)m Punfol. f o n 1 1 o Z d)i l i i 11 S- Ein fciiditfrofiiacr Januar-Abend Vluf heut fl-plniltinlaltfr ein l'chmutzig tuau, fettiger, UinijatKr Brei, in den, die trottenben Hufe mit vorsichtigem lasten uilm vorwärts schliiiern. An dkmNreuzuiigSpiinite zweier aupi Verkehrsadern vrangen sich die hastenden Menschen. AuS dem igarrenladen an der Etrakenecke sluthet eine mächtige, grellgelbe Lichhsstrbe hervor und be leuchtet einen von der Zeit und der Witterung hart mitgenommenen ayr stuhl, in dem ein blinder Mann von tau, mehr als dreißig Jahren kauert Er ist in einen abgetragenen Ueber zieher von unbestimmbarer Farbe ge hiillt und trägt dicke, wollene Hand schuhe. Seine tcsichtsziige sind scharf und eckig, die Augen beständig hinter großen, starkbcwiinpcrten Lidern der borgen. Tie Gesichtsfarbe ist blcigrau, t e Nale arok und mit char er ttrum mung an der Wurzel. Sein linker Arin'hängt gelähmt herab, die Finger der rechten Hand trommeln nervös aus der schwarzen Ledcrdccke des Wagens. Ilm den Hals hängt an einem ledernen Riemen ein alten mit Streichhölzern Auf der inneren Seite des geöffneten Teckels liest man in großen, ungelenken Buchstaben: ..Blind und lahm! Man bittet, kein Almosen zu geben, sondern Waaren zu entnehmen. vln der rech ten Seite des Fahrstuhls ,ist eine blcchcrnc, mit einem Hängeichloj; der scheue Sparbüchse angebracht, in welche die Käufer ihre Nickclstücke hineirnver fcn. in schmalbäckiges, ärmlich gc klcidctcs, aus glcichgiltigen Augen um herschauendes Mädchen von zwölf Iah ren lehnt dicht neben dcm Blinden gegen das schwitzende Ladcnfenster. Es ist die Tochter seines Stubcnwirths, die ihn täglich dorthin und wicder nach Hause zurückfahrt. Die Züge des blinden Mannes der rathen erwartungsvolle Aufmerksamkeit. Er horcht. Auf dcm Straszendamm rasseln die elektrischen Wagen heran. Er kennt sie, er weiß ganz genau, ob sie nach dem Alexanderplai) oder nach dem Schlesischcn Thor fahren. Droschken rattern vorüber, er unterscheidet, ob sie erster oder zweiter Klaffe sind. Fuß gängcr hasten in seiner Nähe hin und her. Er erkennt sie an ihrem Gange, an ihrer Sprache, an dem Raufchen der leider, an dcm Klirren der Sporen und dem Rasseln des Säbels. Und feine Kunden erst ! Er witterte sie mit der Sicherheit eines Spürhundes, an dem (Geräusch ihres Athems, an dcm Duft ihrcs Parfüms, an dem Geruch ihrer Eigarre. Donnerstag ist sein Feiertag, da hat er stets etwas Besonderes. Im Som mcr frische Blumen, im Winter etwas Tanncngrün oder Jmmortellenranken. Heute giebts etwas ganz Seltenes für seine Kunden, Weidenzwcige, mit run den, sammetweichen, schwellenden Sil berkätzchcn, vorzeitiges Sproßwerk eines launischen, marklosen Winters. Heute muß sie" kommen, die zarte, vornehme Dame mit dem lcichtfedernden Schritt, mit der ungcmein melodischen Alt stimme, mit dcm leise knisternden Sei dcnklcide, in der dünnen, duftigen Wollc von Flcur de Lis". Sie ist allezeit sehr pünktlich. Sie ist kurz nach Sechs an seiner Straßenecke, wenn sie aus der Gesangstunde kommt. In den zwei Jahren ihrer geschäftlichen" Be Ziehungen hat sie noch nicht ein einziges Mal gefehlt, ist selten zu spät gckom wen. Ein Muster von Ordnung und Zuverlässigkeit. An diesem Abend ist es schon acht , Uhr, und sie ist noch nicht dagewesen. Siehst Tu sie noch immer nicht, Anna?" fragt der Blinde das fröstelnde Mädchen an