Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, October 06, 1898, Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Per ftidcno Stricf.
linier dcn fielen prunkvollen (Jrslb
beut malern dcr alten berühmten iiathc
bmle in Saüsbnrt) in England ist ei
ne ans dem 1!'. Jahrhundert befmi
bers nierkturubui, beim es liegt ein halb
vermoderter und vielfach zerfaserter fei
teuer 2 trief darauf, ber bett Besuchern
ber Kirche als ezros'.e Kuriosität gezeigt
ivirb. Es bat damit folgende Be
nmnbtnif;:
Zur Zeit der Königin Maria hauste
in feinein Schlosse nahe bei Salisbury
ber Lord Stourton, ber einem Bürger
Namens Wrmiill viel l'ield schuldig war.
Unter ber i'cnsfe heuchlerischer freund
fchaft lockte er Wargill und dessen Sohn
z sich in s schloß, bewirthete sie zu
erst, und als sie betrunken waren, fiel
er mit vier Tienern über bie beiden
Unglücklichen her, liest sie ermorden und
nachher die Reichen heimlich verscharren
in einer fünfzehn Fuf, tiefen Oirube.
Toch wurde burch irgend einen Zufall
bie Zchanbthat ruchbar. Ter mörderi
sche Sckjlofcherr und dessen vier Heiser
kamen vor daS Kriminalgericht, das
alle fünf von Rechtswegen zum Tode
verurtheilte. Pergebens gaben seine
einflußreichen Perwanbten sich alle mög
liche Mühe, für den voniehinen Mörder
Begnabigung zu erwirken. Tie Königin
nd der Rathe zeigten sich unerbittlich,
deines hohen Ranges wegen wurde
ihm als einzige Pergünstignng zuge
billigt, dafz zu seiner' Hinrichtung ein
seidener Strick benutzt werden dürfe.
Und so geschah denn auch die Erecution
im März 1557. Tie vier Tienstleute
wurden mit gewöhnlichen Hanfstricken,
ihr Gebieter aber, der Hauptsnubcr,
mit einem seidenen strick gehangt. Tie
Reichen der Tiener verscharrte man nach
h?r unter dem (Balgen: der entseelte
Körper des Lords sollte in der Käthe
drale zu Lalisbury in der dort befind
lichen Familiengruft beigesetzt werben :
soviel hatten die Perwandten doch er
reicht. Aber damit war bie städtische
Behörde zuerst gar nicht einverstanden?
erst nach langwierigen Verhandlungen
ließ sie sich bewegen, die Erlaubniß zu
ertheilen, jedoch nur unter der Be
dingung. das; der seidene Strick, der
bei der Hinrichtung gebraucht worden,
auf das Grabdenkmal des Lords gelegt
werde, zum ewigen Andenken an das
Perbrechen und die Schmach desjenigen,
der darunter ruhe.
Fortan betrachteten die wackeren Biir
ger von LaliSbury den seidenen Strick
in der Kathedrale als eine der größten
Merkwürdigkeiten ihrer Stadt, ja sie
wurden im Perlause der Zeit wirklich
stolz darauf. Man kann sich also wohl
ihre Aufregung erklären, als 230 Jahre
nach Lord Etourton's Beisetzung dessen
seidener Strick einmal in einige Gefahr
gerieth. Im Jahre 1787 erschien näm
lich ein interessantes Buch über die Al
terthümer von Salisbury und beson
ders über diejenigen in der Kathedrale.
Tarin war denn auch in gebührender
Weise- der auf dem Grabdenkmal des
Lord Stourton liegende seidene Strick
erwähnt. Nun lebte gerade zu jener
Zeit in London ein spleenbehafteter
reicher Sonderling, der, von einer sel
teuen Sammelwuth besessen, zu einem
Privatvergnügen eine Art Museum
des Schreckens" angelegt hatte. (5r
sammelte mit leibenschaftlichern Eifer
die Gipstodtcnmasken berüchtigter Per
brecher, soweit er solcher habhaft werben
konnte, dann alle Arten von Mordwaf
fen, die zur Ausübung von Perbrechen
gebient hatten, auch alte Henkerbeile
und Richtfchwerter sowie Folterwcrk
zeuge, ferner Stricke, die zum Aufhän
gen der ruchlosesten Bösewichte gebraucht
worden waren. Um diese Stricke zu
erlangen, hatte er mit allen Henkern in
den drei Königreichen geschäftliche Per
bindungen angeknüpft. Er zahlte gute
Preise. Sobald ein solcher richtiger
Galgenstrick" ihm wohlbeglaubigt zu
geschickt wurde, versah er ihn säuberlich
init einer Etikette, worauf er die in
Betracht kommenden Notizen geschrie
ben. und hängte ihn zu dcn übrigen
systematisch und chronologisch geordne
ien Stricken in seinem Museum auf.
