Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 23, 1899, Image 12

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    Cin Dranu in den Cüftett.
Jiai) dkin tnfltirrt sn '. Narr
.Ruh?, meine Herren! Außer stände,
beute einen J Pdj" tu halten, hat Mr.
Marco soeben versprochen, und durch die
riühlunz eines seiner Abenteuer zu
tiit!.V.biaen-
Sofort richteten sich aller Aigcn au.
den arallbaariacn. kleinen iranzo en
der. die klaren, schwarzen Augen auf
einen Punkt der Wand gerichtet. war
lete. diS der allgemeine Applaus sich gc
legt haben würde.
Was ich Ihnen erzählen will, ist
wahr." begann er .und es steht mir
noch alles so ledhaft vor dem Geist, als
sei es erst vor lochen gelchcgen. eut
lich sehe ich wieder die Menge von Ge
sichtern. die rothen und grünen Latcr
itcn, deren Widerschein sich in den fünf
zig Fufz nntcr mir rauschenden Wogen
spiegelte, höre ich wieder das jage Ver
stummen der Musik.... aber ich be-
ginne mit dem Ende. ,
Vor sünfzchn Jahren, meine Hären,
wurde in Montreal ein großartiges Fest
gefeiert, aus welcher, Veranlassung ist
mir entfallen. ?cun ist es für jemand,
dessen Leben infolge seines Berufes an
einem seidenen Faden hängt, nicht gut.
stets das Bild eines Weibes vor Augen
z haben; aber dazumal kannte ich noch
keine .Nerven", mithin störte es mich
nicht, daß die kleine Lola mir stets im
Sinne lag. Lola war noch ein Kind.
als ihre Mutter, die beste Tänzerin der
Gesellschaft, starb. Lola! O, wie gut
gut entsinne ich mich noch, wie sie in
die Hände zu klatschen und mich durch
Zurufe zu ermuthigen pflegte, wenn ich
im (?irks auf meinein Seil tanzte und
wie ihre Augen feucht wurden, als ich
ihr eines Tages erzählte, daß ich von
einer anderen Gesellschaft engaqirt wor
den, die eine Reise um die Welt zu
machen gedachte.
Ob ich auf dich warten will
Marco?" flüsterte sie. Ja, ich werde
warten falls du nicht allzu lange fort
bleibst." Ich lies; sie auf der Tanzschule zurück.
Nach zwei Jahren hatte ich mir Geld
und einen Namen erworben und eilte
nach New York zurück, um Lola an ihre
Gelübde zu mahnen.
Ter erste Schlag der mich traf, war,
daß ich Lola nicht mehr im Cirkus, son
dern als einen der ersten Stars" der
Weltstadt wiederfand, die unter den
Männern nur zu wühlen brauchte.
Auch äußerlich war sie verändert: eine
prächtige, stattliche Erscheinung, die vor
Angst bebte, wenn das Seil unter mir
schwankte und zitterte, und mir zu
flüsterte, ich müsse diesem Leben, das
für mich dasselbe geworden, was das
Opium dem Opiumesser ist, Valet
sagen. Doch was sie mir bei unserem
Scheiden gelobt, schien sie vergessen zu
haben, obwohl sie sich sichtlich Scheu trug,
mir zu sagen, daß ich mir vergebliche
Hoffnungen gemacht.
Es mußte jemand zwischen uns ge
treten sein. O, wie haßte ich diesen
Unbekannten! Doch vergebens suchte ich
den Räuber meines Glückes ausfindig
zu machen.
Allein, eines Abend, als ich eine
Vorstellung in einem New Jorker
Theater gab, siel mein Blick zufällig
auf die Loge, worin Lola mit ihrer
Tante saß. '
Ueber sie geneigt stand ein Herr und
flüsterte ihr in sichtlich verliebter Hal
tung et vas zu.
Einen Augenblick tanzten die Lichter
vor meinen Augen und mein Schritt
auf dem Seil ward unsicher. Eine
Welt voll Schmerz und Haß erfüllte
mein Herz, ein jähes Verlangen erfaßte
mich, auf ihn herabzustürzen, ihn zu er
würgen. Und sie schien zu begreifen,
daß die Krisis gekommen.
