Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 27, 1898, Image 11

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    ,), Mcfo renuvrter !
limoHüft ui!t Ludwig Tifbl.
ficlu-n Sie mit, Herr Cbcrstlieutc
iw.'M'." fragte der Miiiiiterialratb '.Ke-Otii'-burvcr
den Oberstlieutenant von
Mettenbera,, ben u gerade auf der Pro'
menabe antraf. Im Oiolbfnen Vö
inü" gibt a beute editec- Bockbier mit
'orfnuirlhtKii unb Kraut. Ich bin o,c
i.ide noch auf dem Wege zum Bureau,
in bort einige Unterschriften zu eile
tmini. begleiten Sie mich, in zwei
Minuten bin ich fertig,, und bann geben
mir gcinriiN'chaillich zu einem (Waschen
von diesem herrlichen Gerstensaft."
raiim Tit. ganz erzcllent!" antwor
tete der Offizier. Aber auch ich muf,
t'ch schnell eine wenn auch ganz rninii
l, se Affaire ans meinem Bureau im
,!a"erueineitt erledigen. Tie Reftau
ration zum (Goldenen Löwen" liegt ja
in der Tireftion des Kasernenienls.
Villa erledigen Sie schnell Ihr Pensum
und erwarten Sie mich dann an der
Kaserne. Ich werde dem Posten vor
dem asernenthor die Ordre geben,
mich rufen, wenn Sie da sind. Also
u rivederci. 111011 clVr".
Xer Herr Ministerialrath grüßte
freundlich lächelnd und verschwand
nach rechts, wahrend ftettenberg feinen
Weg nach links, nach der aferne fort
feste, Bor dem 2 hör derselben schritt
stramm die Schildwache auf und ab.
Als sie den Cffijier erblickte, eilte sie
schnell auf ihren Platz am Schilder
haus und prafentirte das Gewehr.
.stopf mehr in die Hohe! TaS Ye
wehr mehr nach der Nase!" rief ihm
der Oberlieutenant zu. Tas war so
feine (Gewohnheit, las that er jedes
mal, wenn er an dem Posten vorbei
kam. Ter Soldat legte mit einem Ruck
feine Molf so weit zurück, baß er fast
den rothen tragen hinten herabdriickte
und schob das Gewehr so dicht an das
Besicht heran, daß er sich fast die Nase
daran platt gestoßen hätte. Tenn es
war ein strammer, gewissenhafter Sol
dat, der die .Befehle seiner Borgesetiteii
stets aus das Pünktlichste und nnver
weigerlich besorgte. So!" sagte ber
Oberstlieutenant darauf und nickte be
friedigt mit dem Kops. Nun aufge
paßt, mein Sohn! Nachher wird ein
Herr daherkommen im grauen Zvlin
der, Herr Ministerialrath :!egensbur
ger. Wenn er nach mir sragt. avcr
tiren Sie ihn mir sofort. Haben
Sie mich verstanden?"
Zu Befehl, Herr Oberstlieutenant!"
antwortete der Soldat, und seine Augen
blitzten ordentlich vor Diensteifer.
Beruhigt begab sich nun Kettenberg
auf sein Tienstzimmer, und der Sal
dat schaute sich eifrig nach allen Seiten
um, ob der Bewußte noch nicht zu
sehen fei.
Endlich kam ein älterer, würdig ans
sehender Herr in granein Zulinder auf
die Kaserne zugeschritten. Ter Posten
faßte ihn sofort scharf in's Auge.
Aha, das ist er." murmelte er vor sich.
Fein siebt er aus: aber die Feinen,
das sind immer die Schlimmsten."
Ter Herr lüftete hoflich seinen Hut
und sprach: Ist Herr Oberstlieutenant
von Kettenberg noch in der Kaserne?"
Genuß!" antwortete der Soldat und
blickte den Ministerialrath spöttisch an.
Sie sind wohl der Ministerialrath
Regcnöburgcr?"
Jawohl," erwiderte dieser freund
lich lächelnd. Also der Herr Oberst
lieutenant hat Sie in Kenntniß ge
fest?" Und wie!" sagte der Posten, indem
er rasch einen Schritt vorwärts machte,
so daß der Herr Ministerialrath schnell
zurücktrat, um sich und seine Hühner
äugen aus dem Bereich der schweren
Kommißstiefel des Kriegsmannes zu
retten.
