Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 27, 1898, Image 9
Jahrgang 11). Beilage zum Ncbraska Ztaats-?ln;eiger. Ro. 23. Kort ihn dc d . Hovkll.i'k von .rki'iaun ,iv7rz Alle in der Slnif.c kannten Jette Balz. Das mittelalterlichf Haus, in br in sie und ihre ältern wohnten, laa, nach dein Hase, und bei (zutem fetter stand allezeit die Hausthür zivischen den rntt tu u mm deicht,- zwei parterre Fenstern offen, und man ial) Jette, die dir tjohac Töchterschule beiuckjt hatte, bet vor keiner "Arbeit sich scheute, aus bm gros'.en. altmodischen, mit Schran krn versebeneii Flur hantiren, Wasche steifen, platten, glatten und zu Hausen legen. Hinter dein Hause lag ein weitläufig sich ausdehnender Warten; ilm hatte ihr Bater. der ttunstgariner Balz, gepach. trt, und war dort mn's tagliche Brot bkschüstigt. Jette und ihre Mutter, insbesondere aber Jette, betrieben eine einwäscherci und halfen cruf diese Weise miterwcrbcn. was sür's Leben, für Miethe, Steuern und so vieles An bne erforderlich war. Jeden Morgen. Mittag und Abend schritt ttarl Schramm vorüber, und je oesmal rief errette ein Scherzwort lcr über, machte einen Witz oder zog eine lächcncrwcckcndc Grimasse. Immer mußte er spotten und selbst die ernst haftcstcn Dinge in's lächerliche oder lkomifcke ziehen. Aus dieser Ursache sahen ihn auch Viele als einen innerlich nicht wirklich gkscpicn Mann an, viel mehr nur als einen begabten, das Leben aber fluchtig nehmenden Menschen. Doch versah rr Lovtsendienstc beim Kon sul und Rhcder Harms am Hafen und wurde von diesem als eine äußerst zu verlüsfige und wie kein Zweiter mit dem Fahrwasser vertraute Persönlichkeit ge schätzt. Alle nannte ihn ftorl üm de Ei". So hatte man ihn schon als ttnabe ge tauft, und florl iim de Ed" hieß er noch heute, wahrend er inzwischen doch in der Marine gedient, grofic Reisen gemacht, fremde Länder gesehen und das bcirathsfahigc Aller längst erreicht hatte. Lop nah .Oorl iim de Eck!" sagten die Nachbarn, falls es sich um schwierige Dinge handelte. Rathschläge in See und Schifssangclcgenhcitr ,zii ertheilen waren, der Sturm boshaite Launen gehabt hatte, ei Tieb an den .ragen z packen war, oder am Hafen Abends in den Wirthshäusern Streit entstand. Korl iim de Eck" hier und Korl iim de Ed" dort ! Ohne ihn n-ctr die Hafen gegrnd garnicht denkbar, und wenn er. was neuerdings leider häufiger einmal vorkam, einen Über den Turst trank, dann rcgistrirtcn die Leute das blos mit den Worten: He harr mal weddcr sin Tour!" Sie nahmen es ihm bei seiner einmal vorhandenen Toppclnatur nicht iibcl, und wollte wirklich gelegentlich Jemand gegen ihn das Wort nehmen, so wurde er bald durch Ziarls lustige Satire ent waffnet. Gleich um die Ecke, wenn man in die Pastorenstraße einbog, wohnte er mit seiner Mutter, einer Wittwe. Dort hatte die Familie Schramm,' die jetzige und die Vorfahren dieser, in ihrem eigenen kleinen Trcieckgcbäude seit Mcnschengedcnken gesessen und sich schwierig, aber allezeit ehrlich durchge schlagen. Heute habe sie ihre Augen aber wieder mal blitzblank geputzt, Fräulein Jette!" sagte Karl an diesem Morgen, als er vorüber und zum Konsul Harmö auf Arbeit ging. Jette, ein schlankes, feines Mädchen in einem ungemein sauberen, hellpunk tirten