Nach Schluß der Vorstellung beglei
tcte ich sie heim. Sie seufzte leise in sich
hinein, während ich stumm und finster
neben ihr herschritt. Doch wollte ich sie
nicht nach feinem Namen fragen, und
so trennten wir uns an diesem Abend
ohne Gutenachtgruß.
Tagelang lag ich auf der Lauer, ich
und der halb idiotische Gehülfe, den ich
auf meinem Rücken über das S:il zu
tragen pflegte, weil er keine Furcht
kannte. Und gemeinsam entdeckten
wir, wer er war der Tanzmeister
ihrer früheren Schule. Ein stattlicher
Bursche mit schönen weißen Zähnen
und jenem einnehmenden Lächeln, wel
wes die Frauen immer zu berücken
pflegt. Vielleicht war es von ihrer
Seite nur eine vorübergehende Be
thörung, aber er folgte ihr allüberall
wie ihr Schalen, und oft, wenn ich sie
bitten wollte, sich selbst getreu zu blei
den und zwischen uns zu wählen, wurde
ich von solcher Eifersucht gepackt, daß
ich kein Wort hervorzubringen der
mochte. Um die Wahrheit zu gestehen, glaube
ich, daß sie mit sich selbst im Zwiespalt
war. Wochen, Monde vergingen, ohne
daß wir einander näher gekommen
wären. Ein stummer, verzweifelter
Kampf hatte sich zwischen uns ent
spönnen. Eines Abends besuchte ich Lola. Mir
war von einem reisenden Cirkusdirek
kor ein glänzendes Anerbieten gemacht,
dreißig Vorstellung über dem Strome
zu Montreal zu geben. Doch ehe ich
New Vork verließ, wollte ich mir vor
erst Gewißheit über mein Loos verschaf
fen. Zu meiner Ueberraschung der
nahm ich, daß Lola von demselben
Direktor engagirt worden. Das Glück
schien mir also günstig. War sie erst
so weit von New $orl entfernt, so
würde sie jenen Mnn bald vergessen
und die guten alten Tage vielleicht wie
Verkehren. Ais ich das Hans alsbald wieder Der
ließ, sah ich draußen eine Männerge
ftalt stehen und zu Lola's erleuchteten
Fenstern emporftarren.
Wüthend flog ich auf ihn zu.
.Nehmen -ie sich in Acht, Monsieur
Blanchard!" rief ich. .Diese Dame wird
bald meine Frau sein."
Er lachte höhnisch auf. - Mcikroür
big. da ich zuversichtlich hoffe, sie bald
die meine zu nennen."
Mit mordluftigen Blicken stierte ich
ihm in'S Gesicht und war nahe daran,
ihn an der Kehle zu packen, als ich
einen unterdrückten Schrei vernahm.
Mich umwendend, gewahrte ich in
dem hellen Mondlicht Lola, die bleich
und bebend an der Brüstung ihres
Ballons lehnte.
.Auf der Stelle soll sie entscheiden."
rief ich. Lola, vor Jahren gabst Tu
mir ein Versprechen. Sage diesem
Menschen, daß Tu dessen eingedenk bist
und heiße ihn gehen."
Todtnblcich starrte sie mich an
Tann brach sie plötzlich in Thränen
aus und stürzte in s Zimmer zurück.
Wie Sie sehen, müssen wir beide es
also miteinander ausfechten, wer sie
haben soll."
Jawohl," sagte ich und lächelte
innerlich in dem Gedanken, daß wir
nach wenigen Tagen weit fort und aus
seinem Bereich sein würden. Jetzt
werden wir nicht fechten, Mr. Blanchard,
doch bald wird unsere Zeit gekommen
sein."
Es war am vorletzten Abend der
Vorstellungen in Montreal. Es war
zu Ende des März und ein herrlicher
Abend. Ich suhlte mich überaus glucke
lich. Jenseits des Stromes in dem
großen Pavillon, hatte Lola soeben
getanzt, und die Menge, die ihr zu
gejaucht, strömte nun in's Freie und
jubelte mir zu. Unser beiderseitiger
Erfolg war außerordentlich gewesen
und Lola von Tag zu Tag freundlicher
und zärtlicher gegen mich geworden.
sodaß ich glaubte, meine dcreinstige
Frage jetzt nur wiederholen zu dürfen,
um ihr Jawort zu erlangen.
Ter arme Blanchard! Nun ich ihres
Besitzes sicher war, empfand ich Mitleid
mit ihm.
