Nebraska Staats-Anzeiger. (Lincoln, Nebraska) 1880-1901, September 29, 1898, Image 12

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Bi? ir.jeLe! ,lu i.-okl i u
l:r Lamarckje, wenn iA En bitten
würde, mir Eure Cäcilie zur viau ja
ofbcnr
)n i fsliifii würde? Tiis; ich es
sowohl für sie wie für mich als ein
Glück sliiidfie: denn ohne Tir ui
schmeicheln. Pierre, wm Arbeit und
Betragen anbelangt, kommt Tir sobald
keiner' gleich. Ader Tu weint: wir
W,iir lvnfvii und die Madchen Ic
kcn! Wenn' Tir aber ernst damit ist.
will ich mit dem Mädel reden. i)
Her kann ich Tir nichts versprechen."
Aus seinen Stock gestuft, stand d
alte Bauer mit gebeugtem Rücken ui
littrnihdi Beinen vor dein jungen Bu
scheu, der seit Tagcsgranen sein Nar
tosjelseld pflügte. Er war groß und
stark, dieser Pierre, mit Hübschen, von
der sonne tief gebräunten Zügen und
rothein Haar, das Irans wie ein
Cchafsfell unter dem breitrandigen
stroKKutc hervordrangte. scuwein
tropfen perlten ihm anf stirn. Wange
und Nacken.
Ihr seid sehr freundlich. Vater La
marchc," erwiderte er. Ihr kennt mich.
Wenn ich auch nicht schön und fein bin
wie die tadtherrn. so habe ich doch
ein paar tüchtige Arme und ein gutes
Herz, und bei solchen Männern ist die
Frau nicht schlecht aufgehoben. Und
ich bin Cäcilie so unendlich gut. daß ich
sie wohl ein bischen verziehen würde."
Er hatte die Hacke niedergelegt. Er
war sehr bewegt. Ein feuchter Lchim
wer lag in seinen grauen Augen, ein
Lächeln umspielte seine Lippen.
Daran zweifle ich nicht, mein Junge
Sei nur ruhig. Was ich für
Dick) thun kann, soll geschehen. Ich
Iverde ihr sagen, was ich von Tir halte
Wenn die Kleine aber dennoch
nicht will?"
O zwingen würde ich sie nicht las
scn. Vater Lamarche."
Natürlich, natürlich! Und ich würde
ihr gegen ihren Willen auch keinen
Mann aufdrangen. Aber ich meine,
Tu darfst hoffen. Adieu. Pierre!"
Adieu, Batcr Lamarche!"
Und mit schwerfälligen Schritten ent
fernte sich der durch seine achtundscchjig
Lebensjahre und fcchjigjährige ArbeitS
zeit entkräftete Greis.
Ja. ja. das wäre ein Glück!" mur
melte er, während er dem nahen Torfe
zuschritt. Pierre, der beste, fleißigste,
ehrenwerthcste und sparsamste Bursche
des Ortes, der obenein solch hübsches
Grundstück sein eigen nennt! Wie be
ruhigt könnte ich über t?äcilie's Geschick
sein,' wie gut wüßte ich sie bei ihm ge
borgen. Und Pierre würde keine Mit
gift begehren "
Dieser Punkt hatte den Alten stets
ein wenig beunruhigt. Während sei
nes langen mühe- und arbeitsvollcn
Lebens hatte er jeden zu entbehrenden
Pfennig gespart und sich somit ein be
schcidencs Vermögen erworben, unge
fähr sechstausend Francs, die er unter
Bergen von Lappen und Tüchern auf
dem' Boden seines Schrankes verborgen
hielt. Sowohl er selbst als seine Frau,
die Lison. hatten ihre Zeit und Kraft
zu nützen gewußt. Wozu arbeitete man
sich denn äuch so ab. wenn man dafür
nicht wenigstens die Hoffnung auf ein
freundliches Alter haben sollte? Nun
schlief Lison schon seit vielen Jahren
unter dem Fricdhofsrascn. Ihr Tod
war ein schwerer Schlag für Lamarche
gewesen. Die Einsamkeit schreckte ihn.
und so hatte er eines Tages ein Kind,
ein kleines Mädchen, adoptirt. das man
auf der Kirchthürschwelle gefunden
hatte. Er hatte die Kleine erzogen und
sich um ihretwillen noch mehr versagt,
sich noch früher am Morgen als bisher
erhoben und bis spät in den Abend
hinein bei der Feldarbeit geweilt, denn er
liebte Cäcilie, die mittlerweile zu einem
großen, stattlichen Mädchen hcrangc
wachsen war. wie sein eigenes Kind
und war stolz auf sie. Sie war kein
müßiger Zieraffe, sondern eine treue,
fleißige Stütze, und Alles, was sie that,
hatte Hand und Fuß. Dennoch hatte
Lamarche einen Theil seines kleinen
Grundstückes verkaufen müssen, da die
Erde nur noch wenig ertragfähig war.
