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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Nov. 23, 1899)
Die schwarze Frau. Orzahlung von Änn? Silhe. An dm eßaben dcZ blauen Mittel ,mreZ stand ein wkißcS HauZ. war ks anzusehen, wenn S mit seinen schlanken, weißen Marmorsäulen aus dem wirren, dunklen Blattergerant der alten Baume deZ verwilderten OJartenS hervorlugte, und doch lag eS wie ein dunkler Fittich darüber. .Leid' stand mit schwarzen Zügen . auf dem leuchtenden Marmor gelegne den. Leid- hallte eS durch die ein samen Gange, durch welche zuweilen ein müder Jrauenfutz leise schritt. Trautzcn blühten die Rosen und schlan gen sich muthwillig um die Marmor faulen der weiten Halle, in der eine hfrick. ernste Krauenaesialt saK und träumerisch weithin über den arten hinweg auf das Meer tmene, das m Rosengluth getaucht, im letzten Abend schein zu ihr herüber schimmerte. Tie grau trug tiefe Trauer. Tun sei schien ihr blaues, schwarz bewimper teS Auge, alS eS jetzt über ein Brief blatt floa. daS sie in den bebenden. weißen Händen hielt, und doch glänzte in diesem wunderbaren Frauenauge et waS wie Sehnsucht nach Glück und Liebe, als sie leise las: Liebe Mama! Also ich darf kommen? Wirklich kommen? O. wie grenzenlos ich mich freue! Hier bei den frommen Frauen, im Kloster, ist eS zwar sehr schön, aber weißt Tu, liebe Mama, ich möchte so gern wieder bei Dir verwetten. Viel), keS ist lange her. daß ich fortging. Weißt Tu noch, als der gute Papa starb, und Du so furchtbar traurig war? Bist Tu denn noch immer traurig? Schwester Barbara sagt, ich dürse Tich nicht mit Fragen quälen. aber ick bin dock Dein Kind und habe doch ein Anrecht an Deinen Schmerz! Nicht wahr.Mutting. ich darf icy iieo haben. Dick trösten, mit Dir lachen und mit Tir weinen? Glaube nur nicht, daß ich so dumm und albern bin wie früher ich werde ja bald sieben lebn Satire! Ack. wie freue ich mich auf die Reise zu Tir! Tie hochwürdige Frau Oberin und die frommen i&ctjroe N?rn werden freilich traurig sein ich auch, wenn ich fortgehe, aber wenn man noch eine Mutter hat, vann geyi man doch am liebsten zu ihr, nicht wahr, HerzenSmama? Bald umarmt Dich - Deine glückliche, kleine Dodo." Eine Th'räne, heiß und Wver. fiel nnf das Briefblatt. That ich unrecht. das Kind zehn lange Jahre hindurch fernzuhalten? zog es durch Die feeeie der einsamen Frau. Die Sonne glitt noch mit einem letz ten müden Strahl über das gebeugte Frauenhaupt und kränzte das weiße, aelockte Haar mit Rosenschimmer. Weiß war dies blonde Lockenhaupt geworden, weiß schon vor zehn Jahren in einer einzigen Nacht. Und nun sollte sie ihr Kind wieder sehen, Mara von Borwitz sollte wieder ganze, volle Glück empfinden, Dodo an ihr Herz zu pressen? Nein, es durfte nicht sein. Nicht wür dig war sie dieses großen, unfaßbaren Glückes. Dodo mußte bald wieder das einsame Haus am Meer verlassen. Die Kleine sollte zurück nach der Heimath, dem fernen Teutschland. dort, bei ihrer ein zigen Schwester sollte sie ein Heim finden. Und Mara's Schwester hatte einen Sohn, ein junger, tüchtiger Offizier. Wer weiß, vielleicht fanden sich die 'jungen Herzen und die kleine Dolores, ihr Einziges, ihr Schmerzenskind, wurde noch eine glückliche