Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, August 10, 1899, Image 6

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geblaut von d Fred. Krng Brewing Co., Omaha, Neb., ist
auf der TranZ Mississippi und Internationale Ausstellung
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verliehe worden. Dieser Preis wurde dem Krug'sche Cablnet Bier über alle
anderen wegen der
Reinheit, Kraft und feinen Qualität
verliehen.
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und
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Barrels pro Tag.
das berühmte Frühjahrs'
3m ßiWnit dcr Schuld.
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i3oisgobrn, sau fu&rcij lütdjlrr.
.Aber aber " stammelte der junge
Mann, indem er sich über die sein le
handschuhte Rechte neigte, sie zu tiissen,
nicht ich war es, sondern dcr Zufall.
Ich that ja kaum. ?as ich mußte,
und jcdcr Mann an meiner Stelle "
Sie haben mir das ktitu s,neit,"
wiederholte sie. C, ich habe sie ja
inmitten des Weges stehen sehen, wo
sie muthi und unerschrocken den An
prall meines Pferde erwarteten.
UebrigcnS könnten Sie gar nicht leug
mn sehen Sie doch "
Walter blickte hin und l'cmcrkte. daß
seinen Knien auf dem steinigen Loden
iivcl mitgespielt worden war. Zwei
klaffende Risse in seinem Beinklcidc lie
ßen das blutende, zcrschundciie Fleisch
sehen.
Zcufel !" sagte er, .die beiden Risse
habe ich noch gar nicht bemerkt." Und
lachend fuhr er fort: Es wäre aber
kindisch, sich derlei Kleinigkeiten wegen
aufzuhalten, und ich danke aus ganzem
Herzen der Vorsehung, die mich so zur
rechten Zeit Ihnen entgcgenfandte. Ich
wäre aber dcr glücklichste der Etcrd
lichcn, wenn es mir erlaubt wäre.
Ihnen meine Ticnste auch weiterhin zur
Verfügung zu stellen."
So seien Sie eS, ich acccptire Ihre
Ticnste. Toch gestatten Sie mir vorerst
die Frage, ob wir weit von 2 bürg
entfernt sind?"
Tret Kilometer ungefähr."
Tas ist sehr weit, und ich werde
niemals die Kraft haben, allein diese
Strecke zu gehen."
Nachdem gnäoige Frau meine
Ticnste annehmen, so gestatte ich mir,
Ihnen mein Haus als nächste Station
anzubieten. Tasfclbe ist kaum fünf
oder sechshundert Meter von hier ent
fcrnt. befindet sich am Fuße des Abhai
gcs, dort unter den Bäumen ; und wer
den Sie dort eine unvergleichliche Heil
kirnst Itriii, meine Wirthschaften Frau
Amalie antreffen, die übcr eine Menge
Geheimnisse verfügt, welche unverzüglich
zu heilen vermögen "
(5s wäre unfreundlich, diese lieben
würdige Einladung abzulehnen, und
gerne nehme ich Ihre Gastfreundschaft,
sowie die Fürsorge der Frau Amalie
an. Eines beunruhigt mich indessen
noch"
Was, bitte, wenn ich fragen darf?"
Was mag aus meinem armen Sul
tan geworden fein?"
Ans Ihrem Pferde? Ich gestehe
Ihnen gern, daß ich mich sehr wenig
um dieses Uthier gekümmert habe!"
Armer Sultan! Wenn ihm nur
kein Unglück zugestoßen ist!"
Ich meinerseits bin nicht sonderlich
geneigt, ihm Mitleid enigegcnzubrin
gen ! Es ist ein unbändiges, rasendes
Thier."
Tics ist bloZ ein Beweis für die
Reinheit seiner Rasse."
Und wenn die Bestie Sie gctödtct
hätte, so wäre dcr Beweis für die Rein
hcit der Rassen geradezu unantastbar
gewesen !"
Wie Sie sich gegen ihn ereifern !
Sie sind offenbar kein Reiter?"
Bitte sehr, ich gehöre zur Reserve
beim Train, und das ist immerhin
etwas Oh, wollen Sie mir gestatten.
Ihnen zu helfen?' .....
Die letzten Worte hatte Walter hastig
hinzugefügt, da er sah, wie die junge
Frau vergebliche Anstrengungen machte,
sich aufzurichten, ja sie schien abermals
einer Ohnmacht nahe und sank mit
einem leisen Acchzen zurück.
