Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, March 23, 1899, Image 9

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mmuot( aud dkm Vfbiii bei l-roKiior
i(utQtbiul cd)loiibftfr von ,u. W,
Trr Professor EufUnchius Schlauter
ct befand sich auf dki Wege zum
Frühschoppen.
Eben wollte er daZ Cieleise der zu
seinem Unwillen eingerichteten Straßen
bahn überschreiten, alS ein Wagen die
scr Bahn hcranfuhr. Mit raschen
Schritten eilte der Professor iiber die
Schienen, wobei ihm der Wind den
Hut vom Kopfe und gerade vor den an
fahrenden Wagen wehte. Der Hut kam
zwar nicht unter die Räder und entging
so der völligen Zerstörung, wurde aber
zerdrückt und übel zugerichtet.
Der Professor hatte wohl mit
Schrecken seinen Hut fallen sehen, aber
er mußte sich beeilen, über die Schienen
zu kommen, und als er drüben war.
hatte er bereits den Hut vergessen. 5r
sah sich noch einmal fluchtig nach der
Bahn um. und mit den Worten :
Solch ein Unsinn, mit einer Bahn in
den Straßen herumzufahren: weder die
alten Römer noch die (riechen hatten
Straßenbahnen und waren doch hochge
bildete Böller!" lenkte er seine Schritte
nach seinem Stammlokal.
Mit verschmitztem kacheln sah der
Kellner aus den barhäuptig eintretenden
Professor.
hinten Zag." sagte dieser und griff
nach seinem nicht vorhandenen Hut.
Aber wo habe ich denn ?"
Herr Professor werden ihn schon
hingehängt haben." versetzte der Kell
er, ein Lachen unterdrückend.
..Ah ! Hm !" Und der Professor
gab dem Kellner seinen Stock, damit er
ihn beiseite stelle, und setzte sich an sei
nen Platz.
Gespannt wartete der Kellner auf die
Beendigung des Frühschoppens.
Endlich erhob sich der Professor mit
ein paar Kollegen und schritt nach der
Wand, an der die Hüte hingen. Er
griff nach einem Eylinder. zog aber
rasch die Hand zurück, als ein Kollege
rief: Halt, das ist ja der mcinigc!"
Entschuldige!" sagte Herr Eusta
chius und nahm einen anderen.
Ter Kellner frohlockte innerlich, er
wußte ja, daß der Professor ohne Hut
gekommen war.
Auf der Straße trennte sich der Pro
fessor Schlauberger von seinen Kollegen
und ging allein seinem Heim zu. Er
hatte dasselbe noch nicht erreicht, als er
von dem Kellner eingeholt wurde, der
mit den Worten: Herr Professor. Sie
haben einen falschen Hut initgenom
men!" athcmlos herantrat.
Ich habe gar nichts mitgenommen!"
entgegnete der Professor gereizt.
Ich bitte um Entschuldigung," fuhr
der Kellner, mühsam an sich haltend,
fort, Herr Professor haben den Hut
eines anderen Herrn aufgesetzt."
Was ich?" Erschrocken griff er
nach dem Hute und hielt ihn dem Kell
ner hin: Ist das nicht meiner?"
Nein. Herr'Professor, das ist nicht
der Ihrige. Sie sind heute überhaupt
ofcne Hut gekommen; wahrscheinlich
haben Sie ihn zu Hause gelassen."
Was fällt Ihnen ein, ich gehe doch
nicht ohne Hut fort !"
Aber, Herr Professor können ja zu
Hause nachsehen. Sie sind ja gleich da
heim!" Und respektwidrig zog der Kell
ner den Hut ans der Hand des vor ihm
Stehenden.
Geben Sie mir doch meinen Hut !"
rief der verdutzte Professor, aber der
Schelm von Kellner war schon mit dem
Hute davongeeilt, und da fast ein Auf
lauf entstand, beeilte sich Herr Eusta
chius, die kurze Strecke bis zu feiner
Wohnung wiederum barhäuptig zurück
zulegen. Aber. Herr Professor, ohne Hut !"
rief laut lachend feine, ihm die Woh
nung öffnende Magd bei seinem An
blick. Aber, darum brauchen Sie sich doch
gar nicht zu bekümmern," schalt der
Professor, ich muß ihn zu Hause gc
lassen haben."