seiner Seite. Nein, Herr Reuter!" antwortete das tfiind gleichgültig. Vielleicht ist sie krank," fährt er fort, wie zu sich selbst sprechend. Krank kann sie schon sein," ergänzt das Mädchen gedankenlos. Oder der Profcffor ist krank und kann keine Stunde geben. Meinst Tu nicht auch?" Tas kann auch sein," erwidert Anna mit unveränderter Gleichgiltigkcit. Biclleicht kommt sie auch noch." Vielleicht kann sie doch kommen." Tcr Kranke lehnt sich mit einem tiefen, schweren Seufzer in seinen Stuhl zurück. Seine Phantasie arbeitet ge schüftig und zaubert eine lange Reihe von lebenswahren, scharf umriffenen Bildern vor sein Teclenauge. Er sieht in die Straße einer kleinen Landstadt, in ein niedriges, schmales, cngrvumiges Häuschen mit okcrgclbem Kalkanstrich. Tarin schaltet eine kleine, kränkliche Frau, mit matten, lcbenssattcn, gram durchwühlten Zügen seine Mutter. An dcm cinzigen Fenster des ärmlichen aber sauberen Zimmers hockt ein lang anfgeschofsener, zarttnochigcr Knabe, die Ellbogen auf das Fensterbrett ge stützt, den Kopf in die schmalen, durch sichtigen Finger vergraben, mit keuch tcndcn Augen und fiebernden Wangcn, bei unsicherem Tämmcrlicht in einem dickleibigen Buche studirend er selbst. Tann erscheint ein einfacher, schwarzer Sarg, in dem engen, fcuchtdumpfcn Hausflur. Männcr. in ctwas faden schcinigcn schwarzen Röcken, in alt modischen hohen Hüten, tragen sie hin aus, sie, seine einzige Stütze, seine einzige Freundin, den einzigen Men fchcn, der ihn versteht, sich um ihn küm mcrt. Sin anderes Bild! Er lebt in der Haiiptsiadt. hoch oben, in der Mai.sardc eines fünfstöckigen Mietshauses, der Nachbar und Freund zänkischer Taubeu und schimpfender Sperlinge, ier karg liche Erlös für das elterliche Erde i!t fast aufgezehrt, jrofc der Privatstundcn dic ihm dic besten Stunden zum Stu- diren rauben und doch nur eine spärlich sickernde Quelle seines bescheidenen Haushalts ausmachen. Er sieht den Zeitpunkt herannahen, langsam, aber unausivclchbar. wo er vor vcm Nichts steht. WaS dann? Ta kommt die Hilfe! Er wird Hauslehrer in einer vornehmen Familie des Thiergarten Viertels. Jeden Nachmittag muß er seinem Zöglinge widmen, einem ver wähnten, aber im Grunde gutmüthigen und sehr begabten Schüler, der seinen ruhigen, klaren, ziclbcwußtcn Erzieher bald lieb gewinnt. Tie Nacht gehört ihm, dem Studium. Und dann kommt der Tag, wo er sie" zum ersten Male sieht, die Schwc stcr seines Pfleglings, die eben aus der Genfer Pension zurückkehrt. Ter Augenblick steht so lebhaft vor der Seele des blinden Mannes, als ob es gestern gewesen wäre, und doch sind schon mehr als zehn Jahre seitdem vcrfloffcn. Er wird sie niemals vergessen, die schlanke, anmuthigc Gestalt, mit dcm goldig schimmernden Haar, den ni unteren, schalkhaft blitzenden Augen, den vollen. wvhlgeformtcii feuchtrothen Lippen, den schmalen, weißen Handen und den kleinen, überaus lebhaften Füßen. Wenn auch alle Bilder im Laufe der Zeit vor seinem Jnncnblick verblassen, dieses wird bis an sein Lebensende nichts an Schürfe und Farbenglanz ver licren. Tas weiß er. Da begann für ihn eine neue Zeit, voll stiller Freuden, heimlichen Glücks. &ein Lcbcn bekam Bedeutung und In halt. Er verdoppelte seine Anstrcngun gen. um so bald wie möglich das Staatsexamen zu machen. Dann wollte er ihr sagen, ,oas er für sie fühlte, was sie ihm war. O. er war