Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 24, 1899, Image 11

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    Die Geschichte eines Arcuzes.
(fir.cm Teutschen, dcr überdies noch
Rcscrvkvsnzicr dcr teutschen Armee in,
wurde kürzlich daZ Kreuz der franzofi
schcn ihrenkgion vcrlichtN. TiefcS
Kreuz sollte die Belohnung sein für die
Rettung eines Franzosen, die sich unter
ganz aubcrgctrdhnlichcn Umstanden
nunmehr vor acht Jahren vollzogen hat.
i$i teax im September lyl, als
das englische Pctrolcumschisi Wild
Flon-er" mit einer Besaßung von acht
zehn Mann den Hasen von Äouen ver
lies; und den -ceweg uach Philadeldpia
einschlug. Kaum hatte dcr .Wild
Flower- mit seiner Pctroleumladung
den Hafen verlassen, als ein Mann
über Bord sprang, ans User schwamm
und entfloh. Tie Petroleumlader haben
nur geringe Besatzung, und jeder Mann
hat dort seinen bestimmten Posten, den
er allein ausfüllen muß: mit der Flucht
des einen Matrosen war also eine Lücke
in dcr Mannschaft eingetreten, die so
fort wieder ausgefüllt werden mußte.
TaS schiff kehrte daher in den Hafen
zurück. Alsbald meldete sich ein junges
Bürschchcn von achtzehn Jahren, kleiner
Statur und elendem Aussehen sür den
frcigcwordcncn Posten. Er stammte
aus der Bretagne und war wenige
Monate vorher nach Rouen gekommen,
um dort Arbeit zu suchen. Ter Acrmste
nannte sich Adricn Element und hatte
keinen rothen Heller bei sich. Er wurde
engagirt und war keineswegs der ein
zige Franzose auf dem englichcn Schiff,
vielmehr bestand dessen ganze Bcman
nung aus Franzosen. Es ist dieser
Umstand nicht gerade wunderbar; denn
die Pctroleumschiffe leiden trotz der
geradezu enormen Honorare, die sie
ihren Angestellten zahlen, an einem
fortwährenden Wechsel der Mannschaf
tcn. die entweder wie im vorliegen
den Fasle desertircn oder in die
Luft fliegen; ist doch das unvcrmeid
liche Schicksal alle dieser Petroleum
schiffe früher oder spater die Ex
plosion. Tahcr die großen Gehälter,
die zur Qualität der Mannschaft in
kraffcm Gegensatz stehen; man entschä
digt gcwisscrmüssen die Leute sür ihren
vorzeitigen Tod.
Adrien Element wird also an Bord
genommen, und das Schiff setzt sich
wieder in Bewegung. Kaum hat er
seinen Lauf von Neuem begonnen, da
passirt ein Unglück an der Barre, indem
das Tampfrohr platzt. Es bleibt nun
nichts weiter übrig, als dafz Einer das
Rad, mit dcr Hand festhält, eine sehr
schwere und gefahrvolle Sache, mit der
man den jungen Element betraut. Ter
arme Kerl wurde bei dieser Beschästi
gung durch das Schaukeln des Schiffes
fortwährend hin und hcrgeschleudcrt.
Plötzlich hört man einen entsetzlichen
Schrei, und wie die Mannschaft herbei
eilt, sieht sie Element auf dem Rade
hängen; dcr rechte Arm ist ihm in's
Triebwerk gerathen und zerbrochen
worden. Man bringt ihn in seine
Kabine und verbindet den kranken
.J-Arni. Zehn Tage später ist der Brand
'zugetreten, und Element schwebt in
Lebensgefahr. Ein Arzt existirt natür
lieh nicht auf dem Pctroleumschiff. und
so wäre der Acrmste elend zu Grunde
gegangen, wenn nicht im letzten Augen
blick ein Schiff am Horizont sichtbar
geworden wäre; der Kapitän des Wild
Jlowcr" läßt die Nothsiznale ertönen
und gibt Bcfehl, dem fremden Schiffe
entgegenzufahren. Tiefes hat auch
die Signale vernommen, ändert seinen
Kurs, und bald haben sich die beiden
Schiffe erreicht. Ter Kapitän des
Wild Flower" macht dem Führer des
anderen, des Packctschiffcs von der
Hantburg Amerika . Linie Russia",
klar, daß er einen todtkranken Matro
sen an Bord habe, und bittet um ürzt
lichc Hilfe. Ti'se wird auch zugestan
den, und der Arzt der Russia", Tr.
Brcucr, steigt aus einer Strickleiter un
ter Lebensgefahr nach dem Petroleum
schiff. Er untersucht den Kranken,
amputirt ihm den kranken Arm und
rettet ihm so das Leben.