Aber vergebens! Plötzlich schlug ihm
der Posten seine Hand auf die Schul
ter. daß er erschrocken in die Kniee sank,
und rief mit Tonnerstiinme:. Sie sind
arretirt! Stellen Sie sich sofort ins
Schilderhaus und zwar mit dem Ge
ficht gegen die Wand. Wenn Sie sich
nur im Geringsten rühren, oder wenn
Sie gar einen Fluchtversuch nntcrnch
mcn, dann mache ich sofort von meiner
Waffe Gebrauch." Tabei riß er wirk
lich sein Gewehr von der Schulter,
pflanzte das Seitengewehr darauf und
ruckte mit gefälltem Bajonnct dem
armen würdigen Staatsbeamten zu
Leibe.
Sie sind wohl verrückt!" schrie die
scr. Ter Herr Oberstlieutenant ist ja
mein guter Freund, und ich soll ihn
hier abholen."
Tas war aber dem treuen Soldaten,
der mit Stolz an seinem Borgesetztcn
in die Höhe sah, zu viel. Mensch,"
sprach er mit einer Stimme, die vor
Wuth bebte. Mensch, daß Sie mich
verrückt" nennen, will ich Ihnen noch
verzeihen, daß Sie aber meinen Herrn
Oberstlieutenant Ihren Freund heißen,
das verbitte ich mir ganz entschieden.
Ter hat andere Freunde als einen sol
chcn Kerl wie sie. Ihnen sieht man
schon von Weitem an, was Sie sind,
trotz Ihrer feinen Kleider. Sie kennt
man schon lange. Teshalb hat mir der
Herr Oberstlieutenant selbst besohlen,
Sie zu arrctiren, wenn Sie kämen.
Also vorwärts! Marsch, hinein in's
Schilderhaus!"
Aber ich " wollte Rcgcnsburgcr
noch einmal anfange.
Maulhalten!" schrie jedoch der Sol
dat. faßte den Ministerialrath am Rock
kragen und schob ihn unsanft in's
Schilderhaus. Tann pflanzte er sich
breit vor letzterem auf und hielt das
scharfe Bajonnet gegen den armen Ge
fangenen hin, um ihn sofort aufzu
spießen, wenn er sich rubrtc.
Nach einer Weile öffnete sich das
Feinter der nebenan befindlichen Käfer
nenwache. und der wachthabende Ilnter
o'fiiier streckte feinen Kopf heraus.
Sofort rief der Posten: Herr linier
ofnzier, ich habe einen Arrestanten.
Ter Herr Oberstlieutenant hat mir
selbst befohlen, ihn festzunehmen."
iut." antwortete der Unteroffizier,
werde sofort eine Patrouille heraus
schicken, die den Kerl ach der Haupt
wache transportirt."
Gleich darauf kamen aus dem Käfer
nenthor ein befreiter und zwei stramme
Soldaten heraus, pflanzten ihre Seiten
gewehre auf und stellten sich vor das
Schilderhaus.
Ter Posten zog den Ministerialrath,
der aus Angst vor den blitzenden schar
feil Waffen nicht mehr den Mund auf
zumachen wagte, an den Rockzipfeln rück
wärts aus dein Schilderhaus heraus
und übergab ihn der Patrouille.
Marsch!" kommandirte nun der Ge
freite. Ter Ministerialrath wußte na
türlich nicht, daß dieser Beüchl ihm galt
und rührte sich nicht.
Marsch!" schrie der Gefreite och
inals. Marsch! Oder wir gebrauchen
Gewalt."
O. das ist ja ganz gegen das Gesetz,"
jammerte Regensburger, nach den Pa
ragraphen "
Maul halten!" antwortete der Ge
freite lakonisch und faßte ihn beim Rock
ärmel, um ihn fortzuziehen.
Willenlos zog der Herr Ministerial
rath nun ab. umgeben von den starren,
drohenden Waffen, fort nach der weit
entfernten Hauptwache. Ein netter
Bocksrühschoppen!" war das Einzige,
was er noch vor sich hinmurmelte.
Unterdessen hatte Oberstlieutenant
von Kettenberg seine Geschäfte auf dem
Ticnslzimnier erledigt und zog die Uhr
um nach der Zeit zu sehen. Wie,
schon eine halbe Stunde bin ich hier,
und der Ministerialrath läßt noch nichts
von sich hören! murmelte er vor sich
hin. Tas ist doch sonderbar." Tann
schnallte er seinen Säbel wieder um,
setzte die Mütze auf und begab sich wie
der hinaus vor die Kaserne. Er schaute
sich nach allen Seiten um und begann
dann kopfschüttelnd aus und ab zu ge
Heu. Ter Posten blickte ihm unver
wandt nach. Er hatte den sehnlichsten
Wunsch, dem Oberstlieutenant die glück
liche Ausführung feines Befehles zu
melden und ein Lob dafür zu ernten.
