom alten Kaliber, das war die des Kom- mandeurs! Jacob sprang heraus mit thrä nenden Augen, das Taschentuch in der linken Hand, ohne Buchie, die noch im Schilderhaus lehnte. Na ja ein Einjähriger!" klang es aus dem Munde des roth vor Zorn vor ihm stehenden Kommandeurs ent gegen. Mensch, wo haben Sie Ihr Gewehr? Haben wohl geschlafen oder gar getrunken, toter Jacob versuchte zu antworten, aber er brachte nichts heraus. Ihr Name?" Einjähriger Jacob von der zweiten Kompagnie." Werde dafür sorgen, daß Sie in Zukunft besser aufpaffen!" knurrte der Oberstleutnant. Ja. Herr, wollen Sie denn nun eigentlich mir das vorge schriebene Honneur erweisen oder nicht?" Jacob that's, und ickt. nun seine Augen wieder sehen konnten, sahen sie den lachenden Hausknecht bei dem Pferde des Kommandeurs sehen und sahen Schmehr lu t die Strecke paisiren. wie er lächelnd auf ihn und den Oberst- teutnant blickte, der ihm den Rücken ,u- drehte. Ich bin ein Pechvogel!" Das war Alles, was feine Lippen murmelten, als er abgelöst wurde. Schmehr hat Recht, ich flieg hinein!" Und er flog. Drei Tage Mittelar- rest. Statt im Hecht" saß er bei Pa ter Philipp". Das war das Resultat seiner ersten Wache. Des Mimen Rache. Die nimmer endende Feindseligkeit zwischen dein reisenden Bühnenkünstler und seiner beständig wechselnden Pen sionswirthin war die Ursache zu einem ergötzlichen Vorkommniß. das sich un längst in einem sehr besuchten englischen Badeort zutrug. In einem hübschen in der Nähe des Strandes gelegenen Logirhause hatten sich die besseren raste einer in dem Ort gastirendcn Schauspiclertruppe auf acht Tage in Kost und Wohnung gegeben. ' Die Wirthin, eine launische,' unzufriedene Person, behandelte das mimende Völk chen mit auffallender Unliebenswürdig- icii und als die 'Woche um war, prä sentirte sie ihren niedergeschmetterten Pensionären eine erstaunlich hohe Rech nung, Ob:ie Murren dezahtle man die fehieieige Forderung: der Komiker der Triste aber schwor, sich und seine gerrpsiei: Kollegen rciv. Kolleginnen zu räch:':. Kurz bevor die Leutchen mit ihren Habseligititen dem ungastlichen Hause den Rücken kehrten, benutzten sie einen günstigen Moment und nagelten unter die Platte dcS Tisches im Empfangssalon einen in dünne Gaze gehüllten sogenannten frischen Hering, der seinem Attribut aber gar keine Ehre mchr machte, denn dem geradezu offen siven Geruch nach zu urtheilen, mußte er schon ziemlich antik sein. Das Rcsul tat war höchst effektvoll. Wochenlang blieben die Zimmer der licbenswürdi gen Pension-wirthin unbewohnt; jeder Unterkunft suchende Badegast hatte mehr als genug, sobald er nur die Zhür des S!onS öffnete. In der ganzen Stadt sprach man bald davon, daß eZ eine Schande sei. ein HauS in einem derartigen Zustande von Unsau bcrkeit zu halten. Viele drohten sogar, den Sanitätsinspcktor aufmerksam zu machen, damit von polizeilicher Seite für eine gründliche Reinigung Sorge getragen würde. Als die verzweifelte Wirthin in dem Raum, aus dem der fatale Geruch nicht herauszubringen war. wohl schon zum zehnten Male General Reinemachen abhielt, fiel eS endlich Jemandem ein, den Salontisch umzukehren, und da entdeckte man die Ursache des entsetzlichen Uebels. LHu tpltt der Disciplin. In