Zweite Cieiv. Von R fl it s k o n ! " ch 4 Ich wiederhole nochmals: da Weib likdi nur einmal wabrbafl ideal und leidenschaftlich. Ist (3 in dieser Liede getauscht worden und suhrt es das Schicksal mit einem anderen Mann zu ssmmen. so kann zwar die Liede in fei. nem Kerzen abermals erwachen und Wurzel treiben, aber jenes wahrha't innige, jede Faser des Körpers durch dringende Gefübl. das wahre Liede so beglückend macht, wird niemals wieder lehren. Ter alte Ingenieur an unserem Stammtisch hatte sich in eine förmliche Erregung hincingesprochen und leerte mit einer nervösen Haft seinen steiner nen Bierhumpen. Lächerlich rief der dicke Toktor neben ihm möchte wissen, warum eine ZZrau in ihrer zweiten Liebe nicht glücklich fein könnte! Tas wurde ja entschieden der menschlichen Natur wider sprechen. Wie Wenige giebt es über Haupt, denen es vergönnt ist, dem Ge genstand ihrer ersten Liebe für immer anzugehören? Müßten die nun alle unglücklich sein? TaS wäre sehr traurig für die ganze Menschheit. Und doch ist es so beharrte der Ingenieur hartnäckig auf seiner Ansicht. Man darf allerdings nicht vergessen, daß es nicht immer die erste Liebe ist, welche der von mir geschilderten wahren und leidenschaftlichen Liebe entspricht. Denn nicht Alles ist Liebe, was man oft .dafür hält, und gar manches Mädchen ' glaubt einen Mann zu lieben über zeugt sich aber erst später, daß dies Täuschung gewesen, daß das Gefühl in ihr noch leine wahre, leidenschaftliche Liebe war. Hat sie aber einmal in diesem Sinne geliebt und wurde sie in ihrer Liebe betrogen dann giebt eZ keine Macht der Erde mehr, welche diese Liebe wjeder erwecken könnte. Selbst wenn sie glaubt, abermals zu lieben, so ist diese Liebe nicht mehr das. was sie war. Und glücklich der Mann, der, fei es aus natürlicher Anlage oder aus sonst einem anderen Grund, sich mit diesem stiefmütterlichen Ausmaße zufrieden fühlt. Doppelt unglücklich aber der Mann, der ihr selbst eine innige. lei denschaftliche Neigung entgegenbringt und dabei genügend Zartgefühl und Beobachtungsgabe besitzt, um das wahre Bild ihres Innern zu erkennen. Wundert Euch nicht fuhr der Jn Henieur fort, während ein bitteres Lächeln seine Lippen umspielte daß ich so pessimistische Ansichten vertrete. Ich habe die Wahrheit meiner Worte an mir selbst erfahren. Ich will Euch die Geschichte erzählen: Es war in Berlin. Ich war damals erst mit meinen Studien fertig gewor den und hatte ein verhältnißmäßig glänzendes Anerbieten in eine dortige berühmte technische Fabrik erhalten. Ich lernte daselbst einen jungen Philosophen kennen, der zu seiner weiteren Ausbil du hier verweilte. Ausbald gewann iaf ihn sehr lieb. Sein freundliches, offenes Wesen, sein ehrlicher, treuer Charakter machten ihn mir werth. Er hatte alle Eigenschaften, um Frauen anzuziehen: er war hübsch, lustig, gebil det; zeigte ein äußerst feines Benehmen irnd wär as einem reichen Hause. Er war auch der erklärte Liebling aller Mädchen und Frauen. Kein Wunder, wenn er wie ein Schmetterling von einer Blume zur andern flatterte und stets zu gleicher Zeit mehrere Liebschaften unterhielt. Unter dieser großen An zahl war eine, die es ihm besonders ngcthan zu haben schien. Es war die Tochter eines angesehenen Arztes, ein ' Äußerst hübsches, liebes Mädchen. Mit ihren großen, schwarzen Augen konnte sie Einen so durchdringend anblicken, daß man förmlich das Blut in den Adern walle., fühlte. Fast täglich wanderten wir Beide in das Haus ihrer Eltern, wo