LA )n Ictjtor Stunde. ÜtODeUr von )t o i b f r i , 0 I !. ll'itnt flammte miö leuchtete a. Iti i'drm'jfr clraf'.e !am herauf ivie ei dunipses kraulen und Summen und die lauften Linien der 'Sdniiifeiiitcr schietten zn brennen. Sieben Uhr vor über. Tie Wagen 'mm, hoch spritzt der ttctl) und bic Maitcn branden sich, mit Packeten beladen, eilig aneinander vorüber. Tie letzte Stunde, ebe e-: stiller wirb und das mildere Licht der Weihnacht sich entzündet. Hoch oben iin vierten Ttockwerk druckt sich eine heiße Mannersiirii an die kühle Fenster scheibe und zwei dunkle, flackernde ?lu gen bohren sich hinab in das nervöse, lärmende Treiben. Plöplich schließt er die Augen und wendet sich ab ihm schwindelt. lr lehnt sich an die Wand und drückt die schmale Hand an die Stint. Wieder dieser wühlende Schmerz. Tie Schultern falle ilm ein und er scheint in sich zusammenz sinken. Tann aber rasst er sich auf, streicht nervös das dunkle Schnurrbart chen und geht zum Waschtisch. Mit leicht zitternder Hand schüttet er Wasser ins Oilcis und trinkt es leer. Tann zündet er ein erzenstüinpfchen au und hält es hoch. Tie kleine Stube ist ärmlich und kahl. Ter Csen starrt kalt und weis;, an der Wand ein Der-witjertesBiSmarck-Bild. cm verdrücktes, altes Sopha, ein lahmer Faiitenil, zwei harte Stühle, ein kleiner Tisch und ein Bett, das ist Alles. So karg, so elend. Nichts Lichtes ist darin ; ans beftl Zische das kleine verschlossene Kou vcrt ist dS einzige Weist in der graue Elenbüsiube. .H tragt keine Adresse. T.,s ist gleichgültig, der Custe, der es öffnen wird.' für den ist kS bestimmt, In drei kurzen Sätzen hat cr es niedergeschric ben, das; er in dieser Welt des Hungers nichts mehr zu suchen hat. Seine schlanke, teine ,ngur um. schmiegt ein dünnes, dunkles Sommer qewan'd. 13 ist fadenscheinig, aber sorgfältig gebürstet, sein Gesicht ist nicht rasirt. aber das Haar geordnet, der Kragen nicht frisch, aber die verschlos- sene Nravatte sorgfältig gebunden, ( sind genau vicrundzwauzig Stunden, seitdem er nichts gegessen hat. Und was cr vor viernndzwanzig Stunde heißhungrig vcrschlang, war cin Stück- chen Ui.Miri uno zwei roonjen. waren die letzten dreißig Pfennig gc Wesen, Er hatte es voransgesehen, hatte mit letzter, verzweifelnder Kraft, gleich sam mit knirschenden Zähnen dagegen gekämpst, aber das von ferne heran schleichende Kraue, Tödtendc war ge kommen. Er versank im weit fluthen den Strom und seine Arme, die dagegen kämpften, waren schlaff herabgesunken. Ohne Brod, ohne Liebe das Leben war leer geworden, werthlos, und er konnte es schmerzlos fortwerfen. War es feige, mit dreißig Jahren zu fliehen? Fahnenflüchtig z werden? Vor einem Jahre Hütte cr jeden verlacht, der es ge sagtiätte, jetzt fand er es so selbstver ständlich, so nothwendig, so befreiend. Er warf seinen dünnen Havelock um, fetzte den Hut auf, streifte mit einem Blick noch die Stube und ging hinaus. Auf dein Korridor dufteten Tannen und Pfefferkuchen. Er machte sacht die Thür zu, dann riß cr von ihr die Bist tcnkarte ab. Er lächelte, wie er den Namen las: E r w i n W c r n e r. Bald löscht er ans und Niemand hört ihn mehr. Er steckte die Karte zu sich und ging langsam die Treppen hinab. Er konnte nicht schnell gehen, ihm schirmt delte bei jeder heftigen Bewegung. Auf der Straße umfing ihn der Lärm. Alles rannte an ihm vorüber und Alles hatte nur