Die Vlume dcr Rönizin. (5incr wahren Vkgibcnhkii nachcrähll von R. von ÄHIt'eld Gleuelanb. ES war zu Beginn der (KKt Jahre, als einungcr Japaner. Namens Na gova, zim Besuche der Harvardlni versitüt in den Ber. Staaten eintraf. Die Anftalt trug damals noch nicht den heutigen kosmopolitischen Anstrich, und eS war daher kein Wunder, daß die dortigen Studenten die neuen (Jornmi litonen auS dem Reiche der aufgehen den Sonne" mit Staunen und Interesse maßen. Nagoya bildete in der That auch einen merkwürdigen Gegensatz zu seinen amerikanischen Genossen. In mitten ihrer meist robust gebauten Ge stalten verschwand seine kleine, zierliche Figur fast ganz. Wer eZ aber glaubte, daß eS schmächtigen Körper des Japa nerS an Kraft und (Äemandtheit man gelte, der ward durch die geradezu ver bluffenden gymnastisch athletischen Kunststücke Nagoya's bald eines Beste ren belehrt. Sein eigenthümliches olivcnfarbigeS Gesicht, die frohl leuchtenden, kleinen Augen und der beinahe komisch in dem freundlichen Gesichte wirtende melancholische Zug gaben ihm etwas ungemcin Anziehen des. wie die weiche einschmeichelnde Stimme mit dem fremdartigen Accent einen Jeden sympathisch berührte. Da Nagoya außerdem stets guter Dinge war und sich gegen Jedermann zuvor kommend und gefällig erwies, so galt er bald als der ausgesprochene Liebling seiner Genossen. Sogar die alten gries arämigen Professoren konnten seinem lielzenswürdigen, offenen und charakter viMli Wesen nicht widerstehen und be vorzugten ihn offen vor Allen. Ob wohl so Nagoya mit seinen Altersge offen in dem denkbar besten Einver nehmen fand, bemerkte man bald mit Staunen, daß er lieber die Gesellschaft Älterer Männer aufsuchte. In dieser Hinsicht folgte der junge Japaner aller dingS nur den ihm von feinen hcimath lichen Behörden gegebenen Weisungen. Er war seitens der japanischen Regie rung an die Harvard-Universität ge sandt worden gemäß eines alten Brau chcs. dem zufolge junge Vertreter des höchsten japanischen Adels in die weite Welt geschickt wurden, um dort zum Nupcn und Frommen des japanischen Volkes Sitten und Gebräuche, Einrich tungcn und Erfindungen an Ort und Stelle zu studiren. Nagoya's bevor zugtcr Freund und Vertrauter war ein Professor Barnadini. der ihn in die Geheimnisse der Chemie und was sonst dazu gehörte, einweihte. Man sah die Beiden fast beständig beisammen, sei es experimentirend im Laboratorium, sei es vertieft in den reichen Bücherschatz der Universitäts-Bibliothck. sei es bota nisirend auf einsamen Gängen durch Wald und Flur. In kurzer Zeit hatte sich das Verhältniß zwischen den Beiden so innig gestaltet, daß der Professor dem jungen Japaner vorschlug, den Rest seiner Studientage in seinem Hause zu verbringen und sich dort ganz als ein Mitglied seiner Familie zu be trachtet, ein Anerbieten, das Nagoya dankbar annahm. Auf diese Weise ward ihm eine noch beffere Gelegenheit geboten, sich in die Geistes und Gedan icnwclt des Volkes hinein zu leben, dessen Sitten und Gebräuche er studiren sollte. Das Familienleben im Pro fcssorenhause war das denkbar glück lichste und bot viele Anregungen für Geist und Gemüth. Die Familie be stand aus dem Hausherrn, dessen Gattin, einer feingebildetcn Amerika nerin und drei Kindern, welche unge fähr in demselben Alter wie Nagoya standen und bald dessen Busenfreunde wurden. Die beiden Aeltesten waren Jünglinge: Nagoya's