Aber von selbst sprechen durfte cr natür
lich nicht. Er mußte warten, bis der
Borgesetzte ihn anredete.
Tiefer sah nach einer Weile wieder
nach der Uhr. Wenn er jetzt nicht
kommt, gehe ich," brummte cr dann
verdrießlich. Jetzt warte ich schon fast
eine Stunde. Meine Frau aber wartet
nicht mit dem Essen." Tann ging er
wieder eine Zeit lang auf und ab.
Endlich ward ihm die Sache zu dumm.
Wenn der Herr kommt, von dem ich
mit Ihnen vorhin sprach," sagte cr zum
Posten, so theilen Sie ihm mit, ich
könne seine Einladung nicht mehr akzep
tiren: ich hätte nach Hause gemußt."
Zu Befehl, Herr Oberstlieutenant,"
war die Antwort. Aber der Herr wird
wohl nicht kommen können."
Wieso?" fragte der Oberstlieutenant
erstaunt.
Weil cr schon auf die Hauptwachc
verbracht ist." antwortete frcudestrah
lend der Posten. Teiln nun kam sicher
das erwartete Lob.
Aber nein! Sein Borgesetzter sah ihn
nur starr an, wie wenn er nicht rcht
gehört hatte. Was. Hanptwache?
Was soll denn das heißen?" rief Kct
tenberg erstaunt.
Ich habe ihn sofort arretirt. als er
kam, wie der Herr Oberstlieutenant
mir befohlen hatte, und eine Patrouille
hat ihn dann auf die Hauptwache trans
portirt!" lautete die stolze Antwort.
Wa.. ..Wie. ..Wo.. ..ich soll so
etwas gesagt haben?"
Zu Beseht! Arrctiren Sie ihn
mir sofort!" sagten der Herr Oberst
licutenant." Tie Antwort Kettenbcrgs bcstand nur
noch in cincm kräftigen Fluch über sich
selbst. So schnell er konnte, eilte er
auf die Hanptwache, um seinen Freund
zu befnien. Zum Frühschoppen beim
Bockbier war aber Beiden die Lust für
beute vergangen. Ter Ministerialrath
schwur, sich niemals mehr auf näher als
einen Kilometer an eine Kaserne heran
znbegeben, und der Oberstlieutenant
that ein feierliches Gelübde, dem deut
schen Sprachverein beizntretcn und nie
nials mchr ein Fremdwort zu gebrau
chen. Ceifcen der prominenten.
Jhst Neu York Boro,
Oktober de dritte d. Mts.
Jvnings - Staats Nuhspäpcr, akroß
die Britsch.
Mister Editcr !
Ich will Jhnc emol sage, Mister Edi
ter. was der Trowwel is im was des
Lewc c Börden macht, des sein Man
ners un Steil un Edschukäschen un so
Sache.
Früher war's viel schöner, espeschelli
ant West. Ta Hot mer sei Lewc noch
genieße könne, un wer Hot noch was
dcrvon gchatt, wann mer Geld gchatt
Hot. Hcunzetag is des anncrscht. Ta
Hot mer nix wie Zrowwcl. Wann wer
hennzetag e Prominenter is, da is mer
nix wie e Släf, weil mer immer auf
lewe muß zu seiner Prominenz.
For Jnstenz früher, da war es eins
vun die stolzeste Borrechte vun eine
freie Amerikaner, daß mer mit 'in Hut
iif'm stopp in einige Platz un bei einige
Lent fiieigkgange is und daß mer in
Herndsarmle dorch de feinste Straße
elegante is. wan incr dernach gefnblt
Hot.
Awwer beunzetag da schickt sich Tas
net un Seimiges is et Steil un was
Annas derf mer net thun wegen die
Leit. Ich that am Liebste fchnn
manchmal sage, die Leit sollte mer all
initanaiier uf de Buckel steige, awwer
des schickt sich aach fchun wieder net. da
thäte Ei'in die annere Praniinente boti
lote un mer wär in der Supp.
Ta is for Insten; jetz die miferab
liche Fa scheu mit dem Ivning-Treß.
