Sein 5Krenwcrt. Von Zan bt Rtdar. ilui dem ranzSüsäicn übtticyt von 31. bkrholzkr. Er war noch ein Knabe, noch nicht einmal sechzehn Jahre alt. und doch sollte er den Tod deS LrschieKcnS eilet den. Tie Jnsurgentenbande. zu welcher er gehörte, war von den steglerungs truppen geschlagen und zerstreut und der Junge mit einigen tetner ttamera den gefangen nach der Mairie deS I! Arrondiffement geführt worden. Der Kommandant, betroffen von fei vtr iuaendlicken Erscheinuna und er ftaunt über die Kaltblütigkeit, die der Knabe in der Todesstunde zeigte, be fahl, mit dem Vollzug des Urtheils zu warten und den unaen so lanae ae fckngen zu halten, bis seine Kameraden bei der nächsten Barrlkade ihr trauriges Ende gefunden hätten. Anscheinend ganz ruhig und ergeben zeigten feine rothen, dunklen Augen und sein blasseS Gesicht daS bleiche Gesicht eines ParifcrkindeS keine Spur von Aufregung oder Angst. Er fchien alles das, was um ihn herum vorging, zu beobachten, als ob es ihn nicht berührte. Er vernahm die dumpfe Gcwchrsalve, die seine Kameraden in die Ewigkeit hinüberdeförderte. ohne auch nur mit einem Muskel zu zucken; sein ruhiger Blick schien in das große Spä ter" zu schauen, das bald auch für ihn daS Jetzt" werden sollte. Vielleicht dachte er an seine glückliche sorglose Jugendzeit er war ihr ja kaum ent wachsen vielleicht an seine Berwandten und an ihren Kummer, wenn sie von ihm hörten; oder an die Kette fataler Ereignisse, die ihn des Vaters beraubt und in den pochenden Aufruhr des Bür gerkriegeS gestoßen hatte; vielleicht auch sann er darüber nach, wie dies alles ge kommen war. Zur Zeit, als der Krieg erklärt wurde, lebte er glücklich bei Bater und Mutter, rechtschaffenen Leuten der Ar beiterklaffe, die ihn einem Buchdrucker in die Lehre gegeben hatten; nie trübte die Politik jenen stillen Haushalt. Bald hernach wurde daS Haupt der Familie von den Preußen erschossen. Die Entbehrungen während der Be lagerung. das lange, ermüdende Warten auf die spärlichen Nahrungsrationen, die während eines strengen Winters vor den Metzger und Bäckerläden vertheilt wurden, hatten seine Mutter auf das Krankenlager gestreckt, wo sie langsam dem Tode entgegenging. Eines Tages, als er mit einigen Kameraden hinausging, um auf den festgefrorenen Feldern von St. Denis Kartoffeln auszugraben, erhielt er eine preußische Kugel in die Schulter. Bald darauf hatte ihn der Hunger, oder viel mehr die Furcht vor den Drohungen seiner Kameraden in das Heer der Kommune getrieben. Wie noch viele seiner Kameraden hatte ihn die bloße Furcht in den Reihen der Kämpfer zu - riMehalten; es widerstand ihm, gegen Bruder zu kämpfen und jetzt, da er sei ncn Schritt mit seinem Leben bezahlen sollte, war er froh, kein Menschenleben auf seinem Gewissen zu haben. Die Dinge, die er in den letzten Mo naten gesehen und gelitten, hatten ihm einen Abscheu vor dem Leben eingeflößt. Es schauderte ihn bei dem Gedanken, seine Mutter in dieser schrecklichen Welt zurücklassen zu müssen, seine Mutter, die er so zärtlich liebte und die so un aussprechlich gut gegen ihn war; allein er tröstete sich mit dem Gedanken, daß sie ihm bald nachfolgen würde, denn sie war schon sehr schwach, als er sie vor vier Tagen gesehen hatte. Küsse mich. Lieber, küsse mich." hatte .sie gesagt, denn ich fühle, daß