Studiengenossen, ein paar offene ehrliche Burschen, voll von jugendlichem Enthusiasmus und von ungemein lebhaftem Temperament. Die Tritte im Bunde war ein reizendes kleines Mädchen im Alter von zwölf Jahren, Regina mit Rainen. daS Nest tüken der Familie, ein schelmischer klei ner Kobold, mit großen schwarzen Au gen. langen Haarflechten und noch im kurzen Kleidchen. Regina herrschte in der Familie als unumschränkter Autokrat' und tyran nisirte sämmtliche Mitglieder des Haushaltes mit einem Despotismus, welcher den jungen Japaner, der nur gewohnt an das unterthänige Wesen o'n.lischcn Frauen, in Helles Stau Mk setzte. Mehr als vier Jahre lebte Nagoya in diesem glücklichen Kreise, und mit jedem Tage wuchs seine Anhänglichkeit und Zuneigung zu seinen neuen Ge schwistcrn. Er war ein aufrichtiger Verehrer des Bernadini'schcn Ehepaa res, der ständige und treue Begleiter der beiden Söhne, während Regina je nun. Nagoya hatte schon längst auf gehört, sich über die Huldigungen zu wundern, die der kleinen Herrscherin in ihrem beschränkten Reiche zu Theil wurden. Ja. er konnte sich dem inne ren Gefühle nicht verschließen, welches ihm sagte, daß er die kleine Regina Bernadini trotz ihrer jungen Jahre lei denschaftlich liebte. Nagoya kam aus einem Lande, wo sich die Menschen be rcits in den Kinderschuhen hcirathen. So sah er nichts Außergewöhnliches in feiner Neigung und wiegte sich bereits in der süßen Hoffnung, in Bälde Re gina als sein junges Weib nach dem Lande der ..aufgehenden Sonne" heim führen zu können. Bernadini's hatten natürlich nicht die leiseste Ahnung von der heimlichen Leidenschaft des jungen Der SgnniagMj't. Jahrgang 20. Beilage zum Nebraska Staats-Anzeiger. No. 9. Orientalen. Ihnen erschienen die zar ten Aufmerksamkeiten, die Liebestän deleien. die sinnigen Angebinde, die ihre junge Tochter von Nagoya empsing und annahm, lediglich als Zeichen ge genfeitiger Zuneigung. So schlug eS gleich einer Bombe in daS professorliche Familienleben ein. als Nagoya einige Wochen vor seiner endgültigen Heim reise dem Professor sein Liedesgeheim nitz offenbarte und in ernstem Tone Regina zum Weibe begehrte. Selbstverständlich ward der Antrag abgewiesen. In festen, aber wohlmol lenden Worten setzte Bernadini seinem Zöglinge die Sachlage auseinander; wie es den amerikanischen Sitten und Gebräuchen widerspreche, in solch' jugendlichem Alter bereits zu ehelichen, und daß Regina in ihrer kindlichen Un schuld wohl Freundschaft für ihn hege, daß aber von einer Liebe zu ihm sicher lich nicht die Rede sein könnte. Mit bewunderungswürdiger Gelassenheit nahm Nagoya diese Erklärung auf, jedoch von der Zeit an bemächtigte sich seiner eine tiefe Niedergeschlagenheit. Sein sonst so elastischer Gang ward matt und schlaff, man hörte nicht mehr sein fröhliches, sorglose? Lachen, so daß seine Freunde schon fürchteten, feine gänzliche Apathie würde schließlich mit einem körperlichen und geistigen Zu sammenbruche enden. Doch sie kannten Nagoya's Willens stärke nicht, jedenfalls unterschätzten sie diese bei Weitem. Während des Restes seines Aufenthalts ging der junge Japaner mechanisch seinen gewohnten Obliegenheiten nach. Aber allen seinen Bewegungen. Handlungen und Thätig leiten fehlte es an Enthusiasmus. Liebe zur Sache, wie zuvor; nur daS Pflicht gefühl trieb ihn noch zu Allem an. Am Tage seiner Abreise wanderte Nagoya noch einmal