Ach," murmelte sie, ich befinde
mich durchaus nicht in her Verfassung,
um die Stolze und Tapfere zu spielen."
Walter streckte ihr die Hände hin und ,
richtete sie sanft empor. Ein Gefühl
unbekannter Wärme erfüllte ihn, als er
diesen warmen, jngendfrischen, weichen
Körper so hingebungsvoll in seinen
Armen ruhen fühlte.
Wenn ich Sie stütze, mit Ihrer Er
laubniß stellenweise auch trage, glau
den Sie. gnädige Frau, die Kraft zu
haben, diesen holperigen, unebenen
Weg zurückzulegen?"
Ich hoffe und will es"
Und nun begann ein langsames Nie
dcrstcigcn, wo bald eine Wasserader zu
übersteigen oder ein Stein zu umgehen
war. Tie schöne Unbekannte hing völlig
hingebend an ihrem Führer, dessen
rechter Arm fest um ihre Hüften lag,
während seine linke Hand die ihrige
gefaßt hielt. So ging sie mit kleinen
Schritten einher, die Augen halb ge
schlössen, furchtsam, und sich immer
fester an ihren Beschützer schmiegend,
um jeden Stoß, jeden falschen Schritt
zu vermeiden.
8. Kapitel.
Walter sagte und sprach nichts mehr.
Aufmerksam hielt er die Augen auf den
Weg gerichtet, um die kleinsten Hinter
nisse zu entdecken, und wählte sorgfältig
die besten Stellen aus, auf die sein
Schützling die kleinen Füße setzen
konnte. Zuweilen blickte er empor und
betrachtete mit bewundernder Beharr
lichkeit die Züge des feinen Antlitzes,
welches sich aus seine Schultern neigte.
Und allmülig schien es ihm, als wären
ihm diese Zuge nicht, ganz unbekannt,
Kein Zweifel, er hatte diese schwarze.
i
Augen schon einmal irgendwo leuchten
sehen, hatte bereits einmal diese harmo
Nischen, melancholischen und dennoch so
stolzen Züge bewundert. Ja, ganz
ohne Zweifel aber wo? und wann?
Hier ließ ihn seine Erinnerung völlig
im Stich.
Troß ihrer Schmerzen und der
Schwierigkeiten des Gehens, errieth die
Unbekannte, welche Gedanken das
Innere des jungen Mannes bewegten.
Eine gewisse Unruhe verrieth sich dabei
in ihren Augen, die sie fortab halb ge
schlössen hinter den langen Wimpern
verborgen hielt.
Aber der Ton ihrer kristallhellen
Stimme, die harmonisch und tief klang,
und deren Bibriren noch lange in seinem
entzückten Ohr nachhallte, erinnerte
Wdlter wieder an eine Stimme, die
ebenso herrlich und so bezaubernd ge
klungen, und die er einst vernommen
Do dse Erinnerung cjrje so nach
W.itf war, i.TuCie der iMnernir wom
ein cuäiMfcnirnD gcwalliger gewesen
sein. Und derartige (clegenheilen
waren in dem gkcrdnctcn und fricd
lichtn Leben dc SchriflstellerS nicht so
bausige. daß ihn seine Erinnerungen
lange hätten i:n Stiche lassen können.
Allmüg iiim Ordnung in seine ver
worrencn Gedanken, und eine Szene,
die ihn eist im höchsten Mif,e intcrcs
firt ,'nd bewegt Iw.iit, stand wieder klar
vor fiincn Ai:g"i.
Bor zwei Jähren war es gewesen.
Walter wohnte einem jener großen Fste
bei, welche die Herzogin von O . . .
unter Entfaltung einer königlichen
Pracht und mit unerreichter Origina
litii t in j!;rn:i herrlichen Palais in der
Withelinfiraßk zu Berlin veranstaltete.
Was Berlin an Aristokraten, Künstlern
und Literaten lesaß. war anwesend.
