Sie nucM ihr Testament. CuaMiniij von Jcnnq Hirsch. Tcr 3!fd)tünivalt Toktor Lula 'Jiollrath nnir in der arrüni 2cc und ni n ki-fl ab t, in ber er geboren war und die er mir während feiner Uniwr fitatojatjrr für längere Zeit verlassen iirtjubt, besonders als Notar geschaht und viel beschäftigt. Man rühmte ihn, nach, daf; er sich bei allen Allen drr freimilliaen Gerichtsbarkeit, die er aufnahm, der rotten Vorsicht, Klar beit ,id Bestimmtheit befleißige. Auch der geriebenste d'Hicaneur fand in cmcin Kontrakt, der bei Vollrath ge,a,ioen. kein Hiiitcrtliürchcn. durch das rr zu entfchüvfen vermochte : ein Testament das cr abgefaßt hatte, war. wie scharf man aiiiti' nach einer schwachen teile spähen inochlc. unangreifbar. Tas (iiifmnmeii, das dem Toktor aus feiner Berufsthätigkeit floß, war unter diescii Umstünden ein rccht an- sehnliches und wäre mehr als aus reichend gewesen, weitgehende Ansprüche z befriedigen: Bollrath war jedoch darauf allein nicht angewiesen. (5r hatte von seinem Bater, einem ange scheuen Kaufmann, das stattliche 5aus. iu dcm cr wohnte, sowie ein nicht unbedeutendes Bermögen geerbt. das er als guter Hauöhaltcr nicht nur zu erhalten, sondern auch zu vermehren verstand. Er war keineswegs geizig, nahm gern seinen Antheil fln allen guten Ximi.ni des Lebens und hatte auch für Andere eine offene Hand, aber kS lag in seiner ganzen Natur etwas Ruhiges. Beherrschtes, was ihn in allen 'Tingen zum Maßhalten veran- takte. Zn diesem gewiß recht schäpens werthen Eigenschaften gesellte sich eine stattliche, ansprechende Erscheinung, ein liebenswürdiges, gefälliges Wesen, eine vielseitige Allgemeinbildung und eine brillante Unterhaltungsgabe, vcr mögc welcher cr auch als Gesellschaft in ' hohem Grade beliebt war. Es braucht daher kaum erst noch erwähnt zu werden, daß Toktor Bollraih für eine ganz vortreffliche Partie galt und der Gegenstand mehr oder weniger stil- lcr Wünsche, mehr oder weniger gefchick ter Bemühungen von Müttern und Töchtern war oder gewesen war Tcr Beginn der Jagd aus das kost bare Wild lag nämlich schon minde stcns um fünfzehn bis zwanzig Jahre zurück, denn Bollrath war jung zur Advokatur gekommen und befand sich jetzt bereits im fünfundvicrzigstcii Jahre. Er hatte mit mehreren Ge ncratioucn jugendlicher Ballschviicn ge tanzt, war bci Tomiucraiisflügcn und Schlittcnparticn, beim Eislauf und sonstigen gcmcinschaftlichcn Bcrgnügun gen der Jugend beiderlei Geschlechter nie cin piclvcrdcrbcr gewesen, hatte den Hof gemacht und berechtigt oder unbcrcchtiqt, das blcibc dahingestellt manche Hoffnung erweckt, ohne je eine zu erfüllen. Wohl oder übel war end lich darauf verzichtet worden, ihn cinzu- fangen. Allmählich hatte er aufgc hört, Tänzer und was damit zufam menhängt zu sein, und war in die Reihen der älteren Herren, die es sich , am Spieltisch und im Rauchzimmer bequem machen, eingerückt. Ta man seine Ehescheu mit seinem sonstigen Wesen gar nicht in Einklang zu bringen vermochte, so hatte sich ein Sagetreis gebildet. Man erzählte sich daß er ein von ihn schwärmerisch gelied teö Madchen unter höchst tragischen Um ständen durch den Tod verloren und ihr auf dcm terbcbctt das Besprechen unwandelbarer Trcuc gegeben habe ; Andere wollten wieder wissen, die llu treue einer Braut habe es ihm ein für alle Mal verleidet, in ein näheres Ber- hültniß zu einem weiblichen Wesen zu treten. Ein Weiberfeind war er aber keines Wegs oder doch nur in einer Beziehung'. er hatte mit grauen in geschäftlichen Beziehungen sehr ungern zu thun. Er behauptete, sie wären sehr schwer zu belehren, kamen, wenn man sie