den einen Gedanken der Freude, der Fcstcsweihe, und Alles hatte Geld in den Taschen. Gold und Silber, eilte mit Schätzen und Geschenken bc laden, Jeder hatte cin Liebes, ein Theures, cin Uebriges für dieses so schön erleuchtete Leben. In der Leip zigerstraße flammten die Lichter und die elektrischen Wagen erfüllten die Luft mit grellem Glockenklingen. Voll waren die Wagen, der Border- und Hinter Perron dicht besetzt, von Kistchen und Packetcn waren wahre Burgen errichtet, Alles war beladen von der Last, die er freuen sollte. Ein kleiner Junge schrie billiges Spielzeug ans cr griff mechanisch in die Tasche, bekam aber Mir den Hausschlüssel zu fassen. Was sollte der ihm noch? Er ließ ihn lang sam fallen und schritt weiter. Er wollte weit hinunter, wo es stiller wurde, dem Wasser zu. Ob er nur noch die Kraft haben würde, sich über das Geländer zu schwingen? Fast glaubte er nicht daran und blieb tief aufathmcnd stehen. Er war am Tönhoffsplatz. Um ihn hcrum versank die Welt, er hörte das Getriebe nur leise, wie von einem fernen Bezirk summte es zu ihm herüber. Er starrte in das Licht und wollte weiter hinein gehcn in das Weite, ihn mit kaltem Licht Umfangende, als auf ihn ein junges schlankes Madchen zuschritt. Er sah nur die Umrisse ihrer hohen, kräf tigen Gestalt und ein volles, gesundes Gesicht. Sie war provinziell gekleidet, das Blond glänzte unter dem einfachen Hute und an ihren Händen bammelten mehrere kleine Packctchen. Er zuckte zusammen.'wie sie, auf ihn zuschreitend, sagte: ..Ach bitte, können Sie mir vielleicht sagen, wie ich von hier zum Stcttiner Bahnhof komme?" Er starrte sie an, er verstand die Worte, die aus einem frischen, weiß zähnigen Munde kamen, nur allmählig. ! D MntagWjl. Jahrgang 11). Beilage mn Ncbraska Ttaats-'.'lt,;eiger. No. 41. Donhonsplap und Stettiner Balm hof. das mußte eine sehr fremde sein. Ta minien cie erst die Leipzigerstraße entlang gehen, dann von der Friedrich- straße bringt sie ein Omnibus direkt nach dem Bahnhofe." Ich danke. Wollen Sie vielleicht noch so freundlich sein und mir sagen, wie ich am schnellsten in die Friedrich straße kommet" Zehen Sie. hier gerade aus, dann sind Sie dort." Ihre klaren, graublauen Augen hat ten einen fragenden, fast bittenden Ausdruck und so setzte er noch hinzu: Ich kann ja das Stückchen mitgehen." Und so gingen sie die Leipzigerstraße entlang, bis sie am lichterstrahlenden Eqnitavlegebäude angekommen waren. Sie hatte ihm indessen erzählt, sie sei nur zwei Tage nach Berlin in dringen den Geschäften gekommen, sie habe sich verspätet und könne darum zum Weih nachtsabend nicht zu Hause in Stettin sein. Nun ja, was verloren sei, sei einmal verloren. Uebrigens gehe ihr Zug erst in zwei Stunden. Sie dankte ihm herzlich sür seine Liebenswürdigkeit und reichte ihm eine kräftige, weiße Hand. Er legte die seine schlaff hinein und lüftete leicht den Hut. Er hatte vorhin, im Gefühl, sein Halskragcn sei nicht rein genug, dcn Rockkragen empor gestülpt und einen scheuen Blick aus seine Begleiterin geworfen. Sie strotzte von Leben, sie blühte auf, er ver dorrte und verwelkte. Sie hatte ihn mit einigen Seitenblicken gestreift, sein Kopf erschien ihr interessant und sie fühlte, daß ihn eine innerliche Trauer beherrsche. Ihr Wesen hatte etwas Offenes, Schenloses, Selbstständiges, er fühlte U1 ivru an iiircr eue uiiu iinui ge dankenlos bis