durch den Bernadini'schcn Garten, in welchem er so manche frohe und glückliche Stunde genossen hatte. An einer scharfen Biegung des Weges sah er sich plötzlich Regina gegenüber, die sich nachlässig in einer Hängematte hin und herwiegte. Sie war in duf tiges Weiß gekleidet. Eine geschmack volle Kappe bedeckte die widerspenstigen Locken, ihre dunklen Augen starrten träumerisch durch das Laub der Bäume zum azurblauen Himmel. Als Nagoya sich ihr näherte, blickte sie ihm halb neugierig, halb mitleidig entgegen. ..Bleib' ruhig liegen." klang es sanft von des Japaners Lippen, ich komme zu Dir, um Dir nur ein Wort, nur eins zu sagen. Lebe wohl, Regina! Bald verläßt Dich Nagoya. Ach. mein Land der aufgehenden Sonne" wird ohne Dich. Regina, für mich zum Lande der untergegangenen Sonne" werden. Ein Angebinde lasse ich Dir zurück, ein Samenkorn unserer königlichen Blume, des Chrysanthemums. Niemandem offenbare, daß Du es von mir erhieltest, denn es ist von dem C hrysanthemum der Königin, und Derjenige, welcher den Samen einem Fremden überläßt, ist dem Tode verfallen. Gieb der gezcitig ten Blume Deinen Namen, Regina Du, meine Königin. Wenn die Knospen kommen und aufbrechen, dann denke daran, daß Nagoya's Liebe zu Dir nie ersterben, sondern wachsen wird, wachsen und blühen für immer. Und nun lebe wohl, Regina, meine Königin'." Er drückte ihr ein kleines Packetchen mit Samenkörnern sanft in die Hand und wandte sich von bannen. In jener Nacht verließ Nogoya Ame rika. um nie wieder dorthin zurückzu kehren. Als im nächsten Jahre das Samen korn dem Schooße der Erde übergeben war und bald darauf ein riesiges rosafarbenes Chrysanthemum zeitigte, da nannte sie Regina so, wie Nagoya es ihr geheißen hatte. Bald war die Regina Chrysanthemum" die schönste ihrer Art, das Wunder der Saison. Von Nah' und Fern kamen Liebhaber herbei geeilt, um die Pracht der Regina" zu bewundern. Allen miß begierigen Fragen, woher die Pracht bliime stamme, ging Regina stets aus dem Wege, allzeit eingedenk des Ge heimnisses, das sich mit der Blume ver knüpfte, die jetzt so herrlich blühte. Und sie dachte wehmüthig an den Tag zurück, da sich Nagoya in so rührender Weise von ihr verabschiedte, und sie wisperte mit einem unterdrückten Seuf zer: Armer Nagoya!" Sieben Jahre darauf hcirathcte Regina, doch in ihrem ehelichen Glücke vergaß sie nie ihres fernen Freundes. Als sie das elterliche Haus verließ und ihrem Auserwählten folgte, bestand sie fest darauf, daß ihre neue Hcumath den Namen Chrysanthemum Heim" er hielt. Eine der ersten Geschichten, die ihr kleiner Sohn Jobn Ambrose von ihren mütterlichen Lippen vernahm, war die von dem jungen Orientalen, der einst in ihrer Madchenzeit ihr Spielgefährte und Busenfreund ge wesen war. Kein Märchen gefiel dem John Ambrose so gut. als die Erzäh lung von Nagoya und seinem merk würdigen Patcrlande jenseits deS wei ten stillen Meeres. Es war zu Beginn des letzten chine sisch-japanischen Krieges. In seinem Privatzimmer faß ' der japanische Siogoon. der Kriegsminister, und hörte dem Vortrage eines Beamten zu. wel cher ihm das Gnadengesuch eines zum Tode verurtheiltcn Gefangenen über reichte. Der Gesctzübertreter, ein ame rikanischer Kadet. stand unter der An klage, heimlich den Chinesen geholfen zu haben, und sein Schicksal lag nun in den Händen des Siogoons. Schon hatte der strenge, unnachsichtliche Mini ster das