Tie Toilett! war vorgeschrieben. Tie
Larve durften nicht von den Gesichtern
entfernt werden. Bis der erste Bogen
strich des Orchesters ertönte, ließen die
Sucher, der unvergleichliche Niemann,
die Pierson und noch Andere inmitten
des allgemeinen Beifalls iljre Kunst
bewundern. Tas Programm war er
schöpft, und der Kapellmeister harrte
nur des Zeichens der Hausfrau, um die
ersten Takle des einleitenden Walzers
zu intoniren. Zur selben Zeit war die
Herzogin von O . . . über eine junge
Frau geneigt, deren strenge Toilette
schwarz ir.it schwarz mit einer schwarzen
Iais-Stielerci. übcr welche kleine Tia
manten verstreut waren in ihrer vor
nehmen Eleganz und herrlichen Schön
hcit schon lange die allgemeine Bewnn
dcrnng erregt hatten. Walter Kampf,
dessen künstlenscher Enthusiasmus leicht
zu erregen war, hatte es nach klugem
Manövrircn inmitten der Menge so
weit gcbracht, daß er in die Nähe des
herrlichen und zugleich geheimnisvollen
Wesens gelangt war; denn zahlreiche
Freunde, die er troß der Verkleidung
erkannt und über die Fremde gefragt
hatte, hatten ihre absolute Unwissenheit
gestehen müssen. Er befand sich also
ziemlich in ihrer Nähe, als sich die Her
zogin übcr sie neigte, um mit ihr zu
reden, und vernahm folgendes Zwie
gespräch: Und Sie, meine Theure, wollen
uns nichts zum Besten geben?"
Seit zwei Jahren habe ich nicht ge
sungcn." Was verschlägt das, nachdem Sie
Ihrer Stimme sicher sind? Tas wäre
so originell, wenn Sie mit Ihrer
Maske, ohne, daß Jemand Sie kennt,
singen wollten ! Sie würden dieser
skeptischen und blasirten Menge einen
Schrei des Schreckens und dcr Bewun
derung.cntreißcn. wenn Sie jenes Herr
lichc Lamento singen würden, welches
mich, die ich es mir einmal vernommen
habe, für alle Zeiten zu Ihrer Bewnn--dercrin
und Verehrerin gemacht hat.
Es wäre ein großartiger Triumph, und
ich würde so stolz darauf sein."
Oh nein. Nicht doch. Und dann,
wozu auch?"
Wer weiß, meine Theure, ob dieser
Versuch nicht eine heilsame Erregung
in Ihnen hervorbringen, ob er nicht
diese Melancholie verscheuchen würde,
welche Sie umfangen hält, um uns die
heitere, lebcussrvhe Regine wieder
zugebe, die Sie vordem waren.
Widersprechen Sie nicht, sagen Sie gar
nichts; ich will die Meinung des ern
stcn. strengen Melchior einholen."
Auf ein Zeichen dcr Herzogin trat
ein hochgcwachscncr Mann, der das
reiche Kostüm- e;;;e$ ungarischen Mag
naten und eine schwarze Eammctlarve
vor dem Gesichte trug, und der mit
verschränkten Armen in der Nähe dcr
bcidcn Tarnen gestanden, mit einer
ernsten Verbeugung näher.
Nicht wahr. Melchior, es könnte
nur ein glückliches Resultat haben,
wenn die Fürstin singen wollte?"
Tcr Mann, den man mit dem Na
wen Melchior bezeichnet hatte, gab
einige Sekunden keine Antwort.
Ich glaube es, Herzogin." erwiderte
er endlich; dann sügte er hinzu:
Kommen Sie, Regine, ich werde Sie
begleiten."
Tie junge Frau erhob sich mit einer
Art schmerzlicher Resignation, während
sie murmelte:
Melchior, nehmen Sie sich in Acht;
das heißt den Himmel versuchen. Es
wird uns ein Unglück zustoßen !"
Ohne eine Antwort zn geben, legte
der Mann in dem ungarischen Mag
natcnkostüm den Arm dcr Tarne in den
scinigcn und führte sie an das Pia
nino, vor welchem er sich niederließ.
Ohne eine Sekunde des Zögcrns glitten
gleich darauf seine Finger übcr die
Tasten des Klaviers, und die Saiten
begannen zu klagen und zu vibriren in
einer stürmischen Einleitung, die aber
alsbald einer Reihenfolge von schweren,
ernsten Alkorden wich, welche, breit
und majestätisch gehalten, wie ein Ehor
aus der Geistcrwclt klangen.
