X tl Der P r j o 4 1 8 von i )t- T .Für einen armen Bünden, bitte!" (in alter Wachtelhund richtete sich dann auf seinen Hinterpfoten auf und machte schön, um die Aufmerksamkeit der Passanten zu erregen, oder um sie zu rühren-, ein llmgendeZ Geräusch her niederfallenden ÖelvtJ liefe sich dann vernebinen, und der alt? Vtinde mur melte: Tank, mein guter Herr, Tank!" Von der Börse, die etwa hundert PArit ,ntiernt laa. drana ein heftiger Lärm in ruckweise Lauten zu den Oh rcn deZ Blinden, bald klang ti laut und tumultuarisch. bald leiser und murmelnd. 153 war gleichsam die Lust, erschutterung von Seiten einer Riesen glucke, deren dumpfeZ Schnarren unauf ' hörlich und wie ein Alp die Tonleiter auf. und niederlicf. In dieser Tiffo. nanz. die an ein Forum in aufgeregten Kriegszeiten gemahnte, strömte der Geldmarkt von Antwerpen seine Klagen und seine Begeisterung, fein Stöhnen und seinen Jubel aus. (sjwas vor der Zeit kamen die Bör staner vereinzelt oder in Gruppen, im mcr schnei und geschäftig, und der gab nende Schlund des (ebaudcs verschlang sie in ewiger Gier in dichten Haufen. Tie Straße ward schwarz von Menschen und ließ ein Gewimmel geschäftiger, stets in Hast befindlicher Leute hindurch passiren. Das ganze Handelstreiben i der großen belgischen Stadt concentrirte ich in diesem Augenblicke auf diese eine Straße. Und doch vergaßen alle diese vertief ten Leute, deren Sinn ganz anderen Sorgen als den Vorfällen der Straße ,n?m?ndkt war, nie den Blinden, der immer auf demselben Platze, 'auf einer Stcinstufe. hockte, die gtc,cy,am nacv dem Gesetze der Tradition sein unan tastbares Eigenthum geworden zu sein - schien. Fast mechanisch steckten die Bör sianer das Geldstück, das sie schon vor her auS der Tasche genommen, in den Silt k?r Rückte. (5 in Gewobnbeits opfer; weniger aus Mikleid. als aus ßiehinsinfieit aad 5üeder. der an dein ' Blinden vorüberging, demselben seinen Obolus. Etmge flrelchciten ,ogar zer ftrput den Kovs des frnndes. ohne ihn anzusehen; auch aus Gewohnheit. Viel leicht hörte man nicht emmat oen leiern den Dank dcS Blinden, ebenso wenig , mi, man seine Bitte aebört hatte. Man gab ihm das Almosen nicht, weil er blmd war, noch well er darum oai, sondern weil man es sich eben zur Ge . mnlmbpit aemackt batte: das war Alles. Seit bald vierzig Jahren erfreute er ' sich dieses traditionellen Privilegiums und hatte !chon o mancye ucy,e im Laufe der Jahrzehnte verbraucht. cKmobl blind, batte er dock schon YeU Generationen von Börsianern an sich vorübergen sehen" und da sein Scharfilnn mit seinem Gebrechen inon gewachsen war. so hätte er die Geschichte d Böre von Antwerpen mayreno oie ser vierzig Jahre schreiben können. Am Beginn und zu Ende des Geld Marktes hörte er abgebrochene Unter haltunqsfragmente. die er ergänzte, vervollständigte und sich zurechtlegte. - und die sich in seinem an diese bestän hirip Arbeit aewöbnten Schädel ZU ae- lehrten Schlußfolgerungen auswuchsen; mnimnl erkubr er auck Geheimnisse. Niemand hätte daran gedacht, diesem schmutzigen alten Bettler, oer va mir dem geduldigen Eigensinn des Steines hockte und vor deni man wie vor einer Mauer reden konnte. Tnhiirck. dak er Alles hörte und Wfloa riiftisl ermoa. war der blinde Bettler thatsächlich der beste Börsianer des Geldmarktes von Antwerpen ge mnrdrn. und Niemand hätte aeabnt. daß dieser elende Blinde mit feinen Lumpen, seiner kläglichen Litanei und seinem schmutzigen Hunde die Schwan kungen der Hauffe und Baisse besser kannte, als die größten Financiers des Platzes. 