an die Mohrenstraße mit. Er konnte ja schließlich auch dem Schiffbauerdamm zu er blickte nach rechts und die "hellen Augen des Mädchens trafen die leinen. Ihm war, als hatte sie ilm bei feinen bedanken ertappt und eine leichte Hitze stieg ihm in die Wangen. Wissen Sie was," sagte sie Plötzlich, ich habe ja noch so viel Zeit und hungrig bin ich obendrein, ich möchte noch schnell Abendbrod essen. Wo speist man denn hier gut und billigt" Er wies auf ein Restaurant. Kommen Sie nicht mit?" Nein, ich werde jetzt noch nicht essen." Ja, in Berlin ißt man viel später. Aber ein Gläschen Bier trinken Sie doch mit? Ich möchte mich nicht gern allein in das Restaurant setzen." Er sah sie verwirrt und verlegen an und in ihr zuckte es auf. (sie ahnte was dcn Menschen bestimme. Noch ein- mal warf sie einen flüchtigen Blick über ihn, dann lachte sie und fagte: Ach kommen Sie doch, lachen le mich aus, wenn Sie wollen, aber ich will, daß Sie für Ihre Liebenswürdigkeit mein Gast sind. Ein einziges Gläschen Bier kommen Sie doch!" Er widerstrebte, aber schließlich folgte er. wie in einem Bann. Er begann schwach und willenlos zu werden. Sie kamen in's Restaurant und setzten sich in eine Ecke. Er sah sie jetzt an, sie mochte fünfundzwanzig Jahre alt sein. Etwas ungcmcin Frisches, Kluges und Warmes ging von ihr aus. Wie sie Bier bestellte und ihm die Karte reichte, wäre cr am liebsten aufgesprungen und fortgestürzt. Er schämte sich unendlich, daß' ihn ein fremder, und noch dazu eine Dame, dewirtbe. Das Licht, der Spcisendunst, die verdießliche Miene des Kellners verwirrten ihn. Seine Augen durchflogen die Speisekarte, er sah Buchstaben, aber sie fugten Nch nicht zusammen. Schließlich sagte er fast tonlos: Eine Suppe!" Sein Löffel zitterte und er streifte mit keinem Blick das Mädchen, das ihn forschend betrachtete. Sie sah, wie hcrabgckommen er war. und während sie ein Huhn zerlegte, kämpfte sie mit sich, ihn zu fragen, was ihn so dcstürze und quäle. Sie fühlte sich zu dem stillen Menschen eigenartig hingezogen und hätte ihm gern in die Augen ge blickt. Sie hätte ihn gern mittheil sanier gemacht. Was mochte er sein? Bom geistigen Proletariat ohne Zweifel. Er hätte die Suppe ausgelöffelt, cin Stückchcn Brot dazu gegessen und fühlte sich gesättigt. Er lehnte sich zurück und ihre Augen trafen sich. Er senkte die feinen und sie ergriff schnell seine Hand und sagte leise zu ihm: ..Sie haben Etwas. Einen Kummer, ein Leid sprechen Sie es doch aus. Sie dürfen mir Alles sagen." Lassen Sie mich fort!" Er wollte seine Hand zurückziehen. Lassen Sie mich mein Gott, warum ging ich denn keine andere Straße!" Sie war bestürzt und sah ihn an. Er drückte seine linke Hand über die Augen, Sie rückte ihm näher und sagte: Unterdrücken Sie nichts, was haben Sie vor? Sagen Sie mir Alles. Ich sehe, daß cs Ihnen schlecht gel,t. 'l!i.ll.i,-M ?,, ,,' flj'lffMl '" lliiiiii lutui v. l'M'i" jl,11" Sie mir helfen?" Er machte feine Hand loS. Wie wollten Sie das? Mir hilft nur das noch, was ich für heute vorhabe. Ich bitte Sie, fragen Sie mich nicht, es macht mir Oual. Lassen Sie mich fort, Sie sprechen zu einem Mensche, der kein Interesse mehr an der Welt hat, lassen Sie mich " Jetzt lasse ich Sie erst reckü nicht. Sie haben etwas Böses vor" Kaun man das etwas Böses nen nen, wenn man sich von seinem Elend befreien will?" Sie wollen sich todten!" Und