Tes is jetz Steil hier, daß die Prami
eilte am Abend cninilaaü' wie die
Kellner im schwarzen Frack. Tes Hot
doch ieen Sinn. Wann ich mer mei
große Teim,d-Pin vorne in's Hemd
steck, da kann schnn cnihan Jeder sehe,
daß ich e Pramincnter sein nn daß ich
Edschukäschen Heu. Was brauch ich da
noch en Frack un e Schörtfront bis
enuniiner uf dc Nabel? Tie verwünschte
Schorifronts an so cmc Ivnings-Treß-Suit
die haß ich wie Einiges. Mer
traut sich keen Bier un kccn Wein mehr
ze trinke, weil des so zeigt uf der
Schörtsront, wann's crnnner tröpelt,
un des kann wer doch net helfe. Kann
mer?
Aivwer des is noch Alles nir gegc die
Zäbelinänncrs. wo jetzt Fäfchen fein.
Wann wer früher gcwüßt Hot, daß
mer am Zisch nct laut rülpse sollt un
daß incr sich dic Zahn nct mit dcr
Oiaimoclfpitz stochert, da war mer stei
lisch genug. Heunzetagc kimmt mer
vor lauter Täbclinänncrs nimmer zum
Esse. Einiges, was derzu helft, des
Este in's Maul ze kriege, des schickt sich
net.
Mei Eidie is, daß der Mann, wo
die heintige ZäbelmannerS inwented
Hot, ergend e elendiger trauriger Hnn
gerleider war, wo seltner nir ze fresse
gehatt Hot un aach Niemand was Orn
liches Hot vorsetze könne. Tann die
ganz Zäbelmänners die laufe drauf
enaus, daß mer hungern muß.
Wan mer zu meiner Zeit Jemand
eigelade Hot. da Hot mer Schüßlc uf dc
Tisch gcsctzt un Stückcr Fleisch, so groß,
daß mcr net mit crcr Stang Hot
drüwwcr springe könne, nn dann Hot
mer ze sei', liebe Gast gesagt: So,
jetz frcß bis Tc platzst, oder Tu mußt
hungere, bis Te vcrreckscht," un dann
Hot wer eigcpitscht und Hot sich's gut
schmecke losse und des war Alles.
Un wann die Leit net träsi wär,
da thäte sie' Heini noch so mache, in
stead sich die Appeteit spoile ze lasse bei
des ganze Esse dorch Acht zc gewwc, daß
die Täbclmänncrs un dic Ruhls nn
RegjnläschenS net verletzt wem.
Awwer, was will mer mache, Mister
Editer? Mer inust mitthun, wann mcr
praminent sei will.
Enihan is es awwer hart an uns
Praininentc, daß mir aach noch Man
nerS hawwe solle.
Wann cinol c Mäßrnictung vun Pra
ininentc eibcrnsc wcrde that so die
Purpoß, dic Männers un de Steil un
de gottverdoppelte nixnutzigc Edschnkä
schcn abzcschwörn, un wieder frie un
iesi dc altc Wcg zc lewc, da wär ich glei
derbei un thät rner's aach was löschte
losse. Tan was geb ich um Expen
se? Thun Sie emol die Fielings vun die
annere Praminente e Bißle saunde,
Mister Editer, un obleitsch.
Mit Rigards
Z)olirs
John Ritsch. Esq.
Sie könne schreiwwe, dcr Töne-Quetsch-Hannes
un dcr Wcißc-Wcstc-Wilhelm
hätten es nach gesagt, un vun
dcnc is Jeder sei siwwchunncrttansend
Tollers werth.
Tic Rache einer Sängerin.
Friedrich der Große soll bekanntlich
wenig galant gesagt haben: Lieber
wollte ich mir von einem Pferde eine
Arie Vorsingen lassen, als eine Teutsche
in meiner Oper zur Primadonna zu
haben." Tie nachher so berühmte
Sängerin Schmchling, genannt Mara,
sang nur einmal vor dem König, und
zwar aus feinen Wunsch vom Blatt,
was Friedrich für eine Teutsche für un
möglich hielt. Kann Sie vom Blatt
singen?" fragte dcr König. Ja, Ew.
Majestät." Na, höre Sie mal, das
ist schwer!" Mein Bater hat mich
darin unterrichtet." co! Getraut Sie
sich, alles zu singen, was ich Ihr vor
lege? Zu singen und auch auf dem
Klavizimbel zu begleiten, Ew. Maje
stät." Kopfschüttelnd holte dcr König
ans scinem Kabinct die Partitur der
Oper Pyramus und Thisbc" von
Haffe, lcgtc sie selbst auf das Pult und
stellte sich hinter sie. um zu sehen, wie
sie diese Aufgabe lösen würde. Tie
Mara sah erst Blatt für Blatt durch,
um den Text kennen zu lernen. Ter
König wurde ungeduldig und sagte:
Sicht Sie wohl, Sie muß sich die
Noten doch erst vorher ansehen."