' Ein Schauer der Ucbcrraschung licf
durch den weiten Raum. Tie im Hin
blick auf den nun zu beginnenden Tanz
gctrofienen Vorbereitungen wurden ab
gebrochen ; die Gesichter der Anwesen
den wandten sich dein unbekannten
Künstler zu, dcr mit solcher Meister
fchaft eine so machtvolle Harmonie
spielte. Ncugicrde und Erregung ober
erlangten ihre Höhepunkt, als man
neben dem verlarvtcn Klavierspieler
eine ebenfalls vcrlarvte Tame mit stolz
erhobenem Haupte von herrlichem
Wüchse, und strahlend in einer schmar
zcn. diamantcngeschmückten Toilette er
blickte.
Nun begann sie zn singen. Und die
sofort gezähmte, gcfeisklteMenge lauschte
in aihemloscm Schweigen. Ihre
Stimme, sonor wie Kristall und von
absoluter Reinheit, dabei warm und
ergreifend, drang bis in die Tiefe des
Herzens, um dort die widerstreitendsten
Empfindungen, die schmerzlichsten wie
lieblichsten, zu erwecken. Sie sang ein
Recitativ, voll, vibrircnd, von einer
seltenen Vollkommenheit, das, sammt
liche Register durchgehend, allmälig in
ein ruhiges und harmonisches Kanta
bile überging, und wie von Schmerz
und Verzweiflung gesättigt erschien.
Tas Tempo wurde allgemach ein rasche
ns und schlug endlich in ein leiden
schaftlMcs Alleoro über, bis derEturm
iiiii aller l".fnu:a lorach. sich wnd,
nngeienclt ausbreitete und endgiltig in
eiücr wunderbaren Melodie austollte,
die wie unterdrücktes Schluchzen aus
geaualtcr Menschendrust klang. Tie
Zuhörer waren überwältigt, athemlos,
und es wahrte eine volle Minute, bis
sie sich der Wirklichkeit bemußt wurden,
ihren Empsiud'.ingei!. ihrer Begciste
rung Ausdruck zu verleihen vermochten.
Toch als diese Minute verstrichen war,
durchbrauste ein Tonne? des Beifalls
die mächtigen Raume, welcher sich nur
legte, um von Neuern loszubrechen.
Und da eeeigucte sich ein ebenso uncr
warttter als inerlürdiger Vorfall. In
dcr Zwischenpause, welche die Beifalls'
salve von einander trennte, schmetterte
eine offenbar trefflich geschulte, helle
Tenorstimme mit überraschender Sicher
bcit den Schlußsatz jenes Lamentos,
dessen Melodie doch allen Anwesenden
unbekannt sein mußte, heraus, einen
ironischen, spottend klingenden Triller
an das Ende desselben fügend. Bei dem
Ton dieser Stimme stieß die maskirte
Sängerin, die erschöpft von ihrem Ge
fange, sich leicht an die Schulter des
ungarischen Begleiters lehnte, einen
Schrei des Schreckens und dcr Ueber
raschung ans. Fieberhaft erregt, richtete
sie sich auf, um enlsctzensvolle Blickes
die Versammlung zu mustern, worauf
sie taumelnd in die Arme Melchiors
sank, der sich erhoben hatte, um sie zu
stützen und zu beschirmen. Ter Zwi
schensall führte einen Tumult herbei.
Toch als man sich ein wenig beruhigt
hatte und sich zu erklären suchte, was
geschehen sei. waren Melchior und Rc
gine verschwunden. Zudem hatte die
Herzogin von O . . . dem Kapellmeister
ein Zeichen gegeben, und die ersten
Takte eines geräuschvollen Walzers zce
streuten die Gruppen und gaben den
Tänzern den Weg frei.
Walter Kampf war dcr ganzen Szene
mit gespanntem Interesse gefolgt. Er
zweifelte nicht daran, daß sich vor ihm
eine Szene irgend eines Dramas abgc
spielt hatte, dessen Geheimniß ihn reizte.
Doch wie dasselbe durchdringcn? Be
gierig, etwas in Erfahrung zu dringen,
befragte er alle Personen, deren er
irgend habhaft werden konnte. Tie
Antworten, die er erhielt, fielen wie
Vorher, so auch jctt sehr entmuthigend
aus. Auch der Siimme nach kannte
Niemand di: wunderbare Sängerin, die
sich soeben mit solchem Nachdruck Gel
tung verschafft hatte, und was den
Tenoristen betraf, der so leicht nno in
so merkwürdiger Weise das Echo ge
bildet, so hatte sich derselbe sofort in der
Menge verloren, und Niemand ver
mochie übcr ihn Auskunft z gebe.