über- zeugt zu haben glaubte, immer wieder auf ihr vorqetattc Meinung zurück. wären Bernunftgründen nicht zugäng lich, betrachteten die Tinge immer vom subjectiven Standpunkt u. f. w. Wo es iraend angängig war. suchte er sich daher auch der weiblichen Klienten zu erwehren und machte denen, die sich nicht abweisen ließen, den Verkehr mit ihm keineswegs leicht. So war es auch einer Tarne ergan- gen, von der er einen Brief erhalten hatte, durch den sie ihn sehr höflich aber kurz und geschäftsmäßig ersucht. sich zu ihr zu bemühen, da sie ihr Testa- inen! zu machen wun?cye. Mit einem halb spöttischen, halb ärgerlichen Lachen hatte er seinen, Schreiber das auf starkem gelbwcißcn EIfcnbcinpapicr in einer festen, klaren Handschrift geschriebene Briefchen hin- geschoben und gelagt : Schreiben Sie der Frau Eveline Timmcndorf. geborene Bodeck, daß ich mir im, Falle schwerer Erkrankung ein Testament in der Behausung des Testircuden aufnehme, wo aber eine solche Behinderung nicht vorhanden. für derartige Alle an jedem Bormittag von VIS II lll)r mtiiiim niuiiu ZU finden fei. Schon nach wenigen Stunden hielt Bollrath einen dem ersten der äußeren fronn nach völlig ähnlichen Brief in der Hand, er enthielt nur die Worte : Iran Eveline Timmcndorf, ge borenc Bodeck. wird sich morgen, Ton neistag. den 15. April d. I., Bormit- tags l Uhr im Bureau des Herrn 1oU tor Bollrall, cinnndeii. Tcr Ratiisanwalt machte cin rccht verdutztes Gesicht, als cr diele feilen überlas. Tic alte Tarne ist kurz angcbundcn. murmelte rr. ..und halt mich beim Wort, denn da ich ihr schreiben ließ. daß ich jeden Bormittag Tür den gc dachten '.weck anwesend bin. kann ich nun weiter keine Ausflucht machen. C meine schone Zeit! Tenn erstens wird sie nicht um neu n kommen. denn welche Frau warc jcmals püntt- lich lind zwcitcns wird sie mich stun denlang aushaltcn. Tas vcrtügt übcr ich mich irre, aber ich glaube, einen gewissen Zweifel in Ihren Mienen zu lesen." Sie haben rccht gesehen, meine gnä digste Frau, doch nein, Zweifel ist nicht der richtige Ausdruck, sagen wir lieber raschung." ie sah ihn mit ihren grossen Augen fragend an und bemerkte lächelnd Wodurch habe ich Sie so sehr über rascht ?" Turch Ihre Persönlichkeit: ich ich erwartete, eine alte Tarne bei mir ein treten zu scheu." ie lachte. Es war ein so glocken heiles. mclodiMics rächen, wie er nie jedes Schmuckstück einzeln, hat Katzen zuvor gehört zu haben glaubte. und Hunde zu vcrsorgcn und tausend Borbchaltc zu machen. T heitt es sich in Geduld fasten. In nicht sehr rosiger Stimmung saß cr am nächsten Morgen ein Bicrtel vor neun Uhr in seinem Sprechzimmer am Schreibtisch. Bor zehn Uhr wird die Altc nicht koiumcii. murmelte er. das kennt mau. Er las in seinen Akten. Um neun Uhr hob der Regulator zum Schlagen aus. gleichzeitig öffnete sich die Thür und Friedrich erschien mit der Meldung : (Yran Zlinmendorf V.iH fiiiii-it hiifc fif tifrfrnihi't-t fri ' " . . fiel ihm Tr. Bollrath in's Wort. Nicht doch. Herr Toktor. Frau Tim niciidorf istdraußcn," antwortctc, schncll die Thür hintcr sich zuziehend, der nicht mehr iiinge Tiener aqen le der altcn .ume, ich laste bitten. Friedrich schaute sehr verwundert auf und öffnete den Mund, um eine Beiner- kunq zu machen, unterließ es aber und entfernte sich schweigend Bollrath drehte sich auf fernem tuhlc um, lim cincn vixa aus dcn hmtcr ihm übcr dcm Sopha bcsindlichcn Spicgcl zn wcrfcn. Tic slnchtigc Mustcrunq bcfricdiqtc ihn, das dunkle Jucket, in dcm cr seine Bureaustunden abzuhalten pflegte, faß gut, die Wäsche war von tadelloser Weiße, und das noch volle, dunkelblonde