Eine schreckliche Nacht. YrMlung von Q. Hildebrandt. Fräulein Elotilde Rennbach sah an ihrem Schreibtisch und rechnete innren Wirthschaftsbüchcrn. als die Thür schnell aufgerissen wurde und ein schönes. jungeZ Mädchen mit lachenden blauen Auaen ins Zimmer türmte .Tante, liebste Tante, lies doch! Ich soll ein paar Wochen zu Alice nach ttch lemtein kommen Tie Tante nahm den Brief und la bedächtig. Lichtcnstein ist das nicht die Bcsivuna des Irrenarztes Toktor Ebelina?" fragte sie. Gewiß. Tante. Nicht wahr. Tu läßt mich gehen?!. Was bleibt mir denn übrig, als ja zu sagen? Tu scheinst ja ganz verliebt in Alice Ebclina'. tzlse erröthetc. Alice ist meine beste Freundin von unserer Pension in der Schweiz her. Ich würde wirklich gluck lich sein, wenn ich längere Zeit bei ihr bleiben dürfte. Wir hatten uns sehr lieb. Hm, hm! Nun. da kannst Tu gleich morgen reisen!" Schon am nächsten Tage traf Elfe . Rennbach in . Lichtenstcin ein. Tas Wiedersehen der beiden Freundinnen war ein äußerst herzliches. Sie hatten einander so viel zu erzählen und Alice der Freundin so viel zu zeigen, da ihnen die Zeit im Fluge verging und sie sich wunderten, als das Mädchen kam. sie zu Tisch zu bitten. Während sie die Treppe hinabgingen, fragte Elfe: ,33ist Tu denn niemals ängstlich. Alice, immer so in der Nahe dieser Irr sinnigen zu sein?" Ach nein. lachte Alice sorglos . Die armen Wesen, die wirklich gcführ lich find, bewohnen den linken Flügel des Hauses, welcher ganz getrennt von dem rechten liegt, und in der Mitte des Gebäudes sind die ruhigen, harmlosen Kranken untergebracht." Siehst Tu 'sie manchmal?" Gewiß. Wenn Papa glaubt, daß es ant für sie sei. dann läßt er sie mit uns essen, oder Harry und ich spielen Tennis mit ihnen." Tein Bruder Harry?" Ja. Du erinnerst Tich seiner doch von Zürich her, als er mich besuchte. Er hat oft von Dir gesprochen, liebe Elfe. Schade, daß er noch nicht zurück ist. Er hat eine längere Vergnügung reise unternommen. Ta er jetzt noch nicht da ist. wird er wohl morgen um diese Zeit kommen!" Als die beiden jungen Damen das Speisezimmer betraten', fanden sie Frau Doktor Ebeling in einem großen Stuhl am Fenster sitzen, während ihr Gatte neben ihr stand. ' Beide unterhielten sich mit einem hochgewachsenen, mili tärisch aussehenden Herrn; seine Hal tnng war stolz und aufrecht, die Klei- dung äußerst elegant, sei Gesicht hatte einen leidenden, dustern Ausdruck, und auf der Stirn zog sich eine lange, tiefe Narbe wie von einem Säbelhieb bis "dicht an das linke Ange hin. Elfe meinte, noch nie so dunkle, kühn blitzende Augen qcichcn zu haben Bei Tisch hatte sie ihren Platz diesem Herrn gegenüber, der ihr als Major Frank vorgestellt worden war. Bon Zeit zu Zeit sah sie einen seiner for schenken, langen Blicke auf sich ruhen, unter denen ihr gar eigenthümlich zu Muthe ward; im Allgemeinen jedoch widmete er seine volle Aufmerksamkeit dem Essen. Seiner Art des Essens nach zu schließen, konnte man annehmen, er habe mindestens einen halben Tag nichts genossen, so hungrigß er. End' lich war sein Appetit befriedigt und er begann, sich lebhaft mit Herrn und Frau Toktor Ebeling zu unterhalten, wobei er die Konversation zum großen Theile beherrschte und führte. Er sprach höchst fesselnd; er war viel in der Welt herumgereist, hatte Asien, Ante rika und eiuen Theil Afrikas durch quert und erzählte die wunderlichsten Dinge von Ceylon, wo er sich längere Zeit ausgehalten und enge Freundschaft mit einem buddhistischen Priester ge schlössen, der ihn in alle möglichen Ge hcimnisse eingeweiht hatte, von denen Wir müssen ihn zum Singen bewegen. daS beruhigt