wenn ich es wollte? Sie wer ben mich daran nicht hindern OK doch! Ist es denn möglich, daß ein junger, intelligenter Mensch, wie Sie, nichts Anderes mehr zu thun wüßte O pfui!" Fräulein, Ihr Pfui ist ungerecht. Sie wissen nicht, wie es um mich steht. Tiefe Suppe war seit viernndzwanzig Stunden mein erstes Essen. Ich bin kein Lump, ich bin kein Schwindler, Sie dürfe mir glauben. Mir ging es vor zwei Monaten noch gut. Ich war Buchhalter in einer Fabrik. Sie fallirtc und ich stand auf der Straße. Ich bewarb mich um jeden Posten, cs bot sich mir nichts. Wohin ich kam, es war Alles bereits besetzt. Mein Geld war bald verzehrt und das Leih anit nahm ein Stück nach dein anderen. Ich mußte mit den Groschen sparen, ich aß nichts, um das Porto sür meine Offerten zu haben. Jeder Morgen brachte neue Enttäuschung. Tausend Andere fanden Stellen i ch batte Pech. Ich wollte Adressen schreiben ichbekiint keine Arbeit. Ich wäre unter die chnee schauster gegangen, aber cs giebt ja in diesem Winter keinen -chnee mehr. In der ganzen Stadt habe ich Nieman den, der mir auch nur einen Thaler leiht. Ich bin ja überzeugt, daß ich früher oder später Stellung bekommen würde, wie soll ich mich aber bis dahin über Wasier halten? Bon Weihnachten bis Neujahr ist die schlimmste Zeit. Für die, die etwas haben, ist es die Zeit der Poesie, für die. die arm sind, ist es das schlimmste Elend. Mich würde bis dahin der Hunger zehnmal todten, und lebe ich noch am 1. Januar wie soll ich dann Miethe bezahlen? lind habe ich keinen Ort mehr, wo ick den Kopf hinlege was dann ? Ins Asyl?" Er sah ihr in die Augen und sie senkte die ihren. Sie schwiegen. Sie spielte mit dem alzglüschen und sah dann plötzlich auf. Und ihre großen Augen auf ihn heftend, sagte sie: Versprechen Sie mir. mich ruhig anzuhören, was ich Ihnen auch immer sag? Nun gut. Und spielen Sie nicht dcn Gedemüthigten und fühlen Sie keine falsche Scham. Hier sind zwanzig Mark ich habe nicht allzu viel Geld mit mir. Diese zwanzig Mark bitte ich, als ein Tarlchn von mir an zunehmen Sie sollen es mir zurück geben, wenn Sie können. Und damit Sie wissen, wer Ihre Gläubigerin ist ich heiße Frieda Wilde. Jetzt nch mcn Sie das Geld und stecken es ein ich spreche sonst nicht weiter." Und als er das blinkende Goldstück nicht zu sich nahm, da steckte sie es ihm blitzschnell in die Westentasche. Fräulein das kann ich nicht!" Nicht widersprechen! Und nun hören Sie. Mit diesem Geld werden Sie ei nigc Tage reichen. Ich bin überzeugt, daß Sie es nicht vergeuden werden. Sie sehen, ich glaube an Sie. Ich bleibe blos bis Neujahr in Stettin, am 2. Januar bin ich wicdcr hicr. Ich habe auf eine Annonce hin hier in der Kommandantcnstraße ein Geschäft ge taust. Ich bin fremd hicr nnd kann dcn Rath Jemandes, der den Platz kennt, gebrauchen. Wenn ich hicr bin, werde ich Ihnen schreiben. Ich glaube. Sie sind ein guter Mensch, und es wäre schade um Sie. Und darf ich Sie jetzt bitten, sich mir vorzustellen?" Er hatte sie angestarrt, wie in einem Traume saß cr da nun zuckte er auf, griff in dic Brusttasche und reichte ihr die Karte, dic cr vorhin von der Thür abgerissen. Sie warf einen Blick darauf, steckte sie in ihr Portemonnaie und sagte zu dem mit flammenden Wangen vor ihr Sitzenden: Und nun versprechen Sie mir, daß Sie sich kein Leid anthun und daß ich Sie wiederfinde, wenn ich komme." Sie