Nachdem das Petroleumfchiff in
Philadelphia vor Anker gegangen war.
schaffte man Adricn Element zur völli
gen Genesung in ein Krankenhaus.
Er wird auch gesund, hat aber nur noch
einer Arm. was nun? Er sucht also,
was wohl auch jeder andere an seiner
. Stelle gethan hätte, den französischcn
( Konsul auf, dem er sein Leid klagt.
Kaum hat dieser aber vernommen, daß
der Arme auf einem englischen Schiffe
, zu Schaden gekommen sei, da weist er
ihn mit den Worten ad, er foue q an
den englischen Konsul wenden. Element
begibt sich also zum englischen Konsul,
dcr ihn auffordert, das schriftliche Per
sprechen abzugeben, daß er keine weite
rcn Ansprüche aus seinem Unfall er
heben werde. Der kleine Brctone merkt
indessen, daß man sich auf billige Weise
loszukaufen suche, und verweigert die
Unterschrift. Er befindet sich wieder
auf der Straße, und es gelingt ihm
schließlich nach tagclangcm Umherirren
in der fremden Stadt, einen gut
müthigcn Kapitän zu finden, der ihn
wieder nach Frankreich zurückbringt.
In Havre angelangt, wendet er sich an
den dortigen Bürgermeister, der ihn
auf seine Bitten nach Rouen befördern
läßt. Jetzt befindet sich der Acrmste
wieder, genau so baar an Mitteln,
aber um einen Arm ärmer, in derselben
Stadt und in derselben Lage, wie vor
her. Er läßt indeffen den Muth nicht
'sinken, sondern hat das Gcsühl, als
wenn er nur in Rouen Gerechtigkeit
finden werde. Man räth ihm. sich an
Herrn Masson. einen bekannten Advo-
taten, zu wenden. Adrien Element
thut es. und der Anwalt verspricht ihm
seinen Beistand. Er bringt feinen
armen Mandanten zunächst in einer
Matroscnherbergk unter, wo er sich
ruhig verhalten soll, bis die Wild
Flowcr" von ihrer Tour nach Rouen
zurückgekehrt ist.
Kaum ist da? Schiff in den Hacn ein
gelaufen, da läßt der Advokat den Ka
pitän verhaften, und der Prozeß des
verunglückten Matrosen beginnt. Ter
Kapitän wjrd gegen eine hohe Kaution,
die seine Gesellschaft stellt, aus freien
Hufe gesetzt und die Schinsgescllschaft
der Wild Flower" vcrurthcilt. Herrn
Element eine Entschädigung von 1 4,0)
Francs zu zahlen. Tie Parteien cini
gen sich schließlich auf '.'000 Francs,
und Element kehrt frohen Muthes zu
seinen Eltern nach Belle Jsle zurück.
Bor seiner Abreise jedoch bittet er Herrn
Maffon, feinen Lebensretters Herrn
Tr. Breuer. zu einer Belohnung für
seine Lcbensrcttung, die auch für den
Arzt mit Gefahr verbunden war. zu
verhelfen, zumal der Arzt jede Bezah
lung. die ihm vom Kapitän dcr Wild
Flo'wcr" für feine Mühewaltung gebo
ten worden war. abgelehnt hatte.
Ter Advokat Masson verspricht, auch
diesem Wunsche seines Elicntcn zu ent
sprechen, und wendet sich mit einem
diesbezüglichen Schreiben an den ..Mi
niftcr des Aeußern." Als er keine Ant
wort erhält, nimmt er die Hilfe eines
ihm befreundeten, sehr einflußreichen
Tcputirten in Anspruch. Bor dem Te
putirtcn hat dcr Ministcr Respekt, denn
er fürchtet sich vor einem Angriff in dcr
Kammer. Er beräth sich also mit dem
Tcputirten über die Art dcr Auszeich
nung, und Beide sind einig, daß Tr.
Breuer das Kreuz der Ehrenlegion r
dient habe. Ter Orden wird also nach
Bremen, dem früheren Aufenthaltsort
des Tr. Breuer, abgeschickt, kommt
aber mit der Weisung zurück, Tr.
Breuer weile als Profeffor an dcr Uni
versität Buffalo, wohin er einer jungen
Amerikanerin gefolgt war, die nur in
ihrer Heimath seine Frau werden wollte
Ter Orden ist also zum zweiten Male
abgeschickt worden und wird diesmal
hoffentlich den Adrcffaten - in seinem
jungen Heim wohlbehalten antreffen.
John Ritsch in Paris.
Päris, Fräns, Tschullei de achtezwan
zigste d. Mts.. Ae Em.
