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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Oct. 26, 1899)
Die ersten fünfzig Dollars. fih drr altt 4'aiiifrtüU btti 0iunBUem ;u dcm ÄillionknvrrmegkN lcgie. In früher Morgenstunde eineS Cito bertages dcS JahreZ IHM) durchschnitt der Kiel eines BooteS die dunkle yluth der Bai von New f)oxl, und von sicherer Hand gesteuert lies daS flinke Fahrzeug trotz der noch herrschenden Tümmerung sicher in eine indüchung an der vav tery ein. dem südlichsten Punkt der langgestreckten Manhattan Insel, auf welcher sich die Weltstadt New York erhebt. Tie beiden Insassen dcZ Bootes toa ren zwei Knaben, der eine von weißer, der andere von schwarzer Hautfarbe Herr und Sklave. Aber der soziale Unterschied, welchen dleseZ Verhältniß scheinbar bedingte, kam in diesem Augenblick nicht zur Gcl tnng; die beiden Jungen sie mochten vierzehn bis fünfzehn Jahre zählen wickelten sich fest in eine gemeinsame wollene Tecke. welche sie gegen die rauhe Nachtluft schützen sollte, und tranken abwechselnd aus einer wohlverwahrten groben Flasche, in der sich der mitge brachte Zhee vortrefflich warm gehalten hatte. Wollen Sie nicht schlafen, Master Cornelius?" fragte nach einer Weile der Schwarze seinen Kameraden, die Sonne geht erst in zwei Stunden auf. und bis dahin wird keiner von unseren Kunden hier fein." Tcr Angeredete schüttelte verneinend den Kopf. Ich bin nicht müde," er widerte er, und selbst wenn ich es wäre, würde ich heute schwerlich im Boot ein Plätzchen finden, auf welchem ich mich ausstrecken könnte. Wir ha den, wie Tu weißt, lieber Abe. die .Fharlotte" bis zu ihrer Fassungskraft beladen." - Ja, aber weshalb haben Sie das gethan, Master? Ich kalkulire, wir werden die Hälfte der mitgebrachten Melonen wieder nach der Farm zurück bringen." Das ist eine sehr falsche Kalkül. tion! Man wird uns heute die Früchte aus den Händen reißen und uns einen hohen Preis bezahlen. Es sind die fetz ten Melonen der Saison, und ich habe der Mutter gerathen, so lange es irgend geht, den Verkauf hinauszuschieben. Uebrigcns mache ich auch ein besseres Geschäft, wenn das Boot recht volle Ladung hat, denn, wie Du weißt, zahlt mir die Mutter für den Transport das selbe, was sie jedem anderen Schiffer zahlen müßte." Sie sind ein Geschäftsmann, Master," rief Abraham mit unverhoh lener Bewunderung, vor welchem sich mancher geriebener New Jorker verstecken Zaun. Ich glaube, Sie werden noch einmal ein sehr reicher Mann. Was würben Sie thun, wenn Sie einmal Viel Geld besähen?" Mehr Geld daraus machen." ant wartete Cornelius ohne Ueberlegtit. Da tönten feste Schritte am Ufer, und eine lange, hagere, in einen weiten Mantel gehüllte Gestalt trat aus dem Dunkel der Battery in den Lichtkreis, der vom Bug des kleinen Fahrzeugs ausging. Tcr Fremde warf einen prü senden Blick auf die beiden jugendlichen Jnsaffen des BooteS und stieg dann die Böschung herab. Wo ist der Eigenthümer dieses Boo teS?" fragteer. Tcr bin ich, Sir." antwortete Cor nelius und auS dem Ton. mit welchem er die wenigen Worte sprach, klang freudiger Stolz hervor. Im Uebrigcn blieb er ruhig fitzen und wartete ab, was der Fremde ihm mitzutheilen habe. Wie, Sie sind der Besitzer dieses Fahrzeuges?" fragte der Mann im Man tel ein wenig ungläubig. Sie wollen sagen, daß Ihr Vater " Was ich sage, das will ich sagen." unterbrach ihn Cornelius, mein Bater ist seit einem Jahre todt, und ich führe die Farmgeschäfte meiner Mutter. Aber ich denke. Sir, das Alles geht nur mich