Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, June 22, 1899, Image 10
i Das 23itMcfud. S?o Jtnioni Andrea. hatte der abgcnom du Auf seinem Sterbebette Vater ihr das versprechen mcn. Wovon wollt ihr leben. Anna. und die drei Kleinen? Ich habe nicht irückleaen können aar nichts. Tie lange Krankheit auch wodl meine tintnt llnbefDnnenbeit. . . Mein arme Kind. eS hilft nichts: du mußt ein Litt aehiA einnicken!" Lieber Vater, ich habe doch etwas (ttmi Wenn ick auch der Kleinen halber nicht wieder in Stellung gehen kann, so bleiben mir Privatftunden in Mulit. lina'llch und vramosiict) Ter sterb.nskranke Mann wollte sich ii'doch nicht dabei beruhigen. Tas reicht allenfalls für dich allein hin. Aber die drei Kleinen, vor allem das zarte Blondköpfchen! Nein. Anna, du niubt dich anders entschließen. Sprich mit dem Bürgermeister! Ter wird dir behilflich sein, ein besuch in aller fform aufzusetzen. Es ist doch keine Schande; ich bin ja Beamter. Taß wir so heruntergekommen und in Noth gerathen sind, ist hauptsächlich meinem langen Leiden und auch der lanawieri gen Krankheit der Mutter der Kleinen zuzuschreiben. Tas rniifet du alles in dem Bittqesuch anführen, hörst du? So wurde das Versprechen ihr fast abaeruna.cn. Tie Pflege des Vaters nahm sie noch eine Weile derartig in Anspruch, da sie es vergaß Als dieser aber einige Wochen später in der Erde ruhte und der erste Schmerz vorbei war. stand das Bittgesuch wie ein Schreckgespenst vor ihr. Es demii thigte sie, es brachte sie um alles Selbst- gc ühl. War es denn etwas andres als eine bessere Art von Betteln, zu der sie sich hergeben sollte? Sie, das reife, qe sunde und kräftige Mädchen! Was würde ihre Mutter dazu gesagt haben die feinfühlende Frau, die bis an ihr Lebensende auf ihren alten, wenn auch devo edierten Adel stolz gewesen war? Wie hatte sie ihrer Tochter Anna ans Herz gelegt, keine ehrliche Arbeit im Leben zu scheuen! Sie sollte dem Pater die Wirthschaft führen, es ihm an nichts fehlen lassen hcirathen würde er wohl nicht wieder. Er that es aber doch, als kaum zwei Jahre über ihrem Tod vergangen waren, und die zweite Frau nahm den Platz im Hause ein, auf den ihre Mut- ter sie selber hatte stellen wollen. Anna fühlte bald, daß sie nun überflüssig fei. Uebcrdies versagte es sich die Stiefmut- ter nicht, es sie gelegentlich fühlen zu lassen. Ta verließ Anna das Vaterhaus und ging als Erzieherin nach England Fünf Jahre war sie dort thätig, zu frieden mit ihrem Beruf, der sie für den Verlust der Hennath entschädigte Ganz unerwartet rief dann ein Brief des Vaters sie zurück. Meine arme Frau ist feit langem bettlägerig, ich fclbst sieche langsam dahin. Meine armen Kleinen, drei reizende Geschöpf die mütterliche Pflege Möchtest du sie nicht chen, entbehren und Aufsicht, übernehmen?" Anna kam. Tie kranke Frau be gegnete ihr anfangs mit Scheu und Mißtrauen; aber im Fluge gewann sie die Herzen der Kinder. In ihrer kind lich selbstsüchtigen Liebe für Schwester Anna vergaßen diese ganz, daß in der dumpfen Stube, wo jeder Sonnen strahl durch Jalousien ausgeschlossen wurde, eine arme leidende Frau sich in mütterlicher Eifersucht verzehrte die Frau, die zwar das erste Anrecht an sie hatte, aber nie mehr in ihrem Leben Gebrauch davon machen sollte. - Toch auch die Stiefmutter wurde mit so viel Freundlichkeit und Umsicht gc pflegt, daß ihr geheimer Groll gegen Anna sich in Dankbarkeit und Vcr trauen verwandelte. Sie fühlte, daß das Sterben ihr leichter wurde, seit dem sie ihre