! Der SmutagsgA Jahrgang I'.). Beilage zum Ncbraska Ttaatö-Anzeiger. ?!o. 11). Pa? Tdkenfchiff. l'on X o b r t M o lj I r a u i i 2 fit iina.calir V'!'!! Tagen c r M t .f t c inaii auf der Flache des iuof.en Sees am Fuße der Alpe? ein icltiaiues Fahr, zeug,. l;oiit frutH'ii Morgen hi-3 y.nr. juitciibcn Abend zoci e leine Furchen in das bl.iuiuinic Waiicr. auf dem es nur ganz tauaaiu, lang'atn sich frnt beivegte. Es war au ;'vei dinier boote und einem fbf;ati;üutcii Bau werk lutammcinicfcpt. das feinen Haupt bestandtheil z bilden schien; mit faur sein Aug,e konnte man auf il;m vom Hier aus eine Winde mit darüber laufendem 2eil krlennen. und an ihr luntirtcn ein paar Männer mit ruhigem, aber niemals ermattendem Eifer. M'aintj einer, der das Falir,aui. erblickte, zer brach sich den Kopf über feinen Ziveck ; eS war ersichtlich leine Fiickcrbartc, kein Verqniigungsboot. In seinem stetigen Wiedererschcinen auf der Wasserfläche aber und in der langsam-seierlichen Art seiner Fortbewegung lag etwas We!xiinif,t'ollcs, das die Aufmerksam teil des Schauenden gewaltsam festhielt. Wenn er dann zuletzt einen der Uferbe wohner fragte, was es mit der wunder, lichen Erscheinung auf sich habe, erhielt er eine Antwort, eben so mvsteriös und seltsam, wie das Fahrzeug selbst. 'Wir nennenS Zodtenschiff. Tie nähere Er klarung blieb jedoch nicht ans. Mit dem Schiff," so fügte der Gefragte hin zu. suchen sie seit zehn Tagen nach ei ner Leiche. Von einem Ertrunkenen natürlich. Es sind jetzt etwa zwei 'Wo chen, da fand man am User einen lee rcn. gekenterten Kahn. Am Abend vorher hatte ihn ein Herr gemiethet, ein junger Student aus Berlin, der einen Tag im Hotel da droben am Berg ge wohnt hatte. Er war den Leuten wun derlich vorgekommen, auch das Faljr gcld für ein paar Stunden hatte er vorausbezahlt. Als er dann beim Tunkelwerden nicht zurückkam, da ge riethen sie ki Angst und fingen an. nach ihm zu suchen. In der Nacht wurde es stürmisches Wetter, und am nächsten Morgen fand man den Kahn umgeschlagen weit droben am anderen Ende des' Sees. Und ihn selbst hat man nicht gesunden V Ter liegt tief herunter; den wird wohl Niemand finden. (5r ist reicher Leute Kind gewesen, und die lassen nun suchen mit dem Todtcnschiff da. länger als einer Woche schon. Ader der See giebt nur selten heraus, was er einmal hat; wenn der Ertrinkende im Sterben die Zahne zusammenbeißt, dann schon, dann kann die Luft im Körper nicht heraus und treibt ihn wieder nach oben. Aber wenn Einer den Mund aufmacht, und das thun die Meisten, dann bleibt er unten und kein Mensch sieht ihn wieder." So ging das Gespräch Tag für Tag, und unermüdlich zog das Tadtcnschiff seine Furchen über den See. Kar Mancher schaute mit theilnahmvollcn Blicken zu ihm hinaus; Mütter, die ei nen Sohn verloren hatten, Bäter. de ncn die Hoffnung der Zukunft lebendig und kraftvoll zur Seite schritt, Bräute, die am Arm des Geliebten die stillen, grünen Wälder des Ufers durchstreiften. Niemand aber hatte noch mit so schmerz erfüllten Augen zu dem traurigen Fahr zeug hinübergeblickt, wie die drei Men sche'n, die jetzt beim Sinken des Tages an der Landungsbrücke des Dampfschif fes standen und, wie versteinert im Schmerz, auf die weite, vom Abendlicht überspülte ffluih hinausschauten. Tie Leute am Ufer aber stießen einander an, flüsterten, wiesen auf das Todtcnschiff und sagten halblaut: Das sind