an. Ausfragen laffe ich mich nicht!" Ter Fremde strich lachend seinen roth blonden Vollbart. Oho, junger Mann," rief er. Sie scheinen recht energisch und selbstbewußt zu sein, aber im Ucbrigen ganz der Mann, den ich brauche. Hätten Sie Lust, ein hübsches Stück Geld zu. verdienen?" Cornelius Vanderbilt sprang auf. Gewiß. Sir." rief er, wie sollte ich dazu keine Lust haben, Jeder wünscht Geld zu machen natürlich auf ehrliche Weise. Was soll's sein?" ,.O. nicht viel. Mit Ihrem Boot sollen Sie eine kleine Spazierfahrt machen und mich und einen Freund und vielleicht noch etwas Anderes mitnehmen." ..Und wohin soll die Fahrt gehen wann soll sie stattfinden?" Heute Abend." erwiderte nach einer kleinen Weile des Ueberlegens der Roth bärtige. Sie werden alles Nähere er fahren und können auch fogleich Hand gcld bekommen, wenn Sie sich zu einer bestimmten Zeit beim Silber dollar - Smith in der Nigger - Alley cinfinden." In der Niggcr-Allcy?" schrie Abra ham und richtete sich kerzengerade auf, das ist ja die verrufendste Gaffe von New Vor!, sie wird ja auch Murderers Rov oder Cut Throat Lane (Nigger Alley. auch Mörder weg oder Halsabschnciderftraße) ge nannt." Wer ist der Farbige?" fragte der Fremde haftig und, wie es schien, ein wenig unwillig. Er ist ein Sklave unseres Hauses. antwortete der iunae Cornelius, und ein zuverlässiger Junge." Um so besser. Und Sie selbst werden Sie zum Silberdollar-Smith kommen?" - 9 .Ich werde kommen. Sir! Aber vor her möchte ich auf zwei Fragen Antwort haben." .Fragen Sie!" Al,'o erstens: Ist Ihr Geschäft auch ehrlich?" Goldehrlich! Was fällt Ihnen ein. dergleichen erst zu fragen!" Ich habe ein Recht dazu, denn Sie sind mir fremd. Und dann: Wie viel kann ich dabei verdienen, denn vielleicht lohnt mir s nicht den Weg." .Du gefällst mir. mein Junge, lachte der Fremde, so jung und schon ein ganzer Kaufmann! Scheinen Tir fünfzig Tollars Lohn genug? Fünfzig Dollars? Ich komme! Erwarten Sie mich zwischen neun und zehn Uhr Bormittags beim Silberdol lar-Smith. Mit welchem Namen soll ich nach Ihnen sragen?" Fragt nach Patrick O'Sullivan. Und nun guten Morgen! Ter Fremde hüllte sich fester in seinen Mantel und schritt durch das Dunkel auf und davon. Wie Cornelius ganz richtig vermuthet hatte, fand seine Waare an diesem Mor gen reißenden Absatz. Des jungen Vanderbilt Geldbeutel schwoll immer wehr an, sein Boot ward immer leerer, bis endlich auch die letz ten Melonen an den Mann gebracht waren, und der junge Handelsherr und chiffseiqcnthümer feine Einnahme schmunzelnd überzählte. Tie Mutter kann mit diesem Ver kauf zufrieden sein," wandte er sich an Abraham, der jetzt mit der Reinigung des Schiffes beschäftigt war, und ich bin es auch. Wenn jetzt noch das andere Geschäft, welches der Fremde mir ange tragen hat, einen guten Weg geht, so habe ich einen glucklichen Tag gehabt." Wills Ihnen wünschen. Master Cornelius," seufzte der Farbige, aber wenn Sie meinen Rath annehmen woll ten so ließen Sie den Besuch in der Nigger Alley hübsch sein, und wir mach ten, daß wir nach Hause kämen." Wir bleiben." versetzte Cornelius trotzig, das heißt, Tu bleibst hier und ich mache mich sogleich auf den Weg." Wie. ich darf Sie nicht einmal bc gleiten?" Wer sollte denn unser Schiff be wachen? Ich könnte zwar auf meinem Gang in diese berüchtigte Gegend einen Begleiter ganz gut brauchen, aber es ist besser, Tu bleibst auf dem Boot." Gott schütze Sie, Master Corne lius", rief der Farbige dem Scheiden den nach. 2. Tie Nigger Alley, welche zwischen