Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 23, 1899, Image 1

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Jahrgang 20.
Lincoln, Neb., Donnerstag, 23. November 1899
No. 2.
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; AuSland-Akpeschcn.
Ter deutsche ilrnj.r in England.
Xrcl Spküch, aus dem goldenkn
Bucht.
1
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Frau, Zoikph', Iiolunj.
I
j Deutschland.
Berlin. 21. Nov.
Der Nationalliberale Dr. Heiligen
stadt. Direktor der (sentralgenossen
schastskasse. ist zum Präsidenten der
Seehandlung an Stelle des neulich zu
rüclgetretenen Frhr. von Zedlih er
nannt worden.
Der in der Stadtrerordnetcn-Ler-sammlung
am Donnerstag verlesene
Brief des Kabinettchefs der Kaiserin,
Frhr. von Mirback, wirbelt ungetzeu
ren Staub auf. Alle liberalen Blätter
erklären sich gegen denselben,
k Die klerikale Germania", das be
kannte öentruinsblatt, sintrt dagegen
an dem Briefe Gefallen.
Die konservative Teutsche Tages
Zeitung" erwartet von dem Briefe keine
Wirkung auf den jüdischen Stadtver
ordneten und Privatdozenten Dr.
Preusz. Die Berliner Stadtverordne
ten litten für das Judenthum über
Haupt mehr übrig als für das Chri
stenthum. Dem konservativenReichs
boten" geht der Brief noch nicht weit
genug, denn er verlangt ein weiteres
Borgchen gegen dieStadtverwaltung.
' Wie erinnerlich, heißt es in dem
Briefe, die Kaiserin sei schmerzlich bc
rührt, das; so viele Stadtverordnete
den Ausgleich zur Beseitigung der
kirchlichen Schwierigkeiten verhindert
haben. Ferner habe die Kaiserin mit
tiefem Schmerz vernommen, daß der
Universitätslehrer Dr. Preuh heilige
Worte verspotte; die Kaiserin hoffe,
dah S den guten und treuen Elemen
ten mit der Zeit gelingen möge, neben
' der Förderung des äußeren Blühens
und töedeihens der Neichshauptstadt
auch an die vielen und tiefen inneren
Schäden die versöhnende und besserre
Hand anzulegen.
Der Borwarts weist darauf hin.
daß E?-Hofprediger Dr. Stoecker auf
dem Parteitag der Christlichsozialen
1 in Erfurt in einer Rede unter allgemei
ner Heiterkeit ausgerufen habe: Wenn
ich dies Wunder fassen will, so steht
mein Herz vor Erfurt (Ehrfurcht)
still." Herr Dr. Stoecker habe also
uch heilig Worte verspottet", ohne
nachher behandelt zu werden, wie jetzt
Dr. Preusz.
Die Leipziger Verlagsbuchhandlung
von I. I. Weber veröffentlicht soeben
ein Goldenes Buch des deutschen Bol
kes an der Jahrhundertwende", wel
ches eine Reihe hochinteressanter Ein
tragungen berühmter Persönlichkeiten
enthält.
; Kaiser Wilhelm schrieb ein: Von
Gottes Gnaden ist der König, er ist
'daher auch nur dem Herrn allein der
ntwortlich. Er darf feinen Weg und
sein Wirken nur unter diesem Ge
sichtspunkt wählen. Diese furchtbar
schwere Verantwortung, die der KL-
jiiq für sein Bolk trägt, giebt ihm auch
das" Anrecht auf treue Mitwirkung sei-
n:t Unterthanen. Daher musz Je
dermann im Volke von der Ueberzeu
gung durchdrungen sein, daß er für
seine Person um verantwortlich ist
für des Vaterlandes Wohlfahrt.
Reichskanzler Fürst Hohenlohe
schrieb: Fortiter in re, suaviter in
modo". Stark und fest in der Sache,
der mild in der Aussuhrung , ein
Wort, das dein Jesuitengeneral Agua-
viva. der um das Jahr 1600 lebte, zu
geschrieben wird.)
Die Eintragung des StaatZsekre-
tärs Grafen von Bülow lautet: DZ
letzte Ziel der Politik ist, den Einzei-
j mann dahin zu bringen, daß er seinen
Egoismus mit Bewußtsein unter die
für die Allgemeinheit als nützlich er-
rannten Zwecke beugt.
"' Viktor Blüthgen. Albert von Bo
guslawski. Felix Tahn. Arthur Fit
ger. Eduard von Hartmann, Hermann
Heiberg, Hans Hopfen, Wilhelm Jen-
scn, Wilhelm Jordan, Julius Roden
derg, Emil Prinz von Schcenaich-Ca-rolath,
Friedrich Spielhagen, Julius
Stinde. Ernst o. Wildenbruch, Detlev
von Liliencron und andere deutsche
Schriftsteller haben einen Aufruf un
terzeichnet. der sich in warmen patrio
tischen Worten für die vom Kaiser und
der Regierung geplanten Flottenver
stärkung ausspricht.
Der Vorwärts" dagegen verhöhnt
die .offiziöse WcNl ersucht .