Frau. Und Du?" Hatte eine fremde Stimme es gefragt, oder hatte sie selbst die Frage aus tiefstem Herzen empor geschrieen? Doch was war das? Nahten da nicht Schritte durch den Garten. Sollte DoloreS Mara wollte sich erheben, aber ihr Fuß blieb wie festgebannt. Tie großen, blauen Märchenaugen der schwarzen Frau, die flammten auf in heißem Glück, um sich dann wie in brennender Qual langsam zu schließen. Und da kam eS die weißen Marmor stufen heraufgchuscht. jauchzend, und dann stand das rosige, junge Glück auf der Schwelle der Halle. Ein jubelnder A Ruf: Mama, liebe, einzige Mama." ' und die Einsame hielt bebend ihr Kind umfangen, das Goldköpfchen der Klei neu ruhte in ihrem Schooße und Mara's warme Thränen flössen wie Thauperlen aus ihren Augen auf das lockige Haupt ihres Kindes. Durch die Mnrthenbüsche des Gartens glitt ein leises Kosen, und die Palmen Mt.'n im Wind. Das Meer aber. das blaue Meer, raste und schäumte in dieser Frühlingsnacht, und seine Wellen brachen sich donnernd an der Garten mauer des weißen Hauses, das still wie ein verschlafenes Kind einem neuen Glücke entgegen träumte. Und es kam, dieses Glück. Auf jungen Sohlen huschte eS durch die Hallen und Gänge. Eines Tages kam Dolores athemloS zur Mutter gelaufen, beide Hände voll der seltensten Blumen haltend, und rief schon von Weitem Mara zu: Mama. Mama, denke Dir. heute Morgen. Mademoiselle Nanette war. wie gewöhnlich, wieder auf einer Bank eingeschlafen, wandelte mich die Lust an. die Geranienhecke am Ende deS Gartens zu plündern. Die dicken, schweren, rosa Blüthen, die zu Hun Der Jahrgang 20. derten herabhingen, sollten heute Tcin Zimmer schmücken. Wie ich nun Blüthe um Blüthe brach, da sehe ich plötzlich eine kleine niedere Thür, halb ver wachsen und verdeckt von den Geranien zweigen. Ich rüttelte ein wenig sie widersteht noch ein kleiner Ber such daS morsche Schloß giebt nach, und ich stehe, stehe in einem Zauber garten. Terrassenförmig steigt er hinan. Tausend fremdländische Blu men hauchen ihre Tüfte und seltene Bäume und Sträucher schmücken die verworrenen Gänge. Ich steige weiter zur Höhe, denn mir fällt ein. daß der Garten zu dem Zauberjchloe gehören muß, daß dort oben, von dem hohen Felsen, mit seinen Kuppeln und Thür men hernieder winkt, das schon in meiner Kindheit eine so gcheimnißvolle Macht auf mich ausübte, daß ich des Nachts immer davon träumte. Im Kloster hatte ich eS vergessen, aber jetzt fiel es mir wieder ein, auch daß ich als Kind einmal in diesem Zauberschloß gespielt hatte, als ich Euch heimlich d von gelaufen war und ihr mich vev gebens suchtet. Mir fiel auch ein Mann mit ernsten, dunklen Augen ein, der mich damals auf seinen Arm geHoden und geküßt hatte." Also ich wandele, wandele im Son nenschein, immer höher und höher, und da liegt es denn vor mir, stolz und herrlich wie ein Tempel anzuschauen. Plötzlich, ich weiß nicht, wurde mir etwas bange, und ich lieh au. die Gcra nienblüthen zur Erde fallen, die ich in meinem Kleide in Gedanken mit hin aufgetragen hatte. Ach die armen Blumen," sagte da eine fremde umme. am iievfien wäre ich fortgelaufen, aber es schien mir doch nicht schicklich. Bor mir stand ein Mann es war derselbe, der mich einst als Kind geküßt, nur