Broome. Tompson- und Grand Streets lag. war fast gänzlich von Farbigen bewohnt. In jedem der fast durchwegs einstöckigen Häuser war eine Kneipe niederster Sorte zu finden, Gläserklin gen. ohrenfolternde Musik ertönten aus allen Thüren und Fenstern, und ab und zu wurden diese Freudenklänge von Hilferufen und Schmerzensschreicn un terbrochcn, wenn die Licblingsmaffe der Schwarzen das Rasirmesser, wieder einmal in Thätigkeit getreten war. Cornelius Vanderbilt kümmerte sich wenig um das Treiben auf seinem Wege, er suchte den Saloon" des Sil-bcrdollar-Smith und hatte ihn inner halb kurzer Zeit gefunden. Dieses anrüchige Lokal führte seinen seltsamen Namen infolge eines origi nellcn Einfalles seines Besitzers. Um feinen Kunden durch einen nachlässig zur Schau getragenen Reichthum zu im poniren, hatte der Inhaber der Kneipe, ein gewisser Smith, den Fußboden des Schankzimmer mit Silberdollars aus legen lassen, das beißt der Fußboden bestand aus viereckigen, etwa sechs Zoll großen Kacheln und wo vier Kacheln an den Ecken aneinanderstießen, war ein Silberdollar eingelegt und befestigt. Natürlich mußten Smith und seine Leute die Augen offen halten, damit nicht die geehrten Gäste" in Momen ten. in welchen sie unbeobachtet zu fein glaubten, den Schmuck des Fußbodens in die Tasche steckten, und trotz ihrer Wachsamkeit kam mancher Silberdollar abhanden. In diese Kneipe trat nun der junge Cornelius Vanderbilt, bahnte sich einen Weg durch die vor dem Schanktisch stehenden trinkenden und rauchenden Männer und fragte einen kleinen, dicken, kahlköpfigen Menschen, welcher offenbar der Wirth war. ob Patrick O Sulllvan anwesend sei. Rechts die Thür hinaus, die Trepp? hinauf und dann das Zimmer geradezu dort werden Sie ihn finden." Ich werde nicht zu ihm hinauf gehen," antwortete Cornelius fchlagfer tig. Sagen Sie ihm, daß ich hier sei, und wenn Mister Sullivan mich zu sprechen wünscht, so soll er herunterkom men." Der Wirth maß den Knaben mit verwunderten Blicken. Verteufelt geriebener Junge," mur melte er und ging hinaus. Nach wenigen Minuten kehrte er mit zwei ziemlich gut gekleideten Herren wieder, in einem derselben erkannte der Knabe den Fremden, der ihn beute Nacht an der Battery angesprochen hatte. Der rothbärtige Patrick O'Sullivan reichte dem jungen Schiffscigenthümcr die Hand. .Mein Neffe Turtle." stellte der Rothbärtige seinen Begleiter vor. und dieser hier" er zeigte auf Cornelius ist der energische und kluge junge Mann, von welchem ich Tir erzählt habe. Er besit ein hübsches Boot und will es unS gegen angkme??kne Beloh nunq zur Versügung stellen." Nachdem ich gehört haben werde. um welche Fahrt es sich handelt, ergänzte Cornelius. O, eZ ist ein durchaus ehrbares Geschäft. daS wir Ihnen antragen Mein Neffe hier macht mir viele Sorgen. Er hat sich in Philadelphia ohne meine Erlaubniß bei der Miliz an werben lassen, hat Handgeld genoin men und war fchon eingekleidet, da erfuhr ich zum Glück, welchen dun, men Streich er begangen hatte, und verhalf ihm zur Flucht. Jetzt aber heißt es von hier fortkommen, denn die Hafenbcbörde ist benachrichtigt und würde meinen Ausreißer abfassen, wenn wir mit einem der im Hafen liegenden Schiffe segeln wollten. Zum Glück liegt ein Frachtschiff an der Spitze von Fire Island, und der Kapitän desselben will uns an Bord nehmen, wenn wir bis heute Abend um sieben Uhr bei ihm eintreffen können. Nun handelt es für uns nur darum, den Holländer von hier aus zu erreichen, und dazu wn schen wir Ihr Boot und zahlen fünfzig