2. Ebenso wenig wußte man. daß der Blinde speculirte. Er hatte feine eige nen Makler, sichere und diöcrete Leute um so sicherer und discreter. als ein directes und starkes Interesse sie mit ihm verband, denn sie lebten ja von ihm... Er gab ihnen Nachrichten, die nur er allein erfahren konnte, und leitete ihre Speculationen mit der glücklichsten Sicherheit, die gleichsam die Belohnung für das physische Unglück war, mit dem ihn das Schicksal getroffen hatte. Er ergänzte die Worte, welche die Gruppen, wenn sie an ihm vorübergingen, fallen ließen, errieth geschäftlich gewagte Com Platte, hörte Geständnisse und merkte sich alle Ansichten des Börfenpublikums, um die Details herauszusondern, die er zu seinem Vortheil benutzen konnte. Dieser für profane Augen so banale Bettler, dieser schmutzige Greis, dieser Krüppel aus vergangenen Zeiten hatte ein Fieber: das Fieber, daS sie Alle im Banne hält, die da an die Börse laufen, fixen und jobbern. die von der unbe kannten Macht der Möglichkeiten ange lockt, auf einen Schlag ihr Alles setzen und stets von der Laune des Geldmark tes abhängig find. Dieses Fieber befaß der ruhige Blinde im höchsten Grade. Er speculirte in erster Reihe, um zu speculiren, nicht um Geld anzuhäufen; und er hatte die stolze Empfindung, dasselbe, ja noch mehr zu sein, als die vornehmen Thiere der Hochfinanz von Antwerpen, deren Hilfe er durch sein Vcr Jahrgang 20. näselndes und schleppendes Gejammer erflehte. Wenn er mit seinen 'üiailern ver handelte, verschwand die jammernde, klagende Ruine wie mit einem Zauber schlage, und an ihrer Stelle erschien ein gcichicktcr. entschlo,!ener und kategon scher Mann, der mit kurzen, richtigen Worten sprach, die unnützen Längen vermied und sich klar und kalt mit der Ucberlegenheit eines kundigen Finan cicrs ausdrückte. Und diese nämlichen Viaklcr fanden in einigen Stunden, nachdem sie mit diesem 'tüchtigen Geschä'tsmann von Geldanlagen und Speculationen aller Art gesprochen, in der Nahe der Borie den jammernden Blinden wieder, der seine Büchse hielt und in flehendem Tone ausrief :'Für einen armen Blin den. bitte!" 3. Schließlich kannte er die Leute bei ihrem Namen und sagte manchmal zu ihnen: Tanke. Herr So und So!", ohne daß es Jemanden einfiel, sich darüber zu wundern. Ein Geräusch von Schritten, ein Tonfall, eine für jeden Anderen unverständliche Kleinig keit machte ihm die Leute klar. Er hörte sie von dritten Personen nennen und behielt ihren Namen mit erstaunlichem Gedächtniß. Unter Allen hatte er eine besondere Freundschaft für Herrn von Ravel, einen der bedeutendsten Kaufleute von Antwerpen, der feit Jahren regel mäßig, bevor er in die Börse hinein ging, in seine Büchsen ein Nickelstück von vier Sous warf. Für diesen Mann ging der Blinde manchmal aus feinem legendenhaften Danke heraus und sagte ein