Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 16, 1899, Image 12

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    siunJ un Aatze.
jjmorfff von faul Halitxvtn.
Tit Nachmittag-ionne schien in daS
orofef. behaalic Zimmer und beleuch
Ist mit ihren Strahlen selbst den ent
senilsten Winkel. Und doch gelang es
idr nicht, auch nur ein Ttaubchen zu
entdecken, so spiegelblank war die ganze
Einrichtung. GeradleHnige steile es
fei. ein ebensolches Scpha. alterthüm
licht Schränke und ein derselben Epoche
angehörender Schreibtisch bildeten einen
würdigen Rahmen zu der Besitzerin
dieser Herrlichleiten: der verwittmeten
ffrau eenator Fiebelkorn.
Tie würdige alte Tarne, die nicht
weit von den Siebzig entfernt sein
mochte, hatte trotz der Laft der Jahre
eine noch hohe, ungebeugte Gestalt
AuS dem von weißen, wohlgeordneten
Puffen umrahmten Haupte schimmev
ten freundliche blaue Augen, die recht
lebensfroh blitzen konnten. In diesem
Augenblick trug daS Gesicht einen fast
horchenden Ausdruck:
.Sind die Beiden schon wieder an
einander gerathen?" murmelte sie vor
sich hin, als aus dem Nebenzimmer daZ
Rücken von Stühlen. Schlagen von
Thüren und heftige? Stimmengeschwirr
ertönte. .Sobald Kurt sich nur sehen
läßt, ist mit dem Mädel nichts anzu
fangen. Erst wird geplänkelt, und in
einer Viertelstunde ist immer der schönste
Streit im Gange. Da kann ich nur
meinen Lieblingsplan begraben; aus
Denen wird sicher niemals ein Paar,
die leben ja zusammen wie Hund und
Katze."
So jäh wurde die Frau Senator in
ihren Reflexionen unterbrochen, daß
ihr vor Schrecken einige Maschen deö
Strumpfes von der Nadel fielen. Denn
mit einem heftigen Ruck wurde die
Thür aufgerissen und herein stürmte
ein junges Mädchen, das wohl kaum
mehr als achtzehn Lenze zählen mochte.
DaS liebliche Gesichtchen strahlte vor
Uebermuth, ein leichter Pfirsichflaum
bedeckte die Wangen.
Aber Jlka.? tönte eS tadelnd vom
Fenster her, was ist denn nun schon
wieder los? DaS ist ja ein Lärmen
nebenan, als ob eine Schaar halbwüch
siger Rangen sich dort tummelte, und
nicht ein junger Herr und eine eben
solche Dame deS neunzehnten Jahrhun
derts sich unterhalten."
Da fragst Du noch, Tantchen?"
klang eS halb empört, halb lachend
aus Jlka FohnströmS Munde. Dem
Herrn Forstreferendar Kurt Stauffen
paßt heute einmal wieder gar nichts an
mir. , Sogar mein weißes Kleid, auf
das ich so stolz bin." bei diesen Wor
ten besah sich das junge Mädchen von
allen Seiten im Spiegel, um die vor
thcilhafte Wirkung, die der sich dicht
anschmiegende Wollstoff hervorbrachte,
zu bewundern, fand er nicht hübsch.
Grün wäre seine Lieblingsfarbe. In
folge dessen wünsche ich mir natürlich
ein blaues Kleid zu meinem Geburts
tage."
Einem Forstmann kann man es
nicht verdenken, wenn er die grüne
Farbe liebt. Du könntest ihm deshalb
schon wirklich einmal die Freude machen
und ein grünes Kleid anziehen. Kurt
würde Dir sicher für diese zarte Auf
merksamkeit dankbar sein."
Deshalb schon auf keinen Fall! Er
thut mir aber auch nichts zu Gefallen.
Wenn ich ihn bitte, auf dem Waldhorn
zu spielen: C schöne Zeit, o selige
Zeit," dann bläst er gewiß: Kein
Feuer, keine Kohle." Üeberhaupt är
gert er mich, wo er mich trifft."
Dann begreife ich nicht, weshalb
der Herr Neffe überhaupt jeden Sonn
tag zu uns kommt. Ich an seiner
Stelle bliebe unter diesen Umständen
lieber in Kelzin; Oberförsters leben
sehr gesellig. Das müßte ihm doch ein
größeres Vergnügen machen, als sich
hier mit seiner Cousine herumzu
zanken."