Tollars in Gold!" Fünfzig Tollars in Gold! In der Seele des Knaben regte sich stark und beinahe unbezähmbar der Wunsch die- ses schöne Stück Geld zu verdienen, aber eme innere Stimme flüsterte ihm zu. daraus zu verziazien. venn wie oie Flucht eines angeworbenen Söldners an diesem selbst streng geahndet wurde. so verfiel auch jeder Andere, der diese Flucht begünstigte, einer schweren träfe, sollte er sich um fünfzig Tallas auf Jahre hinaus unglücklich machen ? Nein, das wäre thöricht gewesen ! Und so sagte er kurz und bündig : Well, ich habe jetzt gehört, um was es ch handelt und ich werde von diesem Geschäfte abstehen. Sir." O sullivan fuhr auf. Enttäuschung malte sich auf seinem Gesicht, seine Stimme klang heiser in unverhaltenem Aerger, als er Cornelius antwortete: Oho, mem Junge, glauben sie da- mit etwas Unrechtes, am Ende gar ein Verbrechen zu begehen, wenn Sie einem armen Kerl helfen, der verachteten Miliz zu entlaufen ?" Kein Verbrechen sir," erwiderte Cornelius, aber doch ein Geschäft, das mich auf einige Zeit in's Gefängniß bringen kann. Und das thue ich nicht um fünfzig Tollars." So zahlen wir hundert." schrie der Rothbart und schlug mit der Jaust auf den Tisch, daß die Gläser tanzten, also abgemacht, hier ist Handgeld!" Aber der Knabe schob das darge- reichte Goldstück energisch zurück. Ich fahre sie nicht ! Was ich einmal ge sagt habe, das ist gesagt. Lassen Sie mich gehen ! Und er erhob sich und wandte sich der Thüre zu. Aber O'Sullivan vertrat ihm den Weg. Noch einen Augenblick, Sir." bat er höiflch, ich möchte meinen Neffen nur einen anderen Vorschlag machen, der Ihnen vielleicht Geld eintragen kann, ohne daß Sie sich einer Gefahr aussetzen entschuldigen Sie uns für einige Minuten." Er winkte dem lan gen jungen Menschen bei diesen Worten zu, mit ihm durch die offenstehende Thür in das Schankzimmer zu treten, und Cornelius, der sich wieder nieder gesetzt hatte, sah die beiden Männer einige Minuten lang in eifrigem Ge fpräch jenseits der Schwelle stehen. Plötzlich vernahm er einen Krach und die Thür des kleinen Zimmers, in wel chem er sich befand, flog ins Schloß. Fast in demselben Moment wurde drau ßen der Schlüssel herumgedreht. Cornelius sprang mit einem Schrei empor. Nicht eine Sekunde zweifelte er daran, daß man ihn in eine Falle gelockt habe. Mit der Kraft der Ver zweiflung warf er sich gegen die Thür und versuchte, dieselbe aufzusprengen. Vergeblich, die Thür war aus Eichen holz gefertigt und widerstand feinen ohnmächtigen Bemühungen. Umsonst auch, daß er mit wutherfüllter Stimme schrie man hörte ihn nicht oder wollte ihn nicht hören. Draußen im Schank- zimmer lärmte, lachte und fang man. und dieses Geräusch übertönte seine Hilferufe. Erschöpft von den vergeblichen An- strengungen, die er gemacht, gefoltert von Angst, sank der junge Cornelius auf den Stuhl zurück und bcharrte eine kurze Zeit in dumpfem Hinbrüten. Tann wurde er ruhiger und über legte. Daß die Schufte ihm an's Leben wollten, glaubte er nicht. Was sollte ihnen sein Tod nützen. Sie wollen mir mein Brod stehlen!" stöhnte Cornelius, meine Charlotte" meinen Schatz !" Heiße Thränen rannen über feine Wangen herab, immer gewisser, immer klarer wurde es ihm, daß die beiden Schurken es auf sein eigenes Hab und Gut abgesehen Hütten. Wieder warf sich Cornelius einem Rasenden gleich gegen die Thür und bearbeitete sie mit Händen und Füßen, während er unaufhörlich rief : Oeff net man hält mich gefangen zu Hilfe -zu Hilfe!" Plötzlich rief eine barsche Stimme einen