Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Oct. 5, 1899)
allfrcuden. Humoreske von JV rs itrip 'adiüdcrz, ßtioaS Einsaitigere läßt t"i4 nicht denken, als ein Ball," VW der gräm liche Philister zu seinem Podagrabru der, wem, er Abends zehn Uhr seine lebte Pfeife stopft und mit fchwerem Herzen daZ dritte Glas befiehlt; ..da hllpfen die Leute mit einander herum, bis ihnen der Athem ausgeht, schwanen das fadeste Zeug. daZ sich denken laizt. und opfern den süßen -chlaf. um am andern Zage wie ein Märtyrer herum zuschleichen!" Von seinem Standpunkte auS hat der alte Herr Recht; wer auf inem Balle nichts weiter zu holen hat. lZ etwa einen Rheumatismus oder ei nen Kater der wird dieses Vergnügen ftetS als ein Ttück europäisches ckla denleben betrachten. Wer aber das Tanzn, als Mittel zu einem ganz be sonderen Zwecke benutzt, und nicht blos der körperlichen Bewegung halber die Beine schwingt, der ficht in einem Balle eine Einrichtung, die getroffen wurde, um dem unternehmenden Jünglinge ein Feld der lohnendsten Thätigkeit zu eröffnen. Jeder flotte Bursche weiß das genau, und es ist kaum nöthig, in dieser Rich tung weiter zu demonstrircn. Ebenso bekannt ist es aber auch, daß auf diesem Gebiete die mannigfachsten Ereignisse spielen; es wird wenige Burschen ge den, die nicht einige interessante Episo den daraus zu verzeichnen hätten. Eine zwar nicht romantische, auch nicht pikante, kaum interessante, aber nichts destowenigcr amüsante Geschichte hat sich vor Jahren in der Universität- ftadt I ereignet; sie ist in keiner Chronik niedergelegt und soll deswegen hier veröffentlicht werden die Haupt akteurs sind zwar noch nicht in die Reihen der versumpften Philister über gegangen, stehen aber der Zeit der Handlung so ferne, baß sie den Erzäh ler gewiß keiner Indiskretion zeihen werden. Ta saßen zwei patente Häuser" in einem Ka'seehaus einer deutschen Univcr sitötsstadt. Es war zur Faschingszeit. Und stud. jur. Fritz und stuck, phil. Julius spielten Karten um ihren Kaffee, d. h. darum, wer von ihnen gehalten sein sollte, ihn und einige Cigarren auf seine Rechnung schreiben zu laffen. Julius verlor und schob ärgerlich das Kartenpackct bei Seite. Unglück im Spiel, Glück in der lebe!" meinte fein Freund abgeore schon, aber Julius reagirte nicht auf die Tosis. stützte den Kopf in die Hände und seufzte: Wenn das wahr wäre! Gerade heute muß ich den Blödsinn des Spruches tief empfinden!" ,Jst Tir etwas Unangenehmes Pas sirt?" fragte mit heuchlerischer Theil nähme Fritz. Setz' statt des Perfekts das Fatu turn, und dann hast Du richtig er rathen." entgegncte Julius gedrückt. Sein Kollege stand auf und packte ihn an den Schultern: Was vor Dir liegt, läßt sich ändern, heraus damit, beichte Deine Heimlichkeiten vielleicht kann man helfen." Julius seufte: Hast Du Geld, mein Lieber ?" ffioti sei Tank, nein!" Dann ist mir nicht zu helfen!" Warum nicht? Zu was brauchst Tu dcnnGcld?" Nun denn ich sollte heute noch ei nen Ball im Kaufmanns-Kasino mit machen, die blonde Lucy hat mir das Ehrenwort abgenommen, daß ich hin kommen werde, und ich weiß durchaus nicht, wie ich dies möglich machen soll!" Ich begreife noch nicht." wendete Fritz ein, Tu hast doch freien Eintritt" Julius nickte was willst Du denn ' mehr ?" Eine schreckliche Bedingung ist daran ; geknüpft," klagte, ein zweiter Jcremias, der unglückliche Julius, hier auf der Einladungskarte steht: .Die Herren erscheinen in Frack und weißer Hals binde'." In Frack? Pfui, welche fade Bc dingung. da ginge ich gar nicht hin!" Ja, dafür ist es auch ein Ball .erster Güte', und gerade auf Deine Beglei tung habe ich gerechnet; das Mädchen von der Langen Straße wird auch hin