schüchtern, gewiß; aber dazu würde er den Muth schon finden. Freilich, ob sie ihn liebte? Daran hatte er damals nicht gedacht, das war doch selbstverständlich. Er las es ja am Blick ihrer Augen, er hörte es am Ton ihrer wundervollen Stimme. Und endlich kam der Tag, an dem das Werk gelungen war. Der Weg zu Ehre und Ruhm stand ihm offen. Er wollte ihn betreten, auf ihm vorwärts- stürmen an ihrer Seite. Morgen wollte er das Wort sprechen, von dem sein Gluck, sein Leben, scin Alles ab-hing. Am nächsten Tage gegen Mittag, als er die Worte wicder und wieder über legte, die er ihr heute sagen wollte, hörte er hastende Schritte die ausgctre tcnen, knirschenden Treppenstufen her aufkommen. Ein kurzes, flüchtiges Klopfen an der Thur, sein kleiner Zog- ling stürzt in's Zimmer, mit geröthetcn Backen, athemlos vor Hast und Freude. Papa laßt bitten, heute den Unter- richt ausfallen zu lassen." Na, was ist denn los?" Wir feiern ein Familienfest." Soso!" Meine Schwester Martha hat sich verlobt." Berlobt! Ein Schleier senkte sich langsam über seine Augen, die Erde löste sich unnierklich unter seinen Füßen und sank hinab, tief, immer tiefer, bis in die Unendlichkeit. Tann kam das Nichts, die Bewußtlosigkeit. So mochte er wohl stundenlang gelegen haben, es kam ihm vor, als ob es Jahre wären. Am Nachmittag kam ein Freund und rüttelte ihn aus der Betäubung auf. Tu bist überarbeitet. Komm, wir machen eine Schlittschuhpartie nach Spandau, das wird Tir gut thun." Willenlos, gedankenlos, kraftlos ging er mit. durch die Straßen, hinaus, zu dcm Flusse, dessen schwarzes Wasser unter der Eisdecke unheimlich brodelte. Sie glitten im Fluge dahin. Er spürte nicht den Frost, der ihm bis in's Mark fraß, er fühlte nicht den Sturm, der seine Schläfe umbrauste. er sah nicht die glitzernden Schneekrystalle unter seinen Füßen, sein Auge folgte un verrückt, wie von einer magischen Ge walt geleitet, V? schmalen, tinten schwarzen Wasscrrinnc, die sich am Flußuser entlang zog. wenige Schritte neben ihm. Auf einmal war es der Sturm, war es eine unwiderstehliche innere Gc walt? Wer konnte es sagen? Er fliegt gegen den gurgelnden Wasserstrei- cn heran ein .Krachen ein Rau schen eiskalte Wogen schlagen klatschend Über ihm zusammen. AIs er wieder zu sich kommt, sieht er sich im Krankenhause, unter den sorgen- den Händen der stillen, mildcn, warm- herzigen Krankenschwester. Seine Schiiierzenszeit beginnt, die bis ans Ende seines Lebens dauern wird. Als er das Haus des Leidens verläßt, ist er ein blinder, gelähmter Greis von zwei undzwanzig Jahren. Und so wird er bleiben, freudlos, alücklos, bis sein Geschick erfüllt ist. Toch nein! Noch einmal lächelt auch ihm. dem Elenden, dem Bcttlcr. cin ckxn dc Glücks, cin ferner, winziger, aum sichtbarer Stern, aber doch ein Stern, glitzernd, flimmernd, dessen milder Schein bis in sein innerstes Hcrzdunkcl dringt und dort einen chwachen Glücksschimincr hcrvorzaubcrt. Es war vor zwei Jahren, als sie" zum ersten Mal an den Krankcnstuhl des blinden, lahmen Mannes herantrat und ihn anredete. Er erkannte sie so- ort, und eine unsagbare Seligkeit flog über seine harten, unbeweglichen Züge. Sie ahnte nicht, wer der Unglückliche war. der ibr mit zitternder Hand dic Streichhölzchen, reichte. zo war es gc blieben. Jeden Tonncrslag lani sie. Die ganze Wocbc freute er sicy aus den Augenblick, wo das Rauschen ihres