Befehl durch das Schankzimmer, welchem tiefe Stille folgte, dann klirrte em chlüssel im schloß, und die Thü s .ilmmers. ln wcicvcm der arme Cornelius feit einer Stunde fast eilige sperrt gewesen war. öffnete sich weit. Cornelius taumelte über die Schwelle Entzücken und Furcht erfüllten gleich falls feine junge Seele und ließen ihn kaum zu einem klaren Gedanken kom men. Tas Boot retten vielleicht noch zur rechten Zeit komnien. die ge plante Schurtenthat zu verhindern das war alles was er dachte. Toch zuvörderst sah er sich einem Po lizcibcamien gegenüber, welcher Aufkla rung von ihm verlangte. T Man des Gesetzes hatte, wie dies gewöhnlich einige Male an jedem Tage geschah Silderdollar Smith's verrufener Kneipe einen Bcmch abgestattet und das Schreien des Knaben vernommen Er zeigte übrigens wenig Lust, Corne lius selbst zur nächsten Polizcistation zu bringen, um feine Aussagen zu Pro tokou geben zu lassen, aber der junge Mann bat so inständig, ihn jetzt nicht zurückzuhalten, er versprach so ehrlich sich später zu diesem Zwecke auf den Polizcistationen einzustellen, daß der Beamte ihm freundlich auf die Schul ter klopfe und sagte: Mach' daß Tu fortkommst und sieh, daßTu die Schuft erreichst." Cornelius vernahm nur noch die Hälfte dieser Rede des Gesetzkswächt! bei welcher der kahlköpfige Smith die haxbt wechselte und dumpfe Flüch murmelte, er war, so schnell ihn seine Füße trugen, aus dem Hause hinau gestürzt, die Nigger Alley hinaufgerannt bis zur nächsten Straße und hatte dort einen vorocitaurenden cietoswagen angehalten. Zur Battery!" rief er dem Kutscher zu und händigte ihm einige sübermun zcn ein. Lassen Sie die Pferde lau fen, was sie können, man will ein Schiff stehlen." Ter Kutscher erfüllte den Wunsch seines jugendlichen Fahrgastcs und hieb aus die Pferde tüchtig ein, aber er schut tclte doch nachdenklich das graue Haupt und murmelte: Ein schiff stehlen? Hm, habe noch niemals gehört, daß die Diebe jetzt schon sogar ganze Schiffe verschwinden lassen. Well, möglich ist's schon, in New Äork ist Alles möglich Alles!" 3. Als Cornelius den Hafen erreichte, sah er auf den ersten Blick, daß er zu spat käme, daß Alles verloren sei. deine schmucke Charlotte" war vcr- chwunden, und Abraham kam ihm mit einem freundlichen, ahnungslosen Lächeln auf seinem schwarzen Gesicht entgegen. Ta find sie ja. Master." rief er röhlich. Nun, die fünfzig Dollar haben Sie verdient, und ich habe alle Ihre Aufträge pünktlich ausgeführt Aber zwei Stunden wird es wohl dauern, bis wir das Boot zurückbekom men." Welche Aufträge hast Tu ausgc führt, und wo wo ist die Charlotte" ?" Ichne Cornelius außer sich. Tie Charlotte"? Ja, warum fra- gen Sie denn noch? Unser schiff haben die beiden Männer, welche Sie geschickt haben der Rothbärtige und ein lan- ger junger Mensch Sie haben Ihnen doch die Charlotte" vermicthct, damit sie den Koffer zum Holländer hinüber fahren könnten." Welchen Koffer?" würgte Cornelius hervor. Nun, den Koffer, den die beiden Männer trugen, und mit welchen sie vor einer halben stunde abfuhren. Uebrigens hatten sie einen prächtigen Wind, und ich hatte eine wahre ihn zcnsfreude, als ich die Charlotte" so über die Fluth dahintanzcn sah." O Abe. Abe, Du bist der dümmste schwarze Esel, der jemals zwischen hier und San Francisco auf zwei Bcinen umhergelaufen ist. O meine Char lotte". meine schmucke Charlotte"!" Cornelius begann auf's Neue Thrä nen zu vergießen, und der fromme Abraham, dem es nach und nach zu dämmern anfing, daß er eine ungeheure