i . Die Stiefel des yencftjianten. uir.ore8ie von ii)(rt von 241i4t. Ter erste Liebhaber und zugleich Bon itwr.t des -taditdeaterZ in der kleinen Prel'inzialstadt H. hatte deute sein Bert.pz. Nur wer die IheateroerliiUt nisse in einer kleinen Stadt kennt, weih, wie viel Hoffnungen an solchen 'Abend gcknupst werden. Tie Gage ist so ge ring, dak sie kaum zum Sattmzchcn reicht, selbst in den kühnsten Traumen kann Keiner daran denken, auch nur einen droschen für schlechte, engage mentZlose Zeiten zurückzulegen. Auf der Bühne Fürsten und Könige in mehr oder weniger glänzenden ttewändern. im Leben arme Teufel, die h!luftg tage, lang von trocken Brot und Wasser leben so leben sie in der Welt des Scheins und Seins. Man braucht da wirklich kein Verschwender zu sein, um mit der Gage nicht zu reichen, man ge räth in Schulden, und die einzige Hoff, nung. diese bezahlen zu könnend ist das Benefiz. Wie viel Hoffnung schließt dieser Abend in sich, aber auch wie viel bittere lnttäuschungen nie werde ich es vergessen, daß in der kleinen Stadt, in der ich lebte, die erste Liebhaberin einmal an ihrem lhrenabend fünfund zwanzig Pfennig ausgezahlt erhielt eine Tragik, die einer gewissen Komik nicht entbehrt. Ein so trauriges Resultat brauchte der erste Liebhaber Reimers nun nicht zu befürchten, denn er war ein wirklich guter Schausvielcr und, was noch mehr werth war, die Schwärmerei sammt' licher jungen Damen. Er war ein großer, hübscher Mensch von schlanker, eleganter Figur, mit einem jugend lichcn, frischen Gesicht, mit schmachten den, dunkeln Augen und dichten blon den Locken. Alles an ihm war hübsch, vur eins war häßlich, das waren seine Füße, die waren zu lang geworden, viel zu lang und leider auch zu breit. Er versuchte dieses Uebel dadurch zu verbergen, daß er stets Beinkleider trug, die sehr weit auf den Fuß fielen, in Salonrollen ging es. aber wenn er einmal in hohen Rciterstiefeln erschci ncn mußte, war der Anblick seiner Fortbcwegungsorgane weniger schön. Vielleicht wäre die Größe seiner Füße auch weniger aufgefallen, wenn er an- dcre Stiefel getragen hätte; er besaß nur ein einziges Paar, die er stets so wohl auf der Straße wie auf der Bühne trug, es waren Knöpfsticfel aus gewöhnlichem Leder mit breiter, sehr langer Lackspiße. Lacksticfel machen be kanntlich sehr leicht einen häßlichen Fuß ein unschöner Fuj; erscheint in Lackstiefeln doppelt und dreifach schcuß lieh. Reimers batte, wie gesagt, nur dieses eine Paar, und mußte er in hohen Stiefeln erscheinen, so zog er zu feinen Knöpfstiefeln ein Paar schwarz lederne, bis an das Knie reichende Gamaschen an, und fertig war die Verwandlung. Mit dieser Stiefelmctamorphose mußte Reimers auch in der Rolle, die er sich zu seinem Benefiz ausgewählt htte. auftreten. Nicht leicht ist die ZLahl eines Stückes für den Benefizian ten in einer kleinen Stadt ist daS Stück ganz unbekannt, so sagt sich Jeder: ,,DaI kennen wir nicht, wir wollen erst einmal abwarten, wie es ist." Ist das Stück alt, so sagt Jeder: Was. solch' altbekanntes Stück? Das haben wir ja schon einmal gesehen, dafür geben wir unser Geld nicht zum zweiten Male aus!" Das Resultat ist in beiden Fällen dasselbe: das Haus bleibt leer. Der Benefiziant kämpfte einen schwe ren Kampf, welche Rolle er wählen solle, bis er sich endlich für den wil den