Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 02, 1899, Image 12

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    lmejiiv inbrcdjor.
aui bm lüaninlib auf Sumatra
B :H Henne am dn.
iius Morgen? wachte ich in meinem
primiiiven .Aisistentcn-'Haus aus der
Wanlaae Banafat Uiitona' im un
leren Teli mit einem so wüsten Kopse
aus. baß ii noch im valdichlummc
mich lebhaft in meine feuchtfröhliche
Studentenzeit zurückversetzt träumte, in
welcher ein .Kater- nicht gerade zu den
aröktcn Seltenheiten achört hatte.
l'lii Mübe raffte ich mich endlich auf
erkannte zu meinem Erstaunen, daß die
TroveN'Sonne bereits ihre ersten waae
rechten Strahlen durch die dielen breiten
Ritzen der auS Latten und steifen
Palmblättern verfertigten Wünde warf
und machte mir mit einem unangeneh
men (efiible klar, da ich den mor
oendlickcn Kuli-vvell trotz allen Bla
senS auf dem Bünelhorn gründlich vev
schlafen haben mußte. Tazu dieser
dumpfe Kopfschmerz, den ich mir in
keiner Weise erklären konnte, da ich mich
am vorigen Abend wie gewöhnlich kurz
nach meinem frugalen Adendvroo zu
Bett gelegt hatte.
Kaum aber kam ich endlich auS mri
nein Moskito-Vorhang zum Borschein.
als eine neue Entdeckung mich vollstan
big ermunterte. Tie in meinem kleinen
Schreibtische neben dem Bett befindliche
Schublade war herausgentten. verschle
dene werthlose Kleinigkeiten lagen am
Boden, das in dieser sonst stets der
schlossenen Schublade aufbewahrte
Baargcld jedoch, eine Summe von etwa
4 mexikanischen Dollars, war der
schwunden! Ein Sprung in das Neben
zimnicr zeigte mir die offenstehende
Thüre auf die Veranda, und nun
wußte ich, daß ich während der Nacht
beraubt worden war und zwar, wie es
mir sofort durch den Kopf fuhr, von
Einbrechern, die im EinVerständniß
mit meinen beiden chinesischen Dienern
stehen mußten, also selbst Chinesen
waren.
Das Erste, was ich nach dieser Ev
kenntniß that, war, daß ich mich sofort
in die außerhalb des Hauses befindliche
Küche begab und dort ohne Weiteres
den Koch Ah Kui und den Wasserträger
Ach Seng gefangen nahm, indem ich
ihnen nach ein paar wohlabgemeffenen
Portionen gebrannter Asche, die ich
ihnen in die verdutzten, gelben Galgen
gesichter verabreichte, je ein gutsitzendes
Paar Handschellen um die Fußknöchel
legte. Dann ließ ich die Subjekte, da
sie zuerst hoch und heilig ihre Unschuld
betheuerten, dann aber, als ich ihnen
den Diebstahl respektive die Unter
ftützung desselben durch einen mir ein
gegebenen Schlaftrunk auf den Kopf
zusagte, trotzig schwiegen und ungeachtet
einiger empfindlicher Aufmunterungen
kein Wort mehr aus ihnen herauszu
bringen war. in der Küche auf dem
nackten Boden liegen und ging, um
meine Anzeige bei dem Administrator
und Eigenthümer zu machen. Dieser
war leider ein Parvenu und Protz erster
Güte, und meine schon an sich nicht
gerade rosenfarbige Laune wurde nicht
besser durch die Gleichgültigkeit, mit
welcher dieser Tuan Besar" (Großer
Herr", Titel des Oberhauptes einer
Plantage und überhaupt einer hochge
stellten Person.) den Bericht aufnahm.
An einem Ersatz des Verlustes dachte er
offenbar auch nicht im Entferntesten,
trotzdem ja der gänzliche Mangel an
jeder Bewachung der Pflanzung wäh
rend der Nacht und die miserable Con
ftruction des Assistenten - Hauses den
frechen Diebstahl überhaupt erst möglich
gemacht hatten. Sein eigenes Haus
ließ Tuan Mabok", wie er wegen sei
ner Leidenschaft für Pilsener Flaschen
bier hieß, allerdings durch ein paar
lange bengalische Oppassers" be
wachen, aber diese großen Lümmel
waren nicht dafür da, auch auf meine
wenige hundert Schritt entfernte Woh
nung ein Auge zu haben. Was ging
es solch einen dünkelhaften Kerl an, ob
ein Tuan Ketschil" (Kleiner Herr",
Titel der Assistenten" zum Unterschiede
von dem großen Herrn", ihrem Vor
gesetzten.) seinen sauer erworbenen Ge
halt verlor!