seine erregten Nerven." Elle fühlte sich plötzlich recht unbe haglich bei dem Gedanken, den Abend in des Majors Gesellschaft verbringen zu sollen. Seine dunklen Augen flöß ten ihr heimliche Angst ein. Tiefe Menschenfreundlichkeit Toktor Ebe lings seinen Patienten gegenüber ist ja recht hübsch, aber wenn er Gäste im Hause hat. sollte er so etwas lieber sein lassen," dachte sie bei sich. Nach einer Weile erschien auch der Major mit dem Hausherrn im Salon. Seine Blicke suchten sofort Elfe, es lag ein sonderbarer suchender Ausdruck in seinen tiefen Augen, als er das junge Mädchen betrachtete. Er nahm neben Frau Toktor Ebeling Platz, während der Irrenarzt sich zu Elfe setzte und leb haft mit ihr plauderte. Sie hatte darüber fast alle ihre Unruhe vergessen Plötzlich hörte sie die Frau des Haufes sagen: Alice, sei so gut und zünde die Kerzen an. Ter Herr Maior will uns etwas vorsingen." In demselben Augenblick trat dieser auf Elfe zu und sagte mit feiner soiiO' ren, wohlklingenden Stimme: Verzeihen Sie. mem gnädiges Fräu lein ich verstand vorhin Ihren Namen nicht. Sie erinnern nüch lebhaft an an eine Tame, die Mein Name ist Rennbach!" ant wortete Elfe in nervöser Hast. Rennbach?" Er schüttelte den Kopf, Ter Name ist mu'fttmd. Aber das Gesicht das kenne ich nur zu gut! Wenn Sie gestatten, zeige ich Ihnen morgen das Bild einer Tame, weiche Ihnen täuschend ähnlich sieht, Nun, Herr Maior?" ertönte Frau Ebclings Stimme. Ter Maior ge horchte sofort, nahm am Piano Platz und begann zu spielen. Ein traumvev lorener Ausdruck legte sich über sein blasses Gesicht, als er die Finger über dl Tasten gleiten ließ und eine seltsam milde, klagende Melodie spielte, wie Elfe sie nimmer zuvor gehört. Als er abbrach, fragte Alice: Möchten Sie uns nicht ein Lied singen, Herr Major?" Gewiß, gcwi!" versetzte er schnell. dem jungen Mädchen, mit dem er auf sehr freundschaftlichem Fuße zu stehen schien, herzlich zulächelnd. Einmal im Singen, schien der Major gar nicht wieder aufhören zu wollen. Er sang ein Lied nach dem andern, und wie sang er! Besonders ein Soldaten lieb, dessen Verse stets mit dem Refrain: Kameraden mein" endeten, machte infolge seines fast erschütternden Vor- träges einen gewaltigen Eindruck auf Elfe. chlicßlich legte Toktor Ebeling dem Major die Hand auf die Schulter. Sie machen uns die Zeit wie im Fluge vergehen." mahnte er freundlich. Aber jetzt müssen wir ans Schlafen gehen denken. Wenn Harry erst da ist, müssen Sie uns mit diesem Liede wieder erfreuen. Sie wissen, er schwärmt geradezu für: Kameraden mein!" Ter Maior batte betroffen aufqe blickt. Tann zog er die Uhr und sprang auf. Ach Verzeihung." sagte er hastig. Ich habe mich beim Spiel ganz und gar vergessen. Ich hätte längst gehen müssen. ' Warum haben Sie mich nicht früher fortgeschickt, Herr Toktor?" Tann wünschte er iedem Gute Nacht". Als er zu Elfe kam, hielt er ihre Hand etwas länger als nöthig in der feinen und, ihr tief in die Augen blickend, murmelte er: Wir sehen uns wieder ganz gewiß wir sehen uns wieder ich komme zu Ihnen und bald " Tann verließ er. von Toktor Ebeling begleitet, das Zimmer. Welch interessanter Mann! Er thut mir furchtbar leid! So klug, so talent- voll und irrsinnig! Hat er alle die Lieder, die er sang, wirklich selber kom ponirt, wie er sagt?" , ..Oh nein", verctzte Alice. , Von einigen weiß ich ganz bestimmt, daß es nicht der Fall ist, aber er hat in der That einige komponirt " Er wurde heute ganz ungewöhnlich erregt." fiel Allices Mutter ein. ..Ich wünsche von Herzen, daß Papas Hoff- nung in Erfüllung geht aber heute zu im sie im er soeben erzählen wollte, als