Reutlingen" in dem gleichnamigen Lustspiel von Moser und Trotha ent schloß. Geschickt verfaßte Notizen im Tageblatt erweckten die Neugier des Publikums, die erstaunten Bewohner des Städtchens lasen, daß Friedrich der Große in höchst eigener Person auf der Bühne erscheinen würde, Se. Majestät ' der Kaiker hatte dieses allergnädigst er laubt, ja es ging sogar das Gerücht, daß der Krückstock und die Uniform des alten Fritz aus dem Hoheiizollern-Mu seum entliehen feien. Reimers hatte sich in seiner Berechnung nicht geirrt, diese Notizen zogen und schon im Vor verkauf waren die sämmtlichen Plätze vergriffen. Der Herr Direktor rieb sich die Hände und der Benefiziant rieb sich den Magen dem sollte heute Abend ein doppeltes Beefsteak gut thun. Nach Abzug aller Kosten kamen auf seinen Antheil fast zweihundert Mark, so viel Geld hatte er seit einer Ewigkeit nicht gesehen, nun konnte er nicht nur einige drückende Schulden bezahlen, sondern auch seine Garderobe etwas auffrischen. Und dazu gehörte in erster Linie, daß seine Stiefel, deren Sohlen durchge laufen und deren Lackspitzen an den Seiten geplatzt waren, ausgebessert wurden. , Als er von der letzten Probe, auf der er von dem glänzenden Kasicnresultat gehört hatte, fortging, galt sein erster Besuch dem Schuster. Kann ich die Stiefel bis um 5 Uhr heute Nachmittag wieder in der Woh nung haben?" fragte Reimers, und der Schuster versprach, die Stiefel gleich aus der Wohnung des Schau spielers abholen zu lassen und sie späte stens um 4 Uhr schon fix und fertig zurückzuliefern. Aber die Stiefel waren weder um 4 Uhr noch um 5 Uhr wieder in der Wohnung, in der der Schauspieler er- Der Jahrgang 20. regt und beunruhigt in großen Filz schuhen aus und ad ging. Um 7 Ubr sing das Tbcater an. um 6 Uhr mußte er in der Garderode sein und jetzt war eS gleich j'! Uhr. Sein ertter Gedanke war, zu dem lsufler zu eilen und diesen zur Rede zu stellen, aber die Ausfubrung scheiterte daran daß er kein zweites Paar Stiefel anzu ziehen hatte. Er tonnte doch nicht in Socken über die Straße gehen aber in Morgcnschuhen: ja. wenn er noch ein Paar lederne gehabt hatte! aber seine waren aus Filz und dunkel konn ten sie sich der Zeit entsinnen, da auch sie einmal jung und schön gewesen waren. Es schlug halb sechs. In seiner Noth wandte er sich an seine Wirthin, eine hübsche stattliche Wittwe, die die Hälfte ihres Herzens an ihren Miether verloren batte, und diese, eine resolute Frau, versprach Hülfe: Das ist ja unerhört, Herr Rci mcrs. was Sie mir da sagen, aber wissen Sie was? Ich laufe schnell hin zum Schuster, es sind nur einige Schritte, und bringe Ihnen die Stiefel mit. verlassen Sie sich daraus." Sie eilte davon und nach einer guten Viertelstunde kam sie schon zurück Nein, aber so was, Herr Reimers Nee. ich habe dem Mann aber seinen Standpunkt klar gemacht, er hat Dinge von mir zu hören bekommen, Dinge. nee, d,e Rede, die ich ihm gehalten habe, steckt er sich nicht hinter den Spie gel !" Ich danke Ihnen, liebe ytaü Wirthin aber wo sind meine Stic sei?" Ja, das ist ja eben die Geschichte. die sind naturlich noch nicht fertig." Er rang verzweifelt die Hände: Aber liebste Frau, warum haben Sie die Stiefel denn nicht so mitgebracht, wie sie waren?" So wie sie waren?" fragte sie er staunt, ohne Sohlen? Was wollen Sie auf