Sie sind doch mit dem Hute fort"
Ah! Also doch! Dann hat der
Kellner mich hintcrgangcn. Gehen Sie
sofort in mein Stammlokal und vcr
langen Sie von dem Kellner meinen
Hut; er hat ihn mir aus der Hand gc
nommcn unter dem Vorgehen, er gc
höre einem anderen Herrn. Treten Sie
energisch auf. ich werde mich noch bei
4 dem Restaurateur beschweren. Gehen
Sie sogleich!"
Aber, ich kann doch nicht fort, ich
muß ja beim Kochen bleiben."
Wo ist denn meine Frau?"
Die Frau Professor macht Besuch."
Mit diesen dummen Besuchen!"
eiferte der Prosen or. Aber machen
Sie keine Ausflüchte, gehen Sie fo
fort !"
Wer soll denn aber auf das Essen
Ächt geben?" warf die gereizte Köchin
.ein.
Ich werde so lange in der Küche
auspanen."
Die Köchin brach in ein so schallen
des Gelächter aus, daß der Professor
Angst bekam, sie wäre von einem Lach-
fromm befallen, feie hielt sich Die
Seiten und bog sich, dazwischen kam es
wie ein Stöhnen auS ihrem Munde,
oder ein neues, schallendes Lachen er.
scbüttertc,die Wohnung.
Der arme Prosen or war raihlos.
Rasch eilte er in sein Studirzimmcr,
um im Konvcrsationslcrikon den Artikel
Lachkrampf" nachzuschlagen. Da dort
aber von einer Stelle auf die andere
, verwiesen war, fo dauerte es geraume
Der Äonnlagsgast.
Jahrgang 19.
Beilage zum Nebraska Ztaats-Anzeiger.
No. 44.
Zeit, bis der Professor wieder aus
seinein Zimmer kam.
Inzwischen hatte die Magd sich von
ihrem Lachanfall erholt, aber als der
Professor mit dem offenen Lerikon in
der Hand in die Küche trat, gab es ihr
aufs neue einen Ruck, und als er nun
anfing: Sie müssen zu einem Arzt,"
da brach es wieder los, und die Köchin
hätte tvohl kein Ende gefunden, wenn
nicht in ihr Lachen plötzlich der schrille
Klang der Hausglocke getönt hätte.
cie eilte aus der Küche, um zu
Offnen; der Professor folgte ihr mit
dem offenen Bchc.
Ein Dienstmann kam und brachte
den zcrschuiidencn Hut des Professors.
Er kannte den Professor und hatte ge
sehen, wie derselbe seinen Hut verlor,
der Professor war ihm aber durch den
vorübcrfahrendcn Wagen der Straßen
bahn aus den Augen gekommen, die
Wohnung hatte derMann nicht gewußt
und somit erst erfragen müssen, wes
halb er den Hut nicht eher dringen
konnte.
Die Köchin vermochte vor erneutem
Lachen kein Wort zu sagen, der Pro
fessor aber dankte höflich, gab dem
Dienstmann ein gutes Trinkgeld und
nahm seinen Hut.
Ganz recht, letzt fallt eS mir wieder
ein," sagte er triumphirend, so war
es, ich habe ihn verloren, als ich das
Straßenbahngclcise überschritt. Nun
hat mich der Kellner doch nicht anqe-führt."
Dann brauche ich alfo nicht fort,
stöhnte die Köchin.
Rein, nein; aber es wird gut sein.
wenn Sie sich gleich zu Bette legen."
Abermals ein dröhnendes Lachen und
dann ein scheltendes: Aber, Herr Pro-
fessor, sagen cie doch nicht gar so viele
Dummhcitcn."
Jetzt stieg aber dem Professor die
Galle, das war denn doch zu stark; er
hielt der Köchin eine strenge Strafrede,
und endlich sagte er ihr sogar den
Dienst auf. Alles aber, was sie darauf
erwiderte, war ein unbändiges Kclüch
ter, vor dem endlich der Professor in
sein Arbeitszimmer entfloh, wo ihn nach
einiger Zeit seine heimgekehrt? Gemah
lin antraf, wie er aufs Eifrigste das
Lexikon durchsuchte und ein Papier mit
Notizen versah, wie: Tollwuth
Wuthanfälle Lachkrampf "
Ein leises Gott sei Dank" entfuhr
ihm, als er seine entschlossene Ehehälfte
erblickte.