Kinder in Annas Obhut wußte. Einmal, in einem vertraulichen Äugcnblick, faßte sie die Hand der Sticsiochter. Anna, ich habe dich der könnt. Vergicb mir! Gott weiß, wie bald meine armen Kleinen doppelt vcr waist sein werden. Verlaß sie nicht! Ich bitte dich, gieb sie nicht in fremde Hände! Es ist die letzte Bitte einer un glücklichen Mutter!" So war sie dahingegangen. Kaum ein halbes Jahr später folgte ihr Gatte ihr nach: des Bahnmeisters Kinder warcn verwaist. Wie verirrte, frierende Küchlein drück ten sie sich an die ältere Schwester, ohne noch recht zu verstehen, daß diese fortan ihr einziger Halt im Leben sei. Sie mußte ihnen von den Eltern erzählen. Das Andenken der Mutter war fast schon gänzlich in ihrem kleinen Gcdächt niß erloschen. Abends, wenn die Kinder schliefen, ordnete Anna den Nachlaß ihres Vaters. Viel war es nicht. Was für sie dabei übrigblieb, waren einige un bezahlte Apotheker- und Kaufmanns rechnungen. zu deren Deckung sie ihre eigenen turnen riourne angreifen mußte. . Und dann überlegte sie. womit sie wohl am sichersten Geld verdienen könnte. Tie Kinder durften aber nicht allein bleiben. Sie mußte also die Arbeit aus jeden Fall ins Haus be kommen. Zunächst verkaufte sie von der einst stattlichen, jetzt schon etwas verbrauch, tcn Hauscinrichtung, was nur irgend i'.i entbehren war. Tie Leute kamen ih entgeacn und nahmen ihr gern gege leidlich gute Zahlung die Sachen ab Ebe die zweite Frau krank wurde, warcn .Badnmcistcrs" in dem Städtchen sehr beliebt gewesen. Freilich, man war mit dem guten Rath stets freigebiger als mit der That. Was werden Sie nun thun, Fräu lein Anna? Wieder nach England gehen?" wurde sie gefragt. Für die Kleinen ist doch wohl gesorgt. Tie Mutter soll ja wohthadend gewesen sein, sagt man. Vielleicht bringen t sie gleich in eine gute Erziehungsan ftalt. Sie bekommen doch mit Ihren Kenntnissen jederzeit eine gute stelle Tie Kinder sind noch zu klein, saate Anna. Ich gebe sie nicht von mir. Vorläusig gedenke ich hier zu blci den und Klavier- und Sprachuntcv richt zu ertheilen Sie hat es mit Fleiß und Energie zu einer recht hübschen Fertigkeit au dem Klavier gebracht. In England hatte man sie für eine Virtuostn" ge halten. Hier, in der kleinen Stadt verstand man freilich nicht viel von Musik, und mehr als fünfzig Pfennig höchstens eine Mark würde niemand für eine Unterrichtsstunde geben. Anna mußte, um das Geschäft" wenigsten in Gang zu bringen, sich zu diesen Preisen bequemen. Noch mehr! Tie Zu meisten von ihren Schülern hatten Hause kein Instrument. Anna wurde daher in aller Freundschaft von den Eltern ersucht, die Kinder bei sich üben zu lassen. Von dieser Am an kamen die arme Lehrerin und ihr Klavier nicht mehr zur Rnhc: vom frühen Morgen bis oft spät Abends wurde auf dem Klavier und den Gehörsnervcn Annas crbav munqslos hcrumgcpaukt Ein paar Monate lang ertrug Anna es mit himmlischer Gcduid. Tann kam sie zu der Einsicht, daß dies Geschäft" bei weitem aufreibender als einträglich war. Nicht einmal die Miethe würde aus dem mißhandelten Instrument herausgeschlagen wie konnte sie mit den drei kleinen Guchwistern davon eristircn ? Kurz entschlossen verkaufte sie da Klavier und schaffte sich dafür eine gute Nähmaschine an. Auf ihrer letzten Stelle in London hatte sie auf Wunsch ihrer Lady" einen Schnciderkursus durchmachen müssen, damit sie die Garderobe ihrer kleinen Zöglinge, die stets im Hause angefertigt wurde, mit besserem Verständniß beaufsichtigen könnte. Tenkt euch blos, Bahnmeister! Anna schneidert!" sagten die Leute verwundert. Ihrer Meinung nach war das eine unpassende Thätigkeit für die Lehrerin". 