..Vorwärts, Jimmy!" rief ich aus
der Höhe herab. Einmal hatte ich das
Seil bereits passirt und stand nun am
Ende desselben, gemächlich auf die
Menge herniederschauend, die darauf
wartete, mich abermals, doch nun mit
dem Manne auf meinem Rucken, den
Weg über den Strom machen zu sehen.
Vorwärts, mach' schnell!"
Ich komme schon!" klang es zurück.
Gleich darauf erkletterte er die Stu
fen der Leiter und das auf meinem
Rücken befestigte Bänkchen und steckte
seine Beine dann durch die Trag
schlingen. Nur ruhig, Mensch! " rief ich, denn
beinahe hätte er mich in's Schwanken
gebracht.
Im nächsten Augenblick setzte ich mich
unter dem Beifallsjubel des Publikums
in Bewegung, während ich grüßend mit
der Nationalflagge wehte.
Das war das Signal für das am
anderen Ufer plazirte Orchester, das
gleich zu spielen begann. Es war
kein Netz gespannt, und tief unter dem
etwa 250 'Meter langen Seile brauste
der Strom.
Auf halbem Wege mußte ich stehen
bleiben, weil Jimmy's Arme so krampf
haft meinen Halö umklammerten, daß
ich zu ersticken glaubte. Er schien sich
über den tosenden Wassern von An
beginn nicht recht behaglich gefühlt zu
gaben. Nun wieder behutsam weiter.
Nur noch hundert Meter, dann war das
Ufer erreicht.
So weit gelangt, pflegte ich in Trab
überzugehen und die Musik mit Spie
len aufzuhören. Fast im nämlichen
Moment bog Jimmy den Kopf her
nieder. Ein heiseres Geflüster klang
mir in's Ohr.
Halt an!.... Nun lsts an der
Zeit, unfern Zwist auszufechten, Mon-
steur Marco!"
Daß ich in jenem Moment nicht ge-
wankt und gestürzt 6i:;, begreife ich
man. Nicht Jiinniy war s, den ich
auf meinem Rücken trug, es war
Blanchard.
Mir war. als muffe ich es in die
Welt hineinschreien. Mein Todfeind
war's, der mich mit der Absicht um
krallte, mich mit sich in die gähnende
Tiefe zu reißen.
Mit unsäglicher Anstrengung der-
mochte ich die Balance zu wahren.
Um Gotteswillen. keine Bewegung, "
rics ich heiser, sonst sind wir beide ver-
loren."
O, ich habe keine Angst," zischte er.
Wenn wir fallen, fallen wir zusam-
men. Glauvsl xü, ich yave Vemem
Gehülfen umsonst zwanzig Tollars ge
geben, nm statt seiner diese Reise zu
machen? Tu dachtest wohl, ich sei aus
dem Wege geräumt und würde euch
nicht zu finden wissen, mein Kerlchen?
Ich habe heute mit ihr geredet, aber sie
wollte mir kaum noch Rede und Ant
wort stehen. Und nun höre mich an:
Dort ist das Ufer und das Leben, doch
nimmer sollst Du es erreichen, falls Du
mir nicht gelobst, sie aufzugeben.
Thust Du es nicht, so fliegen wir beide
hinunter. Nichts anderes kann Dich
retten "
Jedes Wort brannte sich mir in's
Hirn. Blanchard mußte wahnsinnig
sein. Während wir auf dem Seil hin-
und herschmankten. gedachte ich einen
Moment, um Hülfe zu rufen und eS
darauf ankommen zu lassen. Freilich,
meine Schwimmkunft würde mir nichts
nützen, da die harten Eisschollen, die
drunten im Strome trieben, mir ja
doch die Knochen zerschmettern würden.
Alles wirbelte vor meinen Augen. Und
dann kam auf einmal wieder die Re
akkion. Ich faßte wieder Muth. Es
schien mir sicherer, lieber alles zu ver
sprechen.
.Mir bleibt keine Wahl." sagte ich
daher. .Nimm sie. Ich werde Tir
nicht länger im Wege stehen, sondern
noch heute Abend nach Frankreich zu
rückkehren."
Das alles toir das Werk weniger
Minuten, aber es erschien mir wie eine
Ewiakeit. Obne seine Antwort ab-
zuwarten, begann ich meine Schritte zu
ocicyieunigcn, maureno mein erz wie
ein Schmiedehammer bis ir fiedle
emporschlug und kalter Angstschweiß
meine -nnt netzte.