Mister Editcr!
Ich hcn mcin Mcind gctschänscht.
Mer scnt nct nach Eowcs. Kom
pranchvou? Nämlich Ich talk jctz mü
stcns frensch. damit Ich nct for en
dutch Spy gchalte werd. Nämlich die
Frentsch hen's immer noch drin for uns
Tcitsche un wenn dcr Jmpercr jedes
Schift vun der ganze franzönsche Navy
ard vinte un en extri srenlch ong
an ergcnd en frentsch Edgar tompose
thät. es helft Alles nix. die Frentsch
gleiche uns halt emol nct. uns Tutch
Ich gcb hier for en geborene Amörikan.
awwer meistens werd Ich vun wcge
meiner fänzi französische Aussprach for
en Nätiv gchalte. Frentsch is nämlich
eine von die leichteste Sprache, wo es
giebt. Was mer uf Teitsch segt Two
beer" heißt uf Frentsch Dö bock." Fill
em up again heitzt Ankor fco bock
un alle Anncrc, wo mer noch trinkt,
heiße immer Ankor dö bock". Brändy
heißt uf frentsch Eognac" (grad wie
im Teitsche) un e Battclche Wein heißt
Tu Wähn". Wann mer dann nch
wceß, daß mer vun alle französische
Wörter ,die hinncre Hälft nct aus
spricht, dann is mcr all reit.
Was sunscht die Teskriptschen vun
räns betrifft, so kann Ich nor be
stätiqe, was immer vun dcr Graceful
neß un dem Chic vun die Franzose ge
sagt werd. Wo er die Graccfulnciz am
meiste dra erkenne kann, des is, daß die
Franzose immer die Händ in die Hose-
tasche hawwe. Tes is wirtlich Ehic.-
Im Ucwwrige thun sich die Franzose
die Zeit damit vertreibe, Absinth ze
saufe, über des Goverment ze schimpfe
un Maulaffe feil zu halte of course
in creer gracefulle Art. Tes heißt, was
so die kommene Leit sein.
Tie steilische Frentsch, was mer
driiwwe sagt die Prominente, die
hawwe gewöhnlich Pormittags e Duell.
Mittags nach'm Duell frühstücke se.
Nachmittags fahr'n se spazieren,
Abends gehn se spaziern un Nachtcffe
ze Mittag.
Tie Wcrthshauser heißt mer hier
Cafes un manchmal -aach Brasseries.
Ucwmrigens muß mcr die Franzose
loffe, daß, wann sen aach die Tcitsche
hasse, sie doch des deutsche Bier all
right gleiche. TeS is e schöner Zug
von ihne.
So, un jetzt: Preimüt un pörsonell
Büßncß, Mister Editcr, in eigener
Sache. Ich hcn vun eme gute Frent
vun mir e Käbeldispätsch nach London
gekriegt, es täht in Jhst Neu -yoxt un
aach in Manhättcn an dcr verzchnte
Straß un an e Paar Plätz dauntaun
dcr Ruhmer gehn, ich wär gar nct
übroad, sonncrn wär blos Zwanzig
Meile von Jhst Neu York, in Long
Eiländ uf der Kauntri un mei Kübel
Tispätschcs wär'n blos aufgemacht.
Ich autoreis Ihne hicruiit, Mister
Editcr, bei Käbel of Attorncy-Powers,
gcge Jeden, wo so e infame Lüg in de
Mund nemmt oder weiter segt, wcge
Sländer, trimincll Lcibcl im Tcfe
minäschen of Karäkter e Warnung
craus ncmme un ihn arrcste ze losse un
vor en Juneitcd Stäts Kommischeiicr
oder die Court of Ohje und Törminer,
ze bringe. I
Awwer so sein die Teitsche! Nix wie
Neid. Tschces'ik und Mißzunn! Ich
den aach Notiß gekriegt, daß der
Tschalli in erer ganz gemeine Weis
üwwer mich geschimpft Hot un daß Sie
sein Letter gcprint hcn. Er soll sogar
gesagt hawwe. Ich wär e Geldprotz un
t Kancr. Warte Sie ncr! Wann Ich
zcrrick timm da laß Ich mer's tausend
Toller- kokchte. en Mann an der annere
Eck aufzeketze. wo dem Tschalli Opresi
schen macht un de gleiche Acmaunt los
Ich mer's koste, t Papier in Oppefischcn
zu Ihne aufzemache. wann Tie noch
emal was gcge mich Printe. Per
stande-vou? (wie mir in Fräns sage).
TeZ is fair Warning. damit Sie wisse,
wie Sie dra sein!