wir stets gern gesehene Gäste waren. Wir waren dort wie zu Hause und wurden behandelt wie Söhne des Hauses. Elsa so hieß das Mädchen hing mit abgöttischer Liebe an mei cm Freund. Wenn sie ihn kommen sah. huschte eine Röthe über ihre Wan gen, ihr Blick hing wie gebannt auf seinem Antlitz, begierig lauschte si,e jedem seiner Worte, das ihr ein Evangelium war. Auch er liebte sie. vielleicht sogar Ji)x nach seiner Art. Wenn er in sgrer Nähe war. wenn er mit ihr tän delte und scherzte, fühlte er sich, wie, er mir unzählige Male gestand, unendlich glücklich und zufrieden. Auch ich warum soll ich's leugnen liebte das , anmutbige, liebliche Mädchen, ich liebte sie heiß und innig, mit jeder Faser meines Herzens, ich hätte oft aufschreien mögen vor Schmerz, wenn ich die über große Liebe sah, die sie für meinen Freund hegte, umsomehr, als ich ahnte, daß sie dieser nie glücklich machen könne. Er hatte sie lieb, sehr lieb sogar, aber er liebte sie nicht mit jener Alle? der zehrenden Gluth und Leidenschaft, mit jener tiefen Innigkeit, die sie ihm entge genbrachte, und der nur wenige Männer fähig sind. Ich verschloß meine Gefühle in mein Inneres und begnügte mich mit der Rolle des Freundes. Hans hielt alsbald um Elsens Hand an. die er von den Eltern, die ihn liedgewonnen hatten, auch mit Freuden zugesagt erhielt. Ich sehe heute noch das freudestrahlende Gesichtchen El'ens. als sie den geliebten Mann daZ erste Mal umarmen durfte, als sie zum ersten Male öffentlich einen Kuß von ihm erhielt. Man sagt. Liebe fei egoistisch. Nun, ich muß sagen, f. Der ÄmllagsgH. Jahrgang 20. obwohl mein Her, fast zerspringen wollte, gönnte ich ihr doch ihr Glück und faßte Hoffnung, daß ich mich viel leicht doch getäuscht, daß sie vielleicht doch ein volles Gluck finden werde. Es war ausgemacht, daß Hans noch ein Jahr für seine Studien im Aus lande verwenden solle, um dann defini tiv nach Berlin zurückzukehren, woselbst dann die Hochzeit stattfinden sollte. Er reiste ad. Anfangs kamen fast täglich Briefe und Nachrichten von ihm aus den verschiedenen Städten und Ländern, die er bereiste. Elsa zeigte sie mir alle mit glückseligem Lächeln. Uederhaupt schloß sie sich sehr an mich an. Sie sprach stets vom ihm. von ihrem künfti gen Glück war ich doch sein bester Freund! Die Briefe wurden immer seltener und seltener, es dauerte ost Wochen, bis eine Nachricht von ihm eintraf. Jedoch Elsa verzweifelte nicht. Sie wußte tausend Entschuldigung? gründe für seine Säumniß anzufüh ren. Aus dem einen Jahr waren bereits zwei Jahre geworden, ohne daß Hans zurückgekehrt war. und schon über ein Vierteljahr verflossen, ohne daß wir von ihm hörten. Elsa wurde immer trau riger. Ihre Zuversicht war geschwun den. Ich suchte sie möglichst zu trösten und ihre Hoffnungen auf's Neue zu beleben. Es wollte mir jedoch nur schlecht gelingen. Ta kam eines Tages der entscheidende Schlag: ein Brief von Hans aus Florenz, in welchem er den Eltern mittheilte, daß er Familien Verhältnisse wegen gezwungen fei, seine Verlobung mit Elsa zu lösen. Elsa ertrug den Schlag tapferer, als ich ge dacht 'hatte. Keine Thräne benetzte ihre Wangen, keine Klage entrang sich ihren Lippen nur ein leises Zucken ging durch ihren Körper. Bon da an war sie still, in sich gekehrt. Kein Wort, keine Anspielung auf Hans kam über ihre Lippen. Ihr Gesichtchen war bleich, kalt, starr, wie aus Stein gemeißelt. Daran erkannte ich den Kampf, der in ihrem Inneren tobte, und den sie angst lich