vEin (iumy. ?0N 1! In meiner "Jlrnriiii-:- Pnui ereignet sich 'Mi'inVrlei, au? den eniie bunten Stört zu rpi:ia:itifd)fii Verwickelungen bereif kn wurde, und war geht iae mir nicht allein U 'ändern meine ge edrten Herren ?lnit;gen orten werden mohl olle dasselbe von sich iHchmivten dürfen. Eigentlich ist es daher zu Ver wundern, daß verhaltn, femafiia, wenig Vikchtsanwalte Rvmanichreil'er iicnwr den sind, und ich nnif.tf ivahrbastig keinen anderen birnnd dafür, als den, daß die RechtsanwaltZ.raris am Ende doch noch eintraglicher ist, alS das Ro manschreiden durchschnittlich wenig stens. Ich Kave es denn auch sein lassen, wie die überwiegende Mchrzahl reiner Herren (fliegen, lege aber ein Pröbchen meiner reichen Erfahrung kinein geneigten Publikum vor. Vor'citi'sl zwanzig Jalzren hatte ich einen jungen Mann aus dem Schwur gericht zu vertheidigen, der des rüu derischen Ueberfalls aus einen Post wagen angeklagt war. Wie Herr Bnt king mir auseinandersetzte, war er total unschuldig und nur das Opfer eines tollen Einfalls, den seine Zechkumpane in trunkener Laune bei'm Anblick eines Postwagens bekommen hatten. Aus der Charlottenburger Elianfscf rumpelte der gelbe Kasten 'unter der schwachen Beleuchtung der iaslaternen dahin, und er kam um so schwerer von der Stelle, als die Straße nach einem langen lliegenwetter durchweicht war und der zähe Koth sich an die Räder setzte. Herr Bentiug sowohl, wie seine Gesährten befanden sich hoch zu Roß, und ihre, von einem Champagner Souper erzeugte Stimmung gab sich in den verrücktesten Ausbriicheu kund. Ten Postwagen zu überfallen und auözurau den, erschien den cdlcn Herren als ein famoser Ulk", wie der Eine, als ein schneidiger Sport", wie der Zweite, als eine jöttliche Komödie", wie der Dritte sagte. Nur Herr Bcnting wich von dieser Auffassung des wahnsinnigen Streiches ad und behauptete, seine Zech- genossen dringend von der Ausführung desselben abgerathen zu haben, In ihrer sich so eigenthümlich geberde,iden Sektlaune hörten die Herren aber auf keinerlei Porstellungen, sondern gefielen sich immer besser darin, ein Pröbchen des prächtigen Mittelaltcrs in Sccnc zu setzen. Jeder dünkte sich alsbald ein Kötz von Bcrlichingen oder Franz von Sickingen oder ein Quitzow zu sein, und hurtig fiele sie über den Postillon her, rissen ihn vom Bock, knebelten ihn, banden ihm die Augen zu und koppel ten ihn an einen Baum fest. Nach die sei ersten Heldenstreich schritten sie zum zweiten, der darin bestand, daß sie in ein benachbartes Wäldchen ritten, all dort vom Pferde stiegen und den Post- sack umstürzten, um sich des Inhalts zu bemächtigen. Er bestand aus ungefähr zweitausend Mark Banknoten, die auf die verschiedenen Briefe vertheilt waren, eine Beute, welche die Kerle unter sich theilten. Nur Bcnting, der sie aller dings begleitet hatte, lehnte jede Be thätigung an dem .Verbrechen ab. Aber gerade ihn hatte der Postillon erkannt, und während die klebrigen am anderen Morgen das Weite gesucht hatten, wurde Benting der Hand der Gerechtig keit übergeben. Ter Bricfbcuiel war gesunden wor den und ebenso die Briefe. Bon den Wcrthbriefen, die ihres Inhaltes be raubt worden waren, sandten die Post bramten unter Darlegung des Borfolls Eopie'n an die Adressaten. Tic Origi nalschreiben hatte man mir zur Prüfung überlassen und darnach stellte ich sie dem die Sache führenden Staatsanwalt zurück. Bis Mittag ljattc ich in meinem Pri vatbüreau zu thun, und da der Fall erst am nächsten Tage zur Verhandlung kjni:. Ich luiipe zwar nicht viil. aber ich klamme geborgt." Ich überlegte mir die Zaelze einen Augenblick. Ich sah zu der '!esangenen hinüber, deren Blicke mich gleich'.'