ES war das eine höchst merkwürdige
und pikante Geschichte, die aber nicht zu
cuträthfeln war. Tie Herzogin hätte
die N'cugicrdc ihrer Gäste wohl befric
digcn können; doch bereitete sie den Zu
dringlichen, die sie übcr die mcrkwür
dige Begebenheit ansznforschcn suchten,
einen so schlechten Empfang, daß selbst
die Klatschsüchtigste sich abseits hielten
und es sich an bloßen Vermuthungen
genügen ließen.
Lange noch dachte Walter an dicscn
Abend, und seine Einbildungskraft
hatte dabei freien Spielraum. Aber
kein zuverlässiger Auhaltspunkt lieferte
ihm eine Grundlage für das Trama.
welches er sich zurecht legte. Wochen
und Monate vergingen, und sein Ge
dächtniß hatte nur mehr eine sehr
schwache, verschleierte Erinnerung an
den Vorfall bewahrt. ;
Tiefe Erinnerung nun war in al
ter erwacht, als er die junge Frau be
trachtete, die an seinem Arm hing, und
als er ihre harmonische, kristallhelle
Stimme vernahm.
Wie bereits erzählt, war sich die Un
bekannte trotz ihrer Schmerzen und dcr
Beschwerlichkeiten dcs Weges ungefähr
im Klaren übcr die Gedanken dcs jnn
gcn Mannes. Ein trauriges Lächeln
spielte um ihre Lippen, und sie unter
brach die Stille, indem sie. vielleicht
von einer geheimen Absicht geleitet,
sagte :
Sie kennen die Gegend Wahrschau
lieh genau und bewohnen dieselbe seit
langer Zeit?"
Seit vier Jahren, gnädige Iran.
Es ist dies ein friedliches, versteckt lic
gendes Fleckchen Erde, welches ich znfäl
lig entdeckt, und wo ich mich nieder
gelassen habe, um in aller Bcqucmlich
seit arbeiten zu können."
Ich." beeilte sie sich hinzuzufügen,
durchstreife jetzt zum ersten Mal dieses
Land. Es ist kaum einen Monat her,
daß ich hier wohne, und habe ich mich
hier angesiedelt, nachdem ich beinahe
volle acht Jahre außerhalb Teutsch
lauds zugebracht."
Acht Jahre !" rief Walter aus. dcr
seinen pathetischen Roman, den er ge
träumt, mit einem Male in tausend
Trümmern vor sich liegen sah. Nie
nials vermöchte ich so lange von mei
nein Lande abwesend zu bleiben."
Ich mußte es bleiben." erwiderte sie
einfach und, auf einen anderen Gegen
stand übergehend, sagte sie : Da Sie
so einsam inmitten des Waldes wohnen,
sind Sie wohl ein arger Menschen
feind?"
Durchaus nicht, glauben Sie es
mir. Mir scheint das Leben sehr schön
und gut, nur ein wenig zu geräuschvoll
zu sein, und da"
Sollten Sie vielleicht Schriftsteller
sein?"
Ach!"
Tas kommt einem Geständnisse
gleich. Sind Sie Journalist?"
Nein. Bei diesem Handwerk wird
man zu schlecht und skeptisch, und ich
möchte mir meinen Glauben und meine
Heiterkeit bewahren. Und dann ein
Journalist in der Tiefe dcs Waldes !"
So sind Sie Romanschriftsteller?"
Mit Vorliebe, gnädige Frau!"
Und Ihr Name?"
Walter Kampf."
Wirklich? Aber dann kenne ich Sie
ja schon seit langer Zeit, mein Herr,
und Sie haben an mir eine sehr treue
Leserin."
Waller, den nichtS so sehr in Ver
legenhcit setzte, als Komplimente, stot
terte einige unverständliche Worte und
war hochcrsreut, als man zu dcr Stelle
gelangte, wo sich das Pferd Sultan
überschlage hatte. Ta konnte e.r weni
Neu: do rli?kis Auderei'i kpreazcn.
Das Picrd stand züt'rns und mit
Schrnm bedeckt in einem dichten Ge
du'ch, in das es s" zu sagen von oben
hiiieineglitten war. und welches das
Thier mit seinen Harten Zweigen so
dicht umschlos:. daß es sich gar nicht be
wegen konnte.