'Ach, sie wird wohl von Musik nicht viel verstanden haben, " sagten die Müt- cr, deren Kinder bei Anna Klavier unterricht genossen hatten. Und mit den Sprachen hapert auch wohl!" bemerkten ein paar Tomen aus dem Honoratiorcnkrcisc, denen noch inige französische Sätze aus dem kleinen Plotz gclausig waren Aus diese Weile verlor Anna sehr bald den Nimbus der gelehrten und sprachkundigen Lehrerin. Tie Mütter hielten den Umgang ihrer Töchter mit der Schneiderin" für weit weniger förderlich als ehemals mit der ' Er- zicherin. Freilich, Arbeit konnte man ii)r ja gelegentlich zukommen lassen Man war neugierig, ob sie wenigstens etwas von englischen Moden verstand. Tas schien so. Aber diese horrenden reise! Zwölf Mark für die Facon bei einem einfachen traßenllelde! Wer konnte das erschwingen? Ta kam man doch besser weg wenn man eine kleine chncidcrin ins Haus nahm, die Zu- thaten allein kaufte und schließlich mit nähen half. , Enttäuscht sah Anna nach einiger cit, daß auch die Schneiderei nicht genug abwarf, um vicr Mcnschcn, sich nd ihre kleinen Geschwister, zu ernäh- ren wenigstens nicht in der kleinen reisstadt. Und die Kinder wurden größer, und nicht lange währte es, so mußten die beiden Knaben in die Schule gehen. Wenn sie in eine größere Stadt zöge, eine Pension anfinge? Sie hatte großes Organisationstalent und die nöthige pädagogische Erfahrung. Aber die Mittel dazu fehlten. Jedenfalls durfte sie die mühsame Schneiderei nicht eher aufgeben, bis sie einen besseren und einträglicheren Erwerbszweig gefunden hatte. Allmählich zogen die vielen Freunde und guten Bekannten des verstorbenen Bahnmeisters sich von feinen Waisen zurück. Es kam ihnen nun doch die Erkenntniß, daß sie wirtlich arm" und hilfsbedürftig waren. Außerdem andcn ne Fräulein Anna für ihre tzige gesellschaftliche Stellung etwas clbstbewußt und damenhaft. Da sie vor kaum einem Jahr sich um ihren mgang gerissen, hatten sie längst vcr- gcsscn. Selbst dcr Bürgermeister, dem das rifche Mädchen mit dem sanftcn, abcr chercn Auftreten so gut gefallen hatte, war mit ihrer neuen Berufsthätigkeit nicht einverstanden, obgleich er sich aus Rücksicht auf den Stadtklatsch nicht so häufig bei ihr sehen ließ, Wie sein Herz wünschte. Er glaubte im geheimen! nocy immer, sie wäre vielleicht eine passende Frau für ihn, und er dachte im Ernste daran, dcr matcricll gcsinn tcn Bürgerschaft ein Beispiel von Jdca lismus zu geben und eine Heirath aus reiner Neigung zu schließen. Wirtlich. Fräulein Anna." sagte er. als er eines Nachmittags bei ihr vorsprach, glauben Sie ' mir. die Schneiderei ist unter ihrem Stande. Wenn Sie mich, dem alten Freund Ih rcr seligen Mutter, um Rath gefragt hätten, ich würde etwas anderes für Sie ausgesucht haben." Was zum Beispiel. Herr Bürger mcistcr ?" Lieber Himmel. Sie sind doch ein hochgebildetes Madchen, haben Ihr Eramcn als wisscnschastliche Lehrerin bestanden " Und meine kleinen Geschwister?" fragte Anna, ihn unterbrechend. Tie geben Sie in eine Erziehung anstatt. Sie können sie ohnehin nicht immer bei sich haben. Wenn Sie z. B. wieder ins Ausland gingen oder wenn Sie sich verändern sich vcrhci rathen " Er stockte und bemächtigte sich einer ihrer Hände, die durchaus die Näh arbeit nicht lassen zu wollen schienen. Mit einem warmen Blick, dcr Anna etwas stutzig machte, suchte er ihre Augen. Mir fehlen die Mittel, Herr Bü