.!!;, suchten. Ihre Augen schwammen in Z brauen und sahen so beschworen, hj demüthig flehend aus mich, daß ich mich. C doch, mein Herr. Ich meinte nur, daß keine fremde Per'on jemals hinein kann." Ware es Ihre Wiiun; möglich, daß Ihre Kochin Kenntniß d.uwn hatte, woliin Sie Ihr '!eld zu legen p'leg ten ?" ,,('!anz aewiß wußte iie davon. Wenn kan, begab ich mich Nachmittags auf das Kriminalgericht, um mich dort um zuthun. In der ersten Sache, die zur Erledigung gelangen sollte, handelte es sich um einen Tiebstahl, den ein sieben zehnjähriges Dienstmädchen Namens Luise Schmidt, begangen zu haben be zichiigt war Die Gefangene war sehr hübsch und ihr Blick trug einen Ausdruck von Sanftmuth und Unschuld, wie man ihn bei Verbrechern schwerlich findet. Luise Schmidt sollte ihrer Dienst- Herrin, einer Wittwe Fahrland, drei hundert Mark entwendet haben. Mit den lcidenschaftlichstenWortcn betheuerte Luise ihre Unschuld und rief Gott zum Zeugen an, daß sie lieber sterben, als stehlen würde. Leider zeugten die Um stände gegen sie. Aus dem Zimmer der reichen Wittwe waren die dreihun dcrt Mark in Banknoten gestohlen wor- den und Niemand als Luise hatte Zu tritt zu diesem Zimmer. Gerade wurde Frau Jahrland selbst als Zeugin vernommen, als ein junger Mensch sich mtr näherte und einen Arm ergriff. Wie ich höre, sollen Sie ein ausge zeichnetet Rcchtsanwalt sein," flüsterte er mir zu. Ein Rechtsanwalt bin ich," sagte ich. Sie wünschen ? O dann retten Sie sie," bat der junge Mensch. Sie ist unschuldig." Hat sie denn keinen Vertheidiger?" fragte ich. Keinen, der was taugt überhaupt keinen Menschen, der sich einen Pfiffer ling um sie kümmert. O retten Sie sie doch ich zahle Ihnen Alles, was ich j kurz ciilschloß. Ich stand ant, ging zu dem Madchen hin und fragte sie, od sie mich zum Bertheidiger wünsche. Sie sagte Ja", und ich benachrichtigte als bald den Vorsitzenden, daß ich bereit fei, in die Sache einzutreten. . .. Man ließ mich sofort zu. Meiner Bitte um eine kurze Frist, während deren ich mit meiner Klientin sprechen könnte, gab man gleichialls nach. Darauf nahm ich neben der Ge faiigenen Platz und ersuchte sie. mir den Vorfall wahrheitsgemäß vorzutra gen. In kurzen Worten erzählte sie mir, daß sie bereits seit zwei Jahren in Frau Fahrland'S Diensten gestanden und daß ihr wahrend dieser ganzen Zeit nichts Unangenehmes widerfahren fei. Bor vierzehn Tagen feien aber ih rcr Frau die dreihundert Mark abhart den gekommen. Das Geld lag in einer Schublade," fuhr Luise fort, und Frau Fahrlaud fragte mich, ob ich nicht wüßte, wo es sein könnte, aber Das wußte ich natürlich nicht. Dann kam die Köchin Hanna Muttke und erzählte der gnädigen Frau, sie hätte durchs Schlüsselloch ge sehen, wie ich über die Schublade gcgan gen wäre und daSGeld genommen Kälte. Und dann ginge sie über meinen Kos fer .... und dort fanden sie einen Fünf zigmarkzettel von dem fehlenden Gelde. Aber ich habe das Geld nicht hinein ge legt ich nicht ein Anderer muß cs mir hinein gethan haben." Haben Sie Jemanden im Ber dacht?" fragte ich. Ja," sagte sie zaudernd, die Ein zige, die cs gethan haben könnte, wäre nur Hanna Mutile. Sie kann mich nicht ausstehen, weil sie sich einbildet, daß gnädige Frau mich besser behan delt,'als sie." Sie zeigte mir Hanna Muttke, die als Zeugin erschienen war: ein Mäd chcn von großer Figur mit rothen Wangen, die zuweilen einen bläulichen Anfing bekamen. Backen, die platzen zu wollen schienen, und listige kleinen, graublauen Augen. Ach bitte. ' bester Herr." flüsterte meine neue Klientin mir ängstlich zu, können Sie mir helfen?" Hanna Muttke heißt sie?" fragte ich überrascht. Wo war mir denn der Name schon begegnet? Ach ja. , ,ja, , , Ich werde mir die größte Mühe ge- den," jagte ich zu Linie Schmidt. Tuchen Sie sich zu beruhigen." Damit verließ ich den Gerichtssaal, suchte den StaatSanwalt ans, dem ich die erbrochenen Werthbriefc zurückgege- den hatte, und erbat mir dieselben auf einen Augenblick zurück. Tarin blät- ternd, fand ich alsbald, was ich suchte, und auf meine Bitte gestattete mir der Staatsanwalt, den einen Brief zurück zu behalten, wenn ich ihn binnen Kur zcm zurücksenden wolle. Ich versprach, das noch vor Einbruch der Nacht zu thun, verfügte mich in den Gerichtssaal zurück und die Verhandlung nahm ih rcn Fortgang. Frau Fahrlaud gab ihr Zeugniß ab Nach ihrer Aussage hatte außer ihr selbst nur noch Luise Schmidt den Ein tritt in das bewußte Zimmer. Das Geld sei aus einer Kommodcnschublad, gestohlen, der im Koffer Luisen's ge- fundene Fünfzigmarkscheln sei genau so eigenartig geknifft gewesen, wie die seh- lendeit Banknoten alle. Hat sich Ihr Verdacht sofort auf die Angeklagte gelenkt?" fragte ich. O nein, mein Herr!" erwiderte vtc. War es Ihr eigener Einfall, den Koffer der Angeklagte zu durchsuchen ?" Nein, darauf hat mich erst meine Köchin gebracht." Hanna Muttke ?" Ja wohl, mein Herr." Damit trat Frau Fahrland zurück, um Hanna Muttke, als der nächsten Zeugin Platz zu machen. Aus ihren hellgrauen Augen schnellforschcndc Blicke werfend, die oft eigenthümlich aus dem fernsten Winkel zu fahren schienen, trat sie vor und faßte mich in's Auge. Um den dicklippigen Mund zuckte es vorfich- tig und schlau und sie schien sich selber zu sagen: Bor Dem fei auf der Hut!" stire Zeugenaussage lautete folgender maßen: An dem Abend, wo das Geld vcr- schwand, sah ich Liscn die Treppe 'raufgchcn, und wie sie so ging und sich erst nach allen Seiten umsah, kam mir es gleich nicht richtig vor und ich dachte mir. halt, die hat was im Anschlag. Ich ging ihr dann auf den Zehen nach und richtig sah ich, wie sie sich in die Stube von der gnädigen Frau schlich und die Thür behutsam zumachte. Ich duckte mich, um durchs Schlüncl- loch zu sehen, und richtig steht sie vor gnädige Frau s Kommode, zieht die Schublade 'raus, kriegt das Geld zu packen und steckt's in ihre Tasche. Dann bückte sie sich, nahm die Lampe vom Fußboden auf, und wie ich nun sah. daß sie wieder 'rauskommen wollte, machte ich, daß ich fortkam. Natürlich bin ich zu Madame gegangen und habe ihr denn auch vorgeschlagen, 'mal in Lisc's Koffer nachzusehen." Ich ersuchte Frau Fahrland, noch mals vorzutreten. Sie sagen, daß außer Ihnen nur die Angeklagte das Zimmer betreten dürfte," bemerkte ich. Hanna Muttke hätte cs somit aus Wunsch nicht betreten können?" die l'iemuseveriauser mit ihren Wagen vorüber kamen und ihre Waaren aus- riefe, habe ick Hanna oft genug l)iit unter geschickt, um Verschiedenes von ihr einlaufen zu lasse, und dabei mußte sie sehen, von welcher Stelle ich das Geld ahm." Noch eine Frage. Hat die Auge klagte Geld ausgegeben, seit sie sich in t'iewakrsam befindet?" Nicht das ich wußte, mein Herr." Nunmehr ließ ich Hanna Muttke her vortreten, und so zuversichtlich sie auch zu blicken versuchte, merkte