Todesurtheil bestätigt, als er mechanisch den Brief öffnete, welchen ihm der Gefangene sandte. Plötzlich verzog sich das Gesicht deZ Allgewalti gen in seelischem Schmerze. Aus der Hülle deS Seidenpapiers fielen das be reits etwas verblaßte Bild eines kleinen Mädchens, sowie mehrere Chrysanthe mumkörner heraus. In tiefer Ehr. furcht beugte sich der Siogoon über die Photographie und drückte bebend seine Lippen auf sie. Nachdem er auf der Rückseite des Bildes die herzlichen Worte gelesen hatte, mit welchen Regina ihren Sohn ihrem alten Jugendfreunde und einstigen Spielgefährten empfahl, da wandte er sich an den Beamten: Varmetto. sorgt dafür, daß der Ge fangene sofort, sofort sage ich, entlas sen und vor mich geführt wird! Hört Ihr? Sofort, ich will es so!" Einige Augenblicke saß Nagoya tief in Gedanker. versunken da. Vor seinen geistigen Augen zogen wohl die sorg losen, froh verbrachten Tage vorüber, die er vor beinahe einem Menschenalter in der Bernardini'schen Familie verlebt hatte. Tann fuhr er sich mit der Hand energisch über die hohe Tenkerftirn, als wollte er die Jugendbilder, die ihn von seiner Arbeit abhielten, fortwischen, und fein Gesicht nahm wieder den geschäft lichen, strengen Ausdruck an. Fünf Stünden später las er mit voll ständiger Selbstbeherrschung die Kabel depesche, in welcher ihm ein Mutterherz, so lange geängstigt durch das Schweigen ihres in der Ferne weilenden Sohnes, den tiefsinnigsten Tank für die Rettung ihres Einzigen aussprach. Neben ihm stand John Ambrose. Seine Augen, welche so ganz denen der Mutter glichen, waren in heißer Dankbarkeit auf den großmüthigen Mann gerichtet. Ob wohl Mutter und Sohn ahnten, daß mehrere Tage ein Bild und ein Päckchen mit Samenkörnern auf dem Herzen Nagoya's lagen, auf jenem ge duldigen Herzen, in welchem, wie Na goya einst versprochen hatte, die Liebe für Regina nie versiegen, sondern ewig, ewig wachsen würde? So hatte das Samenkorn, das vor vielen Jahren in einem amerikanischen Garten gesüet worden war, im fernen Lande der aufgehenden Sonne" seine prachtvollen Blümen gezeitigt. Zwischen zwei feuern. Hioeske aus dein österreichischen Dorf leben. In Rohrbach war Feuerwehrfest. Die dortige Feuerwehr beging das fünf undzwanzigjährige Jubiläum ihres Be stchens. Der Aufmarsch mit Musik, die Parade, das Amt der Kirche, die üblichen Ansprachen und der Frühschop pen waren vorüber. Die Helden des Tages saßen im schattigen Garten des Gasthauses Zum goldenen Lamm" und ließen sich Speise und Trank nach Herzenslust schmecken. Nur einer von der Tafelrunde, der Oberlehrer Hörmann, that dies nicht, trotzdem auch ihm sehr heiß war. Er hatte seinen guten Grund dazu, denn was ihn heiß machte, war die Tischrede, die er halten wollte, und immer wieder im Stillen memorirte. Zu seiner großen Befriedigung hatte er sie sehr gut inne und brannte darauf, sie von Stapel lassen zu können. Als der Kalbsbraten unter Dach gebracht wor den war, schien ihm endlich der richtige Zeitpunkt da. Er erhob sich und schlug an sein (Aas. In pathetischem Brust tone begann er: Meine hochverehrten Herren und Mitbürger! Wohlthätig ist'dcs Feuers Macht, Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht; Doch furchtbar wird die Himmclskraft, Wenn sie der Fesseln sich entrafft, Einhertritt auf der eig'nen Spur, Die freie Tochter der Natur. Wie unübertrefflich hat unser un sterblicher Schiller