Haar über der hohen Stirn sorgfältig gescheitelt. Er nickte seinem piegcl bildc zu, wandtc sich dann abcr, bc- schämt nbcr dicsc Rcgnng dcr Eitclkcit, schnell wieder in und seinen Akten zu. Tic Eintrctendc sollte nicht den Ein druck empfangen, als ob cr sie erwartet hätte. Roch eine Sekunde verharrte er in dieser Stellung, nachdem hinter seinem Rücken die Thür sich geöffnet und wie- der geschlossen hatte, dann wandte er sich um, erhob sich und blieb wie ange wurzelt, für ein paar Augenblicke völlig sprachlos, stehen. Tie Tarne, die auf dem das ganze Zimmer bedeckenden, weichen braun- rothen Teppich einige Schritte unhörbar näher gekommen war, hatte den Mantel im Borzimmer abgelegt und stand nun vor ihm in einem hochheraufgehcnden Kleide aus schwerer schwarzer eide, dcffcn liniier Kragen von echten Spiken durch eine Nadel mit einer einzigen graben crie gcscruoncn war. xtx cinfachc, nbcr die Herkunft aus einem der ersten Ateliers verrathende Schnitt des Klcidcs brachtc ihrc Formen in dcr vorteilhaftesten Weite zur Geltung. und cö floß in fchöncn Falten an der niittclqroftcn, schlanken Gestalt herab. Tcr mit hclllila Bluiucn und Schleifen verzierte tuctste Kopothut ließ das vorn gewellte, hinten zu einem Knoten auf- gesteckte, reiche aschblonde Haar in fci ncr ganzen Fülle sehen, das schmale Geficht war blaß, hatte aber durchaus nichts Krankhaftes, und die großen grauen Augen waren von einer Klav heil, als könnten sie Jedem, aus den sie sich richteten, aus dcn Grund dcr Scclc schauen. Sic schlug sie jetzt zu dem sie immer noch betroffen anstarrenden An walt empor und sagte, während ein freundliches und doch ein klein wenig spöttisches Lächeln ihren blühenden, wohlgcformtcn, abcr nicht ganz kleinen I'iunb umspielte: Ich habe eic zunächst um Ber- zeihung zu bitten, Herr Toktor, wcgcn dcr Ihnen gestellten Zumuthung, sich zu mir zu bemühen. Ich glaubte Er ließ sie nicht ausreden, eine tiefe Beschämung wegen des kurzen, beinahe unhöflichen Tones, in dem er ihren Brief hatte beantworten lasten, bemäch tigte sich seiner, und beinahe stammelnd wehrte er ab. D, meine gnädigste Frau, an mir ist es, um Entschuldigung zu bitten. Meine meine Zeit ist so sehr in An- sprnch genommen, ich kann mit dem besten Willen keine Ausnahme machen! Und wie wären Sie auch dazu qe- kommen, dies für eine Unbekannte zu thun r entgequete ste. Lauen cic uns nun auch gar keine Zeit verlieren. Ich hoffe, alles Erforderliche mitgebracht zu haben Sie streifte den Handschuh von einer schmalen, aber nicht kleinen, weißen charaktcristisch ausgcbildctcn Hand, öff- netc eine Mappe aus dnnkelrothem Juchtenleder, die sie bisher darin gehal ten. entnahm derselben einige Papiere und sagte, sie dem Anwalt reichend: Ueberzeugen Sie sich, daß ich Tie- lenige bin, für die ich mich ausgebe, und daß ich das Recht habe, frei über das Bermögen. über das Sie hier eben falls alles Nähere finden, zu verfügen." Er legte die Papiere auf den Schreib- tfm riii-ftc .mn 'Ttntm.Mihnrt rinrti Sessel zurecht und bat sie Plan zu neh men. ytHilircno nc tich meberlier., wie derholte sie ihr Ansuchen mit dem Zu- laß: Ich bitte um Berzeihung. wenn Warum hielten Sie mich sür alt ?" Weil Sie Ihr Testament machen wollten." Thun das nur alte Leute?" Wenigstens selten so junge wie die gnädige Frau." Wieder vernahm er ihr bestrickend Lachen. Sie sind allzu gütig. Herr Toktor! Ich bin f ünsuiiddreixig Jahre. Ihre Offenheit, die nicht eine Spur von Koketterie hatte, berührte ihn ganz eigenthümlich. Er nahm ekt tn dem ihr gegenüberstehenden Sessel Platz und sagte: Tas ist für das Tcstaincntniachcn