Damals es war einige Monate
her hatte er einen großen Entschluß
gefaßt; er wollte seine sechstausend
ftrnncs anbrechen. Was schadete es
auch? Noch seinem Tode fiel das kleine
Anwesen an Eacilie und wurde stir e
genügen, im Falle sie keinen Gatten
fand.' der für sie sorgte.
Sein erspartes Geld sollte dazu die
nen. ihm seinen Lebensabend ein wenig
zu versüßen. Vor allen Dingen würde
er firt nun die wohlverdiente Rnbe und
daneben einige Annehmlichkeiten gön
nen, die er nie gekannt.
Ja. er war dazu entschlossen. Mit
dem nächsten Tage wollte er das neue
Leben beginnen. Er gedachte sogar,
ein kleines äßcken Wein zu kaufen.
den er bisher nur an ganz außerordcnt
liehen Festtagen genossen. Und dann
würde er sich täglich seinen Kaffee gön
nen und dann und wann mit seinen
Freunden ein kleines Parliecyen im
Mirtbsliause machen.
War es nicht weise, sich, solange die
GrhUe reichen, einzuschränken, um
etwas für die alten Tage zurückzule-
gen? Nun winkte ihm die frucht icincr
scchzigjährigen Mühen und Entbehrn
gcn. ' nun sollte der Traum seines
Lebens in Erfüllung gehen: in M-
suhl seliger Befriedigung erfüllte ihn.
An der Seite eines so guten, braven
Burschen wie Pierre, war Cäciliens
Z.ikuun vollkommen gesichert und tu:
mit die letzte Sorge von ihm gcnom
ir.c.;, sodn t: fortan cljn: Bedenken.
vbre :!Ü'i.e iii.:a R;:tK u::d Gemächlich
keit leben konnte.
Et rieb sich die Hände, die ranken,
schwieligen Haiide,
..Papa Lamarche. mein Aller, Tu
sollst endlich Teinen Lohn haben!"
murmelte er lächelnd.
,,
Nun, Cäcilie?"
Nun. 'Vater'"
Tu bitt ja heule so schweigsam.
und Teine Wangen sind bleich. Bist
Tu etwa kraut?"
..Ach nein."
Aber Tir fehlt etwas, ich täusche
mich nicht. Hat Tich jemand ge-
krankt?"
Gleich bei seinem Eintritt hatte La-
marche diele Bemerkung gemacht uud
sich daher nicht entschließen könne, mit
dem Anliegen herauszurückeu, das ihm
auf der Zunge brannte.
Aufmerksam beobachtete er das junge
Mädchen, daß ihm beim Abendessen
gegenüber saß und kaum einen BiK
hinunterbrachte. Ihre Lippen bebten,
gewaltsam zurückgehaltene Thränen
verschleierten ihre Augen.
Was kann sie nur haben?" dachte
der Greis voll banger Besorgnis?.
Hör' Cäcilie, das geht so nicht lün-
gcr," nahm er nach einer Weile aber-
mals das Wort.
Tu mußt und wirst es mir sagen."
Ich versichere Tir, Vater "
Versichere nichts, gestehe lieber
Tu hast Kummer Sollte Tir
irgend wer zn nahe getreten sein?"
Aufschluchzend barg das Madchen
den Kopf in den Händen. Nein
nein "
Also wohl eine Licbesgcschichtc?
Ja? Aber deswegen brauchst Tu doch
nicht so zu weinen? Man sagt lieber,
waS einem fehlt."
Die Trostlouqkclt des Mädchens griff
ihm anS Herz, er konnte sie nicht länger
mit ansehen.
So rede doch endlich. Kind ! bat
er. u 01 unglücklich v
Eäcilie hob das thränenübcrströmte
Gesicht.
Vater. Du mußt es la doch ersah-
ren ich will es Dir sagen es
ist wahr, ich liebe Eharlcy Voituret."