Unvorsichtigkeit begangen, heulte und rang die Hände. Heule nicht!" herrschte ihn Corne lius an. mit Thränen ist hier nichts gethan!" Er wischte sich dabei selbst das Wasser aus den Augen. Hier muß gehandelt werden. Ich werde einen schnellen Segler miethen und den Burschen nachsetzen, vielleicht ist mir das Glück günstig, und ich hole sie ein." Ach Master Cornelius, daran ist aar nicht zu denken, die Charlotte" i nicht einzuholen, sie ist leider ein zu vor- trenlichcs SchlN." ..Gleichviel ich versuche das Aeußerste! Gib mir das Geld. Abe, den Beutel mit dem Erlös für die Mc lonm " Den Beutel den Erlös? Tas Ge Ge " dem unglücklichen Abraham blieb das Wort im Halse stecken, er raufte sich die Haare aus seinem schwar zen Wollkopf und führte einen Tanz aus, der seinen Urvätern im dunkelsten Afrika Ehre gemacht hätte, den Beutel ich habe ihn ja in der Kajüte liegen lassen, in dcm Kastcn. in welchem die Fische hineinkommen, wenn wir auf den Fang ausgehen; er schien mir dort am sichersten ausgehoben." Einen Augenblick schien es. als wollte sich Cornelius auf den armen Sklaven stürzen und ihn züchtigen, er besann sich jedoch eines Besseren, bemeisterte feine Wuth und sagte nur voll Bitter kcit: Natürlich, Tu mußtest den Ban- diten auch noch daS nöthige Reisegeld mitgeben, damit ti ihnen an nichts fehle. Mein Boot ist fort das Gcld der Mutler verloren Ade. uns bleibt nur noch ein Weg " Ter Schwarze zeigte in das Wasser hinab, und Cornelius nickte stumm. Und plötzlich wie auf ein verabredetes Zeichen fielen sie einander in die Arme und weinten. Wie lauge sie so gestanden hatten, wußten sie nicht. Ein dumpfes Mur mein und Brausen wie von vielen menschlichen Stimmen entriß sie ihrem -chmerz. Begeijtcrte Hochrufe erichol len ganz in der Nähe, und als die Kna den ausschauten, erblickten sie eine große Menschenmenge, welche die Ufer der Battery erfüllte und lcbhast gestikuli rend nach der Wasserfläche der Bai schaute, auf welcher etwa? Wunderbares vorzugehen schien. Ja ein Wunder! Cornelius und Abraham standen Hand in Hand und beobachteten es in athcmlofer Span- nung. Selbst der eigene tiefe Schmerz war für einige Minuten vergessen, als sie das Wunder sahen, welches sich da auf der sonncnbeglänztcn Fluth vor ihren Augen ereignete. Ein ziemlich großes, elegant gcbau tes Schiff, welches an seinem Bug mit großen Buchstaben den weithin leserlichen Namen Clermont" trug, durcheilte die Wogen der Bai von New Z)ork mit einer Schnelligkeit, die vorher kein Sterblicher Seitens eines so großen Fahrzeuges hatte entfalten sehen. Und nicht die Ausnützung des Windes war es, welche die Clcr molit" gleich einem auf dem Wasser schwebenden Vogel vorwärts trieb, das schift besaß zwar auch egel, aber ste waren zusammengerollt, eine gcham nißholle Macht schien hier im Spiele zu sein, von welcher man sich bisher nichts hatte träumen lassen. Oder sollte das an der Seite des Schiffes ausrecht stehende Rad, welches sich unablässig drehte und die Wagen peitschte, sollte der hoch über das Teck emporragende Schornstein, aus dcm dicke schwarze Rauchwolken emporstiegen, Wunder bewirken? Tie Menge jubelte, sie befand sich in einem Taumel von Begeisterung, und immer wieder war es ein Name, der mit Enthusiasmus ohnegleichen ausqc- rufen wurde. Dieser Name lautete: Robert Iulton!" Robert Fulton! Wer war dieser Mann, welcher so hohe Begeisterung in den Seelen der sonst so nüchternen Amerikaner zu erwecken verstanden hatte? In welcher Beziehung stand er zu diesem Zauberschiff, welches