ich doch ein Zittern ihrer sandfarbenen Wimpern- Fräulein Muttke." sagte ich. wes halb haben Sie Ihrer Herrin nicht augenblicklich Anzeige gemacht von Dein, was Sie beobachtet hatten? Weshalb haben Sie damit gewartet, bis man Sie nach dem Verbleib des Geldes fragte?" Weil es mir um das arme junge Ding leid that." antwortete Hanna Muttke prompt. Sie sahen also durch das Schlüsse! loch, wie die Angeklagte das Gelb fort nahm ?" Jawohl." Wo setzte sie die Lampe hin, wah rend sie las that?" Aus den Schreibtisch." So. In Ihrem Zeugniß sagen Sie aber, daß die Angeklagte sich bückte, als sie die Lampe aufhob. Was be deutet Das?" Das Mädchen zauderte und sagte schließlich, es bedeute Nichts weiter, als daß die Angeklagte die Lampe aufgebo ben habe. Schon gut," sagte ich. Wie lange stehe Sie bei Frau Fahrland in Dienst?" Fünf Monate." Wieviel Lohn bekomme Sie mo naklich?" Zwanzig Mark," Haben Sie Ihren Lohn bereits abgehoben, seit Sie bei Frau Fahrland sind?" Zum Theil." Wie viel?" Das weiß ich nicht." Warum wissen Sie Das nicht?" Gott, weil ich mir's nicht aus geschrieben habe. Ich ließ mir vcrfchie denc Male was geben, wie ich'; gerade brauchte." Wenn Sie nun der Angellagten hätten einen Schabernack spielen wol len, wäre es Ihnen doch wohl möglich gewesen, ihr die sünfzig Mark in den Kosfer zu praitiziren. Aber, Herr . , , , ! Herr ,,..!" rief sie in tugendhafter Entrüstung. Sie haben also bei Ihrem Tienst antritt bei Frau Fahrlaud kein Geld bei Seite gelegt." Nein höchstens, was ich bei der gnädigen Frau stehe habe." Sie besaßen demnach keine fünfzig Mark, als Sie hintamen?" I bewahre und außerdem ist ja der Fünfziqmarkschein, den wir i Lisen's Koffer gefunden habe, der selbe, der unserer gnädigen Frau ge stöhlen worden ist. ' Mir scheint. Das könnte Sie so gut gehört haben, wie ich." Ans welcher Stadt sind Sie?" fragte ich. ohne ihre Dreistigkeit einer Rüge werth zu achten. Einen Augenblick schien ihr Blick die Ruhe zu verlieren, aber sie sagte endlich: Aus Ncudorf." In Ostpreußen, nicht wahr?" Ja Ich wandte mich au Frau Fahrland. Besitzen Sie vielleicht ein Schrift stück Manila Muttke'S''" O, mehr, als eins, sagte sie. Wenn Ihnen das Heft genügt, in ,wclchcs sie die Ausgaben für die Küche einträgt?" Das genügt." Wenn es dcrnnach gestattet ist," sagte sie zu dem Vorsitzenden, so könnte ich ja das Büchclchen hole. Ich wohne ja sowieso nicht weit von hier." Da der Vorsitzende Nichts cinzuwcn den hattc, entfernte sich Frau Fahrlaud und kehrte sehr bald mit dem kleinen Heft zurück, in das die Köchin ihre Auslagen eintrug. Ich prüfte einen Augenblick die Krähenfüße dieser zick zacklaufcndcn Schrift. Nun. Hanna Muttke," sagte ich darauf, möchten Sie mir und dein verehrten Gerichtshof vielleicht aus einandersetzen, woher Sie die zwcihun dcrtundfünfzig Mark gcnoinincn haben, die Sic vor ungefähr vierzehn Tagen nach Neudorf in Ostpreußen an Ihre Schwester Ehristiane Muttke schickten?" Hanna Muttke fuhr zusammen, als hätte Donner und Blitz vor ihren Füßen eingeschlagen. Sic wurde lci chcnblaß und begann an allen Gliedern zu zittern. Ich wartete bis die Anwc senden sich von ihrer Aufregung über zeugt hatten und wiederholte' dann meine Frage. Ich ich ich habe gar kein Geld weggeschickt ," stotterte ic endlich und aus ihre dicken rothen Backen traten beängstigend blaue Flecken. Das thaten Sie wohl!" donnerte ich, denn nun schwoll mir der Kamm. Nein nicht wahr ich that es nicht," stammelte sic und griff nach dem Gela.ider. vor