! Nach dem Lerl. Tageblatt" soll,
wie schon kurz berichtet, der Direktor
der Kolonialabthcilung, Dr. von Buch-
la, wahre Niesengebiete" tn Kamerun
Privatleuten überantwortet haben,
ohne die geringste Kompensation für
das Reich zu fordern. Unter den auf
diese Weise begünstigten Personlichkei
ten befinden sich Graf Sholto Dou
glaS. Herzog Johann Albrecht zu
Mecklenburg-Schwerin, Präsident der
deut chen Kolonialgesellscha t. Rechts
anmalt Dr. Scharlach in Hamburg,
, Mitglied des Kolonialraths, Prinz
" ' Christian von Hohenlohe - Oehrinaen
und Andere, deren Namen vorläufig
noch der Öffentlichkeit vorenthalten
werden.
Dr. von Buchka bezieht ein Gehalt
W 20.000 Mark.
Offiziös wird über die Reise des
ldeutschen Kaisers mitgetheilt: Die
Reise läßt die Politik unverändert.
j2i Vermuthung, daß wir mit John
, Bull durch Dick und Dünn gehen, ist
Unbegründet. Das beutst Reich ist
Elementen" fort: Wer .gut und treu"
sei. darüber entscheiden die Wähler.
Jede Kritik von anderer Sciie ist ent
schieden abzulehnen."
Die Bcssische Zeitung" schreibt :
Gerade diejenigen Leute, welche sich
seiner Zeit furchtbar darüber entrüste
ten. daß Herr von Mirbach auch von
Juden Geld für den Baufonds der
Kaiser Wilhelm - Gedächtniß - Kirche
annahm, wellen jetzt einer auch Juden
und Katholik: einschließenden poliii
schen Gemeinde evangelische Kirchen
baulasten aufhalft. Die städtischen
Behörden bandeln nach ihrer lleterzeu
ciing, ohne durch Einwirkung von Au
ßcn einen Einfluß auf ihre Enlschlic
sangen zu g'statten."
DaS socialistische Hauptorgan. der
.Vorwärts", benutzt diese prächli?e
Gelegenheit natürlich, um einige dos
bostc Bemerkungen zu machen. Er
sagt: .wnskUos hat das Eingreifen
der Kaiserin in die kommunale Pcl'.tik
vielfach verstimmt, indessen ist es vom
Standpunkte der Gleichberechtigung
derGeschlcchter nicht unerfreulich, wenn
die Kaiserin ein gleiches politisches In
teresse zeige, wie ihr Gemahl." So
dann meint der Vorwärts." ein Be
weis für dieMißstimniuna derKaiserin
über das Verhalten der Stadtväter in
der Kirchenbaufrage sei jedenfalls auch
darin zu erblicken, dah sie das Tank
schreiben auf die Geburtstagswllnsche
der Stadtverordneten nicht wie bisher
eigenhändig unterzeichnet habe. Be:
dieser Gelegenheit ist zu erwähnen, daß
während der Verlesung des Briefes die
sozialistischen und einige andere Stadt
verordnete sich nicht von ihren Plätzen
erhoben, sondern ostentativ sitzen blie
den. Die neuen russischen Eisenbahnen
werden zum guten Theil mit amerika
nischem Geld gebaut werden. Wenig
stcns berichtet eine russische Zeitung,
daß 20 Millionen Rubel vierprozenii
ger russischer Eisenbahn - Obligatio
nen in der St. Petersburger Filiale
der New Aork Life Insurance Co."
verkauft worden seien, welche es über
nehmen werde, dieselbe in Amerika un
terzubringen. Bisher hatte Rußland
an den Thüren amerikanischer Finanz
Institute vergebens angeklopft.
Sachsen führt jetzt theilweise weib
liche Fabrik Inspektoren ein, wie
schon längst vorgeschlagen worden war.
Für die Verweisung der Vor.age
zum Schutze Arbeitswilliger an ine
Commission traten besonders die Con
servativcn. Antisemiten und einige Na
tionalliberale ein. und nach ihrer Ab
lehnung wurde die ganze Vorlage shne
Namens - Ausruf niede, gestimmt.
Es gab nachher noch ein scharfes
Wortgefecht zwischen dem Staats-Se
kretär des Reichsamtes des Innern,
Graf Posadowsly Wehner. und Eu
gen Richter. Der Erstere rief erregt
aus: Die Weigerung d:s Hauses,
das Verlangen einer ansehnlichenMin-
derheit nach Erwägung des Entwurfes
in einer Commission zu beachten, ist
ein Verstoß gegen alle parlamentari-
schen Brauche und eine entschiedene un
Höflichkeit gegenüber der Regierunz.
Sie ist ein schlimmes Zeichen.
Der Sozialist Singer: Das ist
Sache des Reichstages."
, Eugen Richter: Es ist nicht parla
mentarischer Brauch, daß das Mini
sterium sich in die Führung der Reichs
tags - Geschäfte einmischt, und außer
d.m braucht der Reichstag ebenso wenig
einen Oberhofmeister. wie der Berliner
Stadirath." (Bezieht sich auf die kürz
liche Geschichte mit dem Brief der Kai
ferin wegen Weigerung des Stadtra
thes. öffentliche Gelder zur Erbauung
evangelischer Kirchen zu bewilligen.)
Wenn der Minister das Vorgehen des
Reichstages für ein schlimmes Zeichen
hält, so ist die Gewohnheit des Mini
sterium. die kaiserlichen Nachtisch-Re-den
zu studiren. um Gesetzvorlagen da
raus zu schmieden . ein noch schlim
meres." Oesterreich.