hielt ihm die Hand hin. Es war die Hand eines jungen entschlossenen WeibeS, das ihn lieb gewann und ihm schnell Liebes erwies. Er fühlte, wie die Irische, Starke sich ihn erkor. Den Schwachen, Berkommendcn. Mit jähem Griff erfaßte er die Hand und bedeckte sie mit glühenden Küssen, während das heiße Wäger ihm aus dcn Augen strömte. Er brachte kein Wort hervor. Sie strich ihm sanft itber Stirn und Haar. Es war ihm, als ziehe ihn etwas unendlich Hohes und Liebes zu sich empor nnd holte ilni fest und pcher an sich. Ihm siel das Kindermärchen von der blonden Fee ein, die sich lächelnd über eine Wiege neigt und das hilflose Kind beichirmt. Er blickte auf und ihre hellen, ruhigen Augen senkten sich lächelnd in die seinen. Und nun ist cs Zeit." sagte sie und stand auf. Sie kamen auf dic ricd richstraßc und der Omnibus wackelte heran. Er winkte, daß cr halten solle- Und nun leben Sie wohl! Auf Wie. versehen!" Ein letzter Händedruck. Sie schwang sich in den Wage. Er stand starr, noch immer befangen, mit dem Hut in der Hand. Er sah, wie ihr Haar unter dem Hute golden glänzte und wie sie winkte. Als auch er wiu ken wollte, war der Wagen verfchwun den. Wie durch tanzende limmcrschlcicr schritt er durch den strahlenden Lärm der Straßen, wie im Traume, ihren Kopf vor Augen. Er hätte sich zu dem Bilde neigen mögen und folgte ihm. Langsam stieg er die Treppe zu seiner Stube empor, die finster dalag. Drüben strahlten die Fensterfronten im Licht der Bäiimc und cr sah schwebende Schatten mit hastigen Gesten und Punkte wie Kindcrköpse. Und cr starrte hinüber, er glaubte, den Gesang zu hörcn, und lauschte in sich hinein. Und immer wieder sah cr den blonden Kopf mit dcn frischcn lieben Augen. Wie war das so plötzlich gekommen! Wie schlug sich die Brücke von hcutc Morgen zu dic ser Stunde? Er zündete das Kerzen stümpchen an und holte da Goldstück aus der Tasche. Fast schämte cr sich wieder, aber er sah förmlich die weiße, milde, liebe Hand, nnd er küßte das Gold. Es leuchtete in das Lcbcu hin über, das ihn wieder hattc. Es sticg in ihm auf wie cin Wcincn, aber cr drückte cs nieder und sah in das Licht chen, das ihm in mächtiger Helle cr strahlte. Und es ward Alles Licht um ihn, wie das beseligende Ahnen eines kommenden Glückes. Er schloß die Augen und fühlte Tnft wie von Rosen. Christian und Christians. Humoreske von A. R o e h i. Er hieß Christian und sie Christiane. zt war Grenadier, tc Köchin. c;tc diente bei einer Hcrrschaft, wo zwci gnädigc Fräuleins unter die Haube zu bringen waren, Trinkgelder spcndcnde Gäste cin- und ausgingen, und die Bratenrestc nicht allc wurdcn. dhriltian hatte als Ehristiane's Bräutigam eine idealc, unter Seinesgleichen beneidete Anstellung. Zweimal in der Woche durfte cr mit Erlaubniß dcr Herrschaft der Köchin seine Aufwartung in dcr Küchc machen. An diesen Tagen blieb von dcn Braten rcstcn für dcn anderen Tag kein Knö- chclchcn übrig. Sonntag um Sonntag führte er Fräulein Christiane aus. Und dann ging es zu Biere, zum Konzert oder Tanz, manchmal sogar in ein epe- zialitätemThcatcr. Und alles, alles bezahlte Christiane. Nicht nach einem rechter brauchte Christian in seine Ta sehe zu langen, was übrigens auch kci neu Zweck gehabt hätte, da seine Tasche immer leer war. Christiane war eine noble Braut. Das konnte sie sich aber wohl auch noch leisten! So mierig", wie sojar unse jnä