vor der Außenwelt zu verbergen suchte. Nach und nach wurde sie ruhiger. Ihr Antlitz bekam allmählich die frische, rosige Farbe zurück, sie wurde lebhafter, und mitunter ertönte sogar ein helles Lachen von ihren Lippen. In meinem Herzen keimte die Hoffnung, sie werde die Enttäuschung mit der Zeit vergessen und vielleicht endlich auch mich lieben lernen. Sie wandte mir ihr ganzes Vertrauen zu und weilte gerne in meiner Gesellschaft. Eines Tages gestand ich ihr meine Gefühle offen, rückhalts los. Sie antwortete, sie habe mich lieb, und' sie sei mir gnt, ich solle ihr Zeit lassen, und sie glaube, sie werde mich mit der Zeit wahrhaftig lieben lernen. Ich wartete und konnte thatsächlich ver folgen, wie sich das Gefühl der Liebe zu ' mir in ihrem Herzen stufenweise steigerte, und als ich sie einst fragte, ob sie mich schon so weit liebte, daß ich mit ihren Eltern sprechen dürfe flüsterte sie erröthend ein leises Ja" und sank in meine Arme. Bald wurde unsere Verlobung und in kurzer Zeit darauf unsere Hochzeit gefeiert. Meine Frau war lieb, zärt lich, aufmerksam mir gegenüber und doch konnte ich mich eines leisen Zwei fels nicht erwehren. Meine Liebe zu ihr war innig tief, leidenschaftlich, sie war so, wie ich sie vorhin geschildert habe und eine solche Liebe macht scharfblickend. Kleinigkeiten, die ein Anderer gar nicht beachtet hätte, be stärkten meinen Verdacht und machten mich tief unglücklich. Wenn plötzlich unser Gespräch verstummte und wir Beide in Nachsinnen versanken, aus dem sie dann mit einem leisen, halbverbor genen Seufzer wieder zu sich zurück kehrte dann wußte ich. daß sie an ihn gedacht hatte, an ihn, den ich jetzt haßte, und den sie nicht vergessen konnte. Wenn wir oft beim Fenster standen und stumm in die Ferne blick ten. dann umzog oft ein feuchter Schimmer ihre schönen, lieben Augen, und ich wußte nur zu gut. was das zu bedeuten habe. Wenn sie in den Dämmerstunden am Klavier saß und ihren Gefühlen in herzzerreißenden Phantasien Luft machte, um dann plötzlich mit einem schrillen Accord abzubrechen, dann wußte ich. daß es der hoffnungslose Zustand ihres gepei nigten Herzens war, dem sie durch ihr Spiel Ausdruck verliehen. Wie oft schon kam ich nach Hause und fand sie mit geratheten, verweinten Augen. Ich fragte nicht nach dem Grund. Ich wußte ihn. Ich konnte genau die Tage, die Stunden, die Minuten angeben, wo ihre Gedanken bei ihm weilten, ich fühlte es förmlich, und ich wußte, daß mich dieses Gefühl nie betrog. Ich litt schrecklich. Und ich konnte ihr keinen Vorwurf machen. Sie erfüllte auf's Genaueste alle Pflichten einer Gattin und war in jeder Beziehung das Muster einer Frau. Ja, sie hatte vielleicht selbst Beilage zum Nebraska das Bewußtsein, daß sie an mir ein Unrecht beging, und suchte es durch der mehrte, oft auch übertriebene Zärtlich teit wieder gut zu machen. Und auch das fühlte ich. Ich mußte meinen Kummer, mein Leid in mein Inneres verschließen, und oas machte mich ver bittert. Von Jahr zu Jabr honte ich vergebens. Es blieb Alles, wie es war. Zehn Jahre waren so vergangen. Zehn Jahre bitteren Leidens und harter Qualen für mich. Ta es war an einem Novembertag. Ich war etwas früher aus dem Bureau nach Hause gekommen, als gewöhnlich. Als ich unvorhergesehen in ihr Zimmer trat, schob sie hastig einen Gegenstand in ihre Schreibtischlade, und auf ihrem Antlitz spiegelte sich eine tödtliche Ver legenhcit. Auch mir schoß das Blut in den Kopf. Ich schob sie etwas unsanft zur