Wien. 21. Nov.
Daß die jetzige Lage für das Beste
hen der Doppel - Monarchie Oester
reich - Ungarn kritischer ist. als je seit
dem Jahre 1848. darin stimmen alle
Wiener Staatsmänner überein. Die
Presse und die Politiker sind entrüstet
über die Hartnäckigkeit der ungarischen
Mitglieder der Delegationen, weil diese
die jüngsten Vorschläge Oesterreichs
hinsichtlich der gemeinsam zu tragenden
Ausgaben abgewiesen haben.
Die Integrität des Reiches wird
wenigstens in nicht zu ferner Zukunft
bedroht durch einen Streit um die
Summe von 300.000 Gulden, denn so
viel betragen etwa die drei ViertelPro
zent. um welche die beiden Reichshälf
ten streiten. Die Verhandlungen wur
den abgebrochen, nachdem sich die Ver
trcter Ungarn's geweigert hatten, den
Kompromiß - Vorschlag von 33 Pro
z!nt anzunehmen und die Oesterreich
den Vorschlag Ungarns. 34 Prozent
zahlen zu wollen, ebenfalls verworfen
hatten. Die Entscheidung liegt jetzt
bei der Krone, cber eine solche Ent
scheidung kann nach den Bestimmungen
der Verfassung nur auf zwölf Monate
gelten. Tann müssen die Delegationen
einen neuen Versuch zu einer Einigung
machen. und da"n?
England.
London. 22. Nov.
Ter Tod der Gemahlin des Pre
mierministers Salisbury würde, selbst
wenn das nicht von vornherein beab
sichtigt wäre, jede politische VerHand
lunz zwischen den Deutschen und eng
lischen Diplomaten unmöglich machon.
Bezüglich der weiteren Ereignisse in
Südafrika macht sich hier jetzt nach der
Ankunft der britischen Truppen in der
Capstadt und Durban eine g:!'e:e
Siegeszuversicht bemerkbar. Die besten
Truppen werden fortgesetzt nach Dur
ban gesandt, wohin soeben wieder vom
Kap au 2 Transportschiffe mit
Schützen und Füsilieren abgegangen
sind. Dennoch erwartet man nicht,
daß die Entsatzkolonne von Estcourt
vor der ne'.chestn Woche vorrückt. Lady
fmith hält man hier für vollkommen
sicher.
Wenn die letzten Truppen am Kap
angekommen sind, so sind von Englanö
dorthin 80.000 Mann (?) befördert,
wou noch 20.000 afrikanische Milizen
kommen.
Große Ueberraschung hat hier die
Meldung hervorgerufen, daß jetzt auch
Estcourt von 10,000 Buren vollständig
eingeschlossen ist. Man glaubte hier
allgemein, daß die Buren zwischen
Estcourt und Eolenso den Engländern
entgegentreten würden. Jetzt ober gilt
es für gewiß, daß ihre Hauptmacht Vif
Westor rückt. Von diesem Orte zweigt
eine Straße nach Norden ab. welche es
dcnEngländern ermöglichen würde, den
Bauern in die linke Flanke zu fallen.
In Westgiiaualand schließen sich
immer mehr Ortschaften und Buren
ihren Stammcsgknossen an. Ueberall
wird die Fahne des Freistaates gehißt
und das Land für aniiektirt erklärt.
Die Bauern treten in der Kapkolonie
mit immer größeren Streitkräften auf.
In Kolesberg stehen 1300 Bauern.
Ladygrey ist von den Engländern ge
räumt. Aon Mafekilig und Kimberley sind
seit mehreren Tagen keine Nachrichten
eingetroffen.
Es wird berichtet, daß die Labt)
smith belagernden Buren stetige Ver
stärkungen und Lebeusmittel erhalten.
Uebir die Marschrichtung des General
Methuen, der angeblich Kimberley ent
setzen soll, wird nichts bekannt gegeben
werden.
Heute Morgen kam in Turban das
Transportschiff City of Cambrdge
mit dem 2. Bataillon der schottischen
Schützen an.
Nach den letzten Meldungen aus La
dysmith vom 16. und 17. fand dort
nichts von Bedeutung statt. Die gestri
gen Londoner Siegesnachrichten waren
also eitel Schwindel. Trotzdem wird
heute von Estcourt nochmals gemeldet,
daß die Buren am Mittwoch vor Lady'
fmith geschlagen seien.
General White ist ohne Zweifel ge
nau bekannt, daß General Joubert mit
der größeren Hälfte seines Heeres nach
Süden gezogen ist. Aber die Englän
der sind jetzt so vorsichtig geworden,
daß sie schwerlich die Gelegenheit zum
Ausbruche benutzen werden, weil sie
eine Kriegslist der Buren fürchten.
Windsor. 21. Nov.
Kaiser Wilhelm und seineBegleitun
unternahmen heute Morgen einen Ritt
und kehrten dann zum Frühstück nach
dein Schlosse zurück. Dann begab er
sich mit dem Prinzen von Wales, dein
Herzog von Jork, dem Herzog vonCon
naught und dem PrinzenChristian von
Schleswig-Holstcin in den Wildpar!
von Windsor auf die Jagd und lunchte
spater im Cranbone Tower.