Den teop des Maire?"
Ja, Vater. Er liebt mich auch.
lange schon; er wollte herkommen,
meine Hand von Tir zu erbitten, aber
ein Vater hat es ihm streng untersagt
und ist sehr böse geworden und hat ge-
dacht, sich von ihm loszusagen, wenn
er ein Mädchen hcirathct, das nichts,
nicht einmal Eltern hat. Eharley hat
sich alle erdenkliche Mühe gegeben, ihn
umzustimmen, aber vergebens sei
Vater bleibt unbeugsam. Nur wenn
eine Erwählte ihm eine klingende Mu-
gift in die Ehe bringt, will er seine
Zustimmung zur Heirath seines S oh-
nes geben, O Bater, wie unglücklich
bin ich !"
3.
Das war ein schwerer Schlag für
den Kreis. Eäcilie liebte und konnte
den Betreffenden nicht heirathen, weil
sie ihm nichts in die Ehe zu bringen
hatte als ihre schönen Augen, ihre
fleißigen Hände und etliche kleine, von
ihrem Adoptivvatcr überkommene
Stückchen Land.
Wie seclcnfroh war er heute Abend
gewesen, als Pierre ihm sein Anliege
vorgetragen, wie fest hatte er gehofft,
daß sich alles nach Wunsch gestalten
würde! Und nun war es mit dieser
schönen Aussicht für allezeit vorbei !
Eharles Voituret galt zwar keines-
Wegs als ein schlechter Mensch, doch
Lamarche hielt ihn für etwas leicht und
unbedacht. Aus den Torffestlichkciten
munkelt man von Kartenparticn. bei
denen er bedeutende Summen verloren
haben sollte, und böse Zungen behaup
teu, daß er so oft er die Märkte uud
Versammlungen der Nachbarstadt bc-
suchte, dort gewöhnlich bis in die Nacht
hinein zu spielen Pflegte; sonst aber
war an ihm nichts auszusetzen.
Während Eäcilie immer noch fort
weinte, schritt Vater Lamarche verstört
in dem kleinen Gemache umher. Sei
nen noch gefüllten Teller hatte er unbc
rührt gelassen. Angesichts dieser Trost
losigkcit Cäciliens hatte er nicht den
Muth, sein Mahl zu vollenden.
0 Elend über Elend! Warum ist
doch das Leben so schwer?
Plötzlich kam ihm ein Gedanke.
Das Geld dort unter dem Linnen
würde eine schöne klingende Mitgift er-geben.
Doch hastig entschlug er sich dieses
Gedankens.
Nein, nein ! Das sollte ihm selbst zu
gute kommen, das war die Frucht un-
zähliqcr Schweißtropfen und harter,
sechzig Jahre hindurch ertragener Ent
behrungcn. Das durfte nicht aus sei-
ncr Familie in andere Hände, an
Leute vorübergehen, die es vielleicht in
schlechten Speculationen und am Spiel-
tische vergeuden.
Ein kalter Schauer schüttelte ihn.
' Nein, nein ! Und tausendmal
nein ! Er konnte sich um eines
weit Reicheren willen nicht so bcrau-
den ! Wahrlich, das war zu viel
verlangt ! Sein Vermögen hatte
eine andere Bestimmung : es sollte ihm
den Rest seines Lebens ein wenig er
leichtern. Noch niemals hatte er sich so
schwach, so matt und hinfällig gesuhlt,
wie ier.t.... .ui einem in itnci
Jahren, vielleicht auch früher, wurde
er neoen einer vi'on aus dem Hircnno
ruhen. Bis dahin aber wollte er sei-
nen Bein noch ein wenig genienen.
Ei:: erschütterndes Aufschluchzen, das
ich Eäcilien's Brust entrang, gab sei
nen Gedanken eine andere Richtung.
Wenn das Kind nun aber untrost-
lich war ? Wenn sie am Ende trank
würdet Es hieß ja. man tonne aus
Liebe sterben. Bisher hatte er nie da
ran geglaubt, nun aber schlich sich der
Gedanke als bange Furcht in seine
scclc. sein Herz ward weich.
C, Herr Gott, was thun?
Mit einem Worte konnte er das
ganze Unglück wenden, sein armes
Madchen trösten und ihr Glück, ihren
Seelenfrieden wiedergeben.
Aber noch iöaerte er. . .