Frau Abend wollte mir des Majors Zustand Tvltor Evcnng die Tafel ausmb. garnicht gefallen." Elfe hatte den wunderbaren Schilde rungcn des Mannes mit Jntercffe an gehört und bedauerte es unendlich, die selben plötzlich abgebrochen zu sehen. Ter arme Major!" sagte Frau Doktor Ebeling. nachdem sie in den aniokcnbcn salon getreten waren Er wurde zu erregt, so daß Papa mir emen Wink gab, feinem Erzählen ein Ziel zu setzen Und doch hegt Papa in letzter Zeit so grotze Hoffnung aus seine Vesstrung r fügte Alice hinzu. Wie ist's möglich, daß der Ma jor auch --" fragte Elfe erstaunt. Ja. liebes Kind!" versetzte die Frau des Hauses, er ist ein Patient meines Mannes und noch dazu ein sehr interes sanier. Er hat bei' einem Säbelduell eine sehr gefährliche Wunde erhalten, die das Gehirn verletzte. Seit jener Zeit ist er geistig nicht normal, obgleich er im Allgemeinen ganz vernünftig scheint." Wird er nicht manchmal gcfähr lich?" fragte Elfe ein wenig ängstlich. Ach nein. Im Anfang, als er zu uns kam, zankte er sich mit allen männ lichen Personen herum, zu mir und Alice ist er stets nett und höflich ge wefcn. Er besitzt eine wundervolle Stimme und spielt brillant Klavier. Alice führte die Freundin in das für sie bestimmte Zimmer. Sie plau dcrten noch eine Weile zusammen. Tann wünschte Alice ihr Gute Nacht" und ging. Als Else sich allein sah, verschloß sie die Tbür, und als sie unter dem Schloß noch einen Riegel entdeckte. schob sie auch diesen vor. Tann blickte sie noch eine Weile in den vom Monde hell beleuchteten großen Garten und zog den Vorhang zu. Als sie an den Tisch, auf welchem ein Leuchter stand, zurückkehrte, bemerkte sie neben, dem Fenster eine Nische, in welcher sich eine Thür befand. Offen bar führte diese in den mittleren Theil des großen Hauses. Else wünschte plötzlich, Alice gefragt zu haben, wohin die Thür münde, und ob der Schlüssel auf der andern Seite im Schloß stecke, da er sich in Elfcs Zimmer nicht befand. Sie drückte auf die Klinke die Thür war verschlossen. Sicherlich hat Alice den Schlüssel abgezogen," tröstete sie sich. Wie dumm von mir, so ängstlich zu sein!" schalt sie sich dann. Sie entkleidete sich, löschte das Licht aus und legte ich zu Bett. Aber ob- gleich sie sehr müde war, vermochte sie nicht zu schlafen. Sie schloß die Augen, ihre Gedanken kreisten unaushör- lich zu Major Frank zurück, unabläsig sah sie seine dunklen Augen mit dem halb forschenden, halb wilden Ausdruck auf sich ruhen. Eine unheimliche Furcht vor ihm deschlich sie. Sie ver suchte, sich Harry Ebeling zu vergcgen wältigen. TaS gelang ihr zwar sehr leicht, sie sah ihn im Geiste vor sich, den eleganten jungen Mann mit dem hübschen Gesicht und den lachenden Augen, der immer zu lustigen Streichen aufgelegt gewesen, so lange sie ihn kannte: aber obgleich die Erinnerung an Harry ihr viel lieber war, immer wieder drängte sich Major Frank 'da zwischen. . . . Endlich sielen ihr die Augen Aber sie schlief unruhig. Selbst Traum verfolgte sie der Irrsinnige, fah ihn mit ihrer Tante Schach spielen und mitten ihm -viel sprang er au und warf der alten Tame mtt dem ehrwürdigen grauen Haar die Figuren an den Koof. Erschreckt fuhr Else aus dem Schla empor, mit der Ueberzeugung. Nebenzimmer oder draußen vor dem Haufe ein lautes Geräusch vernommen zu haben. ie horchte auf. Hatte v geträumt? ie hörte nichts, als das entfernte Bellen eines Hundes. Wie lange mochte sie geschlafen haben? Licht und Streichhölzer hatte ue auf dem Tische stehen lassen, und eine seltsam Furcht verhinderte sie, aufzustehen und beides zu holen. Tas was war das? Leise, tastende Schritte draußen direkt vor ihrer Thür! 