die Eltern und die Braut von dem Ertrun kcnen." Tie Braut und doch war seltsamer weise der Ausdruck des Schmerzes in ihren Zügen am wenigsten tief und scharf. Als sie zuletzt den Blick von dem fernen Fahrzeug losließ, da ging sogar ein leises Lächeln über ihr Gesicht, ein Lächeln des Bertrauens und der Hoffnung. Beides sprach sich auch in dem Kopfschütteln aus. mit dem sie schwere Gedanken von sich abzuwerfen schien, während sie die zierliche Gestalt in dem schwarzen Trauerkleid ein wenig höher emporrichtete. Zugleich schaute sie umher, sah die Neugierde in den Gesichtern der Menschen am Ufer, sah die tödtliche Verzweiflung in den Zügen des grauhaarigen Elternpaares und legte mit sanfter Bestimmtheit ihre Hand auf den Arm der Mutter. Kommen Sie, lassen Sie uns nicht länger hier stehen. Wir bilden ein Schauspiel für die Leute dort. Und Sie selbst, Sie Beide thun sich gar zu weh durch dies Hinausschaucn auf das Schiff da draußen." Tie alte Tame wehrte sie leise ab. Was kümmern mich denn die Wen schen? Ich habe nur noch einen Gcdan kcn. an ihn, an meinen Sohn. So spät hatte der Himmel ihn uns ge schenkt, und nun sollen wir ihn nicht wiedersehen. Sie suchen vergeblich, ich fühle es. Tics grausame, grausame Wasser giebt ihn nicht wieder heraus; mein geliebter Sohn bleibt da drnnten in der furchtbaren Tiefe!" 17! Das junge Mädchen schüttelte von Neuem den Kopf, und das hoffnunqs volle stille Lächeln von vorhin glitt abermals über ihr Gesicht. Ich glaub es nicht." sagte sie fest, er liegt nicht da drunten. Seit ich hier bin und seit ich dies Wasicr sehe, da glaube ich's noch weniger als vorher. Mit diesem See da wäre er schon fertig geworden, er war ein Ruderer und Schwimmer. wie es nicht leicht einen zweiten giebt. Wenn ihm ein Unfall zugestoßen wäre, er hatte sich schon herausgearbeitet, lind das andere, nein, dazu war er zu gut und hatte uns zu lieb, Sie und mich auch." Das ist ein gutes Wort." sagte der Herr, der bisher nicht gesprochen halte, eins von den 'Worten, mit denen Sie unser Herz gewonnen haben. Aber er war jung und heißblutig, und seine Liebe zu Ihnen war für den Augenblick großer, als die zu uns. Und weil wir zwischen Sie Beide traten, weil wir das Unrecht begingen, Sie von einander trennen zu wollen " Ch, sprechen Sie nicht mehr davon!" Doch, lassen Sie es mich sagen; es thut mir wohl, meine Schuld immer wieder einzugestehen. Sie wis sen es ja auch: wen es einen Trost für uns giebt, so ist es der, daß wir Sie kennen gelernt haben durch diese schwere Zeit. Im Glück waren wir Ihnen vielleicht immer fremd und feindlich geblieben, im Unglück haben wir eine natürliche Verbündete in Ihnen gefunden und haben Ihren Werth erkannt. Sie müssen uns nun auch ganz verzeihen " Das ist längst geschehen." Sehen Sie, wir sind in Borurthci len aufgewachsen, wir haben nicht hin ausgetonnt über die alten Ideen von Stand und Rang. Der Schmer; hat das jetzt Alles fortgeweht. Ach, eben habe ich darüber nachgedacht, während ich hier stand: es hätte wohl noch ein anderes, milderes Mittel gegeben, uns umzustimmen. Wir hätten öftr hinaus gemußt aus der Stadt, hierher in diese große Natur. Da fühlt der Mensch, wie klein er ist, und seine Borurtheile schrumpfen zu Sandkörnern zusammen gegenüber den Bergriesen dort. In der Stadt werden die Leute eng und schlecht, sie selbst versteinern zwischen all den steinernen Wänden." Es