viel älter und ernster sah er aus. Er blickte mich forschend an und sagte: Wie heißen Sie. mein kleines Fräuleili?" Todo." sagte ich schüchtern. Er nickte leise, dann sagte er: Wie kommen Sie hier herauf (" Bon unserm Garten durch die Gera nienhecken." Da nickte er wieder. Warum sind Sie gekommen?" fragte er fast hart. und mir wurde bange. ..Ich habe als Kind von diesem Schlosie geträumt." sagte ich leise. denn ich war schon einmal hier. Drinnen ist ein großer Saal und viele, viele Blumen und Fenster von Kristall. Man steigt eine große, runde Treppe hinab und kommt so in den Märchen saal und an die Fenster klopfen die Mecreswellcn mit silbernen Tropfen. Nicht wahr? So ist's," fragte ich fchüch- tern. Da lächelte er, Tu glaubst nicht Mama, wie dieser Mann lächelt, und legte seine Hand, so weich, wie Papa es eiiist that, auf meine Stirn. Dabei sagte er leise: Möchte die Heine ovo das ncar chenfchloß wiedersehen?" Ja. ach. bitte, ja," rief ich strahlend vor Glück. Darf ich mit. wollen Sie es mir zeigen?" Und denke nur. er war auch o gluck lich. daß ich sein Schloß schön fand, denn als wir nachher gemeinsam in der großen Loggia standen, von der man über das ganze blaue, weite Meer sieht, da sagte er, während er auch mit war mein Blick unser Häuschen hier unten streifte, leise vor sich hin: ..Endlich nach langer, öder Nacht ein Sonnenstrahl, und den bringt mir ein Kind." Er muß gewiß viel Trauriges erlebt haben, daß er so reden konnte. Ich sagte es ihm auch, da sah er mich lange an, und dann sagte er langsam: Ich habe einst Ihre Mutter gekannt, aber es ist lange her. und ich weiß nicht, ob sie sich dessen erinnert. Lange Jahre bin ich meiner Heimath fern geblieben, oder bester besagt, diesem Schlosse, das ich einst erbaute, um ein großes Glück darin zu bergen, fern von dem rauhen Deutschland, das mir zu hart schien für mein holdes Lieb. Ich mied es jedoch. da mich sein Anblick mahnte, daß alles Wünschen und Hoffen eitel ist." So ungefähr. Mama, war es, was er sagte, und dann führte er mich in den Märchensaal und zeigte mir tausend herrliche Dinge und ich lachte und freute mich, da behauptete er, ich wäre ein kleiner Sonnenstrahl und morgen, Mama, da wollte er zu uns kommen, um bei uns ein Fleckchen zu suchen, wo et ausruhen könnte nach langer Fahrt Frau Mara sprang auf. Das hat er gesagt. Dodo? besinne Tich recht. Er will kommen?" Ja, doch, mein süßes, mein einziges Muttchen, sich nur. all die herrlichen Blumen hat er mir geschenkt. Wie fremd sie ausseben, und wie süß sie duften. Tiefe Blumen aus dem Mär chengarten." Soiwjagsga Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. Frau von Vorwitz faßte sich gemalt sam. Morgen wollte er kommen er. der einzige Mann, den sie im Leben ge liebt, morgen, und alles sollte auge löscht sein? Er hatte vergeben, der stolze Mann, dem sie einst ihr B)ort gegeben. um eS nachher im sträflichen Uederniuth und Leichtsinn zu brechen? Noch faßte Iie es kaum. Hier auf der Marmor tcrrasse hatten sie gestanden und Worte der Liebe und Treue getauscht. Das stolze Schloß dort auf felsiger Höhe, das viele, viele Jahre still und einsam gelegen, das hatte er für sie erbaut. Und als es fertig war, da war Graf Edo Morin