Höre." sagte er. die Köchin muß
ungesäumt fort, sie leidet an "
Ach was. Dummheit." unterbrach
ihn die Frau Professor, die bereits von
der Köchin gehört hatte, was borge
gangen, die Köchin muß nicht fort,
aber, (nenn Du! Du! Du, Eu-
stachius! m der Küche aufpassen willst,
dann möchte ich den sehen, der keinen
Lachkrampf bekommt." Und die Frau
Professor lachte nun selbst laut auf.
Meine Frau auch." flüsterte der
Professor vor sich hin, dann ist es also
ansteckend."
Mit schweren Sorgen verbrachte der
Professor den Tag, während die Frau
Professor und die Köchin alle Augen-
blicke laut auflachten.
Es war am nächsten Tage, die Köchin
hatte den schlechten Hut auf den Klei-
derstündcr auf dem Flur gehängt; die
Professorin hatte zwar gesagt, sie solle
den Hut wegschaffen, damit der Pro
fesscr ihn nicht schließlich beim Fort-
gehen auch noch aufsetze, aber die Köchin
wollte sich für die Strafpredigt vom
Tage vorher rächen und wünschte ge
rade, daß der Professor den eigentlich
unbrauchbaren Hut auffetze.
Ihr Wunsch ging in Erfüllung.
Mit den Büchern unter dem Anne
schritt Herr EustachiuS aus feinem Zim
mer, griff gewohnheitsmäßig nach sei-
nein auf dem Kleiderhaken befindlichen
Hut und setzte den zerknitterten, zer
stoßenen, zcrschundcncn zur heimlichen
Freude der Köchin auf.
Eben wollte er mit dieser schrecken-
erregenden Kopfbedeckung seine Woh-
nung verlassen, als zufällig seine Frau
aus dem Zimmer kam.
Aber Mann, um Gottcswillen, Tu
hast ja den verdorbenen Hut auf, so
kannst Du Dich doch nicht auf der
Strafze sehen lassen!" Mit diesem Rufe
eilte die Professorin auf ihren Mann
zu, der schüchtern nach dem Hute griff.
Aber Beide hielten wie gelähmt in
ihren Bewegungen an, als im nam-
lichcn Augenblick ein schrilles Klirren
aus der Küche drang, das der Profcs-
sonn nur zu deutlich anzeigte, daß ein
Geschirr in Trümmer gegangen.
Diese dumme Trine hat etwas zcr
brachen," rief sie. sich eilends nach der
Küche wendend.
Der Professor ließ mechanisch die er-
hobcne Hand wieder sinken, und mit
den Worten die zerbricht auch eine
Menge Geschirr" verließ er die Woh
nung und machte sich auf den Weg nach
der Schule.
Durch den kleinen Zwischenfall war
eine Berspätung eingetreten, und eS de-
aegncte ihm weder ein Schüler, noch ein
Kollege, der ihn auf seine Kopfbe
deckung aufmerksam gemacht hätte; die
Witze. Bemerkungen und das Gelächter
der Vorübergehenden gewahrte der
harmlose Professor kaum.
co kam er m die Schule und betrat
sein Klassenzimmer, empfangen von
einem dröhnenden viclächtcr einer
Schüler.
Noch mit bedecktem Haupte blieb er
stehen und sah mit drohendem Blick in
die wilde Schaar, die sich vor Ausgc
lasscuhcit kaum halten konnte.
Ja, hat denn jetzt alles den Lach-
krampf," hauchte der Professor vor sich
hin. dann bestieg er seinen Katheder,
hängte den Hut. ohne ihn anzusehen,
an den Nagel und hielt nun eine strenge
Ansprache an seine Schüler, ohne sich
erklären zu können, tvarum diese trotz
seiner tadelnde und drohenden Worte
in einem fort lachten.
Endlich setzte er sich ermattet und
stützte den Kopf in die Hand. Eine
Papierkugcl flog, von sicherer Hand ge-
schleudert, an dem Katheder vorüber
und traf das an der Wanh hängende
Hutexcmplar.