mit diesen wunder baren Worten die furchtbare Macht des entfesselten Elementes geschildert ! Für wahr, liebe Freunde, das Feiur ist eine furchtbare Macht !" Und nun begann der Herr Oberlch- rer, der als eifriger Wagnerianer auf die sorgsam ausgewählten Alliterationen seiner Worte ganz stolz war. auch sei nerseits die Schrecken des Feuers zu schildern, und zwar mit Hilfe zahl reicher Reminiszenzcn auZ der Glocke" und fuhr dann fort: .Ja. meine Her ren, nicht die Soldaten, nein, wir sind die wahren Helden der Pflicht !" Nach diesen mit großer Emphase ge sprochencn Worten machte der Redner eine Pause und forschte bei dieser Gele genheit nach dem Eindruck seiner Worte. Er durfte zufrieden sein, denn auf den Gesichtern der Anwesenden glänzte die höchste Befriedigung und vollauf befriedigt wollte er in seiner Rede fort fahren, da wurde draußen lebhaftes Turcheinanderrufen laut. Gleich dar auf kam der Wirth hereingestürzt. Es brennt!" rief er athemlos. Es brennt !" Dieses Wort wirkte auf die Tafel runde wie ein kalter Wasserstrahl. Einige blieben erstarrt sitzen, die an deren sprangen bestürzt auf. Feuer?! Gerade jetzt, wo sie so behaglich beisam men saßen, wo die Kellnerin und ein Kellnerbursche eben das Hauptgericht auftrugen: zwei mächtige Schüsseln mit jungen Rebhühnern, deren appetitlicher Duft verheißend ihren Nasen schmei chelte! Und diesen Leckerbissen sollten sie im Stiche lassen, sollten in die glühende Mittagssonne hinaus, weiß Gott wohin, und sich im Schweiße ihres Angesichts abrackern, dem stickigen Rauchqualm und sengenden Flammen und, stürzen den Balken aussetzen! Das war doch wirklich zu dumm! Wenn eZ doch wenigstens nicht allzu nahe brannte, fodaß sie eine Ausrede hatten, nicht hinzufahren! Aber zu ihrem großen Kummer hieß es jetzt, daß es in Neudorf brenne, also kaum eine Stunde weit. Immerhin suchten sie sich im Stillen damit zu trösten, daß dies ein Irrthum sein könne, zumal, da Brände über ihre Entfernung arg zu täuschen pflegen. Es galt, sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen. Alles strömte hinaus, unter den letz ten der Bäckermeister Hinterleithner, der die Würde des Kommandanten der Feuerwehr bekleidete. Mit einem schweren Seüfzer'hob er seinen umfang reichen Leib vom Sessel und verließ den Tisch mit einem schmerzlichen Abschieds blick auf die duftenden, gebräunten Rebhühner. Alsdann, wo brennt's?" rief er zu einem seiner Mannschaft" hinauf, der, die Hand schirmartig vor die Augen ge legt, von der Anhöhe nach der Feuer statte spähte. In Neudorf," lautete die wenig tröstliche Antwort, 's is das oanschich tige Häusl ober der Kirchen." - Zum Henker, könnt's denn nct a anderstwo , brennen!" brummte der Kommandant zornig vor sich hin. Jetzt blieb nichts Anderes übrig, als anspan nen zu lassen. Da aber trat der Vizekommandant vor. der Fleischhauer Hillinger, und er klärte, seine Pferde, die im Bedarfsfalle für die Spritze bestimmt waren, feien nicht zur Stelle, er habe sie, wie er das oft zu thun pflegte, zu einer Lohnfuhre hergegeben. Das is aber wirkli z'wider, sehr z'wider!" bemerkte d& Kommandant kopfschüttelnd und bemüht, ein ernstes, strenges Gesicht zu machen, während ihm das Herz im Leibe hüpfte. Oh, das macht nix!" rief der unter nchmungslustige Schneidergesell, der Herr Schöpft leiht uns g'wiß seine Röer. nit wahr. Herr Schöpft?" Der also Angesprochene, der