Wort mehr. Nun, wie gehen die Geschäfte, Herr von Ravel?" Gut gut, mein Freund," er widerte der Börsianer und ging schnell weiter, denn er war stets in Eile. Zu wiederholten Malen war aber Herr von Ravel auch stehen geblieben, um einige Worte mit feinem alten Blinden zu wechseln; eines Tages hatte dieser zu ihm gesagt: Wer hätte je eine solche Hausse in Hafer erwartet?", und zwar hatte der Blinde diese Worte mit so ernster Ueberzeugung und einem so seltsamen Tone gesprochen, daß der Andere ganz bestürzt und verdutzt dieses anscheinend so stupide Geschöpf ange sehen hatte, das von Dingen sprach, die Niemand in seinem Schädel ver muthet hatte. Doch am nächsten Tage dachte der Financier schon nicht mehr daran, und er hatte sogar nicht einmal den gering sten Hintergedanken, als er sein Nickel stück in die Sparbüchse des Bettlers warf; der Vorfall kam ihm vollständig aus dem Sinn, denn der Bettler sprach in der Folge nicht mehr von Geschäften. Er vermied es sogar eine Zeit lang, sich nach den Operationen seines Wohl thäters zu erkundigen, und war wieder der gewöhnliche Blinde geworden, der um fein Almosen bat und keine andere Sorge hatte, als daß die Gaben, die ihm gespendet wurden, recht zahlreich ausnelen. Doch eines Nachmittags ging Herr von Ravel an dem Blinden vorüber, oyne lym lern yciaeinua zu geoen. vi war das erste Mal, daß ihm , das seit n- r rv t n a . t fr a Jahren und aber Jahren widerfuhr Ein solches ungewöhnliches Ereigniß versetzte den Blinden in Erstaunen, und er verstieg sich zu der Bemerkung: Nun, Herr von Ravel, Sie verges- sen mich alo?" Der Financier drehte sich plötzlich, um. betrachtete den Blinden, als er- wache er aus einem Traume, dann trat er näher und warf seinen Obolus in die Büchse. Ja. mein Freund," sagte er, ich hatte Sie vergessen es ist wahr doch heut' ist es zu entschuldigen." Die Stimme zitterte zwar nicht, aber der Tonfall hatte sich verändert; sie war dumpf und müde, und man hörte eine gewisse Traurigkeit heraus. Mit der Gehörschärfe, die den Blinden eigen, merkte der Bettler, daß etwas nicht in Ordnung war. Als die Münze in die Sparbüchse gerollt war, fügte der Financier hinzu: Das ist das letzte Mal. daß ich Ihnen ein Almosen geben werde; mor gen, mein Freund, werde ich hier nicht mehr vorbeikommen." Der Financier sah nun, wie die leeren Augen des Bettlers sich auf sein Gesicht richteten, gleichsam, als wollten sie in ihm lesen. Warum denn. Herr von Ravel?" fragte er. 914, ich habe einen großen Verlust erlitten! Das ist eben Pech! Ich bin ruinirt!" Jedenfalls durch den Zuckerkrach?" fragte der Blinde und fuhr dann fort: Aber dieser Krach war doch vorauszu-sehen!" muh r y y Ay Beilag, zum Nebraska 2taats-?lnzeiger. Wie schon einmal, blieb Herr von Ravel verdutzt, als er diese unerwartete Bemerkung vernahm; er betraute den Alten, dessen Gesicht einen inneren Kampf wiederspiegclte. Es war vorauszusehen? Wieso war eZ denn vorauszusehen i" murmelte von Ravel und wollte sich entfernen. Doch er hatte noch keine drei Schritte gethan, als die Stimme des Blinden ihn zurückrief: doch diese Stimme klang nicht mehr klaglich, sondern nahm einen neuen, unbekannten Ton an: Herr von Ravel! Herr von Ravel!" Was denn? Was denn, mein Freund?" Wie viel brauchen Sie, um sich zu retten?" Der Financier betrachtete diese mensch liche Ruine, die so klaglich zu seinen Füßen kauerte; dann lächelte er nach kurzer Bestürzung trübselig und sagte, die Achseln zuckend: Ach, meln armer Mann, re wissen nicht, was solche Verluste zu besagen hctben! Denken Sie nicht an so etwas! Sie können sich nicht einmal eine Idee davon machen!" Ich frage Sie, wie viel Sie brauchen!" Aber Sie sind ja verrückt! Ich brauche 80,000 Francs und zwar brauche ich sie morgen! Sie sehen also mein armer Freund " Er wurde unterbrochen. Herr von Ravel, kommen Sie heute Abend zu mir Rue de Bart No. 24. Sie sollen das Geld haben! Ich werde es Ihnen leihen!" Und als der Finanzmann verdutzt, mit weitaufgcsperrtem Munde sprachlos stehen blieb, fuhr er fort: Kommen Sie heute Abend, sage ich Ihnen! Doch jetzt gehen Sie, bitte, Ihres Weges, denn wenn Sie hier vor mir stehen bleiben, stören Sie den Ver kehr und schaden meinem Geschäft. Auf heute Abend!" Plötzlich sank die Stimme wieder zum kläglichen Gewinsel herab, und der Bettler nahm seinen alten Refrain wie der auf: Für einen armen Blinden eine kleine Gabe bitte!" Das Abendessen beim j)räfekten. Humoreske von Zldricn Be!y. Ueber s t von Ilse Ludwig. Dieses Jahr waren die großen Ma növer besonders gut abgelaufen, alle Truppenbewegungen regelrecht aus geführt, ohne unvorhergesehene Zwi schenfälle, der Feind hatte sich gehörig besiegen lassen. Die große Parade am Schluß der Manöver hatte zahlreiche Zuschauer angelockt. Das Wetter begünstigte noch das Vergnügen durch herrlichen Sonnenschein, die Tribünen brachen fast zusammen unter der vielköpfigen Menge, die den Soldaten zujubelte; zahlreiche Damen der Gesellschaft wie die Spitzen der Behörden des Deparw ments waren erschienen. Nach dem letzten Vorbeimarsch bet ließ alles die Plätze und wogte bunt durcheinander. Die Offiziere, die kei- nen Dien t mehr vattcn, beeilten sich. den Frauen und Töchtern der Beamten lhre Verbeugung zu machen. Der Präfekt lief dem Obersten Vev delin nach, den er in seiner Nähe auf- tauchen ah. Guten Tag, lieber Oberst, schönen guten Tag. Wie freue ich mich, Ihnen einmal wieder die Hand schütteln zu können!" Ach. Duclosoy! Es geht Ihnen gut? Und die Gnädige?" '.Danke, nicht schlecht. Prächtiger Tag. was, für die Parade?" Die verwünschte Sonne " Darüber brauchen Sie sich nicht zu ereifern. Ihre Reiter glänzen und blitzen famos in der Sonne. Wissen Sie, daß sich Ihr Regiment vorzüglich ausnimmt?" Hm! lieber Himmel es kann sich sehen lassen. Aber auch Ihnen darf man gratuliren sehr nette Bevölke rung." , Sie sind zu liebenswürdig an ständige Leute. Und gedenken Sie etwas in unserer Stadt zü verweilen?" Unmöglich, leider. Morgen früh muß ich nach Paris zurück, auf Kriegs schule " Das bedaure ich lebhaft. Nein, dann werden Sik uns doch das Ver gnügen machen, heute bei uns in der Präfektur zu Abend zu speisen?" Oh, tausend Dank, lieber Duclosoy, aber ich müßte fürchten, zu stören." Durchaus nicht, aber durchaus nicht. Sie machen uns ein sßes Vergnügen." Nein, wirklich, ich kann mich in dieser Verfassung