Seite, öffnete die Lade und fand feine Photographie. In meinem Herzen riß etwas. Ich fühlte eine unendliche Leere und Oede an jener Stelle, wo früher ein so theures Bild geweilt hatte. Ohne ein Wort zu sprechen, ging ich auf mein Zim mer. Es war zu Ende. Ich hatte sie geliebt mit jeder Faser meines Herzens. Ich war ihr stets der liebe vollste, aufmerksamste Gatte gewesen. Sie selbst hatte mir das oft einge standen. Nie, selbst in Gedanken nicht, hatte ich ihr die eheliche Treue gebrochen. Ich hatte sie geliebt, wie nur selten Männer ein Weib lieben können. Jetzt war es vorbei. Hätte ich nicht Anspruch auf Gegenliebe gehabt? Wenn Jemand, so hätte ich eine wahre, aufrichtige Liebe verdient, wenn es möglich wäre, die Wuzcln der ersten innigen Liebe eines Weibes aus ihrem .Herzen zu reißen, wenn es möglich 'wäre, an Stelle der ersten tiefen, leidenschaft-i lichen Liebe eine ebensolche zweite er blühen zu lassen, so hätte dies mir ge lingen müssen, der ich eingestandener maßen alle Eigenschaften besaß, um ein Weib glücklich zu machen. Kurz: wenn es wahr wäre, daß ein Weib zweimal mit derselben Leidenschaft lieben kann, so hätte sich das am ersten hier zeigen' müssen. Es war nicht der Fall. Ob wohl sie sah, daß sie der Gegenstand ihrer Liebe betrogen und feige verlassen hztte, hing ihr Herz doch inniger an ihm als an mir, von dem sie nur Gutes und Liebes erfahren hatte, von dem sie wußte, daß er ihr mit einer seltenen Liebe zugethan war, ja von dem sie wußte, daß er durch ihre Neigung zu dem Anderen tief Unglück lich war! Ich frage euch also nochmals: habe ich recht oder nicht, wenn ich be Haupte, daß ein Weib nur einmal innig und leidenschaftlich lieben könne? Ter alte Herr hatte mit hochge röthetem Antlitz geendet und starrte dumpf vor sich hin. In unserem Kreise war es still geworden. Wir alle fühlten, daß ein grausames Stück Familientragödie vor uns aufgerollt worden war. Der dicke Toktor räu sperte sich verlegen, um seine Rührung zu bekämpfen, und reichte dannwort los dem Freunde die Hand. Dieser Händedruck sagte mehr als viele Worte. Ein Drama in den iochalpen. Von Paul Pasig lAlkenlnirg,) . Es war zu Anfang August des Iah res 133., als gegen Abend im Post wirthshause z. B. in Tirol ein junger Mann die in jenem kritischen Alter stehen mochte, das Frauen am liebsten geheim gehalten wissen. Gleichwohl trug der Reisende ins Fremdenbuch ein: Ferdinand Ohnesorge, Maler, und Frau aus Preßburg. Die beiden Ehe leute schienen es besonders eilig zu haben und gingen auf die üblichen, meist von zudringlicher Neugierde ein gegebenen Fragen des Hotelpersonals eben so widerwillig ein, wie sie sich an der lebhaft geführten Unterhaltung der Gäste, die sich bald um die Abendtafcl sammelten, betheiligtcn. Man weiß ja aus Erfahrung, um was es sich zu meist in jenen Tischgesprächen handelt: aller langer Reden kurzer Sinn bleibt doch das Wetter! Und für die Gäste unseres Berghotcls war dies geradezu eine Lebensfrage. Denn wer in diesem abstieg, that dies lediglich aus dem ein zigen Grunde, um von hier aus nach gehaltener Rast Ausflüge in die fo'be quem gelegene Hochgebirgswelt zu machen, den Körper zu stählen und den Sinn zu erquicken in nahezu strapazen losen Gebirgstouren und das entzückte Auge über die lachenden Gefilde des malerischen Tirolerländchcns schweifen zu lassen, kurz, um Ge'st und Körper in erquickender, reiner Gebirgsluft gesund zu baden. Auch das Öhnesorgcsche Ehepaar äußerte die Absicht, den