germeister," sagte sie kurz, meine &c schwistcr in einem guten Institut unterzubringen selbst wenn sie größer waren." Sie scherzen. Tie Mutter dcr Kleinen hatte doch gewiß etwas Vcv mögen." Anna zuckte die Achsel. Ter Bürger mcistcr hatte ihre Hand fahren lassen und hüstelte nervös in sein Taschentuch Wir sind alle vier gleich arm und unversorgt zurückgeblieben," sagte Annv. und sah ihn an. O , das ist sehr betrübend, wirk lich! Ihr Herr Vater deutete mir bei seinen Lebzeiten das Gegentheil an Ich glaubte, daß für die drei Kinder gesorgt sei. Was werden Sie denn nur mit den Kleinen ansangen?" Sie bei mir behalten, Herr Bürqcv mcistcr. Freilich mußte ich zu diesem Zweck cincn andcrcn Erwcrbszwcig er greifen. Tie Stunden brachten mich kaum auf meine Kosten, wenn, wie dcr Amerikaner sagt, '-time money" ist tc Schneiderei nun. vorläufig wer den wir dabei nicht verhungern." Er fand sie großartig, bcqchrcns wcrthcr als jc; sie sah auch hübscher in dem edlen Eifer aus als je. Abcr, sich gleich von vornherein mit den drei Kindern belasten, das verlangte doch reifliche Erwägung. Und bewegt drückte cr ihr die Hand und ging fort. weider ersieht sich das Schicksal oft gerade die Edelsten und Muthigstc,n zum Prüsstcin aus. Annas Elfcr und Crner frcudiqkcit wurden auf eine harte Probe gestellt. ete arbeitete oft die Nächte durch wenn der Tag nicht ausreichte, nur um ihre Kunden pünktlich zu bedienen Aber auf cincn griincn Zweig konnte ie nicht kommen. Tie Leute wußten sie und ihre Lei- stungen nicht genügend zu schätzen. Sie machten sich untereinander wein, Anna schneidere mehr zu ihrcm Vergnügen Tie erste beste Näherin entsprach ihren Anforderungen am Ende ebenso gut vor allen Tingen kamen sie, wie gesagt, billiger" dabei fort. Trotz allcdcin ward Anna nicht klcinmüthig. Ta crkranktc das klcme Blondköpf- chen an dcr gefährlichen Tiphtheric Tie beiden Knaben wurden in die Küche einquartiert, um vor Ansteckung behütet zu werden. Es war mitten im Winter. Tie, Anordnungen dcs Arztes muß- tcn rasch und gewissenhaft ausgeführt werden. Anna sah sich genöthigt, ein paar ihrer besten Kunden abzuweisen: das Leben ihres Kindes ging ihr übcr alles. In dieser Zeit der äußersten Bedräng niß, die dcr Ausfall dcr Einnahmen und die kostspieligen Ausgaben im (st folge hatte, entschloß sie sich zu dem Bittgesuch. Am Bett ihres Lieblings war es, in einer ciug lallen Nacyl, wahrend die beiden Knaben in dcr Küche schliefen. armen Buben zum erstenmal attcn sie ohne ihre warme Milchsuppe u Bette gehen müssen! Tas Blondköpfchen warf sich im Fie- der wimmernd umher, und wollte dcr chlaf es einmal in seinen sanftcn Arm nehmen, dann mußte ihn Anna mit dem gcfürchtctcn Jnhalicrapparat wie der verscheuchen. In einem dieser jammervollen Zwi- chcnräume von Stunde zu Stunde, zwischen dem Wimmern und den lauten Klagen dcs Blondköpfchens, schrieb Anna ihr Bittgesuch eiligst auf, ganz wie das Herz es ihr im Äugenblick ein gab. Es war dcr Nothschrci einer er- (litten Seele der Hilferuf drei vcr- waistcr, unmündigcr Kindcr aus dcm Munde dcr mit dcm Elcnd ringenden, mütterlichen Schwcster! Tcn nächsten Morgen früh trug sie das Schreiben auf die Post. Sie wußte lbst nicht mehr, was sie geschrieben hatte. Nur keines Fremden Rath und Mitwirkung! Ihr Unglück war ihr zu heilig. Tie lieben Nachbarn mit ihren lbstqcfälllgcn Betrachtungen sollten es ihr nicht entweihen. Tas Blondkopschcn genas doch es war ein Blümchen, das dcr Frost an gehaucht hatte und das mit tausend Äcngftcn gehegt