Waschkleide mit engen Aermeln, nickte, hob das Plütteisen vom eisernen Untersatz ab, benetzte es erst prüfend mit dein naßgemachten Finger, begann dann zu bügeln und sagte, ohne empor zusehen: Kann sein. Herr Schramm. Jeden falls seben Ihre Augen mal wieder nach sehr viel heißem Abendgrog aus" Irren ist menschlich, Fräulein Jette. So verüble ich Ihnen auch Ihren Irr thum nicht. Gestern hab' ich nicht 'mal ein Glas Wasser getrunken. Den gan zen Abend hab' ich meiner Mutter aus Büchern vorgelesen " Wenn iie so sprechen. Herr Schramm! Sie spotten über Alles." Ich stell' mich blos so, Fräulein Jette" Jette bewegte den Kopf, als ob sie sagen wollte: Ja. ja. viele Reden hast Du immer! Aber meine Meinung änderst Du doch nicht." Gleichzeitig griff sie in den großen Wäschekorb, ' nahm einen Damen Spitzenrock heraus, bespritzte ihn mit Wasser und setzte dann ihre Arbeit fort. Fräulein Jetic! " betonte Karl. Hcrr Schramm !" warf Jette unintcrcssirt hin. Wissen Sie. weshalb ich eigentlich heute mein Bcinwerk fo lange bei Ihnen gestoppt habe?" Im Räthfclrathen war ich immer schwach. Herr Schramm " Soll ich es Ihnen denn sagen?" Ja, wenn es Ihnen einen Spaß macht " Ich wollte Sie fragen, ob Sie nicht meine Frau werden wollten " Karl Schramm sprach diesmal in einem ernsten, weichen Tone. Jette fuhr zusammen, wurde dunkel . roth und reckte den mit Amidam gc steiften Untcrrock, daß es schier zu reißen Gefahr lief. Nc! stieß sie dann heraus. Alles in der Welt, blos das nickt " Zuerst trat ein finsterer Ausdruck von wildzorniger Entrüstung in Karls v'Züge. Dann aber überflog sein Blick ihre schlanke Gestalt, das zartdlaise. feine Angesicht, das braune Haar, dasqlatt gekämmt an den blaugcadcrtcn Schlä fcn lag. und die gewohnte übermüthige Miene erschien wieder in seinem Antlitz. Wissen Sie, daß ich eben fünfzig Mark gewonnen habe, Fräulein Jettes" warf er spottisch ein. Was heißt das nun wieder? Ich verstehe nicht " Dann hören Sie, Fraulcin Jette! Vorgestern Abend wettete ich im Anker" mit Eapitan Clkrg von der Marie". Ich behauptete, daß Sie grade so antworten würden, wie Sie es thaten. lr wettete, daß Sie bei einem Atr.ig ja" sagen würden. Also bitte, so war e? blos .zu nehmen und gemeint !" Schon wahrend Schramm gesprochen, hatte sich Jettes Angesicht verändert. AIs er aber geendigt hatte, da sagte sie, ihn verächtlich von oben bis unten musternd: Wahrhaftig unerhört ist es, Herr Schramm, daß Sie Ihren Wirthshaus Handel noch sogar erzählen, sogar Der erzählen, die sie ziiin (Gegenstand Ihrer frivolen Scherze machen. Wieder ists ein Beweis, daß Sie ein Korl iim de Eck" bleiben, und wenn Sie noch so alt werden. Wieder ist's ein Beweis, daß eigentlich ei ehrbares Mädchen schon Solarien nimmt, wenn sie sich anch nur mit Ihnen in ein Gespräch einlaßt. Immer nur Ihre dummen Witze be schiiftigen Sie. Würde Ihre Mutter nicht sonst hungern, würden Sie sicher niemals arbeiten. Früher waren Sie wenigstens stets nüchtern. Neuerdings sprechen Sie auch noch der Flasche zu. Wenn Ihr Antrag vorher ernst gewesen wäre und Sie hätten mich wegen meines Nein gefragt, so hätte ich Ihnen ge sagt: Werden -ie erst ein Mann, der zeigt, daß ihm das Leben keine bloße Spielerei ist, sondern der es wirklich