Seien Sie ganz HeruHigt. gnädige
Frau." sagte Walter, Ihr Renner
scheint mir durchaus nicht ernstlich be
schädigt zu sein. Tie Aeste und Zweige
haben seinen Fall gemildert und mit
Ausnahme eiriger unbedeutender Ritze,
die sein glänzendes Fell kaum verletzten,
glaube ich, daß er heil und gesund ist.
Toch um ihn von hier zu befreien, wird
?j'iit hartes Stück Arbeit kosten."
Sie wollte an den Rand des Pfades
treten, um einige beruhigende Worte
an das Thier zu richten.
Bemühen Sie sich nicht, gnädige
Frau." fuhr Walter fort; ich werde
Ihrem Sultan sofort Hilfe senden. Ehe
eine Stunde vergeht, wird er befreit
und wieder in seinem Stalle sein"
Wie auf die geheime Frage zn ant
Worten, die in dem letzten Satze lag,
fügte die junge Frau hinzu :
Im Schlosse zu L bürg bei Frau
von Villemor."
Walter verneigte sich lächelnd.
Tamit setzten sie ihren Weg fort,
und zehn Minuten später waren sie vor
dem Rosenhaus angelangt.
Es war höchste Zeit, denn Fra von
Villemor war mit ihren Kräften zu
Ende und schwankte bedenklich aus den
Füßen, so daß Walter sie beinahe über
die zum Vorraum cmporsührcndc
Stufe tragen mußte.
' Tödtlich erschrocken eilte die gute
Amalie herbei.
' Mein Gott ! Herr Jesus!' Heilige
Jungfrau! Was ist geschehen? Welches
Unglück ! Die cirme Tame ! Und
Sie. Herr Kampf, i Ihnen nichts ge
schchcn? Sind Sie verwundet?"
Nein; es handelt sich überhaupt
nicht um mich."
Toch. doch sehen Sie nur hier,
dort Ihre Knie sind ja ganz blutig
Amalie!" verwies dcr junge Mann
sireng.
Sie gehorchte dcr Mahnung und be
mühte sich nunmehr sorgsam um Frau
von Villemor, welche 2t)altcr behutsam
in einem neben dem Fenster stehenden
großen Iautcnil untergebracht hatte.
Tie junge Frau ließ den schonen
Kopf kraftlos auf die Lehne des Sessels
sinken, und trotz ihres Muthes kamen
zwei Thränen zwischen ihre langen
schwarze Wimpern zum Borschein.
Sie leiden, gnädige Iran," mur
mclte Walter bewegt.
Es ist nichts," erwiderte sie lächelnd.
Wir schwachen Franc bcsilze nur
einen künstlich angefachten Muth, der
einige Minuten Stand hält, dann aber
gar bald entweicht und die Natur in
ihre Rechte treten läßt."
Sie rcichie ihm dik Hand und fügte
hinzu : Ich danke Ihnen von ganzem
Herzen, doch nnn will ich mich den
Handen Ihrer vortrefflichen Frau
Amalie überlassen."
Sie begleitete ihre Worte mit einem
so ausdrucksvollen Blick, daß er ganz
verwirrt war und mit den Worten zn
lücktrat: Meine liebe Amalie.- der Augenblick
ist da, um Tciue liebenswürdigen Ta
lcnte zu bethätigen. Bitte, thue Dein
Bestes."
Seien Sie ganz unbesorgt. Herr
Kampf, ich werde mich besser benehmen,
als diese allen Narren von Doktoren,
die stets bereit sind, den Menschen mit
Medikamenten zn füllen, deren einziges
Verdienst darin besteht, daß sie entsetz
lich theuer sind !"
Walter entfernte sich nun aus dem
Zimmer und begann draußen nach
einem kleinen Burschen zu rufen, den
er mit leichten Gartenarbeiten zu be
trauen pflegte. Nachdem er etwa zehn
mal: Anton ! Anton !" gerufen, er
hielt er endlich eine Antwort: Hier.
Herr Kampf, hier !"
Er blickte um sich, konnte aber Nie
wanden entdecken. Sonderbar !"
meinte er. Wo mag sich der Schlingel
versteckt haben? Anton !"
Hier, Herr Kampf, hier!"