der Bühne mit ein Paar Stiefel ohne Sohlen?" Er taumelte zurück: Was, ohne Sohlen?" Ja." gab sie entrüstet zur Antwort. denken Sie sich nur, die hatten sie gerade in dem Augenblicke abgerissen. als ich kam, aber in einer Stunde sind sie fertig, er schickt sie in's Theater, er hat es mir geschworen und ich habe ge droht, ihm die Augen auszukratzen, wenn er nicht Wort hält; er kennt mich und weiß, daß ich in solchen Dingen nicht scherze." Das ist alles sehr schön und sehr gut, liebste, beste Frau," entgegnen der erregte Mime, aber was soll ich machen, ich muß jetzt in's Theater und ich habe keine Stiefel. Einen Augenblick dachte die Wittwe nach, dann sagte sie: Wisjen Sle was? Ziehen Sie sich Ihre Gummigaloschen an. es l t chon dunkel aus der Straße. es sieht kein Mensch, daß Sie keine Stiefel darin anhaben. Und im Uebri gen verlassen Sie sich auf mich, ich gehe, bevor ich in s Theater komme. noch einmal beim Schuster vor um dreiviertel auf sieben sind die Stiefel in Ihrer Garderobe." Ihre Garderobe", das klang sehr stolz und vornehm in Wirklichkeit aber war für die ganzen Herren nur eine einzige Garderobe da. und in dieser herrschte schon das reine Ameisengewim mel, als Reimers endlich erschien. Freundlich und herzlich wurde er von seinen Kollegen begrüßt, er war ja der Held des Abends, und alle hofften, daß er sie nach beendeter Vorstellung zu einem Glase Bier einladen würde.' Der einzige, der bereits mit der Toilette fertig war, war der alte Fritz", er trat zwar erst im letzten Akt auf, aber er wollte sich durch ein fleißiges Studium noch das Schnupfen, das Zuschlagen der Tabaksdose und den Gang des großen Königs mehr zu eigen machen. Endlich war auch der Letzte angezogen, die letzte Perrücke aufgesetzt, und alle Schauspieler standen auf der Bühne, einer nach dem anderen durch das Loch im Vorhang sehend. Kinder, ist das eine Fülle," sagte da die Soubrette, die den Fähnrich spielte, vor so viel Men sehen fernere ich mich ja in diesem Aus zug." und kokett drehte sie sich auf dm Absätzen, um sich in ihrer kleidsamen friedericianischen Uniform von allen Seiten bewundern zu lassen. Die Musik hatte ihren Marsch been det. das erste Klingelzeichen war ge geben, da stürzte der wilde Reut lingen" in voller Uniform,' aber, ohne Stiefel auf die Bühne. Um Gottes willen, noch nicht den Vorhang hoch, meine Stiefel sind noch beim Schuster!" Ein fürchterliches Halloh und Durch einander erfolgte. Ruhe," gebot der Direktor, ich ziehe jedem, der spricht, eine Mark von seiner Gage ab,' dann wandte er sich ris v j) Beilage zum Nebraska Staats-Slnzeiger. an den wildcn Reutling.cn': Ich ver linge Aufklarung." Tie wurde gegeben, aber damit waren die Stiesel noch nicht da. Der Direktor war ein Mann der That. Wo ist der Thcaterdiener? E soll sofort hinlaufen und die Stiefel holen." Der Theatcrdicner stürmte davon, und gleich darauf erschien im Orchester räum ein kleiner Junge und rief dem Leiter der Kapelle zu: Noch ein Stück Musik." Man hatte die Worte im ganzen Theater vernommen, und ein laute Halloh ertönte, als die Musik die blaue Donau" intonirte. Als der letzte Ton verhallt war, stürzte der Theaterdiener athcmloS auf die Bühne: Der Schuster sagt, die Stiefel müßten schon lange hier sein vor einer Viertelstunde hätte er seinen Laufburschen damit