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About Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901 | View Entire Issue (Aug. 17, 1899)
- 5cnnta5frcu Aul dem Leben von E Lei. Die Herbftsonne guckt in das Man sardenfcnster. ein breiter, aoldiaer Streifen läuft über den Fußboden, und in der Sonne fitzt die Heine Line auf einem Fußbünichcn die Puppe aus dem -chofz. Sie pickt ihr mit beiden Fingern in die starren Glasaugen und kräht mit der hellen, dünnen Kinder stimme : Liebes Kindchen. eZ ist wahr. Wasser macht die Aeuglein klar. Trum trink nur flink'." Ter Mann am Schreibtisch hebt den Kopf. Ja. so fang Marianne, kaum sechs Wochen sind es her. da hörte er's noch. Lange sechs Wochen ohne sie. die feine Stütze, fein Muth, feine Host nung war. KleiN'Line oat der Mutter Art. und ein gutes Gedächtniß bat sie dazu. Er senkt den Kopf auf die Hand. Was soll werden was soll werden? Hundertmal, tausendmal hat er sich die Frage vorgelegt, feit sie fortgetragen ist in dem gelben hohen Sarge. Schlecht war's ihnen hier ergangen, immer schlechter, seit er sich hatte Der führen lassen, aus der kleinen thüringi fchcn Stadt nach Berlin zu ziehen, um in dem neugegründeten Geschäft eines Freundes eine Anstellung zu nehmen. Ten sicheren Posten eines Aktuars beim Gericht hatte er aufgegeben und sein kleines elterliches Erbe hineingesteckt in den Schwindel. Sie war dagegen ge wescn mit ihren hellen Augen und ihrer klugen Vorsicht. So kamen sie her. Er, den Kopf voll romantischer Hoff nungen, sie praktisch anfassend, was ge than werden mußte, muthig tragend, was sich an Widerwärtigkeiten bot. Sein Stab, feine Stütze! Und so lieb und gut und schön war sie. Wenn er daS Linchen ansieht mit dem keinen blaffen Gl icht, dem ziel liehen MSchen, den seltsam blitzenden Muni dem runden rotben Mündchen aiebts ihm einen Stich sie ist das iimp llnenbild seines armen Weibes in heilen Leben er so wenig Helle und Wärme gebracht hat. Jetzt fühlt er's Tenn sie. die tapfere Marianne. mnrh mM unlustig, sie nicht. Sie nähte für Geschäfte, sie hielt die kleine Wirth chatt in Ordnung unv pnegie ihn. wenn die Jschiasschmcrzcn schlimm wurden. Durch müssen wir doch!" sagte sie in ihrer bestimmten Weise. Und sie übernahm es, zum Hauswirth zu gehen und um Stundung der uicieiye zu du teil damit sie nickt das Dach über dem Kopf verlören. Und sie scheute auch die demiitbi, Meae auf das Lelbamt mcvt Laß nur. du paßt nicht dazu!" meinte sie. Und nie eine Anklage und nie ein Vorwurf, und sie hatte doch zur rechten Zeit Heller gesehen. Durch müssen wir doch!" Menn er fi iekt nur nicht so iäm mcrlich verfallen gefühlt hätte trotz der beiden Kinder, von denen die paar peilte die isirn ihr Beileid ausaespro Am, gesagt Hatten: Die bleiben Ihnen in die werden ?5br Trott sein!. Durch müssen wir doch!" Wie er nur durchkommen soll, nein, das weiß er nickt. Es legt sich wie ein grauer Nebel über seine Augen, er beißt die Fcdcr ein. Nein, er darf keine Zeit verlieren, selbst nicht bei den schmerz ' kicken tsrinnerunaen. Line hat jetzt einen Lappen erwischt, mit dem reibt sie krästia über das fahl gewordene Wachsgesicht der Puppe, die an und für sich schon ein arm,engcs w ffhfttif ist denn es seblt ibr der linke Fuß. und sie hat am Hinterkopf einen klaffenden Riß. ..Liebes Kindchen, fei nicht dumm. Ter