giebt auch dort gute Menschen genug," sagte seine Frau und drückte die Hand des jungen Mädchens. Das sehen wir an unserer Anna hier." Und an Ihnen, liebste Mutter," gab das Mädchen lebhaft zur Antwort. Sie haben es mir ja erlaubt, Sie so zu nennen." , Wollte Gott, Sie hätten wirklich meine Tochter werden können!" Wir müssen auf ihn vertrauen und hoffen. Erst wenn wir morgen Abend wieder allein und ohne Nachricht hier stehen " Wir werden's. wir werden's. 0, diese Nacht und dieser furchtbare Tag. den wir vor uns haben!" rief die Mut ter. Ihr Gatte hatte unterdessen eine Postkarte hervorgezogen; sie war abge griffen und mit Thränen befleckt. Hier hat er's geschrieben." sagte er leise. Dann las er die Worte, die auf der Karte standen, als könnten sie ihm noch etwas Neues sagen: Wenn Ihr nicht einwilligt, seht Ihr mich niemals wie der. Am 14. Juni komme ich hierher zurück und erwarte dann eine endgiltige Antwort von Euch!" Er wird sich die Antwort nicht holen. Sein rascher Sinn hat ihn zu einer übereilten, furchtbaren Thai getrieben." Ich hoffe noch," sagte das Madchen mit der ruhigen, bescheidenen Bestimmt hat, die ihr eigen war. Sie hatten sich während des Gesprächs vom Ufer abgewandt und stiegen lang sam bergauf dem Hotel entgegen, das dort mit spitzen Thürmen keck hinaus blickte auf See und Gebirge. Als sie nahe herangekommen waren, blieb die alte Dame noch einmal stehen und sagte: Tort hat er geschlafen seine letzte Nacht. Ich will sehen, ob ich das Zimmer bekommen kann, in dem er ge wohnt hat; dort hat er doch noch ein mal, wenn auch vielleicht im Zorn, an seine Mutter gedacht." Alle drei schliefen nicht in den lang sam wandelnden Stunden dieser Nacht. Mit der Angst kämpfte die Hoffnung, immer wieder erliegend und doch stets von Neuern erwachend. Seltsame Ge rausche ertönten aus Wald und Wasser durch die Stille zu ihnen her und ließen sie horchend auffahren aus den zerwühl ten Kissen. Ter frühe Sommermorgen fand sie schon auf, und in den ersten Strahlen der erwachten Sonne standen die drei bereits auf der Terrane des Hotels, um mit brennenden Augen hin auszustarren in die Ferne. Wie schön ist doch die Welt, wie wunderschön," sagte der alte Herr. Ader mir ist. als gehörte uns nichts mehr davon." Sie standen und warteten, der Mor gen ging hin. Wieder und wieder durchmusterte der Bater das Kursbuch, um zu sehen, welcher Zug den vermiß len, verlorenen Sohn doch vielleicht noch bringen könne; wenn er dann aber die Ankunftszeit gefunden hatte, fügte er, seine Frau beruhigend, hinzu: Mit einem so frühen Zuge würde er nicht komme:!, auch wenn er, nein, dieser Zug kommt noch nicht in Betracht." Tie unglückliche Mi.tier gab keine Antwort; sie schüttelte nur langsam den Kops und blickte hinaus aus das Tod tcnfch'.n. das weit draußen im 2cc kaum merklich sich vorwärts bewegte. Nun war der Mittag vorüber, und die Sonne stieg wieder hinab aus ihrer Hohe. Anna war wie bisher ai: heute die ruhigste gewesen, jetzt wurde sie von einer plötzlichen Aufregung erfaßt. 