digc Fraileins sich machen, bin ich aller dings nich!" sagte sie mit verächtlichem Lip'pcnaufwcrfen von sich. Sie war eines Sonntags mit dcm gnädigen Fräulcin in ein und dasselbe Soinmerlokal hineingcrathcn. Du lie der Gott! Warum soll ein Dienstbote, wenn er es bezahlen kann, nicht in dem selben Lokal wie die Herrschaft einkch rcn? Sie war sich wenigstens bewußt, in ihrem frischgcwaschcncn Sommcr klcid zum mindesten ebenso gediegen ansgeschen zu haben wie ihre Fräu lcinö. Sie hatte ihren Christian, dcn Grenadier, bei sich. Die jungen Ta men waren ebenfalls mit einem Solda tcn, mit einem Bcttcr, dcr in Chri stian's Regiment einjährig diente, da gewesen. Aber als es zum Zahlen kam es war nicht zu glauben, da hatten die Tarnen ihren Better, den Einjähri gen, für sich in's Portemonnaie grcifcn lasscn! So etwas, darauf war sie stolz, kam bei ihr niemals vor. nie! Christian wußte auch, welchen Schatz cr an seiner Christiane besaß. Und es mochte ihm ans dcr Ticfe seines Her zcns kommen, wenn er ihr ach. so oft! schwor, daß er sie mit allen Schätzcn dcr Welt überhäufen möchte, notabcne, wenn er sie hätte. Etwas von diesem ehrlichen Tankge fühl aber ward eines Tages beinahe ein Unglück und drohte, ihn die Wcgc der Welt find wirklich seltsam sür immer nm seine Braut, um Liebes- glück und alle dic Fleischtöpfe zu bau- gen, die ihm so lange in Christiane's Küche zum Ausräumen zur Bcrfügung standcn. Die Undankbarkeit dcr Welt ist him melichreiend. Sie waren beide zusammen in cin Groschcnkonzert der Hauptstadt, wo sie diente, gegangen. Sie hatten zwei Echtc" bestellt. Er balf ihr ritterlich beim Mantelaus zieben, hängte dic Ucberhüllc auf und licß sich dann an ihrer grünen Seite nieder. Sie tränt seine Blume, und dann lauschten sie auf die Musik, die gerade den himmelblanen See spielte, als er plötzlich mit seinen langen, von sich gestreckten Beinen einen unter den Tisch geschobenen Stuhl umstieß, und dabei ein Muff, ein hübscher grauer Kriminermuff, dcr offenbar auf dem unter den Tisch geschobene Stuhl ge legen, auf die Erde kollerte. Er sprang aus, dcu Stuhl und den Muff aufhebend. Christiane!" rief cr mit Rücksicht aus das durch den Umsturz des Stuhles schon zur Genüge in seiner Andacht ge störte Publikum so leise wie möglich. Kuck den Muff. Christiane! Hast Tu denn einen Muff bei Tir gehabt? Ist er Teine, Christiane ?" Nein!" war ihre Antwort. Ich hab' mich längst schon und zwar jradc so' grauen Krimmer - Muff zulcjen wollen. Aber dieser ist der ineinije nicht." Wein's mag er nur fönst sein?" Christiane zuckte die Achseln, wie sie das wirklich hübsche Ding in näheren Augenschein nahm. Jedenfalls hatte ihn Jemand, der vor ihnen an ihrem Tisch saß, liegen gelassen. Und wenn der Jemand nnn nich! wiederkommt, Christian? ? Wenn cr überhaupt nicht weiß, wo der Muff lie gen geblieben, und wenn sich kein Mensch danach meldet, was wird dann daraus, Christiane?" Ter einzig richtige Weg war, wie Christiane's 'Wcliklnghcit ihr sagte, das Fnndstück, damit es auf Reklamation an seinen rechtmäßigen Herrn zurückgc langen könnte, dcm sie bedienenden Kellner auszuliefern. Der es denn aber womöglich auch nicht 'rausgicbt!" meinte dcr Grcna dier. Wcr kann, wcnn wir weg sind, beweisen, daß er dcn Muff von uns ge kricqt hat ?" Allerdings!" sagtc Christiane. Sic hattc und sie hatte doch schon so manchmal etwas wo liegen