Wirth Zum weißen Roß," bee.ilte sich jedoch, mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns zu erklären, daß sein Sattclpfcrd schon seit mehreren Tagen lahm gehe. Ja, was thun mer denn nachher?" Wieder wußte der thatenlustige Schneider einen Rath: Gehn me zum Hampel," rief er in seinem böhmischen Dialekt, der leiht uns seine Rösscr, schwind, gehn me!" Was?" entgcnete der Komman dant, durch die Hartnäckigkeit des Menschen erbittert: Der Hampel soll uns d' Rösscr leihen! Sie san, mir scheint, nit rccht g'schcit!" Und die übrigen gaben ihm recht, denn Hampel war ein persönlicher Feind des Kom Mandanten. Während der sich hierbei entwickeln den lebhaften Debatte fuhr der Arzt von Rohrbach mit seinen weitbekannten zwei Schimmeln daher und machte bei den Streitenden Halt. Na, was macht's denn da?" rief er. Warum fahrt's denn nicht nach Neu dorf. Bis Ihr hinkommt, giebt's ja nix mehr zu löschen!" Mir haben keine Rösser, Herr Tok tor," erwiderte der Kommandant und berichtete des näheren über diese Ange lcgenhcit. Ta fragte der Doktor: Soll ich Euch vielleicht meine Pferd' geben?" Allseitige Bestürzung, verdutzte und verlegene Gesichter folgten dieser uncr warteten Frage. So ziemlich jeder hatte sich im Stillen schon der Hoff nung hingegeben, jetzt zu den Red Hühnern zurückkehren zu können, und nun mußte auch gerade dieser Malefez Doktor sein Erscheinen machen. Aber der Kommandant schien der Situation gewachsen, er sagte: Es wär' ja sehr schön, wenn S' so freund lich wären, Herr Toktor, aber es geht halt nit. die Rösser da san' zu schwach für die schwere Spritzen." Ach was! Ich übernehm schon die Verantwortung, braucht's Euch nicht zu sorgen um die Pferd', g'schieht ihnen was. so ist das meine Sach'!" G'schwind, spannt's aus!" Toch niemand leistete dieser Aufforde rund Folge. Mit verlegenen Mienen standen alle stumm dabei. Ta rief der Toktor mit feinem kurzen, immer etwas spöttischen Auflachen: Mir scheint, ich möcht Euch da grad keinen großen Ge fallen erweisen. Na, könnt's ruhig fein: 's fallt mir gar nicht ein, daß ich Euch meine Pferd'ln lei; erstens brauch ich s' selber und zweitens ist's jetzt schon viel zu spät. Laßt's Euch nicht stören und: gute Unterhaltung beim Löschen!" Damit fuhr der Doktor davon. Die Zurückgebliebenen aber sahen einander nicht eben geistvoll an. Sie fühlten sich recht unbehaglich, die Worte des Doktors brannten sie wie Nesseln, und das ärgerte sie. Der Kommandant gab dieser Stimmung Ausdrnck. indem er bemerkte: An spaßiger Herr, der Doktor, mir scheint gar, er glaubt, wir wollen nit zum Feuer. So was! Als ob nicht jeder von uns mit Freud' hin möcht'! Aber was soll ma denn machen, wenn ma' kane Rösscr hat. Wo nix is, bat der Kaiser 's Recht verloren Na, is 's 'leicht nit wahr?" Er hatte die Genugthuung, daß die übrigen ganz seiner Meinung waren und über den Doktor loszuziehen be gannen. So schimpfte man fort, weil niemand es wagte, das erlösende Wort zu spre chen, das alle sehnlichst erwarteten: die Erinnerung an die verlassene Tafel. Endlich aber wurde die Sache dem Vizekommandanten zu dumm: I Maß aber wirklich nit, warum ma' da in der Sonne umanand stehen! Mit 'n Feuer is 's amol nix, alsdann gehn mer eini und essen mer weiter. I hoff', d' Frau Wirthin wird d' Rebhändeln schön warm g'stcllt haben! Uebrigens san f' alser kalter aa gut." Das große Wort war gesprochen nnd