Wann Ich erst nach Schörmcni kimm
in mci Hcimath un die Päpcrs die
Riports bringe üwwer die reiche Ameri
kaner. wo dorch sei Jntcllidfchenz un
Liberäliti üwwerall Sensäschen macht,
da wern's die Leit schun glaabe, daß
Ich abroad fein.
Also einstmcile: So lang!
Yours
John Ritsch. Esq.
Doppelt geleimt.
Ter Schriftsteller und Tramaturg
einer Hofdühne. Tr. Stich, war ein
boshastcr Mensch. Taß er untcr dicken
Umstünden mehr Feinde als Freunde
hatte, ist leicht begreiflich. Untcr fei
nen Feinden haßte ihn aber am
grimmigsten der Heldendarsteller, denn
ihn übergoß fast jede Besprechung
mit beißendem Spott und maßlosem
Tadel.
In dem Korridor und aufdcm Trep-
penhaue. welche zur Intendanz fuhren,
ist es gewöhnlich sehr dunkel. Aber der
Haß hat schärfere Augen, als die
Freundschaft. Als daher eines Tages
der boshafte Toktor über die Treppe
herabkam und der Heldendarsteller auf
dem Wege zum Intendanten ihm be
gegnete. da erinnerte sich der Helden
darstcllcr, dcr seinen geliebten Toktor
sofort erkannt hatte, aus Tell s Mono
log dcr Stelle von der günstigen Ge
legenhcit und versetzte dem ehrcnmerthcn
Schriftsteller und Dramaturgen ' eine
schallende Ohrfeige. Tr. Stich hielt
es für das Beste, die ohne Zeugen ihm
zu Theil gewordene Ohrfeige stlllschwel
gcnd hinzunehmen und sein aufwallcw
des Rachegefühl auf bessere Revanche zu
vertrösten. Ter Toktor eilte also in
etwas beschleunigtem Tempo dem Aus
gange des Theaters zu, aber schon nach
wenigen Schritten karambolirte er mit
dem Charakterdarsteller, welcher den
Schall dcr Ohrfeige vernommen hatte
und deshalb den Dichter frug, was es
denn soeben gegeben habe. Rasch gefaßt
erwiderte der Toktor lachend: Was
wird's gegeben haben? Ich habe dem
Heldendarsteller eben auf dcr Treppe
eine Maulschelle gegeben, weil er unvcv
schämt gegen mich war das istAlles!"
Als dann kurze Zeit darauf der
Charakterspicler den Helden im Bor
zimmer des Intendanten traf, gereichte
es lhin zum besonderen Bergnugen, dem
Letzteren sein Beileid über ihm von dem
boshaften Toktor soeben zugefügte
Realinjurie höhnisch aussprechen ' zu
ivnnen.
Woher wissen Sie, daß Dr. Stich
mich thätlich beleidigt hat?" erwiderte
der Heldendarsteller dem thcilnehmen-
den Kollegen.
Woher ich es weiß? Hat es mir doch
dcr Toktor soeben selbst gestanden, und
überdies hörte ich die Maulschelle
patchen; dieselbe mutz nicht von fchlech
ter Herkunst gewesen sein!"
Können Sie mir das vor dem In-
tendantcn bezeugen?"
Herzlich gerne!"
Und es geschah.
Ter Intendant war auf's Höchste
entrüstet.
Tr. Stich wurde alsbald zitirt und
einem peinlichen Berhör unterworfen
Was blieb ihm übrig? Er mußte sich
als Schuldiger bekennen, wenn er nicht
als Beohrseigtcr dastehen und noch dazu
als Lügner sich selbst entlarven wollte!
Im Stillen knirschend vor Zorn mußte
er den Strafausfpruch des gereizten
Intendanten über sich ergchen lassen
und für die richtig empfangene Ohrfeige
auch noch die Buße bezahlen, welche auf
eine grobe Verletzung dcr rechtlichen
Ordnung gesetzt war.
Auch der Heldendarsteller schwieg
wohlweislich von dem wahren Sachvcr
halt, und erst nach Jahren erzählte er
feinen Freunden die Geschichte von dem
doppelt geleimten, boshattcn Schrift
steller und Tramaturgen Tr. Stich.
Eine Reminiszenz.