in etwa vier Stunden bequemen Aufstieges erreichbaren Aussichtspunkt des Hoch- Staats Anzeiger. jochs" j'l besuchen, um dann nach er folgter Rückkehr ins Gasthaus weitere Ausflüge folgen zu lassen. Aber das Wetter, das Wetter! Seit nahezu zwei Tgen hielt ein schier undurchdringlicher Nebel die Aeiiegesellschast in seinem Bann, und wer einmal es wagte, nur ein paar hundert Schritte im Nebclmeer vor wärts zu dringen, der kam. über und über durchnäßt, gewiß mit dem Ent schluß zurück: Einmal und nicht wie der!" Alle Welt suchte unsere Ankömm linge von der beabsichtigten Tour, die für den folgenden Morgen geplant war, abzubringen. Schaun's," meinte der biedere Wirth, wenn's jetzt par tout woll'n, dann genad' Jhna Gott! 's is halt koa Wetter zum Bergkraxcln!" Man vertröstete sich auf den kommen den Morgen. Aber nebelgrau und bleischwer grüßte er zum Fenster herein, und die allmählich sich, einstellenden Gäste fügten sich resignirt in die nicht zu ändernde Lage. Nur unser Maler schien besonders erfreut und aufge räumt und bestand mit um so größerem Nachdruck auf seinem Vorhaben, je mehr ihm davon abgerathen' wurde, während scheinbar gefaßt feine Gattin ihm beistimmte. Sich anbietende Füh rer. die übrigens bei normalen Witte-rungs-Verhältnissen in diesem Theile des tiroler Gebirges völlig überflüssig waren, wurden ebenso abgewiesen wie der Vorschlag, sich wenigstens bis zum Hochjoch eines Wagens zu bedienen. Das ists ja eben, was wir Städter, wenn wir im Gebirge Erholung suchen, wollen: Erprobung der eigenen Kraft und Geschicklichkeit! Bequeme Fahrge legcnheit haben wir daheim zur Genüge und müssen sie leider zu häufig be nutzen. Also vorwärts: den Muthigen hilft Gott! Hoffentlich klärt sich droben das Wetter auf und lscheert uns als Lohn für unsere Mühen eine um so entzückendere Aussicht!" Mit diesen Worten verabschiedete sich der Künstler, seine Gattin am Arme, von denl biede ren Gastmirth, gefolgt von den ängft lichen Blicken einiger am Fenster stehen den Hotelgäste. Künstlerlaunen!" be merkte ein älterer Herr zu seiner schönen Nachbarin. Dagegen kann Niemand aufkommen, und wenn er alle Gründe der Vernunft und des klaren Augen scheins ins Feld führen wollte!" Hab mich auch im Stillen oft darüber ge wundert," meinte ein Anderer, offen bar ein Militär in Eivilkleidung, was für barocke Einfälle zuweilen unsere heutigen Künstler haben! Sehens nur grade die Maler an! Malens den Himmel grün und die Wiesen blau und die Menschenkinder nicht, wies unser Herrgott g'schaffen hat, voll und rund und mit g'sundem, rothem Blut, sondern steif und blaß und mager, g'rade wie'ne Gelenkpuppe. Modern" nennens, und es mag wohl auch modern sein, im Nebel die Hochalpen zu be steigen und Aussichtspunkte aufsuchen. Curioses Völkchen das!" Im Uebrigen schlichen die Tagesstun den für die Hotelgesellschaft bleischwer dahin. An einen Aufenthalt im Freien war gar nicht zu denken, da der Nebel sich allmählich zu einem ergiebigen Regen verdichtet hatte und sein unwill kommenes Naß in reicher Fülle spen dete. Man suchte durch Unterhaltungs spiele sich die Zeit zu verkürzen: aber das half auch nur vorübergehend, und als der nur einmal des Tages hier oben verkehrende Postbote Briefe und Zei tungen brachte, da wurde er mit lautem Jubel begrüßt und fast in Stücke zer rissen, durfte aber dann, nachdem er seine milde Hand geöffnet, hatte, seitens der Glücklichen, denen er eine Kunde von den treuen Lieben in der fernen Heimath überbracht hatte, sich einer um so größeren Aufmerksamkeit erfreuen, die sich meist in einem guten Trinkgeld, einem kräftigen Imbiß oder einem Er frischungstrank äußerte. So war es inzwischen Spütnachmit tag geworden. Da plötzlich drang die Kunde von Mund zu Mund: .'