ich Dich nie mehr sehen werde." Ach." dachte er bei sich traurig. ' wenn sie ihm nur trauen, ihm nur eine Stunde die Freiheit zurückgeben wür den, wie würde er zu ihr eilen und dann wieder zurückkehren, um sich den Hän den zu überliefern, die nach seinem Blute dürsteten! Er wollte sein Ehren Wort geben und auch halten. Warum denn nicht? Außer seiner Mutter euch sie war ja dem Tode nahe harte er niemand mehr zu betrauern. Sie nochmals sehen, ihre Lippen noch, mals küssen, sie trösten und ermuthl Jen, sie hoffnungsvoll verlassen und dann dem Tode unerschrocken in's Ge ficht sehen." Mitten in den traurigen Gedanken näherte sich ihm der Kommandant, ge folgt von einigen Offizieren. Nun, Bürschchen," sagte er, Du - und ich haben eine Rechnung abzu 1 ichließen ; Du weißt, was Dir bevor steht ?" Gewiß. Herr Kommandant, ich bin bereit." Wirklich? So völlig bereit. Du fürchtesr Dich also nicht vor dem Tode?" Weniger als vor dem Leben. Ich habe die letzten sechs Monate so viele, so schreckliche Dinge gesehen, daß mir der Tod besser erscheint, als ein solches Leben." Ich wette, daß Du nicht zögern würdest, wenn ich Dir die Wahl ließe. Wenn ich nun sagte: Setze Deine Füße in raschen Lauf und zeige uns. wie schnell Du uns aus den Augen bist, so wärest Du bald fort, ich wette." Versuchen Sie es nur, Herr Kom Mandant, versuchen Sie es! Stellen Sie mich auf die Probe; es ist den Versuch werth. ES hat nichts zu bedeuten, ob Ihre Leute einen Mann mehr oder weniger erfchietzen. litne tcimot nur der Freiheit; Sie werden sehen, ob ich Ml Jahrgang 20. nickt mein Wort halte und ob ich mich fürchte, zu sterben." Oho! Du bist kein Narr, aber Tu miifct rnick siir einen kalten. Einmal in Freiheit und weit weg von da und dann zurualehren. um erichonen zu werden, gerade als ob Tu ein gewöhn lickkS Versvrecken hielte ? Nein. Bürschchen. daS kannst Tu mir kaum weismachen!" Hören Sie mich an, Herr, ich bitte Sie! Vielleicht haben Sie eine gute Mutter, die Sie lieben, mehr lieben als Alles in der Welt. Wenn tete, wie ich iedt. sterben sollten, so wären Ihre letz ten Gedanken bei ihr. Und Sie würden den Mann segnen, der Ihnen die Er laubniß gäbe, sie noch einmal, zum letz ten Male iu scben. Herr omman dant. thun Sie für mich, was Sie an dere bitten wurden zu thun. Geben Sie mir eine Stunde frei und ick aebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich zurück kehren und mich uverliesern weroe. In das Leben selbst eine? gebrochenen Ver sprechenS werth?" Während der unae sprach, schritt der Kommandant auf und ab, drehte lebhaft seinen Schnurrbart und kämpfte auaenschcinlick aeaen die Rührung, die in ihm aufkommen wollte. Mem Wort." murmelte er. ..Tieler Kaffendube sckwakt von ..mein Wort". als ob er ein Ritter von der Tafelrunde wäre!" QUflhlick bielt er dickt vor seinem Ge sanaenen an und fraate in barschem Tone: Dein Name?" Victor Oun." Alter?" Sechzehn am 15. Juli nächsthin." Wo wohnt Deine Mutter?" In Belleville." Was bat Dich veranlaßt, der Kom ,mune zu folgen?" Hauptsächlich die Dreißig feous. Dann haben die Nachbarn und meine Kameraden aedrobt. mich zu erschießen. wenn ich nicht mit ihnen ziehe; sie sag ten. ich sei groß uno narr genug, eine Flinte zu tragen. Meine Mutter fürch tete sich vor ibnen ünd bat mich wei nend. ihnen Folge zu leisten." Tu hast also reinen lisatex meyrk" Er wurde getödtet." Und wo?"