Zu Hause wieder angelangt, unter
suchte ich genau-, welche Spuren die
Einbrecher zurückgelassen haben, und
fand, daß sie dank dem in der Nacht
gefallenen Regen leicht zu verfolgen
waren, denn der draußen herrschende
Schmutz hatte sich an die Füße der
Banditen geheftet und zeigte mir in den
lehmigen Abdrücken auf der Treppe,
der Veranda, an der Wand und im
Zimmer genau den Weg, den sie ge
nommen. Zuerst hatten sie, wie deut
lich aus besonders ausgeprägten Fuß
spuren ersichtlich war, längere Zeit
außen an der Wand gelauscht, ob ich
fest schlafe. Ich mochte wohl unter dem
Einflüsse des mir jedenfalls in der
Abendsuppe verabreichten Betäubungs
mittels gehörig geschnarcht und dadurch
gegen meinen Willen den Einbrechern
die nöthige Auskunft gegeben haben.
Dann waren sie von der Veranda ein
fach über die etwa drei Meter hohe
Wand gestiegen, welche, wie dort allge
mein üblich, die Zimmer unter sich ab
theilte und sie von der Veranda trennte,
aber in meinem Hause nicht, wie sonst
gebräuchlich, durch ein bis an das Dach
reichendes Gitter von Nibonglatten
(Sehr zähe Palmenart mit glatter,
glasharter Rinde. Durch Spaltung
deS Stammes erhält man Latten, die
man auch zuspitzt und als Lanzen ge
braucht.) den Zugang absperrte. Die
Wände selbst setzt man in diesen Tro !
penhäusern nicht bis an das Dach fort.
um eine gute Ventilation zu ermög
lichen. und auS dem gleichen Grunde
werden auch die Zimmer nicht mit
einem Plafond versehen. Man hat
also im Hause das sich meist nicht sehr
hoch wölbende PalmdlatterTach direkt
über sich, und die einzelnen Räume sind
nur in der Weise durch die Wände von
einander geschieden, daß man, ähnlich
wie bei unseren Bade-Anstalten in den
Zellen, über die Wand unmittelbar in
die angrenzenden Raume blicken konnte
Im Innern angelangt, hatten die
Kerle, denn es waren, nach den Spuren
zu schließen, mindestens drei gewesen.
zuerst die von innen mit einem ein
fachen großen Holzriegel verschlossene
Verandathür geöffnet, um sich eine
sichere Rückzugslinie zu schaffen, und
waren dann durch die weiterhin offen
stehende Thüre in mein Schlafzimmer
geschlichen, wo sie nichts weiter anruhv
ten. als den das Geld bergenden
Schreibtisch, den sie mit dem auf dem
Tisch liegenden Schlüssel öffneten. Tie
genaue Ortskenntnis der Diebe zeigte
zweifellos, daß es entweder meine Be
dienten selbst gewesen sein mußten.
oder aber Strauchdiebe, welche mit
ihnen den Raub theilten und dafür
genau instruin wurden. Zch neigte
der letzteren Ansicht zu, weil die Fuß
spuren nicht auf die relativ kleinen
Füße der Bedienten paßten. Ich über
zeugte mich davon, indem ich die zwei
Kerle zwang, ihre Fuße m den Schmu
zu stecken und dann unmmetvar neben
den vorhandenen Spuren auf der
Veranda abzudrücken. Der Koch sowohl
als der Wasserträger waren ferner
wohlgenährte Bengel und nicht sehr
geeignet, eine nicht allzu feste Wand
geschickt zu überklettern, auch hielt ich
sie beide für zu feige dazu.