Je mehr er davon mit dcr Zeit zusam
menbrachtc, dcsto größer wurde seine
sonderbare Liebhaberei.
Zufällig gerieth das Buch über die
Alterthümer von Salisbury in feine
Hände, und er entdeckte darin die Notiz
über den seidenen Strick. Sofort ent
stand bei ihm die lebhafte Begier, den
alten seidenen Strick, dies greifbare
Andenken an einen berühmten Erimi
nalprozeß des 16. Jahrhunderts, für
sein Museum zu erwerben, dem nach
seiner Meinung eine solche außcrordcnt
liche Euriosität zur höchsten Zierde ge
reichen mußte. Freilich dachte er sich
wohl, daß die Erlangung des seidenen
Strickes nicht so ganz leicht fein würde;
doch hoffte er durch Geld und gute Worti:
alle Schwierigkeiten überwinden zu
können.
So reiste er denn schleunigst nach
Salisbury und begab sich nach der An
kunft sogleich nach der Kathedrale, um
sich das 'Innere derselben zeigen zu las
sen. Anfcheincnb traf er es gerade recht
günstig. Tcr fönst mit ber Führung
der Fremden beauftragte Küster war
erkrankt und lag zu Bett: ein junger
Mensch, der bei ihm in Tienst stand,
wurde daher beauftragt, den Fremden
aus London gegen die übliche Gebühr
in der. Kathedrale umhcrzuführcn.
Tiefer bewies sich sehr gleichgültig ge
gen alle Merkwürdigkeiten, bis er bei
dem Denkmal des Hingerichteten Lords
anlangte. Richtig, da lag der alte,
faserig gewordene Strick, auf welchen
sein junger Führer ibn eigens ausmerk
sam machte.
..Für den alten Stnck mochte ich
gern 10 Pfund geben." flüsterte ber
Besucher und Persucher und gab dann
durch weiteres Zureben seinem dringen
den Wunsche noch mehr Nachdruck.
Ter junge Mensch hatte wolil Lust,
bas Geschäft zu machen, aber er meinte
doch, daß er es nicht wagen durste, den
ganzen seidenen Strick versckuvinden zu
lassen : würde der Herr aber geneigt
sein, ihm die 10 Pfund für die Halite
desselben zu bezahlen, so wolle er beide
Augen zudrücken und es dem Herrn
überlassen, sich ein solches Stück abzu
schneiden. Tcr Besitzer des Schreckens
museurn war dcirn auch mit dcr Halste
zufrieden, da er das Ganze nicht er
langen tonnte. Er zog ein Messer aus
der Tasche und schnitt die beste Halste
des Strickes ab. die er zusammenrollte
und zu sich steckte. Nachdem er bezahlt
hatte, verließ er die Kathebrale und be
gab sich in ein Gasthaus, um dort zu
speisen.
Ter Raub wurde aber sogleich ent
deckt. Ein kleiner Junge, dcr sich un
bemerkt in die Kirche geschlichen, hatte
den Porgang gesehen ; er rannte davon
und schlug Lärm in der Nachbarschaft.
Man überzeugte sich schnell von dcr
Richtigkeit seiner Behauptung ; der
junge Mensch, der als Führer gedient,
wurde verhaftet und mußte bekennen.
Te Frembcn fand man in seinem
Gasthose, und so schwer es ihm siel, er
mußte sein Strickende wieder heraus
geben unb außerbem noch eine schwere
Geldbuße bezahlen. Tie beiben Enden
des Strickes wurden geschickt wieder
miteinander verbunben, und so liegt
denn die sonderbare Euriosität noch
heute auf dem bewußten Grabbenkmal.
Im Reiter.
Von Heinrich Witte,
Lieutenant Ernst, ein junger Ossi
zier, ber feit einigen Wochen ausgebil
bet, nun als Polontär bei der Feuer
wehr diente, war der Liebling Aller.
Er war bei Kamerabcn, Vorgesetzten
und Untergebenen gleich geachtet und
beliebt burch seine stramme Tüchtigkeit
beim Tienst, seine frisch zugreifende,
keck darauf losgehende Thatkraft, durch
seinen Gerechtigkeitssinn, seine Freund
lichkeit und herzgewinnende Fröhlich
seit, unb Jeder wäre im wahrsten
Sinne des Worte? für den jüngsten
Lieutenant ' ohne Besinnen durchs
Feuer" gegangen.