nicht bei Ihnen sehen lassen, ganz staubig " Sie werden doch keine - Umstände machen wollen nicht wahr? Wir agM W sind ganz unter uns. meine Frau und ich. Bürsten Sie sich flink ein wenig ad in Ihrem Quartier. Ich rechne bestimmt auf Sie?" Nicht möglich. Ihnen etwas abzu schlagen. Auf nachher!" Als der Präfekt sich von Oberst Ver delin getrennt hatte, wollte es sein Un stern, daß er abermals dem Steuer einnehmcr in die Hände fiel, mit dem er bereits vorher mehrere Viertelstünd chen verplaudert hatte. So verstrich wieder eine Viertelstunde im Gespräch. Tann begegnete ihm der Gerichtspr sident. der ihm eine recht langweilige Geschichte erzählen mußte. Ter Präfekt wartete mit Ungeduld auf den Schluß, um seinerseits ein ziemlich unbedeuten des amtliches Vorkommniß aufzu tischen. Danach ersparte ihm der Prä sident nicht den neuesten Witz, den er selbst, erdacht und vorhin zum ersten Mal ausgesprochen hatte. Ehe der Präfekt nach Hause gelangte, kam ihm der Schuldirettor in den Weg. Sieben Uhr schlug's, als. er seine Wohnung betrat. Der Tisch war gedeckt, und Frau Duclosoy wartete mit großer Un geduld. Emil," rief sie, sobald sie ihn er blickte, ich sterbe vor Hunger. Rasch zu Tisch." Nur noch rasch die Hände waschen, Herzchen," erwiderte Herr Duclosoy, dann stehe ich ganz zu Deiner Ver fügung. Tu kannst schon klingeln, daß einstweilen aufgetragen wird." Herr und Frau Präfekt aßen sehr vergnügt und mit starkem Appetit zu Abend. Nach dem Essen begaben sie sich in's Rauchzimmer, wo Herr Duclosoy eine vorzügliche Havana schmauchte, wäh rend Frau Duclosoy ihren Arbeitskorb ergriff und zu sticken begann. Um 8 Uhr schellte es. Ah." sagte die Präfektin, ein Be such." Wir werden Kuchen holen lassen," erwiderte der Präfekt. Er hatte kaum ausgesprochen, da öffnete ein Diener die Thür. Herr Präfekt, es ist ein Herr im Salon." Nun, was wünscht er, der Herr." Ich weiß nicht er trägt einen schönen, gewichsten Bart so wie ein Offizier." Sapristi!" schrie der Präfekt er bleichend; ach. was habe ich da an gerichtet!" Was giebt's denn?" frug die Prü fcktin. Was es giebt? Daß ich dem Oberst Berdelin nach der Parade begegnet bin und daß ich ihn zum Abendessen ein lud und daß ich Alles vergessen hatte! Aber, zum Henker, man kommt doch auch um 8 Uhr nicht mehr zu den Leu tcn, um zu essen." In Paris ißt man nicht früher." Kurz, was sollen wir machen?" Ja, empfangen müssen wir ihn; da ist nichts zu wollen. Jean, schicken Sie den Koch herauf." Einige Augenblicke später erschien der Koch mit der Mütze in der Hand. ' Franz," sagte die Präfektin, Sie sollen ein Abendessen richten." Schön, gnädige Frau." Aber ein feines Essen. Franz," setzte Herr Duclosoy hinzu. Schön, gnädiger Herr." Für drei Personen, Franz." Schön, gnädige Frau." Und rasch, Franz. sehr rasch." Schön, gnädiger Herr." Der Präfekt und seine Frau betraten den Salon. Bei ihrem Eintritt sprang Oberst Perdelin, der gerötheten Ant litzes schwer athmend in einem Sessel lehnte, rasch in die Höhe. Bitte tausendmal um Entschuldi gung, gnädige Frau; Verzeihung lieber Duclosoy." Warum denn, Herr Oberst," ant ortete die Präfektin unbefangen; wir sind keine solchen Kleinstädter. Es