kommen und. was die Hauptfache ist sie verzapfen dort famoses Erlanger Lager!" Weiche von mir, Satanas, Me phifto. Beelzebub!" wehrte Fritz heftig ad, Tu willst in mein Herz greifen und meine heiligsten Gefühle für Deine Zwecke mißbrauchen. Bruder, ich durch schaue Dich wie eine Portion Emmcn thaler in der Weinstube Tu bist ein Stümper, und nie wird aus Dir ein Diplomat!" Doch Julius betheuerte die Wahrheit seiner Behauptung, und bald war der Freund für die Idee gewonnen. Wie sie aber ausführen? Sie beriethen hin und her. um endlich, da Keiner einen Frack besaß, dahin übereinzukommen, daß Jeder versuchen solle, einen Frack und etliche Moneten zu pumpen; sie trennten sich, um diesen Geschäften nachzugehen und verabredeten. Abends 7 Uhr im Kaffeehause wieder zusammen zutreffen. Der Abend kam, und einige Minuten vor 7 Uhr trat Fritz ins Lokal; er hielt Umschau und war offenbar von der Wahrnehmung befriedigt, daß Julius noch nicht eingetroffen sei. Er berief den Zählkellner zu sich und unterhan dclte längere Zeit mit ihm ziemlich ge heimnißvoll und sagte zum Schlüsse zum Hüter des Billards: Also holen 2u schnell Ihren Frack, ich bezahle als seilet einen blanken Gulden." Der Kellner war kaum verschwunden, als Julius zur Thür hereinstürzte. Fr'g blickte ihm neugierig entgegen, und siehe da der Unglückliche hatte ebenfalls keinen Frack an. Du haft nichts ausgetrieben?" fragte er erstaunt. Nirgends was zu kricgcn; keiner von unseren Leuten hat ein anständiges Exemplar von einem Frack, der Wich sier versprach mir, eines zu beschaffen, ließ sich aber nicht mehr sehen, und jetzt ist alles verloren!" Er stöhnte. Haft Tu Geld ?" Meiner Hausfrau habe ich etliche Silderlinge abgerungen, aber was soll das schnöde Silber ohne Frack?" Heraus mit den Batzen!" kominan dirte Fritz hcitcr, dann will ich das Weitere ordnen." Julius leerte seine Westentasche, und ein neuer Silbergulden und einige kleinere Münzen kamen zum Vorschein. Prächtig!" rief Fritz hier der Gulden soll einen Frack verschaffen, das Uebrige gehört zur Bestreitung des Le bensunterhaltcs freilich sehr wenig, aber Noth bricht Eisen!" Ter Marqueur brachte bald das theure Kleidungsstück, erhielt den blau ken Gulden und verschwand. Julius sah den Freund fragend an und platzte dann heraus: Aber wer soll denn den Frack anziehen?" Tas ist die Quintessenz meines Planes," erwiderte lächelnd Fritz; wir machen halbpart! Du begreifst nicht? So höre. Ich habe den Frack beschafft. Tu hast das Geld geliefert es gebührt Jedem fein Theil. Auseinanderfchnci den können wir dieses Instrument nicht, ergo müssen wir es abwechselnd tragen. Das ist schon oft vorgekommen. Ich schlage vor, wir lassen das Loos ent scheiden, wer zuerst das Glück genießen soll. Der Betreffende verpflichtet sich, nach der zweiten Tour den Tanzfaal zu verlassen und dem Anderen die kostbare Legitimation auf die Tauer weiterer zwei Touren zu überlassen. Ter Frack lose muß natürlich im Hofraume einst weilen Wache stehen." Der abenteuerliche Plan wurde nun vertragsmäßig angenommen, und das Loos war dem blonden Julius günstig, indem er kraft des längeren Zündholzes die Priorität erwarb. Munter zog er sogleich den Frack an, hängte den Ueber zicher über den Arm, und nun ging's dem Orte des Vergnügens zu. Unter Wegs kauften sich die Studenten noch einten Mundvorrath, der während der Pause gemeinsam im Hose verzehrt werden soLte ein Stück Backfteinkäsc und einen sogenannten Groschenwecken; ersteren barg Julius in feiner Tasche, letzteren Fritz, damit Keiner ohne den Anderen foupiren könne. Es war um die achte Stunde; in scharfem Trabe rollten die letzten Wagen zum Thore des Kasinolokalcs; dichtver mummte