Endlich näherte er sich der gramge-
beugten Gestalt.
,.-ag', mein Kind, liebst Du
Charles denn auch wirklich von ganzer
Seele?"
Von ganzer Seele. Vater, ich
schwöre es Dir, und er liebt mich
ebenso?"
Weißt Du. wieviel sein Vater ver
langt?" Mindestens sechstausend Francs."
Sechstausend Francs ! Alles, alles
was er besaß !
Ihm blieb nichts nichts!. . . .Er
würde arbeiten müssen wie zuvor, wie
sein ganzes Leben lang, und darben
wie zuvor.
Fahr' wohl, schöner Traum!
Fahr' wohl, du Fäßchcn guten WeincS,
fahr' wohl, du Labsal dcS täglichen
Kaffees! .... Keine Ruhe für die armen,
müden Glieder! Nein, Kampf,
Mühen und Entbehrungen bis zum
Grad!
Noch ein kurzer, beftiaer Seelen-
kämpf, dann trat Vater Lamarche aber
mals zu dem iunacn Mädchen und be-
rührte sanft ihre Schulter.
..Eäcilie." sagte er ernst und ent
schlossen, während eine Thräne in den
weißen Wimpern blitzte, Cäcilie, weine
nicht mehr, beruhige Tich, Tu sollst
Teinen Charles heirathen "
Ein Briefwechsel.
Humoreske,
Tu Kamerad, ich habe eine Bitte
an Tich." Mit diesen Worten wandte
sich der Rittmeister Franz Arnstcdt an
seinen Freund, den im selben Regi
mente dienenden Oberlicutenant Hugo
v. Warberg.
Wenn Tu nicht gerade ein paar
Taufender oder sonst etwas Regle
mentswidriges von mir verlangst, stehe
ich Tir selbstverständlich zu Diensten."
Nein, derlei hast Tu von mir nicht
zu fürchten, wenigstens momentan nicht.
Ich möchte bloß, daß Du mir einen
schönen, langen Liebesbrief schreiben
wolltest."
Was, ich Dir einen Liebensbrief
schreiben ?" lachte Warberg auf.
Nicht mir, sondern für mich!" er-
klärte Arnstcdt. Ich habe nämlich
eine junge Dame kennen gelernt. Ah,
süperb! Ich sage Dir, sie ist reizend,
hübsch. liebenswürdig und leider auch
geistreich."
Leider? agst Tu?" fragte War-
berg lachend.
Ja, sehr leider, denn um ihrer wür-
big zu sein, mußte auch ich all' meinen
Geistesreichthum aufbieten. . .Tu, lache
nicht bei diesen Worten!" unterbrach
sich Arnstedt, es gelang mir auch ganz
vorzüglich. Ich übte einen so guten
Eindruck auf sie aus, daß sie mir ge
stattete, ihr zu schreiben. Sie liebt
nämlich geistreiche Lektüre sehr, deshalb
muß ich ihr und Tu für mich schrei
den. Tu bist mit der Feder geschickter
als ich."
Na, willst Du mir helfen ?"
Warberg willigte ein.
Wackerer Freund und Helfer! Wie
nenn' ich Dich nur? Diktator!" und
Arnstedt umarmte den Hilfsbereiten so
stürmisch, als wäre er Diejenige, an die
er, oder vielmehr er für ihn schreiben
wollte.
Da, sich' nur, Schwesterchen, den
großen, hübschen Brief!" Mit diesen
Worten hüpfte Fräulein Laura Moll
heim auf ihre Schwester Agnes zu und
übergab ihr ein Schreiben.
Wirklich recht nett, bestätigte Agnes,
nachdem sie gelesen.
Schwesterchen, den Brief beantwor
test Tu!"
Was. wie. ich ?" rief Agnes erstaunt
aus.
Nein, Agneschcn, da hilft Dir gar
nichts! Tu bist so gewandt mit der
Feder."
Ei, ei, Schwesterchen macht plötzlich
großartige Komplimente," lächelte Ag
nes mit gutmüthigem Spott, und
pfuscht diesem Rittmeister in's Hand
werk. Toch, was den Brief betrifft,
so will ich Tir gerne den Gefallen
thun."
Tu bist ein famoser Kerl," jubelte
Laura und drückte einen heftigen Kuß
auf ihre Lippen.