ernsthaft nimmt, Erwerbe Sie sich erst die Achtung, die Ihnen, wo Ihr Name genannt wird, wegen Ihrer " Noch een Würd un ick griep an de Mur un schütte! dat Steenwerk wer Ehren Kopp hendal " preßte der er regte Mann heraus, und faßte sich, um die ungeheure Leidenschaft zu dampfen, an das gestreifte Wollenhemd unter der offenen Seemanns-Joppe. Und dann bohrte er gleichsam seine Blicke in ihr Angesicht, ' trat auf den Flur in ihre Nähe und fügte, heiser mit bebenden Lippen und nun wieder hochdeutsch re dend, hinzu: Wenn ich mich gab, wie ich mich gab, so war'S, weil ich meine Gefühle gegen Sie verstecken ivollte, weil ich es so nur aushalten konnte, es Ihnen nicht schon lange zu sagen, mie lieb ich Sie hatte. Wenn ich das Trinken anfing, so wars, weil ich nur so vergessen konnte. Ich sprach eben so ernsthaft, wie nur ein Mensch ernsthaft sein kann. Da Sie mich aber durch Ihre Antwort behandelten, als ob ich ein verächtlicher Taugenichts wäre, erfand ich die Ge schichte von den fünfzig Mark, ich erfand sie, weil ich es nicht wahr haben wollte, daß ich im Ernst gesprochen hatte. Mein Stolz kletterte in die Höhe wie eine Eichkatze. Ich hätte meinen Mund verfluchen mögen, daß ich gesprochen, nachdem ich eine solch Antwort erhalten hatte. So, nun wissen Sie Alles, und nun denken Sie darüber nach, ob man I immer nach dem Schein urtheilen, sich selbst als etwas Besseres und Andere als Unsaubere hinstellen darf! Gott be fohlen, Jungfer mit den französischen Vocabeln, dem Hochmuth und dem Plütteisen. Sicher sind Sie, daß Korl üm de Eck" bei Ihnen nicht wieder ein guckt " Sprachs und schritt mit seiner breit brüstigcn Gestalt und dem wetterfesten und gebräunten Antlitz die Straße hinab. In der Folge sah man Schramm kaum je mehr den Weg an dem Balz schcn Hause vorübernehmcn. Er machte einen großen Umweg durch die Pastoren Straße und begab sich dort durch die Tonischnlgasse an den Hafen. Der Eonsul Harms besaß noch ein großes Holz-, Kohlen- und Bau Materialien - Geschäft, und hier war Korl ihn de Eck," sofern er nicht Lootsen-Dicnste versah, als Lagcrauf scher thätig. Aber von diesem Tage an machte sich auch eine große Veränderung in seinem Wesen und Verhalten bemerkbar. In den Hasenwirthshäuscrn war er selten zu sinken; das Spötteln und Witzeln hatte er verlernt, stets sah man ihn nüchtern, und eines TagcS, er war fünf Monate später, hieß es in der Hafen straße, daß der Eonsul Harms ihn nach Fortgang seines bisherigen ersten Be aniten den Posten eines Lagcrinspcltors übertragen und Schramm pekuniär äußerst günstig gestellt habe. Er erhielt sortan seine Wohnung in dem Hause, wo sich das Lagrrkomptoir befand. Dorthin folgte ihm auch seine Mutter, und seltsamer Weise nannte ihn in der Folge Niemand mehr Korl üm de Eck." Nun tttulirte ihn alle Welt Hcrr Inspektor!" Als der Sommer sich seinem Ende zuneigte und sich der Herbst, wennschon noch mit warme Tagen, leise in's Land schlich, wurde in der Hafeustraßc bei dem reichen SchipShandler" Kon rad Zornchlscn eine Hochzeit gefeiert. Die blonde Sophie, die älteste Tochter und beste Schulfrcnndin von Jette, ver heirathete sich mit dem Eapitän von dem Dampfschiff Augusta", das neben zahlreichen anderen Fahrzeugen dem Eonsul Harms gehörte. Und