Gestalten hüpften aus den ge räumigen Fuhrwerken und verschwan den eilfertig im Hausinncrn; oben fing man schon an, die Geigen zu stimmen. Es war höchste Zeit. Und diesen Augen blick hatten die beiden , Freunde auser sehen, ihr Ballvcrgnügcn in Scene zu setzen. Julius verabschiedete sich eiligst von Fritz, nachdem er mit einem furcht baren Eide gelobt hatte, nach der zwei ten Tour seinen Kommilitonen abzu lösen. Fritz mischte sich unter das gaf sende Publikum, das in den Korridoren und auf den Treppen stand, um die Toiletten der Damen zu sehen, und Julius stieg mit eleganter Gleichgültig kcit in den Mienen nach oben, angethan mit dem Fracke, weißer Kravatte und ebensolchen Handschuhen. Vor der Saalthür stand das Komite", welches die Ausgabe hatte, die Ankommenden zu empfangen und zu kontrolircn. Diese Herren waren als Vertreter der Gesellschaft natürlich in bczug auf Toi leite untadclhaft ausgestattet. Das waren Fräcke! Und dazu das in Locken gebrannte Haar und der fein ausströ mende Patchouliduft kurz, das Höchste, was ein männliches Wesen leisten konnte. Julius wies seine Karte vor und durste unbeanstandet, wenn .auch nicht unbekrittclt, das Hciligthum be treten. Und eine herrliche Blumen Pracht breitete sich vor ihm aus, Blumen der lieblichsten Art in allen Phasen des Dlühens und Vcrblühens. Bald hatte er die blonde Lucq entdeckt und schritt mit burschikoser Keckheit auf den Platz zu, den ihre Familie eingenom men. Die Förmlichkeit der Vorstellung war ohne weiteres erledigt, da die ge strenge, dicke Mama den jungen Stu denten schon bei einer früheren Gelegen heit gesehen hatte und es nur eines Hin weises bedürfte, um alle Präliminarien zu beendigen. Julius bat natürlich, um keine Zeit zu verlieren, um die Polonaise und den ersten Walzer, bot seiner Dame den Arm. und im nächsten Augenblicke war das Paar in dem einstweilen noch pro menirendcn Schwärm untergegangen. Er war glücklich. Lucy schien es zu sein, und es wäre fast überflüssig zu erzöh lcn. was sie gesagt und zugeflüstert. Ein eleganter, schmächtiger Jüngling und hinter ihm ein älterer Herr täusch ten Bemerkungen aus, die ganz eigen thümlicher Natur waren. Zuerst ward die UntcrhaUung mimisch geführt; der Jüngling wendete sich gegen feinen Be glcitcr und schnitt ein Gesicht, in dem ein leichtes Entsetzen und ein gewisser Unmuth ausgeprägt waren. Der An dere bekundete durch lebhaftes Nicken, Kopfschütteln und , Achselzucken das, gleiche Mißbehagen. Man marschirte einige Takte weiter, da wandte sich der Jüngling zu seinem Nachgänger und rannte ihm zu: Das ist ja fürchterlich, da riecht etwas ganz abscheulich." Worauf der Ändere: Skandalös, nicht zum Aushalten!" erwiderte. Die Da men hielten schon längst die Taschen tüchcr an ihre Näschen, mit einem Wort die Sache sing an, sich bemerkbar zu machen. JuliuS schritt dahin, ohne sich zu besinnen, daß er ein halbes Psund des gewöhnlichsten LimburgerS in der Tauche hatte, welcher allerdings Düfte verbreitete, die ganz und qar nicht zu den salonfähigen Parfüms gerechnet werden können. Hinter dem ahnungslosen Musen söhne entstand eine immer größer wer dende Lücke. Anschließen!" lautete der Befehl des Tanzmeisters, aber man gehorchte nicht Derselbe eilte zur Stelle, und es be durfte nur weniger Worte, um ihn über das vorliegende Hinderniß zu be lehren. Wie ein elektrischer Funke ver pflanzte sich die unheimliche Kunde von einem Hcrrenmunde zum anderen, bis endlich die Angelegenheit zu Ohren des Komites kam. ES war ein heikler Fall; beleidigen konnte man den Studenten nicht; man beschloß daher, bis nach der Tour zu warten und dann einen ge wiegten Diplomaten an den Studio abzuiendcn.. in eriaorencr