'Wollen wir nicht ein wenig gehen?" fragte sie. Zum Strand hinunter oder irgend wohin. Ein Zug kommt ja nicht vor Abend mehr, es ist so hart, so still bleiben zn müssen und nur zn warten, zu warten!" Der Bater warf einen Blick hinaus auf das ferne dunkle Fahrzeug, das aus der leuchtenden Fluth über der dunklen Tiefe mit ihren Geheimnissen schwebte, und sagte: Ja, wir wollen zum See hinuntergehen. Vielleicht finden sie ihn heute, dann sind wir doch da, wenn er kommt." Er wird nicht kommen," entgegnetc seine Frau, und all ihre hoffnungslose Verzweiflung war in den wenigen Worten. Zwischen Bäumen, Wiesen und Blü then dahin wandelten sie langsam berg ab. Tie Furcht vor irgend einer schreck lichen Gewißheit hing sich an ihre Soh len und hemmte ihren Schritt. Auf einer Bank rasteten sie, ohne miteinan der zu sprechen, dann ging eö wieder vorwärts. Am User war es um diese Zeit ganz leer, die LandungSstelle lag bereits im Schatten der Baume. Bis zur Spitze des Tampfschiffsteges schritten die Trei hinaus; dort blieben sie stehen und suchten das Todtcnschiff mit den Augen. Tas ist sonderbar," sagte der alte Herr mit bebender Stimme, es ist viel näher als vorhin. Auch fährt es rascher, es hält auf das User zu." Sollten Sie ihn doch gefunden gesunden." Ter Frau versagten die Worte; sie stützte sich auf das Geländer des Landungsstegs. Anna stand auf seiner äußersten Spitze, sich festhaltend beugte sie sich so weit vor. daß sie über der Fluth zu schweben schien. Tas Schiff an sich, es sieht anders aus wie sonst. Zwei Boote waren es außer dem Floß in der Mitte heute sehe ich drei. Auch ein Mensch mehr ist darin, erkennen Sie es nicht?" Sie werden sich Hilfe geholt haben," sagte der Bater. Es wird sein, wie ich gesagt habe." Sie standen abermals und warteten, sie klammerten sich mit ihren Blicken an das Fahrzeug, und wie das Wayer des SeeS erzitterten auch ihre Herzen bei jedem Ruderschlage, der es näher zu ihnen heranbrachte. Noch war es zu weit entfernt, und doch versuchten sie schon, in den Kielraum der Boote hin unterzuschauen, einen dunklen, vom Waffer entstellten Körper zu sehen, der dort von diesem selben Waffer zu ihnen hergetragen wurde. Jetzt wäre es mög lich gewesen, jetzt hätten sie ihn sehen rnüffen, aber nun was war das? Ein Ruf, ein Schrei, ein Gruß, in dein dritten der Boote hatte sich eine Gestalt erhoben, winkte zu ihnen her, streckte die Arme nach ihnen aus, rief unverständliche Worte herüber. Und unter diesem Anblick, diesem Ton er bebten die drei wartenden Gestalten, als hätte die Erde sich unter ihren Füßen bewegt. Anna eilte zu der alten Frau hin, faßte ihre Hände und rief lachend, jubelnd, indem die Thränen ihr aus den Augen stürzten: Mutter, sie bringen ihn wirklich. Er ist's und er lebt!" Und nun war er da, bei ihnen am Ufer, athmend, lebendig, in ihren Armen! Auch er im Tiefsten erschüttert, weinend, stammelnd, von Vorwürfen gegen sich selbst überströmend. Tie Mutter hielt ihn und küßte ihn wieder und wieder, sah ihm in die Augen und betete leise: Laß es Wahrheit sein, lieber Gott, gieb, daß es kein Traum ist." Ter Bater faßte sich zuerst, und ein strenger Gruß mischte sich in seine Freude. Nun laßt es einmal gut sein," sagte er. Wir wollen jetzt vor allen Tinqen von Arthur hören, wo er gewesen ist, und wie er jetzt auf diese Weise zu uns zurückkommt." Wie ich so hergekommen bin, Vater? Ja. seht. es ist ja Alles so wunderbar, ich habe ja keine Ahnung gehabt, daß Ihr hier wäret Ich habe nur sehen wollen, ob ein Brief von Euch hier lag, ich hatte doch geschrie den, die Karte, Du weißt ja. Da habe ich mir drüben einen Kahn genommen und wollte herüberführen, und mitten auf dem See da treffe ich die Leute dort und frage, was das für ein Fahrzeug