'Ihr Herz klopfte zum Zcyprin gen. Oh Gott, wenn sie doch sort konnte zu Alice! Aber sie durfte nch nicht hinauswagen! Ta draußen schlich sicherlich ein Wahnsinniger herum Wieder kamen die Schritte vorbei. Mein Gott, mein Gott." flüsterte Elfe in Todesangst, wenn das nicht aus hört, habe ich morgen selber den Ber stand verloren. Tann kamen fürchtev liche ekunden. die dem armen Mäh chen eine Ewigkeit dünkten. Nebenan wurde eine Thür zugeschlagen Fuß tritte kamen näher, nicht etwa leise sondern feste, schwere Schritte unbc kümmert darum, ob im Nebenzimmer mer jemand weilte gingen da drüben auf und ab. Plötzlich gab es einen Krach verschiedene Gegenstände schie neu yin- und yerqeworsen zu werden dann knackte es wie wenn jemand einen Revolver spanne. Es war furchk. bar! Während Elfe athemlos ,n mahn inniger Angst auf ledes Geräusch da drüben lauschte, sing der Mann plötzlich an zu pfeifen laut und deutlich Kameraden mein!" Ihre Ahnung täuschte sie also nicht es war der Maior, der Irrsinnige! Und dieser gefährliche Mensch war ihr Nachbar! Vielleicht steckte da drüben der Schlüssel! Jeden Augenblick konnte er herüberkommen und sie ermorden erdrosseln! Was sollte sie thun! Un fähig, sich zu rühren, lag sie da. Tie Thür nach dem Korridor durfte sie auch nicht offnen wenn er sie erblickte, würde er sich auf ue stürzen! In unbeschreiblicher Furcht schlüpfte sie aus dem Bett und warf schnell ein Morgenkleid über. Tann tastete sie nach Licht und Streichhölzern, aber die Schachtel glitt ihr aus den Fingern, und trotz eifrigen Suchens konnte sie sie nicht wieder finden. Sollte sie um Hülfe schreien? Nein, nein, 'damit würde sie ihre Lage nur gefährlicher machen. Trüben war es plötzlich still geworden. Tas Hin- und Hergehen hatte aufge hört, auch das Pfeifen. Ob der Wahnsinnige eingeschlafen war ? Ein Hoffnungsstrahl 'zuckte bei diesem Ge danken in ihrer Brust auf. Sie stahl sich an die Thür zum Korridor. Wenn alles ganz still blieb, wollte sie hinaus und zu Alice flüchten. . Im nächsten Augenblick fuhr sie zu Tode erschrocken zusammen. Es donnerte an die Thür in der Nische, wie wenn jemand mit Fäusten dagegen schlage. Else verlor ihre Fassung. . Sie sank in die Knie und stieß einen markerschüt tcrnden Hülfeschrci aus. Tas Tonncrn drüben hatte aufge hört. Eilende Schritte wurden laut, sie kamen näher und hielten vor ihrer Thür an. Dann wurde auf die Klinke gedrückt, und eine Stimme nicht die sonore Stimme Major Franks son- dem eine jugendliche, kräftige Männer stimme fragte: Was giebt's? Wer ist hier? Kann ich helfen?" Wer wer ist da?" stammelte Else durch das Schlüsselloch. Harry Ebeling! Kann ich Ihnen helfend" Gott fei Tank. Gott sei Tank!" hörte er sagen. Bringen Sie mich zu Alice schnell schnell " Ocffnen Sie die Thür!" Und Else. unbekümmert um ihr auf- gelöstes Haar, ihr thränenüberströmtes Gesicht, öffnete behutsam die Thür und stürzte dem draußen stehenden jungen Mann im Reisckostüm in die Arme, sich wie schutzsuchend an feine Brust schmic- gcnv. Großer Gott! Else! Fräulein Renn- bach! rief er, sie fest an sich drückend. Was ist geschehen ?" Ach. Harry. bringen Sie mich zu Alice! flehte sie. ihn in ihrer Angst beim Vornamen nennend, schnell, bc vor er herauskommt und mich um bringt!" Umbringt ? Wer denn ?" Ter Wahnsinnige Major Frank! Er versuchte die Thür zu meinem Zim mer zu sprengen. Ich ich " Major Frank? Er ist ja garnicht hier! Er ist ja im andern Flügel des Hauses! Im Nebenzimmer wohne ich! Im kam heute Nacht von der Reise zu rück und hatte keine Ahnung, daß neben meinem Zimmer jemand wohnt. Es thut mir