iunger auiinanns- söhn, der einen Konsulatspostcn an strebte, wurde hierzu ersehen, und kaum war die Tour zu Ende, stand er schon vor Lucy, die er artigst begrüßte, wobei h es nicht unterließ, sich auch vor ihrem Tänzer zu verbeugen. Lucy nahm Ver anlassung. Julius vorzustellen, und so war dem Diplomaten Gelegenheit ae geben, mit feinem Opfer einige Worte zu wechsln. Er fragte zuerst höflich. wie es dem Herrn gefalle, ob er schon einmal ein Ballfest des Kasinos mitge- macht u. f. w. Endlich man er leicht sinnig hin: Sie sind doch zu Wagen hergekommen k" Julius beeilte sich. dies zu bejahen. Der Diplomat lächelte und flüsterte dem Ucberrafchten hastig zu: Tann begreife ich s nicht, öic Sie müssen ich bitte, es ja nicht übel zu deuten Sie müssen ein klei nes Unglück, oder halt, haben Sie vielleicht zu neue Stiefel ein eigen thümliches Parfüm nämlich " Ju lius war einem Schlaganfallc nahe wie ein Meteor leuchtete es in feinem Gedankenlabyrinth auf, und mit Flam mcnschrift erschien vor ihm das Wort Limburger. Einige Worte der Ent- schuldigung stammelnd, verließ er Lucy, welche den Zusammenhang nicht zu der- stehen vermochte, und stürzte, von hun dert neugierigen Blicken verfolgt, der Saalthür zu - Fritz hatte unterdessen in geduldiger Hingebung gewartet; wäre er im Besitz von einigen Silbersechsern gewesen, dann hätte er zweifelsohne auf Back steinkase und Ballfrcuden verzichtet; so aber hoffte er immer noch auf einige Sonnenblicke des Schicksals und sah feiner Ablösung mit begreiflichem Interesse entgegen. Ta kam Julius auf ihn zugeschossen, sichtlich aufgeregt und schon von weitem heftig mit den Händen herumschlagend. Fritz sah ihm srazend entgegen, allein fein Freund sagte nichts, sondern holte aus der Fracktafche den unglücklichen Käse her vor und fchleuderte ihn zur Erde. Auf's höchste empört bückte sich Fritz auf die kostbare Gabe und hob sie sorgfältig auf, indem er vorwurfsvoll bemerkte: Du bist wohl verrückt, oder ," setzt? er, von einer angenehmen Erwartung plötzlich besänftigt, hinzu, hast Tu einen Pump?" Ter verwünschte Quark!" wüthete Julius, lieber wollte ich acht Tage hungern, wenn wir nur den elenden Gedankm nicht gehabt hätten, diese Qualität zu kaufen!" Tparfamkeits rücksichien, Freundchen." beschwichtigte Fritz, wirst noch das Maul darnach in Falten legen. Aber erzähle, was Dich so in Zorn versetzte!" Julius berichtete sein? Erlebnisse und Fritz wußte nichts anderes darauf zu erwidern, als herzlich zu lachen, was Julius durchaus nicht behagte. Friß vermochte jedoch durch eine bagatell mäßige Behandlung des Vorfalles die Gereiztheit feines Korpsbruders herab zustimmen und ihm schließlich sogar ein schwaches Lächeln zu entlocken. Die Jünglinge vollzogen den vcr abredeten Tausch der Kleidungsstücke. Julius mußte nolons volens den verhängnißvollen Käse wieder unter seine Obhut nehmen, während der mißtrauische Fritz nicht unterließ, den geruchlosen Groschcnwecken" als Pfand für die Unantaftdarkeit des Käses mit sich zu nehmen. Als Fritz in den Ballsaal eintrat, tanzte die Gesellschaft eben Franaise. Er sah die blonde Lucy seines blonden Freundes, wie sie süß lächelnd mit einem sehr jungen Jüngling coquct tirtc; er schüttelte das Haüpt und schlug sich durch die Zuscher in ein Neben zimmcr. Kein Mensch war hier zu sehen; wer nicht selbst tanzte, bcschäs tigte sich damit, die Tanzenden durch die Hechel zu ziehen. Fritz ging einige Male auf und ab und wollte eben wieder in die Menfchcnwogen hinein steuern, als sein Blick auf die Tische fiel, und siehe, da standen in langen Reihen braunglänzcnd, weißbebordet und perlend viele Gläser Erlangcr La gcrbieres. Und der Versucher trat hin zu