- ..Bei Bouraet im Kampf für das Vaterland." Der Kommandant wandte sich zu sei nen Offizieren, um ihre Meinung zu vernehmen. Alle ichlenen lies geruyri zu sein. Nun gut!" sagte der Offizier nach kurzer Ueberlegung ernst. Du kannst hingehen, um Deine Mutter zu sehen. Du bast mir Dein Ehrenwort aeaeben. nach einer Stunde wieder hier zu sein. C'est bien. Ich werde dann erfah ren. ob Du ein feiger Bursche bist. Ich gebe Dir Zeit bis zum Abend. Wenn Du bis acht Uhr nicht hier tust, so weroe ick Dick als einen Brabler betrachten. dem es mehr um's Leben, als um die Ehre zu thun ist. Allons! Vorwärts marsch!" Ich danke Ihnen, Herr Komman dant. Ich werde um acht Uhr hier fein." Bist Dii dessen auch ganz sicherr Ganz sicher." Das werden wir dann sehen." Der Knabe wollte den Offizier vor Freude und Dankbarkeit umarmen. wurde aber vom Offizier sanft zurück gewiesen. ttoch nicht," sagte er. veure Aveno, wenn Du zurückkehrst, will ich Dich um armen vordem Peloton", fügte et sarkastisch bei. Fort mit Dir!" - Viktor lief wie ein Haft; die Csn ziere lächelten, indem sie ihn verschwin- den sahen. Zwanzig Minuten später klopfte er an die Wohnung ftlner Mut ter und die Nachbarin, welche sie hfleslic öffnete ibmx Sie subr erschreckt zurück und stieß einen Schrei des Er ftaunens aus, denn sie yieu lyn, wie Jedermann für todt. Er wollte ins Zimmer zur Mutter eilen, wurde je doch von der Frau zurückgehalten. Tritt leite ein, sag sie nusierno, heun sie fckläft. Sie ist seit deinem Weggang sehr krank gewesen; es geht ihr aber ein wenig besser. Der Arzt sagte gestern, daß sie bald zu Kräften kommen würde, wenn sie schlafen könnte; man darf sie also nicht wecken. Armes Ding! sie wird sich woyi eyr wie, dich zu seyen, denn sie yai ,o ist nack dir aesraai. Wenn sie nicht nach dir rief, so betete sie zum Bon Dieu", daß er dich erhalten und den Krisen dem Lande wieder aeben möge. Ach! man möchte wohl sagen, er. der gute Gott, hätte uns verladen uno die Menschen ihrem eigenen Willen über lassen. Es ist schrecklich!" Jetzt glaubte der ungeouioige llior inen Namen mit schwacher Stimme lifen zu hören. Auf den Zehen schlich ' nf das Bett seiner Mutter zu. Er hatte sich nicht getäuscht: die Augen der kranken Frau standen weit offen. SMlIiMU Bettage zum Nebraska Staats-Anzelger. Viktor! mein liebes Kind!" rief sie mit schmacher Stimme aus. Obne ein Wort zu äußern, legte er sich neben sie auf das Bett und ihre Arme schlangen sich um ihn. Und nun konnte der Knabe, der so gelassen dem Tode ins Angesicht ge sehen, nichts anderes thun als schluch zen. Jetzt, in den Armen der Mutter, wurde er wieder ein schüchternes, ver zweifelndes Kind. Die kranke Frau, die auS seiner Gegenwart Kraft zu schöpfen schien, versuchte umsonst, ihn zu trösten. Warum bist du denn so traurig, mein liebes, liebes Kind?" fragte sie. Tu sollst mich ja nie mehr verlassen. Wir wollen diese abscheuliche Uniform wegiverfen; ich mag sie nicht mehr sehen. Ich fühle mich viel stärker seit dem du gekommen bist und will machen, daß ich recht bald gesund werde. Bald wirst du wieder an die Arbeit gehen und dann aufwachsen und ein gutes Mädchen heirathen. Die Vergangen heit wird dir dann nur als ein schlech ter Traum erscheinen, und wir werden