ist erst 8 Uhr." Ich bin ganz verwirrt" Wir wissen," fügte der Präfekt bei, daß Sie in Paris gewohnt sind, nicht vor 8 Uhr zu speisen." Oh. Duclosoy!" So ist's." bestätigte die Präfektin, als mein Mann mir mittheilte, er habe Sie zu Tisch gebeten, hat er mir wiederholt eingeschärft, nicht vor 8 Uhr auftragen zu lanen. nicht. Emil?" Natürlich und ich kann wohl sagen, Oberst, daß nicht Sie, sondern wir zu spät fertig waren, und daß es vielleicht noch eine gute Viertelstunde dauern kann." Bitte sehr." meinte der Oberst lächelnd. Ein anregendes Gespräch entspann sich. Herr Duclosoy war geistreich. Frau Duclosoy liebenswürdig, der Oberst galant. , ' ' . - No. 5. Um halb neun Uhr wurde zu Tisch gebeten. Zuvorkommend bot der Oberst der Tame de? Hauses den Arm. Die Ge sellschaft begab sich in das Speisezi'..i mer. wo das Abendessen in andächtigem Schweigen seinen Anfang nahm. Man hörte nichts als das Geklapper der Löffel auf den mit köstlich duftender Suppe gefüllten Tellern. Ter Koch hatte wahre Wunderwerle zu Stande gebracht. In nicht mehr Zeit als einer Halden Stunde hatte er ein köstliches und reichhaltiges Mahl zusammengestellt, dem der Oberst, der eine gute Klinge schlug, sicher gehörig Ehre angethan haben würde, wenn ihn nicht augenscheinlich guter Ton und Schüchternheit daran verhindert Hütten. Aber. Herr Oberst, noch etwas Fo relle." Nein, wirklich. Tuclosoy; ich habe unmenschlich viel gegessen." Herr Oberst. Sie sind ein Heuchler; die Radieschen haben Sie kaum ange rührt. Kommen Sie, lassen Sie sich nöthigen, wir haben sonst nichts mehr. al,o " Gnädige Frau, nur um Ihnen ge horsam zu sein, aber dann müssen Sie mir auch Gesellschaft leisten." Sehen Sie, ich nehme auch noch ein mal." Und Tuclosoy auch Sehen Sie mal an, Tuclosoy, Sie essen gar nichts, was Teufel! Marsch, ein wenig Forelle, das thut Ihnen doch nichts!" Und der arme Tuclosoy mußte sich auch zum Essen bequemen. Tie Mahlzeit verlief recht fröhlich im Ganzen, gelegentliche Ziererei und Ueberredung ' ausgenommen. Der Oberst bekam zweimal von jeder Schüf sel; vergeblich hatte er nach dem ersten Angriff auf eine Gänseleberpastete einen wohlgeordneten Rückzug versucht, er mußte noch einmal Sturm laufen und eine tüchtige schlagen. Doch, als ob er 'eine Ahnung von dem eigenthümlichen Zustand seiner Gasige der gehabt habe, schien er sich ein bos Haftes Vergnügen daraus zu machen, sie zu starkem Essen zu bewegen. Sogleich nach dem Kaffee vcrabschie dete sich der Oberst, sehr roth und kurzathmig. Er fühlte sich sichtbarlich nicht behaglich und schützte die Anstren gungen des Tages vor. Kaum war er verschwunden, so fielen Piäfekt und Präfektin mit verzerrten Gesichtszügen auf's Sopha, schellten und verlangten mit erlöschender Stimme zwei Tassen Kamillenthee. Ter Oberst seinerseits ging langsam nach feinem Quartier und ließ nur den einfachen Ausruf hören: Heiliger Him mel!" Einige Tage nach dieser Begebenheit hatte der Prasekt Geschäfte, die ihn eine Woche lang in Paris aufhielten. Am Tagenach seiner Ankunft begegnete ihm der Oberst Verdelin. Guten Tag, lieber Oberst," rief der Präfekt, sobald er des Andern aus der Entfernung ansichtig