noch schr iiing, zumal bei einer Taiue cind grauen weniger vorlorglich als Mäinicr?" fragte ste, und ihrc Miene erhielt etwas Kampflustiges, das ihr vortreNlich stand. Er lic seine Blicke mit Bewunderung aus ihrem ausdrucksvollen Gesicht ruhen und antwortete: Ich habe fie iin Allge meinen immer weniger vordenkend qe funden, indeß giebt es auch Männer genug, die nicht dazu kommen, bei guten Jahren ihr Testament z machen. Ich selbst muß mich dieser Bersüuinniß anklagen und bin doch volle zehn Jahre alter als ie, gnadige Frau." Tas Geständnis leinen ste zu be lustigen, und im leichten Gefprächston warf sie hin: Sie werden das nicht nöthig haben, Ihre Brüder und Schwe stcrn, Nichten und Neffen find Ihnen gleich Heb. Ich besitze von allcdem nichts. Ich war das einzige Kind meiner Eltern Wie eigenthümlich! Ich befinde mich im gleichen alle." Und trotzdem wollen Sie ein Testa- uient machen f Eben deswegen." Wollen Sie milde Stiftungen bc- dcnken?? Stipcndicn für studircudc Fraucii bcgründcn?" fragtc cr mit leisem Spott. Warum nicht? ist es Ihnen gleichgiltig, was nach Ihrem Tode aus hrem ererbten und erworbenen Ber mögen wird?" Apres rnoi le dehige! könnte ich antworten," erwiderte er mit leichtem Achselzucken. Ich Hatte mich indeß vorlausig an ein anderes geflügeltes Wort, kommt Zeit, kommt Rath", und hätte nicht übel Lust, Ihnen das- selbe zu cmpfchlcn." Hcrr Rcchtsanwalt !" Sie sprach den Titel mit einer Betonung, die er nicht mißverstehen konnte, und er beeilte sich denn auch, zu sagen: Berzeihung. meine Gnädigste, ich vergaß " Ta; wir uns nicht im Salon befin- dcn und Konvcrfation machen. Wir gehen unverantwortlich verschwenderisch mit Ihrer kostbaren Zeit um." Er glaubte, seine Zeit noch nie besser angewendet zu habcn, als im Gcsprüch mit dicscr Frau, dic ihm von Minute zu Minute interestanter wurde, und hätte ihr das sehr gern gesagt. Tvch cr zwang sich in dcn Ton und dic Hai- tung dcö Anwalts und Notars zurück und sagte nur noch mit einer Ver beugung: Ich habe dicsc Stunde für ie refervirt, gnädige Frau, und da ie überraschend pünktlich gekommen find " Ueberrafchend! Sie haben der alten ,ame vic e Punitiicyicit nielit zuac- traut? Odcr zmciscln Sic überhaupt an ocr Punktlichkcit der Frauen?" viaeh, meinen bishcr gemachten Qx sahrungen thue ich dies allerdings." ir wurde verlegen geworden fein. wenn sie ihm nicht so überaus anziehend erschienen wäre. Um seine Berwirrung zu verbergen, griff er ach den Pa Pieren, sah sic durch und sagtc, zu Frau Äimmendors, die leinen Bewegungen mit großer Ausmertsamkeit gefolgt war, gewendet: Ich mache Ihnen mein Koinpli- mcnt. gnädige Frau. Sie haben in der That allcs mitqcbracht, was wir für unlcr wichatt brauchen. Ich nnitj gc stchcn. daß nur das nicht häufig vor- kommt. Ich bcwundcrc Ihre Gcichüsts- kenntni, gnädige Frau!" olltc die Ihnen in Ihrer Prans bet grauen noch o wenig vorgekommen eink fragte ie. Er gestand, daß er sich geschäftlichen Verhandlungen mit Frauen meistens zu entziehen gewußt habe. C, da uiu ich Ihnen ja als ein wahrer Störenfried erschienen fein!" Wie können Sie das glauben?" Im Gegentheil, Sie machen mich sehr gnialich mitte er beinahe getagt, er besann sich abcr und fügte hinzu: '..Im Gegentheil, cs ist mir eine Freude und Ehre." Ich will mich wenigstens bemühen. Ihnen ihre Aufgabe so leicht wie mög- lich zu machen." versprach sie. Und nun begann sie. ihm die Verhältnisse zu erklären, dic sie zu dem von ihm an- genauuien oruavcn georacrn, jaivu jetzt ihr Testament zu machen. Eveline Timmcndorf war die Tochter eines Giminasialproscssors in einer