Tiefes Siegel der Verschwiegenheit
soll doch nicht Deinem Korrespondenten
gelten ?" scherzte Agnes.
Laura antwortete nichts. v
Von diesem Tage an wurden Laura
Mollhcim und Rittmeister Franz Arn
stedt die eifrigsten Korrespondenten.
Kein Tag verging, da sich nicht bei Je-
dem von ihnen ein Bncfchcn einstellte.
Voll Stolz über die stylistischc Fertig-
seit derjenigen, die ihn mit ihrer Kor-
respondenz beehrte, kalte Arnstedt Lau
ra'S Briefe Watberg gezeigt. lag für
Tag verlangte er von diesem, er möge
leinen ganzen t'ieiN und Win aufbieten
dem Briefe seiner Huldin würdig zu
entgegnen und wenn möglich, lim zu
übertreffen. Nickst anders trieb Laura
ikre scknveiler an und o brannte all-
täglich und brieflich ein Feuerwert von
geistigen Brillanten ab, um richtig in
den Herzen derjenigen, an die die Briefe
gerichtet waren, zu zünden. Dabei
empfanden die eigentlichen Brirfschrci
ber, Warberg und Agnes, den größten
Kunstgenuß, den größten Autoreustolz
in der Abfanung ihrer Episteln, die n
völlig unbekannten Lesern zur Per
fügung stellten.
Aber trotz all' der fremden m'derfer-
ligkeit, der sich Arnstedt rühmte, war er
zn sehr Mann der aKcii, um nickst auch
mündliches Versahren, d. l. eine per
sonliche Zusammcntunst mit seiner
Korreipondentiii zn beanipruchen. Lange
hatte Fräulein Laura gezögert, endlich
hatte sie doch eingewilligt ; auch bei
ihr war ihr Korrespondent bestens an-
geschrieben und so beantwortete sie einen
allzuschöncn Bittbrief ArnstcdtS, ohne
die Mithülfe der Schwester zu bean-
Ipruchcu.
Sie können zu schön bitten, als daß
ich Nein" schreiben dürste. Somit
dürfen Sie mich heute Abend um 7 Uhr
beim Schiller-Monumente treffen."
Wie kam es doch, daß Arnstcdt über
diese kurzen, einfachen, durchaus nicht
geistreichen Zeilen weit mehr Freude
empfand, als über die dogcnlangcn,
eipritvoii ten pi leln, die er bisher
empfangen halte.
Frohlockend eilte er zu Warberg.
Aber nur zu bald sollte sich seine Freude
in Acrger umwandeln, als er bedachte,
daß er erst um halb acht loskommen
konnte und es war bereits zu spät, der
liebenswürdigen Korrespondcntin hier
von Mittheilung zu machen. Freund
Warbcrg war es. der Arnstedt auch von
dieser Sorge befreite.
Wenn Du willst, so werde ich an
Deiner Stelle die Dame erwarten."
Oho!" wehrte Arnstcdt ab.
Na, na. fürchte nichts." beruhigte
Warberg, ich werde Tir sie nicht ab
spenstig machen."
Wird Tir auch schwerlich gelingen,"
gab Arnstcdt etwas hochmülhig zur
Antwort.
Warbcrg nahm ihm diese Bemerkung
nicht weiter übel und auch Arnstedt gab
nach.
Also, entschuldige mich bei ihr," bat
er den Kameraden, ich bin gewiß um
halb acht an Ort und Stelle. Tamit
Tu sie aber erkennst, merke Tir: sie
trägt eine rosaqestrcifte Toilette mit
gleichfarbigem Hut und Sonnen-
schirm."
Die Kameraden schieden von einan-
der.
Insgeheim hatte Warbcrg eine be-
sondere Lust an diesem Abenteuer.
eine Knnst war es gewesen, die dem
Kameraden die Schöne zugeführt hatte;
sollte er hierfür nicht genügend belohnt
werden? Je nun, der Spatz, den er mit
den Beiden zu treiben vorhatte, war
auch eine Art Genugthuung.
Schon eine Viertelstunde vor der be-
stimmten Zeit stand Warberg auf dem
übertragenen Posten. Und sieh! es
währte kaum zehn Minuten, so erschien
eine Tarne in der Toilette, wie sie Arn-
stedt beschrieben hatte.
Rasch trat Warberg aus dieselbe zu.
Fräulein Mollheirn?"
Tie Tarne verneigte sich.