Noch sünsiia Meter. TaS Seil
konnte ich nicht mehr sehen nur der
Instinkt leitete meine Schritte. Schnell
uno mmer schneller vegann ich zu lau
fen, als Blanchard meinen Schultern
plötzlich einen gewaltigen Ruck gab.
Ha, ich sehe, wo Tu hinwillst
schrie er. Eins, zwei drei "
Alles war vorbei. l.is) N,i,5t um
fing mich. Vorüberstüizeiid berührten
meine anoe zusauig vas eil, an
welchem ick einen Moment bänaen
blieb, dann fiel ich. schnell, immer
schneller
Als ich wieder zu mir kam, fand ich
mich aus einem .'agcr.
Tann versank ich wieder in Bewußt
lofiakeit.
Erst nach Tagen vernahm ich, daß ich
noch gerade zur Zeit von einem Boote
aufgefischt, Blanchard's Leiche aber erst
naq meyrcren stunden gesunden wor
den war.
Ten wahren Hergang jenes Tramas
yar Montreal nie ersayren. Lola ist,
wie Sie wissen, meine ttrau geworden
doch über iene Reit vsteaen wir beide
schwelgend hinwegzugehen.
- v T,--a-
Gefangen.
Eine lustige Spii)bbcngeschichle von Paul
l 3.
Karl Weber war einer von den Ent
gleisten". Er hatte seine Eltern früh verloren.
war ohne Halt und ohne Grundsätze
erzogen, bei Leuten, die den Fähigkeiten
des früh reifenden Knaben rathlos ge
gcnüber standen, und so wurde aus
dem begabten Jungen, well er früh in
schlechte Gesellschaft gerieth, einer von
denen, die von der bürgerlichen Moral
in die Rubrik der Entgleisten" klarn-
sieht werden.
Er Hatte nie gelernt, etwas ordent-
liches zu arbeiten, auf vielen Gebieten
war er zu Hause, aber nichts konnte er
ganz; seit einem Jahre hatte er eine
neue Fähigkeit an sich entdeckt, seine
enorme Fingerfertigkeit und Geschick-
llchkeit, anderen Leuten die Taschen
auszuräumen. Anfangs machte ihm
dies Spaß. Er ärgerte und neckte feine
ivreunde damit, daß er ihnen ohne
daß sie es merkten Messer. Schlüssel
und Feuerzeug aus den Taschen holte;
später aber, als er wiedermal kein Geld
und nichts zu essen hatte, trieb ihn die
Noth dazu, seine Gcschicklichkeit auch
einmal in den Taschen fremder Leute
zu versuchen. Und siehe da, seine ersten
schüchternen Unternehmungen gelangen
über alles Erwarten gut, so daß er
Muth und Lust zu neuen Raubzügen
bekam. Natürlich nahm er stets nur
Geldbeutel, auch pflegte er sich die Per-
son vorher genau anzusehen, ob der
Versuch sich auch lohnen würde. So
entwickelte er dies neue Talent nach und
nach derart, daß er jetzt nur noch dieser
pezialität lebte, die ihn denn auch
recht gut ernährte, und ihm in seinen
Kreisen den Ruf eines erstklassigen
Arbeiters" eintrug, selbstverständlich
war die Polizei ihm oft auf den Fersen,
aber tets erfolglos, weil er sich niemals
ertappen ließ.
Aber wie in allen Berufen, so auch
hier: die Konkurrenz war groß. die
Leute gingen mit ihrem Gelde sparsam
um, und so kam es denn, daß Karl
Weber manchmal tagelang umsonst
opcriren konnte; und was er fand, war
kaum des Nehmens werth.
An einem solcher Unglückstaae schlich
er mißgelaunt und schon halb verzagt
durch die Straßen; bereits fünf Ein-
griffe hatte er heute gewagt, aber noch
nicht einmal sein Tagesgeld" hatte er
dabei profifirt. Grübelnd, mit ver-
störtem Gesicht, schlich er weiter von
Straße zu Straße.