Sein größester Wunsch, sein heißestes
Sehnen war. endlich ein wirklich großes
Feuer zu crlcbcn, niib cnblich an einem
heißem Julitage künbctcn die Glocken
zeichen: Groß-Feuer."
Mit strahlenden Augen, voll Kam
pfeslust. sprang Lieutenant Ernst auf
den Wagen. Er sollte nun erleben, was
er sich so lange gewünscht hatte.
Still, fast unheimlich öde blieb das
Wachtgcbäudc mit seinen Posten zurück,
und brückcnbe Nachmittagsschwüle lag
über dem Excrcirplatz, dem Garten mit
seinen alten Linden und Nußbaumen,
dieser Oase des Friedens mitten in dem
Lärm der Großstadt. Nur ein kleiner
Theil Reservemannschaft war zurückge
blieben; unten im Stall klirrten die
Ketten der Reservegespanne, und aus
der Hauptwache klang das Lauten des
Telegraphen, der die Tcpcschcn von der
Brandstelle brachte.
Es war ein schwerer, erbitterter
Kamps, dcr da ausgcfochtcn murdcr,
cinc mächtig große Stätte menschlichen
Fleißes, eine Pclvctsabnk, stand in
Flammen; all dic Riesenballen der
Stoffe wurden verzehrt und vernichtet
und füllten die Luft mit schwarzem, er
stickendem Qualm.
Ernst war eine Schlauchleitung an
vertraut worden, und mit stolzer Freude
im Herzen betrat er in Begleitung
eines Obcrfeuerrnannes. eines älteren,
umsichtigen Mannes, den Glocken
thurin. . Noch ganz unversehrt war das Ge
bände, und man glaubte, von dort aus
dem Brandherde beikommen und den
rasenden Flammen Einhalt , thun zu
können. Es war ein mehrere Stock
werke hoher Thurm, dessen einzelne
Etagen nur durch offene Gallcricn ge
bildet waren. Ter Mittelraum dessel
ben war frei, und es waren darin vom
Tache bis zum Boden die riesigen Pel
vetstücke, die gefärbt worden waren,
zum Trocknen aufgehängt. Bis zur
obersten Gallcric war dcr junge Ossi
zier mit seinen Begleitern und seinem
Schlauchrohr hinausgestiegen: als er
ans Fenster trat, da sah er rings herum
ein wildes, prasselndes Feuermeer, das
dic Tächcr der niedrigeren, dicht dabei
liegenben Gebäude gierig verzehrte und
aus allen Fenstern lodernd zum Him
mel stieg. Gerade dicht neben bern
Thurm toste die Gewalt des Feuers am
wildesten, und wurden sie von dem
Eindringen in denselben abgehalten
durch eine mächtige Eisenthür, die fort
während Wasserstrahlen ausgesetzt
wurde, welche zischend und sprühend das
glühend werdende Eisen abkühlten.
Ta gab Lieutenant Ernst das Signal
Wasser". Und als das Wasser in dem
Schlauch emporstieg, das er in die
Gluthen senden wollte, stieß er das
Fenster auf, und die ersten Strahlen
ergossen sich prasselnd hinab. Toch was
war das ? In einem einzigen Moment,
schneller als der Gedanke, schoß cinc
mächtige Stichflamme an dcn hängenden
Stoffen empor, über die Köpfe dcr
Männcr hinweg in die freie Luft hin-
aus. Tcr ganze Zhurm. ber eben noch
sicher und frei war. war im nächste
Moment in seinem Innern eine einzige,
furchtbare Feucrsaule. An Reitung
war nicht zu deuten, ein Rückweg un
möglich, bie Beiben da oben waren ver
leren.
Lieutenant Ernst lehnte sich zum Fen
ster hinaus. Ta unten war auch nur
eine tobtbringenbc Tiefe, und über ihn
hinweg, als wollte er ihn schützen mit
feinem eigenen Leib, lag ber Obers euer
mann, ber ihn begleitet hatte. Im
nächsten Augenblick verloren Beide das
Gleichgewicht, und ehe noch die Unten
stehenden bas Furchtbare ber Situation
recht begriffen hatten, lagen schon die
entseelten Körper zn ihren Füßen.
Nicht der Sturz hatte ben tobesinutlii
gen Männern ben Tod gebracht, bie
Flamme hatte es gethan, die fürchter
liche Stichflamme dic mit Gedanken
schnelle kam, vor der es kein Entrinnen
gab.