ist. Und da sagen Sie mir. sie nen nen den Namen, meinen Namen, daß sie mich suchen da unten im Wasser. Oh. ich wäre am liebsten wirklich hin- untergesprungen aus Scharn und Kun: wer, daß ich Euch das angethan habe. Aber Ihr mußt es mir glauben, das habe ich nickt gewollt, das nickt!" Und was hast Tu gewollt?" Was ich Euch geschrieben habe. Bater. Ick war zornig und wollte mir Anna ertrotzen, die Ihr mir nickt geben wolltet, und die ich nun hier bei Euch sehe. Hier bei Euch, es ist ja Alles wie ein Märchen! Aus vierzehn Tage wollte ich verschwinden und nichts von mir hören lassen, das ist wahr. Aber das Andere, Euch so in Angst zu setzen, nein, sür so schlecht werdet Ihr mich nicht halten. Ich war damals auch im Boote fortgefahren, wollte eigentlich noch einmal in's Hotel zurück; aber die Rechnung hatte ich schon bezahlt, und da siel mir ein, daß es viel hübscher wäre, gleich vorn Ende des Sees aus weiter zu wandern in's Gebirge hinein. Mit großein Gepäck habe ich mich auf meinen Fußwanderungen niemals ge schleppt, und was ich nöthig hatte, das konnte ich mir ja kaufen. Darum schrieb ich einen Zettel an den Besitzer des Kahns, heftete das Blatt mit einer Stecknadel auf das Sitzbrett fest, stieg an's User und kettete das Boot dort an'. Ein Schloß hatte ich freilich nicht, und so kann sich s wieder losgerissen haben, oder irgend ein Vorübergehender hat eS los geinacht. In der Nacht muß es dann, wie die Schiffer sagen, hinaus getrieben fein in den See, und eine Welle hat es umgeworfen; mein Zettel aber ist statt meiner versunken. Das ist die Wahrheit, Vater; ich kann nichts thun, als Euch um Verzeihung bitten." Ter Vater faßte ihn bei den Schul lern und sah ihm tief in die Augen. ;Tu hast schweres Unrecht an uns ge than. Arthur. Aber was verzeiht man nicht einem Menschen, den man 'lieb hat?" Tamit küßte er ihn aus die Stirn. Tie Mutter wollte den Sohn jetzt wieder für sich; sie legte ihren Arm um ihn, als müßte sie fühlen, daß er auch wirklich lebte. Und Tu hast nichts von uns gehört, hast nicht gelesen, daß Tu gesucht wurdest?" Jch habe keine Zeitung in die Hand genommen die ganze Zeit. Im ein sanisten Gebirge bin ich umhergestreift, und habe der Natur in's Herz geschaut. Sie hat mir auch gesagt, daß Alles mit mir gut werden würde. Hat sie Recht gehabt. Mutter?" Ja, sie hat's. Wir haben Tir die Anna ja schon mitgebracht." Das Alter hatte sein Reckt gehabt, nun bekam auch die Jugend das ihre. Ein Kuß. ein geflüstertes Wort, und das Leuchten höchsten Glücks erstrahlte auf zwei lächelnden Gesichtern. Aber daß die Tage des Wehs zwischen Alt und Jung in Wahrheit eine Brücke ge schlagen hatten, das zeigte sich darin, wie gleich darauf Arthur von der Ge liebten sich wieder zur Mutter wandte und ihren Arm in den seinen legte, während Anna sich mit glücklich demü thiger Geberde vor dem Vater nieder beugte, seine Hand ergriff und sie küßte. Dicht nebeneinander gingen alle vier zum Ufer zurück und setzten sich auf eine der einfachen Bänke an der Landungs stelle; sie konnten sich noch nicht trennen von dem Ort, wo ihnen solche Freude zu Theil geworden war. Uni sie her war der Glanz des sterbenden Tages, das Farbenspiel des Himmels wieder holte sich im See und Silberlicht schim merte von den Schneeflächen der fern sten Berge zu ihnen herüber. Tie beiden alten Leute hatten sich nebeneinander gesetzt, und hielten sich