Ganz meine Meinung, bestes Tant
chen! Sage Du einmal selber dem ein
gebildeten Herrn Referendar die Mei
nung. Dort kommt er gerade!"
Die Thür öffnete sich und in dersel
den erschien ein hochgewachsener junger
Mann in der kleidsamen Tracht eines
Forstmannes. Den londen Schnurv
bart keck aufgewirbelt, die Augen vor
Lebenslust blitzend, schien er sich der
eigenen Schönheit bewußt zu sein.
Guten Tag. verehrungswürdigfte
aller Tanten! Ich freue mich. Dich in
guter Gesundheit anzutreffen nach tuet
ner achttägigen Abwesenheit," begann
der junge Mann und küßte dabei der
Angeredeten zärtlich die Hand.,
Mit einem Blick deS Wohlgefallens
musterte ihn die Frau Senator:
Du siehst etwas erhitzt aus, lieber
Kurt. Jlka soll Dir eine Erfrischung
holen."
Ja, ja. dienen lerne das Weib bei
Zeiten nach seiner Bestimmung. Du
kennst doch den schönen Spruch. Also
übe Dich darin, theure Cousine," er
widerte er lachend, zu verjüngen Dame
gewandt.
Für Kurt besorge ich nichts, Tant
chen," klang es trotzig vom Fenster her.
Der kann sich das selber herbeitragen
oder Mina rufen."
Kinder," mahnte die Frau Senator
beruhigend, wollt Ihr denn niemals
vernünftig werden. Jeder allein ist
der prächtigste Mensch, nur zusammen
seid Ihr unerträglich. Was soll daraus
nur noch werden. Ich weiß es wirklich
nicht!"
Aber ich," entfuhr es Kurt's
Lippen.
Jlka Fohnftröm trug von nun an
deS Sonntags wirklich ein blaues
kleid und schwärmte ostentativ für
Wagner und dies nur. weil Kurt
Staunen die grüne Farbe bevorzugte
und Mozart verehrte.
Üeberhaupt spielten sich die Beiden
einen Schabernack nach dem anderen
zur nicht gelinden Verzweiflung der
gütigen Frau Senator.
Wie oft hatte sie nicht schon den ivn
gen Assessor gebeten: Kurt, komme
lieber nicht mehr so oft zur tadt. diel
leicht bessert sich dann Euer feindliches
Verhältniß in der Entfernung."
Ader auch dieser gute Rath war in
den Wind gesprochen. Kurt kam. sah
und stritt.
Auch heute einen Sonntag hell
und klar halte er seine Schritte wir
der in die Stadt gelenkt und wie immer
galt seine erste Frage dem Ergchen der
anmuthigen Cousine.
Jlka rüstet gerade zu einer Rad
tour."
.Tann werde ich mich ihr anschließen
Darf ich?" fragte er die eintretende
junge Tame.
.Ich kann Dich daran nicht hin
dern," klang eS kühl von ihren Lippen
.Wie viel mir im übrigen an Deiner
Begleitung liegt, wirft Du ja selbst am
besten wissen."
.Wenn mich mein Gefühl nicht ge
wattig täuscht, genau so viel, wie mir
an Deiner," erwiderte Kurt ironisch.
die Augen vor Spottlust funkelnd.
Nein, diese Kinder! Womit habe
ich das verdient?"
Nur mit Mühe unterdrückte die Frau
Senator die aufsteigenden Thränen.
Trotzdem radelten die beiden streit
baren jungen Leute nach wenigenAugen
blicken der Chaussee zu, die nach dem
Stadtwalde führte.
Aber so sehr Kurt sich auch bemühte,
ein friedliches Gespräch im Gang zu
bringen, es glückte ihm nicht eine
schnippische Antwort löste die andere ab.
Und doch, hätte Jlka die sehnsüchtigen
Blicke bemerkt, die ihr Begleiter auf sie
heftete, vielleicht wären ihre Worte
weniger herb gewesen.
Wirst Tu übrigens nicht hald ein
mal versetzt?" unterbrach sie plötzlich
eine längere Gesprüchspause.
DaS steht ganz in meinem Belieben:
falls Du es aber wünschest, kann ich
mich ja nach Ostpreußen melden," ent
suhr eS Kurt bitter.