Enblich, nach lange erbittertem Kampf
mußte das heiße, glühende Ungeheuer
fein flamineufprübenbes Haupt beugen
unter die Gewalt des Menschen, zurück
gezwungen sprühte es nur noch hier
und da aus in kleinen zuckenden Flüinni
chcn. die zwischen dem Schutt leicht un
terdrückt wurden; eine Wolke dumpfen
Rauchgeruchs lagerte schwer über der
Stätte der Perwüstung. In Lieute
nants Ernsts Zimmer, in das Linden
düste des Gartens hineinwehten, lagen
in der Sommernacht die Beiden, die
ihr Leben dahingegeben hatten. Frieb
liche Stille wieder ringsum, über den
Menschen der Schlaf dcr Erschöpfung!
Tie Elcmcntc waren wieder in Ruhe,
denn sie hatten ihr Opfer gefordert und
erhalten.
tit beiden Weinreisenden.
Man berichtet aus Paris: Ueber einen
Kniff, dem zwei Bordelaiser Wein
reisende angeblich manchen Auftrag ver
banken (er erinnert an den Kniff Kon
rad Bolz' gegenüber Herrn Piepen
brink) berichtet Francisque Sarccy im
Figaro" Folgendes:
Pater und ohn sind einreisende
und jcdcr von ihncn vertritt ein anderes
Haus. Sie machen sich indessen seinen
Wettbewerb, sondern haben einen ge
rneinsamcn Plan ausgearbeitet, durch
den sie fast sicher Aufträge erhalten,
bald für das eine, bald für das andere
Haus, während sie die Gewinnantheilc
redlich unter einander theilen. Einer
von Beiben nehmen wir an, der
Pater geht zu einem Kunden und
macht ihm mit großer Beredsamkeit
Angebote. Gelingt es ihm, den Mann
herumzubekommen, so ist.s gut; er
führt den Auftrag aus und theilt dcn
Pcrdicust mit dcm Sohne. Wird er
aber, wie das meistens dcr Fall ist,
trotz seiner eindringlichen Bcrcdtsamkcit
abgewiesen, so sagt cr, bevor er dcn
widcrspcnstigcn Kundcn vcrlüßt: Gc
statten Sie mir wenigstens. Ihnen
meine Preisliste zu lassen!" Er wirb
dann wieder so eindringlich, daß dcr
Kunde endlich das Papier annimmt.
Tas ist dcr erste Akt. bie Einleitung zur
Handlung. Zwei Tage später erscheint
dcr Sohn. Auch cr macht mit all'
seiner Ucbcrredungskunft Anträge.
Tcm Umwordcncn wird das fchlicßlich
zu vicl und er ruft ungeduldig aus:
Por zwei Tagen hat mir einer
Ihrer Kollegen genau die gleichen
Lobeserhebungen über seine Weine gc
macht. Ich glaube sogar, cr stellte
billigere Preise, als Sie."
,.Tas ist rein unmöglich. Bitte,
zeigen Sie mir doch mal die Preisliste,
wenn Sie sie noch haben."
Warten Sie, ich glaube, ich habe
sie da unter meinen Papieren!"
Er sucht und findet sie.
Geben Sie sie, bitte, mal her!"
sagt der Reisende mit einem leisen An
flug von Perachtung.
Er nimmt sie, aber kaum sind feine
Blicke auf sie gefallen, so nimmt fein
Gesicht einen halb verzweifelten, halb
ärgerlichen Ausdruck an und er sagt in
einem respektvollen und entmuthigten
Tone: Ah das ist etwas Anderes!
Ta will ich nicht weiter in Sie dringen.
Wenn es sich um eine Preisliste des
Haufes X handelt, kann ich nichts
thun. Ich kann Ihnen gleich gute
Waare für denselben Preis liefern,
aber besser oder billiger das ist nicht
möglich. Tas ist ja das erste Haus
von Bordeaux; da ziehe ich mich zurück.
Adieu!"
Oho!" sagt sich der Kunde, wenn
ein Wettbewerber sich so schmählich vor
den Weinen eines Kollegen zurückzieht,
so muß das eine ganz außergewöhnlich
gute Gelegenheit sein!" Und er giebt
sofort schriftlich einen Auftrag an dcn
Patcr, dcr dann mit dem Sohne den
Verdienst theilt, worauf sich Beide in's
Fäustchen lachen."
Unerwartete Wirkung.
