Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, November 03, 1898, Image 11

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    I
i
t
Ein treuer Diener.
Mus bcm Vibtit von .Kp'iitftan; "tchttjon
Xif ganze Familie des floinmeizien
wtto war sehr betrübt. Der alte
tStitljmte, feit vielen Jahren Prokurist
der Firma Eönart Werner, Kio, im
Sterbe. Seil nenn Zagen hatte er
eine heslige Lungenentzündung, und
jetzt erwartete man das Ende von
Stunde zu Stunde.
Ärmer Slülnntf," jagte Frau
Werner, jetzt hat er seit feiner fon
jirniation bei uns gearbeitet und stets
hat er sich als braver, plinkttichrr Mann
gezeigt. Immer war er dienstfertig
und höflich, ud alle hatten ihn gern.
Und was hast Tu für eine Stütze an
ihm gehabt, Eduard. Ja. der ist nicht
so leicht zu ersehen, wenn er nun fort
geht. Frau Werner hatte Recht. Ztühinke
hatte ein stilles und immer gleich
freundliches Wesen, er war hülssbereit
gegen Jedermann und dankbar auch
skr die kleinste Höflichkeit, die man ihm
erwies, Er war ein armer Bauern
fohn und trat mit fünfzehn Iahren als
Laufbursche bei der Firma ein. Doch
machte er sich bald so beliebt, dast er
nach wenigen Iahren schon junger
Jrciiiinis war.
Seit feinem Eintritt in's ttieschaft
wohnte er im Hinterhause. Ieht lag
rr droben in seinem kleinen Zimmer
und kämpfte mit dem Tode. Die
Frau des Kutschers, die auch im Hin
terhaus wohnte, pflegte ihn. Auch sie
und ihre Familie liebten Etühinke. Er
war immer so gut.
(abc war sie bei ihm gewesen und
hatte einen Augenblick an seinem Bett
gesesien, er aber hatte sie gebeten, ihn
eine Weile allein zu lassen. Er hatte
kS mit kaum hörbarer Stimme gesagt,
vielleicht, daß er grade etwas schlafen
konnte.
Aber kaum war sie gegangen, da
richtete er sich mit letzter Kraft im Bett
aus. Bei der kleinsten Bewegung
kanien die Huflenanfälle. Er preßte
die Bettdecke gegen den Mund, damit
es Keiner hörte, Niemand durste
ahnen, daß er sich rührte, sonst kom
men sie".
Mein Gott, was für Schmerzen, und
dabei die Gewissensbisse. Aber jetzt
mußte es geschehen, komme was da
wolle. Wie innig und demüthig wollte
er Gott für seinen Fehltritt um Ber
zeihung bitten
Aber wenn er nun sterben sollte,
seinein Namen und feiner achtbaren
Jamilie daheim Schande bringen
konnte.
Bei jeder Anstrengung wurde ihm
schwindlig, der Schweif, trat ihm auf
die tottrn und die Hände wurden
ihm feucht. Er röchelte, und bei
zedem Hustenanfall stach es ihn in der
Brust wie mit Nadeln.
Aber er mußte es thun, und so
still als möglich, und vor Allem bald,
sonst
Und doch, wenn er diesmal noch
durchkäme und leben bliebe? Wenn
er ich doch wieder aufrappelte, er
war ja noch nicht alt und iin Grunde
kräftig. Dann wäre ja alle Mühe und
Angst so viele Jahre hindurch vergeb
lich gewesen.
Aber nein, er durste nicht länger
zögern. Der Doktor hatte ihm ja offen
gesagt, daß es vorbei wäre.
Es mußte geschehen, so lange cr bei
Bewußtsein war. Dann konnte seine
Schande aus seine Eltern kommen, die
immer so stolz auf ihn gewesen waren.
Mühsam kroch er aus dein Bett, zog
die Decken herunter aus den Boden und
legte sich darauf. Zuni Stehen war
er zu matt.
Ein neuer Hustenanfall ergriff ihn.
Er verbarg fein Gesicht in den Decken
und krümmte sich vor Schmerzen.
Wenn nur Niemand käme. Wenn
er sich nur bis zur Thür hinschieben
wnnte, um den Schlüssel umzudrehen.
Noch eine Minute und Alles war ge
rettet. Der liebe Gott würde ihm
schon verzeihen.