Em Gcständmß erreichte ich aber
trotz der Zusicherung ganz gelinder
Bestrafung für den Fall der Wieder
herbeischaffung des Geldes nicht, die
Beiden leugneten hartnäckig, wurden
in das houändi che Gefängniß m
Krakak Ennak" geschickt und ich mußte
mir neue Bediente anschaffen. Zufällig
traf es sich, daß ein mir von früher her
bekannter chinesischer Koch mir in enen
Tagen in die Hände lief, und auf mein
Anerbieten in meine Dienste trat. Ah
Hai war ein durchaus zuverlässiger,
älterer Mann, der viele Jahre bei
einem guten Bekannten von mir zu
dessen vollster Zufriedenheit gedient
hatte. Er brachte bald einen ihm
befreundeten Wasserträger herbei, und
ich konnte nun solch ungemüthlichen
Besuchen wie in jener Nacht mit mehr
Gemüthsruhe entgegensehen. Leider
war es mir noch nicht gelungen, ein
paar Paria-Hunde als Wächter anzu
chassen.
Es mochte so ungefähr ein Monat
ruhig vergangen sein, ohne daß ich
jemals m meiner wohlverdienten Nacht
ruhe gestört worden war. Ich hatte
mir angewöhnt, wenigstens einmal in
der Nacht aufzustehen und mit meinem
Revolver die Runde zu machen.
Da ewachte ich emmal, es mochte
chon gegen Morgen gehen und etwa
vier Uhr sein, durch irgend etwas, von
dem ich mir nicht gleich Reichenschaft
geben tonnte, was er war, nur der
pürte ich einen eigenthümlich durch
dringenden süßlichen, betäubenden Ge-
ruch in meinem Bett. Ich blieb jedoch
ruhig liegen und packte nur meinen ne-
den mir liegenden Revolver, um für
alle Fälle bereit zu sein. Zuerst
herrschte tiefe Stille, dann nach einigen
Minuten war es mir, als ob ich ein
leises Geflüster höre, das wieder ver
stummte und dann abermals anhob.
Zugleich vernahm ich deutlich, wie ein
kleiner, leichter, aber harter Gegenstand,
dem Schall nach ein Steinchen, im
Nebenzimmer niederfiel, dem bald ein
zweites folgte. Diese Steinchcn wur
den offenbar geworfen, um meinen
chlaf zu prüfen. Ich stellte mich also.
als ob ich durchaus nichts wahrgenom
men, indem ich durch tiefes, regel
mäßiges Athmen, das in der lautlosen
Nachtstille recht gut hörbar war, einen
gesunden, ungestörten Schlaf fingirte.
Nachdem so einige Zeit verqanqen.
die mir in meiner gezwungenen be
wcgungslosen Lage wie eine Ewigkeit
vorkam, schienen sich die vorsichtigen
Hallnnken über meine Wachsamkeit be-
ruhigt zu haben. Sie kamen, wie ich
an dem wiederholten leisen Knarren der
Vcrandatreppe und des Fußbodens
draußen merkte, langsam heraufqe-
chlichcn, näherten sich der nur wenige
Schritte von mir entfernten Vorder
wand und beriethen da anscheinend
nochmals im leisesten, fast unhörbaren
Flüsterton.
Meine Nerven waren auf das
Aeußcrste angespannt, ich wollte aber
wenigstens einen der Räuber empfind
lich trafen und bemühte mich daher.
auch nicht den geringsten Verdacht zu
erwecken, damit sie desto sicherer in die
Falle gingen. Immerfort ließ ich
meine lauten Athemzüge hören, wäh-
rend ich mit meinen Augen unwillkür
lich die in meinem Zimmer herrschende
Dunkelheit zu durchbohren trachtete.
Im Nebenzimmer brannte wie gewöhn
lich ein kleines Lämpchen, dessen'flackern
der Schein das Dach mit matten Streif
lichtern überwarf und den oberen Rand
der vorderen Scheidewand deutlich er
kennen ließ.
Jetzt hatten sich die Banditen ent
schlössen. Ich hörte ein Geräusch, wie
wenn ein ziemlich schwerer Körper von
ihnen an der Wand emporgehoben
würde, und gleich darauf erkannte ich
in undeutlichen Umrissen einen Kopf
mit dunklem, jedenfalls geschwärztem
Gesicht, der sich über die Wand erhob
und in da Innere spähte. Ich kniff
die Augen zusammen, für den Fall.