ausgezogen, das Schönste, was die Welt bot, zu erwerben, sein Märchenschloß zu schmücken. Als er fort war, da war Harro von Borwitz in ihr Elternhaus gekommen, schön, vor nehm, stattlich. Sie hatten zusammen gelacht und gescherzt, und schließlich war aus dem Scherz Ernst geworden sie hatte Harro erhört und war die seine geworden, noch ehe Edo wieder kam. Todcseinsam blickte seitdem Schloß Worin hernieder auf das weiße Haus sein Besitzer wollte es nicht wieder sehen. Nur einmal, Dolores war sieben Jahre alt, da war er gekom men, und die Kleine hatte den Weg zu ihm nach dem Schlosse gefunden, und er hatte sie geherzt und geküßt. Bisher war kein Mißton in ihre friedliche Ehe mit Harro gefallen. Sie mühte sich, ihm eine gute Frau zu sein. er liebte sie grenzenlos. ' Sie Hütte ihm gern jeden Schmerz erspart, aber ihre plötzlich wiedererwachte Leidenschaft für Edo machte sie fast wahnsinnig. Hastig schrieb sie an Graf Morin ein Billet, das nie in seine Hände gelangte. Noch heute wußte sie jedes Wort, das sie einst geschrieben. Es lautete: Ich muß Sie sprechen. Graf Morin Ich war verblendet, als ich Ihnen mein Wort brach, was ich unter tausend Schmerzen bereue. Harro habe ich nie geliebt. Ich bitte, ich flehe Sie an, er lösen Sie mich. Mara Diesen Brief hatte sie zerknüllt und in kleine Stücke zerrissen in der Hand einer Leiche gefunden, die man ihr am Abend desselben Tages ins Haus brachte. Ein Unglück beim Segeln auf dem stil len, blauen Meer, das so leuchtend herüberflimmerte, hatte Harro sein Grab bereitet. Sie aber wußte es bei' ser als die Leute, die so verwundert auf die stille Frau blickten, die gleichsam im Schmerz erstarrt schien. Und da war es über sie gekommen wie die ewige Berdammniß. Mörderin". Die sen einzigen Ruf hörte sie wieder und immer wieder. Und als der Morgen durch die Scheiben brach, da war ihr Haar weiß und ihr Herz todt. Die kleine Dodo, deren Bater sie getödtet. kam zu den frommen Frauen Santa Barbara, nichts dürfte Mara mehr tx freuen, beglücken, sie hatte nur die ein zige Aufgabe, zu führen. Und Graf Morin kam. Still, freund, lich, versöhnlich, ruhig wie ein Bruder, Ein Schauer ging durch seinen Körper. als er die Hand des jugendlichen, kaum sechsunddreißigjührigen, schönen Weibes in den seinen hielt und sein Blick ihr Äilberhaar streifte. Mich hat der Tod gezeichnet, Graf Morm, lächelte ne chmerzltch. Da küßte er ehrfurchtsvoll ihre weiße Hand und sagte leise: Das blühende Leben aber schreiet Ihnen zur Seite, gnädige Frau, sehen Sie Ihr Töchter chen an, da lacht das Leben." Und er kam wieder und immer wie der. Die Tage reihten sich zu Wochen, die Wochen zu Monaten, und Frau Mara's Herz ward ruhig und still. Ein Glück blühte in ihrem Herzen, wie sie es für sich nie mehr erhofft oder ge träumt. Und dann kam heimlich das Verlangen, erst scheu und leise und dann das heiße, sündhafte Begehen. Er liebte sie noch immer. Warum kam er stonst? Er hatte vergeben und ver gessen. Das Leben war so kurz, und sie hatte das Glück so wenig gekannt. Ach. nur einen Trunk vom Becher des Glückes, nur einmal noch an seinem Herzen ruhen, nur einmal noch von ihm hören: Ich liebe Dich." Sie wartete auf dieses Wort von Tag zu Tag. aber er sprach es