bei den Händen. Oh, sich doch, sieh doch, wie herrlich das ist", sagte der Mann. Jetzt gehört auch uns wieder die schöne Welt, und vielleicht mehr noch als sonst; denn unsere Seelen sind freier geworden und rein von allerlei Schlacken." Anna und Arthur sprachen nicht mehr; sie schauten hinaus auf das Fahrzeug, das seinen Heimweg angc treten hatte. Ueber die klare, ruhige Fluth, die wie vielfarbiges Glas im Lichte des Abends erglänzte, zog es da hin, rascher, kraftvoller als ehemals, von röthlichem Lichte festlich umstrahlt. Stolz und freudig durfte das Todten schiff heimwärtsfahren, es hatte gute Arbeit gethan, es hatte das Glück an das Ufer getragen. Ein theurer Eierkuchen. An einem Fcbruarabend des Jahres 18 bewegte sich eine glänzende Gesell schaft in den eleganten und hell er leuchteten Salons der Gräfin Villemain zu St. Petersburg. Tie Gräfin hatte heute ihren Ein pfangsabend. Tarnen der Aristokratie, höhere Beamte der Regierung, Ge lehrte, Finanzgrößcn, Schriftsteiler und Künstler bildeten lebhaft konversirende Gruppen oder lauschten den Vorträgen !des kleinen Hausorcheslers, das in einem der Salons, hinter einer Gruppe von Blumen und Blattpflanzen ver steckt, froblickc 'Weifen ertönen ließ. Bisweilen blickte die Gräfin unruhig nack der Zlinr, als ob sie noch einen Gast erwarte, so daß die Komtesse Be anlien bemerkte : Frau Grafin scheint noch auf Gaste zu warte?" In der That, meine Theuerste," erwiderte die Grafin. erwarte ich noch einen Gast. Nach allem was ich von ihm gehört, ist er ein sehr interessanter Mann." Sie machen uns neugierig!" er tonte es aus dem Kreise der um die Grafin Versammelten. Genaueres allerdings weiß ich nicht von ihm, sondern nur so viel, daß er Attache bei der italienischen Gesandt schaft und vom Adel ist. Mein Vetter machte feine Bekanntschaft bei einem Festmahle in seinem Elnb und erbat sich die Erlaubniß von mir. ihn hier einzuführen. In diesem Augenblicke betraten zwei Herren die Salons; es waren der den Anwesenden wohlbkannle Better der Gräsin, Graf Ehappuis, und fein Freund, der der Gesellschaft als Mar chesc di Eapistrano vorgestellt wurde. Gräfin Villemain fand sich in ibren Erwartungen nicht getäuscht. Ter Marchese war ein Mann, den man sofort bemerken mußte. Er war groß und schlank gewachsen, sein scharfgc schnittenes (Besicht von vornehmen Aus druck, und seine elegante Haltung, sein sicheres Austreten bekundeten den weit gewandten Kavalier. Tabei wußte er angenehm zu plaudern und den Tamen Schmeicheleien zu sagen, die ihn sofort in den Ruf eines geistreichen Gesellschaf terS brachten. Und gleicherweise fühlte sich die Herrenwelt von ihm angezogen durch sein freimüthiges, männliches Wesen, so daß der Italiener alsbald den Mittelpunkt der Unterhaltung bil dete. Wohin sich diese auch wandte, der Marchese zeigte sich auf jedem Gebiete zu Hause. Man sprach über Musik er setzte sich an den Flügel und trug eine Anzahl der schönsten Stellen aus der Afrikanerin", die damals ihren Siegeszug über die Bühnen der zivilisir ten Welt machte, mit wohllautender, von trefflicher Schulung zeugender Stimme vor. Man debattirte über die neuesten Theaterstücke, besprach die jüngsten Erscheinungen der Literatur der Marchese zeigte sich über alles unterrichtet und überraschte durch sein sicheres, scharfes Urtheil. Die gesellschaftlichen Talente des Attaches waren aber damit noch