w,lchem sie stand, um nick zu sinken. Ich sah sie tu lange an. bis Hanna Muttle's Augen den Boden snckiten. dann wandle ich mich a den (ie richtshos. Ich habe einen jungen Mann zu verteidigen," tagte ich, den man der Mitthäterschaft bei dem jüngst verübten Post-Ueberfa!I bezichtigt. Die ihres Werlhinhaltes beraubten Briefe find mir zur Keniitnißnahim übergeben worden. Als ich den Name Hanna Mutile horte, besann ich mich, daß sich unter den aufgerissenen Geldbriesen ein an Fräulein Muttke gerichteter besand, der mit dem Namen Hanna unterzeich net war. Diesem Brief waren zwei huiidertuiidsüliszigMart eingelegt, und zwar ist cr am Tage nach dem verübten Tiebstahl ausgegeben worden. Wenn Sie gestatten, lese ich Ihnen den Brief vor." Der Vorsitzende nickte, und ich las den Bries vor, der übrigens lein ande rcs Datuni trug, als den des Pvststem pels aus dein Eouvert. Schwester Kristel. hierdrinne ßicke ich Dir dsweihnndertnndvunvdsig Mer ker, hep sic mir auf. bis ich heim Ihomme, hir kann ich sie nicht) auf hcpeu, weil man sie mir schielen kann. Schbrich dsn niemanden nichd ein Wort dariber. weil niemand wissen soll, das ich gelt hap. nichd Du fagfd nichts uiit nimand nicht, meine fchdcllc ist ausgedfeichuet nur die nichdsnudfc Lisc Schmit möchd ich gar dsn gern rauslriegel. ich denke ich haps ir be sorkt. schreib iiichds von ir. griiffe alle di nach mir sragen. Diz isd von deiner Schwester bis in tod. Hanna," Hier der Bries," suhr ich sort, und hier daS Einschreibebüchlein. Wollen Sie Schrift und Orthographie verglei cheu. Hier die Adresse in der gleiche Schrist. Die Sache scheint mir klar genug. Bon den dreihundert Mark wurden zweihuudertuiidfülifzig zur Schwester geschickt nnd fünfzig in den Koffer der Angeklagten gesteckt, um den Verdacht von der Schuldigen ab zulenlen." Tic Dokumente wirkten so stark ans den Gerichtshof' ein, daß er, ohne sich zurückzuziehen, nach kurzer geflüsterter Berathung ein freisprechendes Urtheil fällte und die sofortige Entlassung der Angeklagten ans der Haft verfügte. Der iniigk Mensch, der mir meine jüngste Klientin zugeführt hatte, stürzte auf mich zu, sah mich mit schwimmen- den Augen an. öffnete den Mund, sprach aber nicht. Dafür stürzte er jetzt auf Luise Schmidt zu, die ihm "corara mbhco um den Hals siel und schluchzte. Hanna Muttke wäre nicht mit heiler Haut davon gekommen, so empört waren die Leute, wenn man die hoff nungSvollc junge Tarne ihres Dieli- stahlS wegen nicht sofort in Haft abge führt hätte. Ein paar Püffe und Eomplimentc, die sie mit immer blauer werdenden Backen anhörte, nahm sie noch mit. Am nächsten Tage erhielt ich für meine selbstlose Vertheidigung der Un schuld" dreihundert Mark, deren Spen der sich als mehrere dankbare Bürger" unterzeichneten. Kurze Zeit darauf kam auch der junge Mensch. Luise Schmidt's Schatz". Er brachte mir, was er hatte anftrcibcn können, und den zum Theil ersparten, zum anderen Theil geborgte Nickel-, Z haier-, Mark- nnd ünszigpfennig stücken schien die Sorge, mit der sic an geschafft waren, so anzuhaften, daß ich kein einziges hätte haben mögen. Da nahm ich denn vom Honorar der nnbe kannten Gönner ein paar Goldstücke und drückte sie dem Schatz" still i die Hand. Zum Hochzeitsaeschenk," sagte ich, und wieder sah er mich mit vn schlcicrtcm Blick an, that wieder den Mund auf und konnte wieder nicht sprechen. Nach dem Schicksal des Herrn Ben ting fragen Sie lieber nicht. Er hat cs büßc müssen, sich i der Gescllschast vo Hochadcl aus