Kleides an sein Odr schlug, wo er ihre liebliche Stimme horte, wo ihre kleine. zarte Hand feine knochigen, unruhig tastenden Finger streifte. Teshalb war der Toniicrstag scin Sonntag, sein Festtag. Ein einziges Mal war sie mit ihrem Manne gekommen. Da hatte der Blinde aufgehorcht, auf den Schritt, auf den Stimmfall. Beides hatte ihm nicht gefallen. Tcr Mann war sclbst süchtig, eigenwillig, hart bis zur Hcrz- losigkeit und Rohkeit. Die Arme!" sagte der Kranke nachdenklich zu sich. Tann hörte er, wie in einiger Ent- fcrnunq der Mann sagte: Also, das ist Tein Blinder? Ich weiß nicht, was Tu an ihm findest." Ich finde an ihm. baß er unglücklich ist." antwortete sie. Außerdem erinnert er mich an einen jungen Mann, der bei uns Hauslchrcr war." Vielleicht ist er es selbst. Tu kannst ihn ja fragen." Nein," sagte sie, der ist im Kanal ertrunken. Gerade am Tage als wir uns verlobten. Ich habe es in der Zeitung gelesen. Es ging uns sehr nahe." v Tcr Blinde erwacht aus seiner Träu merei. Er horcht aufmerksam. Trip pclnde Schritte kommen über den Fahr- dämm. Tas find ihre" schritte. Nein, sie sind zu klein, zu hastig. Sie" geht langsamer, ruhiger. Einen Augenblick später hört er unmittelbar neben sich eine seine und doch höchst ausdrucksvolle Kinderstimme. Sind Sie der blinde Mann, den Mama immer Tonnerstags besucht hat?" Tcr bin ich, mein Kind. Ta!" sagte die Kleine, indem sie ein Geldstück in seine geschlossene Hand zu stecken versuchte. . Tanke. Warum kommt Mama heute nicht selbst, mein liebes Kind." Mama ist todt, antwortete eine aufschluchzende Stimme. Todt!" stammelte der Blinde, indem er wie vom Beylage gcruyri yinien übersank. Tie gnädige Frau ist vorgestern begraben," sagte die Begleiterin des Kindes. Sie hat noch kurz vor ihrem Tode den Auftrag gegeben, daß Martha alle Tonnerstag hierhergeführt wird." Todt!" murmelte der Kranke mit leiser, müder Stimme. Tann richtete er sich mühsam auf, griff mit zittern den Fingern nach den Weidenzweigen und preßte sie in die Hand des Kindes. Bitte! Auf Mamas Grab! Bitte!" Zwei große, schillernde Thränen roll- ten unter seinen geschlossenen Lidern hervor. Meine Reisegefährtin. Eine amerikanische Nachtgeschichle. Es war in einer bitterlich kalten Januarnacht, einer Nacht, wo der ob dachlose Wanderer in Gefahr schwebte, zur Erde niederzusinken, nie wicder auf- zustehen, als ich den amerikanischen Eisenbahnzug bestieg. Einen großen Borzug hat der Dampf." brummte ein dicker alter Herr. der in der Ecke des EoupS faß. Wind und Wetter können ihm nichts anhaben. Kein Pferd von Fleisch und Blut der- möchte eine solche Kälte, wie wir heute Nacht haben, auszuhalten; das eiserne Roß aber rennt immer vorwärts, mag das Thermometer auf Null oder auf dem Siedepunkte stehen." So fuhren wir m die Winternacht hinein. In Hardwick, einer nicht un ansehnlichen Stadt, machten wir zuerst Halt. Unser Wagen war ziemlich der letzte des langen Zuges, und es stieg ein einziger Passagier bei uns ein. Die scr Passagier war ein schlankes, junges Mädchen, in einen großen, grauen Shawl gehüllt und mit einem netten Reischütchcn auf dem Kopfe. Sie schien etwas schüchtern zu sein, wie je- mand. der ans Reisen nicht gewohnt ist. und setzte sich, nachdem sie sich un schlüssig im Eoupö umgesehen, in der Nähe der Thür nieder. Entschuldigen Sie, mein Fräulein,' sagte ich; wird es nicht