sie ganz vergessen, ganz, liebes Kind." Arme Seele! Wie konnte sie wissen, daß das Bild, welches sie von einer freundlichen Zukunft entworfen, den Knaben nur noch trauriger stimmte? Sie schwieg, indem sie sich sagte, daß es wohl der beste Weg fei, Thränen zu trocknen, indem man sie frei fließen läßt. Sie küßte den Knaben, ließ das müde Haupt auf das Kissen zurück sinken und überließ sich den Träumen von glücklicheren, zukünftigen Tagen. Das Schluchzen des Knaben legte sich nach und nach und bald vernahm man im Zimmer nur noch die regelmäßigen Athemzüge von Mutter und Kind. Beschämt über seine Schwachheit er langte Viktor wieder seine Fassung. Als er sich erhob, war feine Mutter vor Erschöpfung, welche die plötzliche Freude verursacht hatte, eingeschlafen. Dieser Anblick gab ihm feinen Muth vollständig zurück. Eine gütige Vor- sehung. dachte er, hatte ihm eine Scene erspart, die für seine Kräfte zu viel ge wesen wäre und so entschloß er sich, die Mutter sofort zu verlassen. Noch einen leichten Kuß drückte er ihr auf die Stirn und schaute ihr noch einige Augenblicke ins Angesicht; sie schien zu lächeln. Dann eilte er aus dem Haufe seinem Posten zu, ohne daß er es ge wagt hätte, auch nur ein einziges Mal sich umzusehen. Wie! so bald?" rief der Komman- dant erstaunt aus. Er hatte als gut- herziger Mann geglaubt, der Knabe würde nicht mehr zurückkehren. 'Aber ich habe es ja versprochen!" Ohne Zweifel, aber warum denn so eilig? Du hättest ja noch viel länger bei deiner Mutter weilen und doch dein Wort halten können." Arme Mutter! Nach einer traun gen, thränenvollen Scene Thränen der Freude für sie. der Verzweiflung für mich schlummerte sie so ruhig, so zufrieden ein. daß ich es nicht wagte, sie zu wecken. Sie hielt mich noch mit den Armen umschlungen, als wollte sie mich nicht mehr von sich lassen. Wie hätte ich ihr die Wahrheit sagen kön nen? Wer weiß, ob ich dann noch den Muth gehabt hätte, sie zu verlassen? Was hätten Sie von mir gedacht, wenn ich nicht zurückgekehrt wäre? Ich küßte sie also und schlich mich wie ein Dieb fort, während sie noch schlief und da bin ich. Möge Gott gut mit ihr sein, weil Sie es gegen mich ge wesen ist. Herr Commandant." ich habe 'noch eine Bitte; machen Sie es kurz!" Der Offizier betrachtete den Knaben mit den gemischten Gefühlen des Mit leids und der Bewunderung, feine Augen waren feucht. Du hast dich also ganz ergeben und der Tod erschreckt dich nicht?" sagte er. Viktor machte eine verneinende Be wegung. Und wenn ich dich begnadigen würde?" Sie würden damit auch das Leben meiner Mutter retten und ich würde Sie als zweiten Pater verehren." "Allem'." Du bist ein muthiger Bursche und hast eS nicht verdient, so zu leiden. Tu kannst gehen. Umarme mich noch "bien!" Nun gehe, gehe schnell. Eile, zu deiner Mütter und liebe sie immer." Indem der Offizier diese Worte sprach, nahm er den Knaben bei der Schulter und schob ihn sanft von sich. Es wäre wirklich schade um ihn ge wesen," sagte er. sich entschuldigend, zu seinen Offizieren gewendet. Viktor lief nicht, er flog nach Haui'e. Die Mutter fchlief noch., Er hätte sie so gerne mit Küssen überhäuft; allein er wagte es nicht, sie zu wecken. Er legte sich wieder neben sie aufs Bett. Plötzlich fuhr sie auf und rief aus: Dank dir, Viktor! Mein Kind! O! Tank! Ach. bist