Plötzlich stand er still. Er sah eine
elegante Dame ihre Equipage verlassen
und an eine Schaufenster-Auslage tre
ten. Da an diesem Schaukasten meh-
rere Menschen standen, trat er schnell
hinzu, drängte sich unter die Beschauer
und hatte wenige Minuten später be
reits der eleganten Dame das Porte
monnaie eskamortirt.
Jubelnd und seines Sieges sicher
ging er mit seiner Beute von bannen.
Als er eine Strecke entfernt war, trat
er in eine Kneipe uud ließ sich ein Glas
Bier geben, bei der Gelegenheit öffnete
er das geraubte Geldtäschchen, um zu
bezahlen, und da machte er die fatale
Entdeckung, daß in dem Täschchen nur
zwei Mark steckten. Er war empört
darüber, daß eine so feine Dame nicht
mehr Geld bei sich trug. Dann faltete
er einen Zettel, der auch noch in dem
Täschchen war. auseinander. Es war
eine Marke aus einer Färberei. Achtlos
wollte er schon daS Papier fortwerfen,
als ihm plötzlich eine geniale Idee durch
den Kopf ging.
Er sah sich den Zettel noch einmal
prüfend an. Tie genaue Adresse der
Tame stand darauf, die Geldbörse ge
hörte der Baronin von Waldhofen.
Sinnend sah der jugendliche Gauner
daS kleine Papier an. der Plan reifte
weiter und weiter in ihm. endlich ließ
er den Kellner kommen und erbat sich
Tinte. Papier und Feder.
Und dann schrieb er mit gänzlich ver
ftcllter Handschrift Folgendes: Liede
Emmy. ich erwarte Tich heute Abend
H Uhr bestimmt in der Linkstraßc.
Tausend Küsse von Deinem Bude." Er
faltete es zusammen und steckte eS in die
Geldtasche.
Fünfzehn Minuten später klingelte
er beim Baron von Waldhofen. Als
der Tiencr ihn nach seinem Begehr
fragte, antwortete er sehr bestimmt.
daß er dem Herrn Baron eine private
Mittheilung von Wichtigkeit zu machen
habe. Gleich darauf wurde er vorge
lassen.
Nun, was haben Sie denn?" fragte
der Baron erstaunt und musterte ihn
scharf.
Und ruhig und sicher entgegnete der
Gauner: Herr Baron, ich fand, als
Ihre Frau Gemahlin eben ihren
Wagen bestiegen hatte, diese Geldbörse.
die vermuthlich Ihrer Frau Gemahlin
gehört."
Immer erstaunter sah Baron Wald
hofcn auf das Täschchen. Allerdings,
es gehört niclner Frau."
Ter junge Mensch nickte und sagte
dann, ohne eine Miene zu verziehen
Bitte, Herr, untersuchen Sie den 3n
halt."
Der Baron that es. Als er den Zet
tcl las, zuckte er zusammen, beherrschte
sich aber sofort wieder, sah dem Frem
den an und fragte: Sie kennen den
Inhalt auch?"
,.Jch kenne ihn, Herr Baron."
Kleine Pause. Dann der Baron
Was verlangen feie oasur, daß &te
darüber zu Jedermann schweigen?"
Tas zu bestimmen, überlasse ich dem
Herrn Baron, da ich ja nicht weiß, wie
viel diese Mittheilung dem Herrn
Baron werth ist," entgegnete der junge
Gauner.
Jetzt mußte Waldhofen lächeln. Na,
fordern Sie nur," sagt er heiter, wenn
mir die Summe zu hoch ist. können
wir uns ja einigen."
Karl Weber sann ein wenig nach,
dann meinte, er: Nun dreihundert
Mark sind doch gewiß nicht zu viel
dafür; wenn ich zum Beispiel diese
Notiz irgend einem Sensationsblatt
gegeben Hütte, so wäre ich dort recht gut
dasür bezahlt worden.
Bei der Erwähnung eines Blattes
bekam der Baron einen neuen Schreck.
Kurz entschlossen schritt er zum Schreib-
tisch, entnahm der Kassette drei blaue
Scheine, überreichte sie dem Fremden
und sagte: Hier ist, was Sie ver
langen, aber Sie versprechen mir. zu
Niemand darüber zu reden."
Ja wohl, Herr Baron!"
Auch Ihre Adresse will ich haben."
Gern, Herr Baron," und er schrieb
eine icynell erfundene Adrette auf.
Dann war er entlassen.