jetzt feine chnelligkeit verlangsamte und es war die Zeit der hohen Fluth an der Battery. ungefähr da, wo vorher Van dcrbilt's entführte Charlotte" gelegen hatte, landete? Cornelius wandte sich an einen gut gekleideten alten Herrn, der neben ihm tand. und bat ihn in erregtem Tone um Aufklärung. Wer Robert Fulton ist. willst Tu wissen mein Junge?" sagte der alte Gentleman lächelnd. Ja, viel kann ich Tir auch nicht über ihn erzählen, denn er ist noch ziemlich unbekannt. Aber ich denke, es wird nicht mehr lange dauern, und die neue und alte Welt wird den Namen dieses Mannes mit Verehrung nennen. Robert Fulton hat ein Schiff erfunden, welches er durch Dampfkraft vorwärts bewegt. Heute hat er eine Probefahrt auf dem Hudson und der Bai unternommen, und man agt, er sei im Stande, mit seinem chiff fünf Meilen in der Stunde zu- rückzulcgen." Fünf Meilen in der Stunde!" wie- dcrholte Cornelius mit Verwunderung, das ist herrlich das bedeutet eine Umwälzung des Weltverkehrs der Name dieses Mannes wird unsterblich ein!" Tas ist auch meine Meinung," rief der alte Herr, und dann riß er plötzlich den Hut vom Kopfe, schwenkte ihn über jlch und schrie: Hoch Robert Fulton es lebe Robert Fulton!" Tenn da nur fünf Schritte von ihnen entfernt, war er selbst, der Er finder des ersten Dampfschiffes, eine hohe schlanke Gestalt, auf welcher ein anmnthiges, von dunklen Locken um rahmtcs Haupt saß. Tie tiefen, hellen Augen blickten mild und gütig, aber in die hohe weiße Stirn waren die Falten des Denkens und Sorgens ein gegraben. Robert Fulton hatte sein Schiff vcr- lassen, er schritt jetzt an der Seite eines bärtigen, ernst dreinschauenden Man ncs, seines Geschäftstheilhabcrs Robert Livingston. der mit weitschauendcm Blick seit Jahren die Bedeutung und den Werth der Fulton'schen Erfindung erkannt, sie durch Kapital gefördert und ihr die icyutzenoen Patente er kämpft hatte. Tie beiden Freunde hatten sich, in ihr Gclprach vertien, erst einige schritte vom Ufer entfernt, als plötzlich zu ihrem Erstaunen ein hübscher Junge sich den Weg durch die Menge bahnte und vor Fulton hintrat. :ir," rief er. retten sie mein ein- zigcs Hao uno mu, inein ooi uno das Geld meiner Mutter, einer Far merswittwc. Verbrecher haben Schiff und Baarschaft gestohlen und sind da mit feit einer Stunde auf dcm Waffer; aber wcnn es wahr ist, daß Ihr Wun- verschiff fünf Meilen in sechzig Minuten zurücklegt, so werden wir die Gauner einholen und Sie werden nicht nur Ruhm, sondern auch den Segen einer! Wittwe für den Namen Robert Fulton gewonnen haben!" Fulton wandte sich Cornelius zu. Wie heißt Tu. mein Junge?" fragte er gütig. ..Cornelius Vanderbilt. Sir, und bin in Ltaten Island zu Haufe." Und man hat Dir Dein Boot ge stöhlen?" Ja. sir. einen allerliebsten Segler mein einziges Besitztum." ..Und Du kennst ungefähr die Rich. tung, welche die Diebe eingeschlagen baden?" Nach Fire Island zu sind sie ge flohen mein Leben wette ich daraus!" Fulton wandte sich seinem Theil habcr zu. Was meinst Du?" flüsterte er. Nur zu." gab Livingston zur Ant wort. Wcnn wir die Diebe dingfest machen, können wir uns keine bessere Reklame wünschen. Ganz Nciv j)ott wird davon reden." Taun vorwärts! Komm, mein Sohn, Tu sollst das Wunderschiff ken nen lernen. Vielleicht wirst Tu zum Dank dafür später einmal ein Förderer meiner Erfindung komm !" Wie im Traum bestieg Cornelius an der Spitze des Erfinders das Schiff, wie im Traum vernahm er die Be fehle Fultons, der feine Clermont" noch einmal hinausdampfcn ließ in die