Ohne eine Antwort abzuwarten.
nahm Warberq sofort das Wort. In
etwas förmlicher Weise begann er:
Gestatten le nur, verehrtes Fräu
lein, die wirkliche tiefe Verehrung und
Bewunderung auszudrücken, die ich
Ihren meisterhaften Briefen zolle.
Glauben Sie nicht, meine Worte ent
halten eine leere Schmeichelei."
Wie altväterlich in der Form diese
Elogen auch klangen, sie verfehlten nicht
ihre Wirkung auf die Hörerin. Giebt
es überhaupt Komplimente, welche
Frauen unerhört finden, zumal aus
Offizicrsmunde? Und gar solche, welche
wohlverdient sind? Und ein solches war
es. das Warberg über die Brieskunst
der Tame äußerte. Ticselbe war keine
andere, als die Bricsschreibcrin, Fräu
lein Agnes! Und so vergaß sie gänzlich,
daß jene Schmeichelei in der Meinnng
des Herrn eigentlich der Schwester galt,
für welche der Sprecher sie halten
mußte. Und so fühlte sie sich verpflich
tct, das Lob nicht nur dankend zu accep
tiren, sondern mit Interesse und In
tcresscn zu rctourniren.
Mein Herr, es freut mich wirklich,
daß sie meiner schwachen Feder so große
Anerkennung zollen, noch höheres Lob
aber verdient die Ihre."
Ach. sie hält mich für Arnstcdt."
dachte Warbcrg, das ist ja trefflich!
Sie erinnert sich also nicht mehr genau
an ihn."
Und eben wollte er eine neue Ladung
schwerer Komplimente vom Stapel las
sen, als eine Tame auf die Beiden zu
trat mit den Worten :
Tu Agnes. . . . Herr Arnstedt, Sie
sind's? Nein. Pardon!"
Mein Name ist Warbcrg." starn
mclte dicser. Herr Arnstcdt hat mich
hierher geschickt, Fräulein Mollhcim zu
benachrichtigen, daß er erst in einer
halben Stunde erscheinen könne."
Auch ich habe meine Schwester hier
her entsandt," nahm die Angekommene
das Wort, Herrn Arnstcdt zu bitten,
er möchte sich ein Weilchen gedulden,
wenn ich später käme."
Warberg konnte seine Verlegenheit
nicht verbergen.
"nnilcin Laura." wandle er sich an
die Tame. die er vorhin mit Galanterie
überbaust.
Taö bin ich." versetzte die Andere,
..Tan sind Sie auch nicht jener Of
s'izier. welcher die schonen Briefe ge
schrieben?" erklärte Agnes ein wenig
verwirrt.
Warberg sah sich genöthigt, das ihm
so selir gebulircnde Lob zurückzuweisen.
..Ja. wir Beide haben unsere Koni
plimente an den Unrechten abgegeben,"
lachte sie ein wenig gezwungen.
Mein Fräulein." saud Warberg dje
Worte, ich koste, daß wir, das; sie.
wenn schon nicht dieses, so doch ganz
andere Komplimente verdienen,"
Dieser glückliche Einfall Warbergs
erheiterte das verwirrte Mädchen sich!
lich. In diesem Augenblicke erschien Arn
stedt. In srohem Ungestüm schrill er aus
die Drei hinzu.
Laura ergriff die Gelegenheit, ihre
Schwester vorzustellen, da auch War
kerg seinen Namen genannt.
Ah, das ist reizend Fräulein,"
nahm Arnstedt wieder das Wort.
Wahrhaftig, Ihrem Ausscheu nach
vcrdicncn Sie das Glück, eine so rei
zende Schwester zu besitzen. Tu, War
berg," wandte er sich an diesen, zeige
Tich des CitiickeS würdig, der Gesell
schafter dieser Tame zu sein. Und nun,
mein Fräulein." richtete er an Agnes
das Wort. Tour du uiains."
Und rasch bot er Laura seinen Arm,
die denselben, ohne sich zu zieren, auch
annahm.
Ein wenig verlegen folgten die beiden
Anderen. Fräulein Laura war ganz
entzückt von Arnstedt, dem es überaus
gut gelang, Witz und Galanterie, die
er schriftlich nicht zu beherrschen ver-
stand, mündlich nach Leibeskräften aus
zubringen. Sie fühlte sich aber so ge-
rührt, fast gedrückt durch die Größe
seines Geistes, daß sie ein über das an-
deremal ausrief: Nein, ich passe nicht
für Sie. sie find mir viel zn ge
fchcidt !"