Jetzt war er wie umgewandelt. Drei-
hundert Mark in der Tasche, das war
ein selten gut gelungener Coup! Heiter
uno sidel ging er weiter.
Natürlich letzt nur erst ordentlich
gegessen und getrunken! seit nahezu
drei Tagen hatte er ja nur von Cacao
und Eiern gelebt; also lenkte cr seine
Schritte einem großen Münchener Bier-
hause zu.
Als er so gemüthlich beim Schoppen
saß iyid nochmals das eben Erlebte an
) vorüberziehen ließ, trat ein Herr an
seinen Tisch, grüßte höflich und sagte:
Guten Tag, Weder."
Ter Angerufene fuhr zusammen, aber
der Schreck hielt nicht an, denn Karl
erkannte in dem hinzugctrctencn Gast
einen alten Bekannten, den er seit
einigen Monaten nicht gesehen hatte,
und dem em eleganter Vollbart das
Aussehen ganz verändert hatte.
Ah. Riebentahl." begrüßte ihn
Karl. Tich hätte ich aber weiß Gott
nichl wieder erkannt."
Ja. man muß sich halt schön
machen," entgegnete 'der Andere heiler.
Sie fetzten sich nun zusammen, aßen.
tranken und tauschten einige ihrer Er
lebnisse aus.
Ter Freund gehörte nämlich auch zur
Zunft, er arbeitete" hauptsächlich in
Bankdiebstählen, und hatte es darin zu
einem gewissen Ruf gebracht.
Er t letzt," so erzählte er ein wenig
prahlend, haben wir drüben in Pots
dam eine sogenannte bessere Sache ge
habt über 80,000 Mark in Gold
und Banknoten. und nur drei Mann
daran bctheiligt. Na, das lohnt sich
doch was?"
Karl nickte nur lächelnd.
Du lachst? Glaubst Du es etwa
nicht?" fragte der Andere leicht verletzt.
Wenn Du es sagst, warum nicht."
Das kannst Tu auch, denn es ist
alles wahr!" Und dann erzählte er gleich
noch von einem neu geplanten Einbruch
bei der Kreditbank, aber dazu brauchen
sie noch einen Hehler: ich würde Dich
ja ganz gern mit hinein nehmen, aber
ich fürchte, Tu bist noch nicht ganz
gewiegt" genug.
Jetzt stieg Karl das Blut m den
Kopf und mit hochrothem Gesicht be
gann er: Was Du kannst, das habe
ich längst gekonnt! erst heute habe ich
einen Fang gemacht, der Tir nie ge
lungen wäre."
.Was wird's groß sein! ein Porte
monnaie mit hundert Mark drinnen!"
warf der Andere ein wenig gering
schätzend ein.
.So, meinst Tu! Nun. ich sage
Tir, daß meine Idee direkt genial
war!"
Na also? schieß doch los! Ich bin
der Erste, der Tein Talent anerkennen
würde!"
Und nun erzählte Karl sein Erleb
niß beim Baron Waldhofen. und
er erzählte eS mit solcher Erregung und
Begeisterung, daß es ihm vollständig
entging, wie das Gesicht des Anderen
schadenfroher und verschmitzt,! mit jeder
Minute wurde.
Als Karl beendet hatte, winttc der
Andere nach draußen. Gleich darau
traten zwei Schutzleute ein und kamen
direkt aus Karl zu.
Verhaften Sie ihn," sagte Herr
Rledenstahl nur, und gleich darauf be
kam Karl Handschellen angelegt.
Schuft Tu!" zischte er dem ehe
maligcn freund und Genossen zu
dann lich er ich ab uhren.
Uiid dieser Herr Riebenstahl, der jetzt
i:n pigcioiensi oer ?krlinliiaipoljet
sian, folgte oen Anderen in einer
Troschke. Er hatte eZ gesehen, wie
Karl der Baronin das Geldtäschchen
stibitzte, er war ihm erst ,n die Kneipe,
dann zu dem Haus des Barons gefolgt,
und nun hatte er dem harmlos Ver
trauenden das ganze Geheimniß tnt
lockt, er lächelte boshaft, Mitleid
kannte er nicht. auch ihn hatte man
einst so gefangen, er rächte sich nur
an der Welt, die ihn zu dem gemacht
hatte, was er nun war.