und gepflegt werden mußte, damit es nicht ausging. Eines Tagcs trat dcr Bürgermeister bei Anna ein, gchcimnißvoll, sehr bc wcgt. Fräulcin Anna, es wcrdcn von dcr Regierung Erkundigungen übcr Sie eingezogen. Man scheint sich höheren Orts für Ihre Familie zu intcreisiren Wissen Sic, was das zu bedeuten hat i Als sie nicht antwortete, fuhr dcr Bürgermeister fort: Ich habe natitr lich gesorgt, daß nur das Beste berichtet wird r- dcr Wahrhcit gemäsz ver steht sich." Ich danke Ihnen !" sagte Anna ruhig. Weiter war nichts aus ihr hcr auSzubckommcn. Sie sah blcich, üdcrwacht. vergrämt aus. Tem Bürgermeister ging das sehr nahe. Tas alte, zärtliche Jnter, esse, das er so männlich unterdrückt zu haben glaubte, regte sich. Er wäre gern langer geblieben. Abcr fie begegn ncte tirn so zurückhaltend. Er fühlte sich besangen, als ob er ihr etwas fr zubitten hätte. Er kam den nach ten Zag wieder, Anna war weder zutraulicher noch mit thcilfamcr als zuvor; abcr sie sah wie verklärt aus. Ihre Wangen blühten ... : . v :c st.. si . . . i i . . iniiHT, lyik Iiucn Iirulllicu. a war nur mit ihr vorgegangen? Ir konnte ia Niemand ahnen, was Anna in ihrer Briefmappe auf dem Sophatisch verborgen hielt: ein Schrei den, an sie persönlich gerichtet, allerdings mehr von persönlichem als osfizie!'cm Eharaktcr. Ein paar Zcilcn nur, von einer festen, männlichen Hand: Sehr geehrtes Fräulein! Ihr Gesuch vom 15. dieses Monats wird nach Krüf ten befürwortet werden. Es ist mir eine besondere Ehre, Sie versichern zu dürfen, daß es hier lebhaftes Interesse wachgerufen hat. Ich hoffe, Ihnen dem nächst günstige Mittheilungen machen zu können. Verlieren Sie inzwischen nicht Ihr Gottvertraucn und Ihren schönen, edlen Muth! Hochachtungsvoll Werner, ckrctär im königlichen Eivil- kabinett." Als mit dem März dcr Frühling ins Land kam, siedelte Anna mit ihren kleinen Geschwistern in ein Ostsccbad Tann lcuchtcten ihre Augen auf. Es kam wie eine Offenbarung übcr sie. Sie ergriff die Hand des Fremden. Herr Werner aus Berlin nicht wahr? Sie find eö, dem ich jene unser geßlichen. freundlichen Zeilen und die Bewilligung meines Gesuches verdanke! Hier, schauen Sie das Blondköpfchen an! Als ich damals meine öffentliche Bitte um Unterstützung verfaßte, rang das Kind mit dem Tode. . ." Ein Zimmer war eigentlich nicht mehr frei; abcr Anna räumte dcm Gast ihre Wohnstube ein. Ticscr meinte, in seinem Leben die Ferien noch nicht so schön verbracht zu haben. Tie Kindcr besonders das Blond- lopschcn, gewannen im c türme sein Herz. Er hatte vor Jahren ein umgc blühendes Weib verloren und war seit dcm ein einsamer Mcnsch gcwcscn. Jetzt war es, als ob sein Herz neue Knospen schlug im Sonnenschein aller dieser lachenden Kinderaugcn. die sämmtlich den dunkleren, tiefblauen dcr älteren echwestcr Anna glichcn Als er nach Ablauf von vier Wochen den Kindern mittheilte, daß cr nun morgcn fort müßte, ließen sie die Köpfchen hängen. Kommst du bald wieder?" fragte das Vlondtopschcn Ich denke doch wenn eure Schwester Anna es nämlich erlaubt eis saßen aus dcr Vcranda in Annas i,ami!icncckchcn, Es war um die Zeit. wo die Kinder zu Bett gebracht wurden -ic sagicn ocm neuen uncl" unge wöhnlich zärtlich und ausfuhrlich Gute nacht. Als Anna, die Klcine an dcr Hand. mncingcycn wouic. fragte ferner eigenthümlich gcprcßt: Tarf ich Sic nachhcr noch auf cincn Augcnblick hicr erwarten, Fräulcin Anna? Es ist ja der letzte Abc,." io cr oursic: coe Minute, oie er dich darauf ein: wenn das Laub, das hier die Veranda