Bitte, thue mir den Gefallen! Dann
hört doch endlich der ewige Streit auf,
jetzt leben wir wirklich nur noch wie
Hund und Katze zusammen."
Morgen komme ich also um meine
Versetzung nach Masuren ein. Da aber
bis zu diesem Zeitpunkt immerhin eine
geraume Zeit verstreichen wird, will ich
Dich schon von heute an mit meiner Dir
so verwünschten Gegenwart verschonen.
Erlaube, daß ich sofort den Anfang
mache."
Wie es Dir beliebt, lieber Vetter."
klang es trotzig zurück.
DaS Rad wenden und heimwärts
lenken war bei Kurt eins und doch
wäre er weniger eilig gewesen viel
leicht hätte er die Thränen gesehen, die
Jlka Fohnström vergeblich zu unter
drücken suchte.
In kurzer Zeit hatte die junge Tame
den sich meilenweit um die Stadt
erstreckenden Wald erreicht. Es war
noch früh am Morgen und von den
zahlreichen Ausflüglern, die des Sonn
tag Nachmittags den Wald bevölkern.
Keiner zu erblicken. Jlka Fohnström
mü ihrer schlanken, biegsamen Figur
war eine vorzügliche Radlerin, so ließ
sie denn in tiefen Gedanken versunken
und des Weges nicht achtend, ihrem
Stahlrößlein freien Lauf.
Halt, schönes Kind, erst ein Küß
chen!"
Ein Todesschreck durchrieselte Jlka
bei diesen Worten. Sie blickte auf und
gewahrte dicht vor sich eine ziemlich der
lumpte Gestalt, die in der Hand einen
dicken Knüppel hielt.
Wohl versuchte das junge Mädchen
denk Unhold zu entfliehen, doch ver
gebens. Mit stämmiger Faust griff er
in die Speichen des Rades und wollte die
fast Ohnmächtige umarmen.
Hilfe! Kurt, hilf mir!"
Und als ob der Schall ihrer suchen
den Stimme Wunder gewirkt hätte, so
blitzschnell tauchte in diesem Augenblicke
der Ersehnte in dem Gestrüpp auf.
Den Hirschfänger in der Rechten
warf er sich dem Strolche entgegen, der
bei dem Anblicke des kräftigen Mannes
schleunigst die Flucht ergriff.
Kurt aber umfaßte das bebende
Mädchen und streichelte beruhigend ihr
blondes Köpfchen, das sich schutzsuchend
an seine Brust schmiegte.
Bin ich Dir nun nicht mehr so zu
wider, mein Liebling, oder soll ich trotz
dem fortgehen?"
Die Antwort mußte er wohl in ihren
Äugen lesen, die strahlend zu ihm auf
schauten.
Zwei bis drei Stunden mochten in
zwischen vergangen fein, als Kurt
athemlos, noch im Radler-Anzuge, in
das Zimmer der Frau Senator stürmte:
Tante, denke Dir," begann er ohne
Gruß, sie hat sich verlobt!"
Wer sie V
Aber "wie Du fragst! Jlka natür
lich!"
Jlka? Gegen meinen Willen! Ohne
mir etwas davon zu sagen? Das soll
ihr theuer zu stehen kommen. Von heute
an ist sie enterbt."
Die alte Dame konnte vor Erregung
kaum weiter sprechen. Einen Augen
blick fächelte sie sich mit dem Taschen
tuche Kühlung zu, dann fuhr sie fort:!
Mit einem fremden jungen Mann?
Tazu gebe ich niemals meine Zustim
mung. Vielleicht hatte sie gar schon
lange ein Liede-verhältniß mit ihm.
hinter meinem Rücken. Glaubst Tu
nicht auch, stnrt?"
.Nein, das glaube ich nicht. Tant
chen. Tie Sache ist neuesten Tatums."
.Einerlei. Mir soll sie nicht wieder
vor Augen kommen; ich will sie nicht
mehr sehen."
.Ader, liebe Tante.. .."
Nimmst Tu sie etwa noch in Schutz,"
herrschte ihn die alte Tame an. ,Tas
wird ja immer schöner! In einer
Patrizier Familie verlobt sich die
Pflegetochter hinter dem Rücken der
Ihrigen mit einem fremden Manne,
und das soll man dann noch gutheißen.
Schäm' Tich Kurt!"