dem Mittclalter be fände zu haben. j?riratstundcn. (iinc Achill und Liebes - wcidul;c 23 i 1 1 , W e b k r. vinn war cr gcraoe ecn naives Tntzend Jahre Lehrer: zu Michaeli war Walter Bcnticn angestellt worden. Mit einer wchmüthigen Resignation gedachte er der vergangenen Zeiten. Der Herr Lehrer war in seinein Heimathsdvrfe cinc Respektsperson gewesen, man blickte mit Eifersucht zu ihm empor. Aus sei nein Junge einen Lehrer zu machen, war der höchste Ehrgeiz des Bauern. Dazu mußte man Grütze im Kopf" haben, und die besaß nun einmal nicht jeder. Aber Walter verfügte über Grütze", und so war ihm denn von klein aus vorerzählt worden, daß er Lehrer werden würde. Tiefer Gedanke hattc Wurzel in ihm geschlagn,, und als ihm seine guten Zeugnisse und eifrige Fürsprache die Thore des Seminars geöffnet hatten, war cr der Fleißigsten und Eifrigsten einer. Seine Eltern waren nicht wenig stolz auf ihn, und als feine Anstellung endlich erfolgt war, kannte ihre Freude keine (Grenzen. Auch er empfand ein erhebendes Gefühl der Befriedigung es war ohne Zweifel ein schöner Berns, die jungen Menschen-Knospen zu erziehen, zu ver edelu und zur Blüthe zu bringen. Mit Feuereifer ging er ans Werk, er wähnte, mit t.r,u berufen i ein. die Geschicke der Menschen leiten zu können. Es gab leinen arbeitsireudigeren, geii'irten ' basiere Ingeuderzieber als Herin Ben tien I Run hatte lütt das geändert. Zwar die Arbeit und I'ieii'iisenha'tigkeit waren geblieben, aber die Ideale halten sich allgemach gefluchtet. Ter Berns des Ingeudbildners erschien ihm wie jeder andeie' wenn er das abzog, was ihm früher als Ideal vorgeschwebt hatte, blieb nur noch die Zretmühlc des All tagslebens übrig. Sechs Jahre lang hatte er un den ABE-Schützen die elc mentarsteit Kenntnisse beigebracht in einzelne Fallen hatte cr überraichendc Erfolge crzielt, in manchen aber waren seine Bemühungen nutzlos geblieben: es war keine Grütze" da. Das tag liche Einerlei lahmte den Schwung sei ner Gedanken, er fühlte eine Leere i seinem Herzen, unwillkürlich suchte rr nach einem Gegenstand, dem er sein Interesse entgegenbringen konnte. Da kam das siebente Iakr heran: der Michaelis-Schulansang! Nun, es war wie in den früheren Jahren. Der kleine Max. der noch kleinere Emil und der allerkleiuste Karl wurden eingeschult. Zuckertüten, Spielsachen, fürsorgliche Mütter, zärtliche Bater. es war im mer dasselbe Bild. Ter Lehrer stellte die üblichen Fragen, er erhielt die ge wöhnlichen Antworten. Ta siel ihm ein kleiner Knirps auf, der bescheiden in einer Ecke stand. Tas Wind war sorgfältig gckleidet. aber man sah doch ans den ersten Blick, daß es große Mühe gekostet haben mußte, das alles so sau ber herzurichten. Und dann das Ge ficht des Jungen: blaß, mit vielen blauen Aedercheu an den Schlafe, scharf hervorspringender Nase und Au gen, die traumverloren, wehmüthig in die Welt blickten. Es lag ein eigen Ihümlicher Erust in dem Blick diefer Augen, in dem scharf geschnittenen Ge sichtchen, ein Ernst, der das Alter des Kindes Lügen strafte. Wie heißt Tu," fragte der Lehrer. Wilhelm Rabitz," antwortete der Kleine ohne Schen. Wo wohnst Du ?" Herbststraße '!, : Treppen." Was ist Dein Bater?" Ter ist gestorben," erklang es zu rück: ein verhaltenes Weh durchbebte das zarte Stimmche. Ter Lehrer zögerte, es erschien ihm indiskret, weitere Frage zu stellen. Aber sein Interesse war nun einmal erwacht, und so forschte cr weiter: Ist Dcinc Mutler nicht mitgeloni- inen? Nein." Weshalb denn nicht?" Weil