Jetzt schien es ihm, als käme die
Stimme von oben. In dem Augenblick,
als er den Kopf emporhob, um sich
darüber klar zu werden, vernahm er ein
gewaltiges Rauschen wie von Baum-
blättern. Zweige trachten, und Anton
glitt mit crstannlichcr Schnelligkeit den
Stamm eines Birnbaumes hrrab. Dar
auf trat er mit verlegener Miene, die
Muße in der Hand, näher.
Ich habe Dir doch streng verboten,
auf die Bäume zu klettern," schalt Wal
ter. ..Was hast Tu oben gemacht?"
Ach. Herr, ein Nest von Amseln'
und eifrig fügte er hinzu, als könne es
nichts Interessanteres auf der Welt
geben: Tie Kleinen sind ganz roth.
Fünf sind's !"
Darum handelt es sich nicht. Gib
Acht, wenn ich Dich noch einmal dabei
erkappe! Tu wirst jetzt im Galopp
nach L bürg rennen, "
.Ja, Herr."
Wirst Deinem Vater sagen'
Ja, Herr."
Willst Tu ruhig zuhören, Schlin
gel?"
Ja, Herr.'
Tu wirst Deinem Vater sagen, er
möge zwei oder drei Personen mit sich
nehmen"
.Ja. Herr."
Und so rasch als möglich hierher
kommen, um ein Pferd zu befreien"
Ein Pferd. Herr?"
Walter faßte den kleinen Mann am
Ohr und sagte: Wenn Tu mich noch
einmal unterbrichst, so ziehe ich tüch-tig-'
Anton nickte zustimmend mit dem
Kopfe.
Dieses Pferd,' fuhr Malter fort,
hat sich unweit von hier im Walde
in einem dichten Gebüsch verfangen,
und sobald es befreit worden ist. wird
man es in das Schloß von L bürg z
Frau von Villemor bringen. Verstau,
den?"
Ein abermaliges zustimmendes Nicken
des Kopfes war die Antwort.
. ' Nachdem Tu dies besorgt, wirst Tu
u Herrn, EchulLe. dem Wagenvernzic-
xn:x; geiien mra t'am tagen, er mcge
Dir seinen besten Wagen anspannen
lassen und mitgeben. Tu wirst neben
dein Kutscher aufsteige und hierher
zurückkehren. Verstanden?"
Tcr Bursche nickle zum drillen Male
energisch, und da Walter sein Ohr si
gegeben, schlug er einen regelrechten
Purzelbaum und kreischte: . Hurrah!
Ich werde in einer Karosse sahren." Im
nächsten Moment war er verschwunden.
Und nun denke wir ei wenig an
uns selbst." sagte sich Waller. Ich
sehe aus wie ei Einbrecher, und es ist
t ringend geboten, ein wenig Toilette zu
machen."
9. Kapitel.
Als der junge Mann nach beendeter
Toilette sich in das Gemach begeben
wollte, wo Amalie dcr schönen Ver
wundcten alle ersordcrlichc Fürsorge
angcdcihen ließ, fand er die Thür halb
osse stehen. Er wollte bereits schüchtern
anklopfen, als er die Haushälterin
neben Frau von Villemor stehen sah,
die in kleinen Absätzen einen dampfen
den und wohlriechenden Thee zn sich
nahm.
Hebe!" machte sie. TicS thut
wolil, nicht wahr?"
.Gewiß, und ich fühle mich bereits
bedeutend besser. Wahrlich, liebe Frau
Amalie, Sie sind ein ganz vorzüglicher
Arzt, und Ihr Gebiet hatte Recht,
als er behauptete, Sie seien eine ebenso
liebenswürdige wie viclwissende Kran
kenpslegerin."
Er 'hat Ihnen also gesagt?"
Daß Sie die besten Heilmittel gegen
alle Krankheiten und Verletzungen wüß
len, und daß Ihrer Erfahrung nur
Ihre Güte gleichkomme. "
Der liebe Junge ! Er i't der beste
Mensch von der Welt, und er verdient
kö wohl, daß man ihn liebt"
Hier wurde Frau Amalie durch das
Zuschlagen einer Thür unterbrochen,
dem das Geräusch sehr laut auftretender
Schritte folgte. Walter war eS. dcr
unfreiwillig die begeisterte Lobrede fei
er alte Haushälterin vernommen
hatte und auf diese Weise seine An
Wesenheit kundgab. Nachdem er die Er
laubniß zum Eintreten erhalten, fragte
er:
Wie befinde!! Sie sieh, gnädige
Frau?"