nicht erschöpft. Als das Souper zu Ende war, wußte der Italiener die Stim mung auf's neue zu beleben. Mit Erlaubniß der Hausherrn ließ er von Diener ein weißes Tafeltuch an der einen Wand des Salons aufhängen und darauf sämmtliche Lampen bis auf eine, besonders hellleuchtende, entfer nen, die er auf ein Tischchen stellen ließ. An diesem nahm er dann Platz und begann mit feinen Händen allerlei Figuren zu bilden, die, von dem glün zenden Licht der Lampe beleuchtet, in großen Schattenbildern auf der weißen Leinwandfläche erschienen. In humo ristischem, reich pointirten Vortrage kommentirte er die einzelnen Bilder und entfesselte dadurch, wie auch durch ihre Naturähnlichkeit die Heiterkeit der Zuschauer. Da sah man eine Katze zierliche Toi leite machend, einen Wolf, der ein Schaf verschlang, eine Giraffe, welche Blätter einer Palme abriß und sie ver zehrte. Ebenso gelungen waren die Darstellungen menschlicher Figuren. Die Fingerfertigkeit des Schattenkünst lers beschloß die Improvisation mit einer Vorführung der bekanntesten poli tischen und künstlerischen Persönlichkei ten von St. Petersburg, die er so drol lig karikirte, daß ihm von allen Seiten der lebhafteste Beifall zu theil wurde. Die Gesellschaft war entzückt von der Unterhalwngsgabe des Attaches. Alles drängte sich zu ihm und sagte ihm die schmeichelhaftesten Komplimente. Doch stieg er in der allgemeinen Be wunderung noch höher, ais er verkün dete, er wollte noch einige Kunststücke aus der Magie vorführen, die er auf seiner vorjährigen Weltreise in dem Wunderlande Indien von einem Brah manen gelernt habe. Mit größter Spannung folgten die Anwesenden den verschiedenen Experi menten. die der Marchese mit der Ge wandtheit eines Taschenspielers von Beruf vorführte. Er ließ Geldstücke in einer noch nicht gesehenen Weise tan zen, verwandelte Waffer in fünf ver schieden? Likörsorten, ließ ganze Kar tenspiele in die Luft verschwinden und erklärte dann, daß er nunmehr zu dem Hauptkunststücke schreiten werde zu dem er sich die Mitwirkung der Gesellschaft erbitten müsse. .Wie die Kinder Israels" sagte er. .alle ibre Kostbarkeiten nabinen, um sich ein goldene; Kalb daraus zu machen, so bitte ick. meine Tamen und Herren, mir Ihre Uhren und Ringe n:r einige Augenblicke anzuvertrauen, um daraus einen Eierkuchen zn backen." Eharmank ! Köstlich ! ' rief es von allen Seilen, und Tarnen wie Herren beeilten sieh, was sie an Schmuckfachen trugen, in den Evlinöerhut des Tau fendkunstlers zn werfen. Tiefer dankte mit einer tiefe Ber Neigung und ging dann, den Hut in der Hand, in ein Nebenzimmer, um. wie er erklärte, sich mit dein Kückenchef des Hauses in Verbindung zn setzen. Er werde gleich wieder da sein, und bitte, die kleine Pause durch Musik auszufüllen. Einer der Herren setzte sich darauf an den Finget und spielte, wahrend die Gaste ihrer Bewunderung des talenl vollen Kavaliers Ausdruck gaben und in lebhaftem Gespräch den Ausgang des Experiments erörterten. Finden Sie nicht, daß die Konfe r'cnz mit dem K och etwas lange dauert?" fragte endlich eine der Tarnen ihren Nackbar. Wahrhaftig." antwortete dieser, man sollte einmal nachsehen, ob Herrn di Eapistrano nicht ein Unfall zuge stoßen ist." Die Gesellschaft wurde unruhig und als der Erwartete immer noch ausblieb, gab Frau v. Villemain Befehl, nach seinem Verbleibe zn forschen. Sogleich kam der Haushofmeister herein und