Und es gelang ihm, der Thür so
nahe zu kommen, daß er den Schlüssel
erreichte. Er drehte ihn nm. Dann
aber sank er zusammen mit einein hoh
len Husten, der ihn fast erstickte.
Aber der Gedanke, daß das Schwerste
un gethan war. gab ihm wieder
ihat
Endlich kroch er behutsam und
keuchend zurück in die Zimnierecke, wo
sein Koffer stand. Aber dann war er
wieder so müde, daß rr den Kops auf
den Koffer legen und ausruhen mußte.
Bald aber raffte er sich auf. Jetzt
zalt es, den Schlüffel zu finden. Wäh
rrnd der ganzen Krankheit hatte er ihn
bei sich im Bett unter dem Kopfende der
Matratze gehabt.
Er trank eineu Schluck Rothwein
ans dem Glase aus seinem Nachttisch
chen und wartete einen Augenblick.
Eine Sekuude lang spürte er die Wir?
kung des Weines er mußte plötzlich
an ein heiteres Mittagessen bei Wer
uer'S denken und benutzte diesen
Moment, sich zu erheben und den
Schlüssel zu nehmen.
Er mußte sich wieder auf die Decken
am Boden legen. Wenn nur Nie
wand käme. Ach. könnte er doch so
in Frieden liegen bleiben. Aber der
Gedanke daran, was er noch thun
mußte, quälte sein entkräftetes Gehirn
und machte ihn schwindlig. Aber die
Angst trieb ihn wieder auf und zum
Koffer hin, wo er zusammensank. -Mit
übermenschlicher Anstrengung off
nete er den Koffer und stützte sich mit
der Linken aus, während die zitternde,
seuchte Rechte bis aus den Boden bin
cingriff.
Er nahm ein Bündel Banknoten
heraus und fing mechanisch an. sie zu
zahlen, aber bald gab er es auf. Da;
war jetzt keine Zeit, und was seilte es
auch nützen?
Einen Augenblick saß er mit dem
Packet in der Hand da und stöhnte.
Halb verwischte Erinnerungen gingen
ihm durch den Sinn. Die Angst, die
er ausgestanden hatte, jedesmal, wenn
er einen Schein aus die Seite gebracht
hatte, besonders die ersten Male.
Er erinnerte sich der Mühe, die er
gehabt hatte, sie gut zu verstecken.
Denn aus die Sparkasse durste er so
viel Geld nicht bringen. Man hätte
Verdacht geschöpft.
Ohne sich weiter um den Koffer zu
kümmern der tonnte jetzt gern offen
bleiben kroch er zum Ofen. Wie
schön er brannte. In wenigen Setun
den würden die Scheine Asche fein. Mit
ihm konnte es dann in (Lottes Namen
gehen, wie es wollte. Wenn nur Nie
mand käme.
Mühsam hatte er die heiße Ofenthür
mit einem Stückchen Holz geöffnet. Er
lockerte die Scheine, damit sie leichter
brannten, und riß sich auf. um sie hin
einzuwerfen. Da schlug ihm uiierwar
tet die heiße Ofeugluth entgegen, und
ein heftiger Hustenanfall warf ihn zu
rück. Er blieb liegen, die Hand mit den
Zetteln aus dem Schutzblech vor der
offenen Ofenklappe, aus der langsam
der Rauch hervorquoll.
Er rührte sich nicht niehr.
Nach einer halben Stunde kam die
Fran des Kiitschers, nach ihm zu sehen.
Aber die Thür war verschlossen und sie
bekam keine Antwort auf ihr Rufen.
Sie eilte hinunter zu Werner's.
Alle liefen hinauf, riefen und klopf
ten. Bergedens.
Dann müssen wir das Schloß auf
brechen lasten," sagte der EonimerzieN'
rath.
ES war ein danger Augenblick der
Erwartung.
Endlich war die Thür geöffnet
und da lag Stühmle todt vor dem
Ofen, mit der Hand krampfhaft das
geftohleike Geld nmklainmernd.
Der neue IDiiiterlnit.
Jhst Neu York Boro,
Aktober de zehnte d. Mts.
IvningS-StaatsnuhSpäper äkroß die
Britfch. '
Mister Editer !
ES gebt gar kee spaßigere Leit uf der
Welt, 'als die Weibsleit. Anyhow die
Misses Ritsch.