Schwamm fährt im Gesicht herum, Macht s rem und sein!" Nun guckt Ludwig von feinem Buch auf. Er ist ein blasser, aufgeschossener Junge von zwölf Jahren. Turch das Stückchen Weltgeschichte vom Großen Kurfürsten handelt es klingt's wie die Stimme der Mutter. PuMnia kennt die Verschen der Mut in ml wobl. aber Line ist verwöhnt. sie will immer neue haben. Und das können der Vater und er nicht. Auch ihm beim Ueberhören das thut keiner tnefci- (Sie sonnte so geschickt mit einem Wort aushelfen, daß man gleich wieder drin war. Er stöhnt leise und nimmt dann sein Taschentuch und ,cyncuzi liaj ge nviMslm um den aussteigenden Thrä nen zu wehren. Er ist doch nun bald in TOrtnn. St!" macht Linchen und hebt den Finger. t&ni Cinh will scklasen. Und wenn das Kindchen schlafen will. - ... n. v r. n:n tt 8 rings INI Vllus uilv tjauc uu, Und Englein geben acht, zur Nacht." Staubatome tanzen in dem Sonnen strahl. Ludwig sieht plötzlich auch, ,r hornenVtt fiflt. die KoiNM0de llb- UUD vvvvj,!.. -7 , . zuwischcn. Staub konnte Mutterchen nicht leiden, er springt auf und holt ein Tuch und beginnt die Fläche zu reiben. ' Tvifc mustert er das Simmer Leidlich aufgeräumt ist ja. Aber auf feinem Lager drüben an der Wand, ' -. r m.n f einem kleinen, lernen xu, nem u! Hand, auch ein Aktenbündel des Vaters. DaS hätte Mütterchen nicht gelitten, et, WoAtSrtnnifllt erlaubt dem ehe, jii . r maligen Aktuar, jetzt viel zu Haufe Der Jahrgang 20. anzusertiaen. des sonst unbeaufnch tigten LinchenS halber. Wenn Ludwig in der Schule ist. vleitn aier zu Hause. Eine Nachbarin auf demsel. den ftlur falls t ibm beim Kochen sie stand auch gut mit Mütterchen, die ihr in schwerer Krankheit viel veigeiprungen war. ?udmia reibt an der Kommoden platte: der eine Fuß ist wackelig und kracht dabei. Ter Vater fährt in die vohe und tragt: Was giebt's denn?" Ter Junge weife nicht recht, was er antworten soll. Wie wund und voll Heimweh sein Herz nach der Gestorbenen ist, mag er dem Vater nicht sagen; der seufzt oft genug. ..Ack. du willst wobl iekt fort in die Sckule?" meint Vater Tonnies, der außer seinem großen Schmerz alles letzt vergißt. Zeit und Stunde. Ja, denn mach nur dann mach' nur, mein Sohn." j'udwia auckt in den Sonnenstrahl. der um Linens Blondkopf spielt, und sagt mit seiner dünnen, etwas klagen den Stimme: Es ist doch heute Sonn tag, Vater! Hast du das denn ver aeüen?" Ter Altuar legt die jeder mn uno hebt sich mit einiger Anstrengung, wegen seines schmerzenden Beines, in die voye An einem Sonntaa Abend hat Ma rianne das letzte Wort gesprochen, dann raubten ihr die Schmerzen die spracye Sie bat ibn bei beiden Händen gehal ten und ihm in die Augen gesehen; sie ahnte wohl, daß sie fort von Mann und Kindern mußte. Aber nickts von Klaaen und Ab schied. Fest, fest hielt sie feine Finger umschlossen. Sie wußte woyl, valz er ihren Waisen kein starker Schützer, aber ein treu ausbarrendes öett fein würde. Sie ließ sich nichts versprechen, nichts schwören und betheuern. ..Was für ein Tag ist heute?" fragte sie- ..... ..Sonntaa. Marianne!" , Vergiß nicht mach' ihnen" ihre Blicke suchten die Kinder ab und zu eine Sonntagssreude. n kam ein atbemraudender u stenankall. reden konnte sie nickt mehr. und bald war es aus. Ein paar Tage später ging er, Ludwig an der Hand, binter dem Sara ber einer nur folgte noch, sein