fortgeschickt." (sie mußten da sein, aber sie waren nicht da. Zwischen dem Direktor und dem Benefizianten fand eine Aussprache statt die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Das Publikum hörte das laute Sprechen auf der Bühne und fing an ungeduldig zu werden, und schnell zog der Direktor aus feiner Rocktasche die Glocke und klingelte zum zweiten Male Me aus jiommando wurde es rill im Zuschauerraum. Aber so haben Sie doch Mitleid." bat der Liebhaber. Sie können doch nicht anfangen lassen?" Soll ich etwa das Publikum wieder nach Hause schicken, das Entröe zurück zahlen, wo ich endlich einmal Kasse habe? Ich denke nicht daran gespielt wird, mit oder ohne Stiefel, die ganze Sache ist Ihre Schuld, warum sind Sie so eitel und wollen mit heilen Stiefeln kommen! Haben die kaputen es so lange gethan, hätten sie rmedlscute Abend noch gehalten. In den ersten scencn treten Sie ja nicht auf. sehen Sie zu. woher Sie bis dahin ein Paar -tiefe! haben, leihen Sie sich welche." Ader Mir passen doch keine an deren." jammerte der Aermste. Mir ganz egal." donnerte der Ge strenge, dann spielen Sie in Gummi schuhen oder machen Sie, nnStt wollen. Sie können aber lange war ren, vis ich Jpnen jemals wieder ein Benefiz bewillige! Wir fangen an. Auf die Plätze, eins, zwei, drei. 2or hang hoch!" In einer Stimmung, die nichts an- deres als Selbstmordgedanken aufkom- men ließ, lehnte der wilde Reutlmgen" an einer Coulisse. Was sollte werden? Wie sollte er vor das Publikum treten? Tie erste Scene war vorüber, immer näher kam der Augenblick, in dem er an der Spitze feiner Ofnziere in das Klo ster stürmen sollte, dessen Bewohner aus Furcht vor den Preußen gestoben waren und in dem nur eine junge Dame mit ihrer Zose zuruckblieb. Was sollte wer- denk Da, in der höchsten Noth kam ihm ein rettender Gedanke, und als er. von dem Beifall des Publikums begrüßt, auf der Scene erschien, stürmte er nicht, wie die Rolle es vorschreibt, wild herein. sondern er kam langsam, gestützt auf den Krückstock des alten Fritzen, einher- gegangen, die Fnße in Gummischuhen. die mit Tüchern umwickelt waren. Da erblickte er die junge, schöne Bewohnerin des Schlosses und improvisirend sagte er: Verzeiht, mein Fräulein, daß ich so vor Euch erscheine. Ich bin blesiirt, ich stürzte mit dem Pferde, verzeiht. wenn ich mich setze." Niemand ahnte im Publikum, was los war. Niemand kam auf den Gedan len. daß es sich um eine Improvisation handelte. Andächtige, theilnehmende Stille herrschte im Zufchauerraum. als sich der wilde Reutlingen" ächzend und stöhnend auf einen Sessel niederließ. Das hab ich gut gemacht." sprach er frohlockend zu sich selbst, und wollte eben mit dem von den Dichtern vorae- chricbenen Text beginnen da ertönte die Frage an sein Ohr: Herr Reimers, oll ich ihre Stiehl in die Garderobe bringen?" und neben ihm stand ein chusterzunge, feine heiß ersehnten tiefel in den Händen. Mit einem Schlage begriff das Publi- kum, um was es sich handelte, ein türm des Jubels brach los. und der Vorhang ging nieder, um sich nickt wieder zu heben. Das Geld wurde an der Kasse zurückgezahlt und dem armen Schauspieler blieb von feinem Benefiz weiter nichts, als ein paar neue Sohlen unter den tieseln. Zerstreut. Gattin: Das sage ich Dir. Adolf. mit der neuen Köchin halte ich's nicht lange aus. Ihre