der Eon sul und seine Fr.ni und seine .zwei T öch ter und zwei Söhne erschienen eben falls, und außer den zahlreichen Perfo ncn, die mit der Kornchlfeuschen und Harmscnschen Familie bekannt und be freundet waren, auch Jette Balz und Karl Schramm. Einen rührenden Anblick gewährte es. als slaxi feine alte, an der Gicht leidende Mutter in den Feftraum führte, so sorgsam und aufmerksam um sie war. und überhaupt an den Tag legte, wie sehr er sie ehrte. Prächtig sah er selbst aus. Der Bart, den er neuerdings trug, umrahmte in zarter, blonder Farbe fein Uiitcrgesicht, die etwas gekrümmte Nase hob den cha rakteristischen Ausdruck in seinen Öli gen, und ans den Augen strahlte Kraft, Energie und Gesundheit, Als er Jette sah, machte er eine sin slerc steife Verbeugung, und während des Essens und während des Taii'ens sah er sich wohl die anderen schmucken Mädchen an, würdigte aber Jette kei ncs Blickes. Endlich, bei einer Fran aise konnte er ihr aber doch nicht aus--weichen. Sie kamen einander gegenüber zu stehen, und als das Eommando die Paare in rasches Tempo brachte, verlor Jette auf dem glatten Fußboden das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Und der sie aufhob mit hurtiger, gc schicktcr Bewegung, war doch nun der ritterliche Karl Schramm, lind für Secunden lag sie ihm mit ihrem rasch klopfenden Herzen wie ein rosenrothcr Schmetterling an der Brnst. Denn roscnroth war sie gekleidet, und schöner als eine eben aufgeblühte Rose sah sie aus. Zum Schluß wurde von den tanzen den Paaren ein Knäuel gebildet. Eines blieb in der Mitte stehen, und die Ucb rigen flogen in langer Kettcnreihc um dasselbe herum, bis der Ring geschlossen war. Und da geschah es, daß Karl Schramm und Jette Balz fast Brust an Brust zusammengepreßt wurden und sich ansehen mußten, wenn schon sie nicht wollten. Und da flüsterte Jette, alles seit Mo naten qualvoll Zurückgedrängte in diese Worte zusammenfassend : Sind Sie noch immer böse, Herr Schramm? Bitte, seien Sie es nicht. iJ-" Doch in diesem Augenblick wurden sie bei der Wicdcrabwicklung des Knäuels so rasch fortgezogen, daß Jette nicht aussprechcn und Schramm nicht antworten konnte. Auch fand sich keine Gelegenheit zu einer abermaligen An Näherung, da die alte Frau, von Mü digkcit und Abspannung belästigt, nach Hause verlangte, und der Sohn wenn auch wohl nicht leichten Sinnes auf ein ferneres Vergnügen verzichtend be reitwillig mit ihr das Haus verließ und nicht wiederkehrte. Und abermals verflogen Wochen, und in der Hafcnstraße und am Hafen ging die Sonne auf und unter mit roth glühenden Lichtern, und ein Tag war tete schon auf den andern, um in dessen abgestreifte Schuhe zu schlüpfen. Und an einem dieser Tage geschah es, als Jette von einem Gang aus der Stadt zurückkehrte, daß ein heftiges Ge witter ausbrach, und daß sie, voii einem wahren Sturzregen überrascht, in jenes Haus flüchtete, das Karl und seiner Mutter früher als Wohnung gedient hatte und das auch noch in ihrem Be fitz sich befand. Die Hausthür stand sperrweit offen, weil Handwerker zur Zeit darin be schäftigt waren. Eine Wittwe, die es nach Schrammö Fortzug gemiethet hatte, war eben gestorben. Nun sollte das Haus für neue Be wohner in Stand gesetzt werden. Während noch Jette