nicht. Endlich eines Abends, die Sonne war schon im Verscheiden und Dodo pflückte im Garten Rosenranken, da trat er zu ihr auf die Terrasse und sagte leise: 'Ich komme heute, gnädige Frau, um das Glück meines Lebens aus Ihrer Hand zu empfangen." Sie blickte ihn bebend an. ihr Herz stockte. Durfte sie die Hand nach ihm ausstrecken mit der Eentnerlast auf der Brust? Sie wissen," fuhr Graf Morin fort, wie Dolores mich wieder zu Ihnen führte. Sie wissen, daß ich die Per gangenhcit vergessen habe, sie soll wei tcr ruhen, und nie soll das holdselige Kind dort erfahren, waS zwischen uns einst lag. Sie schulden mir noch eine Sühne für ein verfehltes Leben, gnädige Frau, für lange, trostlose Jahre der Einsamkeit und Verzweiflung, wollen Sie mir dafür Ihr Kind geben als mein höchstes und heiligstes Gut? Kön uen Sie es Mara?" Ja. ich kann!" Tonlos kamen die Worte von ihren Lippen, bleich, mit großen, starren Augen stand sie da Graf Morin sah den Kampf, den sie kämpfte, er fühlte, diese Stunde löschte alle ihre Schuld. Heiß, mitleidsvoll zog er ihre kalte Hand an seine Lippen. Ich werde nie vergessen, daß ich Ihr ganzes Glück nehme und daß cu mir. wenn auch blutenden Herzens geben." sagte er leise: Darf ich Dodo rufen k Sie kam, einen Kranz von Rosen auf die blonden Locken gedruckt, strah lenden Auges, und rief lachend zu der Mutter auf: Mama, mach die Augen auf. Tu grüßest eme Braut." Und auf dem Felsenschlosse blühte bald ein reges Leben. Das Glück war ein trauter Gast in dem Zaubergarten auf der Höhe. Unten aber in dem weißen Marmorhäuschen mit den ver worrenen Myrthenblüthen war es still da wandelt, den Blick zu dem stol- zen Schlosse emporgerichtet, oft die schwarze Frau," stilles Genügen im Herzen. Ihr Blick streift auch oft das blaue Meer, aber nicht mehr in beben der Angst, sondern mit Wehmuth. Sie war entsühnt, wenn auch um hohen . Der Geburtstag. Von E. Tillin g. Von den rothen Plüschmöbeln waren die Ueberzüge abgenommen, die große Hängelampe war angezündet und ein festlicher Duft erfüllte daS Zimmer Die Thür nach dem Speisezimmer war geöffnet, wo ein mit einem blendend weißen Tischtuch bedeckter Eßtisch stand Eine große Bowle legte deutliches Zeug niß von der Feierlichkeit des Tages ab Es war nämlich der Geburtstag des Hausherrn. Tischlermeister Gicse saß dick, inollig und vergnügt in seinem Lehnstuhl Seine Tochter Bertha spielte Klavier und der Studiosus Fromm stand, m Bewunl deruna versunken, hinter ihrem Stuhle Der Studiosus trug langes schwarzes Haar, einen weißen Schlips und hatte über sein erstes Examen ein vorzügliches Zeugniß in der Tasche. Als der ein zige Miether war er zum Geburtstag des Familienoberhauptes der Familie Giese eingeladen. Das Dienstmädchen war fortgeschickt, um noch etwas zum Abendessen zu ho len, und Frau Giese regierte in der Küche, aus der ein sehr scharfer, aber angenehmer Geruch von gebratenem Fett hervordrang. Die Thür nach dem Wohnzimmer wurde ein wenig geöffnet und Frau Giese streckte ihr glühendes Antlitz durch die Ritze. Giese. willst Du nicht einen Augen- blick herauskommen?" Giese wischte sich schelmisch den Mund und warf dem Studenten einen lustigen Blick zu. Ich soll die Sauce Probiren." sagte er. $s muß ich immer