Hauswirth, obwohl er ihm Miethe schuldete. Der wußte auch, welch' eine prächtige Frau sie gewesen war. Ter Vater steht auf und fährt mit der linken Hand über den Schreibärmel, den er übergezogen hat. Tie Sonne ist sa ooldia. das Wetter ist wohl kühl. aber gut. So eine Lust, in der sich frei athmen läßt. All die Sonntage, die seit Mariannens ZZortaana kamen und gingen, hat er ihrem Wugsch nicht nachgegeben. Er hat gar nicht daran gedacht in seinem tiefen, dumpfen Schmerz. Nun mahnt ihn der Junge, ohne sich vielleicht selber etwas dabei zu denken. .. .ftast Du das denn veraessen. Papa?" Ihm ist. als spräche es Ma rianne nack. Nein, nein! Sonntag! Ja, und so schönes Wetter. Ta sollt ihr auch eme Sonntaasfreude machen, aewiß sollt ibr das! Gleich jetzt sollt ihr hinaus!" Er wird ganz hastig, ganz levyast savei. Willst Du mit uns ausgehen, Wo. ter?" frao.t Ludwig erstaunt. ..?lck. nein, ick kann nicht ! Tie Ar beit pressirt ! Der Rcchtsanmalt braucht die Akten morgen. Äver das geyl auch ohne mich eine Sonntagssrev.de Tu bist ia arok und verständig. Lud wig! Denk' mal nach was ihr thun könntet. Denk' mal nach, mein lieber imiat. Mas so eine reckte Sonntags- freude sein würde! Einen Groschen, den habe ich schon übrig, den darf s kosten! Eine Sonntagssreude. das war ja ihr letzter Wunich!" Und er sieht Ludwig forschend an, der aam rotb wird bei dem Nachdenken. das ihm anbefohlen wird. Tie Kleine plappert mit ihrem Püppchen weiter. ..Meint Du. Ludwia. nickt Eksacken Etwas, das man sick sonst nickt leisten kann. Kinder haben doch so manche Wünsche!" Er ist auch jetzt unbchilflich, leibst im Gewayren ves Auizcrgemoyn lichen. Ich Hab's!" sagt Ludwig und nickt wichtig und macht ein paar Schritte aus den erwartungsvoll dastehenden Vater i. .Line kostet noch nichts wir können eine Groschentour fahren und dann zurückkommen. Das wird schon sein, sebr sckön! :n der elektrischen." setzte er fast flüsternd hinzu, als glaube er noch nicht recht an das Gluck. ..Sebr schön! Gleich, gleich, schnell!" bastet der ebemalme Aktuar. ..Line Wo ist umbinden muß sie doch etwas ?" Er stelzt wieder ratylos ln oem Stübchen umher. Mit einem Satz ist Ludwig in der Schlafkammcr und kommt mit dem schwarzen Tuchkragen der Mutter wie Mi Beilage zum Nebraska der. Ten bindet die Lme um! iyexn, fein!" Ter Kragen bedeckt tast die ganze kleine Gestalt in dem schädigen blauen Kleidchen: aus der Rüsche desHalsauS fchnitts hebt sich das kleine Köpfchen, wie das einer Henne mit einem Feder kragen. Aufzusetzen hat sie freilich nichts." sagt Ludwig kleinlaut. Sie muß im Winter eine warme Mutze haben, aber daS ist jetzt noch zu früh." Und dann wird er sicherer. Aber sie hat ja so dicke? Haar und so viele Kinder gehen ohne Hut. m! Ja!" Ter Vater , zusrleoen Wenn er feiner Marianne nur Wort hält. Es ist eine heilige Aufgabe für ihn. Wollt ihr Kaffee V fragte er bann, Weißbrot ist auch da!" Hernach, Vater." Der händigte ihm den Nickel ein. Nich' verlieren! Ordentlich auf das Kind aufpassen. Bist ja schon ein großer Mensch Ludwig ist mit daS er immer fest dem Schwesterchen, an der Hand hält. vor die Hausthür gelangt. Ta ist mit einmal das Gebrause der Großstadt da. die vielen Wagen, die Radler, die Fuß gänger, die alle der Sonntag und das schöne Wetter hinausgelockt hat. Tann geht er mit Line an die