In den letzten Tagen des Jahres
1854 trat in den Laden des bekannten
Pelzhändlers Geiger rn Paris ein die
scm wohlbekannter Kunde. Mein
lieber Geiger," sagte er zu ihm, ich
rciie nach dcr Krim, um mnncm
Schwager, dcr als Offizier in dcr
Armee dient, die Scbastopol belagert,
einen Bcsuch abzustattcn. Es ist dort
unten eine Hundekälte, und ich will ihm
einen gut gcfüttcrtcn Pclz mitnchmcn;
machen Sie zwei; der andere soll für
mich sein. Mein Schwager hat dieselbe
Figur wie ich. Ich reise morgen;
packen Sie dieselben ein und schicken
Sie die Kiste morgen Abend vor 7 Uhr
in meine Wohnung."
vierzehn Tage später erfährt dcr
Leutnant, daß fcin Schwager sich auf
dcr Rhcde von Kamiesch befinde. Tie
Erlaubniß dcs Generals de Cissey er
halten, nach Kamiesch galoppiren, und
an Bord klettern, war keine schwere Ar
bcit. Nach herzlicher Begrüßung wurde
die Kitte geönet. dcr Offizier nahm
einen der Pelze cuf'S Gerathcwobl her
aus, legte ihn vor sich auf den Satte!
und eilte wieder in sein Ouarticr.
Zu jener Zeit war es in Frankreich
noch nicht üblich, Nalionalgeschenke fr
machen. Tiefer Pclz. der unter den
Offizieren Aussehen erregte, war ein
wahres Ercigniß. Er wurde von allen
hin und beigedreht und dann von
seinem glücklichen Besitzer angezogen.
Als der Offizier die Hand in die Taschen
deZ PelzcZ steckte, fühlte er. daß in das
Futter ein Papier eingenäht war. Er
zog eS vorsichtig heraus und las Fol
gendcs: Tiefer Pelz ist für einen Of
fizicr unserer tapferen Orientarmee be
stimmt. Möge er ihm Glück bringen.
Zwei junge Frauen haben einen Tag
und eine Nacht daran gearbeitet und
begleiten ihn mit ihren herzlichsten
Wünschen!"
Tie Unterschrift fehlte. In den letz
ten Monaten dcS JahreS 1855 kehrte
der kleine Leutnant unverletzt, vor dcr
Front belobt und dekorirt. nach Frank
reich zurück. Er wollte den beiden
Frauen, die ihm Glück gebracht, danken,
doch war das unmöglich; sie bewahrten
nach wie vor ihr Inkognito.
Ihre Segenswünsche begleiten den
jungen Offizier dcr Orientarmce noch
heute, denn er ist jetzt Besitzer dcs Groß
kreuzes dcr Ehrenlegion und Kriegs
minister. Sein Name ist Marquis de
Eallifct.
Tie durstigen Trompeter.
Eine drollige Szene spielte sich neu
lich auf dem baierischen Grenzbahnhofe
zu Hof ab. Tort traf mit dem Schnell
zuge München-Berlin die Kapelle der
19. (blauen) Husaren (Garnison
Grimma in Sachsen) ein, welche in
München ein sehr erfolgreiches Gast
spiel, und auf dem dortigen Eentral
bahnhof noch ein Extra Abschieds
conzert gegeben hatten. Ta Musikan-
ten stets eine trockene ehie haben, o
war unterwegs immer noch Eins" at
trunken worden, und auf der baierischen
Grenzstation sollte der kurze Aufenthalt
dazu benutzt werden, ein ganz?s Faß
des edlen Gersten! astes käuflich zu er
weroen. Bald ichicppten auch zwei
Trompeter schweißtriefend das kühle
Naß zum Schnellzug. Aber zwischen
Llpp und Kelchesrand sollte das feucht
fröhliche Beginnen doch scheitern. Ter
baierische Zollrcvisor verlangte kate
gorifch. daß das Bier verzollt werde.
Tie blauen Husaren behaupteten aber,
daß das Bier seinen Beruf nicht ver
fehlen werde, und verlangten für das
selbe Zollfreiheit. Zu den Streitenden
gesellte sich alsbald der Stationsvor
sicher, dcr zur Abfahrt drängte, da die
zehn Minuten Haltezcit längst ver
strichen seien. Auch die uniformirten
Hüter dcs Gesetzes fehlten nicht. So
umstand eine farbenprächtige Gruppe
das umstrittene Faß. Schließlich rief
ein luttiger Trompeter in unvertalsch
lern Sächsisch: Tann drinken mersch
kleid) aus!" Tem kam aber dcr Zug
führer zuvor, der das Signal zum
Thürenschließen gab. Damit das Faß
in dem allgemeinen Trubel nicht mit
einsteige, faßten Zollrcvisor, Stations
Vorsteher und Polizisten an dem Wagen
der Hufarcnkapelle Posto. Mit drei
Minuten Verspätung ging der Zug
endlich ohne das Echte" ab.
Bon Vinem dcr Millionär,, lernen"
wollte.