.Der Maler kommt, trotz strömenden Regens, aber allein! Und in der That, in weni gen Minuten sah man den gänzlich durchnäßten Mann, dessen Kleidung die Spuren der ungewöhnlichen Ge birgspartie an sich trüg, ins Gasthaus eintreten und ohne Aufenthalt in sein Zimmer eilen. Zunächst allgemeines Erstaunen und Kopfschüttcln! Tann faßte sich der Wirth ein Herz, stieg die Treppe empor und klopfte an die Thür des Malers. Erst auf wiederholtes Klopfen erklang von innen ein mattes Herein!" Dem Eintretenden bot sich ein bejammernswerther Anblick dar. Auf dem Sopha ausgestreckt, die Augen halb geschlossen, das feuchte Haar in wirrer Unordnung, lag der Maler da, scheinbar zu sehr mit sich selbst beschäf tigt und des Eintretenden kaum achtend. Erst als dieser sich theilnahmsvoll nach dem Erfolg der heutigen Bergtour und nach seinem und seiner Gattin Ergehen No. Itt. erkandigte. erfolgte ein plötzliches Auf leuchten der Augen, und sich scheinbar müdsam vom Lager erhebend, ächte der Gefragte, das Antlitz mit beiden Han den. die fieberhaft zitterten, bedeckend: Meine Gattin todt!" Nach mehre ren vergeblichen Versuchen des Wirthes, näheren Aufschluß über den Unglücks fall zu erhalten, theilte ihm endlich der Maler in oft zusammenhangloser Rede mit. feine Gattin habe sich.' vertieft in den wundervollen Anblick, den das Pa norama von der Hochiochhölxc aus dar bot. etwas zu weit nach vorn gewagt, fei in Folge des noch immer schlüpfn gen Erdbodens ausgcglitten und in die etwa 200 Meter tiefe grauenvolle Kaiscrschlucht" abgestürzt! Ein duin pfeS Stöhnen folgte diesen Worten. Aber hatten Sie denn klares Wetter droben?" fragte der Hotclwirth weiter, wohl wissend, daß grade der dem Nebel folgende Regen oft ein Zeichen bcgin nendcr Aufklärung ist die naturgemäß sich zuerst auf den Höhen geltend macht. Wunderbar klar!" lautete die mit brechender Stimme gegebene Antwort. Die folgenden Stunden brachten eine ungeheure Aufregung unter den Hotel gästen hervor, und Jeder beeilte sich, dem beklagenswerthen Maler, der in dumpfem Dahinbrütcn in seinem Zim mer verweilte und scheinbar nur theil nahmslos die sofort ins Werk gesetzten Vorbereitungen zur Auffindung der Leiche unterstützte, seine Theilnahme zu bezeugen. Er ist ganz hingenommen von seinem Schmerze!" äußerten die Einen. Gewiß hat er sie sehr lieb gehabt, der Aermste!" Andere wieder fällten ziemlich harte Urtheile über die Tollkühnheit gewisser Leute", und ein Geistlicher denn als solchen verrieth ihn der einreihige lange, schwarze Geh rock mit aufstehendem Kragen konnte sich gar nicht enthalten, von Gott ver suchen" zur sprechen : Irret Euch nicht. " sprach er salbungsvoll mit drohend er hobenem Finger,' Gott läßt sich nicht spotten!"