Leistungen stehen ge rade auf Null." Vrofenor: Reaumur oder Cd sius?" nitllfrtsK still's All Seil. f nie Ziadfahrcr humorcSke vsn T. Vlksa. Ich kaufe mir ein Rad. Wer Lust hat. sich auf das Eklatan teste von der Bosheit der leblosen Tinzc" zu überzeugen, dem rathe ich, hinzugehen und desgleichen zu thun. Ich bin noch heut fest überzeugt, daß mein Rad einen Willen hatte, denn was ich auch immer wollte, wir stimm ten niemals übercin. und jedesmal setzte das Rad feinen Willen durch und brachte mich, feinen unglücklichen Herrn, in die denkbarsten Ungclcgenheiten oder gab mich schonungslos der Lächerlichkeit preis. Schon während ich lernte, war ich der Abscheu meines Lehrers und die ganze Freude meiner Lerngenosscn. Nie ging es in der Rennbahn so lustig zu als wenn ich Stunde" hatte; die anderen konnten dann gewöhnlich nicht fahren, theils weil es lebensgefährlich war, theils weil sie wie eine Reihe boshafter Krähen an den Seiten herumsaßen und vor Lachen krächzten. Zwischen meinem Lehrer und mir begann dann eine für mich höchst peinliche Katzbalgerei, denn so wie er mich los ließ, fuhr ich sofort auf ihn zu und erreichte immer einen ungewollten Erfolg; entweder riß ich ihm den Rock vom Leibe oder fuhr ihm über die Zehen oder attackirte ihn trotz seines Flüchtens auf das Verabscheu ungswürdigste. Das heißt. der Tümon, mein Rad that dies alles, ich selbst hatte keinerlei Theil an der bösen That. Voll kommen zerknirscht und den Edlen im mer wieder um Verzeihung bittend, verließ ich dann die Bahn, verfolgt von dem schallenden Hohngelachter der Ge nossen und spicßruthenlaufend durch eme Reihe Zaungäste", welche, die Nasen platt an die Ästlöcher der Holz bude gedrückt, meine Niederlagen regi strirt hatten und sich grinsend in die eilen pufften, wenn ich durch sie hin- durch mußte. Sicher wäre ich der Sache bald über- driissig geworden, denn an meinem ganzen Leibe gab es kaum ein Fleckchen, daS von den Küssen der Mutter Erde nicht grasgrün oder violett geschimmert hätte, doch mich hielt ein starker Beweg gründ.. "0u est la fernrne?" ist ein bekanntes Juristenwort, und auch hier war -es eine Frau oder vielmehr ein Fräulein, um die ich täglich von neuem den Kampf mit dem Drachen wollte sagen Rade" aufnahm. Ella ra delte. Fast jeden Morgen fuhr sie auf einem blitzblanken, weiß lackirten Rade die Promenade hinaus, und ich, der im Ballsaal zu schüchtern gewesen war, mich der heimlich Angebeteten zu er klären, hoffte in der Ungezwungenheit und, dem Alleinfein in der Natur, mir ein Herz zu faffen. Vielleicht kam mir eine Gelegenheit dabei zu Hilfe, sie konnte fallen, und ich konnte sie auffan gen, sie konnte belästigt werden, und ich konnte sie befreien. Vorläufig aller dings fiel ich. und meine Kunst hätte ihr. statt Thränen der Angst zu trocknen, eher Thränen des Lachens entlockt. Aber das sollte schon alles anders werden. Alle Dinge haben ein Ende, also auch meine Lehrzeit. Nachdem ich in der Bahn leidlich fahren konnte und mein Probestück im Abenddämmern auf einsamer Landstraße leidlich bestanden, wurde ich losgelassen", allerdings mit dem dringenden Rath, noch wochenlang auf wenig belebten Wegen zu üben. An einem Sonnabcndmorqen im wunderschönen Monat Mai machte ich I meinen ersten Ausflug. In wehmüthiger Erinnerung an die ernsten Warnungen