besser sein, wenn Sie mehr in der Nähe des Ofens Platz nehmen?" Tie junge Dame stand wieder auf, schien einen Augenblick lang unschlüssig zu sein, folgte aber endlich doch meinem Rath. Geht dicscr Zug bis Bayswatcr?" fragte sie dann mit einer Stimme, deren lieblicher Ton mich höchst angenehm be rührte. Ja wohl. Kann ich Ihnen viel leicht in irgend welcher Weise nützlich scin?" Ich danke; nein wenigstens nicht eher, als bis wir nach Bayswatcr kom men." Bis dahin werden wir noch drei Stunden brauchen. Hält der Zug unterwegs noch ein mal?" Blos in Ermouth." Tie junge Tarne seufzte aus anschei nend erleichtertem Herzen auf und lehnte sich in die Ecke zurück. Bei dcm Schein der Lampe, die in ihrem Mcssinggchüuse gegenüber hing, konnte ich nun das Gc sicht meiner Reisegefährtin scheu. Es war das eines lieblichen Kindes; denn sie zählte, wie es schien, höchstens sechs zehn Jahre, hatte große blaue Augen, goldblondes, glatt aus dem 0eiid;t zurückgestrichenes Haar und einen llei neu Mund, der einer halb verschlossenen Rosenknospe glich. Sie erwarten wohl, in Bauswaker von Freunden empfangen zu werden, mein Fräuleins fragte ich nach einer Weile. Nein. Sir, ich will eine dortige Peniioiischulc besuchen." .lernn werden Sie aber zu einer et was unpassenden Stunde ankommen ein Uhr Morgens." O. das hat nichts zu sagen." ent gegnete die junge Tame lächelnd. Ich gebe sofort nach dem -chuIgcbäude." Tcr Eilzug donnerte weiter mit dem stetigen unaufhörlichen Pulsfchlag sei ncs eisernen Hcrzcns und dem schnau bcnden Athcmzug seiner Ricfenlunge. Plötzlich gellten die Signalpfeifen, und der Zug begann, langsam zu geben. In Ermouth können wir noch nicht sein." dachte ich. Ich müßte denn geschlafen und auf den Lauf der Zeit nicht geachtet haben. Ich warf einen Blick aus meine Uhr. Es war erst halb zwölf Uhr. und ich wußte, daß wir nicht eher als einige Minuten nach Mitternacht in Exmouth ankommen konnten. Ich rieb den Frost vom Fenster und schaute hin- aus. Wir hatten an einer einsame kleinen Station mitten in einer dichten Richten Waldung Halt gemacht. Ist dies Ermouth?" fragte die saufte wohllautende Stimme meiner mir gcgcnüdcrsitzcndcn. schönen Reise- gcsahrtin. Ncin; wie der Ort heißt, weiß ich nicht; es muß ein ganz besonderes Signal gegeben worden sein. cie fne ren wohl. Fräulein? Ihre Stimme zittert' Es ist allerdings sehr kalt." sagte die i junge Tame in kaum hörbarem Tone, indem sie ihren Shawl fester um sich wickelte. Ich , wollte, eS ginge bald weiter. " Eben fetzt sich der Zug wicder in Bewegung," antwortete ich. Hören Sie." sagte ich zu dem Eonduktcur, der eben durch dcn Wagen ging, warum haben wir an jener kleinen Station Halt gemacht!" Tie Maschine hatte lein Wasser mehr." entqcqnete der Eonduktcur. indem er vorübereiltc. Ich errieth sofort, daß diese Antwort keine wahrheitsgemäße war. Unser Auf- enthalt hatte kaum eine halbe Minute gedauert, und in dieser kurzen Zeit wäre es nicht möglich gewesen, dcn Tampfkesscl zu fullcn. Wo sollte ubri gcns an jenem einsamen Orte mitten in einem kahlen Fichtenwalde das Wasser herkommen? Fünf Minuten später trat der von- dutteur wieder in den Wagen. Warum wollten Sie mir nicht die Wahrheit sagen?" fragte ich ihn in gedämpftem Tone. Tie Wahrheit? In Bezug woraus" entgegnete er in demselben Tone. In Bczng aus den Grund, warum Sie vorhin Halt machten." Ter