Sie wisse doch, Mister Editer, daß
ich erstens emol niz um Erpenses geb
un daß zweitens mei Prinzippel is:
Alles for die Fämilie." Jetz sollt wer
denke, des müßt der Himmel uf der
Welt for e Iran sei, wann se Alles,
was se will, kriege kann, simpli bei daß
sie derfor frogt. Da kenne Sie aber
die Weibsleit schlecht, Mister Editer.
Wann die ergend was. was se wolle,
net bei Stradetschtie kriege un e Bißle
derbei heule könne un Foß mache un
sich selwer als die unschuldige Opfer
lämmer vun der grausamste Tyrannei
hinstelle, da macht ihne die ganze Ge
schichte leen Fon.
For Jnftcnz heint Morche. Die
Alti Hot angefangc bei ze sage, sie wär
froh, daß sie die Lösche getschoint hätt,
es wär ihr doch e Trost, daß ich was
kriege thät, wann se sterbt un daß ihr
Fjunerell bezahlt iverd un ich da kei
Expenscs dadurch hätt. Sie that's
nämlich fühle, daß fe bald sterbe that.
Ich denk mer glei : No, wo will
dann des enaus? E neies Sielskin
Tschäkett, en Hut oder e Dimand
Neckläß? Während ich so denk, fängt die Alti
an, ze heule, wie e Schloßhund. $e,
se wißt, daß sie sterbe müßt, aber es
wär ihr Konsoläschen, daß se mich nie
gebuttert hätt un daß fe immer säfing
gewese wär un es net gemacht hätt wie
(innere Jraue, wo Alles uf Dresses un
Feinerie gespent hätte, un in der Haus
Haltung vär Alles dorchenanner gewese.
In der Beziehung könnt se ruhig sterbe,
un mei zweite Frau die thät's emol gut
hawwe. die braucht sich nor enei ze
setze. Un sie wißt aach, daß die es
besser hawwe thät. die thät neie Hüt
kriege, so viel se wollt, die thät net
in emc Sielskin-Tschäkett wo nach der
Fäschen vun vor finfezwanzig Jahr ge
macht is, erumlaafe müsse, un ' die
bräucht sich net ze schäme, mit ihre lum
pige Paar Deimonds. während daß
Franc vun annerc Manner, wo net
halb des Geld hätte wie mir, mit Tei
mands erumlaafe thäte, so groß wie
die Enteeier.
Also jetz hen ich gewußt, was se will.
Een Hut un e Sielskin-Tichäkett un
Deimonds.
Wann Sie aber denke. Mister Edi-
ter, die Sach wär eifach da dermit ab
zemache gewese, daß ich en Eheck aus
geschriwwe hätt for den Aemaunt, wo
die Sache löschte, da kenne Sie die
Weibsleit in tschenerell un mei Alti in
partikeller net. r i
Um die Unnerhandlunge e Bißle vor-
wärts ze bringe, hen ich aber doch ge
sagt, sie sollt sich doch die Sache kaafe,
ich thät er des Geld derfor gewwe.
Jetz is es losgegange. Was ich dann
denke thät? Oh no ! Der Hut viim
vorige Winter der thät's noch ganz gut.
Wann sie da neie Sammet un c neie
Aegrätt un verleicht e Paar Deimond
Hätpins dran thut, da thät er's noch
ganz gut un wann se en billigere Hut
sor zum Butcher uik zum (Jroeer ze gehn
un verleicht so en Middlingone. wann
se emol blos e Paar Block weit wollt,
dernebe kalt, da that se ganz gut der
mit anstimme. Cf course des Uinre
that grad so viel löschte wie e eier
un
Well, iaaf der doch en neie." sag
ich.
No, des that se net, dann de neie
Lielskin - Tschäkett wär nothwendiger.
Ich sag also, sie sollt sich des auch
kaafe n soll'S als e Prefent vun mir
kunsidern.
No. sie wollt lieber mit dem allen
Tschäkett erum laase. alsdeS Tcimond
Neckläß misse.
Ich sag, des sollt t"e mcinzwegc aach
hawwe. Ich thät AlleS bezahle.
Jetz is der Trowwel losgegange.