unendlich leid, daß ich so rück fichtsloS laut war! Ich ttolperte mit meinem großen Koffer, daß er gegen Ihre Thur fiel. Ich bin untröstlich Verzeihen Sie mir. daß ich Sie er schreckte! Wie Sie zittern! Bleiben Sie hier, ich werde Alice holen. Nein, .rein," entgegncte Elise. der erst jetzt das Unschickliche ihrer Lage dem jungen Manne gegenüber er hielt nämlich noch immer den Arm um sie geschlungen einfiel. Ich will lie der zu ihr gehen und bei ihr bleiben." sagte sie. sich auS seinen Armen los machend, wenn Sie mich nur hinbrin gen wollen." Selbstverständlich!" Er nahm das Licht, welches er auf den Boden gesetzt, und führte Elise zu seiner Schwester. Alice, mach auf." rief er. dort an gelangt. Fräulein Rennbach will zu Tir." Harry. Tu? Mein Gott, was ist geschehen? rief feine Schwester, die schnell einen Mantel übergeworfen hatte und die .Thür öffnete. Um Gottes willen. Else. liebe Else. was ist Tir ? Tu siehst aus wie ein Geist!" Harry gab eine bastige Erkälrung des Vorgefallenen, während Else sich in einen großen Stuhl kauerte. Ach Elle, es thut mir furchtbar leid. datz ich Tn nicht sagte, daß das Zim mer " vaß nur. Alice." wehrte El e. es Ist ja alles gut ich bin ja so froh, daß " Hier brach sie ,n einen erlöicndcn Thräncnstrom aus. Geh' zctzt. Harry". sagte feine Schwester. Wie kam es nur. daß Tu so spät anlangtest?" ..Ich traf unterwegs einen alten Studienfreund und blieb auf seine Bitte ein paar Stunden mit ihm in der tadt. aa , Alice, kann ich nichts für sie thun? Sie ist durch mich so urchtbar erschrocken. Ich mache mir die bittersten Vorwürfe." Laß nur gut sein, Harry. Und, bitte. Harry. wir wollen den Eltern nichts erzählen. Am nächsten Tag war Elle, wenn sie auch etwas bleich aussah und sich recht still verhielt, ziemlich frisch und munter Herr und Frau Ebeling erfuhren kein Sterbenswörtchen. Harry wich nicht von Eises ceue, er wollte das vurch hn verursachte Unheil durchaus wieder gut machen. ' Und es gelang ihm auch vortrefflich. Tcnn nach Verlaus von zwei Tagen brachte er Alice trium phnend die Nachricht. EI e habe ihm bewiesen, daß sie wieder ganz gut mit ihm wäre indem sie seine liebe herzige Braut geworden sei. Auf Vorposten eingeschlafen. Ein Bild ans dem spsniich-amerikainjchen Kriege, Von F e l i x ran in a n n. die Kapitän Hcarn war rücksichtsvoll. Wodl glaubte er den jungen Mann schuldig, aber um nichts in der Welt hätte er ihn dies merken lassen. Er legte seine Hand auf die Schulter des- selben und sagte freundlich: Mein lieber Junge, diesmal ist es noch glatt abgegangen, laß es Tir cme Warnung sein und nicht wieder vorkommen. Stirb, wenn es nöthig ist, aber mache Deinem Regiment keine schände." Ter ninge Soldat sah seinem vor gesetzten beredt in die Augen. In sei, ncn eigenen zuckte es ordentlich. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort. Herr avltän." sagte er mit vibrircndcr timme. dan ich vor dem Krclsgcricht Wahrheit gesprochen habe. .Ich würde nicht gelogen haben und wenn mir das Leben gerettet hatte" Tann haben Sie also nicht gcschla en?" ..Ich weiß es nicht." Tie Worte des iunqcn Soldaten klangen verzweiscii aber sie waren von einem ernsten Blick begleitet einer stummen Bitte. Ich kann es mir nicht erklären." Kapitän Hcarn fühlte sich erleichtert, wenn auch nicht ganz überzeugt, ,,'jcim. reifer ," sagte er leichthin, glücklicher Meise für Sie war das Gericht selbst im wcnel. Tcnnoch darf solches nicht wieder vorkommen. Bedenken sie. da es für einen Soldaten außer Feigheit kein größeres Pcrbrechci. giebt, als auf Posten und noch dazu während eine Krieges, zu schlafen! Machen Sie also dem