dcr thüringischen Residcnzstadtc. Sic hatte durch ihren Bater eine vvrtrenliche Aus ditdung atniltni, o daß ste, vtine e eine höhere Töchterschule odcr ein Leh reriniienscininar besucht zu haben, doch lehr wohl befähigt zum Unterrichten war: sie war jedoch fiir's Erste nicht da- zu gekommen, da sie durch die Pflege dcr kränllichcn Eltcrn Jahre hindurch vollständig in Anspruch gcnoiicn gc wescn. Nach dem schnell hintcr cinan dcr crsolgtcn Todc Beider war sic von einer in Richmond am Kap der guten Hoffnung lebenden deutschen (vamilic die fich besuchsweise in der Heimath aufgehalten, als Lehrerin und Er zieherin der Kinder initgenomnicii wor- dcn. Nachdem sic diesem Berns ein paar Jahre vbgclcgcu, hatte sie die Be kaniilfchaft eines Herrn Tiiniueudorf, eines schon seit vielen Jahren in Bic toria ansässigen Hamburgers, gemacht und den viel ältere, aber sehr rüstigen und liebenswürdigen Mann qeheirathet. Frau Timiiiendors gab sich in ihrer einfachen Erzählung durchaus nicht den Anschein, als habe eine große, schwör- merifche Liebe zwischen ihr und ihrem malten qcvcrrfcht. wohl avcr praeh stc mit hoher Anerkennung von seinen vor- trefflichen Eigcnfchastcn und schilderte mit Wärme die stille, friedliche Ehe, die sic mit ihm währcnd der sechs Jahre gefuhrt hatte. Nach mehrwöchentlichcr Krankheit hatte ihn, noch in dcn besten Jahren dcr Tod hinweggcrafft, und er hatte sie und ihr einziges Kind, einen damals süiifjührigen Knaben, im Besitz eines recht auschulichcu Bcruiögcns zurückgc lassen, obwohl cs laiigc nickt so groß war, wie es von den Verwandten ihres verstorbcncn Manncs noch hcute ange- nonimen werde. Und sie machten sich schnell daran, Ihnen die Hinterlassenschaft zu bestrei- ten!" fiel hier Bollrath ein. .las tonnten ste nicht, da mein Sohn, mein Alfred, lebte und dcr Erbe eines Batcrs war." cntgcqnctc stc Zwei Jahre später frcilich. als ich das Unglück hatte, den Knaben zu vcr- licrcn " Sie brach in Thränen au Tie Hände vor das Gesicht legend fügte sie hinzu: Er war mein einziges Glück, die Sonne meines Lebens, mit ihm ist Alles, Alles sür mich dahinge funken!" :ie schwieg ein paar Minuten, und Bollrath ließ mit der innigsten Theil nähme seine Blicke auf der in fich zu- famuieugcfunkcncn Gestalt ruhen Welch' cin Geqcnsak zwischen verklären, beherrschten vrau, dic cr bishcr vor sich gesehen, und dtcfcr graniqcbcuqtcn Mutter, und doch wußte cr nicht, in wclchcr Gestalt sic ihm anzichcndcr, Iicbcnswcrthcr crschicn. Bcrzcihcn ie mir, ich durste mich so nicht hinrcifzcn lasten! Was werden ie von mir qcdacht habcn V Taß Sic in Ihrem Schmerz heiliq vcrchrungswürdig sind, daß Sic mir in dcr rückhaltlosen Hingabe an Ihrc Gefühle noch viel licbcnswcrthcr cr- chicncn, als " Bon seinen Empfin dungen fortqeriven, hatte er ihre beiden Hände ergriffen und, währcnd cr lcidcn- chaftlich auf stc einsprach, an feine Brust gedruckt. Jetzt hielt er verwirrt inne, als ste ich frei machte und ihn mit einem großen, fragenden Blick ansah. Toch fchon reichte ie ihm die Hand von Aeucm und aqic, letzt wieder ganz auft und ruhig: Habcn ic Tank für Ihrc Zhcil- nahiuc, stc hat nur schr wohl qcthan, lassen Sie mich jetzt schnell zu Endc kommen! i) kann es mir denken, Sie haben sich mit den Habgierigen herumschlagen muffen, bemerkte er. ie haben hncn abcr wohl nicht vicl anhabcn könncn?" Nein, das Gesetz war vicl zu klar für mich, immerhin gab cs Acrgcr und Wcitlauftgkcitcn, antwortctc stc, gc wistcrmaßcn hatte ich Jenen aber dafür dankbar zu fein: ich wäre in meinem Schmerz vergangen, wenn ich in dem Kampf mit Jenen nicht eine Ableitung