Der Professor sah zur Seite. Er
schrak zusammen, dann erhob er drohend
seine Stimme: Wer hat diesen Hut da
hcrgehängt?"
Eine gewaltige Lachialve erschütterte
das Schulzimmer.
Der Professor kam schier außer sich.
Was soll das heißen," rief er drohend,
das erbitt' ich mir! Wer hat den alten
Hut hierher ?"
Ein Schüler wollte antworten, aber
Lachen erstickte seine Stimme.
Da klopfte es an der Thüre.
Stolp. sehen Sie nach, wer außen
ist," befahl der Professor.
Der Schüler öffnete die Thüre, und
sofort hat die Magd des Professors ein,
einen Hut in der Hand, und schritt
unter dem tollen Gelächter der Schüler
resolut nach dem Katheder, nahm den
zerschundcnen Eylinder vom Nagel und
hängte dafür den mitgebrachten Hut
hin mit den Worten: Die Frau Pro
fessor schickt Ihnen den Hut, weil Sie
aus Bersehen den ruinirten initgenom
men haben."
Der Professor war keines Wortes
mächtig, und schon hatte die Köchin
lachend das Zimmer verlassen, als der
Professor sich wieder faßte und mit
einem tiefen Seufzer seinen Schülern
zurief: Wir wollen anfangen; Bran
ner, lesen Sie den ersten Absatz!"
Der Angerufene erhob sich und be-
gann gravitätisch: Aber, die Gallier
waren auf der Hut "
Bei dein mit Betonung ausgesproche
nen Worte Hut" brach aber ein solcher
Lärm in der Klasse los, daß der Pro
fessor seufzend sein Buch zuschlug und
i. .t ... - f - . 1 cn ! . i
ivryinuimq iciqie: wix ivouen eiivas
Anderes nehmen."
Wie von einer Last befreit, athmete
er auf, als der Unterricht zu Ende war;
noch lange Zeit aber spielte der verun
glückte Hut eine aufregende Rolle fo
wohl in der Schule, wie im Stamm-
lokal, wie in dem Heim des Professors
2luf der Hochzeitsreise.
2fij',e von W, K, S a f f e i n i.
Ilse's Müdchcnträum war in Erfül-
lung gegangen, sie befand sich mit ih
rcm Hans auf der Hochzeitsreise nach
Italien. Heute war das neuvermählte
Paar in Monte Carlo angekommen
und Ilse von L. oder, wie sie jetzt hieß,
Frau Ilse von E., hatte ihr blondes
Köpfchen an die breite Brust ihres
Mannes gelehnt und bewunderte zürt
lich von ihm umschlungen, die paradic
fische Naturschönhcit der Riviera.
Aber die Natur, so entzückend sie war,
beschäftigte doch nicht lange das junge
Paar.
Bald eilten sie in das berühmte
Easino.
Die dumpfe parfümirte Luft, die ge
heimnißvolle Ruhe, die überladene
Pracht der Spiel säle, die vielen Men
scheu und der Anblick des vielen Goldes
und Silbers im Glanz des elektrischen
Lichtes machten einen bcanstigendcn un
heimlichen Eindruck auf Ilse.
Willst Tu Dein Glück nicht der
suchen?" fragte Hans.
Ach nein, Hans, ich mag nicht spie
lcn, ich kenne das Spiel ja auch gar
nicht, aber versuche Tu etwas zu ge
winncn!" Ja, unserer Kasse könnte eine größere
Unterstützung nicht schaden, mein Lieb-
linq. Denke nur einmal an die schönen
Juwclicrlädcn in Mailand und die
cide in Genua, die so billig war."
Ach ja, Hans, spiele und gewinne
recht viel!" Sie traten an einen Trcnte
et Ouarcntc - Tisch. Hans setzte vcr-
schiedenc Male und nen den Gclvinn
stehen in der Hoffnung, eine Serie zu
treffen, aber das Spiel schlug immer
wieder um und die Goldstücke in seiner
Hand verminderten sich. Ilse machte
ihm Porwürfe, daß er nicht die kleinen
Gewinne aufgenommen hatte.