Haltestelle der Elektrischen. Sorglich hebt er das Linchen hinein und folgt nach. Nu geht's los!" flüstert er ihr freudig zu, und nu geht's los!" spricht sie nach und lacht über das ganze Gesicht. Wie das schwindelnd schnell geht! Tie Häuser fliegen förmlich vorbei! Tie Menschen, die damit Schritt hal ten wollten, müßten Siebenmeilen stiefeln anhaben! Ist's schön, Line?" fragt er ganz leise an dem kleinen Ohr der Schwester. Schön!" sagt der frische Mund, und in den Augen ist ein Leuch ten, und die Mäusezahnchen blitzen. Ter Schaffner kommt. Ganz feier lich holt Ludwig seinen Nickel heraus: Wie weit fährt man dafür?" Bis zum Nollendorfplatz!" Und dann weist der Schaffner auf den unbe setzten Platz neben dem Knaben. Denn Ludwig hat das Kind bisher zwischen seinen Knien gehalten. Ein Leuchten geht über das Gesicht des Knaben, als er Line hinsetzt. Nun fährt es sich noch einmal so gut. Es geht wunderbar schnell fast ein wenig zu sehr, denn ehe man sich s ver sieht, werden sie am Nollendorfplatz sein. Was Häuser, was Häuser!" staunt Line, die noch nicht oft in die Stadt gekommen ist. Ja, ja!" sagt Ludwig, die giebt es viel in Berlin." Was Bäume, was Bäume!" schwatzt die Kleine weiter. Nun wird es voll in der Bahn, sie muß auf Bruders Schooß sitzen, und er hält sie sorglich, damit das federleichte Perfönchcn nicht etwa bei einem Ruck von seinem Schooß fliegt. Was Mädchen, was Mädchen!" lacht Line, als eine Pension in feierlichem Schritt über den baumgefaßten Mittel weg zieht. Und nun noch eine Biegung und eine Kirche und endlich, ja, da heißt's Nollendorfplatz!" Ludwig hebt das Schwesterchen her aus. Sein Schwesterchen an der Hand, steht er eine Weile an der Haltestelle am Nollendorfplatz und sieht dem Ab- und Zufahren der Wagen zu. dem Ein und Aussteigen all' der vielen Menschen. Fahren wir auch wieder?" fragt Line und hebt sich auf den Zehen. Er lacht. Kleiner Tummkopf, jetzt gehen wir nach Haus!" Kommen wir auch hin?" meint sie mit ihrem dünnen Stimmchcn. Immer der Bahn nach!" fagte er. Hand in Hand machen die beiden Kinder sich auf den Heimweg und zu Hause weiden sie dem Vater von ihrer großen Sonntagsfreude erzählen. Die zwei Kalender. (5in Baucrnstück aus Siebenbürgen. Von Johann Leonhardt. Wer Originale sucht. Menschen mit scharf ausgeprägter Eigenart, möge auf's Torf kommen; da gibt es solche die Hülle und Fülle. In meiner Um gebung fesselt mich insbesondere einer dieser Originalmenschen immer aufs Neue. Er ist ein Spaßmacher, eine Art Eulenspiegel, der schon manchen herben Scherz auf dem Gewissen hat. mit dem er beschränkte, und abergläu bische Gemüther in Angst und Furcht gebracht und zu Thaten verleitete, vor denen sie sich selbst schämen würden, wenn sie klüger wären. Dabei ist unser Mann einer der tüch tigsten sächsischen Bauern. Nicht nur, daß er seine Feldgründe mit rührigstem .f 4r mm W W Staats-Anzeiger. Fleiße bebaut, nicht nur, daß er jedem Fortschritt stets Augen und Ohren öffnet; er besitzt zähe Ausdauer, mit der er sich auS sehr dürftigen Verhältnissen zu ernährendem Besitzthum emporge arbeitet hat. Mit allein Möglichen handelte er. mit Hanf. Hafer. Lein samen, Speck, mit Pflügen und Sen seit. Die eisernen Pflüge, die heute in seiner Heimathgemeinde allgemein im Gebrauch stehen, hat er eingeführt. Und lag um eine Zeit eine beträchtliche