Nicht der Noten wegen, Ew. Maje
stät, sondern dcr Worte wegen, damit
ich doch weiß, mit welchem Ausdruck ich
zu singen habe." So! Also des
wegen? Na. nu fange Sie aber an."
Und dic Sängerin fing an! Gleich
das Recitativ sang sie mit außcrordcnt
lichcr Bravour. als hätten sich ihre
Kräfte auf das Toppclte gesteigert.
Tabei gab sie den Worten ihr volles
Gewicht und erreichte gerade dadurch
ihre volle Wirkung, dic dcr König bis
dahin am italienischen Gesänge nicht
gekannt. Freundlich klopsle er ihr auf
die Schulter und sagte einmal über das
andere, ja fast nach jeder Phrase:
Bravo!" Nun ging es zum Adagio,
Tie junge Künstlerin halte Muth ge
faßt, suhlte sich ihres Sieges gewiß
und mußte, daß gerade der getragene
Ton des Adagio ihre eigenihümlickie
Kraft war. Aber der Muthwille ging
mit dem Triumphe Hand in Hand: sie
gedachte der schlechten Meinung, die der
Konig vorn deutschen Oietainie ausge
fprochen. und fang dic Halste des
Adagio so schlecht, so tonlos und mit
erzwungener Rauhigkeit, daß der Konig
unwillig mit den Händen auf die
Schulterlehne klopfte und sich um
drehte. Tas hatte dic kleine Here eben
gewollt. Berzeihcn, Ew. Majestät,
es ist mir etwas in den Hals gekoin
inen, darum habe ich so schlecht gesun
gen, daß man es sast für das Wiehern
eines Pferdes halten mußte. Haben
Ew. Majestät die Gnade, ein Ta
eapo" zu erlauben." Und ohne dic
Erlaubniß weiter abzuwarten, sang sie
mit dem ganzen Schmelz ihrer Wunder
stimme das Adagio noch einmal, ging
dann zum Allegro über, stand mit der
letzten Note auf und machte lächelnd
eine tiefe Bcrbcugung vor dem Könige.
Erfreut sagte dieser: Höre Sie ein
mal, Sie taun singen, will Sie in
Bcrlin bleiben? Und die Schmehling
blieb und wurde Primadonna an dcr
italienischen Oper des Königs, der so
wenig von den Talenten seiner Landes
kinder in Kunst und Poesie hielt.
Schaffst und Fürftenkrone.
Tie russische Fürstenfamilic dcr Or
low feierte im September mit großein
Gepränge durch Einberufung eines
Familientages ihr 2()0jähriges Adels
jubilämn. Allerdings dürfte sie wohl
bei diesem Feste weniger Werth darauf
legen, daß die näheren Umstände in
die breite Oeffentlichkcit gelangen,
unter denen ihr Urahne im Jahrc WM
zuerst mit dcr Kronc in nähere Bcrüh
rung kam. Es geschah nämlich nach
weislich am Fußc dcS Richtblockes,
deren der erbarmungslose Peter der
Große damals etwa hundert hatte, auf
stellen lassen, um die widerspänstigen
Strelitzen fii masso durch Hcnkcrhand
ins JcnscitS zu crpediren. Ein russi
scher Geschichtsschreiber erzählt den
Hergang so : Kaiser Peter I. war Uü'8
eben in Begriff, die Reise welche er zu
seiner Ausbildung unternommen hatte,
bis Italien auszudehnen, als er dic
Kunde von einer neuen Empörung der
Strelitzen erhielt. Mit ungestümer
Eile kehrte er heim, und cs erfolgte
obwohl dcr Aufstand bereits gedämpft
worden war ein schreckliches Gericht.
10 Strelitzen wurden gehenkt, doppelt so
viel geköpft, die Uebrigen nach Sibi
rten verbannt und das ganze Eorps
aufgelöst. Bei einer der Hinrichtun
gen. welcher Peter I. beiwohnte, erregte
ein Strclitzc seine Aufmerksamkeit. Er
war ein Mann von schöner, athlcti
scher Gestalt, von finsteren, trotzigen
Ingen. Als an ihn dic Rcihc kam,
lag dcr todte Körpcr seines Bormannes
noch im Wege. Mit dein Fuße stieß er
den Leichnam fort und rief : Platz
da!"
Schon faßte ihn der Henker als Pe
tcr I., der kein Auge von dem Strc
litzcn gcwandt hatte, mit gewaltiger
Stimme ein Halt!" hören ließ.