meines Lehrers wollte ich den sehr belebten Platz, in dessen Nähe ich wohnte, vermeiden und, hn nur seitwärts streifend, eine stille Gasse zur Ausfahrt benützen. Das wollte ich! Mein Rad aber wollte an ders, und zu meinem betrübten Erstau nen trug es mich mitten über den Platz. Wie Gott will," dachte ich erocbunqs- voll, wenn es mir nur gelingt, der Pferdebahn auszuweichen, dabei fuhr ch schon schnurgerade auf sie zu. es mußte rein mit Hexerei zugehen. Die Insassen des vollgestopften Wagens chrieen. der Kutscher vollführte mit Läuten einen Höllenspektakel, alles um- onst; Gott, ich wäre ia so gern ausqe- wichen; im nächsten Moment flog ich mit furchtbarer Vehemenz dem braven, dicken Schimmel, der vorgespannt war, an den Hals und hielt ihn fest um kammert. während ihm mein Rad in die Beine fuhr. Tie Leute schrieen. fluchten und verwünschten mich, der schimmcl, das brave Thier, stand zum Glück still, obgleich eS zitterte und bebte. der Kutscher fluchte, der Schaffner fluchte, und Beide pufften und knufften mich von dem Pferd weg und wieder auf die Beine. Tann fuhr der Wagen weiter, ein paar Radfahrer flogen mit No. 7. lachendem Alles heil?" an mir vor über, und die Umstehenden, . die mit Schimpfen, mißbilligendem Kopfschüt teln und verächtlichem Achselzucken sich reichlich bei der Affaire betheiligt hat ten, verzogen sich, nicht ohne mir an zügliche Redensarten nachzurufen. Ich saß auf und fuhr weiter. Diesmal ge lang es. in eine stillere Gasse zu ko'm men. O Gott, da öffnet sich plötzlich ein Thor, und wie eine Horde Wilder stürzt eine Schaar Schuljungen in die Freiheit. Wenn das mein Rad nur nicht übel nimmt! Ich fahre im schnell stcn Tempo, schon verklingt das Schreien und Johlen hinter mir. da mit elegantem Bogen fahre ich gerade über ein kleines weißbuntes Kätzchen, das zu Füßen eines unglaublich dicken Metz gcrmeisters friedlich im Sonnenschein spielte. Es mauzte blos noch einmal jämmcr lich, dann streckte es alle Viere von sich. Der Metzger sprach kein Wort. Er sah mich blos an. In diesem Blick sprach mehr Verachtung und Hohn als Bände ausdrücken könnten. Ich stand mit ab gezogener Mütze wie ein begossener Pu dcl vor ihm, die Ohren brannten mir vor Scham. Es thut mir schrecklich leid," stam melte ich. sch hab's wahrhaftig nicht mit Willen gethan " Wenn ma halt noch nit fahre kann, begann der Metzger. Ich kann, ich kann sehr gut," log ich frech. Aber die Sonne blendete mich, und da sah ich das Thicrchen nicht; sehen Sie so leid es mir auch ,st. lebendig kannlich das Miezcl nicht mehr machen; kommen Sie, tnnken Sie ne gute Flasche Wein niit mir, dann ver gesien wir das Malheur!" Der Metzger nickte mehrmals würde voll; viel sprechen schien seine Sache nicht. Tann band er die weiße Schürze ab, deutete auf ein Haus und nicinte zwinkernd: Ter Bärenwirth hat den besten!" Wir gingen also zum Bärenwirth. Ter Wein war hübsch theuer, aber we nigstens war er gut. Mein Dicker trank dreiviertel der Flasche und thaute dann etwas auf. Er meinte dann, nun müsse er wieder ins Geschäft, und er danke auch schön. Darauf schloß er ein, Auge, schlug mich derb auf die Schulter, und feinem Mund entquollen die denkwürdigen Worte: Wenn ma jetzt müßt', wem das lau sige Vieh gehört hätt'!" Was die Katze gehörte nicht Jh nen?" schrie ich. I wo!" meinte er