du denn wirklich bei mir?" Sie betastete ihn überall mit ihren abgemagerten Händen, zog in näher an sich und überhäufte ihn mit Küssen. Dann fing sie an, konvulsivisch zu schluchzen. O, mein Kind, mein Kind!" stöhnte sie, es träumte mir, sie wollten dich erschießen!" Das Butterfaß in der Schanze. Mich zog es nach der nordischen Hauptstadt am blauen Sunde nach Kopenhagen. Nun sitze ich auf der Veranda deS StrandPavillons an der Langen Linie" und träume. Es ist Abend, die Leuchtthürme wer fen ihren Schein über die Wellen, Segelboote kreuzen vor dem Winde, be gleitet von dem kühnen Bogenfluge der Möwen. Langsam rauscht ein Dampfer vorbei, der ein mächtiges altes Kriegs schiff ohne jede Takelage im Schlepptau hat. Peer", sagte ich zu meinem jungen Freunde und Begleiter, kennen Sie das alte Kastell?" O, ja. das ist der alte Niels Jule". früher ein stolzer Kriegsdampfer mit 40 Kanonen, jetzt ausrangirtes Schulschiff, wie der Rolf Krake", der drüben beim Fort Tre Kroner" liegt." Ich sprang nach der Ecke der Veranda und verfolgte das alte Schiff mit den Augen, so weit es möglich war, kaum fähig, meine Er regung zu verbergen. Ich hatte den Rolf Krake", damals der Schrecken unserer Marine, wohl kennen gelernt, als er die Gammclmark Batterie am Alsen-Sund beschoß aber auch den Niels Juel" kannte ich. Es war im April 1864. als ein Bataillon des 48. Infanterie Reqi- ments. eine halbe Batterie Artillerie und meine (die zweite) Schwadron des ä cw n .. n . .r je. .. n rr: ... m ' in 4. ncunuericycn uranier Negimenrs die kleine Insel Fehmarn einnahmen. Die kleine Besatzung, etwa 120 Mann, ergab sich. Aber nun hieß es, die un gefähr vier Geviertmeilen große Insel mit unserer geringen Streitmacht gegen die dänischen Kriegsschiffe zu vertheidi gen. Da diese verschiedene Landungs versuche machten, so wurden nach allen ausgesetzten Stellen Jnfanterie-Wachen beordert, denen je zwei Mann Küras siere beigegeben waren, die den Melde dienst versahen. Unsere Hauptmacht, die Infanterie und Artillerie, befand sich in dem Städtchen Burg, das unge fähr in der Mitte der Insel liegt. Hier standen Tag und Nacht ein halbes Hundel Bauernwagen angespannt, um unsere Infanterie möglichst rasch nach den bedrohten Stellen an der Küste hinzubringen. Unsere Schwadron war in Meldepoften vollständig aufgelöst. Ich wurde mit einem Gefreiten zur Infanterie Wache nach der Tiefe kom mandirt, einer Landzunge, die sich weit in den Fehmarn-Sund erstreckt. Hier stand das Gehöft des alten Kapitäns Adams, der das Amt eines Lootsen Kommandeurs versah und dazu vom Ertrage seiner schönen Wiesen und sei nes Viehstalles ein beschauliches Leben führte. Adams war eine alte Seeratte; er hatte fast alle Meere der Welt besah ren und wußte recht gut zu plaudern. Wir saßen eines Morgens nach dem Frühstück behaglich auf der großen Bank vor dem Hause schmauchten un scre Pfeife und suchten mit dem großen Tubus des Kapitäns, einem alten, aber trefflichen Fernrohr den Horizont ab, da fast täglich dänische Kanonenboote um die Insel kreuzten. Plötzlich rief der Kapitän: Ich glaube, es giebt etwas zu melden, ein großes Schiff steuert gerade auf uns zu!" Und so war es; immer klarer war der Rumpf eines größeren Dampfers mit rauchendem Schlot zu erkennen. Aber auch die Aufregung des Alten