beschattet, ansärc roth zu werden, dann komr.e ich hole mir meine Frau und meine Kni der." iirat ufo Gacnl'lcnncn und SpSferce. Über, wo sie nach kurzer Vorbereitungs- noch unter ihrem Tache weilte hätte sie zeit eine Pension für Badegäste eross- festhalten mögen nete Tcr -tadtklatsai wollte wissen, eine hochgestellte Persönlichkeit Hütte sich für sie dahin verwandt, daß ihr von höch stcr Stelle eine bedeutende Summe als Erziehungsgcld für ihre Geschwister angewiesen worden sei. Wer anders als der Bürgermeister könnte das wohl gewesen sein? Um so mehr verwunderte man sich, da Anna mit den Ge schwistcrn jetzt das Städtchen verließ, anstatt die Kleinen in ein Erzichungs- Institut zu thun und rau Bürger meister zu wcrdcn Ein Jahr war vcrgangcn. Annas Farnilicnpcnsion, das Strandhaus", erfreute sich eines starken Zuspruchs, so da sie daran dcnkcn konntc, ihre Räumlichkeiten zu erweitern. Tie in ihrem Hause herrschende Solidität und Sauberkeit hatten sich einen Ruf cr- worden. Tie beiden älteren Knaben besuchten letzt schon die Schule. Blondköpfchen, das sich in der köstlichen Seeluft voll- ständig erholt hatte, wurde von den Pcnsionsgüstcn verhätschelt. i3 war cm sonniger Morgcn ndc Juli, um die Zeit der Badcstundcn. Im Strandhaus" war es so still, daß man vor dcr Thür das Rauschen dcr See hörte. Tie Sonne streute goldene Lichterchcn in das üppige Grün der Waldrebe und dcr Klcinatis, dic dic Veranda an der Front umrankten. In dem Vorgarten schnitt Anna rische Blumen für dcn Speisctisch, währcnd das Blondköpfchcn in seinem hellen Kleidchen wie ein Schmetterling hin und her gaukelte. Ich halte dir dcn Korb, ia. Anna?" zwitscherte das kleine Mädchen. Tarf ich diese Stiefmütterchen pflücken? Aber diese Ro,e. bitte, bitte! Tie sollst du haben." Und sie gab auch nicht nach bis die Schwester die rothe Rose an ihre Brust steckte. Hier, diese Levkojen darfst du pflücken. Thu' sie abcr hübsch in dcn Korb! Ich muß in dic Küchc." Kcinc von dcn bcidcn Schwestern ach tcte auf dcn Fremdling, der schon zum zweiten Mal langsam am Strand hause" vorbeiging. Als Schwester Anna in das Haus trat, guckte cr übcr das grünc Stakct, das das Gärtchcn von dcr Landstraße trennte. Ist das deine Mama. Blondköps- chen?" fragte cr freundlich. Xsl5 mno, oem oie coeuiung oiecs Namens fremd war, schaute dcn unbe kannten Herrn verwundert an, sagte abcr flink: Eine Mama habe ich nicht Das ist unscre liebe Schwester Anna Willst du uns besuchen?" Allerdings. Tarf ich hcreinkom- men?" Ta hielt Blondköpfchcn cs doch für gerathen, ins Haus zu laufen. Anna, Schwcstcr Anna, da ist cin remder Herr!" Einen Augcnblick, dann trat die Ge- rufcne auf die Veranda erhitzt von dcm Hcrdfcucr, frisch und stattlich zu gleich in ihrcm saubern, hellen Mor-genklcid. Der Fremde stand ihr gegenüber. Mit unvcrbolcncm Wohlgefallen glitt sein Blick übcr das anmuthigc Frauen- bild. Mcin Name ishWerncr," sagte er schlicht. Ist bei Ihnen noch ein Platz- chen frei für einen abgearbeiteten Be-amtcn?" Ucbcrrascht und fragend schaute Anna auf dcn stattlichcn Fremden mit dem dunklen Vollbart, den die ersten Silbcrfädcn durchzogen. Während sie fort war, schrieb er beim scheine dcr Lampe etwas auf. Es wuroe inzwischcn dunkel. Tic letzten von dcn Badcgästcn, die noch braunen sancn, zogen ,ch m ihre Zim mcr zurück. Ta kam Anna wieder heraus. Ihr Blick siel aus das Papier unter seiner Hand. Clever .nimrnci," vamic ie cr- schrecken, cr scheint seine Rechnung auszusetzen. Tas darf er mir nicht