Tcr Schnellzug fuhr eben ein.
Eine Unmasse von Mcnfchcn wühltc
nnd wogte durcheinander, denn zu dcm
bevorstehenden Osterfest wollte jeder
nach dcr Heimath gelangen. Man
ahnte schon, daß es wieder eine Ueber
süllnng geben würde, wie immer an
solchen Tagen dic ganzc Bctricbs
Verwaltung jagte auf dcm Pcrron hin
und her alles lommandirtc nnd
schimpfte durcheinander es ist cin
Jammer, an solchen Tagen reisen zu
müssen!
Nun war der Zug angekommen, und
der eigentliche Schrecken begann.
1.. 2., 3.. 4. Klasse" wurde durch,
einander geschrieen, Eoupccthürcn wur-
den aufgerissen, jeder wollte sich mit
(ieirnilt einen Platz erobern.
Alles überfüllt !
Was, kein Platz mehr?"
..Schnell, schnell, wir haben schon
Verspätung," schimmle ber Schamier
und war wieder verschwunden.
Tie beiden Reifenden konnten sich
noch immer nicht beruhigen, da war der
Zug schon wieder im Fahren.
Man stellt ja Hier birelt aus ber
Plattform." brummte ber erste, es ist
ein Skanbal "
Tas lassen wir uns absolut nicht
gefallen," bestätigte ber anbere, wir
beschweren uns auf der nächsten Sta
tion!" Selbstverständlich, Kollege." be
tlieuerte der erste wieder, es ist ja uu
glaublich!" und nun machten sie
ihren Herzen Luft, bis ber Zug wieber
auf ber Station stillstanb.
Schaffner, bas Befchwcrbebuch!"
Tas große Ting wurde gebracht,
und nun schrieb der älteste von den
beiden Kollegen ein langes Jammerlied
hinein: Tie Bahnverwaltnng sollte doch
an solchen Tagen mehr Wagen an
hängen sie hatten Beide direkt aus
der Plattform stehen müssen das
ginge doch nicht, da müßten doch Abän
berungen getroffen werben, u. f. w.
Ter kürze Aufenthalt reichte nicht aus,
um all den Groll zu notiren, den sie in
sich trugen, die Lolomotive hatte schon
wüthend gepfiffen, als das Buch endlich
zugeklappt wurde.
Acht Zage waren vergangen, und dic
Bahnverwaltung hatte nichts von sich
hören lassen.
Nach vierzehn Zagen endlich kam ein
Schreiben, welches den obrigkeitlichen
Stempel trug.
Es wurde natürlich sofort aufgc
brochcn, und da stand gcschricbcn:
Ta dcr Aufenthalt auf der Platt-
form während der Fahrt verboten
ist, so sieht sich die unterzeichnete Ti-
rcktion genöthigt, die auf beiliegen-
dem Ttrafzettel angeführten beiden
Herren zu je
3 Mark Geldstrafe
zu verurtheilcn.
Tie Betriebsverwaltung.
X."
tat dücht ehr to wenig."
Zrina." scggt Fro Schulze to ehre
nigc Magd, dc se erst vör acht Tagen
krccgcn hat. Trina, Tu schallst mal
utgahn. ick will hüt Nomiddag ecnc
lüttjc Kaffccgcscllschaft gcbcn, un bato
schallst Tu de Tarnen nödigen. Süh,
dc Namen heff ick Ti up düssen Zeddel
schreben; un nu gcihst Tu hcn und
seggst: Froo Schulze lcct grüßen un
laad dc Tamen to hüt Nahmiddag
Klock vecr to ccn Taß Kaffcc in. Heft
Tu dat verstahn. min Teern?"
Jawull, Froo Schulzen, ick will't
bestelln." seggt Trina und güng.
Na," seggt Froo Schulzen, als
Trina weederkam, wart hebbt de
Tarnen scggt?"
Te Müllen Alle kaamen. Se schie
nen sik bannig to frei'n, denn sc lachen
alltohoop."
Soooo? Trina. lacht hebbt sc? Ach
watt, datt hett Ti wull man so dücht!"
Tormit güng Froo Schulzen in dc
Stuuv. kreeg Teller un Tassen iit'n
Schapp un stell se opp'n Tisch, un als
se allens fartig harr, ook den Kaffc
goor, do kömcn denn ook ehre Güft'.