Eonduktcur lächelte und entgeg- ncte dann: Na, ich will Ihnen nur die Wahr- heit sagen. Wir machten Halt, um einen einzigen Passagier aufzuneh- men einen Mann, der uns von Bayswater bis an jene Station ent gcgcngckommcn war." ..Um dcs Vergnügens willen, dcn- selben Wcg wieder zurllckzumachen?" Ja wohl, um des Bergnugcns willen in gewisser Gesellschaft zu reisen. Sie für Ihre Person brauchen sich nicht zu furchten es lsi ein geyeimer Polizeioffiziant." Wie? Ein " Ich stand im Begriff, die letzten Worte des Eondukteurs im Tone des Erstaunens zu wiederholen, mein Nach bar aber gab mir durch einen Wink zu verstehen, daß ich schweigen solle. Was für ein Verbrechen ist denn verübt worden?" flüsterte ich. Ein blutiges und furchtbares. Eine verruchte Hand hat einem Mann nebst seiner lyrau und zwei kleinen Indern die Kehle abgeschnitten und dann das Haus in Brand gesteckt!" Mein Himmel, welch eine Unthat!" Tcr Eonduktcur und ich hatten dies alles natürlich nur ganz leise geflüstert. Tcr Eonduktcur verließ mich, so daß ich Zeit bchiclt, die Gesichter meiner Reise geführten mit einem seltsamen Gemisch von Scheu und Ncugicr zu mustern. Unwillkürlich blieben meine Blicke auf einem Manne haften, der mir gegenüber saß. Seine Züge trugen das Gepräge der Rohheit und Gemein- heit. Sein Bart war struppig und verworren nnd der Kragen seines zot tigen, schmutzigen Rockes bis über die Ohren heraus emporgcschlagen. Ich fühlte mich immer mehr überzeugt, daß dieser Mann mit dem vcrthicrten Blick und der breiten, ticshcrabhangcndcn Kinnlade dcr Mörder sei, und als ich verstohlen von ihm hinweg seitwärts blickte, begegnete ich den großen blauen Augen dcr schönen jungen Tame. Tem Impuls meines Herzens sol- gcnd, erhob ich mich nnd nahm neben ihr Platz. . . , ce horten wohl, wovon wir soeben sprachen, mein Fräulein?" fragtc ich. Ja. von cincr Mordlhat o, wie entsetzlich!" Furchten Sie sich nicht uns wird niemand etwas anhaben wollen." Sie blickt mir mit dem Ausdruck der vertrauenden Unschuld in's Gesicht. Unser Aufenthalt war ein nur kur- zer; doch bemerkte ich. daß während desselben der wachsame Polizeioisiciant den Platz gewechselt halte und jetzt in unmittelbarer Nabe des Mannes mit dem verthicrten Bücke und dem zoltigcn Rocke faß. Sehen Sie," slammclte dic junge Tame. in Ermouth wurden die Sinnen drs Wagens vcrschlo'sen; jetzt sckiließt man sie wieder aus. Sie hatte Recht. Wahrscheinlich furchtet man. daß der Verbrecher wahrend deS Stilldal- teils dcs Zuges entspringen tonnte, bemerkte ich in gedämpftem Tone. Tarf ich Sie bitten, mir ein Glas 'Wasser zu holen?" fragte meine schöne Nachbar!. Ich erhob mich und ging nach dem Wasserbehälter in dcr Nähe der Thur. obschon mit unsicherem Schritt; denn der Zug war wieder in rascher Bewegung. AIs ich den zinnernen Becher in dic Hand nahm, entdeckte ich leider, daß derselbe mittels einer dünnen Kette an dem Brett, worauf er stand, befestigt war. Es hat nicht?! zu sagen." bemerkte die junge Tame. welche dies ebenfalls sah. mit freundlichem Lächeln. Ich werde selbst hinkommen." Ich füllte den Bechcr und hielt ihr ihn entgegen; anstatt ihn mit aber ab zunehmen, rannte sie plötzlich an mir vorbei, öffnete die Thür und stürzte hinaus auf die schmale Brücke, mittels deren die einzelnen Wagen miteinander in Verbindung stehen. Haltet sie aus! Haltet sie auf!" schrie der