wartete und von hier den mit schweren Tropfen auf die Straßenstcine herabprassclndcn Regen beobachtete, vernahm sie hinter sich ein Geräusch, und einen Handwerker ver muthend, wandte sie sich arglos um. Aber nicht ein solcher wars. sondern Karl Schramm, und das junge Mäd- chen erschrak in solcher Weise, daß ihr die ctniee schwankten. Er aber trat mit herrischer Miene auf sie zu und fragte, was sie wünsche. Nichts nichts. Ich suchte hier blos Schutz" kam es halb be troffen, halb in Auflehnung ob solcher Begegnung aus ihrem Munde. Sie wußten wohl nicht, daß Sie sich hier im Hause von tforl üm dc Eck" befanden, Fraulein?" Doch ich wußte es." cntgcgnete sie schroff gereizt. Und dennoch kamen Sie? Sie frag ten neulich nur dem Ball ob ich Ihnen noch böse wäre? Meine Sie, daß ein Mann das vergessen kann, was Sie iliin gesagt haben?" Ja. das meine ich. wenn cr wirk lich gut war wenn er nicht blos eine unpassende Wette gemacht hatte." ent geanete Jette, plötzlich sanft einlenkend. Dann weiß er " Nun stockte sie. Was weiß er?" drängte Karl Schramm verändert und weich wie ein Wind, umsaßte, ohne zu fragen, den schlanken Leib des schönen Mädchens und zog sie, während der letzte Donner draußen verhallte, tiefer in den Flur. 3ie antwortete nicht, sie zitterte am ganzen Körper. Bitte" drängte Karl. Oder ists doch noch wie damals. Bin ich noch immer für Sie ein Korl iim dc Eck?" Nun sah sie ihn an. Nie erhob viel leicht ein Wcib mit gleichem hin gebenden Ausdruck das Auge zu einem Manne. Tu sagtest damals : Alles in der Welt, blos das nicht, Jette" Erst blickte sie ihn nochmals demüthig flehend an. dann schmiegte sie sich, tief Athem holend, an seine Brust und flii sterte : Alles in der Welt missen, nur Sie nicht, Karl !" O, meine Jette, meine einzige Jette !" sprach der Mann, und als eben nach völliger Besänftigung des Wetters ein Regenbogen, das göttliche Bundes zeichen, in wunderbar herrlichen Farben am Himmel erschien, da schlössen auch sie einen Bund und küßten sich, und noch einmal in stürmischer Liebe. Gclieims Kräfte. (sine heilere Skizze von Wilh. Verbat. Ich war der letzte Sommergast vielmehr schon Hcrbstgast. Das Dörflein entsann sich seiner selbst wieder; es kam nach dem Fremdentau mel zu sich. Die Anpreisungen von be quemen Sommerwohnungen, zu jeder Tageszeit warmer Kuhmilch u. s. w. verschwanden allmälig von Fenstern und 'Wäden der stocktaube Bettler, der außen am Torfcingangc die Leute angehalten hatte, genas von seinem Ohrcnlcidcn und kehrte zu der arbeit samcn Rolle, des Kegeljungen zurück der Wirth welcher den Sommer über seine Bauern mit einer gewissen Re serve behandelte und erst gegen Regie rungsräthe kollegial zu werden schien, that jetzt wieder dem Hiesl, Scpp und Jackl Bescheid, und auch die Frau Wirthin zog ihr Seidenes aus, nahm den vornehm lächelnden Zug von den Mundwinkeln und schimpfte und wet terte wie ein Obrrknccht in Küche und Stall. Ich war schon Monate lang im Orte. Die Leute zählten mich schon halb zu den Ihren und hatten keine Scheu vor mir. Ich kannte jedes Kind. Und doch seit einigen Tagen sah ich etliche Gesichter im Torfe, die ich vorher nie wahrgenommen hatte. Zuerst einen Burschen in den Dreißi gern mit dummschlauem Gesichte. Der stand am