Ter Lüden cheider Zeitung ist von
einem Freunde folgender Brief zur Ver-
fügung gestellt worden: Lüdenfcheid. 2
2. 97. Sehr geehrter Herr Roth
10)110. riauoe mir, yierourco. erge-
benst anzufragen, ob in Ihrem Bank'
geschäft eine Lehrstelle als Millionär
frei ist, wozu ich große Lust und Inter
esse haben. Seit Ostern 1896 bin ich
hier nach Lüdenfcheid in die Lehre
geschickt worden, um die Küferei zu
erlernen. Aber anstatt der Küferei
muß ich Kisten mächen, wozu ich kein
Interesse dran zeige. Ta mir von einem
guten Freunde gerathen worden ist,
Millionär zu lernen. Es ist jetzt noch
Zeit, meine Provision niederzulegen
und das Geschäft als Millionär anzu
fangen. Ich bin jetzt 16 Jahre, gesund
und normal am Körper. Sollten Sie
vielleicht geneigt fcin. mir eine Stelle
als Millionär anzubieten, so ist es mein
heißester Wunsch, dieselbe jnit bestem
Willen. Wissen und Bekennen aus-
zuführen. Einer ersehnenden Antwort
entgegensehend; zcignet mit ehrwür
digstcr Hochachtung W. Z.' Tcr Brief,
der von einem bcneidenswerthen Opti
mismus Zeugniß ablegt, war an das
Bankgeschäft von Gebrüder Rothschild
in Frankfurt a. M." gerichtet. Ta es
eine solche Firma aber dort nicht giebt,
so ist der Brief als unbestellbar wieder
zurückgewandert, und der Absender hat
sich wohl dann finden müffen, nach wie
vor in der Küferei Kisten zu machen.
Tie Tezimalrechnung.
Ter Ursprung der Tczimalrechnunq
wird von den Gelehrten gewöhnlich aus
die Araber zurückgeführt: dem gegen
über hat der nranzose Aplcr vor Kurzem
die Theorie aufgestellt, daß schon die
alten Babylonier dicie Rechnungsart
gekannt haben. Er stützt sich bei seiner
Behauptung auf einen Abacus, eine
Rcchcntafcl,' die feit Jahrhunderten
bekannt war, aber noch von keinem
Mathematiker oder Lexikographen dcs
Alterthums beachtet worden ist. Tie
Ziffern dieses Abacus stimm, genau
mit den Buchstaben der Inschriften von
Ninive und Badulon üderein. so daß
der chaldaische Ursprung der Tafel
unzweifelhaft erscheint. Wir finden hier
den '!edrauch von neun Zinern
(I bis 9), während für die Null deson
den Kolumnen gebraucht werden. Lieft
man von links nach rechts, so ergicbt
sich ganz zwanglos die dezimale Pro
grcsfion. Tie Tezimalrechnung muß
also den Babnloniern seit den ältesten
Zeiten schon bekannt gewesen sein, und
Asticr vermuthet, daß sie sie auch
erfunden haben. Nun befindet sich aber
in den Museen des Louvre in Paris die
Statue des alten chaldäischcn Königs
Gondca. die in den Händen einen
Kompaß hält, und auf den Knieen eine
viereckige Platte, welche mit dem AbacuS
eine gewisse Ächnlichkcit hat. Vielleicht.
so meint dcr französische Gelehrte, hat
dieser König Gondea die Dezimalrcch
nung erfunden oder wenigstens sie in
seinem Reiche eingeführt.
ine physikalisch Merkwürdigkeit
hat jüngst Bourget. ein französischer
Forscher, an glühendem Eisen beobach
tet. Jedermann hat wohl schon die
Erfahrung gemacht, daß man einen Ei
senftab, der an dem einen Ende roth
glühend ist. am anderen Ende, wenn er
hinreichend lang ist, bequem mit dcr
Hand halten kann, ohne sich zu ver
brennen. Sobald aber das glühende
Ende in kaltes Wasser getaucht wird, so
paß eS sich abkühlt, wird das andere
Ende, das man in der Hand hat, plötz
lich so heiß, daß man es fahren lassen
muß. Tiefer Borgang, der Schmieden
und Eifenarbeitcrn aus Erfahrung
vielleicht schon unendlich lange bekannt
se mag, ist wissenschaftlich noch nicht
genau untersucht worden. Bourget
stellte durch einen Galvanometer mit
Spiegelablcsung fest, daß die Schnellig
leit. mit dcr nach dcr plötzlichen Ab
kühlung des rothglühenden Endes das
andere sich erwärmt, bei weitem die
Schnelligkeit übersteige, mit der Eisen
fähig ist, Wärme fortzuleiten. Tie
Zunahme dcr Wärme am kalten Ende
kann also nicht auf Zurückstauen oder
Zuleitung der Wärme von dem beißen
Ende her beruhen. Bei der Gcschwin
digkeit des Vorganges nimmt Bourget
an, daß durch die plötzliche Abkühlung
des heißen Endes der ganze Stab Ver
änderungen in feinen einzelnen Theilen
erleidet, die sich als Wärme bemerkbar
machen. Zu diesen Beobachtungen lie
fcrt Jules Granicr noch einen interes
sanken Beitrag. Gießt man flüssiges
Eisen in eine Form und setzt es dann
einem hohen Truck von 600 Atmosphä
rcn in diesem Falle aus. dann wird
es plötzlich fest, aber im selben Augen
blick geht alle Wärme, welche seinem
flüssigen Zustande entsprochen hätte, in
die Form über, so daß diese roth-
glühend wird. Ter Truck ruft hier
also dieselbe Wirkung hervor wie plötz
liche Abkühlung.