Liebes Kind. Du machst mich ner-
vos!" sagte er. Wenn ich spielen soll,
laß mich lieber allein. Du kannst so
lange in das Eonccrt gehen, entweder
komme ich bald zu Dir oder Tu holst
mich hier ab. Toch halt, bitte! Nimm
diese 500 Francs zur Aufbewahrung,
damit wir nicht in Verlegenheit kom
men.
Ilse ging und setzte sich in das vrach
tige Theater und hörte der Musik zu.
aber ihre (edanken ivarcn im Spiel
saal. Indessen das Glück im Spiel kam
auch jetzt nicht zu Haus, und langsam,
aber stetig rollten die 1000 Francs,
die er bei sich hatte, an die Kasse der
Bank.
Er sah nach der Uhr, halb sieben!
Wo mochte Ilse geblieben sein ? Sie
wollte ihn doch abholen. Sollte ihr
etwas zugestoßen sein ? Erregt stand er
auf und eilte durch die Säle. Doch da
kam sie ihm schon lächelnd entgegen.
Wie kann man Glück im Spiel haben,
wenn man so viel Glück in der Liebe
bat, dachte Hans.
Kind." rief er ihr entgegen, ich
habe alles verloren!"
Verloren? Ach, das glaube ich nicht?
Du willst es mir nur nicht sagen. Du
siehst viel zu fröhlich aus!"
Ich sehe so froh aus, weil ich Dich
wiedergefunden habe; denn ich
Ach Du Schmeichler!" wehrte sie
ihm. Aber ich fühle jetzt Hunger."
Das ist gut! Komm, ich werde Dir
ein flirstlichcs Diner vorsetzen; etwas
wollen wir doch von unserer Reise ha
den, wir gehen ins Restaurant des
Grand Hotel; wir können dann Nachts
reisen oder morgen früh."
Pascal, der Oberkellner, mit den un
nahbarcn Mienen eines Ministers, er
kannte den jungen Baron sofort wieder
und eilte, ihm einen guten Platz zu be
sorgen. Hans vertiefte sich inzwischen
in die Zusammensetzung des Diners,
und als er Ilse an ihren Platz führte,
war der kleine Tisch mit Veilchen und
Nielrosen, ihren Lieblingsblumen, ge
schmückt, und neben ihrem Eouvert lag
ein bunter Fächer mit der Ansicht von
Monte Carlo. Ein strahlender Blick
aus Ilse's Augen belohnte den jungen
Gatten für seine Galanterie.
An den Tischen ringsum saß eine
distinguirte Gesellschaft. Große Spiegel
verdoppelten den Glanz der Kerzen und
die orientalische Pracht, mit der die
Räume ausgestattet waren. Nach dem
Essen setzten sie sich in angenehmster
Stimmung unter die Palmen des Be
stibules, die Zigeunerkapelle spielte und
der Türke servirte ihnen den echten Kaf
fee, den er selbst zubereitet.
Ilse schwelgte in Entzücken. Jnzwi
schen präscntirte der Kellner die verlangte
Rechnung. Hans überflog sie und fand
sie sehr billig.
Schatz," sagte er dann, ich muß
Dich bitten, mir die 500 Francs wie
herzugeben." Ilse wurde blaß.
Hast Du wirklich nicht gewonnen?"
fragte sie angstvoll.
Aber nein! Ich sagte Dir doch
schon, daß ich alles verloren hätte, aber
Du .... "
Ach lieber Gott! Hans, ich auch!
Ich habe die 500 Francs nicht mehr!
Ich war an der Roulette, während Tu
spieltest, und habe alles verloren!"
Sie machte in diesem Augenblick ein
so bestürztes Gesicht, daß Hans lachen
mußte.
Ach, Du hast doch gewonnen,
Hans," sagte sie mit neuer Hoffnung.
Ncin Kind, wahrhaftig nicht, ich
habe nur noch 40 Francs."
Dann können wir ja gar nicht be
zahlen, was fangen wir denn da an ?"
Ja. was fangen wir an? Wir
müssen Deinen Schmuck versetzen," ant
ortete Hans neckend. Ilse traten die
Thränen in die Augen und gehorsam
nestelte sie ihr Brillantenarmband los.