Schuldenlast auf feinen Schultern, die sich in Folge von zwei, seine gesammten Wirthschaftsgebäude ,und Futtervor räthe einäschernden Feuersbrünsten, dann durch Viehkrankheiten, die ihn zweimal seines Gespannes beraubten, auf ihn niederlenkte, er hat sie getilgt. Also unser Mann versteht es wohl. auch den Ernst des Lebens zu packen Aber, und das ist das Bewunderns werthe an ihm, traurig und niederge schlagen sieht man ihn nie. Auf feinem muntern Antlitz sitzt immer der Froh sinn, und aus den blitzenden Augen lugt die Verschlagenheit und der Schalk heraus. Es ist nicht meine Absicht, diesmal allzuviel aus dem Leben unseres Spaß machers darzubieten. Ich beschranke mich auf eine einzige Geschichte, die von zwei Kalendern. In ihr machte er sich gelegentlich zum Narren, während er Andere zum Narren hielt. Unser Spaßmacher hat in seinem Leben viel in Kronstadt zu thun gehabt. In feiner Jugend diente er daselbst. Aus jenen Tagen berichtet er gern und viel von eigenen Erlebnissen und ge lungenen Streichen; diesmal aber, als sich seine Geschichte von den zwei Kalen dein abspielen sollte, hatte er in jener Stadt zwei Söhne auf der Lehre. Tiefe wollte er besuchen und gleichzeitig einiges in Sachen seines Handels mit Lein samen, Hanf :c. erledigen. Als er von Hause schied, ersuchte ihn seine verheirathete Tochter, ihr von Kronstadt einen Kalender mitzubringen. Nachdem unser Mann dann seine wich tigsten Angelegenheiten in der Stadt erledigt hatte, begab er sich in das städtische Verkaufshaus, in welchem alle städtischen Gewerbe ihre Waaren feil bieten. Dort fand er auf der Stiege auch eine ältere Frau mit Büchern und Kalendern. Er sah sich mehrere von diesen mit ihren farbigen Umschlägen an und fragte, einen mit rothem Um schlag in der Hand: Was kostet dieser Kalender?" Zwanzig Kreuzer!" war die Antwort. Nun, dann geben Sie mir noch einen, Frau, weil die Ka lender heuer so billig sind, wer weiß, habe ich übers Jahr noch zwanzig Kreu zer, um mir dann einen zu kaufen; aber bitte, einen Kalender mit grünem Um schlag, fein Inhalt wird mit dem dieses rothen nicht gleich sein." Tie Frau lachte und gab dem eigenthümlichen Käufer auch einen grünen Kalender. Tiefen hatte er für sich gekauft; der erste, rothe, gehörte seiner Tochter. Während dieser Mann in beiden Büchlein noch andächtig herumblätterte, bald eines, bald das andere ansah und dabei eine besondere Freude an den farbigen Umschlägen zu haben schien, die seinem Ausspruch zufolge die Ver schiedenheit des Inhaltes kennzeichnen sollten, war ein älterer, graubärtiger Mann hinter ihn getreten. Tiefer hatte die Worte, warum sich der Bauer zwei Kalender kaufte, und warum gerade einen grünen zum rothen, gehört; er klopfte ihm leise auf die Schulter und sagte: Freund, gebt diesen zweiten Ka lcnder zurück; seht, Ihr werft ja für denselben das Geld hinaus; der rothe und der grüne sind ja ganz gleich!" Unser Spaßmacher kehrte sich mit dem ernstesten Blick um, musterte seinen Warner und sagte dann ruhig: Was wissen Sie! Haben Sie denn die Kalen der schon gelesen? Uebrigens will ich mir eben zwei Kalender kaufen; denn jetzt habe ich Geld. Ucbers Jahr, wer weiß, sind sie so billig." Mit einem mitleidigen Lächeln ent fernte sich der fremde Mann und über ließ den dummen Bauern mit den zwei Kalendern seinem Schicksal. Als dieser