Ich sehe." sagte dcr Ezar zu dcm
erstaunten Strclitzcn, daß Tu zu ster
ben weißt: ich will einmal versuchen,
ob Tu auch zu leben vcrstchst !"
Ticscr Strclitzc hieß Iwan, und
seine Kameraden hatten ihm, feines
kühnen Wesens halber, den Beinamen
Orl" (der Adler) gegeben, aus dein
später der Name Orlow" wurde.
Iwan, in die kaiserliche Garde Peters
aufgenommen, zeichnete sich durch An
stclligkcit und Diensteifer aus und
vaneirtc bald zum Offizicr.
Sein Sohn Gregor brachte cs zum
Gcncralmajor und starb als Gouvcr
ncnr von Nowgorod. Er hintcrließ
fünf Söhne, von welchen Gregor und
Alcrei bei der Thronbesteigung Katha
rinas II. und während ihrer Regie
rang eine so bedeutende Rolle spielten.
Katharina erhob die Orlows in den
Fürstcnstand uad überhäufte sie mit
Ehren aller Art. Kaiser Joseph II.
ernannte Gregor zum deutschen Reichs
fürsten. und der schöne Günstling der
Kaiserin würde mit ihrer Liebe auch
ihre Hand erhalten haben, wenn er die
Gebieterin nicht so ost durch seine Rück
fichtslosigkcitcil verletzt hätte.
Tie Familie Orlow in allen ihren
Zwcigcn blicb auch unter der Regierung
Pauls und Alexanders in wichtigen
Stcllungcn, und Alexci Orlow, 1787
gcboren, zeigte bei dem Ausstände dcr
Gardcn in Petersburg, (1825) eine so
große Kaltblütigkeit und Kühnheit,
daß cr wesentlich zur Niederwerfung
dcssclbcn beitrug. Kaiscr Nikolaus
vcrgaß dics nie und schenkte dem Gra
fen Orlow sein volles Vertrauen. Or
low begleitete ihn auf allen seinen
Reisen und war der einzige Mann am
Hofe des stolzen Ezaren, der zu seinem
Gebieter in dem Tone des Freundes
sprechen dnrftc. Gras Alexci Orlow
ward 18.',i) von Kaiser Alexander II.
in den Fürstcnstand crhobcn.
Tresflrte Iagdbente.
Aus Bukarest wird folgendes amü
sänke Jagdabenteuer berichtet : Ter
Kronprinz von Rumänien hatte auf
seiner jüngsten Reise in den Tistrilten
Argesch und Baleea den Wunsch anSgc-
fprochen, in den dortigcn herrlichen
Karpathenwalderii zu jagen. Tcr an
wesende Pratett beeilte sich, die Borbe
reitungen zu einer für den nächsten Tag
angesagten improvifiiten Jagd zu tret
fen. Tas Jagdglück war den. Krön
Prinzen insofern sehr gunstig, als er
sich bald nach Beginn der Jagd zwei
ausgewachsenen Baren gegenüber sah.
Ter Prinz gab Feuer. Einer der
Baren stürzte in's Herz getrosten, todt
ziifamineiit, wahrend der zweite fein
Heil in der Flucht suchte. Tie her
beieüeiibefl Jagdgenossen priesen das
Glück des hohen Schützen, und schon
war man dabei, eine Bahre herzustel
len, aus welcher der erlegte Bär im
Triumphe in's Torf gebracht werden
sollte, als der Kronprinz auf die Nase
seines Opfers aufmerksam machte, die
allem Anscheine ach bis aus die letzten
Tage dc Ring eines Tanzbären ge
tragen hatte. Tcr herbeigerufene Prä
fett gestand denn auch nach einigem
Zögern ein, daß er, um dem K ronprin
zen das Bcrgnügcn einer Bärenjagd zu
machen, cincin Zigeuner zwei zahme
und zum Tanzen abgerichtete Bären
abgelaust und kurz vor Beginn der
Jagd im Walde ausgesetzt hatte. Ob
gleich der Kronprinz über dieses Ent
gegenkommen des Präfelten nicht sehr
erfreut war, machte cr doch gute Miene
zum bösen Spiel und lachte über sein
eigenartiges Bärenabcnteuer ebenso wie
über dic zerknirschte Armesündermiene
des unglücklichen Jagdarrangeurs.
Älpenmoos" als Heilmittel.