Sonntag, als ich aus versteckter 2öirthslaube das Treiben der Leute belauschte, mitten im Gastgarten auf einem Tisch eine Menge Men schen jeden Alters um ihn her, die sich köstlich bei seinen Faxen unterhielten. Jetzt spitzte er die Lippen und krähte in der höchsten Fistel: Arthur! Ar thur!" Nach einer halben Minute gab er denselben Ruf nur ctwaS gedämpft und verschwommen zurück: Arthur! Arthur!" Arthur, liebst Du mich?" krähte er dann wieder unter dem dröhnenden Gc lächtcr der Bauern. Kein Zweifel mehr, es war die täu schend nachgeahmte, dünne Stimme der Baronesse Laura, die liier mit ihrer Familie und mit ihrem Bräutigam sich aufgehalten und durch ihre schwär mcrischcn GefühlSausbrüche für den Letzteren Manchen erheitert hatte. Arthur, liebst Du mich?" krähte der Bursche eben wieder zurück. Jetzt kommt der Münchener Privatier!" sagte er dann. Bicrfaßl ! Bierfaßl !" tönte es im tiefsten Baß, der aus einem Keller her aufzukommen schien. Bierfaßl ! Bierfaßl !" gab er dann denselben Ruf wieder. Hör' mal. Loni," frug ich die hübsche Kellnerin, wer ist denn der fidele Tropf da?" . Sie sah mich ein wenig verlegen an dann schmunzelte sie: Wissen S', der is unser schön'S Echo droben an der Weistcrwand wo die Fremden alle weil fo gern 'neinrufcn! Da hockt erden -ommer über auf eine, Baum und wenn einer ruft, giebt er's z'rück! Los hat er's schon wie a Komödiespieler der Loder!" Ich nahm gelegentlich den Wirth ein wenig auf die Seite und fühlte ihm vorsichtig ans den Zahn, ob vielleicht noch mehr solche .lusendkünstlcr da waren. Er rückte sein Käppchen auf's andere Ohr, blinzelte mich von der Seite an und meinte: Da können S' schon noch Etliches inne werden! Wissen Sie, man muß dem Gefch,ack der Fremden etwas entgegenkommen jetzt, wo die Saison aus is, lassen sich die verschiedenen Leu teln, die dazu bestimmt sind, allinahlig wieder im Dorf seh'i, das sind unsere geheimen Kräfte der Natur!" Die nächste Natnrkraft. die ich keimen lernte, war der Irrwisch". Ein putziges altes Kerlchcn voll Hu inor. Schalkheit und Laune. Er pflegte Abends im Schloßsnmpf" draußen am Fuß der Burgruine zu sitzen. Wenn die heimkehrenden Dame in etwas gruselhafter Stimmung waren, traf es sich famos, wenn plötzlich mitten im Sumpf der Alte mit seiner mäch tigcn Glimmpfeife als Irrlicht auf tauchte, hin und hcr gaukeltc und plötz lich verschwand. Auch ein ganz junger zu Winters Zeiten als Ganshirte geschätzter Bursche tauchte auf der Guckczcr" genannt. Was ist denn das?" frug ich ihn. Warum heißt Du denn so?" Woaßt' denn nit," antwortete er und sah mich treuherzig an. der Guckezer dcS is der Vogel, der im Wald draußen alleweil Kuckuck schreit." Ah. da bist wohl Du der Vogel?" Ja freili'," lachte er, im Buchen waldl. woaßt'! Da dcrfst Dich gleich oft heiser schreien sonst schimpfen die Fremden: Heut' hört man wieder gar keinen Kuckuck!" Woaßt'. wann fo a Liebespaar! kommt und fragt: Wie lang haben wir uns noch lieb?" nachher mußt' glei' a halbe Stund' un unterbrochen schreien sonst ist alles aus! Wann aber einer ruft: Wann stirbt meine Erbtante?" und Du schreist nur einmal, nachher ist der Kerl ganz auseinand' vor Freud'!" Ich that noch einen tiefen Blick in die linfchuldsblauen Augen des Jungen dann