nächsten Morgen auf den Bahnhof kam, um mit dem Frühzug in feine Hcimath zurückzufahren, war's noch recht dämmerig. Trotzdem man delte ihn die Lust an. im Coupö wieder einmal nach seinen Kalendern zu sehen, und er zog den einen aus der Tasche. Ein ältlicher, in einen Pelz gehüllter Mann saß gegenüber. Ah, Sie haben schon einen neuen Kalender, guter Mann?" fragte dieser, als er das kleine, rothe Büchlein erblickte. Tiefer ant wortcte: Jawohl !" Bitte, erlau den Sie ihn mir einige Augenblicke!" bat der Fremde. Unser Spaßmacher zog den zweiten, den grünen. Kalender hervor und überreichte ihn. Sie haben ja sogar zwei Kalender!" rief der Fremde. Nun, das ist schön! Brauchen Sie übrigens so viele Kalender in v No. 13. ihrem Hause?" TaS gerade nicht. gnädiger Herr." erwiderte unser Spaß macher ernst, wie m Kronstadt, aber diese Kalender sind heuer so billig, nur zwanzig Kreuzer einer; und da habe ich dann auch so üb-rflüssigeS Geld." Ter fremde Herr lachte, nahm aber den Kalender und sagte nichts weiter. auch als er diesen bald darauf wieder zurückgab. Dafür drängte es einen der Mitanwesenden im Eoup4, der gerade auch einen Kalender brauchte, sich in die Angelegenheit hineinzumischen. Es war der Notar aus einer der nächsten Gemeinden des Bezirkes. Gebt mir einen Euerer Kalender." hob er an, was wollt Ihr mit zwei Kalendern ? Ich geb' Euch fünfzehn Kreuzer für ei nen. Wollt Ihr?" Sie sind ge scheidt." versetzte unser Spaßmacher, und ich soll mir übers Jahr vielleicht wieder einen Kalender kaufen?" Ter Notar lachte zuerst herzlich, dann deu tete er auf die gleiche Jahreszahl auf beiden Kalendern; es gelang ihm aber weder, unserem Manne klar zu machen, daß beide Kalender ganz gleiche feien, noch einen von denselben zu erstehen. Als er bald darauf abstieg, rief er dem Unverbesserlichen zu: Gehabt Euch wohl. Bauer; ich wünsch' Euch Glück mit Eueren zwei Kalendern!" Tanke!" war die Antwort. Aber jetzt hatte unser Mann es mit den zu rückgebliebenen Mitreisenden zu thun, die bereits ansingen, sich ungenikt über ihn lustig zu machen. Nach zwei Sta tionen stieg der Herr mit dem Pelz aus. Auch er empfahl sich besonders von un sercm Spaßmacher mit den Worten: Ich Wünsch' Euch Glück mit Euren zwei Kalendern!" Auf der folgenden Station stieg ein Handwerker des nahen Marktes aus; der Bauer kannte ihn, ohne daß er ihm selbst bekannt gewesen wäre. Als auch dieser ihm beim Aus steigen den nun bereit? gewohnheits mäßig werdenden Abschied entgegenrief: Ich wünsch' Euch Glück mit Euren zwei Kalendern!" da fragte ihn unser Spaßmacher: Nun, Herr W , kennen Sie mich nicht?" Ter Handwer ker sah ihn lange an. Ihr habt mir zwar ein bekanntes Gesicht," sagte er, aber ich muß gestehen, ich kenne Euch nicht. Es thut mir freilich leid; denn so ein Exemplar !" Er empfahl sich. Es blieben noch drei junge Männer zurück. Sie erfrischten sich soeben an etwas Liqueur. Laßt uns diesem gu ten Mann auch aufwarten!" riefen sie. auf daß er wirklich Glück habe mit seinen zwei Kalendern!" Unser Spatz macher trank das ihm gereichte Gläschen mit ebensoviel Geschick aus, als seine freigebigen Bewitzler. Als er bald aussteigen sollte, sagte er: Meine Her ren, Sie haben sich belustigt über mich; es hat mich sehr vergnügt, Sie haben mich für einen Narren gehalten ; aber glauben Sie mir. Sie sind selbst