gelassen noch niemals etwas wiederbekommen. Die Weltweishcit Christian's hatte un streitig auch etwas für sich. Auf alle Fälle schien es ihr gerathen, den Fund vorerst noch in den Händen zu behalten. Sie blieben bis ganz zum Schluß des Konzertes. Und wenn Ei ner dann kam gut! Wenn Keiner kam, konnte es wirklich scin, daß der Muff nie abgeholt werden würde. Die rcchtmäßigcHerrin wußtc,wcnn sie ihren Verlust mcrkte, am Ende gar nicht mehr, in welchem Lokal sic gc'wescn. Wic das Orchester cin Musikstück nach dcm anderen herunterriß, und eine Stunde auf die andere verging, fing Fräulein Christiane an, dies wirklich zu wünschen. Der Muff war doch auch gar zu schmuck gran und Krimmer, genau so, wie sie sich immcr cincn ge wünscht! Und es wäre doch zu schön," sagtc Christian, wenn Keiner sich fände! Das wäre so gut, als ob ich Dich ein mal ein Geschenk gemacht hätte. Und ich möchte Dich doch so gern mal etwas schenken!" Er gönnte ihr den Muff wirklich von Herzen. Er schmunzelte, wic er merkte, daß sie sich selbst schon in dcn Gedanken hineinzuleben begann, daß der Fund ihr Eigenthum werden könnte. Und wenn Keiner kam, dann wurde er es doch auch halb und halb sogar von Rechtswegen! Sie saßen aber nun schon drei ge schlagen? Stunden an ihrem Tisch. Es ging auf Mitternacht. Das Konzcrt war zn Ende. Das Lokal fing an, sich zu leeren. Es ivar Zeit, daß auch sic beidc aufbrachen. Du wirst dcn Muss wirklich behal ten können, Christiane!" sagtc Christian. Das wird sich finden !" war ihre Ent gegnung. Mittlerweile behandelte sie ihn aber schon ganz, als wäre er ihr eigen. Sic halte ihn auf dcm Tisch liegen, schob ihre Hände in seine scidcngcfüttertc Ocffnnng, rieb sich wohlgcsällig an dcm Krimmcr ihre weiße Stumpfnasc und umfing das Ding mit den liebko scndcn Blickcn. dic man für dic Sachen Anderer nicht kennt. Als dcr große Moment kam, wo sie ihr Portemonnaie hervorholte, um dic Zcche des Abends zu begleichen, schob sic. bis dcr jetzt mit cinmat von allen ?l!ti!t In Anspruch genommene Kellner Zeit fand, mit ibrAbrechnnung zu bal ten. auch ihr Portemonnaie in das München hinein, genau so, wie sie es tbat. wenn Cbristia nach dein Kellner rief, und sie ihren eigenen alten brau neu Katzenfell-Mun vor sich hatte. Kellner! Kellner!" rief Chn'tian. Aber der Kellner batte rechts und links zu kasstren. Wieich! Oileich!" rief er. ..Einer nach dem Anderen, Herrschasten!" Plötzlich aber kam er doch, aüc Ande ren rechts und links im Stich lassend, auf den Tisch zugelaufen, an dem Cbri stiane mit ihrem Bräutigam saß. Eine junge Frauensperson in Hut und Man tel und kchaufi,rt und albeinlos, als ob sie von einem Wettlaufen käme, war an feiner Seite. Sie zeigte von Weitem schon auf den Tisch Christian'S und Christiane'?. Ta," rief sie, da hab' ich gesessen! Ich weiß cs genau! Ta ließ ich den Muff liegen da muß er gefunden fein, ach, da ist cr ja auch noch!" Und sie stürzte, als sie ihres Eigenthums ansichtig wurde, plötzlich mit weit aus gestreckten Händen auf das vor Chri stiane liegende Mundstück Christum's zu. icie grin nach dein unin: Sie verzeihen!" sagte sie zu Frau lein Christiane. Gewiß!" sagte diese verwirrt, Bitte, bitte!" Sie suchte den pilirte Ton, dcr ihr ans dic Lippen trat, mit aller Gewalt zu unterdrücken. Der Muff hat hicr gelegen. Wir haben ihn aber dem Herrn Kellner abgeben wollen. Weg damit! Da