wandte ich mich schaudernd ab. So viel List in einer 5?indesseele! Eines Abends hatte ich einen sclt samen Anblick. Ich kehrte von meinem Spazjergange in's Dorf zurück. Auf einmal gewahrte ich auf einer Wiese ein sonderbares Thier. Es war kein Keisbock und doch auch kein Wild ich trat eben näher, um das Naturwunder genau zu besuch tuten, als ein Mann ans einer bcnach beuten Hütte sprang und das Thier rasch in den angebauten Stall scheuchte. Als ich meine Beobachtung dem Wirth erzählte, lachte er laut: Dös glaub' i, daß ihnen der Gamstoni seine Gams net sehen laßt !" Eine Gemse? Eine wahrhastige Gemse ?" Er schüttelte den Kopf. Sie wissen doch," sagteer, daß wir oben auf der Veranda ein Perspektiv en Fernrohr aufgestellt haben! Damit kann man in die Stcinwand hinauf schauen und wenn man Glück hat, sieht man oft eine oder mehrere Ganis dro den! Aber allemal, wenn gerad' ein Fremder eine Garns sehen möcht', kann man keine hcrpfeifen, und wenn er keine sieht, schimpft cr und ist unzufrieden! Da hat denn der Gamstoni, um dem abzuhelfen, einen sehr g'scheidten Geis bock ein wenig drcssirt und mit der Schccr' und mit dem Anstreiche ein bisscl nachgeholfen, das das Thicrl m weitem einem Ganisbock täuschend ähn-! lich sieht. Die zwei Hausen im Som wer da droben auf der Wund in einem Hüttl! Da liegt denn der Toni auf der Lauer und wenn er Jemanden auf der Veranda bemerkt, pfeift er dem Bock. Der springt nachher auf den Fclsvor fprung 'raus und macht die Ganis. Die Fremden sind ganz närrisch vor Freud'. Da müssen Sie hingehen," heißt'S, prächtige Jemse jeschen!" Ich schüttelte den Kopf er zuckte vergnügt die Achseln dann lackten wir beide. Andern Tags rief mich ein Eilbrief heim; sonst hätte ich wohl noch mehr ge heime Naturkräfte entdeckt. TU Ri,stnpudins ttr ZUht Paignton. Dieser I.;ge erlebten die Bewohner des englischen Stadtä?es Paigiiton die seltene Wiederkehr eines a!thrwürdigen lump!:ddiiig,'!es. Es ist dort na,' '.ich seit langer, langer Zeit 2ilie, alle fünfzig ,V.bre z.i irgend einem besonder ren Ereignisse einen riesigen Pflaume oder vielmehr Rosinenpudding zuzube reiten und unter die arme Bevölkerung zu vertheile. Der größte Pudding, der je das Licht der Welt erblickte, ent stand im Jabre ls:,H anlaßlich der Er öffnungsfeier der durch Paignton süh renden Eisenbahnlinie. Dieses Riefen geback wog nicht weniger als M) Eentner und kostete der Stadt 4." Pf. Sterling. Zur Verwendung kamen s7:i Pfund Mehl, ll'l Psuud geriebenes Brot, 382 Pfund ausgekernte Rostnen, Pfd. Eorinthen, !!S'J Pfund gehacktes Rin dertalg, 9', Pfund Zucker,' 17'. Eier und 3ii0 Liter Milch. Naturlich kochte man diesen Ehampion-Piidding in verschie denen Theilen, dir dann zu einem Gau zen ausgebaut" wurden. Der im ahre lW zu Staude gekommene Pluiiipudding wog nur !' Eentner. konnte aber, obwohl er drei Zage und drei Nachte in einem großen Brauer kcssel gekocht hatte, nicht gegessen werden, da man ihn zertheilt gelassen und er ' deshalb zu teigig" geblieben war. Der diesjährige Pudding, der einen Theil des Programmes eines großen Wohl-thatigkeils-Bazars bildete, wies nur das bescheidene Gewicht von 2.t) Pfund auf. Dafür war er aber auch um so besser gerathen. Das bezeugte jeder, der f,' glücklich