steigerte sich mit jeder Minute, zumal er nun das Schiff erkannte; es war die dänische Fregatte Niels Juel", die 40 Kanonen führte. Ich brachte rasch die Meldung zu Pa pier, half meinem Kameraden auf's Pferd und in tollem Ritt ging es über die weiten Wiesen nach dem etwa drei Viertelstunden entfernten Burg zu. Die Fregatte kam immer näher; wir hatten weiter nichts zu thun, als den Gang der Dinge abzuwarten. Es ver ging kaum eine Viertelstunde, als das Schiff eine halbe Wendung machte und seine Breitseite zeigte. Jetzt sahen wir deutlich zwei, drei, vier Rauchwölkchen aus den Stückpforten aufsteigen, und einige Sekunden später hallte auch der Donner aus ebenso vielen Geschützen zu uns herüber. Wir, die Wachen, hatten uns hinter dem freistehenden Wohnhause versam mclt und rauchten unsere Pfeifen; das Gesinde flüchtete in die Keller. Niels Juel" gab im Ganzen ungefähr 10 Schüsse ab. die nach der etwa 200 Schritte entfernten Lootsenboot-Station gerichtet waren und diese auch zum No. 1. Theil trafen und zerstörten. Eine Kugel, ein 30pfündigeS Vollgcfchoß. schlug dicht vor dem Hause nieder, so daß der auffliegende KieS und Sand mehrere Fensterscheiben zertrümmerten. Tann machte die Fregatte kehrt und dampfte langsam weiter: jedenfalls hatten die Tänen nun auch die im Ga lopp herankommende Artillerie und die Wagen, mit der Infanterie auf der flachen Insel bemerkt. Es war ein hübsches Bild, als zuerst unsere Ar tillerie heranrasselte: Batterie rechtsum, kehrt, schwenkt, halt protzt ab Feuer! und majestätisch rollte der Donner über die Meereswellen. Aber wir konnten den Dänen nichts mehr schaden, denn wir sahen genaue wie unsere Granaten platzten, bevor sie das Schiff erreichten: wir hatten damals noch die alten glatten Geschütze. Bald war die Fregatte außer Sicht und nach einer halbstündigen Ruhe zog unsere Streitmacht wieder ab. Nun hatten wir wenigstens Pulver gerochen und Alles war natürlich in Aufregung. Auch der alte Adams jammerte: Meine Boote haben sie mir heute zerschossen, vielleicht kommen sie morgen und schießen mir auch Haus und Hof zu sammen. Denn bis Eure Artillerie herankommt, ist's zu spät! Sehen Sie drüben die alte Schanze?" Kaum dreihundert Schritte vom Ge sicht entfernt, stand ein mit Gras be machsener Erdwall, wirklich, noch eine chanze aus dem Kriege vom Jahre 1841. Adams bat mich, im Falle wieder ein Kriegsichiff nahen sollte, doch mit einigen Soldaten die Schanze zu be setzen, damit die Tänen glauben, es feien Geschütze darin." Der Alte hatte freilich in feiner Angst nur den Gedan ken. wie er Laus und of aeaen etwaige Angriffe schützen könne. Aber auch meine Strategie heckte einen Plan aus. Die holsteinischen Butterfässer, lang und schmal, aus hellem, wcißge scheuertem Holz, sehen der Kanone nicht unähnlich. Nachdem wir eines auf einen flachen Milchwagen festgebunden, schoben wir das improvisirte Geschütz mit lustigem Halloh und Hurrah nach der Schanze hin. Das gefiel unserem Wirth und er gab reichlich Beer und Köm" zum Besten. Und was soll ich sagen: 2 oder 3 Tage später ganz dasselbe Bild. Es war ein heller, schöner Frühlingsmor gen, als schon das Fauchen einer Dampfmaschine über die glatte See hörbar wurde. Bald zeigte sich auch unser Niels Juel" mit direktem Kurs auf uns zu. Ich werfe meinen Kürassier