an meinem Geburtstag." Der Studiosus lächelte und senkte den Blick auf Pertha s krauses Nacken- haar. Draußen in der Küche stand Frau Giese, ebenso dick, mollig und vergnügt wie ihr Mann. Eine weiße Küchen schürze beschützte ihr schwarzes Festkleid und auf ihrem Scheitel lag eine Blon- denrosette mit einer dunkelrothen Rose in der Mitte. Tischlermeister Giese beugte sich über die Bratpfanne und athmete den Bra tenduft mit einem Wohlbehagen ein, als wäre es ein Veilchenbouquet. Ah!" Frau Giese nahm einen Löffel und holte etwas Sauce aus der Bratpfanne. Puh!" blies Herr Giese. Puh!" blies Frau Giese. Nimm Tich in Acht. August, daß Tu Tich nicht verbrennst." Sie ist delikat, Hannchen. ganz delikat. Ich glaube, in der ganzen Stadt versteht keiner, eine solche Brat Pfanne zu machen, aber in der ganzen tadt giebt eS auch keine solche Frau wie Tich. Hannchen." sagte Giese. sie zärtlich mit dem Arme umschlingend. La doch, August. Bedenke, daß wir beide alte Leute sind." Weißt Tu noch, Hannchen. wie ich zum ersten Mal bei Tir in der Küche tand?" Natürlich weiß ich es. Ich war ja damals Stütze bei der alten Geheim räthin Eckhart und Du warst Tischler geselle und kamst dort, um die Möbel zu Poliren." I. No. 27. Und zu Weihnachten brachte ich Tir mein Meisterstück, die Kommode mit dem Mcssingbeschlag." Und der Kommode wegen verlobte ich mich natürlich mit Tir. denn eine Schön heil warst Tu schon damals nicht, mein alter August!" Tafür warst Tu aber soviel hübscher, Hannchen, mit Teinen feurigen Augen und Teiner weichen Haut." Tu bist ein Ouatschkopf, August." TaS ist die reine Wahrheit. Hann chen. Und da schlang ich den Arm um Deinen Hals und stahl Tir einen Kuß." Einen? Tj stahlst Tir wenigsten? zehn, Giese, und das war schändlich von Tir. Ter Karpfen verbrannte so furchtbar, daß die Gehcimräthin es in der Wohnstube roch und als sie nach der Küche hinauskam, saß ich unglückliches Geschöpf da mit meiner Kommode in der Hand und einem Tischlergesellen um den Hals." Na und den Tischlergesellen nahmst Tu ja auch ganz gern." Ich hätte recht gut ohne ihn fertig werden können," sagte Frau Gicse kokett. Tas sollst Tu büßen." rief Giese, indem er feine Frau mit dem Armen umschlang. Laß mich los. August, sonst schlage ich Tich mit dem Kochlöffel auf die Nase!" Verstelle Tich nur nicht, Hannchen. Tu wolltest natürlich blos, daß ich auf diese Art die Sauce Probiren solle." Dabei versetzte Tischlermeister Giese seiner Frau ein paar recht nachdrückliche Küsse. Frau Gicse setzte sich die Blondenro fette wieder auf dem Kopfe zurecht. Schäme Dich. August! Bebenkedoch, wenn Lise in diesem Augenblick herein gekommen wäre. Ich hätte das schnip pische Ding nie wieder ansehen können. Und was würden die unschuldigen Kin der in der Stube gedacht haben, wenn sie gesehen hätten, daß wir Alten uns hier wie ein Paar Turteltauben schnäbeln?" ..Die unickuldiaen Kinder! ör mal. Hannchen, wir wollen uns mal in die Eckstube schleichen und sehen, was die unschuldigen Kinder letzt treiben." Meinetwegen, Giese. Sie spielt Klavier und er schlägt die Notenblätter um." DaS Ehepaar schlich auf den Fuß spitzen in's Eckzimmer und blieb in der offenen Thür stehen. Es war merkwürdig still in dem