Sin Rauchverbot.
. Ein Gesetz dcs Kantons Wallis vom
Jahre 1L49 untersagt allen Personen,
fremden und einheimischen, die im
Kanton domilizirt find, das Rauchen vor
vollendetem 20. Lebensjahre bei einer
Buße von 2 Francs, die im Rückfalle
verdoppelt wird und bei Nichtbezahlung
in Gefängniß von ein bis drei Tagen
umgewandelt werden kann. Es scheint,
daß diese nun 50 Jahre alte Bestim
mung an Kraft etwas eingebüßt hatte.
Ter Staatsrath hat daher voriges Jahr
die Eemeinderäthe und das Polizei
korps zu verschärfter Aufmerksamkeit
eingeladen und sie ersucht mit ganz
besonderer Sorge über die Beachtung
dieses Gesetzes zu wachen und jede
Zuwiderhandlung zu bestrafen. Tie
Berichte, die nun eingelaufen sind,
zeigen, daß dieses Gesetz schwer durch
zuführen ist. Aus einem einzigen
Bezirke wird mitgetheilt: Nur in zwei
Gemeinden sei dieser Mißbrauch nicht
zu konstatiren, alle anderen lauten
ungünstig: Tcr Gebrauch des Tabaks
sei fast allgemein geworden und mehre
sich von Jahr zu Jahr. In anderen
Berichten wird geklagt, das Verbot
werde fast nicht oder gar nicht beachtet,
daß die Gemcindepolizci ihre Pflicht in
dieser Hinsicht nicht erfülle oder daß
Zuwiderhandlungen nicht strenge genug
bestraft werden.
Keltisches in der Schweiz.
Man berichtet aus Zürich: An der
Römerstraße, die von Aventicum"
(Avenchcs) über Salodurum" (Solo
thurn) nach der römischen Militärstation
Bindonlsta" (Wmdlsch. am Zusam-
mcnfluß von Aare und Reuß) führte,
lag etwa eine Stunde von dem heutigen
Bicl entfernt das römische Castcll Peti-
nesca" am östlichen Avyanqe des ,zcns-
berqes, dessen Aufdeckung die im vori-
gen Jahre gebildete Gesellschaft "Pro
Petinesca" sich zum Ziele gesetzt hat.
Die Ausgrabungsarbeiten führten auch
zur Untersuchung eines Walles, im
Bolksmunde Römcrwall geheißen, von
dem jetzt unwiderlealich festgestellt ist.
daß er ein 'Keltisches Werk von großer
archäologischer Bedeutung ist, dem in
der Schweiz bis jetzt kein zweites an die
Seite gestellt werden kann. Im Jnne
ren dcs Walles fanden sich keine Spu
ren, die auf römischen Ursprung deuten,
dagegen die für keltische Bauten charak
tcristischcn Tufstcinmaucrn. Auf dem
Ausgrabungsgebicte wurden ferner die
gutcrhaltcncn Reste eines Thores, offen
bar des Eingangsthores zu den Bcfcsti
gungsanlagen. zu Tage gefördert. Tie
Mauern sind trefflich erhalten, Kanten
und Winkel noch ganz scharf. Die
Breite dcr Mauern beträgt etwa 150
200 Eentimcter. die Höhe ließ sich noch
nicht genau bestimmen. Tie ganze
Thoranlage ist gut 15 Schritte breit.
Sie ist Römerarbcit.
l?ielszgkn!'e Ocibereiwng.
Heiraths.Eindidat: Nun, zeigen
Sie mir einmal die Photographie
meiner Zukünftigen."
Vermittler: ,Hm hier trinken
Sie erst einmal einen Eognac!"
höchst Optimismus.