wieder aufs Pferd und laufe mit vier Jnfan teristcn nach der Schanze, mit einer langen Bohnenstange hantirend. Wir legen uns über das Butterfaß und rich ten es auf die Fregatte, die bis auf etwa 2000 Meter herankam. Plötzlich aber machte sie in einent weiten Bogen kehrt und dampfte ab. Als unsere Ar tillerie und die Bauerwagen mit der Infanterie herangaloppirten, war die Arbeit geschehen; wir hatten mit einem Butterfaß eine Fregatte von 40 Kano nen in die Flucht geschlagen." Das Gelächter aber und das Hurrah geschrei der Artilleristen wollte kein Ende nehmen, als sie unsere armirte" Schanze besahen. Am 'meisten zufrie den aber war der alte Adams. Er hat auch sein Butterfaß nicht' aus der Schanze geholt, bis der Waffenstillstand kam. Ein iiederer Sachse. Bei meiner letzten Fahrt über den atlantischen Ozean hatte ich zum Tisch nachbar einen wackeren Steinhauer aus der Salzstadt an der Saale, der einen seit längerer Zeit in Philadelphia an sässigen Bruder besuchen wollte, einen originellen Herrn mittleren Alters, der den Mitreisenden durch seine drolligen Einfälle und die Art und Weise, wie er sich ausdrückte, vielen Knak funiht, Selbstverständlich verstand er kein Wort Englisch, und gab sich auch während der Ueberfahrt nicht die geringste Mühe, etwas von der Svracbe des Lankps w er besuchen wollte, er erlernen. 'Nur den Namen eines einzigen Gegen standes. dessen er als eifrinpr mnw täglich einige Dutzend Male bedürfte. und ,hn nannte er auf sächsjsckenkisis Matsch!" In New Nork anaekomm?n fif bei der Zollrevision unglückseliger Weise in oie anoe eines Jouveamten, dessen Wiege auf der grünen Insel gestanden hatte. Die Eonvcrsation mit" hn beiden war einfach großartig. Der eine sragie aus iri,ch-engll,ch, der andere antwortete aus säcbsisck-d?t,', nr. stündigung natürlich unmöglich. Da ram oem warnten aus einmal ein glücklicher Gedanke. Er faßte nach den Westentaschen des Fremden und fragte "Got any watch?" Aha." denkt mein biederer Sachse, durch den Gleich- klang verleitet, jetzt verstehe ich Dich. IF greift in die Tasche uns überreicht mit den Worten hier, mei gutefleZ Herrchen, ich hab Se grade noch zwee. dem erstaunten Beamten zwei Streich Hölzer. Einige Wochen später traf ich ihn in der Ouäkerstadt am Telaware. und er kündigte mich bei ihm, wie ihm sein Aufenthalt hierzulande behage: Ach. wissen Se. nich besonders, blos mei Bruder is sehre gut. der läßt mich ner gens bezahlen, denn ich hab Se blos deutsches Babiergeld mit und das will ich mer doch nich wechseln laffen. Un neulich, da hat er gar sei Testament ge macht un meinen Gindcrn sei ganzes Vermögen vermacht. Nu möchte ich mich doch gerne revanchircn. Was mei ncn Se. ich denke, wenn ich nach Deutschland komme, schicke ich ihm ich bin Se nämlich Steinhauer als Tank enen recht schönen Grabstein!" roszmüthig. Daß auch Napoleon der Erste groß müthia bandeln konnte, iat folgender Vorfall. Ein Graf P., den er zu Rang und Würden erhoben hatte, verrieth ihn aus Gründen, die nie bekannt geworden sind. Als Napoleon von seinem Treu bruch erfuhr, veranlaßte er die sofortige Verhaftung des Schuldigen. Schon tags darauf sollte er vernommen und, da sein Vergehen sonnenklar zu Tage lag, verurthcilt werden. Inzwischen erbat sich die Frau des Grafen eine Audienz, welche der Kaiser ihr auch