gefunden hätte. Ich fragte mich, was mein Gatte gesagt haben würde, Hütte cr erfahren, ich habe das, was er durch feinen tfleiß erworben, zu besten Ber walterin er mich bestellt, schwächlich preisgegeben. Wieder zeigte sich ihm die Frau. deren Wangen sich jetzt höher gefärbt hatten, und deren Augen leuchteten, in einem neuen Lichte. Wie originell war diese Auffassung, an deren vollster 9lnTir!isitttnfVtt turnt 5ii snirttrlii iiiir' Ich begreife jetzt, weßhalb Sie ein Testament machen wollen," sagtc cr. Sic wollcn dic Möglichkeit abwenden. daß jene Verwandten je in den Besitz Ihres Vermögens gelangen: es bedarf aber dazu keines Testaments, das Erbe würde jetzt an Ihre Angehörigen sal lcn." Tas weiß ich," antwortctc sic. und cbcn das will ich vermeiden." Wieder sah cr sic verwundert an. Wie bewandert sic in den Gesetzen war. Er wurde etzt ordentlich gespannt, was noch weiter kommen würde. Ich habe Bettern und Basen, mit denen ich nur in sehr losen Bziehungen stehe." sprach sie weiter. ..Ich würde ihnen aber im Falle meines Todes meine Hintcrlasieufchait herzlich gern gönnen, und l',e tonen aua, uir ueii haben, aber nicht Alles, die weitaus groucrc Haltte mim an die Angehöri gen meines Mauncs fallen." Wic Sie wollten !" riet er, iiber- rafcht cinponckiielleud. Ich muß!" war ibre scste. ruhige Antwort. Ich bin das dcr Gerechiig Zeit wicderum sckuldig. Und nun. ver clirtcr Herr Toktor. bittc ich: machen Sie mein Testament!" Tie letzten Worte wurden mit einem Aiiflug von chelrncrci gclprochcn dann entnahm sie dcr Mappe ein Blatt Papier und diklirlc dcm Toktor. dcr cincn Stift griffen hatte und fich aus einem Blatt Notizen machte, eine ziem lich lange Reihe von Namen und bei jedem die Summe, die sie sür den Be treffenden bestimmt hatte. Es ist Keiner vergesse." sagte sie iiackdem ste geendet, und noch eine größere Summe siir etwa eintretende Fälle übrig gelassen. Nicht wahr. Sie mache,, nun das Testament recht bündig und kurz?" Wie Sie befehlen, gnädige Frau! Es klang, als sei Bollrath mit seinen Geturnten nicht recht bei dcr cackjc. Und die Angelegenheit kommt bald zur Erledigung" Heute, morgen, so bald Sie wollen Auf eins muß ich Sie aber aufmerksam machen, im Falle Jhrcr Wicdervcrhci rathung " Ich werde mich nicht wieder verhei rathen!" fiel ste ihm in s Wort. Sie find noch so jung!" ES kommt nicht immer aus die Jahre au." Bei Ihrem Gerechtigkeitssinn Was hat damit mein Gerechtigkeit-:? stnn zu schaffen?" Müssen Sie einsehen, daß es sehr ungerecht wäre, wenn Sie alle die Ihnen verliehenen Borzüge, so sehr ge eignet, einen Mann zu beglücken, einem solchen vorenthalten wollten." Man hat Sie nur nicht umsonst al einen sehr gewandten Anwalt gerühmt Herr Toktor!" sagte ste, sich erhebedn Tnrste ich mein eigener Anwalt ein!" Er war aufgesprungen und er griff lebhaft ihre Hand. Herr Toktor!" ie trat erschrocken einen Schritt zurück. Berzeihung!" Er hob zitternd die Hände. Gehen cie nicht im Unwil len von mir, gnädige Frau! Ich wollte -ie nicht beleidigen. Was mich er- griff, ist keine fluchtige Laune, kein plötzliches Aufwallen, ich bin kein ungling mehr, sondern ein reifer Mann und bin doch zum ersten Mal im Leben der Frau begegnet, von der ich weiß, da); sie die einzige ist, die ich wahrhaft liebe, die mich dauernd be- glucken kann! Erlösen ie mich vom chickfal eines alten Hageljtolz, das mir entsetzlich er scheint, seit ich Sie kenne!" fügte er treuherzig hinzu. Was wurden zk von mir denken, wenn ich Ihren Bitten sofort nach gäbe?" fragte sic, sich zu dcm in gc- bnckter Haltung vor ihr stchcndcn Toi- tor ncigend. Taß Sie