Die Kaiserin unternahm während
des Vormittags in Begleitung ihre:
Söhne und der Prinzessin Heinrich von
Battenberg einen Spaziergang und br
suchte auch die St. George's und Al
bert Kapellen. ,
Frankreich.
Paris. 22. Nov.
Der Senat, vor dem die Prozess,-
rung der der Verschwörung gegen die
Republik Angeklagten stattfindet, setzte
heute das Berhor Guerin s fort; der
selbe behauptete, die Anti-Semiten
Liga habe nichts mit den Royalisten
zu'thun gehabt, habe sich auch nicht M')
Politik abgegeben, sondern habe eiufa
die arbeitenden Klassen gegen tu
Macht der Juden vertheidigt". Auch
behauptete Guenn, daß er nie gegc:
die Republik conspirirt habe. Dann
erging er sich in einer Schilderung
der Leiden der im Fort Chabrol" Be
lagerten und bestritt, daß er je mit
scharfen Patronen auf die Polizei ge-
schössen habe.
Zunächst wurde dann Dubuc. der
Präsident der Liga der jungen Anti
Semiten, verhört. Dubuc erklärte, die
Demonstrationen der Liga seien yaupt
sächlich czegen die Revision des Drey-
sus-Prozesses gerichtet gewesen.
C o l u m b i e n.
Panama, 22. Nov.
In der Nähe von Bucaramanga, der
Hauptstadt des Departements San
tander. fand am 15. und 16. Novem
der ein heftiger Kampf zwischen den
Aufständischen und Regierungstruppen
statt, in dem letztere siegten. Auf bei
den Seiten fochten etwa 10.000 Mann.
Die Aufständischen hatten 1000 Todte
und 2000 Verwundete. Unter den er
steren soll auch General Pablo Emilio
Ballier sein, unter den letzteren die In
furgentenfllhrer Uribe und Francisco
Gomez. Von den Regierungsgenerä
len wurden Pena Solang Pillemizar
und Fernandez verwundet. 'Bucara
manga ist von Regierungstruppen
besetzt.
Der britische Dampfer Manavia"
ist hier gestern mit 600 Rekruten von
Buenaventura angekommen. Wenn
die in nächster Zeit erwarteten weiteren
400 Rekruten angekommen sind, wird
im nächsten Monate der Marsch nach
der Küste des atlantischen Ozeans be
ginnen. Insel Malta.
Malta. 22. Nov.
Von einem amerikanischen Trans
portschiff, das auf der Fahrt nach Mtv
nila begriffen ist. landeten heute 800
Soldaten des 47. Infanterie-Regiments
und winden vom Gouverneuk
auf d?!N Paradevlatz inspizirt.
Mllnd-Dkpclchcn.
Tkr Vice Präsident arret l.
Hobart ist gestorbrn.
Gouv. Zkearl, führt auf k,r Zscl
Guam Rtsormku ei.
, i
Bim Philippiiik rüg.
vice . Präsident . Hobart
g e st g r b e n.
Patersbn, N. I.. 21. Nov.
Der Vice-Präsident Hobart verschied
Morgen 8i Uhr. Seine Familie und
sein Arzt waren an seinem Sterbela
ger. Seit g.'stern Nachmittag hatten
dein Kranken die Kräfte verlassen: um
Mittervacht verließ ihn das Bewußt
sein, um 7 Uhr Morgens trat Athem
noth ein. von der er nicht loieder befreit
wurde, bis das Ende kam.
Der Privatfekretär des Tahinge
fchiedenen, Evans, gab dem Präsiden
ten McKinley telephonisch Nachricht.
Garret Augustus Hobart wurde am
3. Juni 1844 in Long Brauch. 31. I..
geboren; 1803 graduirte er vom Rut
ger'Z College und studirte. nachdem er
kurze Zeit als Lehrer thätig war.
Rechtswissenschaft. Seine Lausbahn
war dann eine erfolgreiche. 1809 ver
wählte sich Hobart mit Jenni Tuttle.
der einzigen Tochter seines älteren
Theilhabers: die Gattin und ein 14
Jahre alter Sohn überleben ihn; seine
Tochter starb vor einigen Jahren wäh
rend einer Reise in Italien.
Im Jahre 1871 wurde Hobart zum
Mitglieder des Stadtrathes von Pa
tcrson gewählt, 1872 zum Legislatur
mitglicd, 1876 zum Staatssenator.
Von 18801891 war er Borsitzer des
republ. Staatscomites, 1884 Mitglied
des National-Comitei, u?id 1891 dessen
Vice-Vorsitzer.
Hobart's Name war außerhalb sei
nes Staates wenig bekannt, als er
1896 für die Vice-Präsidentschaft ge-
nannt wurde. Doch erfolgte seine No
mination ohne Opposition. Nach der
Wahl versah er sein Amt in würdiger
Weise und erfreute sich auch in den
Kreisen seiner politischen Gegner gro
ßer Beliebtheit.
Als Geschäftsmann war Hobart er
folgreich. Er würd', in oen Tirekto
nraih vieler bedeutenden Gesellschaf
ten gewählt und war an mehreren Un
ternehmungen stark bctheiligt.