Aber Hans ergriff ihre Hand.
Ach laß nur. mein Licblin. so
schlimm ist es nicht, die Sache wird sich
arrangircn lassen." Pascal!" rief er
er den Oberkellner. Ich muß heute
Abend Ihr Schuldner bleiben und die
fcs Telegramm an das Bankhaus in
Genua." er warf einige Zeilen auf
ein Blatt Papier. lassen Sie sofort
besorgen."
"Tout dy suite rnonsieur le
baron!" Pascal verbeugte sich und
eilte davon.
Am anderen Morgen kam das er
sehnte blaue Telegramm, und beide
gingen zur Post und holten das Geld.
Sie kamen am Easino vorbei. Es
war kurz vor Mittag.
Um 12 Uhr beginnt das Spiel wie
der! sagte Hans und sah seine Frau
lächelnd an. Hast Tu nicht Lust?"
Nein, ich will nicht mehr spielen,
nie wieder, versetzte die kleine Iran mit
Eifer. Aber einen Gefallen könntest
Du mir thun. Hans!" Nun?"
Ich möchte gern eins von den gol
denen Hundertfrancsstückcn mit dem
Bilde des Fürsten von Monaco haben
zur Erinnerung.
Gern, dann komm und laß uns ein
neues einwechseln, man kann sie nur
darinnen haben." Sie betraten die eben
geöffneten Spiclsäle.
Ilse hielt daseingcwcchfeltcHundcrt
francöstück in der Hand. Eden war
die Elfcnbcinkugcl zum ersten Male i
Bewegung gefetzt.
Sag' mir bitte schnell, ivic alt Du
bist?" fragte Hans einem plötzlichen
Impulse folgend. Zwanzig", entfuhr
es JI,e.
Da riß er ihr das Goldstück aus der
Hand und beugte sich über die vor ihm
sitzenden Spieler auf den Tisch.
Kien u vas i,!us!" rief in diesem
Augenblick der Croupier und hörbar
siel die Kugel in den Cylinder.
Athcmlose Stille.
Vingt et un, noir, imzmr et
passn! verkündet die monotone Stille
Was? 21 hat gewonnen?" fragt
olse kleinlaut. Gott wie ärgerlich.
Du hast natürlich ans 20 gesetzt, und
ich bin doch 21 alt! Wärmn hast Du
nigt gesagt, daß Du auf mein Alter
setzen wolltest?"
Aber Hans hört nicht. Seine Auf
mcrksamkcit ist auf dcn Cronpicr gerich
tot, der eben drei Tausendfrancsschcine
und 25 Louis neben Nummer 21 schiebt.
Hans nimmt das Geld auf und wen
dct sich zu feiner kleinen Frau.
Komm schnell, Ilse, wir haben gc
Wonnen!" Er zog das erstaunte Frauchen mit
sich fort und erzählte ihr. daß er in dem
Augenblicke, als die Kugel fiel, das
Hundcrtfrancsstllck nicht mchr ans Nr.
20 schieben konnte. Es blieb auf 21
liegen, und so kam das Glück. Man
gewinnt nämlich immer, wenn man
auf die Zahl des Alters einer Frau
setzt, natürlich nur, wenn man es ge
nau kennt," lachte er.
Die kleine Ilse erröthete.
Nun aber komm zum Dejeuner, da
nach fahren wir zurück nach Italien und
das Hundertfrancsstück lassen wir als
Brosche fassen zur Erinnerung an
Monte Carlo."
An' Eifer Hot 'r halt do'.
's sell sa i'D'r, wcnn'in'r d'r Knöpf-
les Hans no amol so sauft, daß r,
wia am letschte Sonnta', scho' um 9
Uhr nimmer blosa ka' nau schmeiß i' 'n
sell 'naus und schau' m'r um an' An
dcre, der de Bomb'rdon blost so wahr
t d'r Mu l'-Diriktor bi!"