machte die Mittheilung, daß der Herr Marchese vor einer halben Stunde in größter Eile das HanS ver lassen habe unter dem Vorgeben, er sei plötzlich unwohl geworden und müsse einen Arzt aufsuchen. Diese Nachricht rief allgemeine Be stürzung hervor. Die Herrin des Hau ses fiel in Ohnmacht, und während ein Theil der Gesellschaft sich um sie be mühte, suchte der andere nach den dem Zauberer anvertrauten Kostbarkeiten doch umsonst, diese waren mit dem Herenmeister verschwunden. Die Ge sellschaft wurde mit einem Mal inne, daß sie das Opfer eines jener Gauner geworden war, die damals ihr Unwesen trieben und sich mit Hilfe gefälschter Diplome und Empfehlungsschreiben selbst in die vornehmsten Kreise Eingang zu verschaffen wußten. Wohl bot Graf Ehappuis. der das Unglück durch die Einführung des an geblichen Marchese angerichtet und sich lebhaft wegen seiner' Unvorsichtigkeit ankiagte, alles auf, mit Hilfe der sofort benachrichtigten Polizei den diebischen Taschenspieler ausfindig zu machen, doch auch das war vcrgcbiich, und so blieb den Betrogenen nichts weiter ais die Erinnerung an einen theuer bezahl ten Eierkuchen. Tie Katerjagd. Tas Teutsche Adelsblatt" über nimmt aus der Jagdzeitschrift Wild und Hund" folgende Jagdgeschichte: Eine Katzenhetze mit unerwartetem Aus gang trug sich vor nicht langer Zeit auf dem Lande zu. Ein Rittmeister a. D., der zwei sehr scharfe Teckel besaß, be suchte einen Nachbar auf dessen Gute, natürlich in Begleitung seiner beiden Hunde. Tort erstand er einen Kater, der von beiden Teckeln gehetzt werden sollte. Um nun selbst der Jagd besser folgen zu können, bat er sich vom Haus Herrn ein Reitpferd aus und erhielt auch ein solches, da dem Pferde ja da bei keine Anstrengung bevorstand, in Gestalt einer blinden Kosackcnstute. So reitet er ab. in der rechten Hand ei nen Sack mit dem Kater. Nachdem er eine reitfreie Feldflüche erreicht hat, läßt er den Kater los und die Hetze be ginnt. Ter Kater schien aber zu ahnen, daß ihm die Hunde überlegen waren, und ließ sich nicht stellen, sondern sal virte sich, da auch in erreichbarer Nähe kein Baum Vorhuten war, den er hülle erklettern können, einige Zeit durch sehr gewandtes Hakcnschlag'en. Als er aber merkte, daß feine Kräfte zu erlahmen anfingen, sprang er mit einem mächti gen Satz an den Schweif und von dort mit dem zweiten Sprunge auf die Kruppe des Pferdes; dieses, tödtlich er schrockcn, macht einen legalen Bock sprung und setzt den ahnungslosen, vornüber gebeugt dem interessanten Schauspiel zu seinen Füßen folgenden Rittmeister in den Sand; das' Pferd setzt sich in Galopp, der Kater klammert sich an den Sattel an. und so geht's querfeldein, von den kläffenden Teckels begleitet, auf einen etwa einen Kilo metcr entfernten Wald zu. Tort hatte sich das Pferd zwischen den Baumstüm men verfangen, der Kater aber war na türlich aufgebäumt und für die Jagd verloren. Mütterlicher Trost. Warum weinst Tu Pauline? Was hat cs denn gegeben?" Ach, denke Tir nur Mama. Arthur hat mich eine dumme Gans ge nannt.. Ich lasse mich scheiden!"' Nur nicht überstürzen, liebes Kind! Tein Vater hat gerade so angefan gen das muß man nur den Mün nern abgewöhnen!" Zirtfiiblcnd. Freund (zum jungen Poeten): Waruni hast Tu die Gedichte gerade unter dein Namen Meicr" veröffent licht?.. Tenke nur, wie viele brave Menschen dadurch in einen falschen Ver dacht kommen können!"