daß die Kerle eine Blendlaterne bei sich
führten und mich etwa plötzlich bcleuch
tctcn, denn eine Laterne ist den chine
tt chen sieben wohlbekannt, und ver
hielt mich weiter vollständig unthätig
um auf den Räuber, wenn er weiter
klettern sollte, ein besseres Ziel zu be
kommen. Er schien mit der Lage der
Dinge zufrieden, er lieg sich auf ein
von ihm gegebenes Zeichen noch höher
emporheben, stützte die Arme auf den
oberen Querbalken der Wand, schob
sich geschickt vollends hinauf und schlug
ein Bern über die Wand, so da er nun
rittlings auf dem Balken sitzend, mit
dem ganzen Oberkörper sichtbar war
Bei dem schwachen Schein des Lämp
chens, dessen Strahlen auf den Kerl
fielen, während mein Zimmer
schwarzem Dunkel blieb, erkannte
tn
ich
trotz deS geschwärzten Gesichts an dem
nackten, gelben Oberkörper und dem sich
ein wenig von der Silhouette des
Kopfes abhebenden, um denselben ge
wickelten Zopf einen herkulisch gekauten
Chinesen, nur mit einer weiten kurzen
Hose bekleidet, mit etwas metallisch
Blinkendem in dem gürtclartiz um den
Leib gewickelten, zusammengedrehten
chwcißtuch.
Nun war meine Zeit gekommen. Ich
erhob langsam, ohne meine Lage zu
verändern, den .Revolver, zielte ruhig
und feuerte direkt durch meinen Mos
kitovorhang, auf die Gefahr hin. ihn
durch den Schuß in Brand zu setzen.
Tie Wirkung war blitzartig. Der Kerl
oben auf dem Balken verschwand wie
weggewischt, ich hörte einen dumpfen
Fall und unterdrückte Schreckensrufe
und Wuthaußerungen. und während
ich meinen von Pulverdampf erfüllten
Vorhang aufriß und in daS andere
Zimmer eilte, ertönte plötzlich draußen
ein Schuß als Antwort auf den meinen
Eine Kugel pfiff durch die Lattcnwand
und das Zimmer, und nun ließ ich
fliegen in der Erkenntniß, es mit ein
paar verzweifelten Schuften zu thun zu
haben. Die übrigen fünf Schüsse aus
meinem Revolver waren schnell nach
allen Richtungen der Veranda durch die
Wand gefeuert, und als ich nun hörte.
wie einer oder zwei der Banditen die
Treppe hinunter sprangen, riß ich die
Thür auf und stürzte mit meinem zwei
ten Revolver und einem in der Eile er
griffenen schweren Knüppel aus söge
nanntem Eiscnholz" hinaus.
Am Boden lag ein Kerl, von seinen
Kameraden verlassen. Kaum hatte ich
Zeit, eine schnelle Wendung zu machen.
als es schon wieder aufblitzte und mir
eine weitere Kugel aus der erhobenen
Pistole des Verwundeten am Kopf
vorbei psiff. Nieder saufte mein Knüp
pel auf den Arm und Kopf des Ban
diten, und mit einem dumpfen Schrei
fiel er hinten über und blieb be
wegungslos liegen.
Von dem unweit deS Hauses liegew
den Kedeh (Verkaufsladen für alle
Kulibedürfnisse) erschollen jetzt Stim
men, man hatte das Geschieße gehört,
und eben bog auch mein getreuer Ah
Hai im Schnelllaufe von hinten um das
Haus herum, indem er mir sein Tuan!
Tuan! (Herr! Herr!") zurief, um
nicht für einen Banditen gehalten und
etwa mit einer Kugel begrüßt zu wer
den. Auch die beiden anderen Banditen
gelang es mir dingfest zu machen. Nach
ihrer Aussage hatten sie diesmal, da sie
ohne Mithilfe der Bedienten handeln
mußten, versucht, mir vermittelst eines
langen Grashalmes durch eine breite
Ritze des Fußbodens im Schlafe ein be
täubendes Pulver anzublasen. Daher
der eigenthümliche Geruch, den ich beim
Erwachen verspürte, und jedenfalls
auch das leichte Geräusch, welches mich
weckte. Der Moskitovorhang hatte
aber den größten Theil des 'Mittels
aufgefangen und die Geschicklichkeit der
Räuber zu Schanden gemacht, während
meine Kaltblütigkeit sie in die Falle
laufen ließ.
Beim ersten Einbruch dagegen waren
sie allerdings im Einverständniß mit
meinen damaligen Bedienten gewesen.