Regiment keine Schande Lustig pfeifend setzte er feine Ronde fort. Gräser war höchst erregt und sehnte eine Gelegenheit herbei, um fei nein Kapitän sich dankbar erzeigen zu können. Tie ganze Kompagnie würde für Hcarn durchs euer gegangen sein, und Fräser selbst war kein Undank barer. ' Nach feiner Freisprechung war ihm die erste bittere Erfahrung zu Theil gc worden durch die Aufnahme seitens sei- gestoßen: seine Freisprechung hatte den wunden Fleck nicht wegwischen können. Er suhlte jetzt, daß die Freisprechung mehr aus Muleid. als aus Gerechtigkeit erfolgt war. Heute war er nun wieder auf Posten. Mach dem Regiment keine Schande." Eine Trosse!, getäuscht durch den Herr lichen Mondschein am albanischen Hirn mel und im Glauben, es sei Morgen, pfiff von der Höhe eines Palmcnbaumcs, und schien die Abschicdswortc des Kapi täns zu wiederholen. In kurzer Ent fernung sah Fräser die Zeltlager im Mondschein glänzen. Jubel und Ge sang herrschte. Ter Feind sollte nahe sein und jenes New Vorker Freiwilligen Regiment, welches den Ruf eines Elite Regiments besaß, brannte vor Begierde, vor den Feind zu kommen Aber Fraicr auf feinem Posten litt Höllenaualen. Er war tapfer und hatte dies schon bewiesen. Früher war er uchyalkcr vci einer ani geweien und seine zarten weißen Hände, seine eleganten Manieren, hatten zuerst die -pottlust seiner Kameraden erregt Ader diese ließ nach, als Fräser eines TagcS während eines heftigen Gefechts und als die Eompagnie gezwungen war. sich eines starten Feuers wegen zurück zuziehen, zurückkehrte und aus einer Entfernung von mindestens fünfzig Meter einen schwer verwundeten jungen Offizier und trotzdem ihn selbst die Kugeln umpfiffcn, in S cherheit brachte Es war auch nicht Angst vor einer liicki scheu Kugel aus dem Hinterhalt, die ihn jetzt ereilte, nein, er kämpfte gegen seinen mächtigsten Feind den Schlaf Tie intensiven Strahlen des Pracht vollen Monds und die Wärme der 2ro pcnnacht erfüllten ihn mit einer unwi dcrstchlichcn Müdigkeit. Tas Rauschen der Büsche schien ihm zuzurufen: Bleibe wach. Bleibe wach!" Aus den Kronen der Palmen, vom Winde hin und hergcschüttelt. schien es zu tönen Mache dem Regiment keine Schande." Fräser richtete sich krampfhaft auf und die Wange an den kalten Flinten lauf pressend, schritt er auf und ab. obwohl er bis an die Knöchel in den sumpfigen und Malaria ausströmenden Boden versank. Seine Augen waren weit geöffnet, und um seine Lippen zuckte es. Er dachte an eine schlanke, junge Frau, welche ihm einen blühenden, kleinen Knaben zum Abschicdskuß hinhielt. Wie herzlich hatten ihn diese Kinder auqcn angelächelt, wie sest hatten ihn die kleinen Acrmchcn umschlungen. Augenblicklich war er vollkommen wach er wußte es. Er konnte jeden Gegenstand untcrschciöcn. Er fühlte fein Herz schlagen. Aber wenn er plötz lich bewußtlos werden sollte, wenn ihm die Sinne wieder schwinden würden, wie das letzte Mal, trotz aller Wider- ftandsvcrsuche Niemand würde ihm die Geschichte noch einmal glauben. Er hätte sich furchtlos Hunderten von blitzenden Bajonncttcn cntqegcnwcrfen können, aber der "Gedanke an einen schmählichen Tod von den Händen seiner Kameraden, machte ihn zum er barmlichcn Feigling. Tie Spannung feiner Nerven nahm zu. obwohl er es selbst nicht merkte. Tie Einsamkeit, in welcher er sich et fand, war fchon an und. für ich ein Fallstrick. Wenn er mit- einem Men schen hätte sprechen können, ja selbst nur mit einem Thiere, sein entsetzlicher Zustand wurde sich sofort verändert haben. Sein Zustand aber verschlim mcrte sich, er begann heftig zu zittern mit) zu sich selbst zu sprechen. Er warf sein Gewehr