Noch m derselben Stunde wurde
Baron Waldhofen von der Kriminal
Polizei benachrichtigt, daß er das Opfer
eines frechen Betruges geworden war
Ter Baron lächelte und sagte sich
setzt: zu dumm von mir. daß ,ch elgent
lich den ganzen Schwindel nicht selbst
gleich durchschaut habe!
Als er dann seine Gattin kommen
sah. überreichte er ihr feierlichst die
Geldbörse und erzählte lachend daS
kleine Abenteuer, das er eben mit dem
jungen Gauner erlebt hatte.
Eine aufzerordentliche Geduld
probt
hat ein alter Norweger Namens Bella
Kutridg abgelegt. Seit fünf Jahren
bemühte sich der damals 81jährige
Mann, um einen guten Zeitvertreib zu
haben, die größtmögliche Zahl von
Worten auf eine Postkarte zu schreiben
Er machte es sich dabei besonders zur
Pflicht, keine Lupe zu benutzen und auch
nur mit gewöhnlichen Schieibfedern.
und zwar vollkommen leserlich, zu schrei
den. Ziemlich leicht wurde es ihm.
1000 Worte auf den festgesetzten Raum
zu bringen. Indem cr dann die Zw,
schenlinlkn ausfüllte, brachte er es auf
000. dann aus 0000 Worte. Am
Ende des dritten Jahres versuchte er.
wieder kleinere Schriftlichen zu schrei
ben, und kam auf 20.000 Worte.
Jetzt kannte sein Ehrgeiz keine Grenzen
mehr und er beschloß, einen ganzen Ro
man von 4t,uw Worten aus eine
Postkarte zu schreiben. Ter uncrmüd-
liche Greis arbeitete drei Monnte und
setzte seinen Willen durch. Nunmehr
ist er endlich befriedigt, sein Lebens-
zweck scheint ihm erfüllt.
Sentenz.
Wer laut Tir seine Noth stets klagt,
Xn leidet wohl noch nicht so sehr.
Tie wahre Noth so viel nicht sagt,
Das Unglück macht die Zunge' schwer,
Krieg und Frieden.
Leutnaant: Wenn nur ein Krieg
ausbräche, daß einen die Gläubiger in
Frieden ließen.
Al,al
Wie, Sie lassen sich nicht von
Ihrem Manne behandeln?"
Doktorsgattln: Nein, der kennt
mich zu gut!"
B, diese Rinder.
Mutter (ihre beiden Kinder Hans
und Paul überraschend, welche mit
Schlittschuhen an den Fufzcn auf dem
Parketbodcn des Salons umherlaufen):
Äver, Kinder, um des vimmels Wll-
len, was treibt Ihr denn da, sofort
unterlaßt Ihr das!
Da iitinc Hans: Ach, Mama, laß
uns doch, wir spielen gerade so schön
Eisbahn".
cZemüthIich.
Frau (zur Köchin, die Tags vorher
kündigte): Nun. Anna, haben Sie
sich die Sache noch einmal überlegt?"
öchin: Jawohl, Madam, ich
werd's noch 'n Monat mit Jhna ris
kiren!" Moderne Annonce.
Junge kinderlose Wittwe, im Be-
sitze eines wenig gefahrenen, fast neuen
Tandems, wünscht behufs Neubesetzung
des freigewordenen Sattels die Be
kanntschaft eines radfahrenden Herrn.
Nach Ablauf des Trauerjahres Heirath
nicht ausgeschlossen. Adressen unter
Tandem".
Ein hohes Niveau.
Sieh nur. wie trübselig der Baron
aussieht."
Kein Wunder, dem sind ja die
Schulden bis über seine siebenzackige
Krone gewachsen."
plausibel.
ßhes (zum bettelnden EommiS):
.Sie waren früher bei der Firma Brü
der Werner; warum gehen Sie jetzt
fechten?"
(ommis: .Ich bitte, man muß doch
einmal scldststandig werden!"
Scfenl'dkit.
Zose (in's Schlafgemach tretend):
.Guten Morgen, gnädige Frau!"
Frau von Prozeiitelks (frisch geadelt:
.Frau Baronin, seit gestern, wenn ich
bitten darf!"
Zofe: .Guten Morgen, Frau Ba
ronin seit gestern!"
l'aumiloijtf'.
Bauernbude (zu seiner Mutter, der
Wirthin): Muatta. es is a Dichter
im Garten draußen!"