Ja. so laß Tir doch erst einmal
erzählen "
Ich will nichts davon hören. Oder
ist Tir der betreffende Herr auch schon
bekannt?"
Schmunzelnd nickte Kurt mit .dem
Kopfe.
Und daS sagst Tu jetzt erst." drängte
die Frau Senator erregt. .TaS hätte
ich nicht von ' Tir gedacht. Rasch
heraus mit der Sprache! Wer ist es
mit wem hat sich daS ungerathene Kind
verlobt?"
.Mit mir. bestes Tantchen!"
Zum Tode verurthcilt.
Aus den Erinnerungen ein deutschen Offt
ziers. ZZon 33. M.
Langsam verfolgte unser Bataillon
die chaussirte Straße in dem Thale des
Oignon. Es war ein heißer Tag.
Die Sonne brannte auf den bepackten
Rücken unserer Leute, und sehnsüchtig
erwarteten die erhitzten und müden
Burschen den Befehl zum Rendezvous.
Unser herzensguter Kommandeur,
von den Leuten, die mit fast abgöttischer
Liebe an ihm hingen, allgemein Papa
W." genannt, verstand in den Gesich
tern zu lesen und gab seinem Adjutan
ten den Befehl, vorzureiten und einen
Rendezvous Platz auszuwählen.
Nach kurzem Marsche erwartete der
Adjutant daZ Bataillon an einer Bie
gung der Straße.
herrlich war das Thal, das sich vor
uns ausbreitete. An einem rauschen
den Bache, begrenzt an der einen Seite
von senkrecht emporstrebenden Felsen,
zeigte sich eine saftige Matte unter
schattensprendendcn Laubdäumen.
Die Kompagnieen aufrücken und die
Gewehre zusammensetzen." ertönte das
Kommando von der Tete aus.
Bald standen die Gewehrpyramiden
kompagniemeise ausgerichtet, und daZ
abgehängte Gepäck lagerte' in gleicher
Ordnung dahinter.
Die abgetretenen Leute suchten den
kühlen Schatten der Bäume auf oder
standen noch in Gruppen zusammen.
Aus einer solchen Gruppe schlugen
französische Laute an mein Ohr, der ich
in Dienstgeschäften noch umherging.
Eine Frauenstimme klagte und jammerte
so tief traurig, daß es mir in's Herz
schnitt. .
Ich trat näher nnd erkannte die
junge Frau eines Notars, welcher we
gen thätlichen Angriffs auf unsere
Truppen beim Einmarsch in ein Böge
sendörfchen mit den Waffen in der
Hand gefangen genommen und zum
Tode durch Erschießen verurihcilt wor
den war.
Unserem Bataillon war der Todes
kandidat zum Weitertransport und zur
demnächstigen Vollstreckung der Todes
strafe übetgeben worden.
Ernst und gefaßt saß der junge
Mann auf einem Baumstumpf und vor
ihm kniete sein junges schönes Weib,
ihm liebkosend die Hände küssend und
wehklagend mit allen erdenklichen Wor
ten die Gnade des Himmels und die
Milde der Soldaten erflehend.
Die Aermste war von ihrem Lieb
flen, das sie besaß, nicht zu trennen ge
wesen und hatte es schließlich erreicht,
daß sie bei ihrem Gatten bleiben konnte.
Muthig hatte sie schon feit Tagen die
Strapazen des Marsches, Durst, Hun
ger und die Unbilden des Wetters er
tragen, nicht klagte sie darüber, sondern
jammerte nur über den ihr bevorstehen
den Verlust des Mannes, an dem sie
mit so unbegrenzter Liebe hing.
Welches Soldatenherz kann solcher
Seelengröße, solcher rührenden An
hänglichkeit. selbst wenn es durch die
blutigen Kämpfe gestählt worden,
widerstehen?
Jeder Mann des Batillons stand
unter der Einwirkung eines solchen
Opfermuthes.
Mein Dienst führte mich allabendlich
nach dem Beziehen der Quartiere in
das Hauptquartier unserer detachirtcn
Armee-Abtheilung, und so nahm ich
Gelegenheft, mich dort eingehender nach
den Vorgängen, welche zu dem Todes-
urtheil über den Notar geführt, zu er-
kundige.