auf die linke Schulter und schlug sich auf die rechte Backe. Er wagte nicht die Augen zu schließen, aus Furcht sie könnten geschlossen bleiben Alle feine Gedanken, jeder Nerv in ihm war nur auf eins konzcntrirt. nicht auf ich will nicht schlafen", fondern nur auf was geschieht, wenn ich wieder einschlafe?" Stirb, aber mache Tcinem Regiment keine Schande!" so hatte sein Kapitän gesagt. Plötzlich stand Fra,cr still aufrecht und stramm: dann begann er aber zu taumeln, wie halb betrunken. Er knöpfte seine Blouse auf. entnahm aus einer Zlche ein schweres Enveloppe und zog eine Photographie heraus da Bild einer reizenden, mnqen Frau und eines hübschen Knaben, welcher an ihre Schulter gelehnt, ihn lachend ansah. Er betrachtete das Bild lange und liebe voll eingehend, der prachtvolle Mond schein erleichterte ihm dies. Tann steckte er das Bild wieder zurück und schloß die Blouse. Er fchuttclte sich dann heftig, wie ein eben dem Wasser entsteigender Neufundländer Hund und begann mit großer Aufmerksamkeit und Sorge in die Umgebung zu spähen. Aber es half ,hm nichts, er neb sich die schläfrigen Augen und setzte sich dann auf einen kleinen Mooshüqcl. eine Gedanken waren immer noch von einem fchrecklichen Gefühl einge nommcn; aber er lächelte ein schmerz liches, bekümmertes Lächeln. Er nahm ner Kameraden bei kr' Rückkehr. Er fein Gewehr zwischen die Kniee und fing batte die aan Bcrbandlung m einer Art traumhaften Zustandes durchge macht, ohne sich daher vollauf ganz des Ernstes seiner Lage bewußt, zu sein. Jetzt aber, wo er die Zurückhaltung und das kalte Benehmen seiner Ka meradcn gewahrte, empfand er diesen Ernst doppelt. Tie Glückwünsche zu scinerFreisprechung klangen gezwungen, und kaum waren sie ausgciprochcn, fo zogen die ehemaligen Freunde sich auch zurück. In ihren Worten und in ihrem Benehmen lag eine tumme Annage. Er fühlte sich gcbrandmarkt und aus- an mit einem machen Bindfaden, welches er feiner Hosentasche entnommen hatte, zu hantircn. Kapitän Victor Hearn-war ein ge- fühlvoller Mensch. Seine Popularität war auf zwei Ursachen zurückzuführen, auf feine persönliche Tapferkeit und Verachtung jeder Gefahr und dann auf das große Interesse, welcher er dem Wohlergehen jedes seiner Soldaten zeigte. Tiefes Interesse war es auch, welches ihn jetzt veranlaßte, den Kreis seiner lustig singenden und zechenden Kameraden zu verlassen und eine Runde zwischen den Posten zu machen. Er kannte Fräsers Familie und dachte daran, daß er wieder auf Posten war. Sein letztes Vergehen beunruhigte den Kapitän. Als Hcarn zu dem Posten kam. welchem er so großes Interesse entgegen brachte, gerieth er in Zorn und keinen Lippen entfuhr ein wüthender Fluch. Vor ihm. wie ein Gespenst im Mond schein, saß der Mann, den cr suchte. Tie Hände umspannten den Gewehr lauf. Kopf und Brust waren nach vorn gebeugt und ruhten auf der Waffe. Fräser war unzweifelhaft wieder einge schlafen. Im ersten Augenblick wollte der Ka pitan in seiner Erregung und seiner Dienstpflicht gemäß den Mann seinem Schicksal überlassen, welches er auch un zweifelhaft verdiente dem Schicksal, standrechtlich erschossen zu werden. Tann aber kam eine mildere Regung über ihn. Er dachte an Fräsers Frau und an sein Kind. Er entsann sich auch eines Bildes, das er einst gesehen und das einen tiefen Eindruck auf ihn gemacht hatte. Es stellte Napoleon dar, wie er eine Schildwache schlafend an trifft und das Verbrechen verzeiht. Tie verschiedenen Gedanken vereinig ten sich zu einem gütliche Resultat., Nachdem er einige Sekunden still dagc standen hatte, ging er auf Fräser mit drohender Faust zu und rief: Wach