... Nach längeren, anstren genden Bemühungen ward der Leich nam gefunden, hart unter der Stelle, von wo aus der Absturz erfolgt sein sollte! Er war im Uebrigen wohl erhal ten, nur der Hinterkopf und die rechte Schläfenseite zeigten einige scheinbar leichte Verletzungen, die offenbar auf eine Gehirnerschütterung hindeuteten, die den Tod herbeigeführt hatte. Das Antlitz hatte einen verstörten, fast möchte man sagen, grimnien, schmerz lichen Ausdruck angenommen. Da ereignete sich etwas ganz Uner wartetes. Bei einem Verhöre, das der inzwischen aus der nächsten Stadt her ausgekommene Bezirksamtmann mit einigen Hirten der Umgegend veran staltete, sagten diese übereinstimmend aus, zur besagten Zeit, da der Unfall stattgefunden haben sollte, habe auch droben, gerade wie im Thale, undurch dringlicher Nebel geherrscht, und von Aussicht sei keine Rede gewesen! In Folge dessen lenkte sich ein furchtbarer Verdacht auf den Maler, dessen eigen artiges Verhalten, das keine Spur'von schmerzlicher Erregung verrieth, ihn zu bestätigen schien. Er wurde trotz alles Protestirens in Hast genommen und seiner Heimathstadt zugeführt. Unter dessen mehrten sich die Verdachtsgründe derart, daß die Stellung Ohneforges vor die Geschworenen beschlossen wurde. ,Man vermißte nämlich bei der Leiche Verlobungs- und Trauring, und Cur gäste beschworen beide an den Händen der Frau gesehen zu haben. Beim Ab stürze konnten sie nicht verloren gegan gen sein, und alle weiteren Nachforschun gen erledigten sich dadurch, daß der Trauring nicht weit vom Fundorte der Leiche in dichtem Gestrüpp entdeckt wurde. Der Maler hatte offenbar, be vor er sein Opfer jählings in den Ab gründ stürzte, demselben beide Ringe mit Gewalt abgezogen, um eine Ent deckung vor der Hand zu verhüten, und sie dann von sich geschleudert. Daß dies nicht ohne heftiges Widerstreben der Unglücklichen abgegangen war, bewie sen die Verletzungen an Arm und Hand, die sich als von Fingernägel herrüh rend herausstellten. Selbst die Fuß eindrücke der unglücklichen Frau wur den zu Verräthern an dem ehrlosen Gatten: sie waren dem Abgrunde ab gekehrt, so daß die Unglückliche nach kurzem Kampfe rückwärts in die grausige Tiefe gestürzt morden war. In der Verhandlung legte der Maler, dessen wirklicher' Name übri gens anders lautete, ein umfassendes Geständniß ab: die Liebe zu einem anderen Mädchen, das durch Jugend und Schönheit ihn zu fesseln gewußt hatte, hatte ihn zum Mörder an seiner Gattin gemacht, die er nur ihres Geldes wegen geheirathet hatte. Er wurde zu lebenslänglichem schwerem Kerker ver urtheilt. Zwei Menschen waren auf ewig aus der Gemeinschaft der Men schen geschieden I Pxir. Zr Gc'chichte des Papiers dringen die .Jahresberichte der romanischen Philologie" eine werthoollk Zusammen ftellung der Ergebn,'!? der neueren Forschung. Von großer Wichtigkeit sind die neuen Untersuchungen über die be rühmte ,PapvrusSammlung Erzber zog Rainers" in Wien, die Schriftstücke in zehn Sprachen vom 14. Jahrhundert n. Ehr. enthalt. Aus den Unter suchungen geht hervor, daß der PapvruZ aus dem Mark, nicht auS dem Baft der Papgrusstaude gemacht wurde. Die arabisch'Ügvpkische Papvrus Fabrika tion erreichte ihren Höhepunkt im An fang deS 9. und erlischt in der Mitte deZ 10. Jahrhunderts. Nunmehr ver breitete sich der Verbrauch des PapierS als Schreibstoff, aber es ist unrichtig, daß. wie man früher glaubte, das Lumpenpapier erst im 13. Jahrhundert erfunden wurde und daß das älteste Papier im Jahre 704 aus Baumwolle von den Arabern nach chinesischem Urbild gemacht worden ist. Der AuS gangspunkt der Papicriadrikation scheint Samarkand gewesen zu sein. Die Araber lernten von den Ehinesen statt des dort fehlenden PapierMaül beerbaums Lumpen verwenden. Die erste Papierfabrik geht auf das Jahr 731 zurück, die zweite wurde 794 in Bagdad gegründet. Bald darauf folg ten Andere von Soricn bis Nordafrika und Spanien. Tas älteste Leinen Papier der Sammlung stammt aus der Zeit