Eine Anzahl von Dorfbewohnern
hatte sich dem Einrücken einer unserer
Truppenabtheilungen mit der Waffe
widersetzt. Gleichsam fechtend war
der Eingang in das Dorf erzwungen
worden, und die zurückgedrängten, be
thörten Bewohner hatten sich, gefolgt
von unseren Truppen, in die nächst
gelegenen Häuser geflüchtet. In einem
dieser Gebäude war Notar mit
einer Schußwaffe in der Hand unter
mehreren Bauerndurschen betroffen und
festgenommen worden.
Wenngleich er hoch und theuer der
sicherte, daß er die Waffe kurz vorher
nur ihrem bisherigen Träger aus der
Hand amtiert, um ihn an dem zweck
losen Gebrauch zu hindern, so sprach
der ch:m doch gegen ihn.
Mit mehreren anderen Personen war
der Notar nach den Vorschriften
der KriegSgcfctze zum Tode verurtheilt
worden.
Ter Schein sprach gegen ihn. und
daS Urtheil war nach Kriegsgebrauch
ein gerechtes. Konnte aber doch nicht
die Möglichkeit vorliegen, daß der Un
glückliche die Wahrheit gesprochen und
nur weiterem Blutvergießen in der
wohlgemeintesten Absicht hatte Einhalt
thun wollen? Solche Erwägungen
marterten auf dem Rückwege mein
Hirn, insbesondere da die unglückliche
Frau nicht aufhörte, die Unschuld ihres
Gatten heiligst zu betheuern. und
schier gewundert mag sich mein treueS
Pferd haben über die nervöse Unruhe
und Hast, mit der ich es heimwärts
lenkte. '
Alles lag in tiefem Schlummer, als
ich in das Kantonnement einrilt, nur
die Befehlsempfänge! der einzelnen
Kompagnien erwarteten vor dem
Quartier deS Kommandeurs meine
Rückkehr, und gleichmäßig schritt der
Posten vor dem in der Nähe gelegenen
Schulhause, welches für diese Nacht den
Gefangenen barg, auf und ab.
Der Dienst war erledigt; aber Riche
konnte ich nicht finden. Unwiderstehlich
zog es mich zu dem Schulgebäude hin.
Auf spärlich ausgebreitetem Stroh
faß wach und verzweifelt der Gefan
gene. Liebevoll hielt er fein treues
Weib im Arme, eS beschützend in dem
kurzen Schlaf, den ein mildthätiger
Gott stärkend über seinen Engel hatte
kommen lassen.
Mich floh der Schlaf, und mit Sehn
sucht erwartete ich den kommenden
Morgen.
So oft eS mein Dienst erlaubte,
suchte ich während des Marsches am
nächsten Tage den Gefangenen an der
Oueue auf und ließ mir wiederholt die
Vorgänge be: seiner Ergreifung ev
zählen.
Immer mehr festigte sich in mir die
Ueberzeugung, daß der Unglückliche kein
heimtückischer Feind! sondern nur das
Opfer unglücklich zusammentreffender
umstände geworden sei.
Unserem herzensguten Kommandeur
gegenüber machte ich kein Hehl ' von
meinen Zweifeln und meinen Sympa
thien für den Unglücklichen. Still-
schweigend billigte er meinen Entschluß,
bei dem nächsten Befehlsempfang den
Höchstkommandirenden. als den Herrn
uver even und Tod. um Gnade für
den erurtheilten zu bitten.
Als ob mein braver Hans mit mir
fühle und denke, so hurtig brachte er
mich in das Armee-Stabsquartier.
Die Befehle waren ausgegeben
und plaudernd standen die Adjutanten
noch kurze Zeit vor dem Quartier des
Befehlshabers.
Ein alter Soldat von Schrot und
Korn, tapfer, bieder und gerecht, dabei
wohlwollend und weich von Gemüth
trotz der rauhen Außenseite, die er oft
zeigte, war der Führer unserer Armee
Abtheilung.
Er kannte mich aus früheren Beaeg
nungen persönlich und hatte mir stets
ein väterliches Wohlwollen entgegenge
vrachi.
Schnell entschlossen, ließ ich mich
nochmals bei dem General melden
Freimüthig, wie er es liebte, wollte' ich
ihm die Angelegenheit unseres Gefan
gcnen nochmals vortragen, und für ihn
um Begnadigung bitten.
Der Befehl zum Eintritt kam.
Noch jetzt klopfte mir das Herz in
Erinnerung jener Stunde ebenso wie
damals. Tie Erregung gab mir so
warme Worte auf die Lippen, ich wurde
so beredt, wie ich es niemals wieder ge
worden bin.