Hobart erkrankte vor ungefähr zwei
Monaten und brach so vollständig zu
sammen, daß die Aerzte nur geringe
oder keine Hoffnung auf Wiederher
stellung hatten. Die anscheinende Bes
serung, welche vor 14 Tage.i eintrat,
war, das letzt: Aufflackern.
Den Vorsitz im Bundessenat wird
an Hobart's Stelle jedenfalls Senator
Frye übernehmen. Derselbe rückt aber
damit nicht zum Vicepräsidenten auf.
sondern er bleibt nur Präsident des
Senats pro tempore.
Als die Nachricht von dem Tode des
Vice-Präsidenien in der Stadt bekannt
wurde, wurden auf den meisten Gebäu
den die Flaggen halbmast gezcgen; die
Gerichte vertagten sich. Eine Menge
Beileidstelegramme liefen schon am
Vormittag ein, darunter das erste vom
Präsidenten McKinley und Frau.
Das Leichenbegängniß wird vor
aussichtlich am Samstag stattfinden,
doch wurde darüber noch keine feste Be
ftimmnng getroffen.
Washington. D. C.. 22. Nov.
Nach Schluß der Cabinetssitzung er
ließ der Präsident eine Proclamation
an das Volk der Ver. Staaten, in
welcher er das Hinsckzeiden des Vice
Präsidenten ankündigt und dessen
Verlust beklagt. Der Präsident lob:
den Verstorbenen als einen Mann von
hohen Verdiensten und edlen Chara?
tereigenschaften. Am Tage des Be
gräbnisses sollen alle Bundesämter ge
schlössen bleiben und auf allen Armee
und Marine - Stationen das Stcr
nenbanner auf Halbmast gehisst wer
den; auch sollen die Vertreter der Re
publik im Auslande für 30 Tage
Trauer anlegen.
Paterson. N. I.. 22. Nov.
Herrn Hobart's Begräbniß wird an:
Samstag Nachmittag 2 Uhr von der
Erlöser -Kirche aus stattfinden.
Washington, D. C.. 22. Nov.
Es ist beschlossen worden, nicht wie
üblich, nur in Comite des Senats zu
dem Begräbniß des Vize-Präsidenten
Hobart zu senden, sondern jedes Mit
glied des Senats wird ersucht werden,
der Trauerfeier beizuwohnen. Eins
diesbezügliche Einladung ist bereits an
jeden Senator abgesandt.
An dem Begräbniß werden ferne:
t
4"T fjr
;!KCgl
f" 6Ar.nET a. noBAirr.'.
töeilnehmcn: T:r iai'.dent und die
Kabinetts-Mitglieder. die Mitglieder
des Ober Bundesgerichts, viele Con
gxcß Adgeordnctc und höhere Regi?
rungsdeam'e.
Reformen aus Guam.
rieio ?Iork. 22. Nov.
Ter .Tribute" wird von Washing
ton gemeldet: Gud. Lear. derMa'.
baber der Insel Guam, verzucht
sich in allerhand Reformen. Nach sl,i
nen Berichien sind die Eingedottnen
so faul, dah sie nicht mehr thun, al!
sie müssen, um nicht zu verhungern.
Der Gouverneur ist bestrebt, den Lu--Un
einen Begriff zu geben von deur
natürlichen Reichthum der Jnlel. E:
meldet, daß er keine weiteren Marine
truppen brauche, da für dus-lni keine
Nahrungsmittel vorhanden seien; C2i)
sei von den Eingeborenen nichts zu
fürchten, doch wünsche er einiaeOsf:.;'e
re, die ihm helfen könnten, die Lac,' der
Bevölkerung zu b.'ssern; auch nichte er
eine Eismaschine haben. Ter Regie
rungssitz ist Aguna, sechs Mei!rn von
Port Louis und Apra. Pon dort musz
Alles lcrg?brcht werden, ivas die
Schiffe bringen.
Besonderes Interesse verdicren zivei
Verordnungen des Gourerncurs. Tie
erste verfügt, daß alle erwachsenenviin'
geborenen durch Lieferung von Nah'
rungsmittcln zum Unterhalt dn Re
gierung beitragen sollen. Jcce: muß
bii Vermeidung von Straf.' Cier,
Früchte. Gemüse oder Getreid. l.rin
gen. Jeder Bürger muß w.'n'.zsiens
12 Hennen und ein Schwein heben.
Die zweite Verfügung verbietet das
ehrlose Zusammenleben. Gouv. Leary
tadelte diese Unsitte scharf und ordnete
kostenfreie Eheschließung für alle
Familien" an. Eine Folge war. daß
die Offiziere sauer arbeiten mußten,
um allen Paaren Scheine auszustellen,
bis alle legitim verheirathet waren.
. Im Allgemeinen ist die Bevölkerung
entgegenkommend und der Gouverneur
zufrieden.
' Bon den Philippinen.
Manila. 22. Nov.
Der Aufenthaltsort der Generale
Lawton und Z)oung wird nun gerade
so mysteriös äls wie der Aguinaldos.