Tas paßte wiederum Arnstcdt nicht.
Und als gar Laura in Aeußcrstcm ihm
die Zumuthung anthun wollte, ihn für
einen Tichtcr zu halten, da fühlte er
sich genöthigt, durch eine heroische
Beichte die schmähliche Vermuthung,
Poet zu sein, vollständig zu entkräften.
Die Briefe sind la gar nicht von
mir." gestand er endlich.
Nicht von Jhnm? Ja. von wem
denn?" fragte Laura gespannt.
Bon Jenem dort, von War
berg."
Er wies dabei auf Agnes' Begleiter.
Ah, das ist qescheidt!" frohlockte
nach dieser sündigen Erklärung Laura
zur größten Verwunderung Arnstedt's.
Tas ist gescheidt ! Das freut mich wirk-lich."
Das freut Sie. so?" fragte er der-
duzt, und eineAufwallung vonEifersucht
überkam ihn. Meinte er doch nicht an
ders, als das Fräulein freue sich des
halb über sein freimüthiges Bekenntniß,
weil es ihr lieber erschien, seinen Freund
und nicht ihn ob seines Geistes und
Witzes zu verehren. Und möchten Sie
mir nicht sagen, weshalb?" setzte er
scharf hinzu.
Weshalb?" lachte Laura röhlich.
Das ist leicht gesagt; so brauche auch
ich mich nicht zu schämen, wenn ich sage,
daß auch meine Briefe 'nicht von mir
waren, sondern von ihr, dort von mci-
ner Schwester Agnes !"
Nun war auch Arnstedt außer sich
vor Freude. Er sprang auf und wollte
Laura im Wirbeltanze mit sich herum-
drehen. Laura aber entriß sich ihm
und eilte auf das andere Paar los.
Agnes, Agnes, was muß ich hören?
Du empfängst von einem wildfremden
Herrn Briefe und antwortest sogar dar-
auf ?"
Was, ich?" fragte Agnes ganz be-
stürzt.
Jawohl, Du und dicser Herr ist es,
der es wagt, Deinen Geist mit seinen
Briefen zu gleichen Attentaten zu ver-führen."
Was, ich", fragte, sich erhebend,
Warberg nicht weniger bestürzt.
O Ihr großen schriftqclchrtcn.
warum denn gar so perplex? Ist Euch
auf einmal der viele Witz ausgegangen,
den Ihr in Eurer Korrespondenz be
kündet", fuhr Laura in tragischem
Tone fort. Da, seht die Zeugen
Eueres verbrecherischen Thuns!" Und
sie hob die Briefe empor, die Arnstedt
ihr zugesandt und die Warbcrg diklirt
hatte.
Mein Fräulein," wandte Warbcrg
sich an Agnes, darf ich Ihnen schreiben,
wie sehr Sie "
Nichts da", siel Laura ein, was
Ihr Euch zu sagen habet, muß gesagt,
nicht geschrieben werden."
Darf 'ich Sie wiedersehen?" fragte
nun Warberg weiter schüchtern.
Ja", antwortete Agnes leise.
Wie froh bin ich, daß ich von dem
lästigen Bricfschrcibcn befreit bin!"
jubelte hingegen Arnstcdt, als sie sich
wieder in Bewegung gesetzt hatten.
Freuen Sie sich nicht zu früh", ant
wartete Laura, bevor ich Ihnen ganz
verzeihe, müssen Sie erst eine Strafe
erleiden und zwar: mir einem rissen
händigen Brief schreiben.
Gerne willigte Arnstcdt ein, fühlte er
nun doch, nicht mehr von ihr in den
Schatten gestellt zu werden.
Damit sie aber sehen, daß ich so
gar dichten kann, so lassen Sie mich
auf der Stelle hier einige Zeilen auf's
Papier bringen", sagte er. nahm flugs
einen Bleistift zur Hand und über
reichte Laura ein Blattchen Papier,
darauf er die Worte geschrieben kalte:
Mädchen, ich
Liebe Tich !"
Tu (n(flriiii.
Im stillen slnbchen sitzt sie allein
Und stöbert in kleinen Briefen.
Tie wolilgeborgen im allen Schrein
seit vierzig Jahren schliefen.