damit siel allen ein Stein vom Herzen. Eiligst begaben sich die Helden der Pflicht" zur verlassenen Tafel hinein, ließen sich's trefflich schmecken und lösch ten statt des Feuers ihren Durst, der durch die Hitze draußen und die über ständene Aufregung nicht geringer ge worden war. Sie leerten ihre Glüser um so fleißiger, als es galt, ein gewis ses Unbehagen hinabzuspülen, das die Worte des Doktors in ihnen zurückge lassen hatten. Es gelang ihnen vollständig. Nur Herr Hörmann, der Oberlehrer, konnte seine gute Laune nicht wieder finden, denn bei ihm kam der Groll über die Unterbrechung und Zerstörung seiner schönen Rede dazu. Und es wollte sich durchaus keine Gelegenheit ergeben, sie wieder aufzunehmen. So suchte er feinen Groll und sein Leid in Mal borger" zu ertränken und leerte fchwei gend Glas um Glas. Es waren nicht seine Beine, die ihn am Abend nach Hause brachten. Marquis Pauline. Ten in den vierziger Jahren am französischen Hofe bestellten englischen Gesandten v. Normandy nannte man in ganz Paris nickt anders als Marquis Pauline. Wie der hohe Beamte zu dicscmSpottnamen kam, darüber existirt folgende lustige Geschichte: Der Kaiser Napoleon der Tritte war ein großer Liebhaber von Pfändcrspie len und noch im vorgerückten Alter gab er sich zuweilen im engsten Krcift zu Compicgne oder Biarritz dieser Er götzlichkeit hin. Mit Vorliebe aber ward derselben in der Zeit feiner Prä sidcntschaft in den Räumen des Elysee Palastes gehuldigt und an keinem inti mcren Gcsellschaftsabend des damals noch unvcrmählten Oberhauptes der französischen Nation fehlte ein anregen des Pfänderspiel, an dem der hohe Gast geber selber eifrig theilnahm. Eines Abends ward das Errathen von Personen getrieben; die Reihe war eben an den Präsidenten gekommen. Vor seiner Verwandten, .der 'Prinzessin Pauliue Demidoff. mit verbundenen Augen knieend. hatte er die Aufgabe, die Persönlichkeit zu nennen, deren Hand die seinige berührte. In diesem Augenblick trat der englische Gesandte. Marquis of Normandy. in den Salon. Er begriff sofort, um was es sich han delte. glitt geräuschlos über den weichen Teppich und erfaßte leicht die Hand deS von seiner Gegenwart völlig ununter richteten Präsidenten. Napoleon hatte kaum die Berührung gespürt, als er in der Meinung, dieselbe sei von der Prinzessin ausgegangen, zuversichtlich ausrief: Ach. Pauline, ich kenne Ihre Hand!" Die allgemeine Heiterkeit, die dieser Erklärung folgte, ist leicht zu denken. Ader der Marquis selber sollte länger an den Folgen seines Scherzes tragen als der. dem er gegolten: Marquis Pauline" war feit jenem Abend der Spitzname des Gesandten in den enge ren Zirkeln deS HofeS. und daS: Pa'u line. ich kenne Ihre Hand." galt lange Zeit hkndurch als Stichwort bei allen möglichen und 'unmöglichen Veranlas sungen der Pariser Gesellschaft. chklmtnftreiche eines Papageis. Tie Londoner Millionärin Mrs. Mackay. genannt die Bonanza Königin", versorgte die an ihrem Hause vorübergehenden Leute kürzlich während ihrer Abwesenheit von England mit einer äußerst amüsanten Unterhaltung. An dem offenen Fenster ihre? Boudoirs in Charlton House Terrace hatie sie ei nen ihrer gefiederten Lieblinge, einen prächtigen grünen Papagei, aufgestellt, der mit seinem altklugen Geschwätz die Aufmerksamkeit aller Passanten auf sich lenkte. Eines Sonntags Nachmittags sam melte sich vor dem Hause eine so kolos