um 800. Für Eonzcpte wurden im Mittclalter auch Wachstafeln ver wendet. So findet man auf einer Brüsseler Handschrift von 1381 einen Mönch in Miniaturmalerei dargestellt, der feine Eingebungen auf eine Wachs tafel niederschreibt, während ein ande rer den Inhalt einer zweiten auf Pergament überträgt. Auf Abbildun gen aus dem 14. bis 1(3. Jahrhundert sieht man häufig den Schreiber mit einein Stäbchen in der Hand das Buch beim Schreiben festhalten. Oft wird dazu auch ein oben zurückgebogenes ab gerundetes Radirmesser gebraucht. Eine im Mittelalter sehr verbreitete Schreib sitte war die der Lückenbüßer". Es kam häufig vor, daß innerhalb deZ Schriftrahmcns leere Stellen gelassen waren, wegen Rauhhcit des Schreib stoffes. oder auch, weil mit einem neuen Abschnitt eine neue Zeile oder Seite begonnen werden sollte. Das hätte aber als Textlücke gelten können und wurde daher von den Schreibern aus zufüllen gesucht. Sie bemerkten hier entweder hie nihil deficit" (hier fehlt nichts) oder füllten die Stelle mit Schnörkeln aus. Sie schrieben auch gar nicht zum Text gehörige Worte, häufig in ihrer Muttersprache, hin und bezeichneten sie mit Roth. So ergeben in einer Münchener lateinischen Hand fchrift des 15. Jahrhunderts die Füll Wörter leerer Zeilenstücke durch mehrere Blätter hindurch die Strophen eines derben italienischen Gassenhauers. Natürlich verleitet dies bei der Unter suchung der Handschriften oft zu fal schen Schlüssen. Sin Alpinist im Jahr 1518. In London ist kürzlich ein interessan tes Buch Frühe Bergsteiger" von Iran äs Gribble erschienen, das die Reise berichte und Betrachtungen der ersten Bergfexe" veröffentlicht. Die Vor läufer unserer modernen Alpinisten hatten noch sehr merkwürdige An schauungen. So sehen sie z. B. be flügelte Drachen in den Bergen. Andere sind aber schon sehr vorgeschritten. Folgender Bericht z. B. von dem Schweizer Professor Konrad Geßner, der den Pilatus im Jahre 1518 bestieg, könne auch heute geschrieben sein: Das Gehör wird entzückt durch die Unterhal tung und durch den Witz unserer Ge führten, durch den süßen Gesang der Vögel in den Wäldern und sogar durch die große Stille in der Weite'. Es ist nichts da. was das Ohr stört, nichts, was es belästigt, kein Lärm oder Ge räusch von den Städten, kein Zank von Menschen. Hier, von den luftigen Bergen umgeben, in einer tiefen und heiligen Stille,, scheint man die ganze Harmonie der himmlischen Sphären zu hören. . . . Es wird angenehm sein, sich der Mühen und Gefahren, nachdem sie vorüber sind, zu erinnern, darüber nachzudenken und mit guten Freunden davon zu sprechen. Nein, noch mehr, das wirkliche Vergnügen ist um so größer, wenn es nach schwerer Arbeit erfolgt. Die Gesundheit des Menschen wird dadurch gekräftigt vorausgesetzt, daß. wie ich annehme, er ein Mensch von ziemlich kräftiger Eonstitution ist. Denn wenn man geht und von Zeit zu Zeit einen Sprung macht, kommen alle Körpertheile in Bewegung, und alle Sehnen und Muskeln arbeiten "lind dehnen sich." Diese hygienische Wir kung des Bergsteigens dürfte den An schauungen der meisten Bergsteiger der Jetztzeit wohl entsprechen. Merk's. Dichterling: Welche herrliche Um gedung! Ist die Natur nicht ein präch tiges Gedicht?!" Kritiker: Gewiß, besonders weil es von keinem vorgelesen wird." Bescheiden. Dienstniädchen (welches den Professor melden will): Wie ist Ihr werther Name?" Mathematikprofessor (der seinen Na men nicht nennen will): Professor X., eine unbekannte Größe."