Froo Schulzen fung denn nu ok an,
intoschcnken, un gccw dcn Kookcn
hcrürn. Te Tamen lcctcn sik nich lang
nödigen, man kunn't jüin anschn, datt
dc Kaffc schmecht. un dorbi keeken se sik
eenanner an un sch'n so vcrgnögt ut,
as harr'n sc chr Lcbcn lang noch nich
so'n schöncn Kaffc drunkcn. Froo Schul
zcn schenkt tum twcct'n Mal in, un dc
Tamcn drunkcn turn twcctcn Mal ut.
Aß se aber nu jüst ccn frische Kann'n
vull cinholt harr, un tum drüttcn Mal
inschcnkcn wull. da danken sc allthoop
un hinnen sick vor lachen nich hclpcn.
Froo Schulzen wuß nich. watt denn
passircn düh. und fröög. watt denn
datt to bcdüdcn harr. Aber nüinms
wullt scggcn.
Endlich nöhm Froo Müller dat
Wurt und säh : Liebe Frau Schulzen,
Sie haben uns ja zu zwei Tassen Kaf
fce einladen lassen !"
Froo Schulzen wür ganz bestört,
doch se bcgreecp sick bald wccdcr un rööp
dc Magd. Trina, wat hcst Tu to dc
Tarnen scggt ?" fröög sc.
Ach Froo Schulzen," süh Trina,
un dc Thränen Iceven ehr över de
Backen, ick fchüll ja scggcn to ccn Taß
Kaffee aber dat mügg ick nich feg
gen datt dücht mi doch een beten
wenig, un da heff ick seggt to twee !"
Ter Lieutenants Trick.
Lieutenant Pictor Blue, dcr junge,
kühne Offizier, der kürzlich 75 Meilen
auf albanischem Boden zurücklegte, um
sich die spanische Flöte im Hasen von
Santiago einmal genau anzusehen,
war früher der Bennington" attachirt,
welche vor ungefähr drei Jahren im
Hafen von Honolulu lag. Tamals
war er Fähnrich und bis dahin hatte cr
noch nic als Meßvorstand sungirt. So
fort wurde cr für dieses wichtige Amt
gewühlt. Licutcnant Blue ist von Na
iiir sehr gutmüthig, aber dieser Job"
gefiel ihm gar nicht. Seine Abrcch
nunqcn stimmten nic, und fast jede
Woche mußte cr von seiner Gage zu
lcgcn. Zag und Nacht grübcltc er
nach, wie er dieses Ehrenamt wieber los
werden könnte.
Nun ist es Sitte, daß, wenn cin
neuer Meßborstand gewählt wird, sich
bie Offiziere jcben Tag nach dem Essen
wiegenlaffen. um dem Eaterer" zu
zeigen, baß sie an Oienuebt verloren
haben, feine Verpflegung clfo nichts
taugt.
Hierauf baute Blue. Er conftruirte
sich alio eine große Waage und eines
Nachmiitags lud er bie Cifiziere ein.
seine Waage zu benutzen. Bei allen
zeigte es sich, baß sie ein Pfund an
!ewicht verloren hatten. Am nächsten
Zage hatten sie wieder je ein Pfund
verloren. So ging es mehrere Zage
fort.
Schließlich hielten die Offiziere eine
Perfammluiig ab und beschlossen cin
stimmig, Lieutenant Blue wegen ,.Un
säbigkeit" seines Amtes zu entsetzen.
Blue protestirtc anfangs dagegen,
schließlich ergab er sich in fein Schicksal,
aber jedes Mal. wenn er feine Waage
sah, mußte er leise vor sich hin lächeln.
(sin amerikanisches tueü.
Zwei Todfeinde, A. und B.. find
der Meinung, daß die Erbe für sie alle
Beide nicht mehr Raum habe und daß
Einer sterben müsse. Um kein Aus
sehen zu erregen, nehmen sie ihre Zu
flucht zum sogenannten amerikanischen
Tuell, wonach Terjenige, ber bie
schwarze Kugel zieht, sich ungesäumt
aus der Welt zu schaffen hat. und zivar.
so wurde in diesem Falle extra be
stimmt, durch Erschießen. Tas Loos
trifft B. und derselbe reist ab, um ber
Uebereinkunft gemäß sich jenseits der
Grenze niederzuknallen.
Nach Jahr und Tag führt den A.
eine Geschäftsreise nach Paris, und
wen trifft er dort auf dem Boulevard?
Seinen von Gesundheit strotzenden
Todfeind B. Wie?" ruft A. indig
nirt aus, Sie leben noch? Sie haben
die Frechheit, noch zu leben? Hatten
Sie nicht dic schwarze Kugel gezogen
und sich verpflichtet, innerhalb drei
Tagen ein todter Mann zu sein? !"