sie so sehr weinen mußte, als ich sortging," stotterte der Kleine, und es schien mit seiner Selbstbeherrschung auch zu Ende zu gehen Armer Junge." tröstete ihn der Lehrer, und Tu hast nicht einmal eine Zuckertüte?" Das Kind schüttelte traurig den Kopf. Der Lehrer brachte ihm etivaö ans seinem eigenen Vorrath. Ich danke," sagte der Junge in der ihm eigene ruhige Weise, rührte aber nichts vo dem Erhaltene an. Erst zeige ich das Mama, die ist, seit Papa todt ist, immer so sehr traurig," Dem Lehrer ging die Sache nicht mehr aus dem Kops: dieses frühreife, kluge Kind und feine Mutter, welche der Schmerz um den verlorene Gat- ten derartig überwältigt, daß fie nicht im Stande ist, den ersten Schulgang ihres Lieblings zu überwachen, weil sonnte, daß er sich da in eine Oleia'n begebe, aus der eine Rettung unmig lich sei werbe. Hinterher tack a bei seine Aengitlichleit. Tie Psi;ut stunde war verlausen wie jede Schul stunde, nur daß er sich mit dem ,Meine:i Wilhelm allein zu nnt-rhalten hatte. Wilhelm Rabitz war ein kluger Junge und vo einer ganz besondere Fartnngs gäbe. Auch die Beobachtungsgabe nv,r ichart ausgeprägt. Sie sind heute so traurig, Herr Beutieii," sagte ihm Wilhelm eines Freitags, warum denn? Mama hatte Ihnen gern guten Zag gesagt, aber der tel Vormund hattc geschrieben und da mußte sic hin." Ter Lehrer erröthete und begann sofort seinem Schüler den Unterschied zwischen Haupt- und Eigenschaftswort Ilar zu machen. Wissen Sie, Herr Bentii," erzählic Wilhelm in der nächste Stunde, Mama hört mir immer ab, was ich gelernt habe. Sie ist sehr zufrieden. Gestern sagte sie. einen besseren Lehrer wie Sic gäbe es nicht mehr. Herr Bcntic erröthete wieder, er nestelte in sichtbarer Verlegenheit an seinem Kragen herum. Mama srent sich immer aus die Stunden", meinte Wilhelm, sie möchte so gern dabei sein." Herr Bcnticn sah ans wie ein frisch gesottener Hummer, eine arge Bellen, in uw!, hatte ihn Überfallen. Wilhelm bemerkte das und fragte in feiner Nase Weisheit: Haben Sie Mama o"ch gern? Die hat Sie sehr lieb!" Er wurde immer verwirrter, seine Gedanken waren nicht mehr bei der Sache. Tiefe junge Wittwe störte seine Stunden.... Tariiber ivar cr fünf Minuten lang ärgerlich, dann aber halte er wieder seine Freude darüber das war wirklich ein unleidlicher Zustand. sich sic so sehr weinen muß!" Tie Frau mußte viel Herz, viel Gemüth haben. Am nächsten Zage ließ sich cinc Tarne anmelden: Frau vertu. Rechnungsrath Rabitz, las er auf der Karte. Jeden falls die Mutter von dem Kleinen gestern," sagte cr sich. Eine in tiefer Trauer gekleidete Tamc trat ins Zimmer. Ich muß Ihnen danken, Herr Bentien, begann sie mit klangvoller Stimme, daß Sie sich meines Wilhelms so freundlich an genommen habe. Ich wäre gester selbst mitgenommen, aber cr war gestern für mich ein schmerzlicher Ge denktag: vor einem Jahre, gerade zu Seliulaiifaiig, starb mein guter Mann, . Eine peinliche Pause trat ein. Als er endlich wieder Worte fand, kam cr über dic landesübliche Redensarten nicht hinaus: O bitte, keine Ursache. :di treue mich, dem Kleinen eine Freude gemacht zu habe, , . . Ein sol eher Gedanktag muß recht schmerzlich fein Ein dankbarer Blick traf ihn. Als cr dic vor ihm Stehende näher betrach lete, bekam cr's mit dem Staunen. Wittwen hatte er sich im allgemeinen anders vorgestellt, aber das war ja eine noch ganz jiingc Tamc, ein reizendes Mädchen, sagte er sich im Stillen. Wenn ich Sic och in etwas bitten dürste." begann sic wieder, inrin