Polizeiossi.ziant, indem er aufsprang. Eondukteur, haltet sie auf!" Tas ganze Innere des Wagens der wandelte sich sofort in einen Schauplatz dcr Verwirrung und Bestürzung. Ich war dcr Erste draußen an der Verbin- dungsbrückc. sah aber auf derselben Niemand weiter als einen halbcrfrorc ncn Schaffner, dcr vor,, Schrecken und Kälte an allcn Gliedern zitterte. Wo ist die junge Dame hin?" rief ich ihn an. Sie sprang hier zwischen den Wa gen hinunter, ehe ich eine Hand nach ihr ausstrecken konnte." stammelte der Gefragte. Sie tnirn augenblicklich zu Tode ge- rädert worden sein," sagte der Eonduk teur, die Achsel zuckend. Ein solcher Sprung von einem Eilzuge ist allemal dcr sichere Tod." Und dicscr Sprung kostct mir fünf- hundert Dollars, denn so viel Bcloh nung war auf die Ergreifung dieser Verbrechen gesetzt." sagte dcr Polizei offiziant mit ärgerlicher Miene. Ich wollte hier unterwegs kein Aufsehen cr- regen, sondern warten, diS wir nach Bayswatcr kämcn; abcr es war das sehr dumm von niir. Ich hätte sie gleich hier festnehmen sollen." Mein Himmel." rief ich. Sie wol- len doch nicht sagen, daß dieses Kind . . " Dieses Kind, wie Sie diese Person nennen, entgegnete der )ssclani in gelassenem Tone, hcißt Alice Burton, ist eine vcrhcirathcte Frau von sechs undzwanzig Jahren, hat in der ver gangcnen Nacht mit kaltem Blute vier Personen ermordet und suchte nun nach Eanada zu entkommen. So steht die Sache." Der Zug machte infolge des vom Eondukteur gegebenen Signals Halt, und der Eondukteur und der Polizei- offiziant, welchen sich außer mir noch einige Passagiere anschlössen, gingen auf dem Gcleise zurück, um das schöne, junge Wesen zu suchen, dessen Liebens- Würdigkeit und anscheinende Unschuld eine so anziehende Wirkung auf mich geäußert. Wir mußten infolge der rasenden Schnelligkeit, womit dcr Zug sich be- wegt hatte, eine bedeutende Strecke zurücklegen, ehe wir die Mörderin fan den. Sie lag dicht neben dem Geleise, bis zur. Unkenntlichkeit verstümmelt. Als ich am nächstfolgenden Tage dcn Bcricht übcr dcn Mord und das tra gische Ende dcr Mörderin las, dachte ich an die blauen Augen und dcn Roscnknospenmund dcr feinen, schlanken Gestalt und fühlte mein Herz von den seltsamsten, widerstreitendsten Gefühlen bewegt. Ein Bpfer. Hausfrau: Anna, wo ist denn die große Leberwurst, die gestern noch hier hing?" Köchin: Jott, Madam . die hat auch der Militarismus verschlungen!" höchste Sparsamkeit. Junge Frau: Tie gebrauchten Zahnstocher dürfen Sie nicht fortwcr- fcn. Kalhie. die kommen in die Holz kiste zum Verbrennen." Protest. Richter : Sie sind für die Ohrfeige, die Sie dcm Badcr Schmicrlc gegeben haben, zu 5 Mark Geldstrafe verur theilt." Protzcnbaucr: Waas?! Muß i' für mein' Obrfcig'n blos 5 Mark zahlen?!" stichhaltiger Grund. A. : Warum tragen Sie solch' theure Uhr? Auf einer billigen können Sie doch die Zeit cbcnso gut crsehcn." B. : Tas stimmt schon, aber ich kricgc nicht so viel dafür, wenn ich sie versetze." lZcscheidcn. Vater: Ich glaube, eine ordentliche Tracht Prügel würde Tir sehr gut thun." Sohn: Ich weiß schon, abcr ich muß ja auch nicht alles Gute haben." ta änstdiümclti. Ich bin ein kleines Blitmlctn nur. Ein GaMcblumelcin, Ich blüh' lcsckedei! auf der Flur Im warmen Sonnenschein. Tie Fruklingssoniie. wenn erwackit. 