wurde. Nun, wie steht's, seitdem wir das Vergnügen hatten, Sie bei uns zu sehen?" Ach, Duclosoy. sprechen Sie mir nicht davon! Krank wie ein Hund! Hatten mich zum Essen gebeten, nicht wahr? ?!un, ich hatte es gänzlich aus dem Sinn bekommen. Schon geges- ftn gehabt. Um 8 Uhr gegangen mich zu entschuldigen, im guten Glau- ben. Sie hätten bereits gespeist hat ten auf mich gewartet, habe nicht ge wagt, etwas zu sagen. Also, Sie verstehen zwei Abendessen nach ein ander das Zweite war zu viel ach!" Mein Gott, wie bei uns," entfuhr es dem Präfekten. Ein witziger Herzog. Aus dem Leben des Herzogs August von Sachsen-Gotha erzählt eine Leserin der Tägl. Rundschau" charakteristische Züge, die sie aus dem Munde ihres verstorbenen Vaters gehört hat, eines Pathenkindes des Herzogs. Der Herzog liebte es sehr, am 1. April sogenannte Aprilscherze m machen, und seinem Wesen entsprechend, in sehr origineller Weiie. Als einmal wieder der Zeit Punkt herannahte und die Rede darauf kam. versicherte ibm die durck iiit hett, Witz und Verstand bekannte Com tenc sall,cy. daß es ihm nicht möglich sein würde, sie m überlisten. '5s wollen wir doch sehen," war die Ant wort des Herzogs. Am Morgen des 1. April erschien ein herzoglicher Lakai bei lyr mu einem ftyr eleganten Carton: Se. Durchlaucht schicken dies der Com tesse mit einem sehr schönen Gruß." Dann bestellen Sie dem Herzog meinen ehrfurchtsvollen Tank, aber am 1. April nähme ich keine Geschenke an." Zögernd sagte der Lakai: Aber Se. Durchlaucht haben mir nock den ysk. trag gegeben zu sagen, daß, wenn läomtene oen Karton nicht annähmen, ich ihn der Kammerfrau der Frau Her- zogin a!Z Präsent Se. Durchlaucht dringen solle." Ja. das könne rr thun." war die Antwort. Wie schmerz lich war aber ihre Enttäuschung, als s erfuhr, daß der Carton sehr wertbvolle Spitzen enthalten hatte und ti dem Herzog gelungen war. sie recht gründ lich anzuführen. Tie Gokhaischc Bürgenschaft gab all jährlich in dem Casino wahrend deZ Karnevals einen großen Maskenball. Ticke Maskenbälle waren in allen Krci sen sehr beliebt, und auch der Herzog erschien regelmäßig jedes Mal. wobei er in gewohnter Weile leine Bemerkungen ziemlich ungenirt machte. So z. B. sagte er einst. jedcZ Mal. wenn ein sehr tanzlustiger junger Kaufmann an ihm vorbei tanzte: Es fliegt mit Windeöschnelle Ter Kaufmann mit der Elle." In einer Tanzpause trat der Kauf mann an den Herzog beran und sagte, die Maskenfreiheit benutzend: Tie Elle führ' ich mit Verstand, Tas Szepter ruht in Teiner Hand." Ta es allgemein bekannt war. daß der Herzog sich lieber mit den schönen Künsten beschäftigte, als mit Regie rungsfragen, so war die Antwort dop pelsinnig genug; der Herzog war viel zv klug, um das nicht zu verstehen, aber er lachte, und der Kaufmann hatte auch Ruhe. Ter Herzog hatte die Gewohnheit, alle jungen Damen und Herren, die er hatte aufwachsen sehen, bei ihrem Tauf namcn und Tu zu nennen. Ein sehr kluges, aber unglaublich schüchternes, etwas linkisches und sehr häßliches Fräulein v. Schl. war oft die Ziel scheide seiner fast grasam zu nennenden Späße, so ,z. B. saate er einmal, auf sTksten sehr guten Appetit anspielend: Na, Tu solltest