war, bei der nach dem frier lichen Umzüge durch die Straße statt findendem Vertheilung ei Stückchen des schwärzliche Gebäckes zu erwischen. Xic unst zu pumpen. Ueber den Besitzer des Goettietheaters in Berlin, den in Untersuchungshaft befindlichen Maler Professor Wilhelm Tworak. wird in Berliner Blättern Folgendes mitgetheilt: Zu den intimeren Freunden Two rat's in Berlin gehörte der ach Paris und von dort nach N.w ort auSgewan derte Rechtsanwalt Tr. Fritz Fried man!!. Beide verkehrten mit mehreren Vertretern des literarifche Jung Teulschlauds im Hause eines inzwischen verstorbenen Bankiers, dessen Gast frrundfchaft fast sprichwörtlich war. Hier wiedertholte sich nun in reget mäßigen Intervallen folgender Vor gang: Herr X., ein allgemein bekannter Dichter, nahm Dworak beiseite und legte ihm die Gcwisscnsfragc vor: Ach, lie bcr Professor, können Sie mir nicht fünfzig Mark pumpen, ich bin in scheußlicher Verlegenheit?" Tworak bedauerte, selbst kein ijcld zu besitzen, versprach ihm aber, dennoch die Summe zu schaffen. Er wendet sich deshalb an Dr. Fritz Friedman mit der Bitte: Lieber Doktor, da ist 'n talentvoller junger Literat, er braucht halt 'n paar hundert Mark, lieben Sie es ihm." Fritz Friedinann hatte aber auch, wie gewöhnlich, leere Taschen. Rasch ent schlössen, gab er feinem Freunde, dem Bankier, einen Wink, mit hinaus zu kommen. Draußen eröffnete er ihm dann, daß der hochbegabte Maler Pro fessor Dworak in Verlegenheit sei und nothwendig ein paar tausend Mark gebrauche. Der gutmüthige Bankier gab das Darlehen, das nun nach dem Grundsatz: Jedem das Seine" zur Vertheilung gelangte. s-in oldcner uhpfad von Kon stantinopel nach London. Die sorgfältige Schützung der auf der Erde vorhandenen Goldmünzen stellt deren Werth auf 3.5.94 Millionen Dollars fest. Diese gewaltige Summe würde in Gold einen Raum von 33 Fuß Länge, 30 Fuß Breite und 20 Fuß Höhe beanspruchen. Die Aufstapelung der einzelnen Goldstücke in einem derart tigern Raume würde einen unglaub lichcn Aufwand von Zeit und. Geduld erfordern. Beispielsweise würde ein Mensch, wenn er mit acht Jahren sich dieser Ausgabe unterzöge und täglich acht Stunden arbeitete, seinen 80. Geburtstag erleben, ehe das letzte Stück aufgestapelt wäre. Zur Fortschaffung dieser Geldmasse würde eine Kraft von 4000 Pferden erforderlich sein, die eine Last von 119,020 Eentncrn zu bcwälti gen haben dürften. Auf dem Boden neben einander ausgebreitet, würden die Goldstücke einen Flüchenraum von 4000 Acres bedecken, und wenn man sie in eine Reihe Rand an Rand legte, würden sie London und Konstantino pel mit einem goldenen Fußpfad ver binden. Der ehrgeizige Weidmann. A: Was sagen Sie dazu: Dem Doetor Malberg ist sein werthvoller Jagdhund, sein Fcldmann durchgcgan gen?" B: Finde ich ganz begreiflich, das kluge Thier hat eben die erbärmliche Schießerei seines Herrn nicht mehr mit ansehen können!" Zu viel verlangt. Herr (zu einem ihn anhaltenden Bettler): Was, Sie verlangen eine kleine Unterstützung? Sie bekommen nichts, Sie riechen ja schon von Wei tem, wie eine gefüllte Schnapsflasche!" Bettler: Aber lieber Herr, entschul digcn Sie nur, ich kann doch nicht von den paar Pfennigen, die ich mir fo zu sammenbcttle. etwa nach Ehampagncr riechen!"