7a wag' ich mich bavor Und beb bescheiden und ganz sack,! Mein Köpfchen flugs empor. Siehst Tu als erstes Blumlein mich Nach langer Winterszeit. Erfreust Tu Tich. denn ich verkünd' TeS Frühlings Herrlichkeit. Doch wenn dcr warme Sonnenschein Tie Schwestern um mich her Hat wach geküßt beachtet mich Kein Mensch kein einz'ger mehr. Tas ist der Lauf dcr Welt doch ich Will gern zufrieden scin. Hab' doch crreicht, waS ich gesollt : Des Menschen Herz erfrcu'n. verschiedene Anffassiiiigen. Schauspicler Gast, im Zwischenakt hinten Vorhang) : Sehen Sie nur das gespannte Interesse auf dcn G? sichtern dcr Zuschauer." Tirektor bürgerlich über die geringe Anziehungskraft, welche dic Ankün digung des Gastspiels ausgeübt hat) : Was hilft das, wenn so viele leere Bänke gähnen !" U'ir, Gattin : ..Da liast Tn's. Emili Ter Herr Sctretär. dem Tu mich vor drei Woaien vorstelltest, saate nur beule. er hätte mich am Hute wicdcrkannt! Tas ist doch eine Schande !" )n einem sächsischen pstivagen. Erlauben Sie gictigt, wie is Ihr werther Name?" Werner." Nee, aber so was, da hccßcn Sie doch beinah' wie ich : ich heeßc nämlich Schlammbach." Auch ein Gnädiger", Tie Gnädige : Warum wollten Sie eigentlich Ihre Stelle bei uns s plötzlich ausgeben?" Lakai (dem eine größere Erbschaft zugefallen) : Ich bin jetzt selbst gnädig geworden !" Ausgleich. Wie kommt's nur, daß dcr Baron statt dcr rcizendcn jüngsten Tochter des Bankiers, seine abgeblühte Aclteste nahm?" Ter Jüngsten hat die Natur am Meisten mitgegeben und der Nettesten ihr Vater !" Mahnung. Wachtmeister (zu einem Rekruten. der vom Pferde füllt) : Donnerwetter, wie oft habe ich Ihnen schon gesagt, ic sollen nicht so Hals über Kopf das Pferd verlassen?" Ligenthiimliches Geschäftsprinzip. Gast: Sie, Herr Wirth, die Be- dienung bei Ihnen geschieht zwar sehr rasch, aber die Portionen sind sehr klein !" Wirth: Bitte sehr, es hcißt doch: doppelt giebt, wer rasch giebt !" Beehrt. Hausfrau (zum Studenten) : Sind v . v t. sj: r,.. e veml in vu)um inujeren iuuuriiere auch stets die Miethe schuldig geblie-ben?" Student: Diesem Umstände, liebe Hausfrau, verdanken Sie ja gerade mein Hiersein." irtalitk's Twst. Warum weinst Du denn Käti?" Ach, mein Franz ist mir untreu ge- worden." Na, tröste Dich; so ein hübscher Mensch kriegt bald einen andern Schatz." Ant Karpfenteich. Tie Fischlein im Wasser Wie sind sie so stumm, 's giebt Menschen, die halten Ties Stummscin für dumm. Und wissen dabei nicht. Wie mit solchem Sprechen, Sie sofort sich selber Ten Stab damit brechen. O wären sie lieber Wie die Fischkin so stumm. Sie wären für And're Viel weniger dumm ! !cr stein dcs Anstoßes. Ein berühmter amerikanischer Geo- loge -erlaubte seinen Studenten, ihm vor jeder Vorlesung Proben von Stci- ncn aus s athcdcr zu legen, deren Na men er im Vortrage bestimmte. Ein Student machte sich nun cincs MorqcnS dcn schlechten Witz, ein Stück Ziegel stein hinzulegen. Tcr Geologe bemerkte den Stcin und bcgann ruhig seine Vor lesung. Ties hier, meine Herren." erklärte er. ist Vuntsandstcin. das hier Glimmerschiefer, das ist Quarz und dies hier er hielt den Ziegel in dic Höhc ist ein Stück Frcchhcit!" I?ergügc,i zu l)auc. ' Tame : Sagen Sie mal, Herr B.. man sicht Sie nirgends, nieder im Theater noch im Konzert. Gehen Sie nirgends hink Herr : Nein, ich brauche zu Hause blos mal meine Alte zu ärgern, dann habe ich das schönste Theater und Kon zert und dazu noch alles gratis."