Mein Koch hatte mir ein Opiumprä
parat in die Suppe gemischt, und nach
dem ich meiner Gewohnheit gemäß der
mich gewöhnlich kurz nach dem Abend
brod überkommenden Schlafrigkcit
nachgegeben und mich zu Bette gelegt,
hatten die Kerle leichtes Spiel. Die
Bedienten hielten sich aus Feigheit
ruhig in ihrer Hütte, während die Bra
vos auf die beschriebene Art in mein
Haus eindrangen und mich beraubten.
Dabei sackte der eine das Geld ein,
während die zwei anderen mit ihren
Nibonglanzen und Pistolen neben mei
nem Bett standen, um mich, sobald ich
erwachte, niederzumachen. Ich war
nachträglich froh, daß ich damals, ein
mal betäubt, die Besinnung nicht zu
früh wieder erlangte.
Erblindet.
Novellette von C. (Gerhard.
Der Winter war besonders kalt. Der
Frauenverein der großen Provinzial
stadt K. veranstaltete deshalb zum
Besten seiner Armen einen Bazar. Eine
Lichtfluth strahlte aus den Fenstern des
Kasinos, in welches immer neue Schan
ren strömten. Der große Saal bot
einen festlichen Anblick. Rings an den
Wänden zogen sich eine Reihe dekorirter
Buden, in welchen junge Mädchen und
Frauen in verschiedenartigen Kostümen
ihre Waaren verkauften.
Am dichtesten drängte sich die Menge
vor einem Zelt, über dem mit großen
Buchstaben stand: .Atelier für Schnell
malerei. Porträts 1 Mark." Ah. das
war etwas Neues!
In der Mitte des mit bunten Stoffen
malerisch drapirten Zeltes faß etwas
erhöht ein junge? Mädchen in der kleid
samen altdeutschen Tracht. Vor Ger
trud Bergmann stand ein reizender
Backfisch, das neugierig beobachtete, mit
welcher Geschwindigkeit die Künstlerin
seine Züge auf den Karton übertrug.
Auf ihrem Gesichte wechselten Röthe
und Blässe; es war ihr sichtlich peinlich,
unter den Augen von Hunderten ihre
Kunst auszuüben, aber sie hatte unmög
lich die Bitte der Frau v. Neuhaus ad
lehnen können, war die Majorin doch
die Einzige, die sich ihrer nach dem
frühen Tode ihrer Eltern angenommen.
Tie Zeichnungen waren ihr auch ge
lungen, sie hatte ein scharfes Auge und
eine sichere Hand, aber trotzdem em
Pfand sie schmerzlich, daß ihre Technik
noch mangelhaft sei. Sie hätte so gern
noch Unterricht genommen, am liebsten
bei dem berühmten Walter Heyden,
aber er war sehr wühlerisch in der An
nähme von Schülern und sehr theuer.
Gertrud hatte ihn vor kurzem im Saale
gesehen.
isrig zeichnete ie, während fie an
all' dies dachte, weiter. Bald aber
wurde sie unruhig: sie fühlte ein Augen
paar unabla ig aus ich ruhen, feie
schaute auf.
Da sah sie, daß jene Augen ihr aus
dem scharf martirten Antlitz Walter
Heyden's entgegenleuchteteit. Nun
drängte er sich rücksichtslos durch die
Menge, sein Blick galt nicht dem Bck
Mchchen, nicht den um stehenden, nur
ihr.
Mrlygeicyatzte ouegm, ' vat er,
gestatten Sie, daß ich jetzt diesen
Wunderstuhl in dem geweihtem Raum
Ihres Ateliers einnehme. Schnell, ho
len Sie einen neuen Karton und brin
gen Sie mein allerdings weder schöne,
noch interessantes Gesicht auf das Pa
Pier."
Unmöglich! Wie dürfte die Stte
penn sich an die Züge des Meisters
wagen.
Er lachte.
Ihre Skizzen sind keineswegs stüm
perhaft, und es gelüstet mich, der Ab
wechselung wegen selbst einmal box-
traitirt zu werden. Außerdem stehen
Sie heute in Diensten des Bazars und
dürfen mich gar nicht zurückweisen
Sem Humor und die Ueberzeugung.
daß er recht habe, entwaffneten sie.
Mit bebenden Fingern machte sie die
ersten Striche. Aber bald schwand ihre
Befangenheit. Heyden plauderte von
hrem Vater, der ein so hervorragender
Kunstler gewesen, fragte nach ihren
Studien und sagte schließlich: Ich will
Ihnen gerne behilflich sein, weiter zu
kommen. Am Dienstag und Freitag
habe ich für Sie Zeit. Wir malen dann
beide und geben uns gegenseitig guten
Rath. Wollen Sie ?"