Mister Editer. Erst Hot se still vor sich
hingehen, dann Hot se geschluchzt un
dann hätt sie beinah tträmpf un vun
si'ch getriegt. Endlich Hot se sich in eine
Spietsch Lust gemacht. Ob sie das ver
dient hatt uni mich so niederträchtig
behandelt ze werde? Ob des recht wär
vun mir. so ze thun, als ob sie die
Frau wär, vo sich Alle an de Leib
hängt un ihre Töchter umlaufe laßt
wie die Vogelscheuche 5 Keen Eent thät se
for sich selwer spende, eh daß net die
Maud un die Lizz, wo alle zwei kerne
Fetze mehr anzeziehe hätte, erausstaf
firt warn.
Jetz hen ich mich uf'S Bitte lege
uiüffe. Nach halbstündiger angestreng
ter Ueberredung hen ich die Alti feinelli
so weit gehatt, daß se des Geld sor sich
un die Mädcher äksepted Hot. Tann Hot
fe noch en Rücksall gekriegt un gesagt,
es wär e S ünd so viel Geld for Hüt un
Treffes zu spende, wo in der Küch so
viel anfzefixe wär un en neie Stair
karpet lege ze lasse, wär eigentlich noch
wichtiger, aber um mich ze plicfc"
wollte se sich in Gottes Name die Sache
kaafe.
Tann Hot sie ihrn Hut ''gesetzt (ge
dreßt war se schun zum Ausgehn) un
IS mit der Maud, wo schun gewart Hot,
weil se es schun mit enanner ausge-
macht hen, daß fe fchappe gehn, frrtge
gange.
Die Operäschen Hot eractli bei meiner
Watsch e Stund un liwwezehn Miuutte
gedauert.
Ich geh jetz enüwwer zum Zschalli,
sor mich c Bißle auszefrische uf den
Schreck.
Mit Rigards
Z)ours
John Ritsch Esn.
lin Rüssel.
Von Karl SId,
Ich faß vor dem Eafe d'Aiigleterre
und wnnderte mich, daß ein kleiner
Bnrtche, der alle Tage von mir zwei
Pfennige zu Kuchen erhielt, sich noch
immer nicht hatte sehen lassen. Kürzlich
hatten wir ihm in einem augenblick
lichen Anfall von guter Laune ein
blankes Markstück gegeben. Noch sehe
ich sein Erstaunen, sein strahlendes
Antlitz und die Eile, mit der seine llei
nen nackten Füße nach diesem unerwar-
teten EreignilZ über den Marktplatz
davoneilten.
Da stand er plötzlich neben meinem
Tisch.
Ich blickte von meiner Zeitung aus
er hatte rothe, geschwollene Augen. Ein
ärmlich gekleideter Mann hielt ihn an
der Hand.
Ist es der Herr dort?" fragte der
Mann und zeigte aus mich. Dann
mach', daß Tu nach Hause kommst."
Der Junge eilte davon. Ein Kellner
erschien und ersuchte den Mann, sich
so schnell wie möglich zu entfernen.
Ter aber blickte ihn mit den durch
dringenden Augen feines magnetischen
Antlitzes scharf an und schien nicht gehen
zu wollen.
Ich bin nicht hierher gekommen,
um zu betteln", sagte er. Ich habe
mit dem Herrn dort zu reden."
Das stimmt", sagte ich.
Er nahm aus einem Stuhle mir
gegenüber Plak und ging ohne weitere
Einleitung auf sein Ziel los.
Ich wollte den Herrn nur tragen.
wie der Herr dazu kommt, meinem
Jungen Geld zu geben."
Nun m. Ich gebe ihm öfter
zwei Pfennige zu Kuchen. Hat er
irgend welchen schaden dadurch genommen?"
Gestern gab der Herr ihm eine
Mark. Will der Herr vielleicht wissen,
wie es damit ging l Auf dem Hofe zu
Haute war ein Junge, der nahm ihm
das Geldstück fort. Er wurde angezeigt
und heute Morgen ergriffen, 'n böser
chliugel, der doch früher oder später
hinter Schloß und Riegel gekommen
wäre. Aber das ist'S auch nicht, wovon
ich reden wollte. Ich bin nur ein armer
Mann, doch möchte ich gern ehrlich blei-
den, so lange ich kann, und meine Km-
der sollen es auch fein."
Ja ,ch räume ein, da ich unüber-
legt gehandelt habe "
Er unterbrach mich durch eine Hand-
bewegling. Er war hierher gekommen,
um eine Meinung zu sagen und
kümmerte sich wenig um meine Einwen
düngen und Entschuldigungen.