gemüthlich. Jetzt macht halt, daß Ihr fortkommt, eh' Skandal wird, wenn der Eigenthü mer kommt." Geknickt bestieg ich mein Stahlroß; so was kann blos mir passiren. Drei Mark kostete der Wein. Abgesehen davon, daß mich nachher noch ein Schutz mann aufschrieb wegen todesgefähr lichen Fahrens" und daß ich in einen Korb Eier fiel, den ich mit sechs Mark zu bezahlen hatte (das Schimpfen der Eierfrau war gratis), kam ich ohne weiteren Unfall, endlich endlich! auf die freie Landstraße. Mein Rad hatte große Lust, die weißen Chausseesteine als Hindernisse zu betrachten und zu nehmen"; auch wollte es mich gern an den Ebereschen bäumen abladen. Ader diesmal setzte ich mannhaft mit schöner Energie mci nen Willen durch, und einen aanicn Kilometer fuhr ich ohne Abenteuer. Da sauste mir etwas entgegen. Sah ich recht? Ella auf ihrem Rad mit allen Zeichen des Entsetzens, den rothen Hut im Nacken. Und dann sah ich hinter den Büschen ein schnaubendes Ünge- yeuer. vas ne mit ge enktem aubt ver folgte. Der Bulle hatte den rothen Hut wohl übel genommen. Die große Ge- legenyelt war da! Ter Bulle nahm den neuen Gegner an, er pflanzte sich mit auswärts gestemmten Beinen auf und hielt mir, in der liebenswürdigen Ab sicht, mich zu spießen, die Hörner ent gegen. In diesem Augenblick war alles vergessen Liebe, Heldcnmuth, Ge lcgcnheit ich hatte nur einen Gedan kcn: Flucht. Schnell vorbei und ins Weite; mochte kommen was wollte. Das wollte ich, mein Rad wollte an ders. Es führte mich im tempo allegro kurios gerade dem fchnau benden Höllenrachen entgegen. Im nächsten Augenblick flog ich hoch in die Luft und landete im eleganten Bogen auf einem Ackerfeld. Von allen Seiten eilten Landleute zu Hilfe, und ibren vereinten Kräften qclana es. das mü- thcnde Thier zu fesseln, das unterdessen mein Rad als Fangball benutzt und es dann zertrampelt hatte: nett faft ?s aus. Nachdem sie den Bullen hatten, stell- ten sie sich bewundernd vnr muh Donnerwetter, das war aebuvst'." meinten sie mit höchster Anerkennung Mir war noch etwas dumm im Kov'f. deshalb blieb ich sitzen, auch als eine sZilante Okftalt herbeieilte, weinend bei mir niederkniete und mir tau'cndmal dankte, daß ich idr durch meinen tooes muthigen, tollkühnen Wagemuth (bicr spitzte iij die Obrer.! das Leben gerettet babe. In meinem Dusel drückte ich sie ans Herz und versicherte ihr, daß ich gern hundert Räder und bundekt Leben für sie hingeben würde. Sie küßte mich wieder, und stolz an EllaZ Arm hi:m pelte ich bis zum nächsten Ort. von wo uns ein Wagen als Brautpaar der Heimath zutrug. TaZ Rad war, Eott sei Tank, unreparirdar. Ella wollte nicht mehr fahren, sie hatte zu arge Angst ausgestanden. Ihr zu Liebe ver zichlctc auch ich. doch mein Ruf alZ schneidiger, tollkühner Fahrer steht feit dem fest. Im Besitz des lieblichsten Brautchens rufe ich allen Mitdrüdern ein jubelndes .All Heil!" zu. BtrfehttcS Kompliment. Auf einem Landgut bei Otteufen lebte um's Jabr 1720 ein Herr Eber bard Ludwig Schlaaf. Millionär und Tiplomat, der allerdings von der feinen Lebensart, welche den Vertretern dieses Berufes eigen zu sein pflegt, wenig ad bekommen hatte, vielmehr den besten Beweis dafür lieferte, daß es schon zu Beginn des vorigen Jahrhunderts nicht an jener Kategorie von Menschen man gelte, die man mit der Bezeichnung Knallprotz" zu