Sie konnte kein Wort vorbringen vor
übergroßer Freude. Ihr Wunsch war
erfüllt und auf so zarte Weise.
ms Bild ichiae ich meinem
Mütterchen. Adieu, Fräulein, und
auf Wiedersehen!" Er nickte ihr zu und
ging.
Der Unterricht begann in der näch-
sten Woche. Heyden hatte eine vorzüg-
liche Art, zu lehren, und Gertrud machte
unter feiner Leitung glänzende ?ort
schritte. Von eigenem Reiz waren diese
Stunden gemeinsamer Arbeit. Der
onst so verschlossene Mann offenbarte
dem jungen Mädchen sein warmes Herz,
seine von Idealen erfüllte Seele, und
es war merkwürdig, wie gut sie ihn
verstand! Oft glitt aus Heyden's Augen
ein Strahl heißer Zärtlichkeit auf das
gelenkte Köpfchen feiner Schülerin, aber
er wagte nicht, ihr von leinen Empfin
düngen für sie zu sprechen, wußte er
doch, daß ihr ganzes Sein der Kunst
galt, daß ihr Herz noch schlief. Nach
einem Jahre ging sie auf seinen Rath
nach Berlin, um bei anderen Meistern
zu studiren; leicht streifte sein Kuß ihre
Stirne, als sie Abschied von ihm nahm.
Sieben Jahre waren vergangen.
Klar schien die Wintersonne in ein
freundlich ausgestattetes Atelier in der
Kleiststraße in Berlin. Vor meister
haft ausgeführten Porträts und größe
ren Kompositionen bewegten sich meh
rere elegant gekleidete Damen, einige
Maler und Kritiker und überhäuften
die Schöpferin dieser Werke mit Lob.
Gertrud Bergmann hatte sich sehr
verändert, ihre Gestalt war voller ge
worden, ihr schönes Gesicht trug den
Stempel geistiger Bedeutung. Nach
eifrigen Studien in Berlin und Paris
hatte sie sich in der Rcichshauptstadt
niedergelassen und vor drei Jahren in
der Ausstellung mit einem großen Ge-
mälde, deen Stoff der Märchenwelt
entnommen war, sowie mit dem Por-
trät eines berühmten Abgeordneten einen
gronen Erfolg errungen, daß sie
Aufträge in Fülle erhielt.
An ihrem Empfangstaqe sah sie ge-
wöhnlich viele Gäste bei sich. Während
ie sich letzt mit einem Kollegen unter
hielt, drang plötzlich ein Name an ihr
Ohr, der sie jäh erbeben ließ.
Der arme Heyden!" sagte ein Jour
nalift, es hat mich erschüttert, zu hö-
ren, da er erblindet inr
Walter Heyden?" rief Gertrud er
chreckt.
Freilich, der berühmte Hcyden. Vor
einem halben Jahre zog er nach Berlin;
plötzlich befiel ihn ein Augenleiden, für
daS er in der G'fchen Klinik Heilung
suchte. Heute hörte ich, daß jede Hoff,
nung, ihm die Sehkraft wiederzugeben,
geschwunden ist."
Gertrud stand wie vernichtet. Er,
der Meister erblindet! Er. dem sie
Alles verdankte, nun der Elendesten
einer:
Am Nachmittage fuhr Gertrud nach
der Klinik und begehrte Professor Hey
den zu sprechen. Der Diener rief ihren
Namen in deS Patienten halbdunkleS
Zimmer. Zitternd stand sie und
starrte auf seine im Sessel ruhende
Gestalt. Seine Haltung erschien ihr
gebeugt, über den Augen trug er eine
Binde.
.Wie lieb von Ihnen, Fräulein
Gertrud, daß Sie mich aufsuchen!"
Sein Wort brach den Bann, sie flog an
seine Seite und legte ihre Hand in seine
ausgestreckte Rechte.
.Heute erfuhr ich erst von Ihrem
Leiden, da trieb's mich zu Ihnen.
Wohl kann Sie nichts trösten über das
Unglück, blind zu sein! O Meister,
Meister!"