Will der Herr den Jungen zu sich
nehmen?" fragte er.
Das kann ich nicht. Ich habe fel
der Kinder ich bin selbst ein armer
Mann.. .."
Er sah zuerst mich an. dann mein
Glas und die übrigen Gäste.
Es giebt verschiedenerlei Armuth",
agte er schließlich. Und nun möchte
ich den Herrn bitten, daß er seinen
Kuchen in seine eigenen Gohren stopft.
Ich habe noch sieben daheim außer die
sein hier, und der kommt nach Hause:
.Hab' Kuchen gegessen" und ist groß
schnauzig geworden, und die anderen
werden neidisch aus ihn. Meine Kin
der sollen lernen, daß Geld ein Ding
ist. das man durch saure Arbeit verdie
neu muß. Sie sollen nicht glauben,
daß man es aus der Straße findet.
Sie sollen nicht glauben, daß man es
zu solchem Zeug wie Kuchen gebraucht.
Ich weiß nicht, ob der Herr mich wr
standen Ijal ?"
Ja wohl", sagte ich.
Tann erhob er sich und ging ohne
i!ruß. schwerfällig, gebückt, müde, mit
schleppenden Schritten über den Markt
platz davon.
(in Hofschauspiklcr als Barvicr.
Man erzählt sich in Kassel folgende
Anekdote, die sich wahrend einer der letz
ten Frühjahrsparaden zugetragen ha
den soll. Ein dort beliebter Tarsteller
wohnt in einem Gasthause. gerade über
ihm wohnt ein Barbier. Ein Fremder,
der eiligst rasirt fein will, wird entive
der scherzweise zur Wohnung des Schau
fpielers gewiesen oder er hat sich in den
Stockwerken geirrt. Genng, er tritt
am frühen Morgen, ohne Umstände zu
machen, in das Zimmer des Tarstellers,
der im Kabinett eben mit der eigenen
Toilette beschäftigt ist, dabei seinen
Kaffee braut und in der Meinung, es
sei der ihn Bedienende, auch nicht wei-
ter des Eingetretenen achtet. He,
holla! Ist niemand da?" ertönt es nach
kurzer Paufe. Ter Schauspieler, ge-
rade beim Rasiren, ruft: Gleich!" und
beendet feine Arbeit. Dies dauert dem
Gast, der sich bereits vor dem großen
Spiegel in Positur gesetzt hat, jedoch zu
lange, und er läßt unwillig und grob
noch einmal ein Na. wirds bald?"
hören.
Der Schauspieler, ganz im N'glig,
das Rasirmesser noch in der Hand, öss
net die Thüre, erblickt den ihm unbe
kannten Gast und fragt: Was wollen
Sie?"
Rasirt sein, schnell, ich habe Eile!
Seifen Sie mich ein," sagt er kurz, legt
den Kopf an die Stuhllehne und streckt
die Beine gemächlich aus.
Dem Schauspieler gefällt der Spaß.
Sogleich." sagt er, holt eine Serviette,
legt sie dem Gast um den Hals und
seift ihn gehörig ein, dann geht er ruhig
in sei Kabinett.
Der eingeseifte Gast sitzt eine Weile
erwartungsvoll da. als aber der ver-
meinte Barbier nicht wieder erscheint.
da flucht er alle Tonnerwetter über des-
sen Langweiligkeit vom Himmel herab
Ta auch das nichts yiltt, lpnngt er
wüthend empor und reißt die Kabinet-
thür auf, um einen machtigen Fluch in
des Barbiers Angesicht zu schleudern.
Wie vom Blitz getroffen bleibt er aber
sprachlos stehen, als er diesen ganz ge-
mächlich im Lehnstuhl erblickt, eine El-
garre rauchend und den fertig gewor-
denen Kaffee schlürfend. Mensch !"
schreit er dann außer sich vor Wuth,
plagt Sie denn der Henker?"
Tas müssen Sie am besten wissen?"
erwidert der Schauspieler vollständig
ruhig.
He !" rast der Fremde fort, wollen
Sie mich zum Narren haben?"
Sonst hat's weiter keinen Zweck,"
lacht der Schauspieler.
Herr !" schreit der Fremde, auf ihn
einfahrend, außer sich, rasiren Sie
mich 'der "
Der Schauspieler, immer ruhig,
sagt: Tv müssen Sie sich gefälligst
eine Treppe höher bemühen, ich seife die
Leute nur ein."