auf. Du Idiot !" Bei den ersten Worten des Kapitäns leuchtete es auf, ein dumpfer Knall und der Körper Frasersficl bewegungslos zu Boden. Hinterhalt, beim Jupiter," rief Hcarn. feuerte seinen Revolver ab und erwartete den Angriff, vielleicht fein Ende durch eine andere tückische spanische Kugel. Die Posteilinie entlang wurden wie der andere Schüsse als Äntwort abgc geben, und in der Entfernung konnte man sehen, daß das Lager alarmirt war. AIs Hcarn nach dem todten Posten fah, erregte die besondere Lage des Gewehrs desselben seine Aufmcrt amkcit. Blitzschnell nahm er sein Taschenmesser und schnitt ein Stück Bindfaden fort, welches das Gewehr chloß mit dem. tiefel des Postens ver- band. Schnell auch öffnete er .das Schloß, warf die leere Hülse heraus und ersetzte dieselbe durch eine frische Patrone, welche er dem Posten abgc nommen hatte. Ich möchte wissen." murniclte cr während dieser Arbeit, ob Fräser der größte Feigling oder der wüthigste Schwächling war. welcher je mals gelebt hat. Auf alle Fälle ist das Regiment nicht entehrt !" Als die Pa trouille kam und das ganze Lager alar mirt war. half Kapitän Hcarn mit bc- wundcrnswcrthem Eiicr dkn erbärm lichen Feigling suchen, welcher Fräser hinterrücks erschossen hatte. Und nach New Jork ging die Nach- richt an die junge Wittwe, daß ihr Mann, der Freiwillige Fräser auf Vor Posten in Ausübung feines Dienstes den Heldentod gefunden habe Tie Schützlinge der Königin. Als die Königin Luise während eines Sommers in dem Jagdschlosse am Stern" bei Potsdam weilte, begegnete ihr auf einem Spazicrgange durch die anstoßenden Felder ein Schlächter mcistcr, dessen Gehilfe eine Kuh daher trieb, während er, auf seinem Pferde sitzend, das Külbchcn derselben quer über den Sattel gebunden hatte. Mit lautem Gebrüll wandte die Knh den Kopf nach ihrem Kalb, und die Köni gin, von edlem Erbarmen mit dem Schmerz der instinktiven Mutterliebe bewegt, vertrat dem Fleischer den Weg. Ueberlaßt mir die Kuh und das Kalb," wandte sie sich an den Fleischer- meistcr. Fleier, der die schöne Frau nicht kannte, schüttelte verneinend den Kopf und sagte: Tas wird sich schwerlich machen lassen. Madame, drüben im chloß wird jetzt viel Fleisch gebraucht. Und was wollte auch so .eine seine Tame mit 'ner Kuh anfangen!" Nun denn." minderte Luise. ..ich bin selbst die Herrin dieses Schlosses, mag aber nichts von dem Fleifch dieser beiden armen Thiere. Bestimmt den Preis und führt die Kuh mit dem Kalb, nachdem Ihr es vom Pferde herunter genommen habt, in die Meierei." Ter Fleischer riß bestürzt feine Mütze ab und gehorchte. Auf Befehl der Königin wurde die durch ihr Mitleid errettete Kuh mit dem Kalbe nach den Ätallungen der Merem gebracht, wo die Königin fortan täglich erschien, um sich von dem Gedeihen ihrer beiden Schützlinge zu überzeugen. Thatsache ist es ferner, daß sie der Milch ihrer Pflegebefohlenen jahrelang den Vor Zug gab. Sle-Sh Tepesche von Majestät." Von einer lustigen Verwechslung er- zählt in ihrer ' letzten Nummer die Münchener Jugend": Bei der öoch- zcitsfcicr eines höheren Offiziers erhält nach der Tafel Leutnant von Stramm- bcrg, der in der Scktvcrtilguna schon Einiges geleistet, den Auftrag, die ein gelaufenen Glückwunfchdepeschcn zu ver lesen. Mit gewohnter Schneidiqkcit kommt er dieser Pflicht nach. Plötzlich, nachdem er eben wieder ein neues Tclc gramm geöffnet, schlägt er die Hacken aneinander und verkündet mit schmct" tcrndcr stimme: Ae äh Tepcsche von Malestat!" Lesen. Stramm berg, lekn!" In alheinloscr Span nung steht Alles da und Stramm bcrg liest: Zimmer mit znici Betten rcservirt. Teutscher Kaiser." X