ES zuckte um seinen Mund, als wollte
er etwas sagen, aber sie fuhr schon leb
haft fort: .Und Sie Aermster haben
daheim niemand, der für Sie sorgt!
Wollen Sie eZ mir gestatten, daß ich.
um ein wenig meine Tankespflicht ge
gen Sie abzutragen, in Ihr Haus
komme als Ihre Pflegerin?"
Und Ihre Kunst; Gertrud?"
Sie würden es wohl gestatten, daß
ich male, wenn Sie ruhen," antwortete
sie demüthig.
Doch dieses AlleS könnte ich nur
unter einer Bedingung annehmen.
Sie, so jung, so schön, dürften in mein
Haus nur treten als meine Frau, aber
wie kann ich, der Blinde, Sie darum
bitten?"
Ihre Frau? Ich wüßte mir nichts
Schöneres." kam eS wie ein Hauch von
ihren Lippen.
Gertrud, kleine Gertrud, weißt
Du nicht, daß man solche Opfer nur
dem bringt, den man liebt? Ist end
lich Dein Herz erwacht, schlägt es für
mich?"
Statt aller Antwort schmiegte sie sich
an ihn. Da riß er die Binde von
seinen Augen. So will ich die sehen,
die meines Lebens Licht sein wird.
Gertrud, Geliebte, daS Gerücht hat
getrogen, ich bin nicht blind, doch ich
segne es. da es Dich zu mir trieb, da
es Deine scheuen Lippen erschloß. Ich
wagte Dich nicht für mich zu begeh
ren. doch nun halte ich Dich in meinen
Armen und gebe Dich nimmer frei
O, Liebste, wie werden wir glücklich
sein!"
Ein Haus ohn Man.
Von Frau Cmilie Hosmann,
Ein Haus ohne Mann gleicht
Ich sag's unverhehlt:
Dem Garten mit Blumen,
Dem der Gärtner halt fehlt!
Es gleicht einer Winde,
Die suchet und ringt
Stets nach einer Stütze,
Um die sie sich schlingt.
Es ist wie ein Schiff, dem
Der Steuermann fehlt;
Es segelt zwar weiter,
Doch's Ziel wird verfehlt!
Es gleicht einem Dichter
Ohn' Namen und Ruf;
Er wird meist verhöhnt.
Wenn er Schönes auch schuf!
Wo im Hause der Mann fehlt.
Da ist keine Freud';
Kein Rather, noch Helfer,
Kein Tröster im Leid!
Man mag sich nicht putzen.
Wenn Keiner es sieht:
Doch putzt man sich wieder,
Weil's Herzchen noch glüht!
Das liegt ja nun einmal
In Eva's Natur:
Man möcht' gern ein Männchen,
Wär's ein kleines auch nur!
Jüngst hab' ich's erfahren.
Als ich Strohwittwe war;
Wie fühlt' ich mich einsam.
Verlassen sogar!
Tief hab' ich's empfunden,
Wie's ohne ihn wär';
Wie würd' ich vermissen
Den brummigen Bär!
Deutlich.
Geck: Köstlich ist's in diesem Park.
nicht wahr, gnädiges Fräulein, wie im
Urwald?"
Dame: Ja, 's sind auch Affen
drin!"
höchste Eifersucht.
Ist denn Meier seine Frau wirklich
so eifersüchtig?"
Na, und ob! Die schneidet sogar
jeden weiblichen Namen aus der Zei
tung, ehe sie ihr Mann lesen darf!"
Ueberzeugungen ändern ist oft nicht
Jnconsequenz, sondern Lebensweisheit.
Eine Nebenbeschäftigung" hält uns
gewöhnlich am stärksten von der
Pflicht ab.
Groß ist, wer seine Freude mit
Anderen theilt, sein Leid jedoch für sich
allein behält.
Freundlichkeit ist dem Starken eine
Zierde, dem Weisen eine Krone, dem
Reichen ein Loblied, dem Armen eine
Hilfe, dem Weibe aber ein duftender
Kranz von Blüthen.
Unb,wusjte Krinf.
Arzt (im Irrenhause zu einem Pa
tientcn): Na. wie geht eS Ihnen
denn?"
Kranker: .Schlecht. eS ist rein zum
Vcrrücktwerden!"
Zkrsrrtut.
Kindermädchen: .Herr Professor,
konimen Sie doch rasch 'mal her. der
kleine Han hat eben eine Feder von
Ihrem Pulte genommen und ver
schluckt.'