Was Sie sind nicht "
Ter Barbier?" lächelt der Schau
spieler aufstehend, nein, nur so ein
Appendir der Kunst der Hofschau-
spieler x.
Einen Augenblick stand der Fremde
mit offenem Munde da, dann stolperte
er eingeseift zur Thür hinaus, wah
rend der Schauspieler sich vor Lachen
schüttelte.
Tcr gestrenge Pseudo-(hef.
Aus Wien erzählt das Jllustrirte
Ertrablatt: Tem Marqueur Jean, der
seit langen Jahren in einem hiesigen
Kaffeehause bedienflet ist, passirte dieser
Tage ein Malheur. Er stolperte und
warf einem Gaste eine Tasse Kaffee in
den Schooß. Ter Fremde, dessen Klei
der arg beschädigt waren, war wüthend
und wollte sich beim Besitzer des Kaffee
Hauses beschweren. Jean sollte diesen
herbeirufen. Ter Ehef hielt in seiner
Wohnung im ersten Stock sein Mittags
schläfchen. und war es an und für sich
nicht rüthlich. ihn zu wecken, so war von
einer bösen Laune das chllinmste zu
befürchten, wenn es anläßlich der Be-
schwerde eines Gastes gegen das Perso
nal geschah. Ta hatte Jean in seiner
Verzweiflung eine großartige Idee. Er
begab sich in das Spielzimmer und bat
den dort kiebitzenden Stammgast Herrn
B., dem Fremden gegenüber auf einige
Minuten den Ehef zu spielen. Ter
gutmüthige Herr B. erklärte sich auch
gleich bereit, den armen Jean zureiten.
Er ging zu dein Gaste, hörte dessen Kla-
gen an, vernichtete den zerknirscht da-
stehenden Jean förmlich mit feinen dro
henden Blicken und kündigte schließlich
dein ungeschickten Margueur auf der
stelle. Tas wollte der Gast aber auch
nicht und legte für Jean ein gutes Wort
ein. .)err b. nen ia erweichn 11110
verzieh dem Marqueur, nachdem er ihm
eine lange Standpredigt gehalten hatte.
to endete der Fall zur deiderfeitiqen
Zufriedenheit. Der Gast war zufrie
den. daß der Marqueur die verdiente
Zurecktweksliiig erhalten hatte und
Jean war zufrieden, daß diese vom
Pseudochef und nicht vom wirtlichen
ausgegangen war.
?a, vikd der Mutt,r.
irrn 15, o i chl, kl
Wohl sicher hat ein fchon'rer Laut
Gleich Harsenllang. so süß und traut.
Nie eines Kindes Ohr entzückt,
Wenn'S träumend in die Welt noch
blickt.
Als wenn ihm saust entgegentlingt
Ein Lied, das ihn die Mutter singt.
Wenn's Rad der Zeit dann weiter
greis t.
Der Knabe schnell zum Jüngling reist
Und aus dem stillen Vaterhaus
Sehnt stürmisch in die Welt hinaus,
Es ihn doch wieder heimisch stimmt.
Wenn ihm ein Lied die Mutter singt.
Tritt später dann an ihn als Mann
Ter Kampf um 's Tasein ernst heran.
Wallt vor Erregung ost sein Blut.
Sinkt ihm zuweilen wohl der Mulh.
Weckt ihn zu neuem Thatendrang
Tas Lied, das ihm die Mutter sang.
Und naht der düst're Augenblick,
Ter ihn der kalten Welt entrückt.
Wenn er in letzten Zügen liegt ,
Und liebend ihn kein Arm unischmiegt.
Tönt tröstend ihm als letzter Klang
Tas Lied, das einst die Mutter sang.
Ertappt.
Frau Pinkerl hatte ihren Herrn Ge
mahl im Verdacht, daß er hie und da
die Köchin küsse. Tas mußte natürlich
aus seine Richtigkeit hin geprüft werden
und wenn.. . .dann wehe!
Lange überlegte sie hin und her, wie
sie es anstelle, den Pflichtvergessenen zu
ertappen. Endlich hatte sie es. Sie
steckte sich, nachdem sie die Lern fortge
schickt hatte, als die Stunde nahte, in
der Herr Pinkerl vom Bureau heiinzu
koininen pflegte, in deren Küchenkleider
und wartete wie die Spinne im Netz.