Am Tische sitzend und mich imou
gesetzt ansehend, hörte mich der Gene
ral mit immer freundlicher werdenden
Gcsichtszllgen ruhig bis zum Ende an.
Ich war zu Ende und muß bei aller
militärischen Kürze doch ein tüchtiger
Anwalt für den Verurtheilten gewesen
sein. Die wenigen Sekunden, welche
der General, mich immer noch an-
blickend, auf eine Antwort warten ließ.
wurden mir zur Ewigkeit.
Da erhob er sich, drückte mir stumm
die Hand und befahl mir, draußen vor
der Thür das Weitere zu erwarten.
Ter Ruf nach seinem Adjutanten tönte
mir nach. Nach einiger Zeit über
brachte dieser, der jetzt auch schon den
ewigen Schlaf schläft, wie sein guter
Chef, mir die schriftliche Ordre, daß in
Anbetracht der vorgetragenen Umstände
der Notar begnadigt werde und als
bald in Freiheit zu fetzen sei.
Hei. wie tagte mein treues Pferd die
dunklen Waldwege entlang dem Kan
tonnemcntsquartier zu und weit zu
rück ließ ich die mich begleitende Ordon
nanz. Galt es doch einem verzweifel
ten Mcnschenpaar eine glückliche Stilnde
zu bereiten, was fragte ich da noch
nach Weg. Dunkelheit und persönlicher
Gefahr.
Wiederum lag das Dorf in tiefster
Ruhe, und wieder ging die Schildwache
vor einem Bauernhause ruhig auf und
ad.
Mein Kommandeur hatte sich schon
zur Ruhe begeben, erwartete mich je
doch. Ebenso ruhig wie sonst hörte er mich
an, gab zunächst seine Befehle und be
glückwünschte mich danu zu dem Er
folge. Der Posten vorder Thür sah mich er-
staunt an, als ich in später Nachtftunde.
oder bester gesagt, in so früher Morgen
stunde mit der BataillonS.Ordoiinanz
den Gcfangcnenraum betrat.
Er mochte wohl ebenso denken, wie
die Unglücklichen selbst, daß ich gekom
men. um den Verurtheilten auf seinen
letzten Gang vorzubereiten.
Lautlos blickte der Notar mich an.
und aufschreiend stürzte die Gattin in
ihrem Schmerz zu meinen Füßen nie
der. Als ich sie aufhob und ihr zu
flüsterte, daß ich ihr Erlösung von
ihren Qualen durch die erwirkte Be
gnadigung ihre? Gatten brächte, da
war des Glückes und der Seligkeit kein
Ende.
Es sind alte Erinnerungen, welche in
der Seele eines alten Soldaten aus
großer Zeit wieder lebendig werden.
Möge mam daran nkennen, daß trotz
der Rauhheit des Krieges die Herzen
der deutschen Krieger immer gut und
milde schlagen
Und die Franzosen, die während der
lege deS ersten Napoleon die Herren
im geknechteten Teutschland waren.
haben sie ebenso den deutschen Patrioten
gegenüber ihr Herz sprechen lassen? Ich
befürchte. Nein
(sin Bauwerk des Kaisers er.
An dem rechten Ufer der Narenta bei
Capyljina in der Herzegowina wurde
vor Kurzem ein Bauwerk deS Kaisers
Nero entdeckt. ES handelt sich um ein
großes Römerlagcr, dessen Entstehung
die Archäologen in die Regicrungszeit
des Kaisers Nero, daS heißt in das erste
Jahrhundert unserer Zeitrechnung ver
legen. An dem ausgeqrabenen Mauer'
werk erkennt man die Spuren eines
Brandes, durch welchen dieses inkx
essante Bauwerk zerstört wurde, und
besondere Merkmale lassen darauf
schließen, daß dieser Brand im vierten
Jahrhundert stattfand. DaS Lager
hatte eine Länge von ungefähr 330 Fuß
und eine Breite von 200 Fuß. Zum
Theil lst das Mauerwerk noch gut tt
halten. Die Außenmauern hatten drei
Thore, von denen das eine zwei Etagen
hatte. Besonders gut erhalten haben
ich einige Thürme, die an dielen ange
brachte Ornamentik und in demselben
befindliche Treppen. Bei den Ausgra
bungen wurde ein besonders reicher
Fund an Gerathen und Waffenftücken
gemacht. Von diesen sollen die besser
erhaltenen Stücke auf der Pariser Aus
stellung zur Schau gestellt werden.