Man glaubt in Manila, daß Lawton
sich auf der Fährte der Insurgenten
regierung befindet, die in letzter Zeit
stets auf derWanderung war, und nun
die Jiisurgentenminister in den Bin
qui - Bergen verfolgt. Lawton hatte
schon lange den Wunsch, die Führer
des Aufständes zu fangen, und er so
wie der Gen. Aoung sind der Ansicht,
daß eine Kavallerie - Brigade, die von
den Erzeugnissen des Landes lebt, die
selben in irgend einem Theile der In
sei stellen konnte. Einen unbestimmten
Gerücht zufolge sollen Aguinaldo und
Andere beinahe von den Amerikanern
umringt gewesen sein als der Jnsur
genteniührer Tarlac verladen hatte,
doch soll er, als Landmann verkleidet,
entkommen fein.
Soldaten von Gen. Lawton'sStreit-
macht, die in Cabanatuan angekommen
nno, jagen, oag oie neuna,: Kampagne
anMühsalen ungemcin rich war. Biele
Soldaten blieben erschöpft liegen und
mußten in verschiedenen Plätzen ohne
genügende Verpflegung zurückgelassen
werden. Viele Pferde krepirten auf dem
Marsch und mancheSoldatcn und selbst
Offiziere mußten halbnackt weiter
marschiren, da die Dornen ihnen die
Kleider beinahe ganz vom Leibe ge
rissen halten. Hunderte mußten barfuß
gehen, da ihre Schuhe zerrissen; die
Nahrung bestand größtcntheils aus
Bufseltlclsch und Bananen.
EinEinhaltsbefchl.
Sprinqfield. Jll., '62. Nov.
Richter Gustav A. Kocrncr von
Bellcville Anwalt für die Belleville &
St. Louis Traction Co., erhielt vom
Richter B. R. Burroughs einen Ein
haltsbefehl, nach welchem den Strei
kern und deren Anhängern untersagt
wird, irgendloie den Betrieb der
Straßenbahnen in Belleville zu stören.
Der Einhalisbefehl wurde ertheilt,
weil ein Angriff auf einen Straßen
bahnwagen gemacht war.
Nicht angenommen.
Neiv ?)ork. 22. Nov.
Das Torpedoboot Dahlgren" hat
die amtliche Prüfunqsfahrt nicht zur
Zufriedenheit des Marineamtes be
standen; die Bestimmungen des Con
traktes wurden nicht erfüllt. Die Er
bauer müssen 55000 Strafe zahlen, da
die Geschwindigkeit die vorgcfchrieb
nen 30 j Knoten nicht erreichte und da?
Schiff wird von der Regierung n'.cht
übernommen werden.
Wer war der Todte?
Los Angeles. Cal.. 22. Nov.
Vor sechs Monaten beging hier ein
Fremder, der später als Aaron Wols
söhn von St. Louis identificirt wurde,
Selbstmord. Der Localaqent einer
New Äorker Versicherungsgesellschaft
erhielt daraufhin eine Anweisung auf
510.000 Versicherungsqelder. welche
er dem Administrator übergab. Dieser
löste den Check ein. Heute nun erhielt
der Agent eine Depesche, er möge die
Einlösung des Checks verhindern, da
Aaron Wolfsohn am Leben sei. Wer
der Selbstmörder ist. wird nun wohl
ein Geheimniß bleiben.
Feuer an Bord.
Norfolk. Va.. 22. Ncv.
Der deutsche Dampfer Olinda".
Capt. Hansen, der das Signal Feuer
an Bord" gegeben hatte, wurde von
drei Schlcppdmpsern von Old Point
nach Pinner's Point gebracht, wo mit
der Löscharbeit begonnen wurde. Man
hofft, die Flammen dämpfen zu kön
nen. Die Ladung dürfte dann gelöscht
werden und das Schiff nach New ?)otl
weiterfahren. Wie groß der Verlust
ist. kann noch nicht festgestellt werden.
j AuölM-Mttschcn.
Tie Burrn uiarschireil dem rng
lischen entsatzhkkre entgegen.
$i Rkvplution in olumbit.
Trr Pro,eß Aroni.
'Um
Deutschland.
.' Berlin. 22. Nov.
Bor dem Tisciplinarhos für nicht
richterliche Beamte fand gestern der
Prozeß gegen den Privatdozenten an
der hiesigen Universität Dr. L. Arons
statt, den die Regierung wegen seiner
tozialdemokratischen Ansichten aus
seiner Universitätsstellunq zu entfer
neu trachtet. Den Vorsitz führte de:
UnterstaatS-Sekretär im Finanz-Mi-nisterium.
Wirkliche Geheime Rath
Meinecke. Der Vertreter der Regie
rung. GeiVmie Regierunasrath Dr.El
frtr, vortragender Rath im 5tulti.mi
nisterium, verlangte die Entlassung
Dr. Arons als Universitätslehrer. Der
Vertheidiger des letzteren, der sozial
demokratische Reichstagsabgeordnete
Rechtsanwalt Heine, trat hauptsächlich
der Ansicht Elster's entgegen, daß die
Sozialdemokraten den Umsturz der
staatlichen Ordnung auf revolutionä
rem Wege anstrebe, und daß daher ein
Mann, der einer solchen Partei ange
höre, sich nicht zum Lehrer der Jugend
eigne. Heine bestritt entschieden, daß
die Sozialdemokraten gewaltthätig.'
Absichten hätten, erklärte vielmehr, daß
sie die von ihnen angestrebte Neuord
nung bet Dinge lediglich auf legitimem
Wege erreichen wollten.