der kleinen Garnisonestadt Tech tclhauscn herrichte die höchste Auf regung. Morgen sollte der Brigade kommandeur eintreffen, um das Bataillon zu inspiciren. Besonders den jüngeren Offizieren, welche die Mannschaften auszubilden hatten. schlug das Herz. Unter den mancherlei Ei genheiten. die man sich von der Excel lenz erzählte, war nun besonders auch die eine, daß der General scharf darauf sah, ob die Offiziere denn auch mit dem Civilberuf jedes einzelnen Soldaten sich vertraut gemacht Hütten. Das war aber, wie bei den meisten seiner Kamera den, auch eine besonders schwache Seite des Leutnants Schneidig. Doch plötz lieh, als er schon verzweifeln wollte, kam ihni eine Idee. Er ließ seine Leute antreten, hielt eine Ansprache an die selben und sagte zum Schluß: Also verstanden! Wenn Seine Exeellcnz mich bei einem von Euch fragt: Was ist der Mann in feinem Civilberuf?" und ich antworte Schneider!" oder Schu ster!" so ist er eben Schneider oder Schuster! Dabei bleibt's!" Tie Ex cellcnz kam. Alles ging wohl von Statten. Plötzlich blieb der General vor dem Rekruten Schulze stehen. Was ist denn der Mann in seinem Civilberuf, Herr Leutnant?" Schneider, Excellenz!" antwortet Schneidig präcis. Der General nickt freundlich. Bist Tu schon lange Schneider, mein Sohn?" fragt er wohlwollend. , Nein. Excellenz!" Seit wann denn?" Seit heute. Excellenz!" Seit heute? Ei, wie kommt denn das ?" Der Herr Leutnant hat's befohlen, Excellenz!" Der General sah in Schneidig's mo mentan nicht allzu geistreiches Gesicht und schmunzelte. Tie Heldenhaftigkkit der Bocrcn fraue. Tie Hcldenhaftigkeit der Boeren frauen illustrirt ein Brief aus Pretoria zur Zeit der Mobilmachung, welchen ein französisches Blatt veröffentlichte. In dem Schreiben heißt es: Diese an geflammte Vaterlandsliebe der Boeren ist großartig und rührend zugleich. In dem Distrikt von Krügersdorp wurden 40i Mann zu den Fahnen gerufen und 670 Freiwillige meldeten sich. Als man 270 wegen Untauglichkcit zurückschicken wollte, weigerten sie sich heimzukehren. In Maritzburg hatte man 150 Mann aufgeboten und 800 meldeten sich. Jeder vom Acrmftcn bis zum Reichsten ist mit derselben Bravour und denisel den unerschütterlichen Gottvertraum bereit, sein Leben für das Vaterland zu lacn. Mit den Männern wett eifern die Frauen. Eine Frau mit zwei Kindern begleitet ihren Mann zum Bahnhofe. Sie tritt zum Kom Mandanten und erklärt einfach, aber bestimmt: Ich will meinen Mann be gleiten." Unmöglich!" erwidert der Befehls- Haber. Ich will es aber! Niemand soll mich von meinem Manne trennen. Ich kann schießen und werde für ihn kochen." Der Zug fährt ab und mit ihm das muthige Weib. Vor dem Willen der Frau beugt sich der Boer. Ein anderer Sohn Transvaals, welcher in den Krieg ausrückt, begibt sich zu seinem Obersten und verlangt zwei Gewehre. Warum zwc,?" fragt der Kapitän. Eins für mich und eins für meine Frau, sie kann besser schießen und sicherer zielen, als ich." Und der Boer erhält die verlangten zwei Gewehre. Rührende Szenen spie lcn sich auf den Bahnhöfen ab. Ohne eine Klage und ohne Thränen läßt man Vater. Gatten und Verlobte in die Fcldschlacht ziehen. Nur ein unter drückte Schluchzen, ein Händedruck das ist alles!