ihm und raunte ihm zu: Niemand sieht Dich, nimm ein Krüglein und trink'!" Fritz hörte die Geisterstimme, allein standhaft schloß er die Hand zur Faust, so daß er daS Krüglein nicht fassen konnte. Ta sprach der Versucher zum zweiten und dritten Male: Nimm das Krüglein und trink'!" Und auf den Lohn der Tugend verzichtend. er griff er das nächste Gesäß und trank. Wer dein Zeuse! einen Finger giebt, steht in Gefahr, die Hand zu verlieren. Fritz arbeitete plötzlich im Solde des Bösen, denn odschon er die verführerische Stimme nicht mehr hörte, fuhr er doch fort, ein Seidel nach dem andern zu leeren und sich einen gehörigen Vor schuß für die nächsten Stunden zu nehmen, Er mußte seine Prüfung nur zu früh unterbrechen, denn die Musik spielte zum Schlüsse, und die Gäste konnten jeden Augenblick zurück kehren: er mischte sich deswegen still in die Gesellschaft und war so glücklich, gleich darauf der hübschen Frau von der Langen Straße zu begegnen. Ohne sich lange zu besinnen, trat er auf sie zu. bat um den nächsten Tanz und er hielt ihn in aller Liebenswürdigkeit zu- gesagt. Ter günstige Verlauf seines Balldcbuts hatte ihn in die rongste Laune versetzt, er war übermüthig ge nug, den Schauplatz seiner geheimen Thätigkeit nochmals zu betreten und den Erfolg seiner Leistung zu beob achten. Tcrselbe war ziemlich harm- loicr Art; man verdächtigte sich gegen scitig und erklärte das Vorkommniß für einen faulen Witz", der recht gut hätte unterbleiben können. Fritz nahm gern dieses Absolutorium an und eilte zu seiner Schönen, um sie zur Mazurka zu holen. Tie Musik spielte, die Paare schweb ten dahin, und Freund Fritz war nicht der letzte, wenn es galt, das Tanzbein zu schwingen" ; und die anmnthige Tänzerin lächelte ihm zufrieden zu. Ta plötzlich stieß er beim Tanzen an etwas an, sah zu Boden, und ein jäher chrca durchzuckte sein Herz. Der in der Fracktasche verborgen gewesene Gro schenwecken hatte, aufgemuntert durch die Sprünge des Besitzers, sein Ge- sängnlk vertanen und segelte legt frön lich, gleich einem Eisstück, von Zeit zu Zeit durch eine Futzipitze angetrieben, aus dem glatten Parquct dahin. Allgc- meine Ucberraschung. Heiterkeit, Aerger, lpott machten wechselweise die Runde, der Urheber vieler Episode cder vcv fügte über Geistesgegenwart genug, auch seinerseits den Erstaunten zu spie f v r rr ' . m.i.rt v ich UIIV ime iume in otiicn ata eigenthümlichen Vorkommnisses zu un- tcrhalten. Einer der bebänderten Ball- ordner hob das corpus delicti auf. begab sich auf die Musiktribüne, ließ einen Tusch blasen und rief mit Riesen stimme in den 'saal: Ein Groschen- wecken ist gefunden worden, der Eigen thümer beliebe denselben an diesem Platze abzuholen!" Damit legte er unter allgemeinem Halloh die schöne Gottesgabe am Auf gange der Tribüne nieder. Ein Kunst werk ersten Ranges hätte in einer Aus stelluna kaum so bedeutende Aufmerk- keit erregt, als dieses pöbelhafte Genuß Mittel; man machte förmlich Queue", um e? zu betrachten, männiglich hütete man sich aber, die Hände danach aus- zustrecken. um nicht in den Verdacht einer näheren Bekanntschaft mit dem ball- und salonwidrigen Gebäck zu ommen. Fritz stand mit Frau R. wie er erfahren, einer jungen, dermög- ichen Wittwe und ihrem Onkel, einem heitern alten Herrn, ganz in der Nähe des Ausstellungsplaßes. Und der alte Herr, den die Sache zu unterhalten chien, äußerte gutgelaunt und gewiß ohne Absicht: Ta würde ich jede Wette eingehen, daß Niemond kommt, diesen Wecken von seinem Platze zu holen." Fritz, mit einer schnellen Eingebung begnadigt, behauptete indessen schein bar gleichgültig und wie aus Wider ivruchslust. so ganz unmöalich wäre dies doch nicht. Der Onkel