Nar ren gewesen!" Die Männer waren sehr betroffen. Ich mutz Sie nämlich jetzt ansllaren, denn ich bin bald zu Hause, und es macht mir weiter keinen Spatz, Sie im Irrthum zu lassen. So wissen Sie denn, einer dieser Kalender gehört mir, der andere aber meiner Tochter!" Jetzt lachten die Fahrtgenossen erst recht und verehrten dem Spaßmacher noch ein Gläschen. Es war im tiefen Winter desselben Jahres. -Man fing bereits allenthalben an, die Schweine zu schlachten. Unser Mann hatte wieder einmal etwas in der Kronstädter Gegend zu thun und kehrte beim Schulmeister einer Gemeinde ein. Dieser Schulmister war unserem Manne ein alter guter Bekannter. Als er in den Hof trat, fand er dort eben den dlei chhauer des Dorfes mit dem Abschlachten eines Schweines beschäf tigt. Ter Schulmeister war sehr froh. als er den guten Bekannten sah, und rief ihm zu: Es ist gerade gut, daß Ihr kommt, Freund; helft uns einen schönen Bachen (Speckseite) machen!" Unser Spaßmacher wandte sich an den geschäftigen Fleischhauer mit der Frage: Was giebt man hier dem Fleischhauer, daß er Einem eine fette Speckseite mache?" Ein Stück Wurst und ein mal zu trinken!" war die Antwort. Der Fragesteller schüttelte ernst den Kopf: Das findet man bei uns nicht. Bei uns giebt man dem , Fleischer ein fettes Schwein, dann macht er auch ei nen fetten Bachen!" Selbstverständlich lachte Alles vergnügt über diese Bemcr kung. Beim Mittagessen kam ein Gast zu Tische, der Schwiegervater des Schul meisters; er war der bereits bekannte Notar. Man begrüßte sich; und -als der Notar, der unserem Mann aus dem dämmerigen Eoup6 her nicht sofort er kannte, fragte, woher er sei. und als er das Torf nennen hörte, da lachteer hell auf. Ich bin einmal mit Einem aus Eurer Gemeinde auf der Bahn zusam wen gesessen," sagte er. aber daS war ein herzlich dummer Kerl. Wie heißt man Euch?" Unicr Spaßmacher nannte seinen Namen. Ter Nötar stutzte. So hieß ja auch mein Rcisckamerad! Giebt es mehrere Eueres Namens in Euerem Orte?" Nein," war die Antwort; aber es ist auch nicht nöthig für diesen Fall; denn ich war selbst der dumme Kerl, Herr Notarius!" Tann klärte er die Gesellschaft ebenfalls auf über die Bewandtniß mit den zwei Kalendern. Ter Notar athmete sichtbar erleichtert auf. TaZ ist prächtig!" rief er. Tarauf sollen wir einmal trinken! Tenn wißt, ich habe mir schon ernste Gedanken gemacht darüber, daß eS in unserem sächsischen Volke noch solche Tölpel geben könne, wie Ihr einer zu sein vorgabt. Ihr seid ja aber vielmehr ein ganz gcscheidter Kerl!" Wie lange die Gesellschaft vergnügt beisammengesessen dort beim Schweine schlachten, hab' ich nicht erfragt. So bald aber scheint sie sich nicht getrennt zu haben. Vine Luftfahrt wider Wille. Man schreibt aus London: Von ei nem Luftballon entführt zu werden, ohne daß man etwas von der Luft schifffahrt versteht, daS grenzt an die schlimmsten Träume mit Alpdrücken, die man sich leisten kann, und doch ha den zwei Bradfordcr Herren, würdige Mitglieder deS Stadtrathes, kürzlich die Erfahrung gemacht, was es heißt, den ersten Aufstieg im Ballon führerlos zu machen. Ter Ingenieur und Luftschiffer Bramhall wollte mit den beiden Herren einen Aufstieg in ei nem neuen, 28,000 Kubikfuß fassenden Ballon vornehmen, wurde aber im Momente der Abfahrt aus der Gondel geschleudert, und als er sich