Sie hatte es Pinkerl sehr bequem ge
macht er brauchte nicht einmal die
WohnungSthüre aufzusperren, diese
hatte sie weit aufgelassen und sich mit
dem Rücken gegen dieselbe gesetzt, daß
er sie wohl gieich erblicke, aber nicht er
kenne. Trapp Trapp. . . , da kam er schon
und, .dieser Elende! Es wurden ihr
die Augen zugehalten und dann wurde
sie abgeküßt, daß sie absolut nicht im
Stande war zu schreien, wie sie es gerne
gewollt hätte. Endlich schien dieses
Scheusal von Mann gesättigt: aber nun
drehte sie sich um. ihn zu vernichten!
Ihr wurde schwarz vor den Augen.
Kein Wunder! Schwarz von oben bis
unten stand der Kaminkehrer vor ihr
und machte ein furchtbar entsetztes Ge
sicht es war aber auch zu schauerlich,
was er sah, das Gesicht der Frau Pin
kerl geschwärzt, das war zuviel! Er er
griff die Flucht. Mit dem Rücken an
der Wand lehnte Pinkerl. Er hatte den
Zusammenhang sofort begriffen es
war ja nicht das erste Mal, daß ihm
seine Frau romantische Proben ihrer
Eifersucht gab die von heute war al
lerdings die gelungenste.
Nein so was..., er kämpfte gegen
einen ErstickungSanfall, . . .vor Lachen
natürlich.
In voller Uniform.
Im Jahre 1893 starb in Berlin der
Oberstabsarzt Tr. Müller, ein Origi
nal, ans dessen bewegtem Leben hier
nur einige Episoden Platz finden
mögen.
Nach beendeten Studien trieb eS ihn,
einen geborenen Berliner, hinaus in
die Ferne. Er wurde zunächst Leibarzt
einer schwarzen Majestät, des benichtig-
ten Nachahmers des großen Napoleon,
des Kaisers" zvaustm I. von Haiti.
Aus Porto-au-Prince, der Hauptstadt
Haiti's, brachte er eine Mulattin als
Gattin nach Berlin mit, was seiner
Zeit in der dortigen Gesellschaft großes
Aufsehen erregte. Spater ging Müller
ans vier Jahre nach Japan zur Errich
tunq einer militärärztlichen Akademie
in Tokio, woselbst er sich bei seiner
ersten Audienz beim Mikado in einer
sehr originellen Weise einführte. Ta
inalö mußte noch Jeder, der den Palast
betrat, die Schuhe ausziehen. Tr.
Müller weigerte sich jedoch, diesem An-
sinnen nachzukommen, indem er de
merkte: Seine Majestät der König
Wilhelm hat mir befohlen. Seiner
Majestät dem Kaiser von Japan in
voller Uniform meine Aufwartung zu
machen. Zur preußischen Uniform ge-
hören aber die Stiefel!"
Ta diese Neuerung unerhört schien,
0 trat der Ministerrath zusammen.
um über den Fall zu berathen, und be
willigte schließlich das Verlangen Mül
ler's. So wurde Tr. Müller die erste
und auf lange Zeit hinaus auch die
einzige.Persöulichkeit, welche de Palast
des Mikado beschuht betreten hat.
line Episode aus dem amerifani
scheu Teccssionolricsie.
Ter B. N. Zeitung" wird folgende
Episode aus dem amerikanischen Se
cessionökriege mitgetheilt: Bekanntlich
machten auch viele mweizer dielen
Krieg mit, und zwar in beiden Heer
lagern. TieSIeitS des Potomae stand
ein Föderirter auf Vorposten; jenseits
eine Rebelle. Tiefer schoß längere
Zeit hinüber nach dein Föderalen. Ter
föderale fedoch schoß nicht, fondern
suchte im Terrain Teckung. Schließ-
lich aina ihm die eduld aus. und er
schrie dem Rebellen zu: Du ver
lh hör doch a mal uf fetmKer
Daraus die Ruckantwort : Wenn i
g'wüßt Hai. daß du's warst, het i scho
lang nig'hort !" Die beiden erkannten
sied an der Mui.dart als Sckiweizer. und
die aeaenieiliae AuSeinandrrseknna er-
gab, daß der Föderale ein Züricher, der
Rebelle ein lIarner war.
sicheres Zeichen.