Die Zornesworte rief der Dirigent
der Musikkapelle von Zlpfelhausen dem
hohen C-Trompeker. dem Bäcke-Franz,
zu, der den Erregten zu begütigen
uchte: Ro ,a. bau hoscht D ,a recht.
daß d'r Hans alleweil z'viel sauft und
so d' Musi oft g'nua ganz aus'm Scha
nier bringt, aber woischt, an' Eifer und
a Freud' zur Muss Hot r halt do ,
und sell muascht D au wieder loba
Jetzt aber pfict Di' i mucß Hainischaue,
ob d r Tvtg scho scho ganga lsch!"'
Wie er nun heimkam, traf er gerade
den Knöpfles Hans, der sich ein Brod
kaufte, und er redete demselben nun
zu, doch von dem elenden Saufen zu
lassen, sonst bringe er die ganze Musik
auseinander und verliere noch dazu
seine stelle und den schonen Verdienst
Der ganz zerknirschte Hans versprach
alles Gute und gab dem Bäcke-Franz
die Hand, datz er bei der kommenden
Fahnenweihe des Vcteranenvereins sich
recht zusammennehmen wolle, damit er
nicht wie der Bäcke-Franz sagte ,.d'
Musi' und 's ganz Dorf in Blamasch'
bringe."
Ja, das war ein Ereignis;, diese
Fahnenweihe, wie es noch Keiner erlebt
hatte. Großartig muß es hergehen.
Schon seit Langem war Alles mit dein
Bekränzen, Schmücken und Zieren be
fchüftigt, Triumph-Bogcn wurden her
gerichtet, die Festjugfrrn hatten es
wichtig kurz das ganze Dorf war in
Aufregung. Natürlich hatte auch die
Kapelle eine große Rolle zu vertreten,
und darum Proben über Proben, bis
Älles recht schneidig ging. Nach der
letzten Probe am Vorabend blieben der
Bücke-Franz und der Direktor noch
beisammen und der Erstere sagte: Gell,
i' fa' 's halt allewcil, an' Eifer Hot 'r
do', der Knöpfles Hans .... Wirscht
sehe, er macht niorgc sei' Sach' recht!"
Will sehe, will schc!" sagte der
Dirigent.
Der große Tag brach an. Böller
schlisse verkündeten das Ereignis;. Alles
schmückte und zierte sich und bei dem
herrlichsten Wetter rückten die geladenen
Brudcrvcrcine a t, immer feierlich abge
holt von der Musik. Nach der Weihe
der Fahne ging es in den geschmückten
Feslfaal. Reden wurden gehalten. H
wurden Toaste ausgebracht, eine aUiie
meine Begeisterung herrschte, zudem der
Ochsenwirth gut und viel zu e'ien und
trinken hergerichtet hatte.
Prächtig spielte die Musik, und der
HanS war dcr Eifrigsten einer, und
wacker hielt er sich; kaum daß er hie
und da einen Schluck nahm, trotz des
gewaliigkil Durstes. Freilich eine große
Ueberwindung kostete eS. und er machte
oft die Augen zu. um die ver
führkrischen Kriigc nicht immer sehen
zu müssen. Aber immer größer wurde
die Hitze, besonders bei der Musik
droben. Da sammelte man für die
wackeren Musiker und jeder bekam ein
schönes Stuck Geld.
Ader jetz' mueß i" a' Maß Biet
han", sagt der Hans und schleicht zur
schenke Ah. dos lauft na", sagt
er und nimmt gleich noch eine mit auf
die Tribune der Backe-Franz ficht
es ja doch nicht.
Bald ist der Grund in den beiden
Krüger, sichtbar, und wieder holt der
Hans dieselben gefüllt herauf, 's got
ja au' 's Blasa besser!. . . Und so macht
er es noch etliche Mal, bis er fast die
Klappen am Bombardon nicht mehr
findet. Doch er nimmt sich fest zusam
men und es geht.
Endlich ist Aufbruch. Die Fahne
wird zum Bürgermeister getragen, der
Borstand des Vereines ist. Die Musik
tritt an zur Begleitung, HanS ist Jlü
gclmann. Wohl schwankt er bedenk
lich, aber es ist dunkel draußen, der
Bücke-Franz wird's nct merke!" Doch
bald kann er nicht mehr Schritt halten
und der, Bürgermeister ivohnt am Ende
vom Dorf. Da macht der Hans einen
Augenblick Halt er muß den Schweiß
abtrocknen dann bläst er wieder flott
weiter.