See. Etwa zwei Stunden später ging die Clermont" wieder an der Battery vor Anker, und in ihrem Schlepptau führte sie die Charlotte", des glücklichen Cornelius Vanderbilt gerettetes Boot. Tie beiden Schurken standen gefesselt auf Deck und wurden so schnell als möglich der Polizei übergeben, welche in ihnen lang gesuchte Bankräuber und Einbrecher erkannte. Cornelius dankte dem Erretter seiner Charlotte" mit Thränen in den Augen und schwur ihm. ihn und seine Gutthat niemals zu vergessen. Modert Fulton lieferte nach An bringung einiger kleiner Verbesserungen an vcr yiermont" durch seine am 17. August 1807 stattgehabte Probefahrt von New York nach Albany mit Passa gieren und Gütern den unwiderleglichen Beweis, daß er das erste praktische brauchbare Dampfschiff erfunden hatte. Es bedeutete eine Umwälzung im Vcr , kehr, wie sie seit geschichtlichen Zeiten nicht dagewesen ist. Cornelius Vanderbilt aber wurde durch Umsicht. Thatkraft und Spckla tionsgcist einer der bekanntesten ameri kanischen Gcldkönige. dessen Millionen ihre Macht in fast allen Erdthcilcn aus üben. Er gehörte zu den ersten, welche Dampfschiffe und Eisenbahnlinien in großem Stil erbauten und so dem Handel und Verkehr in den Ver. Staa ten die Wege ebneten und ihn zu feiner heutigen Größe und Bedeutung er hoben. Hunde als Ruhestörer im Theater. Wegen eines seltsamen Grundes mußte unlängst die Vorstellung im ' Londoner Prinzeß . Theater für kurze Zeit unterbrochen werden. In dein Stücke, das damals gegeben wurde, er schien auch eine Meute Hunde auf der Scene. Eines dieser Thiere war eines Abends nach der Vorstellung nach der königlichen Loge geführt und dort mit Leckerbissen traktirt worden. Als nun am nächsten Abend der Vorhang in die Höhe ging, sprang das Thier in großen Sätzen von der Bühne und eilte jener Loge zu, wo man es am Abend vorher so gut behandelt hatte. Tie ganze übrige Meute folgte. Ta die Loge ver schlossen war, stürmten die Hunde laut bellend und heulend iw das Parterre. Ein Theil des Publikums erblickte in dcm Ausbrechen der Hunde von der Bühne eine besondere Ueberraschung und klatschte lauten Beifall, während ein anderer Theil, der näher der Bühne faß. und die regellose Flucht der Hunde gesehen hatte, eine Katastrophe befürch tete und angsterfüllt den Ausgängen zustrebte. Endlich erschien der Piqueur auf der Bildfläche, führte feine unge horsamen Schüler auf die Bühne zurück, und die Vorstellung konnte ungestört ihren Verlauf nehmen. Bierlied. Brauchbare Baucrnburschen bereiten beständig bitteres, braunes Bier, be kanntlich besonders billiges Bedürfniß begnügsamcr. bürgerlich behaglich bei sammenbleibender Bürger. Bethörte, bicrfeindliche Bacchusbrüder behaupten bisweilen bestimmt: Bier berausche bald, befriedige blos Bauern, beraube besseren Bewußtseins, beschränke blü hcnde Bildung, begründe breite Bäuche, befördere blinden Blödsinn. Begeistert Bacchus besser, bleibt bei'm Besseren; besingt Burgunder. Bordeaux, Brause wein, beschimpft boshaft Bier. Biedere Biertrinker! Bevor Beweise Besseres bc währen, bleibt beigesellt beim braunen Bccherblinken, bleibt Bicrfreunde!" Gleiches mit Gleichem. Leutnant: Unteroffizier. Sie müs sen der Mannschaft gegenüber keine Fremdwörter und vor allen Tingen keine verballhornten anwenden." Unteroffizier: Herr Leutnant, das importirt die Leite aber unjeheicr." Leutnant (spöttisch): Nc. es ist doch besser, wcnn Sie sich in dieser Be ziehung gegen die Leute etwas mcnage rircn." Wer das Recht mit Füßen tritt, wird darüber stolpern.