Wil helin ist zwar ein bcgabtcs Kind, aber cr ist etwas flüchtig, hastig. . . , Wenn Sie dic Gütc haben würden, in der ersten Zeit vielleicht durch einige Privat stunden nachzuhelfen ", ein tnildeö Roth flog über ihre zarten Gcsichtszügc. Das überraschte ihn doch! Er hatte in seiner Schule gerade genug zu tlmn, sollte cr sich och Privatstunden aufhal sen? Er warf einen prüfende Blick auf die junge Wittwe. Ter gab den Aus schlag. ' Ich werde Dienstags und Freitags von 4 bis 5 Uhr kommen." erklärte r.. Er hielt Wort, obgleich er am ersten Dienstag das Gesühl nicht los werden In der nächsten Woche mußte der Herr Schnlinspeltor kommen, darüber herrschte unter den Lehrern kein Zwei sei. Eine Parade der A-B-E-Schützc stand bevor und da galt cS, die letzte Instruktion zu crthcilcn. damit man vor dcm (iicstrcngcn i Ehrc hcstchc tonnte. Herr Bentien brauchte keine Furcht zu habe, er hattc seine Klasse vvr wärtS gebracht: einige Junge hatte er freilich auch, die mit Grütze" nicht bedacht worden waren, aber die gab's in jeder Klasse. Die verschwanden unter den übrigen ," Zöglingen, an sie würde sich der Herr Schnlinspeltor wohl auch nicht gleich wenden. Ta gegen Wilhelm der vermochte schon besser Rede und Antwort zu stehen. Somit wurde Wilhelm Zweiter. Taß die Antworten des Primus zur Zufrie denheit des Herrn Schnliuspettors aus- salleu wurden, war eine alle Tradition, die sich jahraus, jahrein bewahrheitete. Ticsmal auch wieder! Ter Herr Schulinspcktor schlug einen mehr ckor dialen Ton an. Also höre mal," wandte cr schließlich auch an Wilhelm, wie Tu?" Wilhelm Rabitz," erfolgte prompt dic Antwort. Zeige mir einmal Teine Hefte , nun lies mir etwas vor , rechne jetzt an der Wandtafel u. f. w.", der Herr Schulinfpektor verlangte viel von dem kleinen Kerl. Brav, sehr brav." meinte cr dann, und zu dem Lehrer gewendet: Herr Bentien, Sic sind Ihrer Aufgabe voll kommen gewachsen. Ich freue mich, Ihnen dies sagen zu können: ich werde Ihre Beförderung zum erste Lchrcr i Vorschlag bringen. . . . " .aun wird cr auch mein Papa." entfuhr cs Wilhelm's Munde. er Herr Lehrer acrietl, in arostc Verlegenheit und fächelte sich mit feinern Taschentuch Kühlung zu, der Herr Schulinspeklor blickte erstaunt ans den Jungen. Wie kann denn Herr Bentien Dein Papa werden?" meinte er endlich i ungläubigem Tone. Wilhelm erklärte zuversichtlich, Mama sagt immer, wenn Herr Ben- tien erst mal erster Lehrer ist, werde ich nicht Rein sagen: einen besseren Pater wie ihn kann mein Wilhelm gar nicht kriegen " V ' Und Herr Bentien wurde erster Leh rer und kam dann alle Tage zur Pri vatstunde. Und als aus's' Neue der Herbst in's Land gezogen kam. gab's eine Hochzeit. Jubiläum des Muffs. Eine für dic gcsammtc Frauenwelt wichtiges Jubiläum ist i dickern Win tcr zu feicr. Es ist dies das 5ojäh rige Jubiläum des Muffs, welcher im Jahre 14H! zuerst ganz vereinzelt i Bcnedig getragen wurde, und welcher sich im Lause dieser Zeit zu einem der wichtigsten Stücke der Konfektion, bezw. der Pelzkonfeltion emporgeschwungen hat. Ursprünglich aus Seide. Brokat oder Sammet augescrtigt und mit Pelz gefüttert, werde die Handwäriuer heute gerade umgekehrt meist aus' Pelz her gestellt und mit einem entsprechende Futter versehen. Nur die Heine sogenannte Fantaisies", die mehr als Luxus- oder Zicrgegeustand denn alö wirkliche praktische Gebranchsgegen stände anzusehen sind, erscheinen noch heute aus leichtern Material, wornog lich mit Bändern, Spitzen oder auch Blumen geschmückt.