Sherr lder dermanen auf's Airne ne
schlagen wurde, daß dasselbe nun grün
und blau unterlaufen iiN: . fiiliiif beim
Unglück! Grün und blau sind meine
viebiingssarven:
Grdnöng muß sein.
Baron (ruft vom Fenster aus):
Komm' mal 'rauf, Tu Esel !"
Kutscher (zum Tiener): Hörst Tu.
Tu sollst gehen."
Tiener: Nee, ich nich mir nennt
er immer Schafskopf."
Durch die Vlunie.
Fräulein ulie: Sie verzeihen. Lerr
Miller, wie heißen Sie mit dem Bor
namen?"
Herr Miller: Rudolf !"
Fräulein Julie: .Wie schade, daß
Sie nicht Romeo" heißen!"
pßsng.
Ter Friseur Pfiffig ist ein schlauer
Kerl. Um einen theueren Apparat zu
ersparen, der die Haare in die Höhe
bürstet, erzählt er seinen Kunden aller
lei grausige Geschichten, die sofort die
Haare zu Berge stehn lassen.
ver Geschäftsmann.
Freier (Sänger) :.... Bis jetzt habe
ich allerdings noch keine Schätze gesam
mclt; die Zukunft Ihrer Tochter ist aber
bei mir doch gesichert ich habe Mil
lionen in meiner Kehle!"
Vater: Tas ist ja für Sie sehr er
freulich! Wenn Sie aber 'mal den
zehnten Theil in der Tasche haben,
dann melden Sie sich wieder!"
Zweierlei Gründe.
A. : Was, Tu suchst eine neue Woh
nung? Warum ziehst Tu denn schon
wieder aus?"
B. : Aus zweierlei Gründen: Er
stens spielt die Tochter vom Hausherrn
den ganzen Tag Klavier, und zweitens
hat mich ihr Vater 'rausgeschmissen,
weil ich die Miethe nicht zahlen konnte!"
Alznungsvoll.
Kadet: Sie, Meister, malen Sie
mir 'mal ein schneidiges Thürschild für
Salon ! . . . Heiße von Schnabelberg , . .
Tienstgrad weglassen kolossal un
sicher!"
Die Tntführung.
Er: Wieviel hast Tu mitgenommen
Schatz?"
Sie (Posthalterstochter): Tausend!"
.Er: Thaler?"
Sie: Nein. .. Treipfennigmarken!"
Ein Heuchler.
Herr (zu seinem alten Tiener, der sich
anscheinend vergeblich bemüht, eine
Weinflasche zu entkorken): Aber, Jean,
heucheln Sie doch nicht so!"
Zarte Aufmunterung.
Wirthin: Hat' sich der Referendar
immer noch nicht erklärt?"
Tochter: Ach wo: ich habe ihm schon
vier mal Mittags Kalbsherz vorgesetzt
aber er spricht immer von 'was An
der'n!" Rührcnöe Geschmisterliebe.
Ter alte Rath schickt seit 25 Jahren
jede Weihnachten seiner unverheirateten
Schwester von seinen Ersvarnissp 300
Mark in Gold, und sie überrascht ihn
immer wieder mit der gleichen Summe
in Papier!
, verdächtige Zärtlichkeit.
Sich', Hans, wie lieb und zärtlich
Gretchen mit mir ist, während Tu, ab
scheulichcr Junge, es kaum der Mühe
werth findest, mir anten Akrnd ,
"wünschen!"
,,ch hab' aber auch das Tintenfaß
nicht über Deine Bücher geschüttet !"
Boshaft.
Dichter: Nun, wie hat Ihnen gestern
mein neues Drama gefallen?"
Herr: Ich sage Ihnen, ich konnte die ,
ganze Nacht kein Aug mehr schließen!"
Dichter: So aufgeregt hat Sie die
Handlung?"
Herr: ..Nein, aber ick habt rnirfi
schon im Theater ausgcschlafen!"
Sonderbare Anschauung.
, Tas Schloß dort hat eine
Schuldenlast von 160.000 Mark nk
gehört einem Grafen und das dort
drüben gehört einem Baron, der über
200,000 Mark Schulden haben soll !"
cchiiu, fchetu, das hätt' ich gar nicht
geglaubt, daß es hier so reiche Leute
giebt !"
Beweis.
..Ach. wo find die fckn?n ?n,,,ti-
schen Zeiten, in welchen es noch Männer
gab. die aus Liebe verrückt ninr-ho,
sind."
Aber, ich bitte Sie. me'me (sinrt
digste, das ist ja auch jctzt noch eine all
tägliche Geschichte, wo würde dem, sonst
noch fo viel gchcnathet werden."