die anbetungswürdigste und vernünftigste rau stnd!" rief cr, emporschnellend. Anbetungswürdig und vernünftig! lächcltc sic. Laffen Sie mich das letz- tere sein und gönnen cte mir Zeit." Er zog ihre Hand an seine Lippen und bcdcckte ste mit Küssen. Gemach, gemach!" wehrte sie. Noch habe ich nichts versprochen. Bor allen Tingen setzen sie mein Testament auf!" Tarf ich Ihnen den Entwurf brin- gein Ei, Sie haben doch keine Zeit, zu Klienten in deren Wohnungen zu gehen: Ach!" seufzte er mit einem betrüb- ten und doch glücklich lächelnden Geficht Es ist in dieser stunde mit mir eine solche Umwandlung vorgegangen, daß von meinen Anschauungen und Gcpflo genheiten nicht mehr vicl übrig gcblic bcn ist. Räumen Sie auf mit dem :,cst!" An dcm Entwurf, dcn Toktor Boll- rath schon am nüchstcn Tage in die in einer Borstadt mitten im Garten bele- gene Wohnung von Frau Eveline Tim mendorf brachte, mußte wohl noch mancherlei zu ändern sein, denn er nahm ihn nnvollzogen wieder mit, und es war bei den weiteren Besuchen, die er der Tante machte, nicht mehr davon die Rede. Tas nächste Schriftstück, das Beide mit einander verfaßten, war die An zeige, da toltor Lukas Bollrath. Rechtsanwalt und Notar, sich mit Frau Eveline Timmendorf. geborenen Bodeck, verlobt habe, und woliin dic qoldum- rundete Karte kam. schlug sie wie eine Bombe ein. Nun waren die Meinungen getheilt. Bon der einen Seite behauptete man. dic Frau Timmcndorf fci arm wie cinc Kirckenmaus. und die ganze Testa- mciltsgefchickte nur von ihr erfunden, um in geschickt Weise an den vermo- gendeu Notar heranzukommen und ihn zu kapern: von der anderen erklärte man. der Reichthum, den die Tante in ihrem Testament an lackende Erben zu vertheilen gedachte, bade Vollrat!, der gestalt verblendet, daß er sick ohne Be sinnen unter das Ehejoch gebeugt. inior ouratv uno leine Gannt denn das ward Eveline Timmendorf einige lochen spater. liefen fick von all' diesem Gerede wenia an'elcii. ie braiickien die Welt nicki. denn ste waren einander genug, bekanntlich n-- de aber gerade solche Leute am meisten gejuckt und besitzen eine große Anzahl guter sviciinde. Als dem Toltor nack Jahresfrist fei Erstgeborener in die Arme gelegt ward, da beugte er sich zu der dleick und selig in den schnccweißen Kiste liegenden Gattin nieder, druckte einen Kuß auf ibrc Stirn und flüsterte: Jetzt ist das Testament gemackt." ?dnorm, iljf in früherer Zeit. Im Jahre 027 war die Warme in Teutfchland und Frankreich so stark, daß viele Quellen versiegle und eine große Anzahl Menschen in Folge 'Was serniangels verschmachtete: 7i mußten die Feldarbeiten der Hitze halber lan gere Zeit eingestellt werden. In, Jahre I"" trockneten dic kleinen Flusse aus. die Fische faulten, Epidemien cminiM: den. die Jahre lang andauerten, ljr.o fiele wahrend der Schlacht auf dem Marfchselde (Niederlage der Ungarn unter Bela mehr Soldaten durch H,p schläge al durch die Waffe. l:io:: waren Rhein. Toiiaii. Seine. Loire und zahlreiche andere Flüsse zum jlnil ausgetrocknet: viele Menschen und Thiere kamen durch die Hitze um, die Ernte verbrannte. 14X war die Elbe so seicht, daß man an etlichen Stelle mit Wagen hindurchsahren tonnte. Tie Sommer von I',. I.'.ni! ,,d !'