anthun! Nein, wenn cr morgcn Ab- schied nimmt, sage ich ihm, wie sehr wir uns frcucn würden, wenn er uns nächstes Jahr wieder besuchen will und und dann er wird verstehen." Werner stand auf. fräulcin Anna," sagte er, wäh- rcnd cr das Papier zulammcnboa wollen ic die Gütc haben, dicö durchzuschcn?" Also doch!" dachte sic, die unglüch liche Rechnung! Konnte cr mir dic nicht erlassen?" cie war ganz roth geworden. Ihre Augen wichen den seinen aus. Er sollte nicht sehen, daß sic feucht gcwor- dcn warcn. Was ist cs?" stammelte sic. Ein Bittgesuch. Sie wurden mich zu großem Tank crpfllchtcn. wenn eie es sofort erledigten sagen wir: in fünf Minuten. Ich gchc derweil im Garten auf und nieder Sic stand, das Papier in dcr beben- dcn Hand. In dcm Gärtchcn vor dcm Hause inirsqtc dcr Ziics unter einen schritten Tas Herz klopfte ihr zum Zcrsprin- gen. ivuns Minuten war eine kurze Zeit dennoch lang genug, um sic bis aus dcn Grund zu erschüttern. Als Werner zurückkam, hielt sie noch immer das schreiben in dcr Hand und dcn Blick darauf gcscnkt. Ihr Ecsicht gluhtc. Ter Morgen eines großen Glücke ging leuchtend in ihrer Seele auf. 'juin, Fräulein viniiar fragte er leise. Sic wandte sich ihm zu. Ein Helles Lächeln breitete sich über ihr Antlitz Bewilligt!" sagte sie, und ihre Stimme klang tief und rein wie eine Glocke. Turch das Gcranke vor dcr Veranda stahl sich cin Mondstrahl und blieb r: 1 i .. v es v . r. . inucni un vcin vlvnvcn iiuiiiji ocs Mädchens ruhen. Tas dunkle dc Mannes ncigte sich ihm zu; da war es. als ob eine Glorie beide umwob. Taß du es nur weißt. Geliebte. flüsterte er, ich habe mich ehrlich nach dir gesehnt, seitdem ich dein Bittgesuch las. In deine opferfreudige. TaS Telmenhorstcr KreiSblatt" schreibt: ..Vor langer als . Jahren wohnte hicr ein alter Arzt Namens Oppermann. der ein großer Natur sreund war und der Nachwelt eine im Museum zu Oldenburg befindliche große, alle hier wild lebenden Vogel raffen umfassende Eiersammlung sowie eine große Anzahl ausgeslopstcr ein heimischer Vögel hinterlassen bat. Auch dic in die Rinde cinacciöten Zeichuun- gen in dcm Buchcnbcstande unseres Thiergartens nahe dcr Oldcnburgischcn Ehaussce. als der Hirsch dcr Tiana u. s. w. rühren von ihm her. Tiefer Tr. Oppcrmann hatte eines TagcS cincn Hasen lebendig gefangen, dcn er seinem Freunde ftonipli in Bremen, dcr ebenfalls cin Thicrfrcund war und auch in seinem Garten wilde Thiere in Käfigen zu seinem Vergnügen hielt, zu gedacht hatte. Er sagte daher zu seinem alten Arbcitsmann: Jan. Tu kannst dcn Hasen woll in'n Sack kriegen und bringen cm na Bremen, na dcn ahlcn Konitzli an'r Slicvmühlcn." Jawoll," sagtc Jan, micnthalbcn kaun dc Rcis' foglict loSgahn." Jan wußte wohl, daß dcr alte Konitzki nicht knauscrig mit ZrinkgcrM war; auf cincn Bremer Gulden konnte er leicht rechnen. Tahcr war cr so hurtig und machte sich, als cr noch ein tüchtiges Buttcrbrod cingcstcckt hatte, mit Mcistcr Lampe sofort auf dcn Wcg. Allcs gcht gut, bis daß cr kurz vor Bremen nach Wahrthurm kommt. An dcr Ochtung es ist Montag stehen dic Eigarrcnmachcr und angeln. Jan kommt mit ihnen in's Gespräch und erzählt natürlich von dem Hasen und dem alten Konitzki und gcht dann nach dcr Voßmcycr'schcn Wirthschaft,, um fein Buttcrbrod zu essen und cin Glas Braunbicr zu trinkcn. Tie Eigarrcnmachcr habcn indcsscn ihrcn Plan gcschmicdct. Sie nehmen dcn Hasen aus dem Sack und setzen Voßmcicr's großcn Katcr hincin. Unscr Jan gcht, ohne auch nur eine Ahnung von dcm Streich, der ihm ge