baben Sie ihn!" Starr wic eine Salzsaule sah Fräu lein Christianc eine Weile der mit dem hübschen Krimmerding Davoneilende nach, als sie plötzlich einen kanten Schrcckensruf aussticß. Mein Portcntonnaic!" rief sie. Ihr Portemonnaie steckte in dem Muff. Und ihr ganzer Qnartalsloh befand sich darin. Die Fremde war damit verschwunden. Kein Nachlaufen balf. Sie war fort und verduftet. Christiane mußte dem Kellner für die Zeche, dic sic nicht bezahlen konnte, ihren Mantel als Pfand znriicklasfcn, und auf Christian hagelten die bitter sten Borwürfe herab. TerAermste! Er sollte Schuld sein an allem! Wcil cr beim Anblick dcS Herren losen Muffs den sein Herz schwellende Tankgcfiihlcn so unumwunden freien Lauf licß, sah cr sich von seiner grollen den Schönen Wochen lang ans ihrer Küche verbannt. Er zchrtc ordentlich ab. War cr an ihrc Bratcnrcste doch so gcwöhnt! Als er sich aber endlich wieder in Gnaden von ihr aufgenom mcn sah, schwor er sich, durch dcn Ausfluß eines übertrieben dankbaren Sinnes nie mehr sein Glück gefährden zu lasscn. Tie Geologie als Detektiv. Man sollte es kaum für möglich hal ten, daß eine so strenge Wissenschaft wie dic Lchre von der Zusammensetzung der Erdoberfläche, die Geologie und Pctrographic, als wcrthvollcs' Hülfs mittcl bei criminalistischcn Untcrsuchun oen dicncn kann, abcr thatsächlich ist dicscr Fall schon etni'gc Malc vorgckom men. Auf italicnischcn Eisenbahnen sind Bcraubungcn von Frachtscndun-. gcn teilte Seltenheit, und dic Rüubcr Pflegen die sofortige Entdeckung der Verbrechen dadurch zu verhindern, daß sie die beraubten Kisten oder Koffer, um dcn Gcwichtsvcrlust auszuglcichcn, mitStcincn anfülle. Ist dann später dcr Raub entdeckt, so soll natürlich die Eiscnbahuvcrwaltuug ersatzpflichtig ge macht werden, aber die Schwierigkeit ist, hcrauszusinden, welche dcr verschie denen Eiscitbahnbcrwaltungen es ist, in deren Gebiet dic Bcranbüng vorkam. Wcnn hicrfür nicht ein genauer Nach weis erbracht werden kann, lehnt natür lich jede Eiscnbahngescllschaft die Ver antwortung energisch ab. Da tritt nun die Lehre von dcr gcographischen Bcrthcilung dcr Gcstcinsarten hclfcnd ein. Selbstverständlich werden die Räu ber die Steine, dic sie zum Anfüllen der beraubten Gepäckstücke verwenden, nicht von weither hcranschlcppcn, fondern sie benutzen die in dcr Gcgcnd vorhandenen Gesteine. Wcnn man nun in dieser Stcinfullung Gcstcinsarten findet, die nur in ganz bestimmten Gegenden vor kommen, so ist damit dcr Bcwcis gclie scrt. daß nur dort die Beraubung vor gekommen ist, daß also die Eisenbahn Verwaltung, zu deren District die, be treffende Gegend gehört, für die beraub tcn Güter Ersatz liefern muß. , So wurde in einem Fall durch die bestimmte Art Phosphor nachgewiesen, daß die Beraubung in Ala vorgekommen scin mußtc, in einem anderen Falle konnte das Füllinatcrial nur aus einem den Apenninen cntströmcnden Flusse cnt stammen, und in einem drittcn Falle wurdc ein nur in dcr Gcgcnd von Portic i vorkommendes Gcstcin zum Berather, welche Eisenbahngesellschaft den Schaden zu crsctzcn verpflichtet war. Nach dein Blizzard. Kellner: Nicht wahr, Hcrr ffram pcrl, Sic bcfürchtcn, daß dicKältc noch lange andauern wird? Sie versehen sich doch schon mit Brennholz?" Gast: Wieso vermuthen Sie das von mir?" Kellner: Weil ich bemerke, daß Sie tagtäglich so viele Zahnstocher in dcn Sack stecken...."