Einige unbekannte Taphiriana.
Ein Komponist, dessen Schöpfungen
in dem Blatte des Satirikers Saphir
getadelt wurden, traf den boshaften
Kritiker auf der Straße und sagte zu
ihm: Tie Zeit wird schon einmal kom
men. wo ich Sie in Wutb sehe."
Seken Sie mich in was Sie wallen "
sagte Saphir, nur nicht in Musik."
Er gerieth einst mit einem Kollegen in
Woriwech et, die er. welcher den u
moristen um seinen Ruf beneidete.
sagte: Sie schreiben nur für Geld, ich
jedoch um die Ehre." Jeder schreibt
für das. was ihm fehlt." gab Saphir
zur Antwort. Ein Laffe verhöhnte
ein t einen Buckligen. Savbir tröstete
diesen mit den Worten: Alle Welt
kann nicht platt sein." Er meinte
einmal, es gäbe eine Art Stücke, die
nicht ausgepfiffen werden können und
zwar aus dem Grunde, weil es unrnfln
lich fei, bei dem Gähnen zu pfeifen.
Er kam an einem Platz vorüber, wo die
Arbeiter eben, mit Graben beschäftigt
waren, man wollte dem Landesfürstcn
ein Monument errichten. Als ihn je
mand fragte, warum hier so lange ge
graben werde, erwiderte er: Sie kön
nen keinen Grund zum Monument sin
den." '
Eine komische Szene
spielte sich auf dem Hofe einer Kaserne
zu Wiesbaden ab. Tie zur Uebung
eingerucne andwehr war damit be
schäftigt. die Kleider zu verpassen.
Plötzlich erscheint ein strammes Weib
auf der Bildfläche, geht an den Gliedern
vorbei und mustert jeden einzelnen
Wehrmann. Bei einem, der versehen
mit. Helm, Militärhose und Civilrock
damit beschäftigt war, die Schnür
schuhe anzuziehen, macht die Frau Halt.
faßt ihn an der Brust, zieht ihn vor die
Front und macht ihm bittere Vorwürfe
oaruoer. oan er den ganzen Wochenlohn
mitgenommen und ihr gar kein Geld
zurückgelassen habe. Bei dem Hervor
zerren vor die Front war aber auch die
Frau dem Landwehrmann schon in die
Hosentasche gerathen und hatte den
Geldbeutel sammt Wochenlohn trium
phirend herausgezogen. Der Mann,
feiner ganzen Baarschaft beraubt, bricht
in den drastischen Ruf aus: Dann
mach' Du auch die Uebung mit!" Ge
rührt durch diese Worte, öffnet die Frau
den Beutel, gibt dem Manne einen
Theil des Geldes zurück und verläßt
hoch erhobenen Hauptes den Kasernen
Hof. den Wehrmann dem Hohnqelächter
seiner Kameraden preisgebend.
Der Grobian.
Fremder: In Ihrer -Stadt scheint
der Thierschutzverein aber auch schwach
vertreten zu sein?"
Wirth: Warum? Sind Sie
vielleicht inhuman behandelt werden?"
Aus der Schule.
Lehrer: WaS meint Johanna d'Arc
damit, wenn sie sagt: Tas Schlacht
roß steigt'?"
Ter kleine Moritz: Tas P erdcfleisch
wird theurer!"
(Sfp&ft'rcbe.
Dame (zum Kofferträgcr): .Glau
den Sie denn, daß dies Kofferchen den
Transport nach Helgoland aushalten
wird?"
Kofferträgcr: Werden wir gleich
sehen (den Koster mit Wucht auf
den Boden werfend), soviel muß er bei
dem Einladen aushalten (die Prozedur
wiederholend), das beim Umladen
(den Koffer mit gewaltigem Ruck auf
die Achsel schwingend, wobei der In
halt nach allen Richtungen auseinander
fliegt) und das bei der Ankunft. Na,
eS wird gehen, aber weiter hält'S keinen
Schritt!"
Mißdeutete, Zeichen.
Polizei-Leutnant (zum Ticnstmäd
chen): WaS ist denn los mit Ihnen?