Professor: .Macht nichts, macht
nichtS; ich habe noch 'ne ganze Schach
tel davon!"
Unter Gaunem,
.Tu hast ja auch schon 'mal
Be
kanntschaft mit dem Zuchthaus
ge
macht!"
Stimmt; wegen Ruhestörung!"
.Zuchthaus., wegen RuheftSiung?"
.Nun ja, ich weckte unglücklicherweise
den Besitzer von dem Geldschrank auf,
an dem ich gerade arbeitete!"
Furcht und Mitleid.
Professor: .Zwei Empfindungen ver
langte bekanntlich Aristoteles, sollte
daS Drama in dem Zuschauer erwecken.
Welche sind eS?"
Primaner (schweigt).
Professor: Nun. welche Empfin
dungen hatten Sie denn, als Sie das
letzte Drama im Theater sahen?"
Primaner: Menschenhaß und Reue."
Ach so!
Gefängnißwärtcr: WaS bringt Sie
denn wieder hierher?"
Gefangener: Allzu große Jugend."
Gefängnißwärter: Sie sind ja ein
alter Mann!"
Gefangener: Ja. aber mein Ver
thcidiger war sehr jung!"
Sonderbare Aufschrift.
Das Bellen der Hunde ist hier ver
boten, worauf das Publikum aufmerk
fam gemacht wird.
Malitiös.
Förster: Herr Doktor, auf diesen
Hasen schießen Sie nicht, den nimmt
der Herr Gutspächter jeden Sonntag
auf's Korn."
Erster Gedanke.
wun, Fräulein Elsa, wie
gefallen
Ihnen denn die Hörsäle?"
Studentin: Sehr gut, fast jeder ist
so groß, daß man darin tanzen könnte."
Im Wirthshaus.
Hu, ein scheußliches Wetter! Keinen
Hund sollte man vor die Thüre jagen!"
Na, fürchten Sie nichts, setzen Sie
sich nur nieder."
Ulahrscheinlich.
Junger Arzt: Sie kennen ja wohl
die Gegend hier, kann sich hier ein Arzt
bet Euch ntederlaffen?"
Landbewohner: Niederlassen kann
er ich chon, aber aufkommen lassen
ihn die beiden anderen wohl kaum, die
schon hier sind."
Umschrieben.
Bräutigam: Meine Braut ist
ein
sie
so hübsches Mädchen, schade, daß
etwas gebrochen deutsch spricht!"
Z.: So sie ist wohl eine Amen
kanerin?"
Bräutigam: Nein, sie stottert!"
Neues TOoti.
Fremder: Na, hören Sie. die See
leute führen hier aber ein etwas un
gebundenes Leben und man sieht ihnen
lächelnd Manches nach!"
Hamburger: Was wollen Sie. die
Seeleute sind eben so eine Art von
Mcerstudenten!"
Stimmt dochl
Schwiegersohn: Sie sagten mir
doch, daß ich mich verwundern werde
über die Mitgift, die Ihre Tochter mit
bekomme? Und nun ist sie ganz leer
ausgegangen!"
Schwlegcrpapa: Nun, verwundern
Sie sich darüber vielleicht nicht?"
Ein Bubenstreich.
Was lacht Ihr denn. Jungen?"
Ach, wir haben dem Onkel Profes
sor einen Knoten in's Sacktuch gemacht;
jetzt denkt er schon feit zwei Stunden
darüber nach, an was ihn der Knoten
eigentlich erinnern soll!"
Knickend.
Dichterling: Wie finden Sie meine
.Losen Gedanken"?"
Gedankenlos."
Doppelsinnig.
Reiche Braut: Eduard, bin ich auch
das Glück Deines Daseins?"
Bräutigam: Ja, Emma, Du bist
der Schwerpunkt meines Lebens."
Aus einem Soldatenbrief.
Bei der schmalen Kost, die wir hier
auf Luzon bekommen, liebe Auguste,
muß ich immcr an Deine Eisbein
denken."
Moderner Treuschwur.
Soldat: Aujuste, wirft Du
mich
auch immer lieben?"
Köchin: .Immer. Aujuft, und wenn
se Dir auch jleich abrüsten!"
Unangenehme Zutraulichkeit.
General: Bist Du mit dem Essen
zufrieden, mein Sohn?"
Soldat: Ja, Herr Papa!"