aus dem Buschwerk, in daS er glücklicherweise unverletzt siel, wieder auf die Beine ge bracht hatte, sah er sein Luftschiff in schwindelnder Höhe. Eine wilde Panik bemächtigte sich der Tausende von Zu schauern, die befürchten mochten, daß die unfreiwilligen Fahrer sich heraus stürzen würden. TaS aber fiel ihnen gar nicht ein. Wie jeder brave Eng ländcr, der vor unmittelbarer Todes gefahr steht, dachten sie zunächst an den inneren Menschen und durchsuchten den Rock ihres zurückgebliebenen Kapitäns nach etwas Trinkbareni, was zum Glücke in der Gestalt einer Flasche Brandy sichtbar wurde. Nachdem ihre Stärkung vollzogen war. wurde der einstimmige Beschluß gefaßt, daß man nichts von der Sache verstehe, aber jedenfalls, ganz oder in Stücken, wohl noch landen werde. Tie Manöver, die die Beiden anstellten, waren nicht ganz so zart, wie es der Eigenthümer des Ballons wohl gewünscht hätte, und der Ballon, der bald über 0000 Fuß hoch gestiegen war, sprang jäher hoch oder stürzte plötzlich tiefer, je nachdem man am Ventil zog oder Ballast auswarf. Endlich konnte nach 50 Minuten. 27 Meilen von der Abfahrtstelle, die Landung in einem Kornfeld vollzogen werden, und das Erste, was die beiden kühnen Luftfah rcr daran erinnerte, wie es auf der Erde zugehe, war die wüthende Reklamation des Farmers, der wissen wollte, warum sie gerade sein Feld und das seines Nachbarn ausgesucht hätten. l?i gewissenhafter Maler. Anekdoten von japanischen Malern, die charakteristisch sind für die außeror dentliche Gewissenhaftigkeit, mit der sie an ihr Werk gehen, finden wir in einer englischen Zeitschrift. Hier eine davon : Ein vornehmer und sehr reicher Japaner lud einen berühmten Künstler in sein Haus ein, um ein Bild für ihn zu malen, das eine Anzahl bestimmter Vögel dar stellen sollte, wie sie bei Vollmond flie gen. Um ihm zu zeigen, wie wichtig ihm dieser Auftrag wäre, legte er 1000 Pfund Sterling bei, eine besonders für die japanischen Verhältnisse erstaunlich große Summe. Es war der Ehrgeiz des vornehmen Herrn, gerade von dem ersten Maler im Kaiserreiche ein Bild zu haben. Aber er wartete beinahe ein Jahr vergebens auf eine Antwort des. Künstlers. Als er dann immer noch keine bekommen hatte, schrieb er noch einmal, legte als zarten Wink weitere 1000 Pfund Sterling bei und gab zu verstehen, daß eine Antwort sehnlichst erwartet werde. Da schrieb der Künstler sofort, schickte das gesandte Geld zurück und theilte mit, seitdem er den freund lichen Auftrag empfangen hätte, habe er bei jedem Vollmond nach einer guten Gelegenheit ausgeschaut, um die erbe tene Studie nach der Natur machen zu können, aber es sei ihm noch nicht ge lungcn. Es wäre unmöglich, zu be stimmen, wann es ihm glücken würde; es könnte fünf, zehn, auch 15 Jahre dauern, auch könnte es sein, daß er nie eine größere Anzahl solcher Vögel dieser Art beim Vollmond sehen würbe, so daß er im Stande wäre, sie richtig darzu stellen; deshalb schicke er das wunder schöne Geschenk zurück. wottspiel. , A.: Hat Dich denn der Arzt nun von Deinem Zahnschmerz befreit." B.: Gott sei Tank, ja. Und es war gar nicht so schlimm, wie ich be fürchtete, ich wurde den Schmerz schmerzlos los." . Abküblung. Denken Sie sich, soeben habe ich Ihren Namen zum ersten Male ge drutt gesehen." Dichter: Wirklich! O welche Freude' Wo denn?" Im Adreßbuch."