entgegnete lachend, er kenne die Welt zu gut, als daß er nicht darauf wetten würde, daß einer der Ballgäste sich zu dem Brot bekennen werde. Fritz war eigensinnig, verrieth sogar Lust auf die Wette ein zugehen. Sein Gegner schlug fünfzig Gulden als Preis vor, und als Fritz, um den Schein zu wahren, gegen die Höhe der Summe Bedenken aussprach, erklärte seine Dame, mit ihm gegen den Onkel halten zu wollen. Fritz fühlte, daß aus diesem Bündnißaner bieten nicht allein Wohlwollen und ein gewisse? Grad von Zuneigung zu ihm, sondern auch etwas wie eine Ahnung des Zusammenhanges heransleuchteten. und nahm das Gesellschaftsverhältniß in ungenirter Weise an. Nach Fest setzung der Bedingungen begab sich der alte Herr auf seinen Posten und richtete feinen Platz so ein, daß er die bewußte Stelle im Auge behielt. Fritzens Zeit war um, er konnte mit Frau R. nur noch einige angenehme Worte wechseln und verabschiedete sich. Er traf seinen Kollegen fluchend und frierend im Hofe an; als Fritz sich ihm näherte, ging der Erlöste auf ihn los und verlangte vor allem sofortigen Kleiderwechsel, was zuvoriommendst gewährt wurde. Fritz versicherte hoch und theuer, daß Niemand mehr an die Käsegeschichte denke, und Julius fühlte, daß er wieder Herr der Lage sein werde. Zuvor sollte aber ihr Abendbrod ver zehrt werden, und Julius zog aus fei nem Rock den Käse. Fritz, der das Brod im Frack vergeblich zu suchen schien, rief nach längerer Zeit mit er künstelten, Aerger aus: Ach, das Brod! Ja, das habe ich heimlich in eine Vertiefung neben dem Aufgang zur Musiktribüne gelegt; sei doch so gut und hole es; es wird eben getanzt, da sieht Dich gewiß Niemand." Ter arg lose Freund ging auf den Leim und eilte hungrig in den Saal. Und es dauerte nicht lange, spazierte er wieder daher. ,nitz erschrak, denn er glaubte. sein Plan wäre mißlungen, und Julius habe die Oeffentlichkeit' des Verfahrens gescheut. Allein ruhig und mit Würde überreichte dieser den Groschenwecken Fritz drückte einen Kuß darauf, um armte dann in wildem Jubel feinen Freund, der. ohne es ;n wissen, die Kastanien für ihn auS dem Feuer ae holt hatte, und brach in ein schallendes Gelächter aus. A!S er zu lich gckom men. sah er eine dritte Person den alten Herrn vor sich stehen, der in komi schein Ernste ihn anrief: Mein Herr Tas ist eine Verschwörung; Sie haben zwar die Wette gewonnen, aber Sie müssen mir erst beweisen, daß dieser Herr Ballgast ist!" Fritz warf ihm einen begütigenden Blick zu und stellte Julius schnell als seinen lieben freund vor, der gemein- jam mit ihm den Ball besucht habe. Tem alten Herrn ging ein Licht auf, cr lud die jungen Leute ein, mit ihm zu kommen und ihm Gesellschaft zu leisten. Fritz war wohl oder übel gezwungen, die Unmöglichkeit der Vereinigung we gen der Unteilbarkeit deS Fracks dar zuthun, und nun wurde dem alten Herrn der Sachverhalt immer mehr klar; er fand Geschmack daran, ja er unternahm es, in der Garderobe einen zweiten Frack zu erwerben, und kurze Zeit darauf faßen die beiden Aden teurer mit dem gemüthlichen Onkel und dessen reizender Nichte bei einer Flasche Sekt und auserlesenen Platten Fleisch. Fritz legte bei der dritten Flasche ein vollständiges Bekenntniß ab; Julius wollte beinahe böse werden, allein der joviale Gastgeber beschwichtigte ihn in der freundlichsten Weise und lachte da bei, daß ihm die hellen Thränen über die dicken Wangen liefen. Tie schöne Wittwe aber schien sich köstlich zu unter halten und vertheilte die Touren, die sie noch übrig hatte, unter die beiden Freunde, was den guten Julius wenig stcns einigermaßen dafür entschädigte, daß ihn Lucy keines Blickes mehr wür digte. In der heitersten Stimmung trennte sich endlich die Gesellschaft am frühen Morgen, nicht ohne daß die beiden Freunde den Betrag der Wette auf strenges Gebot des fröhlichen Philisters! hin mit nach Hause genommen hatten. ie liebenswürdige Nichte hatte auf lyren äLcttantyeil verzichtet, was sie um 10 leichter thun konnte, als sie nach einiger Zeit doch Herz und Hand an einen der Beiden verlor an wen. das läßt sich nicht schwer errathen. 