Einem Privatgelehrten F. in Berlin,
dcr zu dcr Kunst dcr Aerzte das Ber
trauen verloren hatte, war gerathen
worden, sich von einem Grazcr Heil
künstler Alpenmoos kommen zu lassen,
dessen Hcilkrast gepriesen wurde. Ter
Leidende licß sich cwa 8 Sendungen
von etwa 20 Gulden die Sendung kom
inen und nahm gewissenhaft die damit
bereiteten Bäder. Als nach längerer
Zeit auch nicht dic gcringstc Heilung
eintrat, drohte er dem Naturarzt" mit
einer Anzeige. Hierauf erhielt er fol
gcndc liebenswürdige Antwort : Ihnen
hat das Moos nicht geholfen, mir ja!
Seit langer Zeit bereitete es mir uuge
heure Schmerzen, daß das für das Le
ben Nothwendigste mir mehr und mehr
abging. Ich kam daher auf den Ge
danken, mich nach Mitmenschen Hinzu"
sehen, die Ueberfluß an Lebenskräften
besitzen. Zu diesen gehören auch Sie.
Auf Ihren Wunsch trat ich mit Ihnen
in ei Tauschgeschäft. Ich sandte Jh
neu das Moos meiner Berge und ie
mir das Moos Ihres Geldbeutels.
Wenn Sie mit dem gelieferten Moose,
welches Sie in gleicher Güte auch ans
dem Berliner Markte haben können, im
Herbste die Fenstcrritzen gehörig ver
stopfen, werden Sie sicherlich weniger
Zug und Schmerzen empfinden. Ebenso
hat auch Ihr Moos" mir Linderung
gebracht, denn es hat dazu geholfen,
daß ich dem weiteren Reißen meines
Geldbeutels Einhalt gebictcn konnte.
Uebrigens bin ich, wenn diese Zeilen
Sie erreichen, langst selbst ausgeknif
fen. Trum Servus!"
Glückliche Dcrciniijimg.
Heiratsvermittler: Ich habe da ein
Mädchen ans der Schweiz, die ist sehr
reich, und eine andere aus Sachsen, die
ist sehr schön."
Hcirathskandidat: Haben Sie nicht
eine aus der s ä ch s i s ch e n S ch w c i z?"
Das genügt.
Kom mcrzicnrath (Millionär): Sic
haltcn um dic Hand incincr Jüngsten
an? Hm, hm, Sic sind Künstler; ha
den Sie schon cincn Ruf?"
Künstlcr: Wenn Sic mir Jhrc
Tochtcr zur Frau geben, werde ich dessen
gar nicht bedürfen.
Gwßmüthig.
Ehef szu dein stellcnsnchenden Eoin
uns): Gehalt gcbc ich Ihnen nicht; nur
freie Station!"
Eoininis: Und Weihnachten?"
Ehef: Ta können Sie mir schenken
was Sic wollcn!"
Abgelehnt.
Tickcr Hcrr: Sic würden mich glück
lich machen, wenn Tie mir ein Plätz
chen in Ihrem Herzen einräumen wür
den !"
Fräulein: Ncc, dat jcht ich, Tie
sin mir fir det klenc Herz viel zu korpu
lent !"
Summarisch.
Unteroffizier: Tas merkt euch, dcr
Soldat muß uff Proprctc. trcu zur
Fahne, sowie Schritt und Maul hal
tcn! Verstanden?"
Aulwr im Gebirge.
Tcr Nazi hat von cincm Somincrgast
ein altes Fahrrad gcschcnkt bckoiinncn,
auf dcm er auch fleißig umhcrgcradclt.
Nculich trifft ihn dcr Somincrgast wic
dcr. abcr zu Fuß und mit einem Sack
ans der Schulter.
Na Nazi, wo kommst Tu dcnn
hcr?"
Born Raufcn."
Und was hast Tu da im Sack?"
Tic Stücke vorn Fahrrad !"
ratcrstolz.
Erster Bettler: Bettelst Tu nicht
mehr mit Teinem Jungen zusammen?"
Zweiter Bettler: Ne, der ist jetzt
selbstständig geworden, der bettelt für
sich ollccne."
m .f., II.
Erstes Aadel: ..Mietze, vertrag' Tich
man wieder mit Teinem Willein!"
Zweites Madel: Nee, der ist mir zu
tief gefallen, erst hab' ich ihn im Herzen
getragen und nun liegt er mir im
Magen."
llVlchc Freude,
Sonntagsjäger (zu einem Treiber,
den er angeschossen): Wie heißen Sie?"
Treiber: Kern."
Sonntagsjäger (freudig): Ah, da
hab' ich ja 'n Kernschuß gethan!"
j'cmrs Gescheit.
Tienslinädchen: Tas Buch gefallt
der Madam auch nicht, das kennt sie
schon!"