Der bekannte NationalökonomPro
fessor Schmoller, der die philosophische
Fakultät, welch als erste Instanz Dr.
Arons freisprach, vertrat, hielt eine
glänzende Rede, in der er unter Ande
rem äußerte, kein Mensch glaube an
wirkliche revolutionäre Pläne der So
zialisten. Ter Senat der Universität
billige das freisprechende Urtheil der
Fakultät. Professor Schmoller citir
te ferner ein vor mehreren Jahren von
Professor Zeller und dem inzwischen
verstorbenen Professor von Helmholtz
abgegebenes Gutachten. in welchem
ausgeführt wird, daß seine sozialisti
sche Gesinnung einen Privatdozenten
nicht unwürdig mache, an einer könig
lichen Universität ein Lehramt zu be
kleiden. Redner schloß init den km
phatischen Worten: Lieber mit Helm
holtz und Zeller unterliegen, als mit
Dr. Elster siegen."
Ter Gerichtshof zog sich dann zur
geheimen Berathung über das Urtheil
zurück. Das letztere wurde nicht be
kannt gegeben und liegt jetzt dem preu
ßischen StaatZ-Ministerium zur Be
ftätigung vor.
Wie es heißt, wird das deutsche
Kaiscrpaar auf der Rückreise von Eng
land vielleicht Holland besuchen, um
den Besuch zu erwiedern, den die Ko
nigin Wilhelmina und ihre Mutte:
Anfang vorigen Monats dem Kaiser
und der Kaiserin in Potsdam abstat
teten. Die Korrespondenz bc Bundes
der Landwirthe" bezweifelt die Zu.'
verlässigkeit des Ministers v. Miqucl
und erklärt, daß man nach dem bisher
rigen nur platonischen Wohlwollen des
Ministers den Agrariern gegenüber
gespannt sein müsse, ob der neue Zoll
tarif die agrarischen Forderungen ver
wirklichen werde.
Die Komponisten Karl Ulrich in
Bremen und Hermann Spielter in
New Nork haben für die beste Kompo
sition eines Liedes, das die altberühm
te Harzburg glorifinrt,, von dem Ge
birgsverein Harzklub" einen Preis
erhalten. i
Im Deutschen Theater in Berlin hat
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j Probekandidat" einen starken Erfolg
erzielt, dagegen fand im königlichen
Schauspielhause Ludwig Fulda's
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eine ziemlich lüyie Aufnahme.
Der v.fr Reichsgerichtsrath
Mittelstadt ist in Rom. wo er sich zut
Erholung aufhielt, gestorben.
Am Donnerstag starb in Berlin der
General der Infanterie a. D. Gustav
v. Stiehle, der bekannte Generalstabs
Chef des Prinzen Friedrich Karl im
Kriege 187071.
Im Zirkus Schumann in Berlin
verursachte der amerikanische Feuer-,
tänzer Heyton einen Brand, indem er
einem Stück Gazedekoration zu nahe
kam und dies in Flammen aufging.
Glücklicherweise gelang es, die Flam
men schnell zu löschen.' so daß eine Pa
nik vermieden wurde.
Berlin. 22. Nov.
Betreffs des in der Stadtverordne
len - Versammlung am Donnerstag
verlesenen Briefes des Kabinetchefs der
Kaiserin. Freiherr von Mirbach, wird
nun auch gesagt, der Brief nehme irr
thümlich an. daß der Magistrat in der
Kirchenbaufraqe mit den Stadtverord
neten nicht übereinstimme. Letzteres
sei jedoch nicht der Fall, und deshalb
sii es ungehörig, der Stadtverordneten
Versammlung einseitig Vorwürfe zu
machen. Die National - Zeitung"
meint. Herr von Mirbach hätte lieber
abdanken, als sich zur Unterzeichnung
des Briefes hergeben sollen. Die de
mokratische Volks - Zeitung" sagt
ganz spöttisch, es geschehe den Stadt
Vätern ganz recht, wenn ihnen von
oben" die Leviten gelesen würden,
denn de: Brief sei nur eine logische
Konsequenz ihrer bisherigen Rückgrat
losigkeit dem Hof gegenüber. Dann
fährt das Blatt unter Anspielung auf
die Phrase von den guten und treuen
nicht länger ein schiracheZ !t?äumckn. .
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bewahren unsere Unabhängigkeit, bis
wir durch die eigenen Interessen zu
hur Option gezwimgen werden. Das
ist aber jedenfalls noch lane hin. denn
durch vorläufiges Bersländiaen über
einzelue Fragen wird der Entschei-
dungskampf zwischen Rußland und,
England auf u?estimmte Zeit hinaus' j
geschoben." j
Das Simoa - Abkommen kuthaltk!
keine Geheiiklauseln, wodurchDeutsch-
land sich etwti verpflichtet, irgendw
auf dem Erdenrund die englische Pok
tik zu unttrstübe. ,
Der Deutschen Tageszeitung" zu
folge soll der Kaiser bei der Vereidi
gung der Garderekruten in Berlin zu
der versammelten Generalität geäußert
haben, er müsse trotz der herrschenden
Äolksfiimmung ach England reisen,
weil er durch sein Versprechen gebun
den fei. Die Reise habe nur einen fa
miliören Charakter. Hierzu bemerkt
das citirte Blatt: Leider hängt du
Beurtheilung der Reise nicht von. der
Auffassung des Kaisers ab."