sale Menschenmenge an, daß ein Polizist sich genöthigt sah, die Gaffer mit lauter Stimme zum Weitergehen anzutreiben. ' 'Move on !" rief der ergrimmte Schutz mann. "Move on!" wiederholte Pap chen zum allgemeinen Gaudium in krei schenken Tönen. Polly, wie viel Uhr ist es?" fragte ein Mann. Der Vogel wandte den Kopf nach dem Zimmer und schnarrte: Halb fünf. . .fünf. . ." Er hatte zufällig recht. Wie geht es deiner Mistreß?" erkundigte sich der Schreiber dieser Zeilen. "AU riglit, kommt bald zurück," entgegnete der Grünrock und ließ ein helles Lachen hö ren. Wie alt bist Tu, Polly?" in quirirte eine ältere junge" Tame. Weiß nicht, wie alt bist Tu, heh 1" laute die ungalante Antwort, die unter den Zuhörern allgemeine Heiterkeit er regte. Auf die Frage, welchen Wochen tag man habe, schrie der Papagei aus Leibeskräften: Sonntag! Geht beten! Ora pro nobis!" Darauf brach der gefiederte Halunke in ein unbändiges Lachen aus, das in hohem Grade an steckend wirkte und sogar dem finster dreinschauenden Hüter des Gesetzes ein Lächeln entlockte. Paneratius und ServatiuS, die gestrengen Herren im Monat Mai, hatten heuer auch in Teutschland die bekannte Maikühle im Gefolge. Wie sie auch dem alten Fritz", König Fried rich den Großen von Preußen, gegen über ihren Ruf behaupteten, beweist folgende wenig bekannte Anekdote: Ter alte Frch liebte seine Orangerie in Potsdam ungemcin. Im Jahre 1769 war das Wetter frühzeitig sehr schön und mild, und der König fragte feinen Gärtner, warum er die Orangerie noch nicht in's Freie gebracht habe. Eure Majestät," entgegncte der Gärtner, ehe Paneratius und Servatius nicht vorbei sind, ist das gefährlich." Possen," antwortete der König, was gehen mich PancraUus und Servatius an, bringe er die Gewächse nur heraus." Der Gärtner gehorchte, allein richtig mit dem Paneratius und Servatius trat auch Nachtfrost ein, der die Mehrzahl der Gewächse vernichtete. Als der Kö nig am Morgen des 12. Mai den Scha den sah. sagte er: Sein Servatius und Paneratius haben doch Recht. Ich sche wohl ein, daß ich künftig Respekt vor diesen Herren haben muß." Im Vramen. Aus den Studienjahren des vcrstor denen Dr. Eduard v. Simson, des späteren Reichsgcrichts-Präsidcnten, er zählt man sich folgendes lustiges Erleb niß: Simson stand eben im Begriff sein erstes Examen zu machen, als er unterwegs mit einem anderen Kandi daten der gleichen Absicht zusammen traf. Das Gespräch drehte sich nämlich um das Examen, wobei Simson's Kollege sich sehr besorgt wegen des .Pandekten rechts aussprach, da er sich darin ziem lich schwach wisse. Simson tröstete ihn mit dem Bemerken, er hoffe ihm behilf--lich zu können, wenn er in diesem Zweige vor ihm dran käme. Als ihm der Zufall hierin willfahrte und er sich als ein so tüchtiger Jurist zeigte, daß die erstaunten Examinatoren die Frage an ihn richteten, bei wem er seinen Un tcrricht darin genossen habe, antwortete er. auf seinen Kollegen weisend: Das wenige, daS ich davon verstehe, verdanke ich hier meinem Freunde." Natürlich verzichteten nun die Herren darauf, diesen zu prüfen, und beide bestanden das Examen glänzend. Aus der Schule. Lehrer: Was, Hans, Tu kannst nicht einmal solche Kleinigkeit fubtrahi ren? Also noch einmal: Wenn Tu 6 Bratwürste auf dem Teller bast und Tu ißt sie alle 0, was bleibt Tir denn noch übrig?" Schüler (herausplatzend): Das Sauerkraut dazu, Herr Lehrer."