spielt ist, zu haben, mit seinem Sacke ruhig weiter und kommt denn auch endlich auf dcr Tchlcifmühle an. Tcr altc Konitzki, hoch erfreut Übcr die Sendung, sagt: Kumm her, Jan, wi will cm glicks in't Buur fetten." Im Gartcn, vor eincm gcräuinigcn Käsig, langt erst dcr alte Konitzli in dcn Sack, um Lampe herauszuholen. zieht aber schleunigst seine Hand mit einem lauten Schmerzensschrei wieder heraus und sagt: Mi hctt dat Lork bqten!" Jctzt wird die Sache mit Vorsicht näher untersucht und man findet eijjcn großen Kater im Sack. Ten Tcibel kann ick abcr ncch brukcn, dat kannst? den Toktor man fcggcn," sagtc dcr alte Konitzti, und so mußte Jan ohne Trink geld wieder abschieden. Erst überlegt er, er will den Tack mit dem Katcr in die Weser werfen, dann abcr sagt cr sich wieder, dcr Tottor müsse doch auch sehen, daß es hicr nicht mit rechten Tingen zugehen könne. Und so in seinen Gedanken kommt cr wieder bei Voßmcicr an und trinkt crst auf seinen Aerger einen, sagt abcr niemand etwas. Tie Eigarrcnmachcr haben ihn schon kommen schcn und auch seine trübselige Miene richtig taxirt. Tcn Katcr aus dcm Sack und dcn Hascn wicder hincin . . :n. . , i :-. ii zu innigen, ,,i vus eri eines Augen- blicks und so zieht Jan dcnn mit dem Langohr wicder dcr Heimath zu. ju Hause angekommen, erzählt er nun, wie cs dem alten Konitzki und ihm ergangen sei, daß der Hase sich in einen Kater verwandelt hätte und dat de ganze Geschichte nicks als Spökcree wör. Tat kann ,o gar nich angahn, sagt darauf Tr. Oppcrmann und revidirt dcn Sack, wo er Lampe ganz friedfertig vorfindet. Nu äbertüg Ti doch, Jan, dat et cu Hase is." Och wat," sagt Jan. dat is nicks als Ogcnvcrblcnneree. In Telrncn horst is ct cn Hase und in Bremen iZ et en Kater. Sebn se. liier kät be mi bäten un dcn ohlen Konitzki hctt bc klcit! Nicks as Ogcndlcnnen un Spökcree!" Seele eröffnete es mir dcn Blick. Tie hat die Vorsehung dir zugeführt, dachte ich, zur Entschädigung für dic lange Einsamkeit deiner jüngeren Jahre! Gc- wisz, cs war cm romantischcr Gcdankc, Anna! Aber cr ließ mir seine Ruhc. &) mußte dich aufsuchen. Und als ich dich sah, da sprach mein Hcrz: der oder keiner reichst du dein Bittgesuch cin, altcr Knabe!" Abcr ich bringe dir gleich drei Kinder in dem stilles Haus, du Guter!" murmelte sie. Tcsto besser!" sagtc er, dann wird es mau langer nu uno ooc sein. Tic ließ es geschehen, daß er sic an seine Brust nahm. Ein unsägliches Wonnegefühl durchzittertc sic, daß sic, die bisher nur gelebt hatte, um Tchwächcrcn eine Ttützc zu fein, jctzt an einem tarieren eine solche gcsun den hatte. Wir nehmen morgen nur cincn kurzen Abschied," fuhr cr fort. Richtc Vin Tchildbürgerstückchkn. In dcm Torfe Türnpclshauscn soll große "n ncuer Gcrneindcweg angelangt wer- dcn. Ter Gcomctcr kommt, richtet den Weg und steckt ihn mit Mühe und An strengnng durch Pflöcke ab. Das Werk wird vollendet, dcr Gcomctcr bcgicbt sich zum Gcmcindcvorstcher und sagt: Jctzt bitte ich, geben Sie acht, daß die Pflöcke über dcn Sonntag nicht gcstoh- lcn wcrdcn." Am Montag kommt dcr Gcomctcr wieder. Siche da: die Pflöcke sind fort. Ter Porsteher hat sie, damit sie nicht gestohlen würden, im Gemeinde Hause aufbewahren lassen!" ?ondcrlmre Ursache. Frau: An was ist denn das Kind der Haiiöincistcrin gestorben. Arnia?" Tienstinädchcn: Ich qlaubc an Alters- schwächc!" 5cine !5cwcssiil?r!iiig. Baron: Waren Sie bisher auch bei einem seinen Herrn in tcuuiigk Lakai: ..Freilich, da probircn Tic einmal eine von seinen Eigarrcn!" jl s