Besser, bedeutend besser," erwiderte
Negine, mit einem hellen Blick ihre
Worte begleitend, dank der Fürsorge
dieser vortrefflichen Iran."
Walter vergaß ganz, eine Antwort
zn geben ; mit solcher Bewunderung
ruhten seine Augen auf diesem schönen
Wesen, dessen Wangen sich bereits mit
dem Roth des wiederkehrenden Lebens
färbten, und dessen Gestakt voll fügend
lich Frische in dem bequemen Sessel
ruhte.
ES freut mich von Herzen." mur
mclte ee endlich, daß dieser Unfall,
dcr die schrecklichste Folgen hätte habe
können, so glücklich abgelaufen ist.
Wahrlich, dieser Tag ist einer dcr schön
stcn meines Lebens"
Zugleich auch einer der aufgereg
testen." sügte Fra von Villemor hinzu.
Besteht denn das Leben nicht Hins
einer ununterbrochenen Kette vvnr
rcgunqcn? Wer die stärksten und besten
empfunden, hat am besten und längsten
gelebt."
Sie sind Philosoph?"
Zu beklagen ist Jedermann, der in
einem Winkel seiner Seele nicht ein
kleines Körnchen von Philosophie be
sitzt."
Da Sie dieser TenkunqZart hul
digcn, so beklage ich Sie nicht, sondern
will Ihnen ans ganzem Herzen für
Ihre Gastfreundschaft danken, zumal
ich mich bereits stark genug fühle"
Gemach." sagte Amalie : meiner
Ansicht nach bedürfen Sie noch eine
gute Stunde der Ruhe."
Um so schlimmer, denn ich könnte
nicht länacr bleiben, ohne Jemanden
sehr zu beunruhigen"
Jemanden?" fragte Walter unwill
kürlich; doch begriff er sofort, wie takt
los diese Frage sei, denn er biß sich in
die Lippen und wurdepurpurroth im
Gesichte, während Frau von Billcmor
hinzusetzte.:
Ja. ml reizendes kleines Mädchen
von sechs Jahren, hübsch und niedlich
wie ein Engel, die ihre Mutter, nüm-
lich mich, förmlich anbetet. Uebriqcns
hoffe ich, mein Herr, daß Sie reichlich
Gelegenheit haben werden, mit Frau
lein Irene dies ihr Name Bekannt,
fchaft zu schließen, und obwohl ic.'
gegenwärtig seh, einsam und zurück
gezogen lebe, wird es mich doch sehr
freuen, wenn Siez uns besuchen woll
tcn."
Walter vcnkMte sich lächelnd und
war innerlich enrzkickt von dieser licbens
würdigen Einladung, die ihm die Meg
lichkeit bot. seinen so hübsch begonnene
Roman fortzust'tzen.
.Wie werde ich aber nach Hause ge
langen?" fragte die junge Frau plöß
lich. Mein armer Sultan ist vielleicht
noch nicht"
O, ich habe für Alles gesorgt!" be
eilte sich Walter zu erwidern. Und
wenn mein kleiner Bote meinen Auftrag
entsprechend ausgeführt "
Herr Kampf ! Herr Kampf I" unter
brach , ihn von draußen die durchdrin
gende Stimme Antons.
Ta ist er schon. Nun werden wir
sofort wissen," fügte er hinzu und
öffnete die Thür, durch die jetzt der
kleine Bursche hereintrat, roth wie Pur
pur, und trinmphirender als ein Gene
ral, dcr einen entscheidenden Sieg
davongetragen.
Alles ist besorgt. Herr Kampf!' .
erklärte er stolz. Ihre Auftrüge sind
ausgeführt worden. Der große Eugen
und der Kärrner Stuck sind mit mei
nein Bat gegangen, um das Pferd
loszubringen. Und Herr Schultze ".
Hier brach Anton plötzlich ab. denn
er hatte die schöne Tame wahrgenom
ine' Trotz seiner ausnehmenden Wild
hcit wagte er nur in (Gegenwart solcher
Personen frei zu sprechen, mit denen er
schon länger bekannt war, und die An
Wesenheit einer Fremden machte seinem
Geplauder ein jäheS Ende. Er blickte
rathlos umher und brachte kein Wort
mehr bcrvcr.