be willigte. Madame." sagte Napoleon, um Ihretwillen thut es mir leid, daß Ihr Gemahl sich in eine Schuld verwickelt hat, die feine Undankbarkeit nur allzu unwiderleglich bloßstellt." Vielleicht ist er so schuldig nicht, wie Eure Majestät anzunehmen geruhen," wagte die Gräfin zu erwidern. Die Handschrift ihres Gatten ist Ihnen jedenfalls bekannt," bemerkte der Kaiser, einen Brief aus der Tasck? ziehend, den ex schweigend der Gräfin überreichte. ' In dem Schreiben erkannte sie die Handschrift ihres Mannes und, über, wältigt von dieser Thatsache, sank sie in Ohnmacht. Als sie wieder zu sich kam, sagte Napoleon: Behalten Sie den Brief, Gräfin, er ist der einzige gesetz kräftige Beweis seiner Schuld; im Kamin hinter Ihnen ist ein Zeuer an gezündet." Die Gräfin verstand den Wink und warf das wichtige Schriftstück schleu nigst in die Flammen. Zwar wurde dadurch das Leben ihres Mannes ge rettet, doch feine Ehre war für immer verloren. Ludwigs de echSzehnte Lehr' metfter. Im Mai 1792 hatte Ludmia der Sechszehnte im Verein mit dem Pariser Schlossermeister acaues Kamin, der feit vielen abren sein Lehrmeister i dem als Liebhaberei von ihm betrie venen Handwerk war, einen kunstvollen eisernen Wandschrank fertiggestellt, in eine Wand seines Arbeitszimmers in den Tuilerien einmauern ließ. Die Stelle, wo sich die Thür des geheimen Schrankes in der Wand befand, war durch eine Tapete und umgehendes Ge- lasei oeramg verdeckt worden, daß der König den Schrank für ein sicheres Ver steck zur Aufbewahrung seiner Privat Papiere hielte Jacques Gamin, der cyivsser, war rym ergeben, und ein Verrath von serner Seite sckien ausn. schlössen zu sein. Als iedoch bald daraus eine Versol. gung aller derer begann, die mit Lud wig dem Sechszehnten in Verkehr ge standen hatten, hielt es Gamin für ge rathen, dem Nationalkonvent Anzeige von dem Geheimschrank des Königs zu erstatten. Einem Judas gleich führte er selbst die zwölf beorderten Unter sucoungsiommlssare in das Gemach, und indem er mit frecher Vertraulickkeit seinem königlichen Schüler die rechte Hand reichte, klopfte er mit dem Stock in seiner Linken an die Stelle der Wand, wo sich der vermauerte Sckrank befand. Ludwig, der jetzt die verrätherische Komödie durchschaute, sagte, voll der Traurigkeit die Hand aus der Rechten des Schlossers ziehend: Habe ich daS um Euch verdient?" Der Schrank wurde snlck , brachen. Er enthielt die Briefe, die er von seinen ins Ausland geflüchteten Brüdern erhalten hatte, Schriftstücke, die sväter trok ibr?r ftintttfnfinfi nist Handhabe dienten, das Todesurtheil uoer lyn auszusprechen. Jacques Ga Min emvfina für seine ?!udaStbat in. lebenslängliche Pension. Der pielftuhl. König Friedrich der Dicke van Wilrb tembera. ein weaen seiner unanüneMm Heftigkeit und tvrannisck?n lmiiik,irt gefürchteter Mann, hatte einen söge- nannien plelsluhl, der. wenn man sich darauf setzte, die beliebtesten Volks melodien spielte. Das Uhrwerk im Stuhle war einst aufgezogen, wurde aber durch irgend eine Störung ge hemmt; kurz, als sich der Leibarzt eines Tages auf den Sessel niederließ, um den im Sterben liegenden König zu oeooacylen. kam das Walzwerk wieder in Bewegung und die Melodie des Lie des: Du bist der beste Bruder auch nicht !" ertönte zum Entsetzen aller An wesenden durch das Zimmer.