Endlich ist die Fahne am Ziel; sie
wird in's HanS getragen, die Musik
spielt noch einen kräftigen Tusch,
aber was ist das, es ist ja kein Boin
bardon zu hören. Ja er isch doch
mitg'marschirt, wo fchteckt er denn?"
Keine Antwort.
Besorgt ziehen die Veteranen gegen
das Wirthshaus zurück da plötzlich
hören sie von dcr Seite einen tiefen
Ton und dann loicdcr einen, wie wenn
man Bombardon blasen würde.
Sie gehen dem Ton nach, und rich
tig in einer tiefen Seitenstraße des
Dorfes hören sie ganz kräftig: M da
da, M da, da, M da da dom.
Das sitzt der Hans ganz ruhig im Gra
bcn d'rin und bläst aus Leibeskräften
auf seinem Instrument und kann es
gar nicht glauben, daß die Musik schon
aus ist.
Und während er nach schivcrer Tages
arbeit zu Hause den Schlaf des Gercch
ten schläft, sagt der Bäcke-Franz vor
dcr Hausthüre zum Direktor: Siggscht
D', i' sa' 's halt alleweil, an Eifer Hot
'r zur Musi' wia koi' Anderer!"
Die Champagnerschlacht.
Einer der merkwürdigsten Kämpfe in
dem großen Befreiungskriege war das
Treffen bei Chalons-sur-Marne am 4.
Februar 1814. Der französische Mar
schall MacDonald hatte das Verlangen
des preußischen Generals Aork von
Wartenburg zur Uebergabe des befestig
ten Platzes stolz zurückgewiesen, der
Angriff auf die Stadt wurde als
eröffnet. Mit leichter Mühe ward die
südliche Vorstadt genommen. Abl
ernen gefährlicheren Feind, als die Ka
nonen hinter den Schießscharten und
die Schützenlinie hinter den Gräben,
fand man in den Kcllerräumen der
eroberten Vorstadt. Da lagen reiche
Vorräthe des schäumenden Champag
nerweins, eine ungewohnte köstliche
Labe für die durch Märsche und Ent
behrungen hart mitgenommene Schaar.
Kein Steuern der Führer half; die
Mannschaft that sich gütlich zum Ueber
maß, stürmte dann tollkühn gegen die
Mauern, rang Mann gegen Mann in
sinnlosem Handgemenge gegen den nicht
minder berauschten Feind, bis endlich
ein betäubender Schlaf einen wie den
anderen, häusig dicht nebeneinander,
übermannte. 50,000 Flaschen Scher
bcn füllten haufenweise die Straßen.
Es kam schließlich in der Nacht eine
Ucbcrcinkunft zu Stande, infolge des
sen die Feindseligkeiten eingestellt wur
den und dcr Platz am Morgen von den
Franzosen geräumt wurde.
Ter Tlrdar als Spion.
Das Londoner Wochenblatt A.a-
dcmy" ist verantwortlich für eine rei-
zcnoc Anciooic uver Lord ttchcncr, die
ein Vcrwaltcr des Sirdar mittfipifh
Eines Abends, als die britisch-egypti-
Ichkn t-trelliraftc sich Omdurman
näherten, wurde ein Derwischsninn im
Lager entdeckt und in's Hauptquartier
zum Verbür acbrochh nhcr ichi tnnr
aus ihm herauszubringen, da er sich
iciuvsiumm sicuic. urz darauf stng
man cincn zwcncn pion, dcr dcm
Sirdar dieselbe Bosse nnnichh
mit dcm ersten Gefangene,, i ein rWi
eingeschlossen wurde. Eine halbe
stunde später wurde ein dritter irm
eingebracht und ein weiteres zu den
zwei anderen Derwischen gesteckt. Wäh
rcnd der darauf folgenden Stunde horte
dcr wachhabende Soldat im Zelt ein
reges Gcflüster untcr dcn Tanbstum
mcn; dann erschien in dcr Ocstnunq der
dritte Spion und verlangte in's Haupt-
quamcr geführt zu werden. Es war
der Sirdar selbst, der als Derwisch ver
kleidet die Derwische ausgeforscht hatte.
Gar häufig ist der Zorn,
Nur neuen Aergcrs Born.