Mutter: A Tichter? Woher woaßt
denn du dös?"
Bauerndubk: A Glas Wasser hat
cr b'stcllt und an Bleistift!"
Schlaue 5pckl,nwn.
A: Ihr letzter Roman hat ja schon
sechs Auslagen erlebt, wie koinmt denn
das?"
B: Ganz einfach; am Tage nach
der Ausgabe inserirte ich in einer Zci
tung, daß ich eine Lebensgefährtin
suche, die der Heldin meines letzten Ro
mans ähnelt. Sie hätten nur den
Erfolg sehen müssen, in zwei Tagen
war eine Auflage geräumt."
Aus dein löcrichtssaal.
Richter: Sie wollen die Vertagung
der Verhandlung. Angeklagter, weil
Ihr Vertheidiger erkrankt ist': aber da
Sie auf frischer That ertappt wurden
und den Ticdstahl eingestanden, wüßte
ich nicht, was der Vertheidiger zu Ihren
Gunsten vordringen könnte!"
Angeklagter: Tarauf bin ich eben
auch neugierig, Herr Richter!"
Aindermund.
Tante: Also Tein Papa hat nach
seiner Krankheit seine ganzen Haare
verloren? Wie schade, er hatte doch so
prächtiges Haar."
Klein Elschen: Nein, nicht nach der
Krankheit! Du Tante, hast es ihm ja
genommen!"
Tante: Wa as! ich?"
Klein Elschen: Na ja. Papa sagte
ja doch neulich, die Tante ist doch ganz
fürchterlich, sie läßt an keinem Menschen
ein gutes Haar!"
Einleuchtend.
(Im Theater einer kleinen Stadt sind
sämmtliche anwesende Honoratioren zu
Thränen gerührt ' bei der entsetzlich
schlecht gespielten Scene, in welcher
Maria Stuart" Abschied nimmt;
nur ein Herr ist fast zur Heiterkeit ge
stimmt). Einheimischer: Wie?! Sie sind
nicht gerührt?!"
Fremder: Sie werden gütigst ent
schuldigen ich bin nicht aus hiesiger
Gegend!"
Anmaßung.
Landwirth (zu einem Bauern, der
sich an einer Rauferei betheiligen will):
Ob d machst, daß D nauskommst!
Trinkt nix und will mitraufen!"
Einfacher Bescheid.
Ach, Herr Doktor, was nimmt man
nur gegen Schnupfen?"
Ein Taschentuch!"
Glauben Sie, daß das genügt?"
Nun. dann nehmen Sie halt zwei!"
Ach so!
Arzt: Zeig' mir Deine Zunge.
Tommy!"
Tommy: Nein, nein, das thu ich
nimmer. Gestern hab' ich sie dem Leh
rer gezeigt, und davon thut mir heut
noch Alles weh!"
verfehlter Zweck.
A: Sie machen nunmehr der klei-
nen Mathilde schon feit einem Jahr den
Hof. warum halten Sie nicht um ihre
Hand an?"
B: Haha, dann wärs ja aus mit
dem Hofmachen."
Feines Kompliment,
Dame: Ich muß Ihnen sagen. Herr
Doktor, in Ihrem Städtchen giebt es
sehr hübsche Damen."
Doktor: Tas Schönste an unsern
Damen sind die Augen mit denen
ete sie betrachten!
Kindergemüth.
(Auf dem Bahnhofe). Mutter:
Was wirst Du zu der Großmutter
sagen, wenn sie ankommt?"
Die kleine Ella: Danke."
Mutter: Warum Danke?"
Die kleine Ella: Weil sie mir etwas
mitbringen wird."
Besondere Umstände.
A: Hören Sie 'mal das Sofa, das
Sie mir verkauften, steckt ja voll
Wanzen."
B: Weiß ich, meine Annonce in der
Zeitung lautete ja auch: Ein gebrauch
tes Sofa ist. besonderer Umstände hal
der, zu verkaufen."
Ein praktischer Bewerber.
Rentier: Tas Vermögen meiner
ältesten Tochter habe ich in vicrprozen
tigen, dasjenige meiner jüngeren in
dreiprozentigcn Staatspapiere'n ancic
legt." Bewerber: Entschuldigen Sie ist
die Vierprozentigc noch zu haben?"
t