Die hier tagende Delegirien-Ver
sammlnug des Central - Verbandes
deutfckr Industrielle hat einstimmig
eine Resolution angenommen, die sich
zu Gunsten der Vorlage zum Schutze,
Arbeitswilliger ausspricht. Auf der
anderen Seite raüen 60,000 Mitglie
der Hirsch-Dunkcr'scher Gewerkvereine
eine Petition an den Reichstag gerich
tet, in welcher gegen die Vorlage pro
tcstirt wird. ' ' ,
Wahrscheinlich wird die Vorlage ei
ner Llommission überwiesen ivcrden. v
Bezüglich der vom preußischen Ab
geordnetenhause abgelehnten Mittel
landkanalvorlage deutet die Franks
furter Ztg." an. daß Minister v. Mi
quel es gewesen sei. der den Kaiser be
wog, die politischen Beamten, die gegen
den Kanal stimmten, zu maßregeln,'
anstatt den Landtag auszulosen.
Berlin. 21. Nov.
Der Berliner Lokal - Anzeiger" i
erörtert allen Ernstes die Möglichkeit
eines afrikanischen Dreibundes, beste!
hend aus dem Präsident Paul Krüger.!
dem König Menelik von Abessinien'
und dem KhalifaAbdullah, und kommt'
zu dem Schluß, daß eine solck? Com-!
bination hochscnsationell" sein würde, j
Die . vielbesprochene Vorlage zum
Schuhe der Arbeitswilligen ist heuten
vom Reichstage abgelehnt worden. j
Die Voranschläge für das Reichs
R,,kt s,,t ttii fntnf' Wifritii 9
058,121,551 Mark; wiederkehrend
Ausgaben 1.783.045,498 Mark; nicht
wiederkehrende Ausgaben der gewöhn
lichen Voranschläge 195.877.642 M.;'
dasselbe in außergewöhnlichen Boran
schläqen 79.198.411 Mark. Den Vor
anschlagen wird eine Spezial An
leihevcrlage beigefügt, welche die au
ßergewöhnlichen Ausgaben für die
Armee, Flotte und Eisenbahnen, zu
sammen 7 ,098.411 Mark, deckt.
Während der neulichen Anwesenleit
des Zaren in Potsdam einigte man sich
auf die Gnindzüqe eines abzuschließen
den Handelsvertrages zwischenDeutsch
land und Rußland. Kaiser Wilhelm,
der Zar, Dr. v. Miguel und der rus
sische Finanz - Minister De Witte be
sprachen die Angelegenheit gründlich,
euch die drohende Finanz - Krisis in
Rußland. Es wird gesagt, daß die letz
tcre, wenn sie eintritt, großentkeils auf
die zahllosen industriellen Unterneh-
mungen. veondcrs :n derElenoranche,
zurückzuführen ist. die unter dem russi
fchcnSchutzzoll begründet wurden, aber
dann infolge ter ungenügenden Koh
lenliefcrungen von Seiten der Kohlen
gruben in Süd - Rußland ihren Be
trieb sehr einschränken oder ganz ein
stellen mußten. Dies hatte zur Folge,
daß die Preise, besonders in der Ei
senbranche. encrin stiren. aberDeWitte
machte kurzen Prozeß und reduzirte
den Preis für das Eisenbahnmaterial,
das der Staat brauchte, um etwa 50
Prozent. Da viele der Fabriken einzig
begründet wurden. umMaterial für die
trans - sibirisch? Eiftnbahn zu liefern,
so war das Vorgen ttft iüsslsAii
Finanz - Ministers für dieselben ver
derbenbringend. Die russische sowohl als die deutsche
Regierung sehen die Lage als sehr ernst
an. aber in den Finanz - Kreisen Ber
lin's hält man die Krisis nur für tem
por?r. In Anbetracht der vom Za
ren in Potsdam gezeigten Friedensbe
strebungen und der anscheinenden Halt
losigkeit der Berichte von einem Vor
rücken der Russen auf Afghanistan und
Persien zu, sind diese Finanz-Kreise
geneigt, den russnschen Finanzen bei
zustehen. Sie gehen dabei von der An
sicht aus, daß es in ihrem eigenen In
teresse ist, Rußland und Frankreich ein
ander mehr zu entfremden und Ruß
lands Kaufkraft zu erhöhen, was dann
der deutschen Industrie zu Gute lom
men würde.
Als das Resultat der Abstimmung
verkündet wurde, brachen die Sozial
Demokraten und die Mitglieder der
Linken in tosendes Gelächter und Hän
beklatschen aus.
Der Conlervative Baron Stumm
stellte den Antrag, die Vorlage an ein:
Commission zu verweisen, aber Dr.
Lieber vom Centrum, von dessen Hal
tung das Schicksal der Vorlage ab
hing, kündigte an. dah er den Antrag
nicht unterstützen werde.
Türkei. -'
Kenstantinopel, 21. Nov. 1
Die Pforte hat an die Mächte eine
Note gerichtet, in welcher sie das Ver
langen nach Abschaffung der auswär
tigen Postämter in der Türkei wieder
holt. Man glaubt jedoch, daß dem Ver
langen nicht stattgegeben wird.