Gälte: Der Junge wird einmal,
wenn er groß ist. ein bedeutender Rad
fahxer."
Gattin: Woraus schließest Du das?"
Gatte: Weil er den ganzen Tag
hinfallt."
in Schliinfopf.
...Wir Doktor, bitte aettatten Sie
doch meinem Gatte, daß er nach dem
Avendeffe wieder vier lrinien oars!
Ader warum denn, gnädige Frau?"
Ach. Herr Doktor, seit S ie ihm ver
ordnet haben, daß er nach dem Abend
essen nichts mehr trinken darf da ißt
es überhaupt nicht mehr z abend!"
(Ein guter Kerl.
Zahnarzt: Warum schreien Sie
denn so furchtbar?"
Diener: Na. der Reklame wegen,
die Leute sollen deuten, es feien Patien
ten hier!"
Anders.
Fräulein: Herr Doktor! Ich bin
reich, aber mein Herz fühlt sich Unglück
lich. wissen Sie mir keinen Rath?"
Doktor: Einen Rath nicht, aber
einen mir befreundeten Assessor!"
Iic roll? Nase.
Max (der mit dem Eoloriren alter
Photographien beschäftigt ist): Jetzt
muß ch Schluß machen: die ganze rothe
Farbe ist auf!"
Mutter: Wozu hast Tu die denn
alle gebraucht?"
V!ar: Zu Onkels Nase!"
Moderne Vomefliken.
Frau zum Stubenmädchen): Zu
welchem Zweck kaufen Sie denn so viel
Schreibpapier?"
Ick will een Drama schreiben!"
Irekfchlcr.
Der Wirth war in die Stadt gefah
ren, um Wein zu saufen (kaufen).
Pessimismus.
Gnädiges Fräulein glauben also
bei den Männern nicht an eine Liebe
ans den ersten Blick?" Nur wenn
anch der gefüllte Geldschrank des
Schwiegerpapas in Sicht ist."
Glück im Unglück.
Dichterling: Denken Sie sich mein
Pech, Herr Schulz. Ich leihe einem
Freunde die Manuskripte von meinen
Gedichten und nun hat er dieselben so
verlegt, daß er sie nicht wiederfindet."
Schulz: Aber da haben Sie ja end
lich einmal einen Verleger gefnnden."
r keimt es.
Direktor: Sie wollen also wirklich
heirathen?" Schreiber: Ja, Herr Direktor, denn
ich habe das Jnnqgesellenleben schon
satt."
Direktor: Dann wünsche ich nur,
daß Sie das Eheleben nicht hungrig
finden!"
Genügender Grund.
Adele: Aber Irma, wie kannst Du
nur gegen Deinen Vetter Paul so kühl
sein, der Mann ist doch so schön!"
Irma: Der? schön? verlobt
ist er!"
Sonderbare Folgen einer Tassc Tbee.
Iran: Aber Mann, so spät kommst
Du nach Haus, und noch dazu betrnn
ken, wie kommt das?"
Mann: Ach. ich habe einen alten
Freund getroffen, und der hat mich bei
sich zu Hause zu einer Tasse Thee ein-geladen."
Zurückgegeben.
Kadett: Na. schönes Kind, äh. was
kosten denn Teine Blumen?"
Blunienverkäuferin: Sonst das
Stück eine Mark, aber für Sie nur 50
Pfennige!"
Kadett (geschmeichelt): Na wieso
denn, schönes Kind?"
Blunienverkäuferin: Kinder zahlen
die Hälfte!"
Z?ei der Viehzählung.
Zähler: Haben Sie Vieh im Haus?"
Hausfrau: Bis auf den Affen, den
mein Mann augenblicklich hat, keins."
nach der Zeit.
Mann (in den Flitterwochen): Ge
stattest Tu. daß ick eine Ei,irne r(ii
Frauchen?"
?naii: Aber Emil!"
Mann (nach einem Jahre): Tarf ich
eine digarre rauchen, Frau?"
Frau: Emil, aber !"
lvird nicht gescheidt.
Denk' Dir nur. heut' Nacht hat mir
'träumt, ich hätt' '11 Haupttreffer in der
Lotterie g'macht "
Ui jcgerl. ui jeqerl! Was hast D'
dann nachher mit dem vielen Geld
g macht?"
Verputzt hab' ich's wieder
1
Um Gotteöwillen, Schorschi, wirst
denn Du nimmer g'scheidt?"