Großmiillerchcn war's, die das einst
schrieb
In seligen Madchentagen;
Lang. lang ist's her und Hingt so lieb
Wie uralte Märchen und Sagen!
Tie Blatter durchivuhlt das Eukelskiud,
Uud leise raunt sie beim Lesen:
Wie ungeschickt und thöricht sind
Toch damals Verliebte gewesen!"
Tie Liebe aber wird niemals alt;
Schlaukops von achtzehn Jahre!
Wie bald wird sich des Herzens Gewalt
An Tir auch offenbaren?
,9i'ichenfiMii;e.
1. Barbicrgehilfc: Tonnerweiter,
hast Du aber dem Herrn, den T so
eben rasirt, eine Schmarre beigebracht!"
2. Barbicrgekilse: Ja weißt Tu,
ich liebe im Geheimen seine Schwester,
und der Schnitt aus der rechten Wange
ist ein Zeichen für sie, daß ich diesen
Abend komme!"
Redebliilbe eines tdJteJiiu'dltM.
..Meine Herren, Sie werden sich
noch erinnern, welchen Federkrieg da
malS diese Verhaftung hervorrief; eine
Unmenge von Tinte und Truckerschivärze
wurde verwendet, um den Angeklagten
rein zu waschen!"
Drvcrfcblor,
Hocherhobenen Hauptes verließ der
Lieutenant den Rennplatz, als dächte er
nicht mehr an die verlor'ne Watte.
Auf dem AKneiischlß,
Fremder (der unter Führung dcS
Kastellans eine alte Burg besichtigt, im
Hof anf ein paar Bäume zeigend):
Tiefe Pappeln sind wohl auch sehr
alt?"
Kastcllan: Dees glaw' ich. Wenn
die Pappeln päppeln könnte die
könnte päppeln!"
Ein schüchterner lierr.
Dame: Wie schüchtern sind doch
manche Herrn! Begegne ich kürzlich
einem hübschen jungen Manne, lasse'
absichtlich mein Taschentuch falle, er
hebt's auf und behält's!"
Dichierliebe.
Mit Rosen und mit Liedern
Umwind' ich dein liebes Haupt.
Sieh', Rosen und Lieder sind AUcS,
Was mir zu geben erlaubt.
Die Rosen, die schmücken dich besser
Als goldenes Geschmeid',
Und werden gedruckt meine Lieder,
So kauf' ich dir auch ein Kleid.
Von &nno dazumal.
Hauptmann (zum Soldaten): Wie
alt seid Ihr?"
Soldat: Fünfunddrcißig und
Du?"
Unmöglich,
..Also, die Hauptsache ist: Sie
dürfen sich nicht ärgern und kein Bier
trinken!"
Aber Herr Doktor, wie ist das men
schenmöglich, daß ich mich nicht ärgern
soll, wenn Sie mir das Bier verbieten?!"
Guter Rath.
Frau: Es ist schrecklich, unserem
Jungen werden alle Hemden zu eng."
Mann: Ei, so laß ich doch welche
von Wachslcincwand machen."
Zm Lifcr.
Wissen Sie denn auch, Herr Dok
tor, daß die baare Mitgift meiner
Schwester 200,000 Mark beträgt?"
Sie spaßen, meine Gnädige! Gar
nicht möglich! Dazu ist sie ja viel zu
schön!"
Tin Aufrichtiger,
Dame (zum Osfizicrsburfchcn, wel
cher feinen Herrn entschuldigt): Also
Herr Lieutenant ist krank. . . schlimm?"
Bursche: Na, Sie können sich den
ken, wenn der ein Mittagessen im Stich
läßt "
verunglückte Schmeichelei.
Aber bitte, essen Sie doch, Herr
Lieutenant."
Lieutenant: Ach, danke. Gnädigste.
Hab' schon genug, wenn ich gnädiges
Fräulein nur sehe."
Unerhört.
Denke Dir nur, Emma, das Fräu
lein Knapp, das, wie Du weißt, nur
einen Arm besitzt, hat doch einen Mann
bekommen!"
Da hört aber Alles aus! Andere
haben zwei und können keinen kriegen!"
Guter Rath.
A. : Ich bin ein großer Weinlicb
haber. und denkcn Sie nur. mein Arzt
hat mir das Wcintrinkcn aus's strengste
verboten. Was rathen Sie mir. z
thun ?"
B. : Ganz einfach, nehmen Sie sich
doch einen anderen Arzt!"