17. -r j.: j.i . r. au v,c uuii: vyc ujiune um du Gute, daß sie vor mehreren Jahren so paifirt ist, wie ich sie eben erzählt habe. Ein fürchterliches Drama. Lo AIs af Hcdeiisljlrnci. Das Haus lag in nachlässiger Vor- nchmheit, wie zufällig hingeworfen. zwischen kühlen Linden und blühenden Flledersträuchcn am äußersten Ende der Stadt; und wenn Yic Uniformknöpfe des patrouillirenden Schutzmannes mit ten zwischen dem grünen Laubwerk auf funkelten, bildete es ein fesselndes Bild einer Mischung von Kunst und Natur. Es war in einer Juninacht. Mit der eiligen Langsamkeit der getreuen Pflichterfüllung lenkte der patrouil lirende Schutzmann seine Schritte auf dem Wege hinaus, an der Villa vorbei. Die Stille des betäubenden Schwci- genS erregte die Beforgniß des Schutz mannes. Man vernahm kein Schmu chen. kein lebendes Wesen rührte sich. Ta, plötzlich, durchschnitt fürchterlich, chrcckenerrcgcnd und durchdringend ein gellender Schrei aus dem Innern des Hauses die Stille und dasTunkel der Nacht. Es war der schrei eines Weibes, wahrscheinlich eines jungen Weibes. Nicht ein Schrei, wie ihn die Frauen auszustoßcn lieben, wenn sie ich in den Finger stechen oder etwas Schönes in einem Ladenfcnstcr sehen oder von einer neuen Verlobung hören. sondern ein Schrei, wie sie ihn auszu- stoßen Pflegen, wenn sie sich Tinte aufs Ballkleid gießen, oder wenn ihr Leben von einer Gewaltthat bedroht wird. Ein Ocean voll Schreck und ein Hima laya von Verzweiflung lag darin. Tie Thüre war verschlossen. Der Schutzmann rüttelte an der Thüre, als wenn er einen Apfeldaum schüttelte. Und kraft seiner obrigkeit lichen Vollmacht rief er laut und deut lich: Ausgemacht im Namen des Ge setzes!" Nach einer minutenlangen Ewigkeit rasselte das Thürschloß, die Thüre ging auf und drinnen stand die Köchin. Dieselbe mißverstand das Eingreifen des Gesetzesmannes und glaubte in ihrer Unschuld, daß das Herz des jun gen Schutzmannes von ihrer Anmuth gerührt worden wäre. Daher deutete sie nach einem flüchtigen Gruß an, daß sie ein durchaus anständiges Mädchen wäre. Sie müßte darum bitten, dar auf Rückficht zu nehmen. Wenn er sich mit ihr in Verbindung setzen wollte, dann möchte er vorsichtig kleine Kiesel steine an ihr Küchenfcnstcr werfen. Hier drinnen ist etwas nicht richtig," rief der Mann des Gesetzes. Mit einem Schrei des Entsetzens eilte das Mädchen in das Schlafzimmer ihrer Herrschaft. Als sie aber die1 Beile leer fand, stürzte sie bewußtlos nieder und rief nur diese paar Worte: ..Mörder! Räuber! Hilfe!" Der Schutzmann eilte aus den Hcs hinaus und gab mit seiner Pfeife dem nächsten Kollegen daZ Nothsigual. Und dalo begannen sich Leute zu ver- sammeln, und es wurde Licht eina zündet. Bebend begann man die Wvhnui: zu durchsuchen, und im Eßzimmer fand man die zuiige. schöne Herrin dcz Hauses steif und unbeweglich, in bleu dend weißem Nachtgcwande. ans zahl reichen Kopfwunde!, blutend, liegen , . . Man stand wie vom Schreck gelähmt da! Die Verüber der Gewaltthat waren offenbar geflüchtet, und der Gatte der Arniki, befand sich nicht im Hause. Ha! Mit fürchterlichkr Deutlichkeit ivurdk die Wahrheit offenbar! Er war der Mörder! Ein solcher Fall ist durchaus nicht geeignet, gleich im ersten Augenblick von dem ungeübten Krimina'.verstand eines gewöhnlichen