.Allerdings," erwiderte B. gelassen,
aber was kann ich dafür, daß ich cin
so schlcchtcr Schütze bin? Ich habe brci
Mal auf mich geschossen, aber leider
jedes Mal gefehlt !"
Fatales Mifzverständnifj.
Ein sehr bekannter reicher Bankier
in Berlin, dessen Name mit F. an
fängt, ließ einen Wagcnlackircr kom
rncti, um dcmsclbcn dcn Auftrag zu
gcbcn, cinc Kutsche neu zu malen.
Machen Sie die Sache ganz cin
fach," sagte cr, ohne allen Glanz.
Ich will sein Aufsehen machen, ich hasse
das. Bringen Sie auf der Thüre des
wegen auch' durchaus kein kunstreiches
Emblem, keine Krone, keinen Namens
zng an, sondern nur cin klcincs, ncttcs
F'chcn."
Gut," sagte dcr Lackircr, cs soll
Alles nach Wunsch geschehen."
Und richtig. Nach vier Wochen
kommt die Kutsche an, ganz einfach,
ohne allen Glanz, mit keinem Emblem,
keiner Krone, keinem Namenszug) nur
auf dem Kutschenschlage befand sich
das bestellte, kleine nette Aeffchen.
Gut gegeben.
Als die Franzosen nach dcr Schlacht
an dcr Bcrcsina Rußland vcrlasscn
mußten, meldete ein deutsches Flug
blatt: Tie Franzosen kehren aus Ruß
land zurück, um in Frankreich neue
Stiesel zn holen; die Wichse dazu haben
sie in Rußland erhalten."
Uncollcgial.
Sanitätsrath: Nun, was ist wäh
rend meiner Abwesenheit vorgekom
men?" Stellvertreter (junger Arzt): Zwei
Patienten find gestorben, darunter
Kommerzienrath Goldstcin!"
Sanitütsrath: Tcn hätten Sie mir
aber lcbcn lassen sollen!"
itt unbilliges Verlangen.
Bankier (zn einem Bettler): Sie
sind schon wieder da? Augenblicklich
gehen Sie hinaus und sagen Sie dcm
Ticncr. daß er Sie niemals mehr her
cin läßt."
Glaubwürdig.
Lchrcr: Wclche Gcstalt hat dic
Erbc?"
Schüler: Tie Erde ist rund."
Lchrcr: Und wohcr wciß man das?"
Schüler: Tcr Hcrr Lchrcr hat's
schon oft gcnug gesagt."
Stark beleidigt.
Zofc: Gnädigste Frau Baronin, ich
muß den Tienst vcrlasscn. dcr Johann
war so grob mit mir. daß ich das nicht
mchr ertragcn will."
Baronin: Was hat er denn gesagt?"
Zofe: Er sagte, ich wäre noch düm
mcr, als dic gnädige Frau Baronin."
Schlau.
Warum hakn Sie gerade diese
Wohnung gemiethet?"
In dem Hause wohnt ein Polizei
beamier, und da nimmt sich meine Frau
wenn ich einmal spät nach Haus
komme vor nächtlichen Ruhestörungen
in acht."
Zukiinftsfteuden.
Nun, Frau Nachbarin, wie war
denn dic Fahrt mit Ihrem Herrn Gc
mahl in dcm ncucn, lcnkbarcn Luft
ballon?" Entzückend, wie eben nur eine
Fahrt in einem lcnkbarcn Luftschiffe
mit einem lcnkbarcn Manne sein kann!"
(sin gerükrles riedcken.
Zchon Aenncheii war viel umworben.
Toch Niemand erhielt itire Haud.
Zum I'iluck ist sein Freier gestorben
Aus '!raiu, soviel mir bekannt.
Sie haben ilir Körbchen genommen
Und trugen es, bis sie zuletzt
An günstige Stellen gekommen.
Ta haben sie's abgesetzt.
Nur einer wrb' von den Banden
Ter heißesten Liebe nicht frei:
Ob viele Jahre auch schivauben,
Sein Herz blieb schön Aennchen treu.
Und wenn sie sich sahen wieder.
Füllt sich mit Thränen sein Blick.
Schön Aennchen war gut und bieder.
Es rührte sie sein Geschick.
Es schmolz vom Herzen der Schönen
Allmählich das starre Eis.
Er fühlte gestillt sein Sehnen.
Belohnt seine Liebe heiß.