Buchhändler: Tas Geld kann ich
nicht mehr zurückzahlen, also Sie muffen
schon etwas anderes kaufen."
Tieiistmädchen : Ja, dann soll ich
für das Geld Briefmarken bringen."
IHofrem.
Tienrr: Herr Baron, Ihre Braut
ließ nach Ihnen fragen!"
Baron: Welche?"
verwarnt.
Junge Hausfrau: Wo nur mein
Mann bleibt, es ist schon halb 2 Uhr
und sonst ist er doch schon immer um
eins zu Hause."
Köchin: Ich habe inir's gleich ge
dacht, Sie hätten nicht sagen sollen, das;
Sie heute selbst kochen wollen."
Am l?honogniph,
Frau Kulicke: Nee, wat doch die
Menschen alles erfinden wenn wir so
'n Ting zu Hause hätten, könnte man
also den anderen Tag noch hören, wat
ick an den eencii alles gesprochen habe?"
HerrKnücke: Na,' Alte, wo sollte
bet alles auf die Walze druff!"
!Zetwchtnng. ,
Merkwürdig, im Tuuleln finden
sich die Lippen zweier Bcrlicbten viel
leichter als im Hellen."
Ei Schkubcrg.
Tieiistmädchen : Sic sagen doch
nichts davon, daß ich die Schüssel zer
brechen habe, Max?"
Tiener: Hm, da müssen Sie mir
aber halt einen Schweigekuß geben!"
Unter Freundinnen.
Ter Baron ist sehr galant gegen
junge Tarnen; besonders gegen mich
war cr gestern wieder sehr aufmerksam.
Er scheint mich doch sehr hoch zu
schätzen."
Aus sünfiinddreißig Jahre etwa,
wie er mir neulich im Vertrauen mit-theilte."
Die Unschuld vom iaubt.
Madame: Aber Marie, warum
halten Sic dcnn dic Weckeruhr an?"
Tieiistmädchen: Ach, Madame, das
dämliche Ting macht ja morgens immer
solchen Radau, gerade, wenn ich im
besten Schlaf liege."
scheinbarer lvidersxnich.
Gymnasialprofessor: Wenn Sie sich
weiter so gehen lassen, Müller, bleiben
Sie sitzen wollen Sie fortkommen,
müssen Sic mehr Sitzfleisch zeigen!"
Nicht übel.
Ein Isländer, dcr sich mit seiner
Frau zankte, geriet!) Über den Wunsch
feiner Frau, er möge todt sein, so in
Wuth, daß er ausrief: Freilich, du
mochtest Wittwe sein ; aber fo lange ich
lebe, werde ich dafür sorgen, daß du
es nicht wirst !"
Tas Wahrzeichen Schottland's ist bc
kanntlich die Tistcl; ein besonders
schönes Ercmplar einer solchen wurde
dem Vorsitzenden irgend eines schot
tischen Elubs überreicht, als dieser eine
Sitzung abhielt. Tic Tistcl lag noch
aus dcm Zischc. als ein Witzbold zu
sallig eintrat und sich sofort mit den
Worten zurückzog: Berzeihung! Ich
wußte nicht, daß die Herren noch beim
Frühstück wären."
Ans der schule.
Tcr Lehrer erklärt das Sprichwort:
Tas gebrannte Kind fürchtet das
Feuer". Zum Schlüsse fordert er die
Schüler auf. cincn ähnlichen Satz zu
bilden. Nach einer langen stummen
Pause incldct sich Karl.
Lehrer: ..Nun?"
Karl (freudig): Tas gewaschene
Kind fürchtet das Wasser."
Vnkcls Studien.
Onkel: Na, Karlchcn, wo habe ich
studiri? In Würz in Würz ?"
Karlchcn: In Wirthshäusern."
Ans der Instniktimisstnildc.
Ofsizicr: Nennen Sie wir ein Bei
spiel, wo dcr Soldat auch in Fricdcns
Zeiten sich ninthig zeigen kann."
Rekrut: Wenn er sich beschwert."
Dic Kehrseite der Medaille.
Zum Regisseur Stawinski, kam einst
der ihm befreundete, später so berühmt
gewordene Schauspieler Töring und
sagte zu ihm: TenkeTir, meine Braut
hat keine Ahnung vom Klavierspielen."
Ta solltest Tu Tich freuen, lieber
Töring! Und Tu machst ein so trüb
seliges Gx'sicht?"
Ja. weißt." entgegnete Töring,
das Schlimmste ist eben, daß sie'
trotzdem thut !"