Wohnzimmer. Bertha saß am Kla vier, aber sie spielte nicht und der Stu diosus stand hinter ihrem Stuhle,. aber er schlug keine Notenblätter um. Er hatte das lunqe Mädchen mit beiden Armen umschlungen und raubte ihr einen Kuß nach dem andern. Aber Bertha. was thust Du da?" Der Studiosus fuhr in die Höhe, noch blasser als gewöhnlich. Bertha faßte sich und sagte ruhig: Ich küsse meinen Bräutigam. Wir haben uns soeben verlobt." Schöne Geschichten." rief die em pörte Mutter. Und wovon wollt Ihr leben, wenn ich fragen darf? Sie müssen entschuldigen, daß ich Ihnen das gerade in's Gesicht sage, Herr tfromm, aber feie haben ia nicht em mal die Mittel, daß Sie jeden Tag Mittag essen können. Ich möchte wohl wissen, worauf Sie sich also verloben wollen.". Der Student ließ den Kopf mit dem blassen Gesicht hängen. Bertha weinte. Höre, Hannchen," sagte Giese. ..jetzt will ich auch einmal ein Wort sprechen, denn nun hast Du wohl nichts mehr auf dem Herzen. waS Tu sagen mußt. Nehmen Sie das Mädel, Herr Fromm. ie ollen ne yaoen uno oazu ollen ie sreie Wohnung und freien Mit- tagstisch haben, so lange Sie studiren. Tischlermeister Giese hat, Gott sei Tank, ein Dach über dem Kopfe und soviel Essen im Topfe, daß auch für Sie reichlich da ist. Sie brauchen sich deshalb nicht zu schämen, es giebt viele lchwiegerfohne. die von ihren Schwie gereltern leben. Wenn Sie sich erst eine Stellung errungen, sollen Sie mal sehen, wie stolz Mutter auf ihren cyiviegerfoyn fein rotto. Giese!" " Schweig still, sonst erzähle ich. wie ich Sauce Probiren muß." Mein Himmel, ich stehe hier und vergesse mein Essen ganz und gar. Na, Kinder, wenn Vater es will, möge Euch der liebe Gott segnen. Aber jetzt muß ich nach der Küche, sonst brennt mir alles an." Frau Giese eilte hinaus und Gicse folgte ihr. um die Jungen einen Augenblick ullein zu lassen. strahlend vor Ghick drückte der tudent seine Braut an seine Brust. Als Frau Giese die Küchenthür öff ncte, fuhr sie erschrocken zurück. va stand Ltfe, das Dienstmädchen, von zwei blauen Armen umschlungen, die sich bei näherer Besichtigung als das Eigenthum eines Unteroffiziers er wiesen. .Ader Lise!" Tars ich meinen Bräutigam vor stehen. Unteroffizier Erdmann." sagte Lise gesaßt. .Ich hoffe, die Herrschaft hat nichts dagegen, daß er mich einmal besucht." Frau Giese war schweigend auf einen ' Stuhl gesunken und sandte ihrem Manne nur einen kläglichen Blick. .Nein, natürlich nicht." sagte er. Jetzt sorgt aber dafür. Kinder, daß wir bald etwas zu essen bekommen." Beim Abendessen ging es sehr still her. Tie Neuverlodten waren ver legen. Frau Giese war gerührt und nur Herr Giese war in vorzüglicher Laune. Als man beim Tessert angekommen war. wurde Lise und ihr Unteroffizier hereingerufen. Herr Giese schenkte von der Bowle ein und schlug an das Glas: Kinder, ich will Euch nur ein paar Worte sagen. Es giebt viele Leute, die haben nicht so gut und so reichlich zu essen wie wir. aber eS schmeckt ihnen doch gut. Und das kommt daher, weil sie ein Kraut in die Speisen mischen, das heißt Liebe, und damit schmecken die einfachsten Gerichte gut. Mutter und ich haben uns zuerst tüchtig ein schränken müssen, aber es hat uns nie an Liebe gefehlt und deshalb hat uns