!" waren ebenfalls heiß, im nächsten Jahrhundert die Sommer von I '!,',, liili und lti7!i. Im Jahre 1715 reg liete es vom Mai bis Oktober nur ive lüge Male, das Getreide verbrannte, die Flüsse trockneten ans, Wälder nitzmi deten sich, zahlreiche Menschen und Thiere starben in Folge der Hitze und des Wassermangels. Im Juli 17!;l nun die Hitze so stark, daß die Pflanzen ver dorrten, die Bauiiifrüchtc vertrockneten und Fleisch innerhalb einer Stunde faulte. In dem gcgcuwärtigcii Jahr hundert zeichnete sich besonders der Sommer 1811 durch Hitze und außer ordentliche Tiirre aus: in Berlin stieg die Temperatur auf 3.', Grad E.. (lu-l Gr. F.), in Paris sogar auf 40 Grad. Ein schöner Komet stand eine Zeit laug glänzend am Nachthinimel: dcr Wein gcricth ausgezeichnet (berühmter Ko mctcnnicni"). 1832 war die Hitzc von dcr Eholcra bcglcitct, die namentlich in Westdeutschland und Frankreich viele Qpfer forderte, in Paris allein 2",",,. Tenkwürdig trockene und heiße Svin mer brachten ferner die Jahre 18-lti, 18..7, 18,,... 1874 und 18' '2 tt'holera in Hamburg). Tcr eingemauerte Derwisch. Eine ergötzliche Geschichte, die mit der Art und Weise zusammenhängt, wie in Persien schulden und Almosen emkas- strt werden, weiß der in Tiflis erfchci nende Kantafiisbote" zu erzählen. Wenn der persische Gläubiger entfchlvf- fen ist. fein Geld zu bekommen, mahnt er einen Schuldner in aller Früh und entfernt fich nicht eher, als bis er be friedigt ist. Er bringt feinen Teppich in das Hans mit sich, fetzt fich im Schlafzimmer feines Schuldners nieder und ißt, trinkt, raucht und schläft dort so lange, bis er bezahlt ist. Bor einer Reihe von Jahren hatte ein Perser eine -chuldsorderunq an das enqlilche Aus- wärtige Amt odc.r bildcte fich wenigstens ein, eine solche zu haben. Eines Tages reiste er von Teheran ab. und nachdem er viele Abenteuer bestanden hatte. langte er glücklich in London an, rollte feinen Teppich zusammen und begab fich in aller Gentüthsruhe nach dem Foreign Office" das er sür eine Per- son hielt, um die Befriedigung seiner Schuld zu ersitzen. Lord Palnierston nahm die Sache in gutem Humor ans, aber Mr. Hämmernd, der Staatssekre tär, schickte nach einem Polizisten. Aus viel originellere Weise ist neuerdings cm ruisischcr Tiplomat ,n chcran, Graf Kolomeifoff, mit der cigcnartigen ,'erfonllcken citk fertig geworden. Gelegentlich eines großen Festtages be suchte ihn ein Bettel-Terwifch und ver langte eine ziemlich hoch firirte Summe als Almofen: das Geld wurde ihm aber von dem Schuldner", so sehr er fich durch die hohe Einschätzung geschmeichelt fühlte, verweigert. Ganz' gemüthlich ließ fich nun der Terwi'ch vor dem Ar beitszimnier des Tiplomatcn nicdcrund crhob unzählige Malc am Tagc. abcr auch dcs Nachts, cin gräizlichcs Gcschrc, und blics noch dazu auf einer Trom pete, als ob der jüngste Tag erschienen fei. Ter Graf, der fich Anfangs in feiner Ruhe nicht stören ließ, beschloß schließlich doch, sich des Terwifchs, ohne Zuhilfenahme dcr unzuverlässigen Per- tchcn Polizei zu entledigen. Ange- rührt dars der Mann nicht wcrdcn. Tcr Graf ließ daher Maurer kommen und den hculcndcn Bettler mit cinrr Mauer umgcbcn. Anfangs sah der selbe gelassen zu. wie die Mauerwuchs: als er aber beincrktc. daß dic Sachc un gemüthlich wurde, sprang cr übcr den niedrigste Zbcil der Mauer und rannte wie ein Besessener davon. Ter Graf ist wahrscheinlich dcr erste Europäer, der übcr cincn Tcrwifck als Gläubiger" den Sieg davontrug. ?cr Kartoffclordcn. Rock wenig durste die Thatsache be sannt fein, daß die Kartoffel, wela beute als Nahrungsmittel unentbehrlich ist. einst Veranlassung zur Sii'tung eines Ordens gegeben bat. Ties ge schad im Jahre 142 durck den Kaiser von Rußland. Terfelbe wußteZ kein wirksameres Fvrdcrungsmittcl für die Verbreitung der Karto"eln. als daß cr jedem feiner Unterthanen, welcher den Kartoffeldau mit Auszeichnung betrieb, eine besonders hierzu geprägte Medaille gab. welche man den Kartof'elorden nannte.