NachtschiitzmanneS erfaßt zu werden. Der Mann dkZ Gc fetzes trat an's Telephon und theilt? die schreckliche That den, Fiskal mit. Beim Laut der Telephonglocke hob die Ermordete den Kopf empor und stieß noch einen durchdringenden Schrei aus. Wenn Jemand hierbei etwas seltsam findet, will ich ihn nur daran erinnern, daß eZ in Ovcrn durchaus üblich ist, eine ganze Arie mit zwei oder drei Schwcrtcn im Herzen zu singen. In diesem Augenblick tritt auf der Veranda der Gatte der Ermordeten auf! Er will sich den Anschein geben, als käme er von der Stadt und pfeift in frecher Weife eine beliebte Variete Melodie. Wer vermag jenen eigenthümlichen Trieb zu erklären, der so oft die Schritte des Verbrechens zum Platze seiner That zurücksenkt? Ter Schutzmann konnte eS jedenfalls nicht, und selbst der hochmögende Herr taatsliskal stand qar starr vor dem Ausbruch bcsinnungsloserVerzwciflung. mit dem der Mann sich über feine Frau warf, sie in das Schlafzimmer hinein trug und ihr Gesicht mit Küssen be- deckte. Ter arme Mann! Er hat es im Wahnsinn oder aus Eifersucht gethan. aber rennen sie nach den Handfesseln!" flüsterte der Fiskal dem Schutzmann zu. nzwi cycn tick die Ermordete ein tiefes Stöhnen aus. und ihr Mann rieb unter strömenden Thränen ihre Handgelenke, wusch das Blut von ihrem schönen Gesicht und schluchzte und jam werte und fragte, wie das zugegangen -wäre. So. Sie wissen das nicht, SW?" fragte der Fisial. Es wurde nach dem Toltor tcle phouirt, und alle Anwesenden versam weiten sich im Schlafzimmer und starr ten voll Entsetzen den Mörder und fein Opfer an. Legen Sie die Handfesseln in den Salon," sagte der Fiskal zu dem Schutzmann. Ha! WaS war das! Sie öffnet die Augen, starrt wild ihren Gatten an und schreit mit fürchterlichem, herzzcr reißendem Entsetzen auf: Hjalmar o, Hjalmar!" Passen Sie auf, daß er nicht durch das Fenster entflicht," flüsterte der Fis kal dem Schutzmann zu. Er weint und schreit und beschwört sie, zu erwachen und zu sagen, wie das alles gekommen, und was eigentlich gc fchehcn sei; cr kniet vor ihrem Bett nie der und küßt ihre Hände. Und die An wesenden erbeben bis in die Tiefe der Seele, als sie ihn schwören hören, daß er sich blutig rächen wolle an dem, der seinen theuren Liebling ermordete. T Er beabsichtigt sicher ein sogenanntes Allibri oder Kollibri aufzustellen," mur melt der Schutzmann feinem Vorgcsck ten in's Ohr. Allmälig kehrt die Lebcnsfarbe auf den Wangen der Ermordeten wieder, ihre Brust hebt sich schwer, wieder blickt sie empor, richtet sich wild im Bett auf und schreit in Todesangst: Die Ratte die Ratte Hjalmar? Wo ist die Ratte? Sie kam auf's Bett gesprungen und erschreckte mich so fürchterlich daher sprang ich heraus und und hätte mich am Büffet beinahe todtgcschlagcn " ..O Jemine, o Jemine!" sagte der Schutzmann. Pst! Kommen Sie. gehen wir! Ver gesscn Sie nicht die Handfesseln!" sagte der Fiskal. Die schwarze Striche. Serenissimus (studirt die General stabskarte seines Ländchens): Adju tant, sagen Sie doch, ähä, hm! was bedeutet eigentlich diese schwarze Linie?" Adjutant: Tas ist der Bach. Hoheit, der hinter der Mühle vorbciflicßt." Serenissimus: Ter Bach, aha, sehr gut, ausgezeichnet, besinne mich auf den Bach, erkenne ihn jetzt ganz deut lich wieder; da ist ja wieder so eine Linie, was mag das wohl sein?" Adjutant: Tas ist dcr.Fußweg nach der Försterei." Serenissimus: Fußweg, hm! sehr gut getroffen, vorzüglich; hier ist aber noch ein schwarzer, ganz gerader Strich!" Adjutant: Tas ist der Meridian. Hoheit." Serenissimus: Meridian, kann mich nicht besinnen; wenn wir wieder dort vorbei kominen, Adjutant, ver gessm Sie nicht, hahä. zeigen Sie mir den Meridian!"