belegen pflegt. Nur durch Geld und Ambition war es ihm denn auch schließlich gelungen, zur Würde eines Kurhannövcrschen Residen ten emporzusteigen; ein Amt. das ihn veranlaßte, ein geräuschvolles, großes HauS zu machen, und eines Tages auch einen wirklichen Schleswig Holstein! schcn Herzog an seine Tafel führte. Tiefe Ehrung brachte den braven Diplo maten gänzlich aus dem Häuschen. Was an feinsten Weinen und berühm ten Virtuosen zu haben war, wurde zur Stelle gebracht; Herr Eberhard Ludwig Schlaaf schalt mit der Dienerschaft und zwar nicht nur vor, sondern auch nach der Tafel, daß es eine Art hatte; sprach dabei aber in seiner Herzens freude dem Wein so eifrig zu, daß er beim dritten Gang bereits ziemlich be rauscht war. . Indessen dergleichen war man bei dem Residenten schon gewöhnt; und überdies wurde die Aufmerksamkeit von seiner Person abgelenkt, als der vierte Gang aufgetragen wurde. Dies war ein Spanferkel, 'dessen Kopf über und über mit den Juwelen der Frau Resident! behängt war. Schlaaf wollte damit der Herzogin, der einzigen Dame, welche Diamanten trug, eine Artigkeit erweisen, zugleich aber wohl zeigen, daß er der Mann sei, der so was machen konnte. Das dckorirte Spanferkel wurde vor der Herzogin auf den Tisch gesetzt und gleichzeitig intonirte die Musik die schöne Arie Wie hold lächelt dein Ebenbild". Da erhob sich in der Gesellschaft ein stürmisches Gelächter, in das Herr Eberhard einstimmte, ohne eigentlich zu wissen, warum man lachte. Auch wurden feiner und feiner Gattin Gesichter bedenklich lang, als ein Gast, der den Schalk im Nacken hatte, das große Tranchirmesser nahm, den kost- baren Kopf des Ferkels vom Rumpf trennte und ihn sammt Juwelen auf das Zimmer der Herzogin zu bringen befahl, für welche, wie er liebenswürdig zur frrau Residentin meinte, das Ge- schenk la wohl bestimmt fei. Das Her- zogspaar weidete sich eine Zeit lang an der Verlegenheit seiner Gastgeber; dann aber ließ die Herzogin den Schweins köpf der rechtmäßigen Eigenthümern: der Perlen und Diamanten wieder zu stellen. Eberhard Ludwig Schlaaf und seine Gattin aber hatten seitdem eine ausgesprochene Antipathie gegen ge bratcne Spanferkel. Vom schönen Rhein. Durch meine stillen Traume zieht Das Bild vom schönen Rhein. ' Und es umlächelt mein Gemüth Wie lieber Sonnenschein. Ich seh', die Burgen, wie sie fchau'n In seine blaue Fluth, Der Wand'rer zieht im Abendgrau'n Vorbei mit frischem Muth. Auf gold'ne Frucht die Sonne lacht. Des Winzers Büchse knallt, Und in der blauen Himmclspracht Der Lerche Lied erschallt. Dazwischen klingt gar wunderbar DaS Lied der Lorelei Der Schiffer sieht nicht die Gefahr, Sein Schifflein springt entzwei. Tie Jungfrau aber märchenschön, Sie singt noch immerfort Noch manchen sieht sie untergehn Durch ihr bezaubernd Wort. So nah'n im schönsten Zaubcrlicht Mir Bilder, wundersüß. O Rhein. Du alter, grolle nicht. Daß ich Dich jetzt verließ! Fred Bühler. Aul Frau A. Führt ihren angetrunkenen Mann, welcher Ernst heißt, nach Hause. Frau B. begegnet ihr und frägt: Nanu, ist das' wirklich Dein Mann?" Frau A: Ja. es ist mein voller Ernst!" Poesie unS Prosa. Sie: 0, wenn ich die Schwingen eines Vogels be atze! Er: ..Ach, wünsche Dir das nicht! Wenn Du welche hättest, würde sie wahrscheinlich eine Andere balg auf ihrem Hut tragen."