unser eigenes Essen auch immer am besten geschmeckt, besonders wenn ich in der Küche war und probirte. Ich wünsche Euch, daß Ihr Euch immer lieb haben mögt, Kinder! Eßt Euer Brod mit Liebe, so sage ich von Herzen: Wohl bckomm's!" Er stieß mit Allen an, leerte sein Glas, trocknete seinen Mund und gab feiner Frau einen herzlichen Kuß. Die Neuverlobtcn gingen in das Wohnzimmer, uni Wohl bekomm's" zu sagen und der Unteroffizier und Life vollzogen wahrscheinlich dieselbe Eere monie in der Küche. Frau Giese zog sich die Blonden rosette auf dem Kopfe zurecht und trock nete sich die Augen in der weißen Schürze. Bielen Tank für die schöne Rede. August," sagte sie, und vielen Dank für jeden Tag, den wir zusam men verlebt haben und alles Glück, was Du mir gegeben hast!" Amen!" sagte Tischlermeister Giese und schlang den Arm um sein Weib. C schöne Tid. Jn plattdeutscher Mundart,) Datt mcer en Sünndag hell und klar, En Sünndag, wie nich vel in't Jahr. Wi beiden güngen dörch dat Korn, Törch Wisch un Holt, dör Busch un Toorn. De Leerk de füng, de Sünn dech schin, As woll dat ewig Sünndag sin. O schöne Tid. o selige Tid. Wo liggst du feern, wo liggst du wiet! Wi güngen langsam, Arm in Arm, K Tat Hart so vull, dat Hart so warm, De klagen Oogen, söte Teern, De lüchden as twe helle Steern, Te lüchden in dat Harte min Wiet schöner as de Sünnenschin! O schöne Tid, o selige Tid. Wo liggst du feern, wo liggst du wiet. Te Heide wör so still umher, Da höl sich Hart un Hand nich mehr. Jk küßt di up den Mund so roth Un frog di lis': Bist du mi goot?" Da seegst du mi so eegen an: Tat weeft nicht mal. du böse Mann?" O schöne Tid, o selige Tid. Wo liggst du feern, wo liggst du wiet. Joachim'S Locken. Von einem Londoner Blatte wird eine Joachim Anekdote erzählt, die wenn nicht wahr, doch gut erfunden ist. Während eines Besuches in London ging Joachim in einen Friseurladen, um sich rasiren zu lassen. Der Barbier hatte von Joachim weder etwas gehört, noch sein Bild gesehen und fragte dienstfertig: Haar schneiden, Herr?" mdem er das wallende Lockenhaar des Künstlers mit prüfendem Auge betrach tete. Joachim gab ihm zu verstehen, er märe mit der Länge seiner Haare durchaus zufrieden, aber der Barbier ließ sich so leicht nicht abschrecken. Hinten sind sie ein wenig zu, lang," meinte er diplomatisch. Joachim be- deutete ihn von Neuem, daß er sie gerade o liebte, und der Barbier war ein Weilchen still. Die Haare sind auf dem Scheitel ziemlich dünn," sagte er dann, aber Joachim sah ihn nur an und schüttelte seine Künftlermähne. Nun rasirte der Barbier ihn mürrisch und unzufrieden weiter, aber er konnte die ' Hoffnung noch immer nicht aufgeben. Soll ich nicht wenigstens die Spitzen abschneiden, einen halben Zoll etwa?" Joachim blieb hartnäckig. Da riß dem Barbier die Geduld. Nun gut," sagte er, und in seiner Stimme lag tiefe Verachtung, wenn Sie durchaus aussehen wollen wie ein deutscher Mufi ker, so läßt sich darüber nicht weiter reden." Der Lchusterlebrling. Meisterin : Was, mein Mann liegt immer noch im Bette? Lehrling: Jawoll, Meestern, ick jloobe, Sie müssen ihn erst wieder 'mal mit'n Feuerhaken wachküssen!" Aha! A: Sind Sie denn schon lange ver heirathet!" B: C, schon viel zu lange!"