Sie zittern ja wie Espenlaub! Haben
Sie solche Angst vor mir?" '
Tienstmädchcn: .Nee."
Leutnant: .Nun. weshalb zittern
Sie denn so?"
Dienstmädchen: Weil hier noch nicht
eingeheizt ist."
Lnfant terrible.
Tante: .Nun. Karlchen. weshalb
siehst Tu mich denn immerwährend so
genau an?"
Karlchen: .Ich wollte sehen, ob Du
gerade oder krumm bist?"
Tante: .Weshalb denn?"
Karlchen: Ja. weil Papa schon
öfter gesagt hat! die Tante ist ver
dreht."
Reservirt beantwortet.
Gutsherr: Nun. wie gefällt Dir
mein Gut, lieber Freund?"
Freund: .Hm, prachtvolle Um
gebung!"
Aus der Schule.
Lehrerin: Ich habe hier 10 Dollars
und borge mir noch 10 zu, was habe
ich dann?"
Der kleine Max: Schulden. Frau.
Lehrerin!"
Boshaft.
A: Fräulein Müller ist vorige
Woche unter die Vegetarianer ge
gangen."
B: Kein Wunder. Die wird das
Fleisch nicht mehr beißen können."
Schmerzliches Brakel.
Jüngling (der von einem Neben
buhler geohrfeigt wird): Sie liebt
mich liebt mich nicht ach, bitte
hauen Sie doch noch ein einziges
Mal zu!'
Sicherer Trost.
Studiosus A: Ist es wahr, erbst
Du von Deinem verstorbenen Onkel
fünfhundert Flaschen Tokayerwein?"
Studiosus B: Ja, ein süßer Trost
ist mir geblieben!"
wenn sie" kocht
Junge Frau (vor dem neuen Herd):
..Die Suvve ist so versallen, dak sie
kein Mensch essen kann; das Fleisch ist
angebrannt, und das Gemüse ist mir
in's Feuer gefallen und das nennt
man nun einen Sparhcrd!" f
Ausreden lassen.
Csvr rtiif D. kivkia a! Tvrt.
V" . wvv wuup( llllt Uliic
ansprechend): Fräulein gestatten, daß
iiy ic vegieue k
Dame: Sehr gern, aber ich weiß
nicht, ob es Ihnen anaenebm ist "
SSerr Ainterhrcificnhl- iSntir .
Y".......vm.,ivi WVif. WH"
genehm!"
Dame: .... Die Bekanntschaft mei
nes Mannes zu machen."
Line Ausnahme.
Lehrer: Man kann 2 Acvfel und 2
Aepfel zusammenzählen, das macht vier
Aepfel. aber 2 Aepfel und 2 Birnen
kann man nicht zusammenzählen, denn
Aepfel und Birnen sind verschieden
das sind weder 4 Aepfel noch 4 Birnen!"
Der kleine Karl (Sobn eines Milch
Händlers): Aber. Herr Lehrer. 2 Liter
Milch und 2 Liter Wasser zusammen
sind doch 4 Liter Milch."
Kindermund.
Der kleine Emil: Papa, giebt es
auch Thiere, die Permögen besitzen?"
Papa: Wie kommst ' Du denn
darauf?"
Emil: Na, sagt man doch Kavi
talvieh!"
Das fehlende Rezept.
Mann: Was blätterst Du denn so
eifrig im Kochbuch?"
Junge Frau: Ich will morgen
waschen, und suche das Rezept, wie
man die Wäsche kocht."
Ein hartnäckiger Selbstmörder.
Ein Bahnwärter findet beim AftiidW
seiner Strecke auf dem Sckienenstran
einen Menschen liegen. Was machen
le denn hier. Sie sind wsbl be-
trunken?"
Nee. aber lebensmüde bin ick. ick
will mich vom Zug überfahren lassen." X
Wärter: ..Machen Sie keinen Unsinn
und stehen Sie sofort auf!"
Nee. nee. lassen Sie mich nur; ich
stehe nicht eher auf, bis ich todt bin."
Der Bader.
Bader geh' b'sinn' Ti'. ob Dir gar
niz mehr ei'fällt, daß da Bana net
Itirbt."
Bader (nach längerem Besinnen):
Ja, mei Bäu'rin, 'schröpft hab i 'n
fcho', Ader lassen hab' i 'naa scho, aber
an Zahn kunnt ma eahm no ziag'n."