nicht Soffchen (die thüringische Abkürzung für Soph,c), fondern Freßchen heißen." Als er ein mal es wieder arg mit ihr trieb, fo daß sie dem Weinen nahe war, ohne daß ihr etwas indolenter Bruder, der auch anwesend war, ihr zu Hülfe kam, sagt mein Vater ganz laut: Wenn ich der Bruder von Frl. v. Schl. wäre, so würde ich aufstehen, ihr den Arm geben und sie nach Hause geleiten!" Und was that der Herzog mit dem kühnen Sprecher? Er steckte die Lehre des so be deutend jüngeren Mannes stillschwei gend ein, und Frl. v. Schl. blieb fortan etwas mehr verschont. ltines Mitzverständnik. Major v. Streber gibt ein Souper, zu dem sich auch der Brigadekomman deur eingefunden hat. Da die Bcdie nung im Hause des Majors nicht aus reichte, fo hatte er einen Soldaten, Hampel mit Namen, zur Aushilfe her beigezogen. Hampel stellte sich aber leider sehr dumm an und der Major hat daher den übrigen Aufmürtern auf getragen, ihn nur im äußersten Noth falle zum Serviren thätig eingreifen zu lassen. Der Herr General ist zur Freude des Majors sehr aufgeräumt und spricht den Speisen mit bestem Appetite zu. Besonders der Lachs scheint ihm sehr zu munden; er hatte schon zweimal davon genommen und sah sich eben wieder, wie suchend, um, jedenfalls, um sich noch einmal nachserviren zu lassen Der Major überzeugte sich mit einem raschen Blick, daß außer Hampel, weil ein frischer Gang kommt, Niemand von der Bedienung anwesend ist und so un gern er es thut, zwingt ihn doch die Noth dazu, da man den General nicht warten lassen kann, Hampel heran zurufen. Bringen Sie dem Herrn General eine Platte!" sagt er laut und deutlich, damit in dem Gehirne Hampel kein Zweifel entstehen kann, was er zn thun hat, und zu gleicher Zeit winkt er mit dem Kopfe gegen das Büffet, auf dem ein paar Platten von der gewünschten Speise stehen. Hampel hatte sehr wohl verstanden, der Herr Major hatte ja laut genug gesprochen, da ihn aber die übrigen Aufwärter den ganzen Abend schon so sehr geneckt hatten, so wollte er doch einmal zeigen, daß er nicht gar so dumm wäre, als man von ihm dachte, und hier vor so vielen Vorgesetzten wolltö er erst recht nicht den Aufge sessenen" spielen, er entgegnete daher, nachdem der Major nochmals wiederholt hatte: Sie sollen dem Herrn General eine Platte bringen", mit feinem pfiffig sten Grinsen, indem seine zwinkernden Aeuglein den kahlen Kopf des Generals streiften: Entschuldigen, Herr Major eine Platte haben der Herr General schon !" Unfreiwilliger Humor. Cbef isebr aufgebracht zu seinem Diener): Sie haben meinen Auftrag schon wieder nach Ihrem eigenen Gut dünken ausaefübrt und nickt so. wie ick es Ihnen befahl; Sie besitzen doch einen rechlcn uadratichadcl!" Diener (zerknirscht): Ich bitt' schön ich hab' glaubt " Cbef: ..Schon out. schon aut" lnack einer kleinen Pause, da der' Diener noch wartet und ein Anliegen zu haben scheint) auf was warten Sie noch?" Diener: Ich hab' Sie bitten wollen, Herr Chef, ob Sie nicht wieder einen alten Hut für mich baden, denn ?lbre Hüt' passen mir fo gut." kiZusiicher Blitzableiter. Maim: Ich bitt' Dich Weiberl, hör auf zu singen, sonst denken die Nachbarn, wir haben uns schon wieder gezankt!"