Und als er wiedergekommen,
Test" Liebe so bauernd und wahr,
Ta hat sie gerührt ihn genommen
In ihrem dreißigsten Jahr.
Tarnung. '
Ob cin Glück bein Herz erfüllt,
Ob ein Leid es hart bedränge:
Halt' es vor dcr großen Menge
Wohl verschlossen und verhüllt.
Tenn dein Glück, das wird der Neid
Zu zerstückeln sich beeilen
Niemand doch wird mit dir theilen.
Jeder mehren noch dein Leid.
Romaiistvlbliithe.
. . . Mit schwarzen Pcrdachte im Her
zcn. Groll in dcr Brust, Racheplänen
im Gchirn und dcm Pudel an der Leinc
begab cr sich zur Gräfin.
' Z?cshaft.
Aeltlichc Kokette: .Ich habe noch
nic gelogen!"
Herr: So sind Sie noch nie nach
Ihrem Alter gefragt worden!"
Rathedcrblüthe.
Professor: Meine Herrn, dcr Beruf
eines Asnkarciscndcn ist cin äußerst gc
fahrvollcr; dcr Gcdankc, stets mit
einem Fuß im Magen irgend
eines Kanibalcn zn stchcn, mag nicht
angcnchm scin!"
Boshaft.
Ein Förster gcht mit seinem Tackl in
dic nahe Stadt. Wie er von seinen
Freunden im Wirthshaus Abschied
nimmt, bcmcrkt er, daß sich scin Hund
verlaufen hat. Seine Freunde lassen
darauf folgende Annonce in dic Zci
tiliig setzen: Ein Tackl, schwarz und
braun gezcichnct, manchmal auf dcn
Ruf Waldl hörcnd. hat sich vcrlaufcn.
Um Rückgabe wird ersucht."
Ein Ausweg.
Erster Porstand eines Vcrcins (zum
zweiten Porstand): Weißt D', Sepp,
unser Kassier g'fallt mir nimmer recht;
in dcr Kass' fchlt's die ganze Zeit und
ist doch alles richtig eingezahlt worden;
'rauöwerfen können wir'n aber auch
nct, weil er schon bei der Gründung
dabei war. Was machcn wir dcnn da?"
Zwcitcr Borstand: Weißt T', Hans,
das einfachste is, wir ernennen ihn zum
Ehrenmitglied, na' kriegt dic Kass' ein
Anderer!"
Iveiiigstens etwas.
Richter: Pon den 4000 Mark, die
Sie dein Angeklagten anvertrauten,
haben Sie nichts gerettet?"
Zeuge: Keinen Pfennig!"
Angeklagter (einwerfend): Er kriegt
doch jetzt 2 Mark Zcugengeld."
Unsere Rinder.
Zur Mama kommt wcinend die kleine
Marie und beklagt sich, dcr Franz habe
sie geschlagen. Tie Schlüge hättest
Tu ihm zurückgeben sollen", sagt
Mama. Ja, die Schläge hatte ich
ihm schon vorher gcgcbcn."
Unsere Dienstboten.
Tochter des Hauscs (zum Ticnstmäd
chcn): Eine Picrtclstunde beobachtete
ich jctzt schon einen Unteroffizier, der
vor unserem Haus Fenstcrpromenade
macht."
Ticustmädchcn: Bildcn Sie sich
nichts cin, gnüdigcs Fräulein, dcr gcht
incinctwcgcn ans und ab."
Till Acngstlicher.
Schaffncr (zu einem Pafsagicr, dcr
neben einer älteren, sehr bissig aus
sehenden Tarne sitzt): Ihre Karte ist
ja schon abgelaufen warum sind Sie
denn nicht ausgcstiegen?"
Herr: Ach' här'n Sa ich wolldc
schon, awcr dic Tamc da sidzd Sa näm
lich uff nicincn Hut."
Nicht vorwitzig.
Ein Jungc, der vom Feldhüter beim
unbcrufcncn Psiaurncnpflückcn ertappt
wurde, nahm eiligst Reißaus. Warte
doch rief der Fcldwart ich will
Tir etwas sagen!"
Ach. so ein Jungc wie ich braucht
noch nicht Alles zu wisscn!" cntgcgnctc
dcr Angcrufcnc und rannte davon.
Vom Rege in die Traufe.
Tamc: Sie sollen ja behauptet ha
ben. ich wäre kokett!"
Hcrr: Abcr ich vcrsichcrc Sic. mcin
Früulcin. ich habe kcin Wort gesagt;
ich behalte meine Gedanken stets für
mich."